10.5.1.3 Tages- und Nächtigungsgelder nach § 26 Z 4 EStG 1988
10.5.1.3.1 Mittelpunkt der Tätigkeit bei Dienstreisen nach dem ersten Tatbestand
715
Zu § 26 Z 4 EStG 1988 hat der Verwaltungsgerichtshof Stellung genommen und dabei immer die Prüfung der Frage betont, dass der Einsatz in einem zusammenhängenden Zeitraum zu einem weiteren Mittelpunkt der Tätigkeit führt (VwGH 02.08.1995, 93/13/0099; VwGH 20.09.1995, 94/13/0253, 94/13/0254; VwGH 18.10.1995, 94/13/0101; VwGH 28.05.1997, 96/13/0132).
Siehe auch Beispiel Rz 10715.
716
Bei Dienstreisen zu wechselnden Einsatzorten im Nahbereich (1. Tatbestand) können Tagesgelder nur dann (bzw. solange) nicht steuerbar gewährt werden, wenn (als) kein neuer Mittelpunkt der Tätigkeit begründet wird. Die Beurteilung eines Ortes als weiterer Mittelpunkt der Tätigkeit ist hinsichtlich der vom Arbeitgeber geleisteten Beträge nach den gleichen Grundsätzen vorzunehmen, die von der Judikatur für die Beurteilung von Tagesgeldern als Werbungskosten entwickelt wurden (VwGH 20.09.1995, 94/13/0253, 94/13/0254).
Unabhängig vom Vorliegen eines Mittelpunkt der Tätigkeit nach § 26 Z 4 EStG 1988 können Tagesgelder nach § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 bei Vorliegen der dort angeführten Voraussetzungen steuerfrei ausgezahlt werden (siehe Rz 735 ff).
717
In folgenden Fällen ist hinsichtlich der Ersätze gemäß § 26 Z 4 EStG 1988 von einem weiteren Mittelpunkt der Tätigkeit auszugehen:
10.5.1.3.1.1 Mittelpunkt der Tätigkeit an einem Einsatzort
718
Die Begründung eines weiteren Mittelpunkts der Tätigkeit ist anzunehmen, wenn sich die Dienstverrichtung auf einen anderen Einsatzort durchgehend oder wiederkehrend über einen längeren Zeitraum erstreckt. Als Einsatzort gilt grundsätzlich die politische Gemeinde (gleichzusetzen mit der Gemeindekennziffer). Auch für Reisen innerhalb Wiens gilt das gesamte Wiener Gemeindegebiet als Einsatzort (eine politische Gemeinde).
Von einem längeren Zeitraum ist in folgenden Fällen auszugehen:
- Der Arbeitnehmer wird an einem Einsatzort durchgehend tätig und die Anfangsphase von fünf Tagen wird überschritten. Erfolgt innerhalb von sechs Kalendermonaten kein Einsatz an diesem Mittelpunkt der Tätigkeit, ist mit der Berechnung der „Anfangsphase“ von fünf Tagen neu zu beginnen.
- Der Arbeitnehmer wird an einem Einsatzort regelmäßig wiederkehrend (mindestens einmal wöchentlich; vgl. VwGH 02.08.1995, 93/13/0099) tätig und die Anfangsphase von fünf Tagen wird überschritten. Erfolgt innerhalb von sechs Kalendermonaten kein Einsatz an diesem Mittelpunkt der Tätigkeit, ist mit der Berechnung der „Anfangsphase“ von fünf Tagen neu zu beginnen.
- Der Arbeitnehmer wird an einem Einsatzort wiederkehrend aber nicht regelmäßig tätig und überschreitet dabei eine Anfangsphase von 15 Tagen im Kalenderjahr. Die Anfangsphase von 15 Tagen steht pro Kalenderjahr zu.
Tagesgelder können daher nur für die Anfangsphase von fünf bzw. 15 Tagen steuerfrei gewährt werden.
10.5.1.3.1.2 Mittelpunkt der Tätigkeit in einem Einsatzgebiet (Zielgebiet)
719
Mittelpunkt der Tätigkeit kann nicht nur ein einzelner Ort (politische Gemeinde), sondern auch ein mehrere Orte umfassendes Einsatzgebiet sein. Personen, die ein ihnen konkret zugewiesenes Gebiet regelmäßig bereisen, begründen daher in diesem Einsatzgebiet (Zielgebiet) einen Mittelpunkt der Tätigkeit (vgl. VwGH 28.05.1997, 96/13/0132). Ein Einsatzgebiet kann sich auf einen politischen Bezirk und an diesen Bezirk angrenzende Bezirke erstrecken. Bei Reisen außerhalb des Einsatzgebietes gelten die Bestimmungen über einen weiteren Mittelpunkt der Tätigkeit an einem Einsatzort (siehe Rz 718).
Für die Anfangsphase von fünf Tagen steht das Tagesgeld steuerfrei zu. Erfolgt innerhalb von sechs Kalendermonaten kein Einsatz in einem Einsatzgebiet, ist mit der Berechnung der „Anfangsphase“ von fünf Tagen neu zu beginnen.
10.5.1.3.1.3 Mittelpunkt der Tätigkeit bei Fahrtätigkeit
720
Eine Fahrtätigkeit begründet hinsichtlich des Fahrzeuges einen (weiteren) Mittelpunkt der Tätigkeit, wenn
- die Fahrtätigkeit regelmäßig in einem lokal eingegrenzten Bereich (zB ständige Fahrten für ein Bezirksauslieferungslager),
- die Fahrtätigkeit auf (nahezu) gleich bleibenden Routen ähnlich einem Linienverkehr erfolgt (zB Zustelldienst, bei dem wiederkehrend dieselben Zielorte angefahren werden),
- die Fahrtätigkeit innerhalb des von einem Verkehrsunternehmen als Arbeitgeber ständig befahrenen Liniennetzes oder Schienennetzes erfolgt.
Bei einer auf Dauer angelegten Fahrtätigkeit kann die Berücksichtigung eines Verpflegungsmehraufwandes allerdings nicht allein mit der Begründung versagt werden, dass „im Fahrzeug“ (zB LKW) ein weiterer Mittelpunkt der Tätigkeit begründet wird (VwGH 25.09.2002, 99/13/0034).
Kein Mittelpunkt der Tätigkeit bei Fahrtätigkeit liegt jeweils für die ersten fünf Tage („Anfangsphase“) vor, wenn der Steuerpflichtige erstmals oder zuletzt vor mehr als sechs Monaten diese Tätigkeit ausgeführt hat. Nach der Anfangsphase können keine steuerfreien Tagesgelder gewährt werden.
10.5.1.3.2 Mittelpunkt der Tätigkeit bei Dienstreisen nach dem zweiten Tatbestand
721
Bei einer Dienstreise, bei der der Arbeitnehmer so weit weg von seinem ständigen Wohnort (Familienwohnsitz) arbeitet, dass ihm eine tägliche Rückkehr an seinen ständigen Wohnort (Familienwohnsitz) nicht zugemutet werden kann (2. Tatbestand), ist davon auszugehen, dass der Arbeitsort (Einsatzort) erst nach einem Zeitraum von sechs Monaten analog zu § 26 Abs. 2 BAO zum Mittelpunkt der Tätigkeit wird.
Ab dem siebenten Monat gezahlte Tages- und pauschale Nächtigungsgelder sind steuerpflichtig. Bei einem Wechsel des Arbeitsortes beginnt eine neue Sechsmonatsfrist zu laufen. Ein solcher liegt nur vor, wenn ein Wechsel in eine andere politische Gemeinde vorgenommen wird. Kehrt der Arbeitnehmer innerhalb von sechs Monaten an den seinerzeitigen Arbeitsort zurück, kann unter Einrechnung der dort bereits verbrachten Arbeitszeiten nur die restliche, auf die Sechsmonatsfrist entfallende Zeitspanne als Dienstreise gewertet werden.
Die Tage des Aufenthaltes am Einsatzort (soweit keine länger als sechs Kalendermonate dauernde Unterbrechung vorliegt) sind zusammenzurechnen, bis ein Zeitraum von sechs Monaten (das sind 183 Tage) erreicht ist. Maßgebend ist also der tatsächliche Aufenthalt am Einsatzort (inkl. An- und Abreisetag), sodass bei Unterbrechungen eine tageweise Berechnung zu erfolgen hat, bis 183 Tage erreicht sind. Für die Beurteilung, ob der Zeitraum von 6 Monaten bzw. 183 Tagen erreicht ist, sind die Verhältnisse der letzten 24 Monate vor Beginn der Dienstreise maßgeblich. Hinsichtlich Expatriates siehe Rz 1038g.
Beispiel 1:
Ein Arbeitnehmer ist/war zu folgenden Zeiten am selben Einsatzort (Dienstreise nach dem 2. Tatbestand) tätig:
12.11.2006 – 17.12.2006 |
36 Tage |
13.04.2007 – 29.06.2007 |
78 Tage (unbeachtlich, weil danach 6 Monate Unterbrechung) |
06.02.2008 – 19.04.2008 |
74 Tage |
Die für die Monate Februar bis April 2008 ausbezahlten Tagesgelder können nicht steuerbar ausbezahlt werden, weil seit dem letzten Einsatz am selben Ort mehr als 6 Monate vergangen sind (24-Monate Beobachtungszeitraum nicht erforderlich).
Beispiel 2:
Ein Arbeitnehmer ist/war zu folgenden Zeiten am selben Einsatzort (Dienstreise nach dem 2. Tatbestand) tätig:
17.09.2005 – 21.10.2005 (unbeachtlich, weil danach 6 Monate Unterbrechung) |
|
12.11.2006 – 17.12.2006 |
36 Tage |
13.04.2007 – 29.06.2007 |
78 Tage |
11.10.2007 – 15.12.2007 |
66 Tage |
06.02.2008 – 19.04.2008 |
Von den Tagesgeldern für die letzte Dienstreise können Tagesgelder nur mehr für 3 Tage nicht steuerbar ausbezahlt werden, weil im 24 Monate umfassende Beobachtungszeitraum bereits 180 Tagesdiäten nicht steuerbar ausbezahlt wurden.
Siehe auch Beispiel Rz 10721.
10.5.1.3.2.1. Tagesgelder bei Inlandsreisen (gemäß § 26 Z 4 EStG 1988)
722
Gemäß § 26 Z 4 EStG 1988 steht das volle Tagesgeld für 24 Stunden zu und darf bis zu 26,40 Euro pro Tag betragen. Dauert eine Dienstreise länger als drei Stunden, so kann für jede angefangene Stunde ein Zwölftel gerechnet werden. Höhere Beträge sind auch bei Nachweis von tatsächlichen Kosten steuerpflichtig, selbst wenn ein arbeitsrechtlicher Anspruch darauf besteht. Über den Tagessatz hinaus bezahlte Tagesgelder bzw. pauschale Reisekostenabgeltungen sind als laufende Bezüge steuerpflichtig (VwGH 28.09.1994, 91/13/0081, 91/13/0082).
723
Grundsätzlich steht das Tagesgeld für Inlandsreisen nach der 24-Stundenregelung zu. Nur dann wenn eine arbeitsrechtliche Vorschrift die Berechnung (Anspruchsermittlung) nach Kalendertagen vorsieht oder der Arbeitgeber mangels Vorliegens einer arbeitsrechtlichen Vorschrift nach Kalendertagen abrechnet, ist diese Abrechnungsmethode auch steuerrechtlich maßgeblich.
Wechselt der Arbeitgeber die Abrechnungsmethode, darf dies nicht dazu führen, dass für einen Kalendertag mehr als 26,40 Euro steuerfrei belassen werden.
Beispiel:
Beginn der Dienstreise am Montag 14 Uhr, Ende am darauf folgenden Dienstag 15 Uhr.
Bei Abrechnung nach der 24-Stundenregel steht für die gesamte Reise ein Tagesgeld von 28,60 Euro (12/12 + 1/12) zu.
Bei kalendertagsmäßiger Abrechnung steht für den ersten Tag ein Tagesgeld von 10/12, somit 22 Euro zu, für den zweiten Tag ein Tagesgeld von 26,40 Euro. Diese Abrechnung ist aber nur zulässig, wenn tatsächlich eine kalendertagsmäßige Auszahlung erfolgt.
724
Dient ein vom Arbeitgeber gezahltes Arbeitsessen weitaus überwiegend der Werbung, stellt dieses für den Arbeitnehmer keinen Lohnvorteil dar. Die Tagesgelder sind pro bezahltem Mittagessen bzw. Abendessen um 13,20 Euro zu kürzen. Zahlt der Arbeitgeber als Tagesgeld weniger als 26,40 Euro, so ist für die Kürzung bei bezahltem Arbeitsessen nicht vom halben tatsächlich bezahlten Tagesgeld auszugehen, sondern die Kürzung hat dennoch um 13,20 Euro zu erfolgen. Eine Kürzung unter Null ist nicht vorzunehmen.
10.5.1.3.2.2. Aliquotierung der Tagesgelder bei Auslandsdienstreisen
725
Kostenersätze für die Verpflegung sind für alle Arbeitnehmer bis zum höchsten Auslandsreisesatz für Bundesbedienstete nach der Reisegebührenvorschrift (siehe Rz 1405) nicht steuerbar. Dauert eine Dienstreise im Ausland länger als drei Stunden, so kann für jede angefangene Stunde der Auslandsreise ein Zwölftel des Auslandstagsatzes gerechnet werden.
Grundsätzlich steht das Tagesgeld für Auslandsreisen nach der 24-Stundenregelung zu. Nur dann wenn eine arbeitsrechtliche Vorschrift die Berechnung (Anspruchsermittlung) nach Kalendertagen vorsieht oder der Arbeitgeber mangels Vorliegens einer arbeitsrechtlichen Vorschrift nach Kalendertagen abrechnet, ist diese Abrechnungsmethode auch steuerrechtlich maßgeblich.
Wechselt der Arbeitgeber die Abrechnungsmethode, darf dies nicht dazu führen, dass für einen Kalendertag mehr als die in der Reisegebührenvorschrift vorgesehenen Beträge nicht steuerbar belassen werden.
726
Wird eine Dienstreise ins Ausland unternommen, so ist für die Frage, ob neben den höchsten Auslandsreisesätzen der Reisegebührenvorschrift der Bundesbediensteten zusätzlich anteilige inländische Tagesgelder nach § 26 Z 4 EStG 1988 anfallen, eine einheitliche Dienstreise anzunehmen. Für die Gesamtreisezeit abzüglich der durch die Auslandsreisesätze erfassten Reisezeiten steht das Inlandstagesgeld zu.
Ab dem Grenzübertritt stehen die Tagesgelder im Ausmaß der (aliquoten) Auslandsreisesätze der Bundesbediensteten nur dann zu, wenn der Auslandsaufenthalt länger als drei Stunden dauert. Für eine kürzere Verweildauer im Ausland steht der Satz für eine Inlandsreise zu, wenn die Reise insgesamt länger als drei Stunden dauert.
Beispiel:
Die Reise Wien-Frankfurt erfolgt mit dem Pkw bzw. mit der Bahn. Beginn der Reise 7 Uhr, Grenzübertritt Passau 11:15 Uhr, Grenzübertritt bei Rückfahrt 15 Uhr nächster Tag, Ende der Reise 18:10 Uhr.
Berechnung nach der 24-Stundenregel:
Die Reise dauert insgesamt 35 Stunden 10 Minuten, es stehen insgesamt zwei Tagessätze (24/12) zu. Der Auslandsanteil (11:15 bis 15:00 Uhr nächster Tag) beträgt 16/12, damit verbleibender Inlandsanteil somit 8/12.
Berechnung nach der Kalendertagsregel:
Die Reise dauert insgesamt 2 Kalendertage mit jeweils mehr als 12 Stunden.
Auslandsanteil:
1. Reisetag (11:15 Uhr bis 24:00 Uhr) 12/12
2. Reisetag (00:00 Uhr bis 15:00 Uhr) 12/12
Inlandsanteil: Es kann kein steuerfreies Tagesgeld ausgezahlt werden, da der Gesamtanspruch durch den Auslandsanteil ausgeschöpft wurde.
727
Werden Reisen im Inland unternommen, wobei wegen der leichteren Erreichbarkeit auch ausländische Strecken befahren werden (zB Korridor Salzburg-Rosenheim-Kufstein), liegen insgesamt Inlandsdienstreisen vor.
Berührt ein Arbeitnehmer bei Durchführung einer Dienstreise mehrere ausländische Staaten, besteht der Anspruch auf Tagesgebühren für jenes Land in das die Dienstreise führt. Davon ausgenommen sind jene Fälle in denen der Arbeitnehmer in jedem dieser Staaten tätig wird.
728
Bei Flugreisen ins Ausland beginnt die Auslandsreise nach den hiefür maßgeblichen Vorschriften der Reisegebührenvorschrift mit dem Abflug und endet mit der Ankunft am inländischen Flughafen.
Beispiel:
Flugreise Wien-Frankfurt: Abfahrt zum Flughafen 5 Uhr, Abflug Wien 8 Uhr, Ankunft Flughafen Wien 15 Uhr, Ende der Reise 16:30 Uhr.
Berechnung nach der 24-Stundenregel:
Die Reise dauert insgesamt 11 Stunden 30 Minuten, es steht ein Tagessatz zu.
Auslandsanteil (08:00 Uhr bis 15:00 Uhr) 7/12
Inlandsanteil 5/12
Berechnung nach der Kalendertagsregel:
Führt zu keinem anderen Ergebnis als bei der 24-Stundenregel, da die Dienstreise nur innerhalb eines Kalendertages stattfindet.
729
Bezahlt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer anlässlich einer Auslandsdienstreise ein Geschäftsessen pro Tag, kommt es in Anlehnung an die bisherige Vorgangsweise nach der RGV zu keiner Kürzung des entsprechenden nicht steuerbaren Auslandsreisesatzes. Trägt der Arbeitgeber die Kosten für zwei Geschäftsessen pro Tag oder übernimmt er die Kosten der vollen Verpflegung, steht nur ein Drittel des entsprechenden Auslandsreiseersatzes nicht steuerbar zu. Steht der Auslandsreisesatz für 24 Stunden zu, sind die während des 24-Stundenzeitraumes bezahlten Geschäftsessen zu berücksichtigen, wird nach Kalendertagen abgerechnet, sind die während des jeweiligen Kalendertages bezahlten Geschäftsessen für die Kürzung maßgeblich.
Randzahl 729a: entfällt
10.5.1.4 Nächtigungsgelder
730
Nächtigungsgeld steht nur dann nicht steuerbar zu, wenn tatsächlich genächtigt wird (siehe auch Rz 732). Der Umstand der Nächtigung ist grundsätzlich nachzuweisen. Bei Entfernungen von mindestens 120 Kilometer zwischen Einsatzort und Wohnort kann von einer Nächtigung ausgegangen werden. In diesen Fällen hat der Arbeitgeber nicht zu prüfen, ob der Arbeitnehmer tatsächlich genächtigt hat.
731
Kostenersätze für die Nächtigung und Frühstück sind im nachgewiesenen höheren Ausmaß zu berücksichtigen. Bei Nachweis der tatsächlichen Kosten ist weder für die Nächtigung noch für das Frühstück eine Haushaltsersparnis anzusetzen. Ohne Nachweis der Höhe der Nächtigungskosten sind 15 Euro (Nächtigungsaufwand einschließlich Frühstück) nicht steuerbar. Bei Auslandreisen ist es möglich, die Auslandsreisesätze für die Nächtigung nach der Höchststufe (RGV) zu verrechnen. Das pauschale Nächtigungsgeld für einen bestimmten Einsatzort kann bei Vorliegen von tatsächlichen Nächtigungen nur für einen Zeitraum von maximal 6 Monaten (Dienstreise – 2. Tatbestand) gemäß § 26 Z 4 EStG 1988 nicht steuerbar ausbezahlt werden. Bei einem längeren Zeitraum kann eine Auszahlung gemäß § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 erfolgen (siehe Rz 741). Die Regelung laut Rz 721 ist sinngemäß anzuwenden.
Beispiel:
Eine Dienstreise beginnt um 8 Uhr des ersten Tages und endet um 15:30 Uhr des zweiten Tages. Neben dem Tagesgeld von 26,40 Euro für 24 Stunden und von 17,60 Euro (= 8/12 von 26,40 Euro) bleibt ein nachgewiesener Nächtigungsaufwand einschließlich Frühstück nicht steuerbar. Wird der Nächtigungsaufwand nicht nachgewiesen, so sind 15 Euro nicht steuerbar.
732
Der nichtsteuerbare Ersatz der tatsächlichen Nächtigungskosten (inkl. Frühstück) ist grundsätzlich zeitlich nicht begrenzt. Werden tatsächliche Nächtigungskosten für einen längeren Zeitraum als sechs Monate ersetzt, ist der Prüfung des Umstandes der vorübergehenden Tätigkeit am Einsatzort besondere Beachtung beizumessen. Eine vorübergehende Tätigkeit ist grundsätzlich bei Außendiensttätigkeit, bei Fahrttätigkeit, bei Baustellen- und Montagetätigkeit oder bei Arbeitskräfteüberlassung anzunehmen.
733
Kostenlos zur Verfügung gestellte Nächtigungsmöglichkeiten schließen die steuerfreie Behandlung der durch den Arbeitgeber gezahlten Nächtigungsgelder aus. Bei bloßer Nächtigungsmöglichkeit in einem Fahrzeug (LKW, Bus) bleibt das pauschale Nächtigungsgeld aber im Hinblick auf zusätzliche mit einer Nächtigung verbundene Aufwendungen (wie zB für Dusche und Frühstück) dann nicht steuerbar, wenn tatsächlich genächtigt wird. Dabei ist es unmaßgeblich, ob die Fahrtätigkeit länger als sechs Monate ausgeübt wird, oder ob die Fahrten auf gleich bleibenden Routen (zB Wien – Hamburg) oder auf ständig wechselnden Fahrtstrecken erfolgen.
10.5.1.5 Durchzahlerregelung
734
Liegt eine einheitliche Dienstreise vor und zahlt der Arbeitgeber im Zuge dieser Dienstreise durchgehend Tages- und Nächtigungsgelder, so bleiben diese Tages- und Nächtigungsgelder nach Maßgabe des § 26 Z 4 EStG 1988 auch dann nicht steuerbar, wenn der Arbeitnehmer an arbeitsfreien Tagen zu seiner Wohnung zurückfährt. Dies gilt allerdings nur dann, wenn der Arbeitnehmer während der Woche tatsächlich außer Haus nächtigt und die Heimfahrt auf eigene Kosten unternimmt („Durchzahlerregelung“).
Liegen die Voraussetzungen für eine als Werbungskosten steuerlich anzuerkennende Familienheimfahrt vor, so können hiefür nur die die Tagesgelder übersteigenden steuerlich relevanten Kosten der Familienheimfahrt als Werbungskosten anerkannt werden.
Wird die Durchzahlerregelung angewendet, sind zusätzlich geleistete Fahrtkostenersätze für arbeitsfreie Tage zum Familienwohnsitz steuerpflichtig.
10.5.2 Steuerfreie Reiseaufwandsentschädigungen gemäß § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988
735
Vom Arbeitgeber als Reiseaufwandsentschädigungen gezahlte Tagesgelder, soweit sie nicht gemäß § 26 Z 4 EStG 1988 zu berücksichtigen sind, die für eine
- Außendiensttätigkeit (zB Kundenbesuche, Patrouillendienste, Servicedienste),
- Fahrtätigkeit (zB Zustelldienste, Taxifahrten, Linienverkehr, Transportfahrten außerhalb des Werksgeländes des Arbeitgebers),
- Baustellen- und Montagetätigkeit außerhalb des Werksgeländes des Arbeitgebers,
- Arbeitskräfteüberlassung nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz BGBl. Nr. 196/1988 oder
- eine vorübergehende Tätigkeit an einem Einsatzort in einer anderen politischen Gemeinde
gewährt werden, sind steuerbefreit, soweit der Arbeitgeber aufgrund einer lohngestaltenden Vorschrift gemäß § 68 Abs. 5 Z 1 bis 6 EStG 1988 zur Zahlung verpflichtet ist. Die Tagesgelder dürfen nicht die sich aus § 26 Z 4 EStG 1988 ergebenden Beträge übersteigen. Kann im Falle des § 68 Abs. 5 Z 6 EStG 1988 keine Betriebsvereinbarung abgeschlossen werden, weil ein Betriebsrat nicht gebildet werden kann, ist von einer Verpflichtung des Arbeitgebers auszugehen, wenn eine vertragliche Vereinbarung für alle Arbeitnehmer oder bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern vorliegt.
Reiseaufwandsentschädigungen sind nicht steuerfrei, soweit sie anstelle des bisher gezahlten Arbeitslohns oder üblicher Lohnerhöhungen geleistet werden.
Siehe auch Beispiel Rz 10735.
10.5.2.1 Verhältnis von Tagesgeldern gemäß § 26 Z 4 EStG 1988 zu Reiseaufwandsentschädigungen gemäß § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988
735a
Als Reiseaufwandsentschädigungen gezahlte Tagesgelder stellen vorrangig einen Kostenersatz gemäß § 26 Z 4 EStG 1988 dar. Können diese Reiseaufwandsentschädigungen nicht nach § 26 Z 4 EStG 1988 nicht steuerbar ausgezahlt werden, weil beispielsweise ein weiterer Mittelpunkt der Tätigkeit begründet wird, ist zu prüfen, ob sie unter einen der Tatbestände des § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 zu subsumieren sind und aus diesem Grund steuerfrei behandelt werden können. Wurden Reisekostenersätze nach § 26 Z 4 EStG 1988 ausgezahlt, stehen für den gleichen Zeitraum (Kalendertag) keine steuerfreien Reiseaufwandsentschädigungen gemäß § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 zu.
Siehe auch Beispiel Rz 10735a.
10.5.2.2 Höhe der steuerfreien Tagesgelder gemäß § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988
735b
Die Obergrenze für steuerfreie Tagesgelder sowie deren Aliquotierung richtet sich nach § 26 Z 4 EStG 1988. Für die Frage, ob nach der 24-Stundenregel oder nach der Kalendertagsregel abzurechnen ist, ist die lohngestaltende Vorschrift maßgeblich. Werden höhere Tagesgelder ausgezahlt, ist der übersteigende Teil steuerpflichtiger Arbeitslohn.
10.5.2.3 Lohngestaltende Vorschrift im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988
735c
Als lohngestaltende Vorschriften im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988, die zur Auszahlung eines steuerfreien Taggeldes berechtigen, gelten:
- Gesetzliche Vorschriften,
- von Gebietskörperschaften erlassene Dienstordnungen,
- aufsichtsbehördlich genehmigte Dienst(Besoldungs)ordnungen der Körperschaften des öffentlichen Rechts,
- die vom Österreichischen Gewerkschaftsbund für seine Bediensteten festgelegte Arbeitsordnung,
- Kollektivverträge oder Betriebsvereinbarungen, die auf Grund besonderer kollektivvertraglicher Ermächtigungen abgeschlossen worden sind,
- Betriebsvereinbarungen, die wegen Fehlens eines kollektivvertragsfähigen Vertragsteiles (§ 4 des Arbeitsverfassungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1974) auf der Arbeitgeberseite zwischen einem einzelnen Arbeitgeber und dem kollektivvertragsfähigen Vertragsteil auf der Arbeitnehmerseite abgeschlossen wurden,
- Vereinbarungen für alle Arbeitnehmer oder bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern, wenn auf Seiten des Arbeitgebers kein kollektivvertragsfähiger Vertragsteil vorhanden ist und, mangels der nötigen Arbeitnehmeranzahl (§ 40 Abs. 1 ArbVG), ein Betriebsrat nicht gebildet werden kann.
Demnach können innerbetriebliche Vereinbarungen nur dann Basis für die steuerfreie Auszahlung von Tagesgeldern sein, wenn weder auf Seiten des Arbeitgebers ein kollektivvertragsfähiger Vertragsteil noch die erforderliche Arbeitnehmeranzahl (mindestens fünf, nicht zur Familie des Arbeitgebers gehörende volljährige Arbeitnehmer) für die Wahl eines Betriebsrates gegeben ist. Diese innerbetrieblichen Vereinbarungen verlieren ihre Gültigkeit, wenn die für die Bildung eines Betriebsrates erforderliche Anzahl der Arbeitnehmer (§ 40 Abs. 1 ArbVG) erreicht wird. In diesem Fall ist ein Betriebsrat zu wählen und eine Betriebsvereinbarung abzuschließen, um die steuerliche Begünstigung des § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 in Anspruch nehmen zu können. Die innerbetrieblichen Regelungen verlieren bei Inkrafttreten einer Betriebsvereinbarung, spätestens jedoch sechs Monate nach Erreichen der maßgeblichen Arbeitnehmerzahl, ihre Gültigkeit.
Grundsätzlich setzen alle als Begünstigungsvoraussetzung angeführten lohngestaltenden Vorschriften einen inländischen Arbeitgeber voraus (vgl. UFS 05.07.2013, RV/0286-F/11).
Gewährt ein ausländischer Arbeitgeber, bei dem die lohngestaltenden Vorschriften gemäß § 68 Abs. 5 Z 1 bis 6 EStG 1988 nicht zur Anwendung gelangen, Reiseaufwandsentschädigungen aufgrund einer zwingend anzuwendenden, behördlich genehmigten, nicht einseitig abänderbaren ausländischen lohngestaltenden Vorschrift (zB Schweizer Spesenreglement, Deutscher Tarifvertrag), sind für diese bei Zutreffen der übrigen Voraussetzungen die Bestimmungen des § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 analog anzuwenden, wenn
- dem Arbeitnehmer nach inländischer vergleichbarer lohngestaltender Vorschrift steuerfreie Reiseaufwandsentschädigungen zustehen würden und
- es zu keiner Besserstellung des Arbeitnehmers im Vergleich zu einer Beschäftigung in einem inländischen Betrieb kommt.
Das bedeutet, dass die Steuerfreiheit der Höhe nach zweifach begrenzt ist, nämlich zum einen mit den fiktiv gebührenden Taggeldern laut inländischer lohngestaltender Vorschrift (zB Kollektivvertrag) und zum anderen mit den tatsächlich gewährten Spesen(ersätzen) laut der ausländischen lohngestaltenden Vorschrift (vgl. UFS 05.07.2013, RV/0286-F/11).
Ist ein ausländischer Arbeitgeber nicht aufgrund einer zwingenden ausländischen lohngestaltenden Vorschrift im Sinne der vorgenannten Ausführungen zur Zahlung von Reiseaufwandsentschädigungen verpflichtet, können grundsätzlich innerbetriebliche Vereinbarungen Basis für die steuerfreie Auszahlung sein, wobei auch in diesem Fall die Steuerfreiheit der Höhe nach mit den fiktiv gebührenden Taggeldern laut inländischer lohngestaltender Vorschrift (zB Kollektivvertrag) begrenzt ist.
Normiert ein inländisches (Bundes- oder Landes)Gesetz die Anwendung von lohngestaltenden Vorschriften iSd § 68 Abs. 5 Z 1 bis 6 EStG 1988 auch für ausländische Arbeitgeber, können innerbetriebliche Vereinbarungen nicht Basis für die steuerfreie Auszahlung von Tagesgeldern sein.
Beispiel:
Durch BGBl. I Nr. 98/2012 wurde § 10a Abs. 3 Arbeitskräfteüberlassungsgesetz neu eingefügt: „Die für gewerblich überlassene Arbeitskräfte in Österreich geltenden Kollektivverträge sind auch auf aus dem Ausland nach Österreich überlassene Arbeitskräfte anzuwenden.“
Dadurch bleibt im Bereich der grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung nach Österreich kein Platz mehr für eine innerbetriebliche Vereinbarung als Basis für die steuerfreie Auszahlung von Tages- und Nächtigungsgeldern, da bereits eine lohngestaltende Vorschrift iSd § 68 Abs. 5 Z 1 bis 6 EStG 1988 vorliegt, aufgrund derer der Arbeitgeber zur Zahlung von Reiseaufwandsentschädigungen verpflichtet ist.
Über das Ausmaß der kollektivvertraglichen Regelung gezahlte Tages- und Nächtigungsgelder sind ab 1.1.2013 (= Inkrafttretensdatum von § 10a AÜG) steuerpflichtiger Arbeitslohn, sofern sie nicht nach § 26 Z 4 EStG 1988 nicht steuerbar ausbezahlt werden können.
Bei Urteilen des Obersten Gerichtshofs, in welchen der arbeitsrechtliche Anspruch auf Leistungen nicht anerkannt wird (zB Reiseaufwandsentschädigungen), ist die steuerliche Nichtanerkennung gemäß § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 erst für Lohnzahlungszeiträume ab dem 1. Jänner des zweitfolgenden Kalenderjahres anzuwenden, nach dem die OGH-Entscheidung ergangen ist.
Beispiel:
Das OGH-Urteil vom 29. März 2012, 9ObA148/11x betreffend Montagetischler führte dazu, dass dennoch bezahlte Reiseaufwandsentschädigungen ab dem 1.1.2014 gemäß § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 steuerpflichtig sind.
Siehe auch Beispiele Rz 10735c.
10.5.2.4 Umwandlung von Arbeitslohn in Reisekostenentschädigungen
735d
Werden Reisekostenersätze ganz oder teilweise an Stelle
- des bisher gezahlten Arbeitslohns oder
- der Lohnerhöhungen,
auf die jeweils ein arbeitsrechtlicher Anspruch besteht, geleistet, können diese nicht steuerfrei ausgezahlt werden. Eine derartige nicht begünstigte Gehaltsumwandlung würde auch dann vorliegen, wenn Reiseaufwandsentschädigungen im Verhältnis zum „laufenden Entgelt“ überdurchschnittlich erhöht werden. Keine Gehaltsumwandlung liegt vor, wenn Tagesgelder neu vereinbart werden und gleichzeitig bestehende Lohnansprüche (inklusive der üblichen Lohnerhöhungen) unverändert bleiben.
10.5.3 Begünstigte Tätigkeiten iSd § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988
10.5.3.1 Außendiensttätigkeiten
736
Der Begriff Außendiensttätigkeit impliziert, dass es sich um Tätigkeiten außerhalb des ständigen Arbeitsortes (Büro, Betriebstätte, Werksgelände, Lager, usw.) handelt, somit auch außerhalb eines Betriebsgeländes, auf dem ein Arbeitnehmer üblicherweise tätig ist. Darunter fallen alle Arten von Kundenbesuchen, Vertretertätigkeiten, Serviceleistungen beim Kunden, Tätigkeiten von Amtsorganen (zB Betriebsprüfer, Prüfer des Rechnungshofes, Exekutoren). Ebenso fallen darunter beispielsweise Patrouillendienste, Streifengänge, Kontrolltätigkeiten außerhalb des ständigen Betriebsgeländes.
Siehe auch Beispiel Rz 10736.
10.5.3.1.1 Tätigkeiten (ausgenommen Baustellen- oder Montagetätigkeit) an mehreren Standorten des Arbeitgebers
736a
Gehört es zum Aufgabenbereich des Arbeitnehmers eines Unternehmens, dass er an verschiedenen Standorten des Unternehmens tätig werden muss, und steht diesem Arbeitnehmer an den verschiedenen Standorten ein Arbeitsplatz zur Verfügung, liegt bei Fahrten zu diesen Standorten keine Außendiensttätigkeit und auch keine vorübergehende Tätigkeit im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 vor. Ob an diesen weiteren Standorten ein Arbeitsplatz zur Verfügung steht, ist nicht von der konkreten Ausgestaltung des Arbeitsplatzes (zB eigenes Büro) abhängig, sondern aus funktionaler Sicht (organisatorische Eingliederung in dieser Arbeitsstätte) zu beurteilen. Tagesgelder sind ab dem ersten Tag steuerpflichtig (siehe Rz 700).
Steht an anderen Standorten des Arbeitgebers für den Arbeitnehmer kein Arbeitsplatz zur Verfügung, sind Dienstreisen zu diesen Einsatzorten grundsätzlich als Außendiensttätigkeit einzustufen.
Beispiele für Außendiensttätigkeit:
- Ein Mitarbeiter ist ständig in einer Filiale beschäftigt. Wöchentlich findet eine Dienstbesprechung in der Zentrale statt. Ein Arbeitsplatz steht ihm dort nicht zur Verfügung (keine organisatorische Eingliederung). Die Tätigkeit in der Zentrale ist Außendiensttätigkeit.
- Ein Mitarbeiter ist ständig in der Zentrale beschäftigt. Er besucht aber die Filialen für Schulungs-, Informations-, Prüfungs-, Kontrolltätigkeit oder für Wartungsarbeiten. Für derartige „Besuche“ aus der Zentrale wird in den Filialen kein Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt (keine organisatorische Eingliederung). Die Tätigkeit in der Filiale ist Außendiensttätigkeit.
- Eine Mitarbeiterin einer Lebensmittelkette ist in einer Filiale tätig und hat in anderen Filialen im Anlassfall Krankenstandsvertretungen durchzuführen. Der Arbeitsplatz in anderen Filialen (organisatorische Eingliederung) liegt nur für die Zeit der Vertretung vor. Es liegt bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen eine vorübergehende Tätigkeit im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 vor.
10.5.3.2 Fahrtätigkeit
737
Unter diesen Tatbestand fallen ausschließlich Fahrtätigkeiten außerhalb des ständigen Betriebsgeländes des Arbeitgebers. Insbesondere fallen darunter alle Transportfahrten sowie Tätigkeiten im Linien- oder Gelegenheitsverkehr wie Buschauffeur, Lokführer, Zugbegleiter. Eine Fahrtätigkeit liegt nicht nur hinsichtlich des Lenkens oder Steuerns von Fahrzeugen vor, sondern auch hinsichtlich der Tätigkeit des Begleitpersonals (zB Beifahrer, Flugbegleitpersonal).
10.5.3.3 Baustellen- und Montagetätigkeiten außerhalb des Werksgeländes des Arbeitgebers
738
Dieser Begriff umfasst die Errichtung, Reparatur und Abbruch von Bauwerken und Anlagen sowie alle damit verbundenen Nebentätigkeiten wie Planung, Überwachung der Bauausführung sowie die Einschulung bzw. die Übergabe fertig gestellter Anlagen. Ein Tätigwerden am ständigen Betriebsgelände des Arbeitgebers (zB Bauhof) fällt nicht unter diesen Tatbestand. Die Installierung und Entwicklung von EDV-Softwareprodukten fällt nicht unter den Begriff Baustellen- und Montagetätigkeit.
738a
Handelt es sich nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt nicht um eine Baustellen- und Montagetätigkeit außerhalb des Werksgeländes des Arbeitgebers, sondern um eine Arbeitskräfteüberlassung, können keine Reiseaufwandsentschädigungen gemäß § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 unter diesem Tatbestand steuerfrei ausbezahlt werden. Kommt in diesen Fällen der Kollektivvertrag für Arbeitskräfteüberlassung nicht zur Anwendung, können Reiseaufwandsentschädigungen gegebenenfalls nur unter dem Tatbestand der vorübergehenden Tätigkeit an einem Einsatzort in einer anderen politischen Gemeinde steuerfrei ausbezahlt werden (siehe Rz 740 f).
Beispiel:
Ein Mitarbeiter eines Elektrounternehmens, welches beispielsweise dem Kollektivvertrag Metallgewerbe unterliegt, kommt „dauerhaft“ als Betriebselektriker in einem anderen Unternehmen zum Einsatz.
Nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt handelt es sich nicht um eine Baustellen- oder Montagetätigkeit, sondern um eine Art Arbeitskräfteüberlassung. Reiseaufwandsentschädigungen sind daher nicht gemäß § 3 Abs. 1 Z 16b dritter Teilstrich EStG 1988 (Baustellen- und Montagetätigkeit außerhalb des Werksgeländes des Arbeitgebers) steuerfrei.
10.5.3.4 Die Arbeitskräfteüberlassung nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz, BGBl. Nr. 196/1988
739
Auf Grund der Besonderheit dieser Beschäftigungsverhältnisse wurde ein eigener Tatbestand aufgenommen, der nur auf jene Beschäftigungsverhältnisse anzuwenden ist, die den Vorschriften des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes unterliegen.
739a
Angestellte der Berufsgruppe Arbeitskräfteüberlassung unterliegen hinsichtlich Reisekosten seit 1. Jänner 2000 dem Kollektivvertrag für Angestellte des Gewerbes. Nach den Bestimmungen des Kollektivvertrages gilt folgendes:
a)Eine Dienstreise liegt vor, wenn der Angestellte zur Ausführung eines ihm erteilten Auftrages seinen Dienstort vorübergehend verlässt. Soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt ist, gilt als Dienstort der Standort des Beschäftigerbetriebes.
b)Bei Arbeiten außerhalb des Beschäftigerbetriebes gelten die diesbezüglichen Regelungen des im Beschäftigerbetrieb auf vergleichbare Angestellte anzuwendenden Kollektivvertrages auch für überlassene Angestellte. Bei Überlassung in Betriebe, in denen für vergleichbare Angestellte kein Kollektivvertrag anzuwenden ist, und für Angestellte, die im Überlasserbetrieb selbst beschäftigt werden, gelten die Bestimmungen der Z 1 bis Z 5 des Kollektivvertrages.
Beispiel:
Ein überlassener Angestellter wird im Beschäftigerbetrieb selbst und nicht außerhalb desselben tätig:
Bei bloßem Tätigwerden im Beschäftigerbetrieb liegt nach dem zutreffenden Kollektivvertrag keine Dienstreise vor. Soweit jedoch die Voraussetzungen für eine Dienstreise nach § 26 Z 4 EStG 1988 gegeben sind, können Reisekostenersätze steuer- und sozialversicherungsfrei gewährt werden.
Ein überlassener Angestellter wird vom Beschäftigerbetrieb auf Dienstreise entsandt und es gibt im Beschäftigerbetrieb einen Kollektivvertrag, der Reisekostenersätze vorsieht:
Für vom Beschäftigerbetrieb entsendete, überlassene Angestellte gelten die diesbezüglichen Regelungen des im Beschäftigerbetrieb auf vergleichbare Angestellte anzuwendenden Kollektivvertrages. Es gilt somit der Beschäftiger – Kollektivvertrag. Diese Kollektivvertragsregelungen sind anzuwenden, sofern sie den Angestellten günstiger stellen als bei einer Beurteilung der Dienstreise nach § 26 Z 4 EStG 1988.
Ein überlassener Angestellter wird vom Beschäftigerbetrieb auf Dienstreise entsandt und es gibt im Beschäftigerbetrieb keinen Kollektivvertrag, der Reisekostenersätze vorsieht:
Bei Überlassung in Betriebe, in denen für vergleichbare Angestellte kein Kollektivvertrag anzuwenden ist, gelten die Bestimmungen des § 7a Z 1 bis Z 5 KollV Gewerbeangestellte. Diese sind anzuwenden, sofern sie den Angestellten günstiger stellen als bei der Beurteilung der Dienstreise nach § 26 Z 4 EStG 1988.
Ein Angestellter wird im Überlasserbetrieb selbst beschäftigt, er unterliegt deswegen nicht dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz und wird auf Dienstreise entsandt (zB die Buchhalterin des Überlasserbetriebes wird auf ein Seminar geschickt):
Hier gelten auch die Bestimmungen des § 7a Z 1 bis Z 5 KollV Gewerbeangestellte. Diese sind anzuwenden, sofern sie den Angestellten günstiger stellen als bei der Beurteilung der Dienstreise nach § 26 Z 4 EStG 1988.
Siehe auch Beispiele Rz 10739a.
10.5.3.4.1 Kollektivvertragsanwendung bei Mischbetrieben
739b
Ein Mischbetrieb liegt bei der Arbeitskräfteüberlassung vor, wenn ein Betrieb über mehrere aktive Gewerbeberechtigungen verfügt (zB Arbeitskräfteüberlassung – Kollektivvertrag für das Gewerbe der Arbeitskräfteüberlassung und Schlosserei – Kollektivvertrag für Metallgewerbe vorhanden) und keine organisatorische Trennung gegeben ist.
Bei Mischbetrieben findet nach § 9 Abs. 3 und 4 Arbeitsverfassungsgesetz jener Kollektivvertrag Anwendung, welcher für den fachlichen Wirtschaftsbereich gilt, der für den Betrieb die maßgebliche wirtschaftliche Bedeutung hat; durch Betriebsvereinbarung kann festgestellt werden, welcher fachliche Wirtschaftsbereich für den Betrieb die maßgebliche wirtschaftliche Bedeutung hat.
Liegt auch keine maßgebliche wirtschaftliche Bedeutung vor, so findet der Kollektivvertrag jenes fachlichen Wirtschaftsbereiches Anwendung, dessen Geltungsbereich unbeschadet der Verhältnisse im Betrieb die größere Anzahl von Arbeitnehmern erfasst (zB Überlassung/Schlosserei = Metallbereich).
739c
Liegt bei einem Mischbetrieb im Sinne des Arbeitsverfassungsgesetzes die maßgebliche wirtschaftliche Bedeutung in der Arbeitskräfteüberlassung, gilt für alle Arbeitskräfte jedenfalls hinsichtlich der Bewertung der Reisekosten der Kollektivvertrag für das Gewerbe der Arbeitskräfteüberlassung.
Liegt die maßgebliche wirtschaftliche Bedeutung im Schlossereibetrieb, gilt für alle Beschäftigten dieses Betriebes der Metallkollektivvertrag mit allen Konsequenzen.
Beispiel:
Maßgebliche wirtschaftliche Bedeutung feststellbar:
80% Schlosserei: Metall-KollV
20% Arbeitskräfteüberlassung: Metall-KollV
20% Schlosserei: KollV für Gewerbe der Arbeitskräfteüberlassung
80% Arbeitskräfteüberlassung: KollV für Gewerbe der Arbeitskräfteüberlassung
Ist die maßgebliche wirtschaftliche Bedeutung nicht feststellbar (oder wechselnd) und liegt auch keine entsprechende Betriebsvereinbarung vor, gilt der größere Bereich unabhängig von den Betriebsverhältnissen (siehe auch § 9 Abs. 4 ArbVG). Es kommt hier also nicht auf die Anzahl der in den verschiedenen Wirtschaftsbereichen des Betriebes beschäftigten Arbeitnehmer, sondern auf die Zahl der vom Kollektivvertrag jeweils auf Branchenebene erfassten Arbeitnehmer an.
10.5.3.5 Eine vorübergehende Tätigkeit an einem Einsatzort in einer anderen politischen Gemeinde
740
Dieser Tatbestand stellt auf ein Tätigwerden an einem festen Einsatzort ab. Tagesgelder bleiben in diesem Zusammenhang auf Grund des vorübergehenden Einsatzes steuerfrei. Unter vorübergehend ist ein Ausmaß von sechs Monaten zu verstehen. Es ist dabei unmaßgeblich, ob der Arbeitnehmer sich durchgehend oder wiederkehrend in der politischen Gemeinde aufhält. In diesen Zeitraum von sechs Monaten sind auch jene Tage einzurechnen, in denen der Arbeitnehmer Tagesgelder im Sinne des § 26 Z 4 EStG 1988 bezogen hat (für die Berechnung der Sechsmonatsfrist siehe Rz 721).
Hält sich der Arbeitnehmer länger als sechs Monate nicht in dieser politischen Gemeinde auf, beginnt die Frist neu zu laufen.
Beispiel:
Eine vorübergehende Tätigkeit liegt vor, wenn Bedienstete zu Ausbildungszwecken vorübergehend an einen Schulungsort entsendet werden (zB Ausbildungskurse von Polizeibediensteten). Vorübergehend ist aber auch die Springertätigkeit von Postbediensteten an anderen Postämtern oder das aushilfsweise Tätigwerden in anderen Bankfilialen. Eine Versetzung schließt ein vorübergehendes Tätigwerden aus.
Siehe auch Beispiel Rz 10740.
10.5.3.5.1 Abgrenzung „Außendiensttätigkeit“ oder „Baustellentätigkeit“ vom Tatbestand der „vorübergehenden Tätigkeit an einem Einsatzort in einer anderen politischen Gemeinde“
740aDer Tatbestand der vorübergehenden Tätigkeit an einem Einsatzort in einer anderen politischen Gemeinde kommt nur dann zum Tragen, wenn nicht einer der davor angeführten Tatbestände zutrifft. Er kommt daher nur subsidiär gegenüber den ersten vier Tatbeständen im § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 zur Anwendung.
Beim Tatbestand der vorübergehenden Tätigkeit an einem Einsatzort in einer anderen politischen Gemeinde handelt es sich dem Grunde nach um keine Außendienst- sondern um eine Innendiensttätigkeit, die allerdings nicht auf Dauer angelegt ist, sondern nur vorübergehenden Charakter hat.
Eine vorübergehende Tätigkeit liegt daher vor, wenn am Einsatzort ein Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt wird, der allerdings vom betreffenden Arbeitnehmer nicht auf Dauer, sondern eben nur vorübergehend ausgefüllt wird.
Darunter werden typischerweise auch Krankenstands- oder Urlaubsvertretungen fallen.
Beispiel:
Befindet sich der ständige Dienstort in der Filiale einer Supermarktkette in Wien-Simmering und erfolgt eine Urlaubsvertretung in einer Filiale in Wien-Währing, steht kein steuerfreies Tagesgeld nach § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 zu; bei einer Entsendung zur Urlaubsvertretung in die Filiale Schwechat hingegen schon.
Davon zu unterscheiden ist allerdings Außendiensttätigkeit. Wird Außendiensttätigkeit innerhalb von Wien ausgeführt, kann bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen Tagesgeld gemäß § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 steuerfrei ausgezahlt werden.
10.5.3.5.2 Politische Gemeinde im Zusammenhang mit einer vorübergehenden Tätigkeit
740b
Politische Gemeinde ist die zur Kommunalsteuer erhebungsberechtigte Gemeinde. Die politische Gemeinde kann eindeutig mit der Gemeindekennziffer identifiziert werden.
10.5.3.5.3 Begrenzung des Tagesgeldes für einen Zeitraum von sechs Monaten
740c
Eine zeitliche Begrenzung des steuerfreien Tagesgeldes gemäß § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 von sechs Monaten gibt es nur beim letzten Tatbestand der vorübergehenden Tätigkeit an einem anderen Einsatzort in einer anderen politischen Gemeinde (siehe Rz 740). Bei den übrigen Tatbeständen des § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 kann Tagesgeld für einen Einsatzort zeitlich unbegrenzt ausbezahlt werden.