1.1.1.11. Leistungsaustausch bei Gesellschaftsverhältnissen
1.1.1.11.1. Allgemeines
35
Es gilt das Trennungsprinzip: Die Umsätze der Gesellschaft (vorausgesetzt diese ist Unternehmer) sind der Gesellschaft, die Umsätze der Gesellschafter den Gesellschaftern zuzurechen. Der Gesellschafter kann auch Unternehmer sein. Ein Leistungsaustausch zwischen Gesellschaft und Gesellschafter ist möglich.
1.1.1.11.2. Gründung von Gesellschaften
36
Bei der Gesellschaftsgründung leistet der Gesellschafter eine Einlage, die Gesellschaft gewährt Anteilsrechte. Eine Personen- oder Kapitalgesellschaft erbringt bei der der Gründung oder der Aufnahme eines weiteren Gesellschafters gegen Zahlung einer Bareinlage keine steuerbare Leistung (EuGH 26.6.2003, Rs C-442/01, „KapHag Renditefonds 35“; EuGH 26.5.2005, Rs C-465/03, „Kretztechnik AG“). Auch bei der Ausgabe von (atypisch) stillen Beteiligungen einer Kapitalgesellschaft ist von nicht steuerbaren Umsätzen auszugehen (BFH 18.11.2004, BStBl II 2005, 503). Zum Vorsteuerabzug siehe Rz 1992.
37
Beim Einbringen von Vermögenswerten in eine Gesellschaft kann es sich um nicht steuerbare, um steuerfreie oder um steuerpflichtige Vorgänge handeln.
Die Leistung des Gesellschafters ist nur steuerbar, wenn es sich um eine Sacheinlage handelt, die im Rahmen seines Unternehmens erfolgt. Sacheinlagen des Gesellschafters aus dem Privatbereich sowie sämtliche Geldeinlagen sind nicht steuerbar.
Beispiel 1:
Der Nichtunternehmer A leistet im Zuge der Gründung einer Gesellschaft nach bürgerlichem Recht eine Sacheinlage und erhält dafür 50% der Gesellschaftsanteile.
Die Sacheinlage des A ist nicht steuerbar.
Die Einräumung der Gesellschaftsanteile durch die Gesellschaft ist nicht steuerbar.
Beispiel 2:
Der Unternehmer A leistet im Zuge der Gründung einer GesBR eine Geldeinlage von 20.000 Euro im Rahmen seines Unternehmens und erhält dafür 50% der Gesellschaftsanteile.
Die Geldeinlage des A ist (unabhängig davon, dass sie durch einen Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens erfolgt) nicht steuerbar.
Die Einräumung der Gesellschaftsanteile durch die Gesellschaft ist nicht steuerbar.
Beispiel 3:
Der Unternehmer A leistet im Zuge der Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung im Rahmen seines Unternehmens eine Sacheinlage (zB Maschinen) und erhält dafür 50% der Gesellschaftsanteile.
Die Sacheinlage des A ist, da sie im Rahmen seines Unternehmens erfolgt steuerbar und (in der Regel) steuerpflichtig.
Die Einräumung der Gesellschaftsanteile durch die Gesellschaft ist nicht steuerbar.
1.1.1.11.3. Eintritt, Ausscheiden, Wechsel von Gesellschaftern
1.1.1.11.3.1. Eintritt
38
Zum Eintritt eines neuen Gesellschafters siehe Rz 35 bis Rz 37.
1.1.1.11.3.2. Wechsel von Gesellschaftern
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Tritt ein Gesellschafter seinen Gesellschaftsanteil (ganz oder teilweise) an einen neu eintretenden Gesellschafter ab, dann kommt es zu einem Leistungsaustausch zwischen dem neu eintretenden und dem ausscheidenden Gesellschafter (Geld- oder Sachleistung gegen Gesellschaftsrechte). Die erbrachten Leistungen sind, soweit sie von den Beteiligten im Rahmen ihres Unternehmens bewirkt werden, steuerbar, aber gemäß § 6 Abs. 1 Z 8 lit. f oder g UStG 1994 steuerfrei. Nicht steuerbar ist die Leistung des neu eintretenden Gesellschafters, falls es sich um eine Geldleistung handelt.
Beispiel:
Der Gesellschafter A (Nichtunternehmer) veräußert seinen Kommanditanteil an der X-Kommanditgesellschaft um 100.000 Euro an den B, der den Anteil im Rahmen seines Unternehmens erwirbt.
Die Leistung des A ist nicht steuerbar, da A nicht Unternehmer ist. Die Gegenleistung des B ist nicht steuerbar, da es sich um die bloße Hingabe von Geld handelt.
40
Der Übergang des Gesellschaftsanteils vom Erblasser an den Erben stellt keinen steuerbaren Vorgang dar. Es fehlt diesbezüglich am Vorliegen eines Leistungsaustausches.
1.1.1.11.3.3. Gleichzeitiger Wechsel sämtlicher Gesellschafter
41
Juristische Personen
Bei juristischen Personen, wie zB Aktiengesellschaften oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung, ist im gleichzeitigen Wechsel sämtlicher Gesellschafter kein Untergang des bisherigen und Entstehen eines neuen umsatzsteuerlichen Zurechnungssubjekts zu sehen. Der Träger der Unternehmereigenschaft, nämlich die juristische Person bleibt unverändert.
42
Personengesellschaften
Auch wenn bei einer Personengesellschaft sämtliche Gesellschafter gleichzeitig wechseln, ist darin kein Unternehmerwechsel (im Sinne eines Untergehens der alten und Entstehens einer neuen Personengesellschaft) zu sehen. Es kommt mithin nicht zu einer Geschäftsveräußerung im Ganzen.
1.1.1.11.3.4. Ausscheiden von Gesellschaftern bei Personengesellschaften
43
Scheidet ein Gesellschafter aus der Gesellschaft aus und bleiben zumindest zwei Gesellschafter übrig, so bleibt die Gesellschaft bestehen. In der Rückgabe des Gesellschaftsanteils durch den Gesellschafter anlässlich des Ausscheidens aus der Gesellschaft ist ein Leistungsaustausch zwischen dem ausscheidenden Gesellschafter und der Gesellschaft zu sehen (Aufgabe der Gesellschaftsrechte gegen Abfindung). Die Leistung des ausscheidenden Gesellschafters ist, wenn sie im Rahmen seines Unternehmens gegen Entgelt erfolgt, steuerbar und gemäß § 6 Abs. 1 Z 8 lit. f oder g UStG 1994 unecht steuerbefreit (siehe Rz 766 bis Rz 772). Die Gegenleistung der Gesellschaft ist, wenn die Abfindung in Sachwerten besteht, steuerbar, wenn sie in Geld erfolgt, nicht steuerbar.
44
Bei den verbleibenden Gesellschaftern kommt es zu einem Anwachsen der zurückgegebenen Anteile. Darin ist kein steuerbarer Vorgang zu sehen.
Beispiel:
Der Gesellschafter A gibt seinen im Rahmen seines Einzelunternehmens gehaltenen Komplementäranteil an die X-Kommanditgesellschaft gegen Abfindung in Sachwerten zurück.
Die Rückgabe der Gesellschaftsrechte durch A stellt einen steuerbaren und gemäß § 6 Abs. 1 Z 8 lit. g UStG 1994 unecht steuerbefreiten Umsatz dar.
Die Abfindung durch die X-Kommanditgesellschaft stellt einen steuerbaren und (in der Regel) steuerpflichtigen Umsatz dar.
Das Anwachsen der zurückgegebenen Gesellschaftsanteile bei den verbliebenen Gesellschaftern, die nunmehr über einen entsprechend größeren Anteil am Gesellschaftsvermögen verfügen, ist kein steuerbarer Vorgang.
1.1.1.11.3.5. Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters
45
Das Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters einer Personengesellschaft führt zur Beendigung der Personengesellschaft und zum Erlöschen der Unternehmereigenschaft. Die Verteilung des Gesellschaftsvermögens an die Gesellschafter stellt einen steuerbaren Vorgang, nämlich einen Leistungsaustausch zwischen der Gesellschaft (Leistung der Abfindung) und dem Gesellschafter (Aufgabe der Gesellschaftsrechte) dar.
46
Verbleibt nur noch ein Gesellschafter, erlischt gemäß § 142 UGB bei einer offenen Gesellschaft (gleiches gilt nach § 161 Abs. 2 UGB für eine Kommanditgesellschaft) die Gesellschaft ohne Liquidation. Das Gesellschaftsvermögen geht im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den verbleibenden Gesellschafter über. Diesfalls bleibt die Unternehmerkontinuität gewahrt. Das Anwachsen der Gesellschaftsanteile beim verbleibenden Gesellschafter stellt umsatzsteuerlich keine Auflösung der Gesellschaft, somit auch keinen steuerbaren Vorgang zwischen ihm und der Gesellschaft dar.
Voraussetzung für ein nicht steuerbares Anwachsen ist, dass der verbleibende Gesellschafter das Unternehmen im Wesentlichen unverändert fortführt.
Die Leistung des ausscheidenden Gesellschafters ist, wenn sie im Rahmen seines Unternehmens gegen Entgelt erfolgt, steuerbar und gemäß § 6 Abs. 1 Z 8 lit. f oder g UStG 1994 unecht steuerbefreit (siehe Rz 766 bis Rz 772). Die Gegenleistung der Gesellschaft (Abfindung) ist, wenn die Abfindung in Sachwerten besteht, steuerbar und (in der Regel) steuerpflichtig, wenn sie in Geld erfolgt, nicht steuerbar.
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Auch bei einer Gesellschaft nach bürgerlichem Recht kann vereinbart werden, dass bei Ausscheiden der übrigen Gesellschafter die Übernahme des Unternehmens durch den verbleibenden Gesellschafter ohne weiteren Übertragungsakt erfolgt. Auch hier bleibt also die Unternehmerkontinuität bestehen.
Gleiches gilt für land- und forstwirtschaftliche Besitzgemeinschaften, wenn einer der beiden Miteigentümer (zB Ehegatten) seine Besitzanteile in das Eigentum des anderen Miteigentümers überträgt. Voraussetzung ist aber, dass der land- und fortwirtschaftliche Betrieb nach der Übertragung der Besitzanteile im Wesentlichen unverändert fortgeführt wird.
Wenn – ohne Eigentumsübertragung – die Bewirtschaftung aufgrund einer Bewirtschaftungsvereinbarung auf einen Miteigentümer übergeht, der nach außen als alleiniger Betriebsführer auftritt, gilt das umsatzsteuerlich in der Regel als Übergang des wirtschaftlichen Eigentums, der als nicht steuerbarer Vorgang angesehen werden kann.
1.1.1.11.4. Auflösung von Gesellschaften
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Die Auflösung einer Gesellschaft führt nicht zum Verlust der Unternehmereigenschaft, diese bleibt vielmehr bis zum Ende der Liquidation erhalten. In der Verteilung des Gesellschaftsvermögens im Zuge der Liquidation ist ein Leistungsaustausch zwischen den Gesellschaftern (Aufgabe der Gesellschaftsrechte) und der Gesellschaft (Leistung der Abfindung) zu sehen.
Beispiel:
Die Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft vereinbaren die Auflösung der Gesellschaft und die Aufteilung des Gesellschaftsvermögens untereinander.
Die Aufgabe der Gesellschaftsrechte durch die Gesellschafter ist, wenn sie im Rahmen ihres jeweiligen Unternehmens erfolgt, steuerbar und gemäß § 6 Abs. 1 Z 8 lit. g UStG 1994 unecht steuerfrei. Die Abfindung durch die Gesellschaft ist, soweit sie in Sachwerten besteht, steuerbar und (in der Regel) steuerpflichtig, soweit sie in Geld besteht, nicht steuerbar.
1.1.1.11.5. Umwandlungen
1.1.1.11.5.1. Formwechselnde Umwandlung
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Bei der formwechselnden Umwandlung kommt es lediglich zu einer Änderung der Rechtsform. Die Identität der Gesellschaft und ihres Unternehmens bleibt erhalten. Es kommt zu keiner Vermögensübertragung. Ein Leistungsaustausch findet nicht statt.
Beispiel:
Die Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft beschließen die Umwandlung des Unternehmens in eine Kommanditgesellschaft.
Darin liegt kein steuerbarer Vorgang.
1.1.1.11.5.2. Übertragende Umwandlung
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Bei übertragenden Umwandlungen kommt es zu einer Vermögensübertragung auf ein anderes Unternehmen unter gleichzeitiger Auflösung der bisherigen Gesellschaft.
Darin liegt ein steuerbarer Leistungsaustausch (Geschäftsveräußerung im Ganzen im Sinne des § 4 Abs. 7 UStG 1994). Der Leistungsaustausch besteht in der Übertragung des Unternehmens (Leistung) gegen den Erwerb von Gesellschaftsrechten (Gegenleistung).
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Wird eine Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten eingebracht, so ist in der Regel anzunehmen, dass die Personengesellschaft als solche ihr Vermögen unmittelbar auf die neue Kapitalgesellschaft überträgt. Es liegt damit nur ein einziger steuerbarer Leistungsaustausch vor, der in der Übertragung des Vermögens der Personengesellschaft auf die Kapitalgesellschaft gegen die gleichzeitige Gewährung von Gesellschaftsanteilen der Kapitalgesellschaft an die Gesellschafter der Personengesellschaft besteht.
Das Gleiche gilt, wenn das gesamte Betriebsvermögen einer Kapitalgesellschaft auf eine neu gegründete Personengesellschaft, der dieselben Personen als Gesellschafter angehören, übertragen und die Kapitalgesellschaft durch Beschluss der Gesellschafter aufgelöst wird. Es liegt weiters nur ein einziger Umsatz vor, wenn sich die Gesellschafter einer Personengesellschaft an einer anderen Personengesellschaft beteiligen und sie Gegenstände aus der ersten in die zweite Personengesellschaft einbringen.
1.1.1.11.5.3. Verschmelzung
52
Durch Verschmelzung vereinigen sich Körperschaften unter Ausschluss der Liquidation im Wege der Gesamtrechtsnachfolge. Umsatzsteuerlich handelt es sich dabei um einen steuerbaren Vorgang. Leistung ist die Übertragung von Vermögen (Geschäftsveräußerung im Ganzen im Sinne des § 4 Abs. 7 UStG 1994). Gegenleistung ist die Gewährung von Mitgliedschaftsrechten an der aufnehmenden bzw. der neu gegründeten Gesellschaft.
Zum Entgelt für die Übertragung des Vermögens gehören übernommene Verbindlichkeiten, und zwar auch dann, wenn sie wegen der Übernahme durch Vereinigung von Schuld und Forderung in einer Person erlöschen (Konfusion im Sinne des § 1445 ABGB).
53
Maßgeblicher Zeitpunkt bezüglich des Erlöschens der Unternehmereigenschaft der übertragenden Gesellschaft ist die Anmeldung der Verschmelzung zur Eintragung im Firmenbuch, da damit die Leistungstätigkeit der übertragenden Gesellschaft abgeschlossen ist.
Beispiel:
Die A-GmbH als übertragende Gesellschaft wird auf die körperschaftssteuerlich steuerbefreite B-AG gegen Gewährung von (im Wege einer Kapitalerhöhung neu geschaffenen) Anteilen am Grundkapital verschmolzen. Die Verschmelzung fällt nicht unter die Bestimmungen des UmgrStG, da eine Besteuerung der stillen Reserven bei der B-AG nicht möglich ist.
Die Leistung der A-GmbH (Geschäftsveräußerung im Ganzen im Sinne des § 4 Abs. 7 UStG 1994) ist steuerbar und (soweit Sachwerte übergehen in der Regel steuerpflichtig). Die Gegenleistung der B-AG (Gewährung von Gesellschaftsrechten) ist steuerbar und gemäß § 6 Abs. 1 Z 8 lit. f UStG 1994 unecht steuerfrei.
1.1.1.11.5.4. Vorgänge nach dem UmgrStG
54
Die Vorschriften des UmgrStG sind zwingend auf die in diesem Gesetz geregelten Umgründungsvorgänge anzuwenden. Es besteht kein Wahlrecht dergestalt, dass auf die Anwendung des UmgrStG verzichtet werden könnte. Umgründungsvorgänge, die unter das UmgrStG fallen, gelten als nicht steuerbar.
Der Rechtsnachfolger (zB die übernehmende Körperschaft) tritt für den Bereich der Umsatzsteuer unmittelbar in die Rechtsstellung des Rechtsvorgängers (zB der übertragenden Körperschaft) ein.
55
Im Einzelnen gilt dies für folgende Umgründungsvorgänge:
- Verschmelzungen (§ 1 UmgrStG) gemäß § 6 Abs. 4 UmgrStG,
- Umwandlungen (§ 7 UmgrStG) gemäß § 11 Abs. 3 UmgrStG,
- Einbringungen (§ 12 UmgrStG) gemäß § 22 Abs. 3 UmgrStG,
- Zusammenschlüsse (§ 23 UmgrStG) gemäß § 26 Abs. 1 Z 2 UmgrStG,
- Realteilungen (§ 27 UmgrStG) gemäß § 31 Abs. 1 Z 2 UmgrStG,
- Spaltungen (§ 32 UmgrStG) gemäß § 38 Abs. 3 UmgrStG,
- Steuerspaltungen (§ 38a UmgrStG) gemäß § 38f Abs. 2 UmgrStG.
Beispiel:
Die A-GmbH als übertragende Körperschaft wird auf die B-GmbH als übernehmende Körperschaft zum 31.12.2012 verschmolzen. Die Verschmelzung fällt unter das UmgrStG. Die A-GmbH überträgt ua. eine Liegenschaft, die unter Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs am 1.7.2010 erworben und in der Folge zu Wohnzwecken vermietet wurde.
Die B-GmbH veräußert die (von ihr nach der Verschmelzung weiterhin zu Wohnzwecken vermietete) Liegenschaft am 1.5.2015 ohne Inanspruchnahme der Optionsmöglichkeit des § 6 Abs. 2 UStG 1994.
Aufgrund des unmittelbaren Eintritts der B-GmbH in die umsatzsteuerliche Rechtsstellung der A-GmbH ist eine Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs. 10 UStG 1994 im Ausmaß von 5/10 des beim Erwerb der Liegenschaft durch die A-GmbH geltend gemachten Vorsteuerabzugs vorzunehmen.
Das UmgrStG sieht keine umsatzsteuerliche Rückwirkung vor.
56
Der Übergang der umsatzsteuerlichen Zurechnung kann mit dem der Anmeldung zur Eintragung im Firmenbuch bzw. – soweit handelsrechtlich keine Eintragung im Firmenbuch vorgesehen ist – mit dem der Meldung beim zuständigen Finanzamt folgenden Monatsersten angenommen werden.
1.1.1.11.6. Leistungen zwischen Gesellschaft und Gesellschafter
1.1.1.11.6.1. Allgemein
57
Ein Leistungsaustausch zwischen Gesellschafter und Gesellschaft ist möglich, wenn die Voraussetzungen dafür (insbesondere die Fremdüblichkeit) vorliegen. Von einem Leistungsaustausch wird auszugehen sein, wenn der Gesellschafter gegen Sonderentgelt und zu fremdüblichen Bedingungen an die Gesellschaft Leistungen erbringt. Dass die Verpflichtung zu einer solchen Leistung auf gesellschaftsvertraglicher und nicht auf einer besonderen schuldrechtlichen Grundlage beruht, schließt für sich allein nicht das Vorliegen eines Leistungsaustausches aus.
1.1.1.11.6.2. Unternehmereigenschaft des Gesellschafters
58
Die bloße Gesellschafterstellung allein begründet allerdings noch nicht die Unternehmerstellung. Mangels Nachhaltigkeit führen auch Sacheinlagen (zB die Einlage bei Gesellschaftsgründung) aus dem Privatvermögen nicht zur Erlangung der Unternehmereigenschaft. Demgegenüber bewirkt die entgeltliche Überlassung auch nur einzelner Wirtschaftsgüter eine unternehmerische Tätigkeit.
Beispiel:
A ist an der X-KG als Kommanditist beteiligt, war bisher aber nicht unternehmerisch tätig. Nunmehr erwirbt er ein Bürogebäude, um es der X-KG zur unternehmerischen Nutzung zur Verfügung zu stellen.
A schließt eine Mietvereinbarung mit der X-KG ab und vermietet ihr das Bürogebäude (und zwar mit Option zur Steuerpflicht im Sinne des § 6 Abs. 2 UStG 1994) gegen fremdübliches Entgelt.
A erlangt durch die Vermietung Unternehmereigenschaft. Er hat das Mietentgelt der USt zu unterziehen und ist zum Vorsteuerabzug aus den Anschaffungs- sowie den laufenden Betriebskosten des Bürogebäudes berechtigt (soweit die Betriebskosten von A an die Gesellschaft weiterverrechnet oder direkt an die Gesellschaft verrechnet werden, ist auch die Gesellschaft – unter Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – zum Vorsteuerabzug aus den Betriebskosten berechtigt).
1.1.2. Eigenverbrauch
1.1.2.1. Aufwandseigenverbrauch
59
Ausgaben, die keinen streng geschäftlichen Charakter haben, sollen nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen bzw. nicht unbesteuert bleiben. Dabei sollen die ertragsteuerlichen Abzugsverbote gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 bis 5 EStG 1988 und des § 12 Abs. 1 Z 1 bis 5 KStG 1988 (in der jeweils zum 1.1.1995 geltenden Fassung) auch für die Umsatzsteuer gelten (§ 1 Abs. 1 Z 2 lit. a UStG 1994).
Eine Eigenverbrauchsbesteuerung erfolgt in den Fällen des § 1 Abs. 1 Z 2 lit. a UStG 1994 nur dann, wenn der Gegenstand oder seine Bestandteile zu einem vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben.
Beispiel:
Die Anschaffungskosten eines Personenkraftwagens, der einen CO2-Emissionswert von 0 Gramm pro Kilometer aufweist (ausschließliche Nutzung für steuerpflichtige Umsätze) und für den nach § 12 Abs. 2 Z 2 lit. b UStG 1994 der Vorsteuerabzug nicht geltend gemacht werden kann (zB kein Kleinbus iSd § 5 der Verordnung BGBl. II Nr. 193/2002), betragen am 2.1.2016 60.000 Euro (brutto).
Der Vorsteuerabzug steht nach § 12 Abs. 2 Z 2a UStG 1994 zur Gänze in Höhe von 10.000 Euro (60.000 Euro / 1,2) zu. Jener Teil der Aufwendungen, der ertragsteuerlichen Abzugsverboten unterliegt (60.000 Euro – 40.000 Euro = 20.000 Euro / 1,2 = 16.666,67 Euro netto), unterliegt im Jahr der Anschaffung der Eigenverbrauchsbesteuerung nach § 1 Abs. 1 Z 2 lit. a UStG 1994 (16.666,67 Euro x 20% = 3.333,33 Euro).
Hinsichtlich Geschäftsessen siehe Rz 1925 ff.
1.1.2.2. Den Lieferungen und sonstigen Leistungen gleichgestellter Eigenverbrauch
60
Hinsichtlich den Lieferungen gleichgestellter Eigenverbrauch siehe Rz 361 bis Rz 374.
Hinsichtlich den sonstigen Leistungen gleichgestellter Eigenverbrauch siehe Rz 475 bis Rz 487.
Randzahlen 61 bis 65: derzeit frei
1.1.2.2.1. Sachzuwendungen an Arbeitnehmer
66
Der Begriff der „Dienstleistungen gegen Entgelt“ setzt das Bestehen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen der erbrachten Dienstleistung und dem empfangenen Gegenwert voraus (EuGH 16.10.1997, Rs C-258/95, Julius Fillibeck Söhne GesmbH Co KG, betreffend unentgeltliche Beförderung von Arbeitnehmern). Ein derartiger Zusammenhang liegt dann nicht vor, wenn der Arbeitnehmer für die Sachzuwendung nichts zu bezahlen hat und auch kein dem Wert dieser Sachzuwendung entsprechender Abzug vom Lohn erfolgt bzw. die auszuführende Arbeit und der bezogene Lohn nicht davon abhängen, ob der Arbeitnehmer die ihm vom Arbeitgeber gebotene Sachleistung in Anspruch nimmt. Steht hiernach fest, dass ein umsatzsteuerlicher Leistungsaustausch zu verneinen ist, erfolgt in einem nächsten Schritt die Prüfung, ob die Leistung primär der Deckung privater Bedürfnisse der Arbeitnehmer oder ihnen zurechenbarer Personen dient. Bejahendenfalls liegt ein steuerbarer und ggf. (dh. wenn keine Steuerbefreiung vorliegt) auch steuerpflichtiger Eigenverbrauch vor.
Zur Bemessungsgrundlage siehe Rz 672.
Bezüglich entgeltliche Sachzuwendungen an Arbeitnehmer siehe auch Rz 489.
1.1.2.2.1.1. Geringfügigkeitsgrenze
67
Weder Leistungsaustausch noch Eigenverbrauch liegt vor, wenn es sich bei den empfangenen Leistungen um bloße Annehmlichkeiten oder Aufmerksamkeiten handelt (zB Bereitstellung von Getränken am Arbeitsplatz).
1.1.2.2.1.2. Freiwilliger Sozialaufwand
68
Erbringt der Arbeitgeber Leistungen, die unter der Kategorie „freiwilliger Sozialaufwand“ zu subsumieren sind (zB Gesundheitsleistungen, typische Berufskleidung, Aus- und Fortbildung im Betrieb, Zurverfügungstellung von Einrichtungen an die Gesamtheit oder für Gruppen von Arbeitnehmern), so ist darin kein umsatzsteuerbarer Tatbestand zu erblicken.
1.1.2.2.1.3. Beförderungsleistungen
69
Unentgeltliche Beförderungen der Arbeitnehmer zwischen Arbeitsstätte und Wohnort stellen keinen Eigenverbrauch dar.
1.1.2.2.1.4. Beherbergung und Verköstigung
70
Im Falle einer unentgeltlichen Beherbergung und Verköstigung von Dienstnehmern durch den Arbeitgeber handelt es sich um die Befriedigung persönlicher Bedürfnisse der Arbeitnehmer und sohin grundsätzlich um einen Eigenverbrauch gemäß § 3a Abs. 1a Z 2 UStG 1994, außer es überwiegen die betrieblichen Interessen des Arbeitgebers (VwGH 23.2.2010, 2007/15/0073). Ein Überwiegen der betrieblichen Interessen des Arbeitgebers liegt bei der Zurverfügungstellung von angemieteten Personalzimmern an Schilehrer grundsätzlich nicht vor (VwGH 23.1.2013, 2010/15/0051, VwGH 29.3.2017, Ra 2015/15/0083).
Ist die unentgeltliche Verpflegung durch den Arbeitgeber kein Lohnbestandteil und sind gewichtige betriebliche Gründe dafür gegeben, dass die Essenseinnahme am Arbeitsplatz bzw. – zur Aufrechterhaltung eines notwendigen Bereitschaftsdienstes – in dessen Nahbereich erfolgen muss (zB Lift- bzw. Seilbahnpersonal; technisches Überwachungspersonal, dessen Dienststelle sich in exponierter Lage befindet; medizinisches Bereitschaftspersonal usw.), kann hinsichtlich der kostenlosen Verpflegung von Dienstnehmern durch den Arbeitgeber in Ausnahmefällen ein nicht steuerbarer Vorgang vorliegen.
Gewährt der Unternehmer seinen Arbeitnehmern kostenlose Mahlzeiten, damit sie in der Mittagspause telefonisch erreichbar sind, so führt dieser Umstand für sich allein jedoch nicht dazu, dass kein Eigenverbrauch vorliegt.
Hat der Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Verpflegung am Arbeitsplatz einen Kostenbeitrag zu leisten, ist dieser umsatzsteuerpflichtig.
Bei der längerfristigen, das Wochenende mit einschließenden Unterbringung von Arbeitnehmern bei auswärtigen Arbeitseinsätzen (zB Montage von Anlagen, Autobahnbaustellen usw.) kann ein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers insbesondere dann vorliegen, wenn im Hinblick auf die Entfernung oder die Arbeitszeit nicht zu erwarten ist, dass der Dienstnehmer an arbeitsfreien Tagen an seinen Wohnsitz zurückfährt, oder wenn der Dienstnehmer an seiner Unterkunft (zB im Rahmen eines „Kurzurlaubes“) keinen Besuch beherbergen darf. Ist hingegen der Wohnsitz des Dienstnehmers bloß in einer solchen Entfernung zum Ort der Hotelunterkunft gelegen, dass vom Arbeitnehmer die Rückkehr an seinen Wohnsitz an arbeitsfreien Tagen am Wochenende üblicherweise zu erwarten ist und ist der Arbeitnehmer zudem berechtigt, in der ihm unentgeltlich zur Verfügung gestellten Hotelunterkunft Besuch zu empfangen und zu beherbergen, dient diese Leistung primär der Deckung des privaten Bedarfes des Arbeitnehmers und ist als Eigenverbrauch im Sinn des § 3a Abs. 1a UStG 1994 zu beurteilen (vgl. VwGH 23.2.2010, 2007/15/0073).
71
Handelt es sich beim Arbeitgeber um ein Unternehmen des Gast-, Schank- oder Beherbergungsgewerbes, so stellt die unentgeltliche Beherbergung und Verköstigung von Dienstnehmern keinen Eigenverbrauch dar (vgl. VwGH 23.02.2010, 2007/15/0073).
Wird im Gast- Schank- und Beherbergungsgewerbe vom Arbeitnehmer ein Kostenbeitrag verlangt, so ist dieser Kostenbeitrag zur Umsatzsteuer heranzuziehen, unabhängig davon wie hoch dieser ist.
72
Im Falle der Zurverfügungstellung einer so genannten „Hausbesorgerwohnung“ überwiegt das Interesse des Dienstgebers an der Benutzung derselben das private Wohnbedürfnis des Hausbesorgers bei weitem, sodass das Vorliegen eines Eigenverbrauchs zu verneinen ist.
1.1.2.2.1.5. Garagierung
73
Stellt der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer eine Garage oder einen Abstellplatz für sein privates KFZ zur Verfügung, so ist darin grundsätzlich ein umsatzsteuerbarer Eigenverbrauch zu erblicken, wenn der Arbeitnehmer dafür nichts zu bezahlen hat und auch kein dem Wert dieser Dienstleistung entsprechender Abzug vom Lohn erfolgt bzw. die auszuführende Arbeit und der bezogene Lohn nicht davon abhängen, ob die Arbeitnehmer die ihnen von ihrem Arbeitgeber gebotene Sachleistung in Anspruch nehmen.
Anders wäre der Fall zu beurteilen, wenn der persönliche Vorteil, den der Arbeitnehmer hat, gegenüber dem Bedarf des Unternehmers nur nebensächlich erscheint. Dies wird bei der unentgeltlichen Zurverfügungstellung einer Garage oder eines Parkplatzes zum Abstellen eines Fahrzeuges dann zu bejahen sein, wenn sich das Park- bzw. Abstellrecht auf die Dienstzeit beschränkt.
1.1.2.2.1.6. Jobticket
74
Die unentgeltliche Zurverfügungstellung von Jobtickets durch den Arbeitgeber an seinen Arbeitnehmer unterliegt der Eigenverbrauchsbesteuerung gemäß § 3a Abs. 1a Z 2 UStG 1994.
Beispiel:
Eine Arbeitgeberin erwirbt eine Monatskarte der Wiener Linien um 45 Euro (40,91 Euro zzgl. 10% Umsatzsteuer iHv 4,09 Euro) und stellt diese einem Arbeitnehmer unentgeltlich zur Verfügung.
Da die Arbeitgeberin dem Arbeitnehmer das Recht auf Inanspruchnahme einer Beförderungsleistung unentgeltlich überträgt (unentgeltliche Erbringung einer sonstigen Leistung für den Bedarf des Personals), kommt es bei der Arbeitgeberin gemäß § 3a Abs. 1a Z 2 UStG 1994 zu einer Eigenverbrauchsbesteuerung zum ermäßigtem Steuersatz. Die Umsatzsteuer (4,09 Euro) bemisst sich nach § 4 Abs. 8 lit. b UStG 1994 nach den Kosten (40,91 Euro).
Wird dem Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber ein Jobticket entgeltlich zur Verfügung gestellt, so liegt gemäß § 3a iVm § 10 Abs. 2 Z 6 UStG 1994 (bis 31.12.2015: § 10 Abs. 2 Z 12 UStG 1994) eine steuerbare und dem ermäßigten Steuersatz unterliegende steuerpflichtige sonstige Leistung vor.
Beispiel:
Eine Arbeitgeberin erwirbt eine Monatskarte der Wiener Linien um 45 Euro (40,91 Euro zzgl. 10% Umsatzsteuer in Höhe von 4,09 Euro) und stellt diese einem Arbeitnehmer um 30 Euro zzgl. Umsatzsteuer zur Verfügung.
Da die Arbeitgeberin dem Arbeitnehmer das Recht auf Inanspruchnahme einer Beförderungsleistung entgeltlich überträgt, erbringt sie eine sonstige Leistung iSd § 3a iVm § 10 Abs. 2 Z 6 UStG 1994 (bis 31.12.2015: § 10 Abs. 2 Z 12 UStG 1994) zum ermäßigten Steuersatz. Da das Entgelt für die Monatskarte (30 Euro) unter dem Normalwert (40,91 Euro) liegt, der Arbeitnehmer nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist und die „verbilligte“ Abgabe der Monatskarte im Beschäftigungsverhältnis begründet ist (vgl. § 4 Abs. 9 UStG 1994), ist der Normalwert als Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer heranzuziehen. Die Arbeitgeberin hat Umsatzsteuer in Höhe von 4,09 Euro abzuführen.
1.1.2.2.1.7. Unentgeltliche Überlassung von Dienstfahrrädern
75
Werden Dienstfahrräder an Arbeitnehmer nicht gegen Entgelt für außerunternehmerische Zwecke überlassen (zB werden die Fahrräder nicht einzelnen Mitarbeitern zugeteilt, sondern in einer Art „Pool“ gehalten), liegt ein steuerbarer Verwendungseigenverbrauch gemäß § 3a Abs. 1a Z 1 UStG 1994 nur dann vor, wenn die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Z 1 lit. a UStG 1994 erfüllt sind und auch der Vorsteuerausschluss nach § 12 Abs. 3 UStG 1994 keine Rechtswirkungen entfaltet. Ein „freiwilliger Sozialaufwand“ (siehe Rz 68) liegt hier nicht vor.
Zur Überlassung gegen Entgelt siehe Rz 8.
Randzahlen 76 bis 100: derzeit frei
1.1.3. Einfuhr
1.1.3.1. Der steuerrechtliche Begriff der Einfuhr im System der Mehrwertsteuer
101
Die Einfuhr ist ein Ergänzungstatbestand. Für die Verwirklichung des Einfuhrtatbestands ist es ohne Bedeutung, auf welcher Rechtsgrundlage die Einfuhr erfolgt (Verkauf, Vermietung eines Gegenstandes usw.). Es soll sichergestellt werden, dass ein Verbrauch, der durch einen Import abgedeckt wird, mit inländischer Umsatzsteuer belastet ist.
Dies geschieht in Form der so genannten Einfuhrumsatzsteuer. Die Einfuhrumsatzsteuer weist Besonderheiten gegenüber der allgemeinen Umsatzsteuer auf: Es wird die Warenbewegung erfasst, ein Leistungsaustausch muss damit nicht verknüpft sein.
1.1.3.2. Einfuhr von Gegenständen
102
Eine Einfuhr liegt vor, wenn
- ein Gegenstand
- aus dem Drittlandsgebiet
- in das Inland, ausgenommen die Gebiete Jungholz und Mittelberg, gelangt und
- zum freien Verkehr abgefertigt wird.
Die Steuerschuld entsteht nach zollrechtlichen Vorschriften grundsätzlich gleichzeitig mit der Zollschuld durch die Entgegennahme der Zollanmeldung.
103
Beim Verbringen von Gegenständen aus einem Drittland in eine österreichische Zollfreizone oder ein Zolllager entsteht zunächst noch keine Steuerschuld. Lieferungen von Gegenständen, die sich in Zollfreizonen oder Zolllagern befinden, sind steuerbare Inlandslieferungen (siehe auch EuGH 8.11.2012, Rs C-165/11, Profitube spol. s.r.o.).
Werden die Waren anschließend angemeldet, wird der Tatbestand der Einfuhr erfüllt. Die Tatbestände der Einfuhr und der Lieferung können nebeneinander bestehen (VwGH 10.7.2008, 2007/16/0025).
Der Tatbestand der Einfuhr ist ebenfalls erfüllt, wenn Waren, die in ein Zolllagerverfahren überführt worden sind, geraubt werden (EuGH 11.7.2013, Rs C-273/12, Harry Winston SARL).
Kommt es bei der Einfuhr von zollpflichtigen Gegenständen in die Union zu einem Verstoß gegen eine Verpflichtung aus unionsrechtlichen Zollvorschriften, so entsteht die Einfuhrumsatzsteuer in dem Mitgliedstaat, in dem ein Verstoß festgestellt wurde, sofern die fraglichen Waren in diesem Mitgliedstaat in den Wirtschaftskreislauf der Union eingetreten sind, auch wenn sie körperlich in einem anderen Mitgliedstaat in das Zollgebiet der Union gelangt sind (EuGH 3.3.2021, Rs C-7/20, VS).
Wird ein in einem Drittstaat zugelassenes Fahrzeug unter Verstoß gegen zollrechtliche Vorschriften in die Europäische Union verbracht und ist derjenige, der den zollrechtlichen Pflichtenverstoß begangen hat, in dem Mitgliedstaat ansässig, in dem das Fahrzeug tatsächlich genutzt wird, liegt der Ort der Einfuhr in diesem Mitgliedstaat (vgl. EuGH 8.9.2022, Rs C-368/21, R. T. gegen Hauptzollamt Hamburg).
104
Gegenstände sind alle körperlichen Sachen und jene unkörperlichen Sachen, die wie körperliche Sachen behandelt werden (zB elektrische Energie, Wärme, Kälte). Kein Gegenstand liegt vor, wenn bewegliche körperliche Sachen Bestandteile des menschlichen Körpers geworden sind (zB Zahnkronen).
1.1.3.3. Behörden und anzuwendende Rechtsvorschriften
105
Die EUSt ist eine Eingangsabgabe, die von den Zollbehörden erhoben wird.
Weitgehend sind daher die Vorschriften über Zölle heranzuziehen (zB Anmeldeverfahren, Formen der vorübergehenden Verwendung). Das UStG 1994 regelt die Bemessungsgrundlage (§ 5 UStG 1994), die EUSt-Befreiungen (§ 6 Abs. 4 bis 6 UStG 1994 sowie Art. 6 Abs. 3 UStG 1994; zur Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer bei Anwendung der Sonderregelung in § 25b UStG 1994 für den Import-One-Stop-Shop siehe insbesondere Rz 1024), den Steuersatz (§ 10 UStG 1994) und den Vorsteuerabzug (§ 12 UStG 1994) bei der Einfuhr autonom. Zu beachten sind weiters die Sondervorschriften des § 26 und des § 26a UStG 1994, die die Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer im Allgemeinen regeln.
Randzahlen 106 bis 140: derzeit frei.
1.2. Inland, Ausland
141
Das Inland umfasst das Bundesgebiet der Republik Österreich. Gebäude ausländischer Botschaften, Gesandtschaften und Konsulate sowie Gebäude internationaler Organisationen zählen auch bei so genannter Exterritorialität zum Inland.
Seit Inkrafttreten des ZK gibt es nur ein Zollgebiet der Gemeinschaft. Die Gemeinden Jungholz und Mittelberg (vormals „Zollausschlussgebiete“) sowie Zollfreizonen und Zolllager sind umsatzsteuerrechtlich Inland. Umsätze in diesen Gebieten – ausgenommen Einfuhren in Jungholz und Mittelberg – sind daher steuerbare Inlandsumsätze.
Ausland ist das Drittlandsgebiet und das übrige Gemeinschaftsgebiet.
Randzahlen 142 bis 145: derzeit frei
1.3. Gemeinschaftsgebiet, Drittlandsgebiet
1.3.1. Gemeinschaftsgebiet
146
Das Gemeinschaftsgebiet umfasst das Inland und die Gebiete der übrigen Mitgliedstaaten, die nach dem Gemeinschaftsrecht zum Inland dieser Mitgliedstaaten zählen.
Rechtsgrundlagen des Gemeinschaftsrechts sind in dieser Hinsicht der EWG-Vertrag (Art. 227), der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 47 (Art. 355) bzw. der Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (Art. 299), anderes primäres Gemeinschaftsrecht (zB Beitrittsakte) sowie Art. 5 MwSt-RL 2006/112/EG (bzw. Art. 3 6. MwSt-RL). Das umsatzsteuerrechtliche Gemeinschaftsgebiet ist daher weder mit dem Anwendungsbereich des EWG-Vertrages noch mit dem Zollgebiet der EU ident.
Zum Gemeinschaftsgebiet gehören:
Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich (einschließlich Monaco), Griechenland, Irland, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Österreich, Polen, Portugal (einschließlich Madeira und der Azoren), Rumänien, Schweden, Slowakei, Slowenien, Spanien (einschließlich Balearen), Tschechische Republik, Ungarn, Zypern und bis 31.12.2020 das Vereinigte Königreich (einschließlich Insel Man). Ab 1.1.2021 gilt Nordirland hinsichtlich der Bestimmungen zu Waren als Gemeinschaftsgebiet (siehe auch Rz 148). Warenlieferungen von Nordirland nach Österreich werden daher auch nach dem 31.12.2020 so behandelt, als ob sie von einem Mitgliedstaat geliefert worden wären und können zB zu innergemeinschaftlichen Erwerben führen; ebenso ist die Lieferung von Waren von Österreich nach Nordirland wie eine Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet zu behandeln und kann zB eine innergemeinschaftliche Lieferung sein (zur für diese Zwecke vorgesehenen nordirischen UID-Nummer siehe Rz 4343). Für innergemeinschaftliche Versandhandelslieferungen zwischen Nordirland und einem anderen Mitgliedstaat kann die Sonderregelung gemäß Art. 25a UStG 1994 angewandt werden. Zur Vorsteuererstattung siehe Rz 2836.
Die Anwendung des Besitzstandes in den Teilen Zyperns, in denen die Regierung der Republik Zypern keine tatsächliche Kontrolle ausübt, wird ausgesetzt bis der Rat auf Vorschlag der Kommission einstimmig über die Aufhebung der Aussetzung entscheidet (siehe Art. 1 des Protokolls Nr. 10 über Zypern der Beitrittsakte).
147
In einzelnen Mitgliedstaaten werden so genannte Freihäfen (bzw. Freizonen oder Freipunkte) in bestimmten Fällen als Ausland und zwar als Drittlandsgebiet behandelt. In Deutschland sind das die Seehäfen Bremerhaven und Cuxhaven (bis 31.12.2012: Hamburg Alter Freihafen und Waltershof). Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 dUStG 2005 iVm § 1 Abs. 1 Satz 1 des deutschen Zollverwaltungsgesetzes gehören sie als Freizonen des Kontrolltyps I (Art. 243 ff UZK) nicht zum umsatzsteuerlichen deutschen Inland.
In Art. 355 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (Art. 227 EWG-Vertrag) werden diese Freihäfen weder vom Inland der jeweiligen Mitgliedstaaten noch vom Gemeinschaftsgebiet ausgenommen. Auch die MwSt-RL 2006/112/EG (6. MwSt-RL) sieht für Freihäfen keine Ausnahmeregelung vor. Aus der Sicht des Gemeinschaftsrechts liegt somit ein Freihafen, der sich im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates befindet, im umsatzsteuerlichen Inland und somit im umsatzsteuerlichen Gemeinschaftsgebiet.
Zur Steuerfreiheit innergemeinschaftlicher Lieferungen in deutsche Freihäfen siehe Rz 3993.
1.3.2. Drittlandsgebiet
148
Das Drittlandsgebiet umfasst alle Gebiete, die nicht zum Gemeinschaftsgebiet gehören. Auch die internationalen Gewässer zählen zum Drittlandsgebiet.
Zum Drittlandsgebiet gehören:
Åland-Inseln, Andorra, Berg Athos, das Gebiet von Büsingen, Campione d´Italia, Ceuta, Färöer Inseln, Französisch-Guayana, Guadeloupe, Gibraltar, Grönland, Helgoland, Kanalinseln (Jersey und Guernsey), Kanarische Inseln, Livigno, der zum italienischen Gebiet gehörende Teil des Luganer Sees, Martinique, Mayotte, Melilla, Réunion, Saint-Barthélemy, Saint-Martin, San Marino, Vatikan sowie ab 1.1.2021 das Vereinigte Königreich (einschließlich Insel Man).
Nordirland gilt ab 1.1.2021 nur hinsichtlich sonstiger Leistungen als Drittland.
Insbesondere können die Sonderregelungen gemäß § 25a UStG 1994 und Art. 25a UStG 1994 daher nicht für in Nordirland ausgeführte sonstige Leistungen angewandt werden. Zur Erstattung von Vorsteuern aus Rechnungen über in Nordirland ausgeführte sonstige Leistungen siehe Rz 2850b.
Randzahlen 149 bis 163: derzeit frei
1.4. Umsatzsteuerentlastung bei Hilfsgüterlieferungen ins Ausland
164
Nach der Verordnung des Bundesministers für Finanzen für eine Umsatzsteuerentlastung bei Hilfsgüterlieferungen ins Ausland, BGBl. Nr. 787/1992 idgF, sind unter bestimmten Voraussetzungen entgeltliche und unentgeltliche (Entnahmeeigenverbrauch) Hilfsgüterlieferungen im Rahmen von nationalen oder internationalen Hilfsprogrammen in Notstandsfällen nicht steuerbare Umsätze. Voraussetzungen hiefür sind:
- Der Bestimmungsort der Hilfsgüter liegt in einem Staat, der in § 5 der zitierten Verordnung genannt wird (zB Ukraine).
- Es wird der Nachweis der widmungsgemäßen Verbringung in den begünstigten Staat erbracht.
- Dem Finanzamt muss die Lieferung im Vorhinein angezeigt und die Erklärung abgegeben werden, dass dem Abnehmer keine Umsatzsteuer angelastet wird. Die Erklärung hat Art und Menge der Hilfsgüter sowie die genaue Bezeichnung und Anschrift des Abnehmers der Sachspende bzw. der entgeltlichen Lieferung zu enthalten.
- Im Falle der entgeltlichen Lieferung ist darüber hinaus Voraussetzung, dass die Lieferung an eine Körperschaft des öffentlichen Rechts oder an eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse, die gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgt (§§ 34 bis 47 BAO), erbracht wird und kein Recht auf Vorsteuerabzug besteht.
Solche Hilfsgüterlieferungen müssen im Rahmen von nationalen oder internationalen Hilfsprogrammen in Notstandsfällen erfolgen. Bei Lieferungen und Sachspenden an inländische karitative Organisationen (zB Nachbar in Not, Rotes Kreuz, Caritas, Diakonie, Volkshilfe, Ärzte ohne Grenzen, SOS-Kinderdorf, UNICEF, Arbeiter-Samariter-Bund) liegt ein solches inländisches Hilfsprogramm vor. Mit der Übergabe der Hilfsgüter an diese Organisationen für solche Notstandsfälle ist davon auszugehen, dass eine widmungsgemäße Verbringung ins Ausland vorliegt (Nachweisvorsorgepflicht).
Randzahlen 165 bis 180: derzeit frei.