11.5.4 Die einzelnen Pauschalien
11.5.4.1 Grundpauschale
4300
Die Inanspruchnahme des Grundpauschales ist Voraussetzung für die Inanspruchnahme der beiden anderen Pauschalien. Der Steuerpflichtige kann frei wählen, ob er bei Inanspruchnahme des Grundpauschales eines der beiden anderen Pauschalien in Anspruch nimmt oder die darunter fallenden Aufwendungen in tatsächlicher Höhe geltend macht. Allerdings bindet ihn seine Entscheidung für die folgenden zwei Wirtschaftsjahre (siehe dazu Rz 4308 und zur Ausnahme von dieser Bindung Rz 4308a.
4301
Das Grundpauschale beträgt 15%, höchstens 60.000 Euro, mindestens jedoch 6.000 Euro (Sockelbetrag) (bis zur Veranlagung 2019: 10%, höchstens 25.500 Euro, mindestens 3.000 Euro). Es umfasst:
- Ausgaben für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer sowie Einrichtungsgegenstände der Wohnung.
- Sämtliche Betriebsausgaben mit Ausnahme derjenigen, die von den beiden anderen Pauschalien abgedeckt sind und derjenigen, die auch bei Pauschalierung jedenfalls gesondert in tatsächlicher Höhe zu berücksichtigen sind (Rz 4307).
4302
Insbesondere folgende Ausgaben sind durch das Grundpauschale abgedeckt:
- Bürobedarf
- Telefon, Internet
- Buchhaltungsaufwand
- Beiträge zu Berufsverbänden
- Werbung
- Literatur
- Bewirtung und Betreuung
- Versicherungen, soweit sie nicht Räumlichkeiten oder betrieblich genutzte Fahrzeuge betreffen
- Arbeitszimmer innerhalb des Wohnungsverbandes (inkl. damit verbundener Aufwendungen wie Inventar)
- Miete (Leasing), ausgenommen Kfz und Räumlichkeiten
- Geringwertige Wirtschaftsgüter
- betriebliche Spenden
4303
Beträgt die Bemessungsgrundlage weniger als 40.000 Euro, darf durch den Ansatz des Pauschales von 6.000 Euro kein Verlust entstehen. Dies verhindert, dass der Pauschalbetrag, der in diesen Fällen umsatzunabhängig wirkt, verlustbegründend (bzw. -erhöhend) wirkt.
Wirkt sich das Grundpauschale nicht aus, weil die Berücksichtigung der nicht pauschalierten Betriebsausgaben zu einem Verlust führt, kommt die Inanspruchnahme des Mobilitätspauschales bzw. des Energie- und Raumpauschales nicht in Betracht.
Bei Mitunternehmerschaften ist hinsichtlich des Höchst- bzw. Mindestbetrages auf die Mitunternehmerschaft als solche und nicht auf die einzelnen Mitunternehmer abzustellen.
11.5.4.2 Mobilitätspauschale
4304
Das Mobilitätspauschale beträgt bis zur Veranlagung 2019 2%, höchstens 5.100 Euro, jedenfalls nicht mehr als das höchste Pendlerpauschale und ab der Veranlagung 2020:
- 6% der Bemessungsgrundlage, wenn sich der Betrieb in einer Gemeinde mit höchstens 5.000 Einwohnern befindet; höchstens jedoch 24.000 Euro.
- 4% der Bemessungsgrundlage, wenn sich der Betrieb in einer Gemeinde mit mehr als 5.000, aber höchstens 10.000 Einwohnern befindet; höchstens jedoch 16.000 Euro.
- 2% der Bemessungsgrundlage, wenn sich der Betrieb in einer Gemeinde mit mehr als 10.000 Einwohnern befindet; höchstens jedoch 8.000 Euro.
Hinsichtlich der Einwohnerzahl ist auf die online verfügbare, von der Bundesanstalt Statistik Österreich gemäß § 10 Abs. 7 Finanzausgleichsgesetz 2017 (FAG 2017) für den Finanzausgleich ermittelte Bevölkerungszahl (Volkszahl) zum Stichtag 31. Oktober des vorangegangenen Kalenderjahrs abzustellen.
Das Mobilitätspauschale umfasst:
- Sämtliche betriebliche Kfz-Kosten und Kosten für Nutzung anderer Verkehrsmittel.
- Reisekosten des Unternehmers selbst (nicht für Dienstnehmer), zB Diäten, Kfz-Kosten, Kosten des öffentlichen Verkehrs.
Bei Mitunternehmerschaften ist hinsichtlich des Höchstbetrages auf die Mitunternehmerschaft als solche und nicht auf die einzelnen Mitunternehmer abzustellen.
11.5.4.3 Energie- und Raumpauschale
4305
Das Energie- und Raumpauschale beträgt 8%, höchstens 32.000 Euro (bis zur Veranlagung 2019: 20.400 Euro) und umfasst alle Kosten aus Anlass der Nutzung von Räumlichkeiten außerhalb des Wohnungsverbandes.
Nicht erfasst und stets gesondert absetzbar sind, soweit sie Räumlichkeiten betreffen, die
- AfA,
- Ausgaben für Instandhaltung und Instandsetzung und
- Ausgaben für Miete und Pacht.
Insbesondere folgende Ausgaben sind durch das Energie- und Raumpauschale abgedeckt:
- Strom
- Wasser
- Kanalgebühr
- Gas
- Öl, Holz, Kohle, Pellets
- Reinigung
- Rauchfangkehrer
- liegenschaftsbezogene Abgaben und Versicherungen (zB Grundsteuer)
Bei Mitunternehmerschaften ist hinsichtlich des Höchstbetrages auf die Mitunternehmerschaft als solche und nicht auf die einzelnen Mitunternehmer abzustellen.
11.5.4.4 Übersicht über die Pauschalien
4306
Höhe | Voraussetzung | Erfasst insbesondere: | |
Grundpauschale | 15%, mindestens 6.000 € | Allgemeine Voraussetzungen für die Anwendung der Pauschalierung (Umsatzgrenze, Gewerbeberechtigung, gewerbliche Einkünfte) | Bürobedarf, Werbung, Literatur, Bewirtung und Betreuung, Versicherungen wenn nicht vom Energie- und Raumpauschale erfasst), Arbeitszimmer innerhalb des Wohnungsverbandes (inkl. damit verbundener Aufwendungen wie Inventar), geringwertige Wirtschaftsgüter |
Mobilitätspauschale | 2%, 4% oder 6%, je nach Gemeindegröße | Inanspruchnahme des Grundpauschales | Kosten für betriebliche Fahrzeuge, Verkehrs- u. Reisekosten des Unternehmers (Diäten, Kfz-Kosten, Kosten des öffentlichen Verkehrs) |
Energie- und Raumpauschale | 8% | Inanspruchnahme des Grundpauschales | Ausgaben für Räumlichkeiten außerhalb des Wohnungsverbandes, die dem Gastgewerbe dienen, wie zB Strom, Wasser, Gas, Öl, Reinigung, Rauchfangkehrer, liegenschaftsbezogene Aufwendungen, Abgaben und Versicherung |
11.5.5 Voll abzugsfähige Betriebsausgaben
4307
Neben den Pauschalien bleiben bestimmte Betriebsausgaben weiterhin voll abzugsfähig. Dies gilt für:
1.Wareneinsatz; dazu zählen auch Schipässe, Sommercards usw.
2.Löhne und Lohnnebenkosten
3.Sozialversicherungsbeträge
4.Aus- und Fortbildung von Arbeitnehmern
5.AfA, Instandhaltung und Instandsetzung
6.Miete und Pacht von Liegenschaften; dazu zählt zB auch die Anmietung von fremden Hotelzimmern.
7.Fremdmittelkosten
8.GFB-Grundfreibetrag
9.die unter das Mobilitätspauschale fallenden Aufwendungen, wenn dieses nicht in Anspruch genommen wird
10.die unter das Energie- und Raumpauschale fallenden Aufwendungen, wenn dieses nicht in Anspruch genommen wird
Provisionszahlungen an Essenslieferdienste stellen im Wesentlichen Fremdlöhne dar und sind daher abzugsfähig.
Steuerberatungskosten sind als Sonderausgaben iSd § 18 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 zu berücksichtigen (vgl. Rz 4283a).
11.5.6 Bindung
4308
Bei Inanspruchnahme der Gastgewerbepauschalierung besteht eine dreijährige Bindung, sowohl innerhalb der Pauschalierung, als auch im Fall des freiwilligen Verlassens der Pauschalierung. Innerhalb der Pauschalierung bindet das erste Jahr der Inanspruchnahme die beiden folgenden: Der Steuerpflichtige muss in den folgenden zwei Wirtschaftsjahre dieselbe Vorgangsweise wählen wie im Jahr der erstmaligen Inanspruchnahme. Wird daher zB neben dem Grundpauschale (nur) das Mobilitätspauschale in Anspruch genommen (nicht aber das Energie- und Raumpauschale), muss der Steuerpflichtige diese Vorgangsweise auch in den folgenden beiden Wirtschaftsjahren beibehalten.
Wird die Pauschalierung freiwillig verlassen, ist eine erneute Inanspruchnahme frühestens nach drei Wirtschaftsjahren möglich. Dann gilt neuerlich eine Bindung in den folgenden zwei Wirtschaftsjahren.
4308a
Mit Wirksamkeit ab 2020 wird das Mobilitätspauschale unter bestimmten Voraussetzungen auf 6% bzw. 4% erhöht. Ist das Basisjahr das Jahr 2018 oder 2019, kann das Mobilitätspauschale unabhängig von der Bindung gemäß § 6 Abs. 1 der Verordnung in Anspruch genommen. Das erhöhte Pauschale kann daher auch dann berücksichtigt werden, wenn im Basisjahr 2018 oder 2019 kein Mobilitätspauschale in Anspruch genommen wurde.
Der Verweis in § 9 Abs. 3 der Verordnung hat richtiger Weise „§ 4 Abs. 1 Z 1 oder Z 2“ zu lauten.
11.5.7 Vereinfachte Führung des Wareneingangsbuches
4309
§ 7 der Verordnung sieht vor, dass das Wareneingangsbuch vereinfacht geführt werden kann. Diesfalls sind
- die Belege sämtlicher Wareneingänge jeweils getrennt nach ihrer Bezeichnung (branchenüblichen Sammelbezeichnung) in richtiger zeitlicher Reihenfolge mit einer fortlaufenden Nummer zu versehen,
- die Beträge jährlich für das abgelaufene Wirtschaftsjahr jeweils getrennt nach der Bezeichnung (branchenüblichen Sammelbezeichnung) des Wareneingangs zusammenzurechnen und die zusammengerechneten Beträge in das Wareneingangsbuch einzutragen und
- die Berechnungsunterlagen zu den Summenbildungen (Rechenstreifen) aufzubewahren.
Während des Jahres sind die Eingangsrechnungen getrennt nach Warengruppen gemäß ihrer branchenüblichen Sammelbezeichnung – in richtiger zeitlicher Reihenfolge und mit einer fortlaufenden Nummer versehen – abzulegen. Für sämtliche Eingangsrechnungen der jeweiligen Warengruppen sind Jahressummen zu bilden und diese in das Wareneingangsbuch einzutragen. Die Berechnungsunterlagen zu den Summenbildungen (Rechenstreifen) sind aufzubewahren (§ 132 BAO).
4309a
Als Warengruppen kommen insb. folgende in Betracht:
- Küche,
- Brot und Gebäck,
- Speiseeis,
- Heißgetränke,
- Bier,
- Wein,
- Spirituosen,
- alkoholfreie Getränke,
- Rauchwaren,
- Hilfsstoffe,
- Sonstige Wareneinkäufe.
Belege, die Grundlage für Eintragungen in das Wareneingangsbuch sind, sind gemäß § 132 BAO sieben Jahre aufzubewahren.
11.5.8 Aufzeichnungspflicht
4309b
Für nach dem 31. Juli 1999 erfolgte Lieferungen von Lebensmitteln und Getränken, bei denen
- nach den äußeren Umständen (insbesondere Menge der gelieferten Gegenstände) anzunehmen ist, dass die gelieferten Gegenstände nicht im Rahmen der privaten Lebensführung verwendet werden, und
- Name und Anschrift des Empfängers der Lieferung nicht festgehalten und aufgezeichnet werden,
gilt die Vermutung der ordnungsmäßigen Führung von Büchern und Aufzeichnungen des liefernden Unternehmers als nicht gegeben (§ 8 der Verordnung).
Werden Lebensmittel und Getränke – auch in Kleinmengen – im Wege der Beförderung oder Versendung an einen Unternehmer zugestellt, der sie zur Weiterveräußerung einsetzen kann, so besteht die Vermutung, dass die gelieferten Gegenstände nicht im Rahmen der privaten Lebensführung verwendet werden, und es ist daher Name und Anschrift des Empfängers der Lieferung aufzuzeichnen.
Werden Lebensmittel und Getränke vom Abnehmer beim Lieferer abgeholt, kann unter folgenden Voraussetzungen angenommen werden, dass die gelieferten Gegenstände nicht außerhalb der privaten Lebensführung eingesetzt werden:
Es handelt sich um eine Lieferung in Mengen, die dem üblichen Einkauf für den Einsatz in der privaten Haushaltsführung dienen. Dies kann seitens des liefernden Unternehmers angenommen werden, wenn bei folgenden Gegenständen die nachstehenden Liefermengen pro Lieferung nicht überschritten werden:
- Bier: 100 l,
- Wein: 60 l,
- Spirituosen und Zwischenerzeugnisse: 15 l,
- Alkoholfreie Getränke: 120 l.
4309c
Die obigen Aussagen beziehen sich lediglich auf die Verpflichtungen des liefernden Unternehmers. Sollte nach den äußeren Umständen aus der Sicht des liefernden Unternehmers anzunehmen sein, dass die gelieferten Gegenstände nicht außerhalb der privaten Lebensführung verwendet werden, hat dies für sich gesehen keinerlei Auswirkungen auf den Abnehmer der Lieferung. Verwendet der Abnehmer der Lieferung andererseits die gelieferten Lebensmittel und/oder Getränke entgegen den – aus der Sicht des liefernden Unternehmers beurteilten – äußeren Umständen dennoch für gewerbliche Zwecke, sind daraus beim Empfänger der Lieferung die entsprechenden abgabenrechtlichen Konsequenzen zu ziehen.
4309d
Auf welche Weise der liefernde Unternehmer Name und Anschrift des Abnehmers festhält, bleibt dem Unternehmer überlassen. Unrichtige Angaben des Abnehmers, die der liefernde Unternehmer bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes nicht erkennen konnte, lassen die Vermutung der ordnungsmäßigen Führung von Büchern und Aufzeichnungen (§ 163 BAO) unberührt.
11.6 Lebensmitteleinzel- oder Gemischtwarenhändler (Verordnung BGBl. II Nr. 228/1999)
11.6.1 Anwendungsvoraussetzungen (§§ 1 und 5 der Verordnung)
4310
§ 1 Für die Ermittlung des Gewinnes und des Abzugs von Vorsteuern bei Betrieben von Lebensmitteleinzel- oder Gemischtwarenhändlern, deren Inhaber hinsichtlich dieser Betriebe weder zur Buchführung verpflichtet sind noch freiwillig Bücher führen, gelten die folgenden Bestimmungen.
§ 5 Die Anwendung der Pauschalierung ist nur zulässig, wenn aus einer der Abgabenbehörde vorgelegten Beilage hervorgeht, dass der Steuerpflichtige von dieser Pauschalierung Gebrauch macht. Der Steuerpflichtige hat in der Beilage die Berechnungsgrundlagen darzustellen. Ab Veranlagung 2003 entfällt diese Verpflichtung (Verordnung BGBl. II Nr. 633/2003).
Siehe dazu Rz 4259 ff.
11.6.2 Lebensmitteleinzel- und Gemischtwarenhändler (§ 2 der Verordnung)
4311
§ 2 (1) Lebensmitteleinzel- oder Gemischtwarenhändler sind Gewerbetreibende, die einen Handel mit Waren des täglichen Bedarfs weitaus überwiegend in Form eines Kleinhandels unter folgenden Voraussetzungen ausüben:
1. Andere Waren als Lebensmittel dürfen im Durchschnitt der letzten drei Wirtschaftsjahre in einem Ausmaß von höchstens 50% der gesamten Betriebseinnahmen (einschließlich Umsatzsteuer) veräußert worden sein.
2. Be- und/oder verarbeitete Lebensmittel dürfen im Durchschnitt der letzten drei Wirtschaftsjahre in einem Ausmaß von höchstens 25% der Betriebseinnahmen (einschließlich Umsatzsteuer) aus Lebensmitteln veräußert worden sein.
(2) Zu den Betrieben des Lebensmitteleinzel- oder Gemischtwarenhandels gehören keinesfalls gastronomische Betriebe.
Lebensmitteleinzelhändler oder Gemischtwarenhändler sind Gewerbetreibende, die mit Waren des täglichen Bedarfs handeln und auf die die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 der Verordnung zutreffen. Die Qualifikation als Lebensmitteleinzelhändler oder Gemischtwarenhändler hat auf Grundlage der Definition des § 2 Abs. 1 der Verordnung nach der allgemeinen Verkehrsauffassung zu erfolgen. Waren des täglichen Bedarfs sind Verbrauchsgegenstände, die im täglichen Leben benötigt und in kürzeren Zeitabständen regelmäßig nachbeschafft werden, wie etwa Lebensmittel, Rauchwaren, Kurzwaren, Bekleidung, Hygieneartikel, Geschirr und Ähnliches.
4312
Lebensmitteleinzelhändler oder Gemischtwarenhändler im Sinne der Verordnung sind solche die ihre Geschäftstätigkeit „überwiegend in Form eines Kleinhandels“ betreiben. „Kleinhandel“ im Sinne der Verordnung ist der Handel mit Abnehmern, die Letztverbraucher sind. Der Handel mit Wiederverkäufern (Großhandel) stellt keinen „Kleinhandel“ im Sinne der Verordnung dar.
4313
Wird ein Lebensmittel- oder Gemischtwarenhandel im Rahmen eines Betriebes sowohl in Form des Kleinhandels als auch in Form des Großhandels betrieben, muss der Kleinhandel „weitaus überwiegen“, was solange zutrifft, als der Großhandelsumsatz des jeweiligen Jahres 25% des gesamten Handelsumsatzes des jeweiligen Jahres nicht übersteigt. Wird diese Grenze in jenem Jahr, für das die pauschale Gewinnermittlung in Aussicht genommen ist, nicht überschritten, ist die Anwendung der Pauschalierung zulässig. Es bestehen jedoch im Interesse eines schon bei Jahresbeginn gesicherten Vorliegens dieser Anwendungsvoraussetzung keine Bedenken, die Pauschalierung auch in Fällen anzuwenden, in denen die 25%-Grenze im Jahr der geplanten Inanspruchnahme der pauschalen Gewinnermittlung überschritten wird, soferne diese Grenze im Durchschnitt der letzten drei Wirtschaftsjahre nicht überschritten worden ist.
Beispiel 1:
In den Jahren 1,2 und 3 betrugen die Großhandelsumsätze 28% (Jahr 1), 24% (Jahr 2) und 17% (Jahr 3). Der Durchschnitt der Großhandelsumsätze der Jahre 1 bis 3 beträgt 23%. Im Jahr 4 ist die Verordnung jedenfalls anwendbar, selbst wenn die Großhandelsumsätze dieses Jahres 25% übersteigen sollten.
Beispiel 2:
In den Jahren 1,2 und 3 betrugen die Großhandelsumsätze 23% (Jahr 1), 24% (Jahr 2) und 34% (Jahr 3). Der Durchschnitt der Großhandelsumsätze der Jahre 1 bis 3 beträgt 27%. Im Jahr 4 ist die Verordnung unter der Voraussetzung anwendbar, dass die Großhandelsumsätze dieses Jahres 25% nicht übersteigen.
Beispiel 3:
Der Betrieb wurde im Jahr 1 eröffnet. In den Jahren 1 und 2 betrugen die Großhandelsumsätze 26% (Jahr 1) und 22% (Jahr 2). Der Durchschnitt der Großhandelsumsätze der Jahre 1 und 2 beträgt 24%. Im Jahr 3 ist die Verordnung jedenfalls anwendbar, selbst wenn die Großhandelsumsätze dieses Jahres 25% übersteigen sollten.
4313a
Eine unentgeltliche Betriebsübertragung im Beobachtungs- oder Pauschalierungszeitraum führt in Fällen einer Gesamtrechtsnachfolge (zB Erbfolge, Erbschaftskauf, Erbschaftsschenkung) zu einer weiteren Berücksichtigung der Verhältnisse des Rechtsvorgängers beim Rechtsnachfolger (§ 19 Abs. 1 BAO). In Fällen einer (entgeltlichen oder unentgeltlichen) Einzelrechtsnachfolge (zB Kauf, Schenkung, Vermächtnis) im Beobachtungs- oder Pauschalierungszeitraum kommt eine Anwendung einer Pauschalierung für den Rechtsnachfolger nur in Betracht, wenn die in den Verordnungen jeweils vorgesehenen Anwendungsvoraussetzungen vom Rechtsnachfolger erfüllt werden.
4314
Für die Beurteilung, ob Betriebe von Lebensmitteleinzelhändlern oder Gemischtwarenhändlern im Sinne der Verordnung vorliegen, ist es nicht schädlich, wenn in untergeordnetem Ausmaß auch Produkte angeboten werden, die nicht zum typischen in § 2 Abs. 1 der Verordnung näher umschriebenen Sortiment von Lebensmitteleinzelhändlern oder Gemischtwarenhändlern gehören, sofern das branchentypische Angebot derart überwiegt, dass im Gesamtbild der Charakter eines Lebensmitteleinzelhändlers oder Gemischtwarenhändlers nicht verloren geht. Die Relation von Umsätzen aus branchentypischen und nicht branchentypischen Umsätzen kann dafür einen Anhaltspunkt darstellen. Bei einer Relation von mehr als 25% nicht branchentypischer Umsätze wird nicht mehr vom Vorliegen eines Lebensmitteleinzelhändlers oder Gemischtwarenhändlers im Sinne der Verordnung gesprochen werden können.
Eine im Rahmen eines Betriebes eines Lebensmitteleinzel- oder Gemischtwarenhändlers betriebene Tätigkeit, die zu Provisionseinnahmen führt (zB aus dem Betrieb einer Lotto/Toto-Annahmestelle), hat auf die Anwendung der Pauschalierung keine Auswirkung. Die Provisionseinnahmen sind durch die Pauschalierung nicht erfasst, sondern in voller Höhe (ohne Abzug von Betriebsausgaben) neben dem pauschal ermittelten Gewinn gesondert anzusetzen. Den Provisionserlösen stehen nämlich keine nennenswerten (nicht schon durch die Pauschalierung abgegoltene) Betriebsausgaben gegenüber, sodass deren Besteuerung nach der Verordnung zu einem völlig verzerrten Ergebnis führen würde.
4315
Als „Lebensmittel“ gelten Stoffe, die dazu bestimmt sind, zum Zwecke der Ernährung oder Ernährungsergänzung in rohem, zubereitetem, be- oder verarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen zu werden. Lebensmittel sind insbesondere Speisen und Getränke einschließlich Spirituosen. Keine Lebensmittel sind insbesondere Rauchwaren. Be- und Verarbeitung iSd § 2 Abs. 1 der VO BGBl. II Nr. 228/1999 liegt vor, wenn aus typischen Erzeugungsprodukten (bei einem Fleischhauer zB Fleisch, Wurst- und Selchwaren) Produkte anderer Marktgängigkeit hergestellt werden (bei einem Fleischhauer zB Wurstsemmeln und panierte Schnitzel).
4316
Ein „Gemischtwarenhändler“ ist ein Händler, der sowohl mit Lebensmitteln als auch mit anderen Waren des täglichen Bedarfs handelt.
4317
Die Verordnung ist nicht anwendbar, wenn in einem Gesamtbetrieb neben einem in Form eines Teilbetriebes geführten Lebensmitteleinzelhandelsbetrieb (Gemischtwarenhandelsbetrieb) ein oder mehrere „branchenfremde“ Teilbetriebe, auf die – isoliert betrachtet – die Anwendungsvoraussetzungen der Verordnung nicht zutreffen, geführt werden. Dies gilt auch dann, wenn das wirtschaftliche Gewicht des Teilbetriebes im Bereich des Lebensmitteleinzelhandels überwiegt.
Beispiel:
B betreibt einen Lebensmitteleinzelhandelsbetrieb und eine Trafik als selbstständige Teilbetriebe eines Gesamtbetriebes. Der Teilbetrieb Trafik erfüllt nicht die Anwendungsvoraussetzungen des § 2 Abs. 1 der Verordnung. Die Verordnung ist für den Gesamtbetrieb nicht anwendbar.
4318
Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Z 1 und 2 der Verordnung müssen kumulativ erfüllt sein. Danach dürfen im Durchschnitt der letzten drei Wirtschaftsjahre die Umsätze aus „Nicht-Lebensmitteln“ (einschließlich der nicht branchentypischen Umsätze) die Hälfte sämtlicher (Brutto-)Betriebseinnahmen des Betriebes nicht überstiegen haben und die Umsätze aus be- und/oder verarbeiteten Lebensmitteln ein Viertel der (Brutto-)Betriebseinnahmen aus Lebensmitteln nicht überstiegen haben.
Beispiel 1:
C betreibt einen Obst- und Gemüsehandel, in dem auch Obstsäfte, die aus frischen Früchten zubereitet werden, angeboten werden. Im Durchschnitt der letzten drei Wirtschaftsjahre wurden sämtliche Umsätze aus dem Lebensmittelhandel erzielt. Die Umsätze aus dem Verkauf der zubereiteten Obstsäfte haben im Durchschnitt der letzten drei Wirtschaftsjahre stets nicht mehr als 20% der (Brutto-)Betriebseinnahmen des Betriebes (das sind somit weniger als ein Viertel der [Brutto-]Betriebseinnahmen aus Lebensmitteln) ausgemacht.
Der Betrieb stellt einen Lebensmittelhandel dar, der die Anwendungsvoraussetzungen der Verordnung erfüllt.
Beispiel 2:
D betreibt im Rahmen eines einzigen Betriebes – ohne Teilbetriebsfunktion der einzelnen Sparten – einen Handel mit Lebensmitteln sowie Tabakwaren und Zeitungen (Trafik). Im Durchschnitt der letzten drei Wirtschaftsjahre haben die Umsätze aus dem Lebensmittelhandel stets mindestens 70% der (Brutto-)Betriebseinnahmen des Betriebes ausgemacht. Be- oder verarbeitete Lebensmittel wurden nicht veräußert.
Der Betrieb stellt einen Gemischtwarenhandel dar, der die Anwendungsvoraussetzungen der Verordnung erfüllt.
Beispiel 3:
E betreibt im Rahmen eines einzigen Betriebes – ohne Teilbetriebsfunktion der einzelnen Sparten – einen Gemischtwarenhandel und eine Imbiss-Stube, in der warme Speisen zum Verzehr im Lokal oder über die Gasse angeboten werden. Im Durchschnitt der letzten drei Wirtschaftsjahre haben die Umsätze aus dem Lebensmittelhandel einschließlich der Umsätze aus der Abgabe be- und verarbeiteter Speisen stets mindestens 60% der (Brutto-)Betriebseinnahmen des gesamten Betriebes ausgemacht. Die Umsätze aus zubereiteten Speisen haben im Durchschnitt der letzten drei Wirtschaftsjahre stets nicht mehr als 15% der (Brutto-)Betriebseinnahmen des gesamten Betriebes (das sind somit nicht mehr als ein Viertel der (Brutto-)Betriebseinnahmen aus Lebensmitteln) ausgemacht.
Der Betrieb stellt einen Gemischtwarenhandel (und auf Grund der im Gesamtbild des Betriebes nicht im Vordergrund stehenden Bedeutung der gastronomischen Leistungen keinen gastronomischen Betrieb) dar. Die Anwendungsvoraussetzungen der Verordnung sind erfüllt.
Beispiel 4:
F betreibt eine Tankstelle, an der neben diversem Zubehör für Kraftfahrzeuge auch Lebensmittel und Zeitungen angeboten werden. Kleinere Speisen und warme und kalte Getränke können im Tankstellengebäude konsumiert werden. Im Durchschnitt der letzten drei Wirtschaftsjahre haben die Umsätze aus dem Handel mit Lebensmitteln einschließlich der Umsätze aus der Abgabe be- und verarbeiteter Speisen stets mindestens 75% der gesamten (Brutto-)Betriebseinnahmen des Betriebes ausgemacht. Die Umsätze aus zubereiteten Speisen haben im Durchschnitt der letzten drei Wirtschaftsjahre stets mehr als 25% der (Brutto)Betriebseinnahmen des gesamten Betriebes (das sind somit mehr als ein Viertel der [Brutto-]Betriebseinnahmen aus Lebensmitteln) ausgemacht.
Der Betrieb stellt zwar (im Sinne der Verkehrsauffassung) einen Gemischtwarenhandel (und auf Grund der im Gesamtbild des Betriebes nicht im Vordergrund stehenden Bedeutung der gastronomischen Leistungen keinen gastronomischen Betrieb) dar. Die Anwendungsvoraussetzungen der Verordnung sind jedoch nicht erfüllt, da die Umsätze aus zubereiteten Speisen im Durchschnitt der letzten drei Wirtschaftsjahre stets mehr als ein Viertel der (Brutto-)Betriebseinnahmen aus Lebensmitteln ausgemacht haben. Der Betrieb ist somit kein Gemischtwarenhandel im Sinne der Verordnung.
4319
Zu den Betrieben des Lebensmitteleinzel- oder Gemischtwarenhandels gehören keinesfalls gastronomische Betriebe. Die Qualifikation als „gastronomischer Betrieb“ iSd § 2 Abs. 2 der Verordnung betreffend Lebensmitteleinzel- oder Gemischtwarenhandel hat nach der allgemeinen Verkehrsauffassung zu erfolgen. Gastronomische Betriebe sind jedenfalls Betriebe, auf die die Voraussetzungen der Gastgewerbepauschalierungsverordnung 2013 (BGBl. II Nr. 488/2012 idgF) zutreffen. Betriebe, die nicht die Voraussetzungen der Gastgewerbepauschalierungsverordnung 2013 erfüllen, können aber dennoch entsprechend der Verkehrsauffassung gastronomische Betriebe iSd der Verordnung betreffend Lebensmitteleinzel- oder Gemischtwarenhandel darstellen. Würstelstände, Maroni- und Kartoffelbratereien, Eisgeschäfte und Konditoreien sind jedenfalls gastronomische Betriebe iSd § 2 Abs. 2 der Verordnung betreffend Lebensmitteleinzel- oder Gemischtwarenhandel.
4319a
Die gewerblichen Vollpauschalierungen für Lebensmitteleinzel- und Gemischtwarenhändler unterstellen hinsichtlich der pauschalen Gewinnermittlung den Regelfall eines selbst bewirtschafteten Betriebes. Die (gewerbliche) Betriebsverpachtung weicht davon beträchtlich ab, da als Ausgabenpositionen idR lediglich Abschreibungen und Betriebskosten, jedenfalls aber kein Wareneinsatz in Betracht kommen. Aus diesem Grund kann die genannte Pauschalierung in derartigen Fällen nicht angewendet werden. In Mischfällen (teilweise Eigenbewirtschaftung, teilweise gewerbliche Betriebsverpachtung im selben Wirtschaftsjahr) ist die (unterjährige) Betriebsverpachtung für die Anwendung der Pauschalierung so lange nicht schädlich, als die Umsätze aus der Verpachtung 25% des Gesamtumsatzes nicht übersteigen.
11.6.3 Pauschale Gewinnermittlung (§ 3 Abs. 1 der Verordnung)
4320
§ 3 (1) Der Gewinn aus dem Betrieb eines Lebensmitteleinzel- oder Gemischtwarenhändlers kann wie folgt ermittelt werden: Der Gewinn ist im Rahmen einer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung mit einem Durchschnittssatz von 3.630 Euro zuzüglich 2% der Betriebseinnahmen (einschließlich Umsatzsteuer) anzusetzen. Von dem mittels dieses Durchschnittssatzes berechneten Gewinn dürfen keine Betriebsausgaben abgezogen werden.
Der Gewinn wird über den Sockelbetrag von 3.630 Euro hinaus mit 2% aus den Betriebseinnahmen (einschließlich Umsatzsteuer) abgeleitet. Zum Betriebseinnahmenbegriff siehe Rz 4280 ff.
Zur Abfertigungsrückstellung (§ 14 Abs. 1 bis 6 EStG 1988) siehe Rz 4304 ff, der entsprechend gilt. Zur Antragsveranlagung endbesteuerungsfähiger Kapitalerträge siehe Rz 4303.
11.6.4 Vereinfachte Führung des Wareneingangsbuches (§ 3 Abs. 2 der Verordnung)
4321
§ 3 (2) Das Wareneingangsbuch (§ 127 Bundesabgabenordnung) kann in der Weise vereinfacht geführt werden, dass
- die Belege sämtlicher Wareneingänge jeweils getrennt nach ihrer Bezeichnung (branchenüblichen Sammelbezeichnung) in richtiger zeitlicher Reihenfolge mit einer fortlaufenden Nummer versehen werden,
- die Beträge jährlich für das abgelaufene Wirtschaftsjahr jeweils getrennt nach der Bezeichnung (branchenüblichen Sammelbezeichnung) des Wareneingangs zusammengerechnet werden und die zusammengerechneten Beträge in das Wareneingangsbuch eingetragen werden,
- die Berechnungsunterlagen zu den Summenbildungen (Rechenstreifen) aufbewahrt werden.
Während des Jahres sind die Eingangsrechnungen getrennt nach Warengruppen gemäß ihrer branchenüblichen Sammelbezeichnung – in richtiger zeitlicher Reihenfolge und mit einer fortlaufenden Nummer versehen – abzulegen. Für sämtliche Eingangsrechnungen der jeweiligen Warengruppen sind Jahressummen zu bilden und diese in das Wareneingangsbuch einzutragen. Die Berechnungsunterlagen zu den Summenbildungen (Rechenstreifen) sind aufzubewahren (§ 132 BAO).
4322
Als Warengruppen kommen insb. folgende in Betracht:
- Waren, die einem 10-prozentigen Umsatzsteuersatz unterliegen,
- Waren, die einem 20-prozentigen Umsatzsteuersatz unterliegen, ausgenommen Getränke,
- Getränke, die einem 10-prozentigen Umsatzsteuersatz unterliegen (Milch, Kakao),
- Getränke, die einem 20-prozentigen Umsatzsteuersatz unterliegen.
Belege, die Grundlage für Eintragungen in das Wareneingangsbuch sind, sind gemäß § 132 BAO sieben Jahre aufzubewahren.
11.6.5 Inkrafttreten
4323
§ 6 Die Verordnung ist erstmals bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2000 anzuwenden.
Die Anwendung der Verordnungen kommt erstmalig bei der Ermittlung des Gewinns des Wirtschaftsjahres 2000 bzw. hinsichtlich der Vorsteuerpauschalierung ab dem Kalenderjahr 2000 in Betracht.
11.7 Drogisten (Verordnung BGBl. II Nr. 229/1999)
11.7.1 Anwendungsvoraussetzungen
Siehe dazu Rz 4259 ff.
11.7.2 Betrieb eines Drogisten (§ 1 der Verordnung)
4324
§ 1 Für die Ermittlung des Gewinnes und des Abzugs von Vorsteuern bei Betrieben von Drogisten, deren Inhaber hinsichtlich dieser Betriebe weder zur Buchführung verpflichtet sind noch freiwillig Bücher führen, gelten die folgenden Bestimmungen.
Die Beurteilung, ob ein Betrieb eines Drogisten vorliegt, hat nach der Verkehrsauffassung zu erfolgen. Eine Drogerie ist danach ein Spezialgeschäft des Einzelhandels mit Sortimentsschwerpunkten bei kosmetischen, chemisch-pharmazeutischen und Naturkosterzeugnissen. Der Betrieb eines Drogisten umfasst auch einen im Rahmen einer Drogerie betriebenen Fotohandel.
4325
Für die Beurteilung, ob eine „Drogerie“ im Sinne der Verordnung vorliegt, ist es nicht schädlich, wenn in untergeordnetem Ausmaß auch Produkte angeboten werden, die nicht zum typischen Sortiment von Drogerien gehören, sofern das Angebot von Drogeriewaren derart überwiegt, dass im Gesamtbild der Charakter einer Drogerie erhalten bleibt. Die Relation von Umsätzen aus Drogerie-Artikeln und „Nicht-Drogerie-Artikeln“ kann dafür einen Anhaltspunkt darstellen. Bei einer Relation von mehr als 25% an „Nicht-Drogerie-Artikeln“ wird nicht mehr vom Vorliegen einer Drogerie im Sinn der Verordnung gesprochen werden können.
4326
Treffen auf einen Betrieb sowohl die Voraussetzungen der Verordnung betreffend Lebensmitteleinzel- und Gemischtwarenhändler als auch die Voraussetzungen der Verordnung betreffend Drogisten zu, kommt nur die Anwendung der Verordnung betreffend Lebensmitteleinzel- und Gemischtwarenhändler in Betracht.
11.7.3 Gewinnermittlung (§ 2 der Verordnung)
4327
§ 2. Der Gewinn aus dem Betrieb eines Drogisten kann wie folgt ermittelt werden: Der Gewinn ist nach Maßgabe des § 17 Abs. 1 bis 3 EStG 1988 zu ermitteln; das Vorliegen der Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 ist dabei unbeachtlich.
Die Gewinnermittlung hat nach Maßgabe der Bestimmungen des § 17 Abs. 1 bis 3 EStG 1988 (gesetzliche Basispauschalierung) zu erfolgen. Danach beträgt der Durchschnittssatz 12% der Umsätze (§ 125 Abs. 2 BAO). Der Höchstbetrag beträgt 26.400 Euro. Neben dem Pauschale dürfen nur folgende Ausgaben als Betriebsausgaben abgesetzt werden:
- Ausgaben für den Eingang an Waren, Rohstoffen, Halberzeugnissen, Hilfsstoffen und Zutaten, die nach ihrer Art und ihrem betrieblichen Zweck in ein Wareneingangsbuch (§ 128 BAO) einzutragen sind oder einzutragen wären,
- Ausgaben für Löhne (einschließlich Lohnnebenkosten),
- Ausgaben für Fremdlöhne, soweit diese unmittelbar in Leistungen eingehen, die den Betriebsgegenstand des Unternehmens bilden, weiters
- Beiträge im Sinne des § 4 Abs. 4 Z 1 EStG 1988.
4328
Zu den Betriebseinnahmen und -ausgaben siehe Rz 4109 ff. Zu den neben dem Pauschalsatz absetzbaren Betriebsausgaben siehe auch Rz 4117 ff betreffend die gesetzliche Basispauschalierung, die entsprechend gilt.
4329
Zu den Aufzeichnungsverpflichtungen und zur Führung eines Wareneingangsbuches bei Inanspruchnahme der Verordnung betreffend Drogisten siehe Rz 4135 ff betreffend die gesetzliche Basispauschalierung, der entsprechend gilt. Eine vereinfachte Führung des Wareneingangsbuches kommt bei Inanspruchnahme der Verordnung betreffend Drogisten nicht in Betracht.
11.7.4 Inkrafttreten
4330
§ 6. Die Verordnung ist erstmals bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2000 anzuwenden.
Die Anwendung der Verordnungen kommt erstmalig bei der Ermittlung des Gewinns des Wirtschaftsjahres 2000 bzw. hinsichtlich der Vorsteuerpauschalierung ab dem Kalenderjahr 2000 in Betracht.
11.8 entfällt
Randzahlen 4331 bis 4354: derzeit frei
11.9 Handelsvertreter (Verordnung BGBl. II Nr. 95/2000)
4355
Die Verordnung ist erstmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2000 für jene Steuerpflichtigen anwendbar, die die Tätigkeit eines Handelsvertreter iSd Handelsvertretergesetzes 1993, BGBl. Nr. 88/1993, ausüben. Gemäß § 1 Abs. 1 Handelsvertretergesetz 1993, BGBl. Nr. 88/1993, ist Handelsvertreter, wer von einem anderen (im Handelsvertretergesetz ,“Unternehmer“ genannt) mit der Vermittlung oder dem Abschluss von Geschäften, ausgenommen über unbewegliche Sachen, in dessen Namen und für dessen Rechnung ständig betraut ist und diese Tätigkeit selbständig und gewerbsmäßig ausübt. Der Unternehmer kann auch ein Handelsvertreter sein.
Anwendungsvoraussetzung für die Handelsvertreterpauschalierung ist, dass die Tätigkeit dem im § 1 Abs. 1 Handelsvertretergesetz 1993 umschriebenen Berufsbild entspricht. Steuerpflichtige, die im eigenen Namen und auf eigene Rechnung Geschäftsabschlüsse tätigen (Eigenhändler), sind – unabhängig davon, ob der Verkauf zum Einstandspreis erfolgt oder nicht – vom Anwendungsbereich der Verordnung nicht erfasst.
4355a
Fertigteilhäuser gelten als bewegliche Wirtschaftsgüter, solange sie nicht aufgestellt und mit einem Grundstück verbunden sind. Auf Vertreter, die Geschäfte über Fertigteilhäuser vermitteln oder abschließen, ist die Verordnung bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen anwendbar.
4356
Werden Warenpräsentatoren, Bausparkassenvertreter unter Umständen tätig, die dem in § 1 Abs. 1 Handelsvertretergesetz 1993, BGBl. Nr. 88/1993, umschriebenen Tätigkeitsfeld von Handelsvertretern entsprechen, sind sie als Handelsvertreter im Sinne der Verordnung anzusehen.
Werden Finanzdienstleister (zB AWD-Berater), Finanzdienstleistungsassistenten iSd § 2 Abs. 1 Z 14 GewO, BGBl. Nr. 194/1994 idF BGBl. I Nr. 131/2004 und Vermögensberater [„reine“ gewerbliche Vermögensberater, gewerbliche Vermögensberater (in der Form Versicherungsagent) sowie gewerbliche Vermögensberater (in der Form Versicherungsmakler), § 94 Z 75 in Verbindung mit § 136a und § 137 GewO, BGBl. Nr. 194/1994 idF BGBl. I Nr. 131/2004] unter Umständen tätig, die dem in § 1 Abs. 1 Handelsvertretergesetz 1993, BGBl. Nr. 88/1993, umschriebenen Tätigkeitsfeld von Handelsvertretern entsprechen, sind sie als Handelsvertreter im Sinne der Verordnung anzusehen. Voraussetzung ist somit, dass von derartig Tätigen eine Vertretungstätigkeit ausgeübt wird, die der in § 1 Abs. 1 Handelsvertretergesetz 1993, BGBl. Nr. 88/1993, umschriebenen entspricht. In diesem Fall ist die 25%-Grenze der Rz 4357 nicht anzuwenden. Die Verordnung ist jedoch nicht auf Finanzdienstleister und Vermögensberater anzuwenden, die keine derartige Vertretungstätigkeit ausüben (zB Ausgleichsvermittler, Auskunfteien über Kreditverhältnisse, Leasingunternehmen, Pfandleihunternehmen, Vermögensverwalter, Versteigerer beweglicher Sachen).
Auf selbstständige Versicherungsagenten im Sinn des § 94 Z 76 Gewerbeordnung, BGBl. Nr. 194/1994 idF BGBl. I Nr. 111/2002, ist die Verordnung anwendbar (auch auf „Mehrfachagenten“, die mit mehreren Versicherungsunternehmen vertraglich verbunden sind). Selbstständiger Versicherungsagent ist, wer von einem Versicherer ständig damit betraut ist, für diesen Versicherungsverträge zu vermitteln oder zu schließen (§ 43 Versicherungsvertragsgesetz, BGBl. Nr. 509/1994).
Auf Versicherungsmakler (Versicherungsvermittler, die ausschließlich in der Form „Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten“ tätig sind) ist die Verordnung ebenfalls anwendbar, da der Versicherungsmakler in der Praxis unter Umständen tätig wird, die dem in § 1 Abs. 1 Handelsvertretergesetz 1993, BGBl. Nr. 88/1993, umschriebenen Tätigkeitsfeld von Handelsvertretern entsprechen (ständiges Betrauungsverhältnis seitens des Versicherungskunden).
4357
Die Betriebsausgabenpauschalierung nach der Verordnung kommt für die Einnahmen-Ausgaben-Rechnung sowie bis zur Veranlagung 2017 auch für die Bilanzierung in Betracht. Gemäß § 2 Abs. 1 der Verordnung sind die nicht „abpauschalierten“ Betriebsausgaben in vollem Umfang nach den tatsächlichen Verhältnissen anzusetzen. Durch diese Bestimmung wird die pauschale Geltendmachung von Betriebsausgaben (Kilometergeld bei untergeordneter betrieblicher Nutzung, Nächtigungsgeld in Höhe von 15 Euro) nicht ausgeschlossen.
Für Kapitalgesellschaften ist die Pauschalierung nicht anwendbar, da die abpauschalierten Betriebsausgabenkategorien auf natürliche Personen zugeschnitten sind.
Wird neben einer Tätigkeit die dem in Rz 4355 definierten Tätigkeitsbild des Handelsvertreters entspricht, im Rahmen desselben Betriebes eine andere Tätigkeit ausgeübt wird, auf die dies nicht zutrifft, ist dies für die Inanspruchnahme der Pauschalierung unschädlich, wenn die „Nicht-Handelsvertretertätigkeit“ lediglich untergeordnet ist. Dies wird in Fällen zutreffen, in denen der Umsatz aus der „Nicht-Handelsvertretertätigkeit“ 25 % des Gesamtumsatzes nicht übersteigt (vgl. Rz 4292, 4314 und 4325). In derartigen Fällen ist die Pauschalierung auf die gesamte Tätigkeit zu beziehen (kein Herausschälen der Umsätze aus der „Nicht-Handelsvertretertätigkeit). Wird die genannte Grenze hingegen überschritten, ist die Handelsvertreterpauschalierung zur Gänze nicht anwendbar“.
4358
Wird eine Handelsvertretertätigkeit von einer Mitunternehmerschaft ausgeübt, kommt die Anwendung der Pauschalierung für die Gewinnermittlung der Mitunternehmerschaft in Betracht. Der Betriebsausgabenpauschbetrag steht unabhängig von der Anzahl der an der Mitunternehmerschaft beteiligten Handelsvertreter einmal zu.
4359
Bis einschließlich Veranlagung 2002 ist die Anwendung der Pauschalierung nur zulässig, wenn aus einer der Abgabenbehörde vorgelegten Beilage hervorgeht, dass der Steuerpflichtige von dieser Pauschalierung Gebrauch macht. Der Steuerpflichtige hat in der Beilage die Berechungsgrundlagen darzustellen. Die Beilage ist nach einem amtlichen Vordruck zu erstellen. Ab Veranlagung 2003 entfällt diese Verpflichtung (Verordnung BGBl. II Nr. 635/2003).
4360
Der Durchschnittssatz für Betriebsausgaben beträgt 12% der Umsätze iSd § 125 Abs. 2 BAO (siehe dazu Rz 4109 ff), höchstens jedoch 5.825 Euro jährlich. Damit sind „abpauschaliert“:
- eigene Tagesgelder des Handelsvertreters, nicht jedoch Tagesgeldersätze, die vom Handelsvertreter an für ihn tätige Personen geleistet werden;
- Ausgaben für im Wohnungsverband gelegene Räume (insbesondere Lagerräumlichkeiten und Kanzleiräumlichkeiten);
- Ausgaben anlässlich der Bewirtung von Geschäftsfreunden;
- üblicherweise nicht belegbare Betriebsausgaben wie Trinkgelder und Ausgaben für auswärtige Telefongespräche (zB bei in Telefonzellen geführten Ferngesprächen). Ausgaben aus der Benutzung eines Mobiltelefons sind nicht vom Pauschale erfasst.
Das Betriebsausgabenpauschale ist als Nettogröße anzusehen. Bei Anwendung der Bruttomethode (siehe Rz 745) ist die auf die ertragsteuerlich abpauschalierten Betriebsausgaben entfallende tatsächliche Umsatzsteuer oder – bei Inanspruchnahme der Vorsteuerpauschalierung gemäß § 2 Abs. 3 der Verordnung – der darauf entfallende Vorsteuerpauschalbetrag zusätzlich als Betriebsausgabe absetzbar (siehe Rz 4131 zur gesetzlichen Basispauschalierung).
Die einkommensteuerrechtliche Pauschalierung ist von der umsatzsteuerrechtlichen Pauschalierung nach der Verordnung unabhängig.
11.10 Werbungskosten von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen
Siehe LStR 2002 Rz 396 ff.
11.11 Künstler und Schriftsteller (Verordnung BGBl. II Nr. 417/2000)
11.11.1 Anwendungsbereich
4361
Die Künstler/Schriftstellerpauschalierung ist erstmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2000 anzuwenden. Die einkommensteuerrechtliche Pauschalierung ist von der umsatzsteuerrechtlichen unabhängig.
4362
Anwendungsvoraussetzungen der Künstler/Schriftstellerpauschalierung sind:
- Selbständige Ausübung einer künstlerischen und/oder schriftstellerischen Tätigkeit (siehe Rz 4363 und 4364).
- Hinsichtlich dieser Tätigkeit(en) darf keine Buchführungspflicht bestehen und es dürfen auch nicht freiwillig Bücher geführt werden, die eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 ermöglichen.
- Bis einschließlich Veranlagung 2002 die Verwendung einer Beilage, aus der hervorgeht, dass der Steuerpflichtige von der Pauschalierung Gebrauch macht. Die Beilage ist nach einem amtlichen Vordruck zu erstellen (Formular Komb 9). In der Beilage sind die Berechnungsgrundlagen darzustellen. Sie ist der Abgabenerklärung anzuschließen. Ab Veranlagung 2003 entfällt diese Verpflichtung (Verordnung BGBl. II Nr. 636/2003).
- Keine (weitere) Inanspruchnahme einer Pauschalierung für Einkünfte aus der künstlerischen bzw. schriftstellerischen Tätigkeit, dh. Berücksichtigung von weiteren Betriebsausgaben bei der künstlerischen bzw. schriftstellerischen Tätigkeit in vollem Umfang nach den tatsächlichen Verhältnissen.
- Keine Geltendmachung von abpauschalierten Betriebsausgaben im Sinne des § 2 Abs. 2 der Verordnung in tatsächlicher Höhe oder über die Individualpauschalierung bei einer weiteren Tätigkeit, die mit der künstlerischen bzw. schriftstellerischen im Zusammenhang steht (§ 3 der Verordnung, siehe dazu unter Rz 4368 und 4369).
4363
Die pauschale Gewinnermittlung ist auf Einkünfte aus einer selbständigen künstlerischen und/oder schriftstellerischen Tätigkeit bezogen. Einkünfte, die aus einer anderen als einer der genannten Tätigkeiten stammen, sind – ungeachtet ihrer Größenordnung und ungeachtet der Frage, ob sie Teil einer einzigen Einkunftsquelle sind – von der Pauschalierung nicht erfasst. Sollte eine Einkunftsquelle eine unter die Verordnung fallende Tätigkeit sowie eine (mehrere) nicht erfasste Tätigkeiten umfassen, können nur die schriftstellerischen bzw. künstlerischen (Teil) Einkünfte pauschal erfasst werden.
4364
Zum Begriff „künstlerische Tätigkeit“ siehe Rz 5237 ff, zum Begriff „schriftstellerische Tätigkeit“ siehe Rz 5255. Eine Tätigkeit als Vortragender, Journalist (siehe Rz 5257 bis 5259), Bildberichterstatter (Rz 5256), Dolmetscher (Rz 5260), Übersetzer (Rz 5261) ist nicht schriftstellerisch im Sinne der Verordnung. Die Erstellung von Schriftwerken im Zusammenhang mit einer vortragenden Tätigkeit (zB Vortragsunterlagen) macht eine vortragende Tätigkeit nicht zu einer schriftstellerischen.
4365
Werden künstlerische und/oder schriftstellerische Einkünfte von einer (nicht buchführenden) Mitunternehmerschaft erzielt, kommt die Anwendung der Pauschalierung für die Gewinnermittlung der Mitunternehmerschaft in Betracht. Der Betriebsausgabenpauschbetrag steht unabhängig von der Anzahl der an der Mitunternehmerschaft beteiligten Künstler bzw. Schriftsteller nur einmal zu.
11.11.2 Pauschale Gewinnermittlung
4366
Mit dem Pauschalsatz von 12% der Umsätze (siehe Rz 4109ff) aus der künstlerischen bzw. schriftstellerischen Tätigkeit, höchstens jedoch 8.725 Euro jährlich sind folgende Betriebsausgabenkategorien erfasst:
- Aufwendungen für übliche technische Hilfsmittel (insbesondere Computer, Ton- und Videokassetten inklusive der Aufnahme- und Abspielgeräte). Die Inanspruchnahme einer AfA (§§ 7, 8 EStG 1988) kommt für derartige Wirtschaftgüter nicht in Betracht; ein allfälliger Restbuchwert stellt keine Betriebsausgabe dar. Eine Übertragung stiller Reserven (§ 12 EStG 1988) auf derartige Wirtschaftsgüter kommt bei Inanspruchnahme der Pauschalierung nicht in Betracht.
- Aufwendungen für Telefon und Büromaterial.
- Aufwendungen für Fachliteratur und Eintrittsgelder.
- Betrieblich veranlasste Aufwendungen für Kleidung, Kosmetika und sonstige Aufwendungen für das äußere Erscheinungsbild.
- Mehraufwendungen für die Verpflegung (Tagesgelder im Sinne des § 4 Abs. 5 EStG 1988 in Verbindung mit § 26 Z 4 EStG 1988).
- Ausgaben für im Wohnungsverband gelegene Räume (insbesondere Arbeitszimmer, Atelier, Tonstudio, Probenräume). Abpauschaliert sind sämtliche (anteiligen) Kosten im Zusammenhang mit derartigen Räumen einschließlich der Einrichtung.
- Ausgaben anlässlich der Bewirtung von Geschäftsfreunden.
- Üblicherweise nicht belegbare Betriebsausgaben (zB Trinkgelder).
4367
Nicht erfasst und zusätzlich zum Pauschale können zB geltend gemacht werden:
- Absetzbare Aus- und Fortbildungskosten,
- Aufwendungen für Musikinstrumente eines Musikers,
- Aufwendungen für nicht im Wohnungsverband gelegene Arbeitsräume (Ateliers),
- Nicht als durchlaufende Posten (Rz 4109a) zu behandelnde Fahrzeugkosten und andere Kosten im Zusammenhang mit Auftritten und sonstigen betrieblich veranlassten Fortbewegungen,
- Löhne und Honorare,
- Material- und sonstiger Herstellungsaufwand für Kunstwerke (Rohmaterial für Kunstwerke oder Druckkosten, nicht jedoch Büromaterial),
- Nicht als durchlaufende Posten (Rz 4109a) zu behandelnde Nächtigungskosten,
- Pflichtversicherungsbeiträge,
- Rechts- und Beratungskosten,
- Vermittlungsprovisionen,
- Werbeaufwand, soweit nicht Geschäftsfreundebewirtung.
11.11.3 Ausschluss gemäß § 3 der Verordnung
4368
§ 3. Abs. 2 Die Inanspruchnahme der Pauschalierung nach § 1 Z 1 ist ausgeschlossen, wenn Betriebsausgaben oder Werbungskosten im Sinn des § 2 Abs. 2
1) in tatsächlicher Höhe oder
2) unter Inanspruchnahme der Verordnung über die Individualpauschalierung von Betriebsausgaben, Werbungskosten und Vorsteuern, BGBl. II Nr. 230/1999 in der Fassung BGBl. II Nr. 500/1999 (Hinweis: mit dem 2. BRBG, BGBl. I Nr. 61/2018 außer Kraft getreten) bei einer weiteren Tätigkeit geltend gemacht werden, die mit der künstlerischen oder schriftstellerischen Tätigkeit im Zusammenhang steht.
Der Ausschluss gemäß § 3 der Verordnung kommt zur Anwendung wenn
- Einkünfte aus einer weiteren, nicht von der Künstler/Schriftstellerpauschalierung erfassten Tätigkeit, die mit der künstlerischen bzw. schriftstellerischen Tätigkeit im Zusammenhang steht (siehe Rz 4369), vorliegen und dabei
- Betriebsausgaben oder Werbungskosten, die vom Pauschale erfasst sind (siehe Rz 4366) bei Ermittlung dieser Einkünfte in tatsächlicher Höhe oder über die Inanspruchnahme der Individualpauschalierung geltend gemacht werden. Bereits die Geltendmachung von Betriebsausgaben oder Werbungskosten aus einer einzigen Aufwandskategorie im Sinne der Rz 4366 hat den gänzlichen Ausschluss der Pauschalierung zur Folge. Die Geltendmachung von nicht abpauschalierten Betriebsausgaben oder Werbungskosten (siehe Rz 4367) oder die Inanspruchnahme der gesetzlichen Basispauschalierung (§ 17 EStG 1988) ist hingegen unschädlich.
4369
Ein Zusammenhang mit der künstlerischen/schriftstellerischen Tätigkeit liegt in jenen Fällen vor, in denen
- die (weitere) Tätigkeit zusammen mit der künstlerischen/schriftstellerischen Tätigkeit eine Einkunftsquelle darstellt, bzw. (sollte dies nicht zutreffen)
- die (weitere) Tätigkeit nach der Verkehrsauffassung typischerweise mit der künstlerischen/schriftstellerischen in einem engen sachlichen Wirkungsbereich steht.
Ein Zusammenhang in diesem Sinn ist etwa in folgenden Fällen anzunehmen: Schriftsteller – Vortragender im selben Fachgebiet; Schriftsteller – Journalist; Schriftsteller – Bildberichterstatter; Fachschriftsteller (Abgabenrecht) – Finanzbeamter, Wirtschaftstreuhänder; Fachschriftsteller (Recht) – Rechtsanwalt.
Kein Zusammenhang liegt etwa in folgenden Fällen vor: Kunstmaler – Galerist; Interpret (Musiker) Musikkritiker.
Beispiel:
A ist Fachschriftsteller und Vortragender auf dem Gebiet des Steuerrechts. Die Schriftstellerpauschalierung kommt stets nur für die Einkünfte aus der schriftstellerischen Tätigkeit, nicht aber für jene aus der Tätigkeit als Vortragender in Betracht (siehe Rz 4363).
Die schriftstellerische Tätigkeit auf dem Gebiet des Steuerrechts steht mit der vortragenden Tätigkeit auf demselben Gebiet im Zusammenhang (§ 3 der Verordnung). Die Anwendung der Schriftstellerpauschalierung kommt daher nur in Betracht, wenn bei der vortragenden Tätigkeit keine Aufwendungen in tatsächlicher Höhe (oder individualpauschaliert) geltend gemacht werden, die durch die Schriftstellerpauschalierung abpauschaliert sind (siehe Rz 4366).
Werden daher zB Aufwendungen für Fachliteratur bei der Vortragstätigkeit geltend gemacht, kommt die Anwendung der Schriftstellerpauschalierung nicht in Betracht.
Es bestehen für A somit folgende Möglichkeiten:
1. Inanspruchnahme der Schriftstellerpauschalierung für die schriftstellerischen Einkünfte und Verzicht auf die Geltendmachung abpauschalierter Aufwendungen bei der Vortragstätigkeit; die Inanspruchnahme der gesetzlichen Basispauschalierung bei der Vortragstätigkeit (6%) bleibt möglich und schließt die Schriftstellerpauschalierung nicht aus.
2. Geltendmachung abpauschalierter Aufwendungen bei der Vortragstätigkeit und Verzicht auf die Inanspruchnahme der Schriftstellerpauschalierung.
11.11.4 Verhältnis zur Werbungskostenpauschalierung
4370
Die Werbungskostenpauschalierung (Verordnung BGBl. II Nr. 382/2001 in der Fassung BGBl. II Nr. 271/2018) ist ausgeschlossen, wenn Betriebsausgaben in tatsächlicher Höhe bei der selbständigen Tätigkeit geltend gemacht werden (siehe LStR 2002 Rz 420). Die Geltendmachung lediglich des Betriebsausgabenpauschales nach der Künstler/Schriftstellerpauschalierung ist für die Anwendung der Werbungskostenpauschalierung daher unschädlich (siehe LStR 2002 Rz 422).
11.12 Sportler (Verordnung BGBl. II Nr. 418/2000)
11.12.1 Anwendungsbereich
4371
Die Sportlerpauschalierungsverordnung ist erstmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2000 anzuwenden, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:
- Unbeschränkte Steuerpflicht des Sportlers.
- Selbständige Ausübung einer Tätigkeit als Sportler (siehe Rz 4372).
- Im Kalenderjahr der Veranlagung überwiegen die Auftritte im Ausland im Rahmen von Sportveranstaltungen (Wettkämpfen, Turnieren) im Verhältnis zu den Auftritten im Inland im Rahmen von Sportveranstaltungen (siehe Rz 4372a bis 4375).
4372
Wer Sportler im Sinne der Verordnung ist, bestimmt sich nach der Verkehrsauffassung. Dabei ist nicht entscheidend, ob die Tätigkeit haupt- oder nebenberuflich (Profi- oder Amateursportler) ausgeübt wird. Keine Sportler sind Personen, bei denen nicht die Erbringung einer sportlichen Leistung den materiellen Schwerpunkt ihrer Tätigkeit darstellt. Sie sind vom Anwendungsbereich der Verordnung auch dann nicht erfasst, wenn ihre Tätigkeit eine sportliche Leistung mitumfasst oder voraussetzt (zB Artisten, Schausteller, Trainer).
4372a
Sportveranstaltungen im Sinne der Verordnung sind organisierte sportliche Wettkämpfe, die in Beachtung bestimmter Regeln vor einem Publikum ausgetragen werden. Es treten mehrere Teilnehmer gegeneinander an und messen sich miteinander, wobei ein Ergebnis ermittelt wird. Eine Sportveranstaltung ist durch das Attribut eines (organisierten) Leistungsvergleichs, der öffentlich auf Grundlage eines genau definierten Regelwerkes erfolgt, gekennzeichnet. Keine Sportveranstaltung ist zB Extrembergsteigen, da kein Leistungsvergleich aufgrund klar definierter Regeln bzw. kein Reglement für die Teilnahme gegeben ist (VwGH 22.3.2018, Ro 2017/15/0045).
4373
Die Verordnung ist anwendbar, wenn die Auftritte im Ausland im Rahmen von Sportveranstaltungen (Wettkämpfen, Turnieren) im Verhältnis zu den Auftritten im Inland bezogen auf das Kalenderjahr der Veranlagung überwiegen. Maßgebend ist stets – auch bei Rumpfwirtschaftjahren – das Verhältnis der vom Sportler tatsächlich an in- bzw. ausländischen Sportveranstaltungen verbrachten Kalendertage. Angefangene Tage gelten dabei als ganze Tage. An- und Abreisetage, an denen weder Sportveranstaltungen noch wettkampfrelevante Trainingsaktivitäten stattgefunden haben, sind nicht mitzuzählen.
Die Verordnung bleibt auch dann anwendbar, wenn die Auftritte im Ausland im Rahmen von Sportveranstaltungen im Verhältnis zu den Auftritten im Inland bezogen auf das Kalenderjahr der Veranlagung verletzungsbedingt nicht überwiegen, aber ohne Verletzung nach der Planung überwogen hätten; dies gilt nur solange, als die aktive Karriere nicht beendet wurde.
4374
Vom Vergleich betroffen sind Sportveranstaltungen (Wettkämpfe, Turniere), nicht jedoch Aufenthalte, die nicht mit Sportveranstaltungen verbunden sind, wie zB Trainingslager. Trainingszeiten als Vorbereitung auf konkrete Wettkämpfe sind zu berücksichtigen. Schau-Wettkämpfe (Exhibitions) sind ebenfalls zu berücksichtigen, es sei denn, sie haben den Charakter als Sportveranstaltungen verloren.
Beispiel:
A nahm im Kalenderjahr 2000 an insgesamt 30 Sportveranstaltungen teil, davon 17 im Inland und 13 im Ausland. Die 13 ausländischen Veranstaltungen umfassten eine Dauer von insgesamt 120 Tagen, die 17 inländischen Veranstaltungen eine Dauer von 105 Tagen. Da die Aufenthaltsdauer bei den ausländischen Auftritten die Aufenthaltsdauer bei den inländischen Auftritten übersteigt, ist die Verordnung anwendbar.
4375
Die Verordnung ist nicht anwendbar, wenn im Jahr des Zufließens von Einnahmen die im 3. Punkt der Rz 4371 beschriebene Voraussetzung nicht vorliegt. Dementsprechend sind zB Einkünfte aus Werbetätigkeit eines (ehemaligen) Sportlers nach Beendigung der aktiven Sportlaufbahn von der Pauschalierung nicht erfasst.
11.12.2 Pauschale Einkünfteermittlung
4376
Die pauschale Einkünfteermittlung nach der Sportlerpauschalierungsverordnung betrifft die (gegebenenfalls auch nach § 17 Abs. 1 bis 3 EStG 1988 pauschal ermittelten) Einkünfte aus der Tätigkeit als Sportler einschließlich der gesamten Werbetätigkeit des Sportlers. Allenfalls bezogene Einkünfte aus anderen Einkunftsquellen sind von der pauschalen Einkünfteermittlung nicht erfasst.
Einnahmen aus Werbetätigkeit sind nur insoweit von der Pauschalierung erfasst, als sie sich auf eine Werbetätigkeit beziehen, die bis zur Beendigung der aktiven Karriere vom Sportler erbracht worden ist.
Beispiele:
1. A beendet seine aktive Laufbahn am 31. März 01. Im Jänner 01 wird ein Werbespot gedreht, der von Jänner bis Juni 01 ausgestrahlt wird. Da die Leistung (Drehen des Werbespots) während der Aktivzeit erbracht worden ist, sind die Einkünfte aus der Verwertung des Spots von der Pauschalierung erfasst.
2. B hat seine aktive Laufbahn am 30. April 02 beendet. Am 15. Februar 02 schließt er einen Werbevertrag, der ihn verpflichtet, ab 1. März 02 bei öffentlichen Auftritten einen Werbeaufkleber auf seiner Kleidung anzubringen. Soweit die Leistung (Tragen des Werbeaufklebers) nach Beendigung der Aktivzeit erbracht worden ist (ab 1. Mai 02), sind die Einkünfte daraus nicht von der Pauschalierung erfasst, selbst wenn sie noch während der Aktivzeit vorausgezahlt worden sind.
Versicherungsleistungen auf Grund von Sportverletzungen sind, soferne sie nicht Schmerzengeld darstellen, als Einnahmen aus der sportlichen Tätigkeit anzusetzen. Voraussetzung für die Anwendung der Sportlerpauschalierungsverordnung ist in einem derartigen Fall, dass die sportliche Tätigkeit auch nach der Sportverletzung weiterhin ausgeübt wird.
4377
Bei Anwendung der Verordnung sind ausländische Einkünfte aus der Tätigkeit als Sportler einschließlich der Werbetätigkeit bei der Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen zu berücksichtigen. „Ausländische Einkünfte“ im Sinne des § 3 der Verordnung sind – unabhängig davon, wo die Einkünfte erzielt wurden – stets die nicht nach § 2 der Verordnung in Österreich zu versteuernden Einkünfte, somit zwei Drittel des Gesamtbetrages der Einkünfte aus der Tätigkeit im Sinne der Rz 4376. Diese Größe ist in die Kennzahl 440 der Einkommensteuererklärung (Formular E 1) zu übernehmen.
Beispiel:
B erzielt im Jahr 2008 insgesamt 63.000 Euro an Einkünften aus der Tätigkeit als Sportler und Werbetätigkeit und war überwiegend im Rahmen von Sportveranstaltungen im Ausland tätig.
Bei Anwendung der Verordnung sind 21.000 Euro als inländische Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu versteuern und 42.000 Euro bei Ermittlung des Steuersatzes (Kennzahl 440) zu berücksichtigen.
Da der in § 3 der Verordnung vorgesehene Progressionsvorbehalt in seiner Funktion einem abkommensrechtlichen Progressionsvorbehalt entspricht, bestehen keine Bedenken, die Steuerberechnung nach § 33 Abs. 11 EStG 1988 vorzunehmen (siehe dazu LStR 2002 Rz 813).
4378
Wird von der pauschalen Einkünfteermittlung nach der Verordnung Gebrauch gemacht, ist eine Ansässigkeitsbescheinigung nicht auszustellen.
Randzahlen 4379 bis 4500: derzeit frei