1.2.1.2 Körperschaften des öffentlichen Rechts (§ 1 Abs. 3 Z 2 KStG 1988)
1.2.1.2.1 Begriff und Hoheitsbetriebe
1.2.1.2.1.1 Allgemeines
35
Die inländischen Körperschaften öffentlichen Rechts sind als solche nicht unbeschränkt steuerpflichtig, sie unterliegen gemäß § 1 Abs. 3 Z 2 KStG 1988 der beschränkten Steuerpflicht mit ihren Einkünften im Sinne des § 21 Abs. 2 und 3 KStG 1988. Unbeschränkt steuerpflichtig sind lediglich die Betriebe gewerblicher Art solcher Körperschaften (Rz 64 bis Rz 88).
1.2.1.2.1.2 Begriff
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Unter dem Begriff Körperschaft öffentlichen Rechts ist im Abgabenrecht die juristische Person öffentlichen Rechts allgemein zu verstehen. Es ist ein Sammelbegriff für alle juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Soweit sich daher Abgabenvorschriften auf Körperschaften öffentlichen Rechts beziehen, sind regelmäßig auch öffentlich-rechtliche Anstalten, Stiftungen und Fonds davon betroffen (VwGH 6.10.1976, 2105/75). Demnach unterliegen auch Betriebe gewerblicher Art von öffentlich-rechtlichen Anstalten, Stiftungen und Fonds der Körperschaftsteuer. Manchmal steht auch der Begriff „Selbstverwaltungskörper“ für „Körperschaft öffentlichen Rechts“ (so zB im Bundesgesetz über die Kammern der gewerblichen Wirtschaft, Wirtschaftskammergesetz 1998, BGBl. Nr. 103/1998).
Juristische Personen öffentlichen Rechts entstehen durch Gesetz oder durch Verwaltungsakt auf Grund gesetzlicher Ermächtigung oder werden durch einen solchen anerkannt; ihre Auflösung erfolgt in entsprechender Weise. Darüber hinaus ist nach der Judikatur des VwGH eine juristische Person auch dann als öffentlich-rechtlich anzuerkennen, wenn deren öffentlich-rechtlicher Charakter aus dem Zusammenhang der gesetzlichen Regelung klar zu erkennen ist, auch wenn der Gesetzgeber diese nicht ausdrücklich als juristische Person des öffentlichen Rechts bezeichnet. Öffentlich-rechtlicher Charakter ist demnach einer juristischen Person dann zuzuerkennen, wenn sie mit hoheitlichen Befugnissen ausgestattet, Aufgaben der öffentlichen Verwaltung erfüllt und Zwangsbestand hat (VwGH 22.1.1974, 0399/73). Zusammenfassend kann daher festgehalten werden, dass es sich beim Begriff der Körperschaften öffentlichen Rechts um einen Typusbegriff handelt; eine Beurteilung hat daher anhand sämtlicher Merkmale zu erfolgen.
1.2.1.2.1.3 Hoheitsbetrieb
37
Jener Tätigkeitsbereich, der auf die Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben gerichtet ist (Hoheitsbetrieb), unterliegt nicht der Besteuerung. Als Indiz für die Ausübung öffentlicher Gewalt wird in § 2 Abs. 5 KStG 1988 das Merkmal des Annahmezwanges angeführt (VwGH 19.10.1972, 2119/71). Darüber hinaus muss die Körperschaft öffentlichen Rechts zum Erreichen ihres Zieles in der Rechtsordnung des öffentlichen Rechts begründete Hoheitsakte setzen und sich nicht der gleichen Mittel bedienen, wie sie das Privatrecht jedermann zur Verfügung stellt (zB Arbeits- oder Bestandverträge, VwGH 30.5.1952, 1796/51, VwGH 6.4.1955, 3302/54, VwGH 14.12.1962, 0913/62, VwGH 5.5.1965, 2052/64).
Beispiel:
Der Thermalwasserbetrieb einer Gemeinde wird zwar für Zwecke der öffentlichen Verwaltung betrieben, dennoch stellt das Benützungsentgelt für die Abgabe von Thermalwasser ein privatrechtliches Entgelt dar, wenn aus den einschlägigen Rechtsvorschriften nicht erkennbar ist, dass die Gemeinde berechtigt wäre, bei Einhebung dieser Geldleistungen hoheitlich vorzugehen. Da die von der Gemeinde eingehobenen Geldleistungen aus diesem Grund keine Abgaben darstellen, handelt es sich bei der Abgabe von Thermalwasser um keine hoheitliche Tätigkeit.
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Ein weiteres Merkmal für die Annahme, dass eine Tätigkeit in Erfüllung öffentlich- rechtlicher Aufgaben ausgeübt wird, ist gegeben, wenn diese Tätigkeit der Körperschaft öffentlichen Rechts als Träger der öffentlichen Gewalt eigentümlich und vorbehalten ist, dh. wenn sie lediglich durch eine Körperschaft öffentlichen Rechts erfüllt werden kann und erfüllt wird, sei es, dass sie ihr ausdrücklich in einem Gesetz zugewiesen wird, sei es, dass sie sich aus ihrem allgemeinen hoheitlichen Aufgabenkreis ergibt. So stellt die Führung von Obdachlosenheimen keinen Hoheitsbetrieb dar, da diese Tätigkeit auch von privaten Personen und Personenvereinigungen ausgeübt werden kann (VwGH 19.10.1972, 2119/71, VwGH 22.2.1973, 0906/72). Auch die Gestellung von Personal zur Ausübung der Krankenpflege ist Körperschaften öffentlichen Rechts weder eigentümlich noch vorbehalten (VwGH 1.9.2015, 2012/15/0089).
39
Die von katholischen Orden und Kongregationen geführten Schulen mit Öffentlichkeitsrecht sind als Hoheitsbetriebe anzusehen. Dies gilt auch für die mit solchen Schulen verbundenen Internate und Schülerheime desselben Rechtsträgers, wenn sie wie die Bundeskonvikte nach dem Prinzip der Selbsterhaltung betrieben werden und keine auf Gewinn gerichtete Tätigkeit ausüben. Desgleichen ist die Herausgabe von Kirchenzeitungen, Broschüren und ähnlichen Publikationen als Hoheitsbetrieb zu beurteilen, wenn die darin enthaltenen Beiträge auf die Erweiterung des religiösen Gewissens, die Stärkung des Charakters und die moralische und religiöse Standfestigkeit des Lesers gerichtet sind, wenn diese Art der Belehrung auch deutlich als Hauptzweck in Erscheinung tritt und wenn darüber hinaus der für den kommerziellen Pressebetrieb typische Inhalt (zB Annoncen, Todesanzeigen usw.) von untergeordneter Bedeutung (dh. nicht mehr als 10% der Druckseiten, siehe VwGH 28.11.1980, 1709/77) ist. Entgeltlich durchgeführte Führungen in Kirchen, Klöstern und Stiften erfüllen nicht die Voraussetzungen eines Betriebes gewerblicher Art, wenn sich diese wirtschaftliche Betätigung von den übrigen hoheitsrechtlichen Aufgaben des betreffenden kirchlichen Rechtsträgers nicht genügend abgrenzen und abspalten lässt.
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Der Hoheitsbetrieb muss der Ausübung öffentlicher Gewalt nicht ausschließlich, sondern überwiegend dienen. Bilden hoheitliche und erwerbswirtschaftliche Tätigkeiten eine untrennbare Einheit, so liegt ein Mischbetrieb vor (Rz 75 bis 77).
41
Eine Zusammenfassung von Hoheitsbetrieben mit steuerpflichtigen Betrieben gewerblicher Art ist mit steuerlicher Wirkung nicht möglich. So kann ein steuerfreies Trinkwasserwerk mit einem steuerpflichtigen Elektrizitätswerk auch dann steuerlich nicht zusammengefasst werden, wenn diese Betriebe organisatorisch in die Körperschaft öffentlichen Rechts (zB Stadtwerke) eingegliedert sind.
Gemäß § 2 Abs. 5 KStG 1988 gelten als Hoheitsbetriebe:
- Wasserwerke, die überwiegend der Trinkwasserversorgung dienen
- Forschungsanstalten (zB Universitäten)
- Wetterwarten
- Friedhöfe
- Anstalten zur Nahrungsmitteluntersuchung
- Anstalten zur Desinfektion
- Anstalten zur Leichenverbrennung
- Anstalten zur Müllbeseitigung
- Anstalten zur Straßenreinigung
- Anstalten zur Abfuhr von Spülwasser und Abfällen.
Zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung siehe § 2 Abs. 3 UStG 1994 und Erlass des BMF vom 2. Juli 1973, 254.183-10a/73, AÖF Nr. 221/1975.
Die „Einbringung“ von Hoheitsbetrieben im Sinne des § 2 Abs. 5 KStG 1988 fällt nicht unter Art. III UmgrStG, sondern unterliegt dem allgemeinen Ertragsteuerrecht folgend § 6 Z 14 EStG 1988. Dabei ist grundsätzlich auch ein Firmenwert zu berücksichtigen, dessen Anschaffungskosten auf Seiten des Erwerbers gemäß § 8 Abs. 3 EStG 1988 gleichmäßig verteilt auf fünfzehn Jahre abzusetzen sind (VwGH 28.5.2019, Ro 2018/15/0002; siehe dazu auch UmgrStR 2002 Rz 710).
1.2.1.2.2 Aufzählung von Körperschaften öffentlichen Rechts
1.2.1.2.2.1 Gebietskörperschaften
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Gebietskörperschaften sind der Bund, die Länder und Gemeinden, sowie die Gemeindeverbände. Gemeindeverbände können gemäß Art. 116 Abs. 3 B-VG zur Besorgung bestimmter Angelegenheiten gegründet werden, zB für die Errichtung und Erhaltung öffentlicher Pflichtschulen oder für die Besorgung sanitärer Aufgaben. Den öffentlich-rechtlichen Status von Gemeindeverbänden bestätigte der VfGH 16.3.1955, B 189/55.
43
Zusammenschlüsse von Gemeinden zur gemeinsamen Abwicklung von Verwaltungsgeschäften (Verwaltungsgemeinschaften) sind keine Körperschaften öffentlichen Rechts und im Regelfall auch keine Betriebe gewerblicher Art. Die so genannten Urbarialgemeinden (Realgemeinden) können je nach Ausgestaltung bzw. Status Körperschaften öffentlichen oder privaten Rechts sein.
1.2.1.2.2.2 Kirchen und Religionsgesellschaften
44
Unter gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften können nur die durch österreichische Gesetze anerkannten Gemeinschaften verstanden werden. Dazu gehören etwa
- die Altkatholische Kirche Österreichs
- die Armenisch-Apostolische Kirche in Österreich,
- die Evangelische Kirche A.B. und H.B.,
- die Evangelisch-methodistische Kirche in Österreich,
- die Freikirchen in Österreich,
- die Griechisch-orientalische Kirche (=orthodoxe) Kirche in Österreich mit folgenden Kirchengemeinschaften:
- die Bulgarisch-orthodoxe Kirchengemeinde zum Heiligen Iwan Rilski
- die Griechisch-orientalische Kirchengemeinde zum Heiligen Georg
- die Griechisch-orientalische Kirchengemeinde zur Heiligen Dreifaltigkeit
- die rumänische Griechisch-orientalische Kirchengemeinde zur Heiligen Auferstehung,
- die Russisch-orthodoxe Kirchengemeinde zum Heiligen Nikolaus
- die Serbische griechisch-orientalische Kirchengemeinde zum Heiligen Sava
- die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich,
- die Islamische Alevitische Glaubensgemeinschaft in Österreich,
- die Israelitische Religionsgesellschaft,
- Jehovas Zeugen in Österreich
- die Katholische Kirche (lateinischer, griechischer, armenischer Ritus),
- die Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage (Mormonen) in Österreich,
- Koptisch-Orthodoxe Kirche in Österreich
- die Neuapostolische Kirche in Österreich,
- die Österreichische Buddhistische Religionsgesellschaft,
- die Syrisch-Orthodoxe Kirche
45
Zu den Körperschaften öffentlichen Rechts gehören sämtliche Einrichtungen der katholischen Kirche, die mit Rechtswirksamkeit für den staatlichen Bereich kanonisch errichtet worden sind. Danach kommt insbesondere folgenden Einrichtungen Rechtspersönlichkeit zu:
Der Österreichischen Bischofskonferenz, der Superiorenkonferenz der männlichen Ordensgemeinschaften, der Vereinigung der Frauenorden, der Kirchenprovinz, der Diözese, dem Bischöflichen Stuhl, dem Kapitel, der Pfarrkirche (Kirchenfabrik), dem Pfründen- oder Benefizialvermögen, den Orden und Kongregationen, der Religiösen Gesellschaft, dem Weltlichen Institut, der Kirchlichen Vereinigung, der Selbständigen Stiftung, der Caritas, den einzelnen Diözesen und den sonstigen vom Ordinarius errichteten und von ihm mit Rechtspersönlichkeit ausgestatteten Instituten.
Körperschaften öffentlichen Rechts sind auch die Gemeinden und Einrichtungen der Evangelischen Kirche gemäß §§ 3 und 4 Bundesgesetz vom 6. Juli 1961 über äußere Rechtsverhältnisse der Evangelischen Kirche, BGBl. Nr. 182/1961 idF BGBl. I Nr. 92/2009, insoweit sie bereits im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bestanden haben. Danach errichtete Gemeinden und nach kirchlichem Recht mit Rechtspersönlichkeit ausgestattete Einrichtungen der Evangelischen Kirche erlangen auch für den staatlichen Bereich Rechtspersönlichkeit des öffentlichen Rechts mit dem Tage des Einlangens der von der evangelischen Kirchenleitung ausgefertigten Anzeige beim für das Kulturwesen zuständigen Bundesministerium, welches das Einlangen schriftlich zu bestätigen hat.
Das Gleiche gilt sinngemäß auch für alle anderen von gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften nach ihrem Recht mit Wirksamkeit für den staatlichen Bereich errichteten und mit Rechtspersönlichkeit ausgestatteten juristischen Personen.
1.2.1.2.2.3 Gesetzliche Interessensvertretungen
46
Zu den Körperschaften öffentlichen Rechts zählen auch die gesetzlichen Interessensvertretungen in Form der Kammern, wie etwa die
- Apothekerkammer (§ 1 Abs. 2 Apothekerkammergesetz 2001, BGBl. I Nr. 111/2001;
- Ärztekammern (Österreichische Ärztekammer, § 117 Abs. 2 Ärztegesetz 1998, BGBl. I Nr. 169/1998, Ärztekammern für die einzelnen Bundesländer, § 65 Abs. 2 Ärztegesetz 1998, BGBl. I Nr. 169/1998 idF BGBl. I Nr. 156/2005);
- Ziviltechnikerkammern des Bundes, § 38 Abs. 1 iVm Abs. 3 ZTG 2019, Ziviltechnikergesetz 2019, BGBl. I Nr. 29/2019;
- Kammern für Arbeiter und Angestellte (Arbeiterkammern) sowie der Österreichische Arbeiterkammertag (§ 1 Arbeiterkammergesetz 1992, BGBl. Nr. 626/1991);
- Kammern der gewerblichen Wirtschaft (Bundeskammer, Landeskammern, Fachgruppen und Fachverbände, § 3 Abs. 1 Wirtschaftskammergesetz 1998, BGBl. I Nr. 103/1998 idF BGBl. I Nr. 153/2001);
- Kammer der Wirtschaftstreuhänder (§ 151 Abs. 2 Wirtschaftstreuhandberufsgesetz 2017, BGBl. I Nr. 137/2017);
- Landarbeiterkammern (nach den jeweiligen landesgesetzlichen Regelungen);
- Landeslandwirtschaftskammern (landesgesetzliche Regelungen; die „Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs“ ist ein Verein nach dem Vereinsgesetz 2002);
- Österreichische Zahnärztekammer (§ 17 Abs. 2 Zahnärztekammergesetz, BGBl. I Nr. 154/2005);
- Österreichische Notariatskammern (§ 134 Notariatsordnung, RGBl. Nr. 75/1871);
- Österreichische Patentanwaltskammer (§ 30 Abs. 1 Patentanwaltsgesetz, BGBl. Nr. 214/1967);
- Österreichische Rechtsanwaltskammern (§ 22 Rechtsanwaltsordnung, RGBl. Nr. 96/1868 idF BGBl. I Nr. 141/2009);
- Österreichische Rechtsanwaltskammerntag (§ 35 Abs. 1 RAO, RGBl. Nr. 96/1868 idF BGBl. I Nr. 141/2009)
- Österreichisches Hebammengremium (§ 39 Abs. 2 Hebammengesetz, BGBl. Nr. 310/1994).
1.2.1.2.2.4 Sozialversicherungsträger
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Körperschaften öffentlichen Rechts sind die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK), die Pensionsversicherungsanstalt (PVA), die allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA), die Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen (SVS) und die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau (BVAEB).
1.2.1.2.2.5 Sonstige Körperschaften öffentlichen Rechts
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- Österreichische Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft und die Hochschülerinnen- und Hochschülerschaften an den Hochschulen (§ 3 Abs. 1 Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetz 2014, BGBl. I Nr. 45/2014 idF BGBl. I Nr. 77/2021),
- Universitäten iSd Universitätsgesetzes 2002 (§ 4 iVm § 6 UG, BGBl. I Nr. 120/2002)
- Das Arbeitsmarktservice (§ 1 AMS-Gesetz, BGBl. Nr. 313/1994)
- Österreichische Akademie der Wissenschaften (VwGH 10.12.1965, 0217/64),
- der Sparkassenprüfungsverband (§ 24 Abs. 1 Sparkassengesetz, BGBl. Nr. 64/1979 idF BGBl. I Nr. 118/2016),
- die Wassergenossenschaften (§ 74 WRG 1959, BGBl. Nr. 215/1959 idF BGBl. I Nr. 97/2013) und Wasserverbände (§ 87 WRG 1959, BGBl. Nr. 215/1959 idF BGBl. I Nr. 82/2003),
- die Pharmazeutische Gehaltskasse (§ 1 Abs. 1 Gehaltskassengesetz 2002, BGBl. I Nr. 154/2001 idF BGBl. I Nr. 9/2016)
Körperschaften öffentlichen Rechts auf Grund landesgesetzlicher Regelungen sind zB: Fischereigenossenschaften und Fischereiverbände; Freiwillige Feuerwehren und Feuerwehrverbände; Jagdgenossenschaften; Landesfremdenverkehrsverbände und -vereine; Landesjagdverbände; Maschinenhöfe nach Kärntner Landesgesetz; Müllbeseitigungs- und Abfallverbände, bei landesrechtlicher Verankerung Personengemeinschaften in Angelegenheit der Bodenreform und Siedlungsträger, Beitragsgemeinschaften nach den Landesstraßenverwaltungsgesetzen, Landesgesundheitsfonds (letztere sind gemäß § 64 KAKuG von der Körperschaftsteuerpflicht umfassend befreit, vgl. VwGH 28.5.2019, Ro 2017/15/0040).
1.2.1.2.2.6 Öffentlich-rechtliche Fonds
49
- Der Betriebsratsfonds iSd § 74 Arbeitsverfassungsgesetz, BGBl. Nr. 22/1974 idF BGBl. Nr. 460/1993 und der Betriebsratsfonds-Verordnung 1974, BGBl. Nr. 524/1974 idF BGBl. II Nr. 142/2012,
- Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung – Wissenschaftsfonds (§ 2 iVm § 26 Abs. 1 Forschungs- und Technologieförderungsgesetz, BGBl. Nr. 434/1982 idF BGBl. I Nr. 52/2009)
- Fonds zur besonderen Hilfe für Widerstandskämpfer und Opfer der politischen Verfolgung (Ehrengaben- und Hilfsfondsgesetz, BGBl. Nr. 197/1988 idF BGBl. Nr. 648/1989),
- Land- und Forstwirtschaftlicher Wiederaufbaufonds,
- Fonds zur Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe in Österreich (BGBl. I Nr. 99/2010)
- Restitutionsfonds (§ 1 Abs. 3 Rückgabegesetz, BGBl. Nr. 55/1947);
- Salzburger Festspielfonds (§ 1 des Bundesgesetzes vom 12. Juli 1950 über die Errichtung eines Salzburger Festspielfonds, BGBl. Nr. 147/1950);
- Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus (§ 1 Abs. 3 BGBl. Nr. 432/1995)
- Umwelt- und Wasserwirtschaftsfonds (§ 8 Abs. 1 Umwelt- und Wasserwirtschaftsfondsgesetz, BGBl. Nr. 79/1987).
1.2.1.2.2.7 Personengemeinschaften in Angelegenheiten der Bodenreform, Siedlungsträger
50
Personengemeinschaften in Angelegenheiten der Bodenreform sind jene Personengemeinschaften, die auf Grundlage der entsprechenden Gesetze der Länder bestehen.
51
Für alle Personengemeinschaften in Angelegenheiten der Bodenreform gilt, dass sie körperschaftsteuerrechtlich als Körperschaften öffentlichen Rechts zu behandeln sind, wenn sie entweder durch die jeweilige landesgesetzliche Regelung als solche eingerichtet sind oder ihnen aus der Aufgabenstellung öffentlich-rechtliche Rechtspersönlichkeit eingeräumt ist oder sie auf Grund der besonderen Stellung im öffentlichen Leben auch ohne formalgesetzliche Untermauerung abgabenrechtlich wie Körperschaften öffentlichen Rechts behandelt werden. Tritt allerdings bei nicht ausdrücklich vom Gesetz als Körperschaften öffentlichen Rechts eingerichteten Personengemeinschaften in Angelegenheiten der Bodenreform die öffentliche Aufgabenstellung gegenüber überwiegend privaten Interessen der Anteilsberechtigten zurück, dann sind sie, wenn sie Rechtspersönlichkeit besitzen, körperschaftsteuerrechtlich den Körperschaften privaten Rechts, bei fehlender Rechtspersönlichkeit den nichtrechtsfähigen Personenvereinigungen zuzurechnen.
Zu den Personengemeinschaften in Angelegenheiten der Bodenreform gehören:
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- Agrargemeinschaften im Sinne der Ausführungsgesetze zum Flurverfassungs-Grundsatzgesetz 1951, BGBl. Nr. 103/1951 bzw. der entsprechenden Landesgesetze:
- Eine Agrargemeinschaft ist die Gesamtheit der jeweiligen Eigentümer von Liegenschaften (Stammsitzliegenschaften), an deren Eigentum ein Anteilsrecht an agrargemeinschaftlichen Grundstücken gebunden ist, einschließlich jener Personen, denen persönliche (walzende) Anteilsrechte zustehen. Die Veräußerung und die Absonderung von Anteilsrechten sowie die Veräußerung und Belastung agrargemeinschaftlicher Grundstücke sind von der Genehmigung der Agrarbehörde abhängig. Die Agrarbehörden haben festzustellen, welche Liegenschaften agrargemeinschaftliche Liegenschaften sind.
Körperschaftsteuerrechtlich sind Agrargemeinschaften Körperschaften öffentlichen Rechts im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 2 KStG 1988, wenn sie durch Landesgesetz als solche eingerichtet sind. Im Übrigen sind sie als Körperschaften privaten Rechts im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 1 KStG 1988 zu beurteilen, wenn sie Rechtspersönlichkeit besitzen. Agrargemeinschaften, denen Rechtspersönlichkeit fehlt, sind nichtrechtsfähige Personenvereinigungen im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 3 KStG 1988. Die Frage, ob Agrargemeinschaften Rechtspersönlichkeit haben, ist in erster Linie an Hand jener Vorschriften zu beurteilen, die die einzelnen Bundesländer in Ausführung des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes 1951, BGBl. Nr. 103/1951, erlassen haben (OGH 25.8.1993, 1 Ob 560/93). Bestehen Zweifel darüber, ob entweder eine Agrargemeinschaft (also eine Personengemeinschaft in Angelegenheiten der Bodenreform) oder eine Eigentumsgemeinschaft, die nicht schon Agrargemeinschaft ist (also keine solche Personengemeinschaft), vorliegt, so ist dem Finanzamt nach Maßgabe der landesgesetzlichen Vorschriften eine Entscheidung der Agrarbehörde beizubringen.
Zur Frage des Umfanges der Steuerpflicht siehe Rz 175.
53
- Zusammenlegungsgemeinschaften und Flurbereinigungsgemeinschaften im Sinne der Ausführungsgesetze zum Flurverfassungs-Grundsatzgesetz 1951, BGBl. Nr. 103/1951 bzw. der entsprechenden Landesgesetze:
- Sinn und Aufgabe der Zusammenlegung ist es, durch Neueinteilung und Erschließung des land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes sowie Ordnung der rechtlichen und wirtschaftlichen Grundlagen der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe nach zeitgemäßen, volkswirtschaftlichen und betriebswirtschaftlichen Grundsätzen die Besitz-, Benützungs- und Bewirtschaftungsverhältnisse zu verbessern oder neu zu gestalten. Die Eigentümer der Grundstücke, die der Zusammenlegung unterzogen werden, bilden die Zusammenlegungsgemeinschaft, die mit Verordnung begründet wird und der Rechtspersönlichkeit zukommt. Nach den landesgesetzlichen Bestimmungen aller Bundesländer ist sie Körperschaft öffentlichen Rechts. Die Zusammenlegungsgemeinschaft hat die Maßnahmen durchzuführen, die sich aus der Zusammenlegung ergeben. Während der Durchführung der Zusammenlegung bleiben die einzelnen Mitglieder der Gemeinschaft Eigentümer der in das Zusammenlegungsverfahren einbezogenen Grundstücke. Die Zusammenlegungsgemeinschaft erwirbt idR – wenn überhaupt – nur vorübergehend Eigentum an Grund und Boden. Ausnahmsweise kann diese Gemeinschaft Eigentum an gemeinsamen wirtschaftlichen Anlagen (zB Wegen, Windschutzanlagen, Gräben) auch auf Dauer erwerben.
An Stelle des Zusammenlegungsverfahrens kann ein Flurbereinigungsverfahren durchgeführt werden, wenn dadurch vor allem die Besitz-, Benützungs- oder Bewirtschaftungsverhältnisse in einem kleineren Gebiet oder bei einer kleineren Anzahl land- und forstwirtschaftlicher Betriebe oder lediglich durch einzelne Maßnahmen verbessert oder neu gestaltet werden. Weiters stellt die Durchführung von Flurbereinigungsmaßnahmen eine Zwischenlösung bis zur späteren Durchführung eines Zusammenlegungsverfahrens dar. Die Eigentümer der Grundstücke, die der Flurbereinigung unterliegen, bilden die Flurbereinigungsgemeinschaft, die mit Bescheid begründet wird.
54
- Bringungsgemeinschaften im Sinne der Ausführungsgesetze zum Güter- und Seilwege-Grundsatzgesetz 1967, BGBl. Nr. 198/1967 bzw. der entsprechenden Landesgesetze:
- Bringungsrechte (im Sinne des Güter- und Seilwege-Grundsatzgesetzes 1967 und der hiezu erlassenen Ausführungsgesetze) sind die zugunsten von Grundstücken, die land- und forstwirtschaftlichen Zwecken gewidmet sind, eingeräumten Rechte, Personen und Sachen über fremden Grund zu bringen. Diese Rechte umfassen vor allem auch die Berechtigung zur Errichtung und Benützung einer Bringungsanlage sowie zur Mitbenützung und Ausgestaltung einer fremden Bringungsanlage. Bei den Bringungsanlagen im Sinne dieses Gesetzes handelt es sich im Wesentlichen um nicht öffentliche Güterwege und Materialseilbahnen. Solche Bringungsrechte werden eingeräumt, wenn die zweckmäßige Bewirtschaftung von land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken und Betrieben dadurch erheblich beeinträchtigt wird, dass für die Bringung der Erzeugnisse solcher Grundstücke oder Betriebe oder der zur Bewirtschaftung erforderlichen Personen oder Sachen keine oder nur eine unzulängliche Bringungsmöglichkeit besteht und dieser Nachteil nur durch ein Bringungsrecht beseitigt oder gemildert werden kann. Wird ein Bringungsrecht, das die Berechtigung zur Errichtung einer Bringungsanlage oder Benutzung einer fremden Bringungsanlage umfasst, zugunsten mehrerer Grundstücke von mindestens drei verschiedenen Eigentümern gemeinsam eingeräumt, so bilden die Eigentümer dieser Grundstücke eine Bringungsgemeinschaft. Sofern die Bringungsanlage auch anderen als den vorgenannten Grundstückseigentümern zum Vorteil gereicht, sind auch die Eigentümer dieser Grundstücke in die Bringungsgemeinschaft als Mitglieder einzubeziehen. Diese Bringungsgemeinschaften können auch Eigentümer von Grundstücken sein, und zwar insbesonders jener Grundstücke, die für die Errichtung der Bringungsanlage (zB Trasse des Güterweges) erforderlich sind. Bringungsgemeinschaften besitzen Rechtspersönlichkeit und sind nach den meisten Landesgesetzen Körperschaften öffentlichen Rechts.
55
- Siedlungsgemeinschaften im Sinne der Ausführungsgesetze zum landwirtschaftlichen Siedlungs-Grundsatzgesetz, BGBl. Nr. 79/1967 bzw. der entsprechenden Landesgesetze:
- Zum Zwecke der Verbesserung der Agrarstruktur können landwirtschaftliche Siedlungsverfahren durchgeführt werden. Ziel dieses Verfahrens ist vor allem
- die Neuerrichtung von Betrieben,
- die Verlegung von Wohn- und Wirtschaftsgebäuden aus wirtschaftlich ungünstigen Orts- oder Hoflagen,
- die Umwandlung von Betrieben, die ihre Selbstständigkeit verloren haben, in selbstständig bewirtschaftete Betriebe,
- die Übertragung von Betrieben, deren Eigentümer sie selbst nicht mehr bewirtschaften wollen oder wegen Krankheit oder Alters nicht mehr bewirtschaften können oder in der Landwirtschaft nicht hauptberuflich tätig sind, in das Eigentum von Personen, die für die Führung bäuerlicher Betriebe geeignet sind,
- die Umwandlung von Pacht in Eigentum,
- die Aufstockung bestehender, vom Eigentümer selbst bewirtschafteter Betriebe mit Grundstücken, Gebäuden, agrargemeinschaftlichen Anteilsrechten oder Nutzungsrechten,
- die Bereinigung ideell und real geteilten Eigentums.
Mehrere physische Personen, die die Durchführung eines solchen Verfahrens beantragen (das sind diejenigen Personen, für die die Schaffung der Betriebe in Betracht kommen), können durch Bescheid der Agrarbehörde zu einer Siedlungsgemeinschaft zusammengefasst werden. Siedlungsträger im Sinne des § 6 Abs. 2 Landwirtschaftliches Siedlungs-Grundsatzgesetz sind juristische Personen, die als Siedlungsträger kraft Gesetzes oder durch Bescheid der Agrarbehörde anerkannt sind. Die Siedlungsträger haben insbesondere die Aufgabe, frei werdende Grundstücke vorsorglich aufzukaufen und für geeignete Siedlungswerber bereitzuhalten. Die bestehenden Siedlungsträger sind in der Form von Fonds, Genossenschaften bzw. GmbHs errichtet worden. Siedlungsgemeinschaften besitzen nach manchen Landesgesetzen ausdrücklich Rechtspersönlichkeit, manchmal sind sie Körperschaften öffentlichen Rechts.
1.2.1.2.2.8 Den öffentlich-rechtlichen Körperschaften abgabenrechtlich gleichgestellte Körperschaften
56
- Nach § 1 Abs. 3 Z 2 KStG 1988 sind politische Parteien wie Körperschaften des öffentlichen Rechts zu behandeln, wenn ihnen gemäß § 1 Abs. 4 des Parteiengesetzes 2012, BGBl. I Nr. 56/2012, Rechtspersönlichkeit zukommt.
- Die Tätigkeit einer politischen Partei, die im Pressedienst, der Öffentlichkeitsarbeit, der Herausgabe von Zeitungen, Zeitschriften und sonstigen Druckschriften, der Werbung und der Informationstätigkeit einschließlich Wahlwerbung besteht, kann nicht als Betrieb gewerblicher Art angesehen werden, weil diese Aktivitäten zum Kernbereich der Tätigkeit politischer Parteien (Hoheitsbereich) gehören (VwGH 9.11.1994, 92/13/0024).
57
Rechtslage bis zur Veranlagung 2015
Zu den parteilichen Neben- und Unterorganisationen nimmt das Gesetz nicht Stellung. Sie werden von der Verwaltungspraxis ebenfalls als Körperschaften des öffentlichen Rechts behandelt, auch dann, wenn sie in Vereinsform geführt werden. In Zweifelsfällen wird die Parteizugehörigkeit bestimmter Institutionen von den Abgabenbehörden im Wege des BMF durch Anfragen bei den obersten Gremien der politischen Parteien geklärt, wobei Sitz und Stimme in den obersten Gremien der Partei ein Indiz darstellt. Unter- und Nebenorganisationen von politischen Parteien, die als Kapitalgesellschaft oder als Genossenschaft organisiert sind, werden nach diesen Rechtsformen besteuert.
Rechtslage ab der Veranlagung 2016
Gemäß § 5 Z 12 KStG 1988 sind ab 1.1.2016 abgabenrechtlich nicht begünstigte Gliederungen mit eigener Rechtspersönlichkeit sowie nahestehende Organisation iSd § 2 Z 3 PartG von wahlwerbenden politischen Parteien für Zwecke des § 5 Z 12 KStG 1988 als Körperschaften öffentlichen Rechts zu behandeln. Darüber hinaus kommt ihnen nach dem Gesetz keine Stellung als Körperschaft öffentlichen Rechts zu. Haben Gliederungen von Körperschaften öffentlichen Rechts keine eigene Rechtspersönlichkeit, sind sie keine eigenständigen Körperschaften öffentlichen Rechts (vgl. Rz 283b). Für abgabenrechtlich begünstigte selbstständige Gliederungen oder nahestehende Organisationen einer politischen Partei, die die Voraussetzungen nach §§ 34 ff BAO erfüllen, gilt die Fiktion als Körperschaft öffentlichen Rechts für die Zwecke des § 5 KStG 1988 nicht (vgl. Rz 279a).
58
- Berufsvereinigungen im Sinne des § 4 Abs. 2 Arbeitsverfassungsgesetz, BGBl. Nr. 22/1974 idgF, wie zB der Österreichische Gewerkschaftsbund, sind nach den Grundsätzen des VerG errichtete Vereine und somit keine Körperschaften des öffentlichen Rechts. Auf Grund ihrer besonderen Stellung im öffentlichen Leben sind sie im § 5 Z 13 KStG 1988 teilweise persönlich befreit (Rz 287 bis Rz 290).
59
- Aufgrund seiner besonderen Stellung im öffentlichen Leben ist das Österreichische Rote Kreuz mit den Landesverbänden und Bezirksstellen als Körperschaft öffentlichen Rechts anzusehen (bis 31.12.2023; ab 1.1.2024 siehe BFG 18.4.2023, RV/7106426/2019).
60
- Die Diplomatische Akademie (Bundesgesetz über die „Diplomatische Akademie Wien“ (DAK – Gesetz 1996), BGBl. Nr. 178/1996 idF BGBl. I Nr. 68/2006) ist aufgrund von § 1 DAK – Gesetz 1996 eine Anstalt öffentlichen Rechts.
61
- Diverse Fonds, wie der Linzer Hochschulfonds (Bundesgesetz vom 5. Juli 1962 über die Errichtung des Linzer Hochschulfonds, BGBl. Nr. 189/1962), Fonds zur Unterstützung österreichischer Staatsbürger im Ausland (Auslandsösterreicher-Fonds, BGBl. I Nr. 67/2006).
1.2.1.2.2.9 Öffentlich-rechtliche Anstalten bzw. Stiftungen
62
Der ORF zählt zu den Stiftungen des öffentlichen Rechts (§ 1 ORF-Gesetz, BGBl. Nr. 379/1984). Zu den wissenschaftlichen Anstalten öffentlichen Rechts zählen die im Bundesmuseen-Gesetz 2002, BGBl. I Nr. 14/2002 idF BGBl. I Nr. 112/2011 angeführten Bundesmuseen.
1.2.1.2.2.10 Teilrechtsfähige Einrichtungen
63
Im Rahmen der Teilrechtsfähigkeit von Schulen geschaffene Einrichtungen mit eigener Rechtspersönlichkeit sind abgabenrechtlich wie selbständige Körperschaften öffentlichen Rechts zu behandeln (zB nach § 128c Schulorganisationsgesetz, BGBl. Nr. 242/1962 idF BGBl. I Nr. 48/2014; § 31c Land- und forstwirtschaftliches Bundesschulgesetz, BGBl. Nr. 175/1966 idF BGBl. I Nr. 35/2018; § 7a Oberösterreichisches Pflichtschulorganisationsgesetz 1992, LGBl. Nr. 35/1992 idF LGBl. Nr. 64/2018; § 18c Salzburger Berufsschulorganisations-Ausführungsgesetz 1995, LGBl. Nr. 65/1995 idF LGBl. Nr. 64/2018; § 16a Kärntner landwirtschaftliches Schulgesetz 1993, LGBl. Nr. 16/1993 idF LGBl. Nr. 37/2012).
1.2.1.2.3 Betriebe gewerblicher Art als Steuersubjekte
64
Das Wesen des Betriebes gewerblicher Art von Körperschaften öffentlichen Rechts im Sinne des § 2 KStG 1988 besteht darin, dass es sich dabei um ein eigenes Steuersubjekt handelt, das von der Person des Rechtsträgers verschieden ist, wiewohl zivilrechtlich als Rechtsperson nur eine juristische Person, nämlich die öffentlich-rechtliche Körperschaft existiert.
Daher hat ein Körperschaftsteuerbescheid unmittelbar an den Betrieb gewerblicher Art als Bescheidadressat zu ergehen. Hat eine Körperschaft öffentlichen Rechts mehrere Betriebe gewerblicher Art, ist jeder dieser Betriebe ein eigenes Steuersubjekt.
Unternehmer im Sinne des UStG 1994, BGBl. Nr. 663/1994, ist hingegen die Trägerkörperschaft selbst (siehe UStR 2000 Rz 261).
Ein Ergebnisausgleich zwischen mehreren Betrieben gewerblicher Art derselben Trägerkörperschaft ist grundsätzlich nicht möglich, siehe aber Rz 79.
1.2.1.2.3.1 Begriffsbestimmung
65
Voraussetzungen für das Vorliegen eines Betriebes gewerblicher Art gemäß § 2 Abs. 1 KStG 1988 sind
- das Vorhandensein einer wirtschaftlich selbstständigen Einrichtung;
- eine ausschließliche oder überwiegende privatwirtschaftliche Tätigkeit;
- wirtschaftliches Gewicht dieser Tätigkeit;
- Nachhaltigkeit dieser Tätigkeit;
- die Erzielung von Einnahmen oder anderen wirtschaftlichen Vorteilen;
- eine Tätigkeit gewerblicher Art.
Die Prüfung, ob ein Betrieb gewerblicher Art vorliegt oder nicht, ist für jeden Betrieb gesondert vorzunehmen.
66
Vorhandensein einer wirtschaftlich selbstständigen Einrichtung
Die Tätigkeit muss sich innerhalb der Körperschaft öffentlichen Rechts wirtschaftlich herausheben, etwa durch
- eine besondere Leitung,
- eigenes Personal,
- einen geschlossenen Geschäftskreis,
- eigene Buchführung,
- eigene Verrechnungsstelle oder
- einem ähnlichen auf eine Einheit hinweisenden Merkmal.
Eine feste örtliche Anlage ist nicht erforderlich.
Die Verbuchung der Einnahmen aus Leistungen (zB Impfleistungen) unter einem Haushaltsansatz reicht für sich allein noch nicht aus, um von einer wirtschaftlichen Selbstständigkeit hinsichtlich dieser Tätigkeit sprechen zu können (VwGH 22.12.2004, 2001/15/0141).
Völlige Selbständigkeit verlangt dieses Tatbestandsmerkmal jedenfalls nicht. Im Rahmen der Gesamtbetrachtung ist auch auf den Gesetzeszweck der Besteuerung von Betrieben gewerblicher Art einer Körperschaft des öffentlichen Rechts Bedacht zu nehmen, der in der Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen im Sinne einer Wettbewerbsneutralität mit privaten Unternehmen besteht (VwGH 1.9.2015, 2012/15/0089).
Das Erfordernis eines wirtschaftlichen Heraushebens schließt nicht aus, dass auch dann ein Betrieb gewerblicher Art vorliegt, wenn er selbst eine Körperschaft öffentlichen Rechts ist. In diesen Fällen ist der Betrieb gewerblicher Art mit der Trägerkörperschaft ident. Werden über die ursprüngliche Tätigkeit hinaus andere Tätigkeiten aufgenommen, kann dies zur Begründung eines weiteren Betriebes gewerblicher Art führen.
Beispiel:
Ein als Anstalt öffentlichen Rechts errichtetes Museum betreibt unabhängig vom Museumsbetrieb ein Hotel.
67
Das Zusammenfassen mehrerer Einrichtungen und die Behandlung als einheitlicher Betrieb gewerblicher Art (Einheitsbetrieb) ist möglich
- bei einem engen technisch-wirtschaftlichen und organisatorischen Zusammenhang verschiedener Einrichtungen, zB Verlag und Druckerei
- bei nicht gleichartigen Tätigkeiten im Falle der Eignung zur gegenseitigen Ergänzung, zB Herstellungs- und Handelsbetriebe
- bei einem organisatorischen Zusammenhang gleichartiger Einrichtungen, zB mehrere Kindergärten einer Gemeinde
- bei Wiederholung gleichartiger Tätigkeiten, zB wiederholte gesellige Veranstaltungen nach Maßgabe des § 5 Z 12 KStG 1988
- bei intensiver Verbindung von an sich verschiedenartigen Tätigkeiten (bspw. das Unterhalten einer Zentralküche, die ausschließlich oder überwiegend die Gastbetriebe der Körperschaft öffentlichen Rechts versorgt)
- bei Versorgungsbetrieben (Rz 79).
Eine Zusammenfassung ist bspw. nicht zwischen einem Versorgungs- und einem Badebetrieb möglich, auch wenn der Versorgungsbetrieb die wichtigsten Betriebsmittel an den Badebetrieb liefert (VwGH 21.11.1991, 90/13/0098, 90/13/0099).
68
Bei einer steuerwirksamen Zusammenfassung von mehreren Betrieben kommt es zu einem innerbetrieblichen Verlustausgleich aus den einzelnen Teilbereichen. Ein Betrieb gewerblicher Art ist aber nur anzunehmen, wenn die Tätigkeit von wirtschaftlichem Gewicht ist. Gewinne und Verluste aus Tätigkeiten mit Umsätzen unter 2.900 Euro sind aus diesem Grunde unerheblich (VwGH 15.4.1982, 0833/79). Die persönliche (und sachliche) Steuerpflicht eines Betriebes gewerblicher Art ist auch bei Fehlen einer Gewinnabsicht oder bei Unmöglichkeit des Erzielens eines Totalgewinnes gegeben (siehe auch Rz 397).
69
Privatwirtschaftliche Tätigkeit
Es muss sich ausschließlich oder überwiegend um eine Tätigkeit handeln, die außerhalb des Hoheitsbereiches der Körperschaft öffentlichen Rechts liegt. Zur Abgrenzung des Hoheitsbereiches von der Privatwirtschaft siehe Rz 37 f.
Eine Überwiegensprüfung ist nur bei Mischbetrieben erforderlich, dh. wenn eine wirtschaftlich selbstständige Einrichtung gleichzeitig untrennbar dem privatwirtschaftlichen Bereich und dem Hoheitsbereich dient (Rz 75 bis 77).
70
Wirtschaftliches Gewicht der Tätigkeit
Dieser unbestimmte Gesetzesbegriff dient dazu, Bagatellfälle von der Steuerpflicht auszuschließen. Es wird dabei ausschließlich das wirtschaftliche Gewicht der Einnahmen beurteilt. Das Ausmaß der Kostendeckung ist dabei nicht als Kriterium für die Prüfung des wirtschaftlichen Gewichtes einer Tätigkeit heranzuziehen (VwGH 17.10.2001, 99/13/0002). Einnahmen in Millionenhöhe sind jedenfalls solche von einigem wirtschaftlichen Gewicht.
Beispiel:
Der Betrieb von Sportstadien und Sportplätzen mit Einnahmen von rund 1 Mio. Euro jährlich stellt auch dann einen Betrieb gewerblicher Art dar, wenn den Einnahmen Ausgaben jeweils in rund der 10-fachen Höhe gegenüberstehen.
Das erforderliche wirtschaftliche Gewicht ist nach der Verwaltungspraxis und der ständigen Judikatur des VwGH dann nicht mehr gegeben, wenn die jährlichen Einnahmen aus der jeweiligen Tätigkeit 2.900 Euro nicht übersteigen.
Im Allgemeinen wird auf einen längeren überschaubaren Zeitraum abzustellen sein. Ein vorübergehendes Unterschreiten der 2.900 Euro-Grenze ist insbesondere dann nicht schädlich, wenn die Einnahmenerzielung durch äußere Umstände (zB in den Jahren 2020 und 2021 aufgrund der COVID-19-Krise) erschwert wurde. Das Unterschreiten der Umsatzgrenze begründet auch während der Errichtungs- und Anlaufphase einen Betrieb gewerblicher Art, wenn bei voller Aufnahme der Tätigkeit die Einnahmengrenze von 2.900 Euro regelmäßig überschritten wird. Wenn im Anlaufzeitraum noch nicht feststeht, ob die Einnahmengrenze bei voller Aufnahme der Tätigkeit überschritten werden wird, ist zunächst vom Vorliegen eines Betriebes gewerblicher Art auszugehen (vorläufige Veranlagung), wenn das Überschreiten der Einnahmengrenze wahrscheinlich ist.
Andererseits führt das einmalige Überschreiten der Einnahmengrenze in einem Jahr noch nicht zur Begründung eines Betriebes gewerblicher Art.
Subventionen und Zuschüsse (zB für Personalkosten) sowie Erlöse aus Hilfsgeschäften sind für die Beurteilung des wirtschaftlichen Gewichts nicht als Einnahmen anzusetzen. Innenumsätze zwischen mehreren Betrieben gewerblicher Art sind hingegen in die Einnahmen einzubeziehen.
71
Nachhaltigkeit der Tätigkeit
Siehe EStR 2000 Rz 5408 bis 5413.
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Erzielung von Einnahmen oder anderen wirtschaftlichen Vorteilen
Die Einrichtung muss die Erzielung von Einnahmen anstreben. Die Absicht, einen Gewinn zu erzielen, ist nach § 2 Abs. 1 KStG 1988 explizit nicht erforderlich. Eine Anwendung der Liebhabereiverordnung auf Betriebe gewerblicher Art kommt daher nicht in Betracht (siehe LRL 2012 Rz 147). Die Steuerpflicht knüpft grundsätzlich an die Erzielung von Einnahmen an. Unter Einnahmen sind nicht nur Geldbeträge, sondern auch geldwerte Vorteile zu verstehen (siehe EStR 2000 Rz 4002).
Einnahmenerzielung liegt auch dann vor, wenn Leistungen zu Selbstkosten oder unter den Selbstkosten erbracht werden.
Tätigkeiten gegenüber der Allgemeinheit zum Nulltarif, die von vornherein nicht auf eine Einnahmenerzielung gerichtet sind, begründen keinen Betrieb gewerblicher Art. Geringfügige Einnahmen aus Hilfsgeschäften bleiben dabei außer Ansatz.
Beispiel:
Eine Stadtbücherei verleiht unentgeltlich Bücher. Werden Einnahmen aus der Führung von Bücherlisten und der Erhebung von Mahngebühren erzielt, liegt trotzdem mangels Einnahmenerzielungsabsicht hinsichtlich der Haupttätigkeit kein Betrieb gewerblicher Art vor.
73
Die Einnahmenerzielung ist für die Begründung eines Betriebes gewerblicher Art dann nicht erforderlich, wenn trotz Fehlens einer Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr durch das Vorhandensein einer innerorganisatorischen wirtschaftlichen Einheit eine Konkurrenz zur Privatwirtschaft besteht und der Privatwirtschaft insoweit Aufträge entgehen. Die Verrechnungsentgelte innerhalb der Körperschaft öffentlichen Rechts stellen insoweit andere wirtschaftliche Vorteile dar und führen zur Steuerpflicht der Einrichtung.
Beispiel:
Der Bauhof einer Stadt mit eigener Leitung, eigenem Personal, Maschinenpark und eigener Verrechnung wird zum Betrieb gewerblicher Art, wenn er nur für die Stadt Bauarbeiten durchführt und diese Bauarbeiten nicht ausschließlich oder überwiegend für den Hoheitsbereich erfolgen.
74
Tätigkeit gewerblicher Art
Erforderlich sind Aktivitäten, die im Erscheinungsbild einem Gewerbebetrieb entsprechen. Land- und forstwirtschaftliche Aktivitäten begründen grundsätzlich keinen Betrieb gewerblicher Art. Sie können nur dann steuerpflichtig werden, wenn sie nach einkommensteuerrechtlichen Grundsätzen zu gewerblichen Betätigungen (siehe EStR 2000 Rz 5061 bis 5065) werden oder in einem buchführungspflichtigen Betrieb gewerblicher Art als unselbstständiger Teil eingegliedert sind.
Die Tätigkeit des Betriebes gewerblicher Art gilt stets als Gewerbebetrieb. Die Anwendung von Liebhabereigrundsätzen ist damit ausgeschlossen (siehe LRL 2012 Rz 147).
Im Hinblick auf die gesetzliche Einschränkung der Steuerpflicht auf gewerbliche Aktivitäten kann der außerbetriebliche Bereich, also Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 5 bis 7 EStG 1988 nicht zu den Betrieben gewerblicher Art zählen. Einkünfte im Rahmen der Vermögensverwaltung (aus Vermietung und Verpachtung oder aus Kapitalvermögen) und sonstige Einkünfte können daher keinen Betrieb gewerblicher Art begründen, soweit die Einkünfte nicht über den Bereich der Vermögensverwaltung hinausgehen und als gewerbliche einzustufen sind, als Hilfsgeschäfte innerhalb eines Betriebes gewerblicher Art anfallen oder kraft Gesetzes einen Betrieb gewerblicher Art darstellen (siehe auch Rz 78 bis 81). Auch ein umfangreicher Liegenschaftsbesitz einer Körperschaft öffentlichen Rechts, der eine entsprechende Verwaltungsorganisation (Geschäfts- oder Magistratsabteilung) erfordert, geht nicht über den Bereich der Vermögensverwaltung hinaus.
Wird allerdings die Veräußerung von Grundstücken durch eine Körperschaft öffentlichen Rechts in der Art betrieben, dass dadurch ein gewerblicher Grundstückshandel entsteht (siehe dazu EStR 2000 Rz 5440 ff), liegt grundsätzlich ein Betrieb gewerblicher Art vor. Der Erwerb von Grundstücken und deren Parzellierung, Umwidmung und Aufschließung durch Gemeinden zur nachfolgenden Weiterveräußerung für Zwecke des Wohnbaues oder für Betriebsansiedelungen stellt jedoch keinen gewerblichen Grundstückshandel und somit keinen Betrieb gewerblicher Art dar, wenn die zu veräußernden Grundstücke im Hinblick auf die Umsetzung eines raumordnungsrechtlichen Entwicklungskonzeptes, die nach den raumordnungsrechtlichen Landesgesetzen in den Wirkungsbereich der Gemeinden fällt, zu Preisen auf Basis der Selbstkosten angeboten werden, und daher wesentlich unter dem Marktpreis liegen. Dadurch tritt die Gemeinde in keinen marktkonformen Wettbewerb mit anderen Anbietern von Grundstücken, wodurch der hoheitliche Aspekt der Tätigkeit im Vordergrund steht. Infolgedessen stellen diese Grundstücksveräußerungen bei der Gemeinde keinen Betrieb gewerblicher Art dar. Es liegen Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen vor, die der beschränkten Steuerpflicht der zweiten Art unterliegen (§ 21 Abs. 3 Z 4 KStG 1988, siehe Rz 1501). Die betreffenden Grundstücke, die am 31.3.2012 außerhalb eines Betriebes gewerblicher Art vorhanden sind und somit der Körperschaft öffentlichen Rechts zugerechnet werden, stellen Altvermögen iSd § 30 Abs. 4 EStG 1988 dar.
Werden die Grundstücke allerdings zu Marktpreisen angeboten, liegt ein gewerblicher Grundstückshandel vor. Dieser entsteht bereits mit der Anschaffung der Grundstücke. Es sind daher alle Maßnahmen hinsichtlich der Parzellierung, Umwidmung und Aufschließung dem Betrieb gewerblicher Art zuzurechnen.
Abbauverträge für Bodenschätze führen zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, wenn keine über die Vermögensverwaltung hinausgehenden, für einen Gewerbebetrieb typischen Leistungen erbracht werden. Auch gewerbliche Vorleistungen, wie insbesondere die Einholung behördlicher Genehmigungen oder die Erschließung des Bodenschatzes (zB im Falle eines Schottervorkommens durch Freilegung und Schaffung einer Zufahrtsmöglichkeit) stellen solche für einen Gewerbebetrieb typischen Leistungen dar und führen daher zu Einkünften aus Gewerbebetrieb bzw. zur Annahme eines Betriebs gewerblicher Art. Auch die Abgabe von Mineralwasser und Instandhaltung der Mineralwasserquelle stellt einen Betrieb gewerblicher Art dar (VwGH 08.11.1989, 88/13/0101).
1.2.1.2.3.2 Mischbetriebe
75
Werden in einem als Einheit anzusprechenden Betrieb hoheitliche und erwerbswirtschaftliche Tätigkeiten entfaltet, die so eng miteinander verbunden sind, dass eine Abgrenzung nicht möglich oder nicht zumutbar ist, liegt ein Mischbetrieb vor.
Für die Beurteilung der Steuerpflicht des Mischbetriebes ist auf die überwiegende Zweckbestimmung des gesamten Betriebes abzustellen. Dienen die Tätigkeiten des Betriebes überwiegend der Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben, ist der Betrieb in seiner Gesamtheit als Hoheitsbetrieb zu behandeln. Überwiegen die erwerbswirtschaftlichen Aufgaben, ist insgesamt ein steuerpflichtiger Betrieb gewerblicher Art anzunehmen. Als Kriterien zur Überprüfung des mengenmäßigen Verhältnisses zwischen hoheitlicher und privatwirtschaftlicher Tätigkeit kommen das Umsatzverhältnis, der Umfang der zeitlichen Inanspruchnahme, die anteiligen Kosten der einzelnen Bereiche, die Seitenanzahl bei Presseerzeugnissen oder andere, im Einzelfall geeignete Kriterien in Betracht.
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Beispiele für Mischbetriebe:
- Ein Wasserwerk, das Trinkwasser und Nutzwasser liefert; ein Mischbetrieb liegt nur dann nicht vor, wenn neben der Trinkwasserversorgung eine getrennte Nutzwasserversorgung besteht.
- Das Amtsblatt einer Gemeinde; das Überwiegen ist an Hand der auf den Kundmachungsteil (hoheitlich) und den redaktionellen Teil und Inseratenteil (privatwirtschaftlich) entfallenden Seitenzahlen zu prüfen (VwGH 28.11.1980, 1709/77).
- Die Pressestelle einer Gemeinde, welche mit einem eigenen Leiter, eigenem Personal und eigenen Räumen ausgestattet ist und neben Werbetätigkeiten auch mit Kundmachungstätigkeiten befasst ist, stellt einen Mischbetrieb dar (VwGH 23.2.1982, 82/14/0012).
- Bei einem Bauhof (Wirtschaftshof) liegt in der Regel ein Mischbetrieb vor (VwGH 27.6.1961, 1753/58, VwGH 29.1.1981, 1282/79).
- Im Falle von Dienstküchen und Kantinen von Körperschaften des öffentlichen Rechts, bei denen eine Pflichtversorgung unentgeltlicher Art (Ausfluss des Hoheitsbereiches) mit einer entgeltlichen Verköstigung der öffentlich Bediensteten (privatwirtschaftliche Betätigung) in Verbindung steht, liegt ein Mischbetrieb vor, bei dem das Überwiegen für die Annahme eines Betriebes gewerblicher Art oder eines Hoheitsbetriebes maßgebend ist (zB Küchenbetriebe, die von Polizei-, Gendarmerie-, Justizdienststellen, Bundesheer, zur Versorgung von öffentlich Bediensteten, Soldaten, Gefangenen oder Flüchtlingen unterhalten werden). Kein Mischbetrieb sondern ein Betrieb gewerblicher Art liegt vor, wenn der Küchenbetrieb einer Körperschaft des öffentlichen Rechts ausschließlich die öffentlich Bediensteten auf entgeltlicher Grundlage versorgt oder daneben auch „Fremde“ mitversorgt (VwGH 17.10.2001, 99/13/0002).
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Kein Mischbetrieb ist beispielsweise in nachstehenden Fällen gegeben:
- Bei einem Hallenschwimmbad einer Gemeinde, das auch für den Schwimmunterricht für Pflichtschulen verwendet wird, liegt bei zeitlicher Trennbarkeit der Benutzung kein Mischbetrieb vor, sodass der nicht steuerpflichtige hoheitliche Bereich (ausschließliche Verwendung für den Schwimmschulbetrieb) von der gewerblichen Tätigkeit (allgemeiner Badebetrieb) zu trennen ist (VwGH 24.4.1980, 2730/77)
- Eine durch Landesgesetz errichtete öffentlich-rechtliche Anstalt zur Förderung der Landwirtschaft, welche landwirtschaftliche Großmaschinen an Landwirte vermietet, übt keine hoheitliche Gewalt aus, da sie zur Erreichung ihrer Ziele keine Hoheitsakte setzt, sondern zivilrechtliche Verträge abschließt (VwGH 30.5.1952, 1796/51)
- Dasselbe gilt beispielsweise für den Betrieb einer Brückenwaage durch eine Gemeinde (VwGH 6.4.1955, 3302/54), den Maschinenhof einer Landeslandwirtschaftskammer (VwGH 9.7.1965, 1332/63), die Abgabe von Thermalwasser durch Gemeinden (VwGH 14.12.1962, 0913/62), die Führung von Musikschulen (VwGH 5.5.1965, 2052/64) und den Betrieb von Obdachlosenheimen (VwGH 19.10.1972, 2119/71).
- Die üblichen Marktveranstaltungen von Gemeinden gelten nicht als Betrieb gewerblicher Art, da den Gemeinden auf dem Gebiet des Marktwesens öffentlich-rechtliche Aufgaben zugewiesen sind (Festsetzung der Marktordnung, Einhebung von nur kostendeckenden Entgelten für die Benützung von Markteinrichtungen). Werden bei Marktveranstaltungen Eintrittsgelder in einer Höhe erhoben, dass sich dadurch für die veranstaltende Körperschaft öffentlichen Rechts eine echte wirtschaftliche Einnahmequelle ergibt, ist zu überprüfen, ob die hoheitliche Tätigkeit noch überwiegt (VwGH 12.12.1960, 0840/56).
- Messen sind hingegen keine den Gemeinden im Sinne der Gewerbeordnung vorbehaltenen Marktveranstaltungen und gelten stets als Betriebe gewerblicher Art.
- Dient die Tätigkeit einer teilrechtsfähigen Einrichtung (siehe Rz 63) einer Schule (bzw. die teilselbständige Organisationseinheit einer Universität) untrennbar hoheitlichen und privatwirtschaftlichen Zwecken, wird Privatwirtschaftsverwaltung im Hinblick auf die personelle und technische Verflechtung mit dem Hoheitsbetrieb und der in der Regel untergeordneten Funktion der Privatwirtschaftsverwaltung ein Betrieb gewerblicher Art nicht begründet.
- Zu den Hoheitsbetrieben von Einrichtungen der katholischen Kirche siehe Rz 39.