11.1 Basispauschalierung (§ 17 Abs. 1 bis 3 EStG 1988)
11.1.1 Pauschalierungsvoraussetzungen
4100
Sind die gesetzlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme einer Pauschalierung erfüllt, steht es dem Steuerpflichtigen grundsätzlich frei, diese Form der Einkünfteermittlung in Anspruch zu nehmen. Bei einer Teilpauschalierung (Ausgabenpauschalierung) reicht dabei die Möglichkeit des Vorliegens von als Betriebsausgaben pauschal abzugsfähigen Aufwendungen oder Ausgaben für die Inanspruchnahme der Pauschalierung aus.
4101
Die Basispauschalierung ist unter folgenden Voraussetzungen zulässig:
1. | Es werden Einkünfte aus selbständiger Arbeit (freiberufliche Einkünfte, Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit) oder Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt. |
2. | Es besteht keine Buchführungspflicht und es werden auch nicht freiwillig Bücher geführt, die eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 ermöglichen. |
3. | Aus der Steuererklärung geht hervor, dass der Steuerpflichtige von der Pauschalierung Gebrauch macht. |
4102
Die Basispauschalierung darf nur innerhalb der gesetzlichen Umsatzgrenze vorgenommen werden. Die Umsatzgrenze bezieht sich auf den Vorjahresumsatz des betreffenden Betriebes. Dieser Vorjahresumsatz darf nicht mehr als 220.000 Euro betragen. Maßgeblich ist der in § 125 BAO umschriebene Umsatz, also
Umsätze aus Lieferungen und sonstigen Leistungen
+ Umsätze aus nicht steuerbaren Auslandsumsätzen
+ Umsätze aus Eigenverbrauch
– Umsätze gemäß § 6 Abs. 1 Z 8 und 9 UStG 1994 (zB Umsätze im Geschäft mit Geldforderungen und Wertpapieren, Umsätze aus dem Verkauf von Grundstücken im Sinne des Grunderwerbsteuergesetzes; in diesem Sinne sind auch Entschädigungen für Bodenwertminderungen auszuscheiden), außer wenn sie unmittelbar dem Betriebszweck oder dem Zweck des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes dienen
– Umsätze gemäß § 10 Abs. 2 Z 4 UStG 1994 (Umsätze aus der Vermietung oder Verpachtung von Grund und Boden und Gebäuden), außer wenn sie unmittelbar dem Betriebszweck oder dem Zweck des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes dienen
– Umsätze aus Geschäftsveräußerungen iSd § 4 Abs. 7 UStG 1994 (Veräußerung eines Unternehmens oder eines in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführten Betriebes im Ganzen)
– Umsätze aus Entschädigungen (§ 32 Abs. 1 Z 1 EStG 1988) und aus besonderen Waldnutzungen
4103
Die Grenze von 220.000 Euro ist auch für freiberufliche Betriebe und Betriebe von Steuerpflichtigen mit sonstigen selbstständigen Einkünften maßgebend. Sind Gesellschafter-Geschäftsführer keine Unternehmer im Sinne des UStG 1994, sind die Einnahmen aus der Geschäftsführertätigkeit maßgebend. Zur Behandlung von Kraftfahrzeugkosten (Kilometergelder) und Reisekosten (Tages- und Nächtigungsgelder) als durchlaufende Posten siehe Rz 4109a. Der Vorjahresumsatz ist auch dann maßgeblich, wenn die betreffende Tätigkeit im Vorjahr nicht das ganze Jahr hindurch ausgeübt worden ist; eine Umrechnung auf ein volles Jahr ist nicht vorzunehmen.
Wird ein Betrieb neu eröffnet oder im Wege einer Einzelrechtsnachfolge übernommen und liegen daher keine Vorjahresumsätze vor, kann die Verordnung ungeachtet der Höhe der Umsätze des laufenden Jahres angewendet werden (VwGH 25.10.2011, 2008/15/0200). Wird ein Betrieb im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übernommen, ist die Verordnung nur dann anwendbar, wenn der Umsatz des letzten vollen Wirtschaftsjahres des Rechtsvorgängers 220.000 Euro nicht überschritten hat.
4104
Die Umsatzgrenze ist für den einzelnen Betrieb zu ermitteln. Ob mehrere Tätigkeiten zur Annahme mehrerer Betriebe führen oder ob ein einheitlicher Betrieb anzunehmen ist, entscheidet sich nach der Verkehrsauffassung (siehe Rz 5286). Tätigkeiten als Gesellschafter-Geschäftsführer iSd § 22 Z 2 EStG 1988 für mehrere Gesellschaften können als einheitlicher Betrieb angesehen werden, wenn die Tätigkeiten in einem engen wirtschaftlichen und organisatorischen Zusammenhang stehen. Die Umsätze einer Mitunternehmerschaft sind auch dann als Einheit anzusehen, wenn sie zwei oder mehrere betriebliche Tätigkeiten ausübt.
4105
Grundsätzlich ist die Basispauschalierung für alle Rechtsformen zulässig. Sie kann daher nicht nur von Einzelunternehmen und Mitunternehmerschaften, sondern auch von (nicht buchführungspflichtigen) Körperschaften in Anspruch genommen werden.
4106
Dem Wesen der Gewinnermittlungsart entsprechend ist Voraussetzung für die Basispauschalierung, dass weder Buchführungspflicht besteht noch freiwillig Bücher geführt werden. Das Erstellen einer vollständigen Einnahmen-Ausgaben-Rechnung hindert hingegen die Inanspruchnahme der Pauschalierung nicht.
11.1.2 Wesen und Funktionsweise der Basispauschalierung
4107
Die Basispauschalierung ist eine Form der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung. Nimmt daher ein bisher buchführender Steuerpflichtiger erstmals die Pauschalierung in Anspruch, ist ein Übergangsgewinn (Übergangsverlust) zu ermitteln. Gleiches gilt, wenn der Steuerpflichtige von der Gewinnermittlung durch Basispauschalierung zur Buchführung übergeht. Der Wechsel von der vollständigen Einnahmen-Ausgaben-Rechnung zur Basispauschalierung oder umgekehrt löst hingegen keinen Übergangsgewinn aus.
4107a
Die Einkünfte aus der Veräußerung von Grundstücken im Sinne des § 30 Abs. 1 EStG 1988 sind neben der Basispauschalierung gesondert unter Beachtung des § 4 Abs. 3a EStG 1988 zu ermitteln (siehe dazu Rz 763 ff). Sie sind daher nicht Teil der Bemessungsrundlage des Betriebsausgabenpauschales.
Gleiches gilt für Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen (§ 27 Abs. 3 EStG 1988), aus Derivaten (§ 27 Abs. 4 EStG 1988) und aus Kryptowährungen (§ 27 Abs. 4a EStG 1988), soweit sie von der Steuerbefreiung des § 6 Abs. 1 Z 8 UStG 1994 erfasst sind. Derartige Umsätze sind keine Umsätze gemäß § 125 BAO. Sie haben daher weder auf die Anwendungsgrenze des § 17 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 Auswirkung noch resultiert daraus ein diese Einkünfte betreffendes Betriebsausgabenpauschale. Die Einkünfte sind daher neben der Basispauschalierung gesondert zu erfassen.
4108
Die „abpauschalierten“ Betriebsausgaben sind als abgeflossene Betriebsausgaben zu werten, dh. insbesondere, dass während der Pauschalierung weder Nachzahlungen für Zeiträume davor noch Vorauszahlungen für Zeiträume danach abgesetzt werden können. Eine andere Besteuerungsperiode betreffende „pauschalierungsfähige“ Ausgaben sind daher nach der jeweiligen Gewinnermittlungsart im Zeitpunkt des Abflusses zu behandeln. Ungeachtet des Umstandes, dass (mangels Ansatzes von Anlagevermögen) Rücklagen (steuerfreie Beträge) nach § 12 Abs. 5 EStG 1988 nicht mehr widmungsgemäß verwendet werden können, ist beim Übergang auf die Basispauschalierung hiefür kein Übergangsgewinn zu ermitteln. Die spätere Auflösung der Rücklagen (steuerfreien Beträge) ist als Betriebseinnahme anzusetzen. Zur Abfertigungsrückstellung (steuerfreier Betrag) siehe Rz 4121.
4109
Die Basispauschalierung bezieht sich nur auf Betriebsausgaben. Die Betriebseinnahmen sind daher grundsätzlich in der tatsächlichen Höhe anzusetzen (siehe aber Rz 4109a). Als Betriebseinnahmen sind sämtliche Umsätze im Sinne des § 125 Abs. 2 BAO (vgl. Rz 4102 f) zuzüglich sonstiger Betriebseinnahmen anzusetzen. Sonstige Betriebseinnahmen sind insb.
- Auflösungsbeträge von Rücklagen einschließlich Zuschlägen und von steuerfreien Beträgen,
- Zuschlag nach § 14 Abs. 7 EStG 1988 wegen des Fehlens von Wertpapieren,
- erhaltene Versicherungsentschädigungen und andere echte Schadenersätze,
- echte Subventionen (soweit nicht ohnehin nach § 3 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 befreit),
- Entnahmen von Gegenständen des Unternehmens mit dem Teilwert der entnommenen Gegenstände.
4109a
Durchlaufende Posten im Sinne des § 4 Abs. 3 EStG 1988 stellen keine Umsätze im Sinne des § 125 BAO dar. Als durchlaufende Posten gelten für die Pauschalierung auch eindeutig abgrenzbare Kostenersätze im Bereich der Reisekosten einschließlich der Kfz-Nutzung; dies gilt nur dann, wenn dem Kostenersatz Betriebsausgaben in gleicher Höhe gegenüberstehen. Zur Rechtslage ab der Veranlagung 2017 siehe Rz 4127a.
Beispiele:
1. Ein Vortragsveranstalter bezahlt neben dem Vortragshonorar die Fahrtkosten für die Fahrt zum Vortrag zB in Höhe des Kilometergeldes sowie die tatsächlichen Nächtigungskosten. Die Kostenersätze sind für Zwecke der Pauschalierung nicht als Betriebseinnahmen anzusetzen, die ersetzten Aufwendungen sind dementsprechend keine Betriebsausgaben und haben auf das Betriebsausgabenpauschale keine Auswirkung.
2. Ein wesentlich beteiligter GmbH-Geschäftsführer erhält für die betrieblichen Fahrten mit dem eigenen Pkw Kilometergelder als Kostenersatz. Er fährt 15.000 km betrieblich und 10.000 km privat. Das Kilometergeld für 15.000 km kann nicht als durchlaufender Posten behandelt werden, weil der GmbH-Geschäftsführer auf Grund der überwiegenden betrieblichen Nutzung nur die anteiligen tatsächlichen Kfz-Kosten als Betriebsausgaben geltend machen könnte (siehe Rz 1612 f). Um als durchlaufender Posten angesehen werden zu können, dürfte der Kostenersatz in diesem Fall nur in Höhe der auf die betriebliche Nutzung entfallenden anteiligen Kfz-Kosten des GmbH-Geschäftsführers geleistet werden.
Bei unentgeltlicher Überlassung von Kraftfahrzeugen, Krafträdern und Fahrrädern im Sinn der Rz 1069 gilt hinsichtlich der Pauschalierung Folgendes: Wird der geldwerte Vorteil in Höhe des Wertes nach der Sachbezugsverordnung geschätzt, stellt dieser Wert eine Betriebseinnahme dar, die die Bemessungsgrundlage für das Pauschale erhöht. Wird der geldwerte Vorteil auf Grundlage der tatsächlichen Kosten ermittelt, ist für die Anwendung der Pauschalierung ebenfalls nur der auf den privaten Nutzungsanteil entfallende Teil der Fahrzeugüberlassung als Betriebseinnahme zu erfassen.
Beispiel:
Die ersparten Aufwendungen betragen insgesamt 1.000 Euro. Davon entfallen 400 Euro (40%) auf betriebliche Fahrten. Für Zwecke der Inanspruchnahme des § 17 EStG 1988 ist von Betriebseinnahmen in Höhe von 600 Euro auszugehen, die in die Bemessungsgrundlage zur Ermittlung des Betriebsausgabenpauschales eingehen.
4110
Nicht als Betriebseinnahmen, sondern als Betriebsausgabenkürzungen sind Preismindernungen (Skonti, Gewährleistung) und Nutzungsentnahmen (Eigenverbrauch) wie zB der Privatanteil von Kraftfahrzeugen oder Aufwendungen für privat genutzte Gebäudeteile anzusehen. Gutschriften für Verpackungsgebinde (Kisten, Paletten) stellen aufgrund des Durchlaufcharakters ebenfalls keine Betriebseinnahmen dar.
4111
Kapitalerträge, die der Steuerabgeltung gemäß § 97 EStG 1988 unterliegen, können nach Wahl des Steuerpflichtigen folgendermaßen behandelt werden:
- Die Kapitalerträge werden als endbesteuert bei Ermittlung des pauschalierten Gewinnes ausgeschieden; in einem derartigen Fall ist die anfallende Kapitalertragsteuer auf die Einkommensteuer nicht anzurechnen.
- Wird zur Veranlagung der Kapitalerträge optiert, sind diese als Betriebseinnahmen anzusetzen. In diesem Fall ist die Kapitalertragsteuer auf die Einkommensteuer anzurechnen und gegebenenfalls zu erstatten.
4112
Von den Betriebseinnahmen sind einerseits das Betriebsausgabenpauschale und andererseits (abgeflossene) tatsächliche Ausgaben für die im Gesetz angeführten Gruppen von Betriebsausgaben abzusetzen (siehe Rz 4113 f).
4112a
Die pauschale Gewinnermittlung umfasst beide Ebenen der Gewinnermittlung: Auf der ersten Ebene der Gewinnermittlung (Ermittlung des verteilungsfähigen Gewinnes) ist neben den nach § 17 Abs. 1 EStG 1988 gesondert abzugsfähigen Betriebsausgaben das Betriebsausgabenpauschale zu berücksichtigen. Da Leistungsvergütungen im Sinne des § 23 Z 2 EStG 1988 (Vergütungen der Gesellschaft an den Gesellschafter für Tätigkeiten im Dienste der Gesellschaft, für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern) als Sonderbetriebseinnahmen in voller Höhe anzusetzen sind, sind sie bei Ermittlung des verteilungsfähigen Gewinnes in voller Höhe zu berücksichtigen; sie sind daher vom Betriebsausgabenpauschale nicht erfasst.
Auf der zweiten Ebene der Gewinnermittlung steht ein Betriebsausgabenpauschale nicht zu, weil dafür keine Bemessungsgrundlage (Umsätze) vorhanden ist. Sonderbetriebsausgaben sind hier (nur) anzusetzen, wenn sie gemäß § 17 Abs. 1 EStG 1988 gesondert zu berücksichtigen sind (VwGH 19.9.2013, 2011/15/0107).
Beispiel:
An der gewerblich tätigen ABC-OG sind A, B und C jeweils zu einem Drittel beteiligt. Diese OG erzielt Umsätze von 52.500 Euro.
A steht in einem Dienstverhältnis zur Gesellschaft und erhält einen Arbeitslohn von 13.000 Euro. Im Rahmen dieser Tätigkeit beschäftigt er (unter fremdüblichen Bedingungen) eine Sekretärin, der er dafür einen Lohn iHv 1.000 Euro bezahlt.
B hat eine Gebäude an die OG vermietet, das diese betrieblich nutzt und dafür eine Miete an B in Höhe von 9.200 Euro bezahlt. Die AfA für das Mietgebäude beträgt 700 Euro
C hat seinen Anteil fremdfinanziert und bezahlt an Zinsen 500 Euro.
Der steuerliche Gewinn der OG ist unter Anwendung der Basispauschalierung folgendermaßen zu ermitteln:
Erste Ebene der Gewinnermittlung:
Umsätze | 52.500 |
Betriebsausgabenpauschale (12% der Umsätze) 1) | – 6.300 |
Arbeitslohn A (als Sonderbetriebseinnahme zu erfassen) | – 13.000 |
Miete B (als Sonderbetriebseinnahme zu erfassen) | – 9.200 |
Verteilungsfähiger Gewinn (vor Berücksichtigung von Sonderbetriebsausgaben und Sonderbetriebseinnahmen | 24.000 |
1) Auf Gesellschaftsebene existieren keine zusätzlich abzugsfähigen Betriebsausgaben
Zweite Ebene der Gewinnermittlung:
Gewinnanteil A | Gewinnanteil B | Gewinnanteil C | |
Drittelanteil | 8.000 | 8.000 | 8.000 |
Sonderbetriebseinnahme A | + 13.000 | ||
Sonderbetriebsausgabe A | – 1.000 | ||
Sonderbetriebseinnahme B | + 9.200 | ||
Steuerlicher Gewinnanteil | 20.000 | 17.200 2) | 8.000 2) |
Steuerlicher Gewinn der OG | 45.200 |
2) Die Sonderbetriebsausgaben AfA und Zinsen sind nicht gesondert abzugsfähig.
11.1.3 Ermittlung der Betriebsausgaben
11.1.3.1 Allgemeines
4113
Seit 1997 beträgt das Betriebsausgabenpauschale 6% für Tätigkeiten iSd § 22 Z 2 EStG 1988 (zB wesentlich beteiligte Gesellschafter-Geschäftsführer, Aufsichtsräte, Hausverwalter, siehe dazu Rz 4113b), bei Einkünften aus einer kaufmännischen oder technischen Beratung (siehe dazu auch Rz 7937 f), bei Einkünften aus einer schriftstellerischen, vortragenden, wissenschaftlichen, unterrichtenden oder erzieherischen Tätigkeit (siehe dazu auch Rz 5262 ff).
Für die übrigen Tätigkeiten im Rahmen der Einkünfte aus selbstständiger Arbeit bzw. Gewerbebetrieb beträgt das Betriebsausgabenpauschale 12%.
Ab der Veranlagung 2004 ist das Betriebsausgabenpauschale gedeckelt. Der Höchstbetrag beträgt
- bei Anwendung des Pauschalsatzes von 6%: 13.200 Euro,
- bei Anwendung des Pauschalsatzes von 12%: 26.400 Euro.
Die Höchstbeträge ergeben sich aus der Anwendung der Pauschalsätze auf die als Anwendungsvoraussetzung in § 17 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 vorgesehene Umsatzgrenze von 220.000 Euro. Die Begrenzung zielt darauf ab, einer gezielten Ausnutzung der Pauschalierung in Fällen entgegenzuwirken, in denen sich aus der Ableitung der Pauschalierung von den jeweiligen Jahresumsätzen ein verglichen mit den tatsächlichen Verhältnissen überhöhter Betriebsausgabenpauschalbetrag ergibt. Die Begrenzung ist sachlich gerechtfertigt, da erfahrungsgemäß bei umsatzstarken Betrieben der Zuwachs an Betriebsausgaben nicht linear mit dem Umsatz steigt.
4113a
Die Basispauschalierung kommt nur für Einkünfte in Betracht, die aus einer im Veranlagungsjahr aktiv ausgeübten Betätigung herrühren. Ruhebezüge oder (nachträgliche) betriebliche Einkünfte aus einer ehemaligen aktiven Tätigkeit sind von der Pauschalierung nicht erfasst (VwGH 16.9.2003, 2000/14/0175).
4113b
Bei Einkünften gemäß § 22 Z 2 EStG 1988 (insbesondere wesentlich beteiligte Gesellschafter-Geschäftsführer) beträgt das Pauschale 6%, wobei es auf die Art der Tätigkeit nicht ankommt (VwGH 25.06.2007, 2002/14/0100, betreffend einen wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer).
4114
Einheitliche Tätigkeiten sind nicht aufzuteilen (zB Steuerberater, der auch kaufmännische Beratungen vornimmt – einheitliches Betriebsausgabenpauschale von 12%). Bei Tätigkeiten, die nicht nur einem einzigen Berufsbild entsprechen, sind hingegen die jeweils unterschiedlichen Pauschsätze einkünftebezogen anzusetzen (zB Steuerberater, der auch als Fachschriftsteller tätig ist – für die Einnahmen als Steuerberater beträgt das Betriebsausgabenpauschale 12%, für die schriftstellerischen Einnahmen 6%).
Das Betriebsausgabenpauschale von 6% für kaufmännische oder technische Beratung betrifft nur Tätigkeiten, die nicht über die Beratung hinausgehen. Beratungsleistungen sind insb. reine Konsulententätigkeiten (VwGH 24.11.2016, Ro 2014/13/0028). Tätigkeiten, die über die Beratung hinausgehen (zB Erstellung von Bauplänen, Durchführung statischer Berechnungen, Durchführung der Bauaufsicht, überwachende Tätigkeiten im Markscheidewesen) unterliegen dem Betriebsausgabenpauschale von 12%.
4115
Das Betriebsausgabenpauschale leitet sich vom Umsatz im Sinne des § 125 Abs. 2 BAO ab. Bemessungsgrundlage für den Pauschalierungssatz sind nur diese Umsätze, nicht aber die daneben anzusetzenden Betriebseinnahmen.
4116
Neben dem Betriebsausgabenpauschale dürfen noch die unter Rz 4117 ff angeführten Ausgaben – unter den dort angeführten Voraussetzungen – in tatsächlicher Höhe abgezogen werden. Die Ausgaben müssen im Sinne des § 19 EStG 1988 abgeflossen sein.
4116a
Steuerberatungskosten sind nicht mit dem Betriebsausgabenpauschale abgegolten, sondern können als Sonderausgaben berücksichtigt werden (vgl. VwGH 24.10.2002, 98/15/0145); siehe LStR 2002 Rz 561 ff.
4116b
Nehmen Ärzte, die neben nichtselbständigen Einkünften auch Einkünfte gemäß § 22 Z 1 lit. b letzter Satz EStG 1988 (Sonderklassegebühren) erzielen, hinsichtlich der Sonderklassegebühren das Betriebsausgabenpauschale nach § 17 Abs. 1 EStG 1988 in Anspruch, sind bei den nichtselbständigen Einkünften jene Werbungskosten, die sowohl durch die nichtselbständigen Einkünfte als auch durch die Sonderklassegebühren veranlasst sind, zu kürzen; der Anteil, der auf die Sonderklassegebühren entfällt, wird nämlich bereits durch das Betriebsausgabenpauschale berücksichtigt. Die Kürzung hat nach dem Einnahmenschlüssel zu erfolgen (Verhältnis der Einnahmen nach § 22 Z 1 lit. b letzter Satz EStG 1988 zu den den laufenden steuerpflichtigen nichtselbständigen Einkünften zuzuordnenden Einnahmen [Kennzahl 210 abzüglich Kennzahlen 215 und 220 des Lohnzettels], siehe auch Rz 1094). Aufwendungen für Fahrten Wohnung – Arbeitsstätte sind nicht als Betriebsausgaben zu berücksichtigen, da sie mit dem Verkehrsabsetzbetrag und dem Pendlerpauschale abgedeckt sind (vgl. Rz 1528).
Zieht die Krankenanstalt bei der Abrechnung der Beträge von dem Anteil, der auf den Arzt entfällt, für die Nutzung der Einrichtungen der Krankenanstalt einen „Hausanteil“ (wie zB nach § 54 Abs. 3 oö. KAG 1997) ab und wird dieser Hausanteil als Betriebsausgabe berücksichtigt, steht ein Betriebsausgabenpauschale nach § 17 Abs. 1 EStG 1988 nicht zu (VwGH 22.02.2007, 2002/14/0019). Bei Inanspruchnahme des Betriebsausgabenpauschales nach § 17 Abs. 1 EStG 1988 ist die Betriebsausgabe für den Hausanteil vom Pauschale erfasst. Dies ist ab der Veranlagung 2008 anzuwenden. Für Veranlagungszeiträume vor 2008 bestehen keine Bedenken, wenn in derartigen Fällen das Pauschale auch bei Abzug eines Hausanteils als Betriebsausgabe berücksichtigt wird.
11.1.3.2 Ausgaben für Waren, Halberzeugnisse, Roh- und Hilfsstoffe sowie Zutaten
4117
Es fallen darunter nur solche Waren usw., die in ein Wareneingangsbuch einzutragen sind oder – bei angenommener gewerblicher Einkunftsart – einzutragen wären. Um welche Waren es sich dabei handelt, ergibt sich für den gewerblichen Bereich unmittelbar aus der Definition des § 128 BAO. Bei Freiberuflern kommen nur solche Waren usw. in Betracht, die – wenn auch im Rahmen der freiberuflichen Tätigkeit – nach gewerblicher Art weiterveräußert werden (z.B. Medikamente der Hausapotheke eines insgesamt freiberuflich tätigen Arztes). Ausgaben für Waren usw., die für Dienstleistungen eingesetzt werden (beispielsweise auch „wertvolle Waren“ wie Zahngold), können weder bei Gewerbetreibenden noch bei Freiberuflern gesondert abgesetzt werden.
„Ausgaben für den Eingang an Waren“ umfassen Anschaffungskosten inklusive Anschaffungsnebenkosten (zB Bezugskosten). Eine mengenabhängige Einkaufsprovision, deren Höhe sich exakt nach der Art und Menge der eingekauften Waren bestimmt (zB Provision in Höhe von 1 S pro eingekauftem kg Futtermittel) ist als Anschaffungsnebenkosten zur Warenanschaffung zu qualifizieren. Derartige Provisionen sind als „Ausgaben für den Eingang an Waren“ neben dem Betriebsausgabenpauschale gesondert absetzbar.
4118
Der gesonderte Abzug der Waren usw. ist im Wesentlichen § 2 Z 1 der Verordnung über die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen bei Gewerbetreibenden (BGBl. Nr. 55/1990) nachgebildet. Nicht unter diesen Begriff fallen daher all jene Ausgaben, die in der erwähnten Verordnung unter § 2 Z 2 ff angeführt sind. So sind insbesondere Energiekosten (Beheizung, Strom usw.) einschließlich Treibstoffen (Benzin für Kraftfahrzeuge) nicht den „Roh- und Hilfsstoffen“ zuzuordnen und daher „abpauschaliert“.
11.1.3.3 Ausgaben für Löhne samt Lohnnebenkosten
4119
Ausgaben für Löhne sind sämtliche laufend oder in Form sonstiger Bezüge (§ 67 EStG 1988) ausbezahlten Löhne und Gehälter einschließlich der darauf entfallenden Lohnsteuer. Steuerpflichtige Sachbezüge gehören zum Arbeitslohn und stellen daher aus der Sicht des Arbeitgebers Lohnaufwand dar. Soweit die dem Sachbezug entsprechenden Aufwendungen des Arbeitgebers (z.B. Abschreibungen, KFZ-Kosten für Dienstwagen) von der Pauschalierung erfasst sind, ist der zugerechnete Sachbezug als Betriebsausgabe absetzbar.
4120
Vom Arbeitgeber gewährte steuerfreie Bezugsteile nach § 3 EStG 1988 oder § 26 EStG 1988 sind als Betriebsausgaben absetzbar, soweit eine individuelle Zuordnung an bestimmte Dienstnehmer möglich ist und der Vorteil beim einzelnen Dienstnehmer in Geld besteht und nicht freiwilliger Sozialaufwand (zB Zurverfügungstellung von Betriebseinrichtungen im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 13 EStG 1988, Durchführung von Betriebsveranstaltungen im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 14 EStG 1988 oder Gewährung verbilligter Mahlzeiten im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 17 EStG 1988) vorliegt. Neben dem Betriebsausgabenpauschale abzugsfähig sind daher im Rahmen des § 3 EStG 1988 steuerbefreite Bezüge (Einkünfte) nach § 3 Abs. 1 Z 10, Z 11, Z 12 und Z 15 lit. a EStG 1988. Im Rahmen des § 26 EStG 1988 sind nur Beträge nach § 26 Z 4 und Z 6 EStG 1988 gesondert abzugsfähig.
4121
Steuerfreie Beträge für Abfertigungsverpflichtungen nach § 14 Abs. 6 EStG 1988 können abgezogen werden. Vor Anwendung der Basispauschalierung gebildete Abfertigungsrückstellungen (steuerfreie Beträge) sind weiterzuführen. Prämien zu Abfertigungsversicherungen führen insoweit zu Betriebsausgaben, als sie die Forderung aus der Versicherung übersteigen.
4123
Unter die Lohnnebenkosten fallen insbesondere der Dienstgeberanteil zur gesetzlichen Sozialversicherung, der Dienstgeberbeitrag zum Familienlastenausgleichsfonds (DB), die Kommunalsteuer (KommSt), die Wiener U-Bahn-Abgabe, die Betriebsratsumlage sowie Pensionskassenbeiträge.
11.1.3.4 Ausgaben für Fremdlöhne, soweit diese unmittelbar in Leistungen eingehen, die den Betriebsgegenstand des Unternehmens bilden
4124
Darunter fallen insbesondere Ausgaben auf Grund von Arbeitskräftegestellungen sowie auf Grund von Werkverträgen. Bei der Güterproduktion gehen die Fremdlöhne nur dann in die Leistungen ein, wenn sie zwingend zu den Anschaffungskosten (§ 203 Abs. 2 UGB) oder Herstellungskosten (§ 6 Z 2 lit. a EStG 1988) des Umlaufvermögens gehören. Bei Dienstleistungen liegen abzugsfähige Fremdlöhne nur dann vor, wenn es sich um Fremdleistungen handelt, die ihrer Art nach an den Auftraggeber erbracht werden (zB Ausgaben für Schuhreparaturen durch Dritte, an nachgeordnete Ärzte weiterbezahlte Sonderklassegebühren, Substitutskosten bei Rechtsanwälten, Fremdleistungskosten – einschließlich jene für Datenverarbeitungsleistungen – bei Wirtschaftstreuhändern).
4125
Wird von jenem Honorar, das der Facharzt für die Behandlung von Patienten der Sonderklasse erhält, ein pauschaler Honorarrücklass für die Leistungen der Krankenanstalt abgezogen, dann handelt es sich dabei nicht um „Fremdlöhne“. Der Haftrücklass ist durch das Betriebsausgabenpauschale gedeckt und darf nicht neben diesem Pauschale abgesetzt werden.
11.1.3.5 Sozialversicherungsbeiträge
4126
Zusätzlich zum Betriebsausgabenpauschale kann auch die gesetzliche Sozialversicherung iSd § 4 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 gewinnmindernd geltend gemacht werden (siehe dazu Rz 1235 ff). Ebenso können auch an eine Betriebliche Vorsorgekasse (BV-Kasse) geleistete Pflichtbeiträge im Sinne des BMSVG zusätzlich geltend gemacht werden. Dies gilt auch für Beiträge von Unternehmern, die von der Optionsmöglichkeit in die Selbständigenvorsorge Gebrauch gemacht haben.
11.1.3.6 Arbeitsplatzpauschale
4127
Ab der Veranlagung 2022 ist das Arbeitsplatzpauschale gemäß § 4 Abs. 4 Z 8 EStG 1988 zusätzlich abzugsfähig (siehe dazu Rz 1298 ff). Sind die Voraussetzungen für das Arbeitsplatzpauschale in Höhe von 300 Euro gegeben, können keine Ausgaben für ergonomisch geeignetes Inventar (§ 16 Abs. 1 Z 7a lit. a EStG 1988) berücksichtigt werden, weil diese gemäß § 4 Abs. 4 Z 8 EStG 1988 neben dem Pauschale zustehen und daher gemäß § 17 Abs. 1 EStG 1988 von der zusätzlichen Abzugsfähigkeit im Rahmen der Basispauschalierung ausgeschlossen sind.
11.1.3.7 Reise- und Fahrtkosten
4127a
Ab der Veranlagung 2017 sind Reise- und Fahrtkosten abzugsfähig, soweit ihnen ein Kostenersatz in gleicher Höhe gegenübersteht. Diese Reise- und Fahrtkosten vermindern die Umsätze für die Ermittlung des Pauschales.
Davon betroffen sind sowohl Reise- und Fahrtkosten, die vom Auftraggeber von vorneherein übernommen werden, als auch solche, die zuerst vom Auftragnehmer verausgabt und in weitere Folge ersetzt werden. Um auch im Rahmen der Pauschalierung den Durchlaufcharakter zu wahren, sind sie einerseits aus der Bemessungsgrundlage für die Pauschalierung ausgenommen, andererseits als Betriebsausgabe absetzbar.
Zur Rechtslage bis zur Veranlagung 2016 siehe Rz 4109a.
Ab der Veranlagung 2022 können außerdem Kosten gemäß § 4 Abs. 4 Z 5 zweiter Satz EStG 1988 geltend gemacht werden. Danach können ohne weiteren Nachweis 50% der aufgewendeten Kosten für eine nicht übertragbare Wochen-, Monats- oder Jahreskarte für Massenbeförderungsmittel für Einzelpersonen geltend gemacht werden, wenn glaubhaft gemacht wird, dass diese Karte auch für betrieblich veranlasste Fahrten verwendet wird (siehe Rz 1700a).
11.1.3.8 Vom Pauschale erfasste Betriebsausgaben
4127b
Die nicht unter Rz 4117 ff fallenden Betriebsausgaben sind durch das Betriebsausgabenpauschale abgedeckt. Es handelt sich dabei insbesondere um Betriebsausgaben aus dem Titel
- Abschreibungen (§§ 7, 8 und 13 EStG 1988),
- Restbuchwerte abgehender Anlagen,
- Investitionsfreibeträge,
- Fremdmittelkosten,
- Miete und Pacht,
- Post und Telefon,
- Betriebsstoffe (Brenn- und Treibstoffe),
- Energie und Wasser,
- Werbung,
- Rechts- und Beratungskosten; Steuerberatungskosten sind Sonderausgaben, siehe Rz 4116a),
- Provisionen, außer mengenabhängige Einkaufsprovisionen (siehe Rz 4117),
- Büroausgaben,
- Prämien für Betriebsversicherungen,
- Betriebssteuern,
- Instandhaltung, Reinigung durch Dritte,
- Kraftfahrzeugkosten,
- Reisekosten (einschließlich Tages- und Nächtigungsgelder), soweit ihnen kein Kostenersatz in gleicher Höhe gegenübersteht,
- Trinkgelder,
- Ausgaben für ergonomisch geeignetes Mobiliar.
11.1.4 Pauschalierung im Zusammenhang mit der Umsatzsteuer
4128
Die einkommensteuerliche Pauschalierung ist von der umsatzsteuerlichen Pauschalierung unabhängig. Die Pauschalierungen können ohne jegliche wechselseitige Bindungen jeweils gesondert gewählt werden.
4129
Die Basispauschalierung ist unabhängig davon möglich, ob der Steuerpflichtige die Umsatzsteuer ertragsteuerlich nach dem Bruttosystem oder nach dem Nettosystem (§ 4 Abs. 3 vorletzter Satz EStG 1988) ansetzt.
Steuerpflichtige, die eine Vorsteuerpauschalierung gemäß § 14 Abs. 1 Z 2 UStG 1994 in Anspruch nehmen, können als Einnahmen-Ausgaben-Rechner generell nur nach dem Bruttosystem vorgehen. Im Hinblick darauf, dass die Basispauschalierung wesensmäßig eine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung darstellt, gilt dies auch für diese Form der Gewinnermittlung. Im Übrigen schließt auch die Anwendung der Pauschalierung nach § 14 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 die Nettomethode bei einer „normalen Einnahmen-Ausgaben-Rechnung“ (ohne Anwendung des § 17 Abs. 1 bis 3 EStG 1988) aus (vgl. Rz 753 f).
4130
Wird das Nettosystem gewählt, ist weder die auf Grund von Lieferungen oder sonstigen Leistungen geschuldete Umsatzsteuer noch die an andere Unternehmer bezahlte Umsatzsteuer (Vorsteuer) noch eine Umsatzsteuerzahllast anzusetzen. Das Betriebsausgabenpauschale ist als Nettogröße zu werten. Ungeachtet des Umstandes, ob bei der Umsatzsteuer eine Vorsteuerpauschalierung nach § 14 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 gewählt worden ist oder die tatsächlichen Vorsteuern angesetzt worden sind, darf daher aus dem Betriebsausgabenpauschale keine Umsatzsteuer herausgerechnet werden.
4131
Beim Bruttosystem sind sowohl die auf Grund von Lieferungen oder sonstigen Leistungen geschuldete Umsatzsteuer als auch die an andere Unternehmer bezahlte Umsatzsteuer (Vorsteuer) sowie die Umsatzsteuerzahllast anzusetzen. Da das Betriebsausgabenpauschale als Nettogröße anzusehen ist, ist die auf ertragsteuerlich „abpauschalierte“ Betriebsausgaben entfallende Vorsteuer gesondert anzusetzen. Wird im Bereich der Umsatzsteuer die Vorsteuerpauschalierung nach § 14 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 in Anspruch genommen, ist das Vorsteuerpauschale ebenfalls gesondert als Betriebsausgabe anzusetzen. Im Fall einer unechten Umsatzsteuerbefreiung (zB Kleinunternehmer iSd § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994) oder im Fall eines Gesellschafter-Geschäftsführers, der umsatzsteuerlich nicht als Unternehmer behandelt wird (siehe UStR 2000 Rz 184), kann ab der Veranlagung 2019 die auf abpauschalierte Betriebsausgaben entfallende – einkommensteuerlich abzugsfähige – Umsatzsteuer nicht in Höhe des rechnerisch ermittelten Vorsteuerpauschales gemäß § 14 UStG 1994 berücksichtigt werden (BFG 18.1.2016, RV/7100168/2016). Es kann nur die auf abpauschalierte Betriebsausgaben entfallende tatsächliche Umsatzsteuer angesetzt werden.
Neben dem Betriebsausgabenpauschale sind somit beim Bruttosystem aus dem Titel der Umsatzsteuer absetzbar:
- sämtliche gesondert absetzbaren Betriebsausgaben einschließlich Umsatzsteuer,
- die auf Anlagenzugänge entfallende Vorsteuer, soweit sie bei Inanspruchnahme des Vorsteuerpauschales nicht vom Vorsteuerpauschale erfasst ist,
- die auf pauschalierte Betriebsausgaben entfallende tatsächliche Umsatzsteuer oder – bei Inanspruchnahme der Vorsteuerpauschalierung – der darauf entfallende Vorsteuerpauschalbetrag).
4132
Damit wird dem Grundprinzip des § 4 Abs. 3 EStG 1988 Rechnung getragen, wonach die Umsatzsteuer grundsätzlich den Charakter eines durchlaufenden Postens aufzuweisen hat. Dies gewährleistet, dass die Nettomethode und die Bruttomethode jeweils zum selben steuerlichen (Total-)Gewinn führen.
Beispiel:
Aus Gründen einer systematischen Darstellung werden bei den folgenden Angaben und Berechnungen Periodenverschiebungen auf Grund „nachhängender“ Umsatzsteuer Fälligkeiten sowie die besondere („13.“) Umsatzsteuervorauszahlung zum 15. Dezember vernachlässigt.
Einnahmen brutto:
Warenerlöse usw. 2.400.000 (400.000 Umsatzsteuer)
Ausgaben brutto:
Waren 1.440.000 (240.000 Umsatzsteuer), Anlageninvestitionen (über 15.000, 10 Jahre ND) 360.000 (60.000 Umsatzsteuer), Löhne, Gehälter samt Nebenkosten 300.000, Sonstige Ausgaben 240.000 (40.000 Umsatzsteuer).
Zahllast Umsatzsteuer bei Einnahmen-Ausgaben-Rechnung
ohne USt-Pauschalierung | mit USt-Pauschalierung | |
Geschuldete Ust | 400.000 | 400.000 |
Vorsteuer Waren | -240.000 | -240.000 |
Vorsteuer Anlagen | -60.000 | -60.000 |
Vorsteuer sonstige Ausgaben | -40.000 | -36.000 |
Zahllast | 60.000 | 64.000 |
Einnahmen-Ausgaben-Rechnung mit Einkommensteuer-Pauschalierung
Bruttomethode: | 2.400.000 | |
Umsatz brutto | ||
Wareneinsatz brutto | 1.440.000 | |
Lohnaufwand | 300.000 | |
Zahllast | 60.000(64.000 bei USt-Pauschalierung) | |
Vorsteuer aus Anlageninvestitionen | 60.000 | |
Vorsteuer aus pauschalierten Ausgaben | 40.000(36.000 bei USt-Pauschalierung) | |
12% von 2.000.000 | 240.000 | |
Summe Betriebsausgaben | 2.140.000 | |
Gewinn | 260.000 |
Nettomethode:
Umsatz netto | 2.000.000 | |
Wareneinsatz netto | 1.200.000 | |
Lohnaufwand | 300.000 | |
12% von 2.000.000 | 240.000 | |
Summe Betriebsausgaben | 1.740.000 | |
Gewinn | 260.000 |
11.1.5 Wechsel der Gewinnermittlung
4133
Die Inanspruchnahme der Basispauschalierung muss nicht gesondert beantragt werden. Es genügt, wenn der Steuerpflichtige dies in den Beilagen zur Steuererklärung eindeutig dokumentiert. Ein Wechsel von der vollständigen Einnahmen-Ausgaben-Rechnung zur Basispauschalierung und umgekehrt ist bis zur Rechtskraft des Bescheides möglich. Erfolgt ein Rücktritt von der Basispauschalierung, obwohl für die nachfolgenden Jahre eine Veranlagung unter Zugrundelegung dieser Pauschalierung stattgefunden hat, ermöglicht § 295 Abs. 3 BAO eine Änderung der die Folgejahre betreffenden Bescheide, um der Bestimmung des § 17 Abs. 3 EStG 1988 – Verbot der Pauschalierung für die folgenden fünf Jahre – zu entsprechen (VwGH 27.02.2003, 99/15/0143). Der Rücktritt von der erstmalig beanspruchten Basispauschalierung löst keine Sperrfrist nach § 17 Abs. 3 EStG 1988 aus (VwGH 21.09.2006, 2006/15/0041).
4134
Hat sich der Steuerpflichtige der Basispauschalierung (erstmals) bedient, so ist ein Wechsel zur Gewinnermittlung durch Buchführung oder durch Geltendmachung der Betriebsausgaben nach den allgemeinen Vorschriften jederzeit möglich. Der Wechsel der Gewinnermittlung ist nur zu Beginn eines Kalenderjahres möglich. Im Fall eines freiwilligen Wechsels von der Basispauschalierung zur Gewinnermittlung durch Buchführung nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 oder durch Geltendmachung der Betriebsausgaben nach den allgemeinen Vorschriften gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1988 ist ein neuerlicher Übergang zur Basispauschalierung gemäß § 17 Abs. 3 EStG 1988 durch denselben Steuerpflichtigen frühestens nach Ablauf von fünf Wirtschaftsjahren zulässig; die Sperrwirkung bezieht sich nicht auch auf den Rechtsnachfolger. Fälle eines durch Überschreiten von Umsatzgrenzen erzwungenen Wechsels sind von § 17 Abs. 3 EStG 1988 nicht erfasst.
Wird von der Basispauschalierung zur Kleinunternehmerpauschalierung gewechselt und in der Folge die dortige Umsatzgrenze (Rz 4139c ff) überschritten, kann ohne Sperrfrist wieder die Basispauschalierung angewendet werden. Siehe zur Sperrfrist in der Kleinunternehmerpauschalierung Rz 4139p.
11.1.6 Aufzeichnungsverpflichtungen
4135
Aus ertragsteuerlicher Sicht sind im Rahmen der Basispauschalierung nach § 126 BAO aufzuzeichnen bzw. die entsprechenden Belege aufzubewahren:
- die Betriebseinnahmen,
- die gesondert absetzbaren Betriebsausgaben (Pflichtversicherungsbeiträge des Unternehmers, Ausgaben für Löhne einschließlich Lohnnebenkosten, Ausgaben für Waren usw. sowie Ausgaben für Fremdlöhne).
Aus den Aufzeichnungen muss der Zeitpunkt der Bezahlung hervorgehen.
4136
Nach Maßgabe der §§ 127 und 128 BAO ist ein Wareneingangsbuch zu führen.
4137
Ein Anlageverzeichnis (§ 7 Abs. 3 EStG 1988) ist grundsätzlich nicht erforderlich. Geht der Steuerpflichtige zur Buchführung oder zur vollständigen Geltendmachung der Betriebsausgaben im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 über, so ist der Restbuchwert von abnutzbarem Anlagevermögen durch rechnerische Fortschreibung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten unter Berücksichtigung der Dauer der bisherigen Nutzung und der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer zu ermitteln. In diesem Sinn ist auch im Fall der Veräußerung oder Aufgabe des Betriebes vorzugehen.
4137a
Grund und Boden des Anlage- und Umlaufvermögens ist in die Anlagekartei (Anlageverzeichnis) gemäß § 7 Abs. 3 EStG 1988 aufzunehmen. Der Gewinn aus Grundstücksveräußerungen ist gesondert zu ermitteln (siehe Rz 4109a). Auf Grund der gesonderten Gewinnermittlung ist daher auch bei Anwendung der Basispauschalierung hinsichtlich des Grund und Bodens jedenfalls eine Anlagekartei zu führen. Auf Grund der gesonderten Gewinnermittlung sind in der Anlagekartei auch die im Betriebsvermögen befindlichen Gebäude zu erfassen, wobei für die Gebäude jährlich eine rechnerische AfA vorzunehmen ist, unabhängig davon, dass die AfA – auf Grund des Zusammenhanges mit dem laufenden Betrieb – durch das Betriebsausgabenpauschale konsumiert ist. Dadurch wird aber der für die Ermittlung des Gewinnes aus einer Grundstücksveräußerung erforderliche Buchwert evident gehalten.
4138
Die Verpflichtung, die Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben nach der in der Steuererklärung vorgesehenen gruppenweisen Gliederung auszuweisen (§ 44 Abs. 4 EStG 1988), bleibt unberührt. Aus der Steuererklärung muss hervorgehen, dass der Steuerpflichtige von der Pauschalierung Gebrauch macht.
11.2 Kleinunternehmerpauschalierung (§ 17 Abs. 3a EStG 1988)
11.2.1 Allgemeines
4139
Mit dem Steuerreformgesetz 2020, BGBl. I Nr. 103/2019, wurde die Kleinunternehmerpauschalierung geschaffen (§ 17 Abs. 3a EStG 1988). Die Pauschalierung in der Fassung des Steuerreformgesetzes 2020, BGBl. I Nr. 103/2019, ist nur bei der Veranlagung 2020 anwendbar.
Mit dem COVID-19-Steuermaßnahmengesetz – COVID-19-StMG, BGBl. I Nr. 3/2021, wurde die Kleinunternehmerpauschalierung geändert. Die Pauschalierung in der Fassung des COVID-19-StMG ist ab der Veranlagung 2021 anwendbar.
Mit BGBl. I Nr. 194/2022 wurde die Kleinunternehmerpauschalierung für Veranlagungen ab 2023 hinsichtlich der Umsatzgrenze erweitert, siehe dazu Rz 4139ea und Rz 4139eb.
Die Kleinunternehmerpauschalierung ist eine vereinfachte Einnahmen-Ausgaben-Rechnung. Hinsichtlich der Umsatzsteuer ist in § 17 Abs. 3a Z 3 EStG 1988 vorgesehen, dass die Betriebseinnahmen immer ohne USt anzusetzen sind (USt-Nettoverrechnung). Im Gegensatz zur gesetzlichen Basispauschalierung ist § 4 Abs. 3 dritter Satz EStG 1988 nicht anzuwenden; es besteht daher kein Wahlrecht, die Umsatzsteuer im Rahmen der Gewinnermittlung als Betriebseinnahme und Betriebsausgabe zu behandeln (USt-Bruttosystem, vgl. Rz 745). Ist in Bezug auf eine zusätzlich abziehbare Betriebsausgabe die Vorsteuer nicht abzugsfähig (zB 50% der Kosten für ein Öffi-Ticket), ist als Betriebsausgabe der Bruttowert zu berücksichtigen.
Die Kleinunternehmerpauschalierung erfasst Einkünfte gemäß § 22 EStG 1988 oder § 23 EStG 1988. Sie ist nicht anwendbar auf Einkünfte aus einer Tätigkeit eines Gesellschafters gemäß § 22 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988, als Aufsichtsratsmitglied und als Stiftungsvorstand.
Bei Inanspruchnahme der Pauschalierung besteht keine Verpflichtung zur Führung eines Wareneingangsbuches und einer Anlagenkartei.
4139a
Die Pauschalierung ist nur auf eine unternehmerische Tätigkeit iSd UStG 1994 anwendbar. Das ergibt sich nach der ab der Veranlagung 2021 geltenden Rechtslage daraus, dass § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 auf nichtunternehmerische Tätigkeiten nicht anwendbar ist (s. Rz 4139c). Für das Veranlagungsjahr 2020 gilt dies gleichermaßen: Aus einer nichtunternehmerischen Tätigkeit können keine Umsätze erzielt werden, die der Bemessung des – auf Umsätze bezogenen – Pauschales zu Grunde gelegt werden können. Das trifft etwa auf einen Obmann des Vorstandes einer Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft zu, der Mitglied der Genossenschaft ist und in dieser Eigenschaft nicht Unternehmer ist (VwGH 5.4.1984, 83/15/0013; UStR 2000 Rz 184).
11.2.2 Umsatzgrenze
4139b
Rechtslage für die Veranlagung 2020:
§ 17 Abs. 3a Z 2 EStG 1988 sieht als Anwendungsvoraussetzung vor, dass die Umsatzgrenze von 35.000 Euro nicht überschritten wird. Für diese Grenze sind Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 des Umsatzsteuergesetzes 1994 maßgeblich, die zu Einkünften führen, die der Pauschalierung zugänglich sind. Vermietungsumsätze, die zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung führen, sowie solche aus einer von der Pauschalierung ausgenommenen Tätigkeit bleiben daher außer Betracht.
In die Grenze sind auch Umsätze einzubeziehen, die im Ausland ausgeführte Lieferungen und Leistungen betreffen. Umsätze aus Entnahmen bleiben unberücksichtigt.
Zahlungen zum Ersatz entgehender Umsätze sind bei Anwendung der Kleinunternehmerpauschalierung wie Umsätze im Sinne des UStG 1994 zu behandeln, wenn der dem Jahr 2020 zuzuordnende Umsatzersatz höher ist als die Betriebseinnahmen (ohne Umsatzsteuer) aus Umsätzen gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 (§ 124b Z 348 EStG 1988).
Die Pauschalierung ist anwendbar, wenn die zu berücksichtigenden Umsätze (ohne Umsatzsteuer) 35.000 Euro nicht übersteigen. Die für die Anwendung der Umsatzsteuerbefreiung gemäß § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 maßgebende Betrachtung ist für die Veranlagung 2020 nicht maßgeblich.
§ 17 Abs. 3a Z 2 EStG 1988 in der Fassung vor der Änderung durch das COVID-19-StMG, BGBl. I Nr. 3/2021, sieht eine Toleranzregelung vor: Werden Umsätze von nicht mehr als 40.000 Euro erzielt, kann die Pauschalierung angewendet werden, wenn im Vorjahr Umsätze von nicht mehr als 35.000 Euro erzielt wurden. Dementsprechend ist die Bestimmung im Jahr 2020 anwendbar, wenn die Umsätze 2020 nicht mehr als 40.000 Euro betragen und im Jahr 2019 Umsätze von nicht mehr als 35.000 Euro erzielt wurden. Ab der Veranlagung 2021 ist die Regelung nicht mehr anwendbar, weil Z 2 mit dem COVID-19-StMG mit Wirkung ab 2021 geändert wurde.
4139c
Rechtslage ab der Veranlagung 2021:
Die Pauschalierung kann angewendet werden, wenn im Veranlagungsjahr die Umsatzsteuerbefreiung gemäß § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 für Kleinunternehmer anwendbar ist oder nur deswegen nicht anwendbar ist, weil
- auch Umsätze erzielt wurden, die zu Einkünften führen, die gemäß Z 1 von der Pauschalierung nicht betroffen sind (siehe dazu Rz 4139d) oder
- weil auf die Anwendung der Umsatzsteuerbefreiung gemäß § 6 Abs. 3 UStG 1994 verzichtet wurde (siehe dazu Rz 4139d).
Maßgebend ist somit die Grenze von 35.000 Euro gemäß § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994. Danach bleiben zB Umsätze aus Hilfsgeschäften oder aus der Geschäftsveräußerung außer Ansatz, nicht aber Umsätze im Geschäft mit Wertpapieren (§ 6 Abs. 1 Z 8 lit. f UStG 1994) oder Grundstücksumsätze (§ 6 Abs. 1 Z 9 lit. a UStG 1994). Ein gemäß § 124b Z 348 EStG 1988 steuerpflichtiger Umsatzersatz/Ausfallsbonus ieS ist im Rahmen der Anwendung der USt-Befreiung nach § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 nicht zu berücksichtigen und somit nicht maßgeblich.
Da die Grenze von 35.000 Euro auf die Bemessungsgrundlage bei unterstellter Steuerpflicht abstellt (VwGH 28.10.1998, 98/14/0057; UStR 2000 Rz 996), ist für die Frage der Ausschöpfung der Grenze von der Besteuerung nach den allgemeinen Regelungen des UStG 1994 auszugehen.
Beispiel:
A erzielt neben nichtselbständigen Einkünften im Jahr 2021
- Einnahmen als Fachschriftsteller iHv 21.000 Euro
- Einnahmen als Künstler iHv 15.000 Euro
Für die Anwendung der Kleinunternehmergrenze ist aus den Umsätzen die USt herauszurechnen:
- Fachschriftsteller: 17.500 Euro (Herausrechnung von 20% USt)
- Künstler: 14.285,71 Euro (Herausrechnung von 5% USt; Steuersatz 5% gemäß § 10 Abs. 3 Z 4 iVm § 28 Abs. 52 Z 1 lit. b UStG 1994)
Die für die Kleinunternehmergrenze insgesamt maßgeblichen Umsätze betragen 31.785,71 Euro; die Pauschalierung ist daher anwendbar.
Da die Toleranzregelung des § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 – mit den oben beschriebenen Modifikationen – unmittelbar auf die Pauschalierung durchschlägt, gilt das auch für die dort vorgesehene Toleranzregelung. Demnach kann die Grenze von 35.000 Euro innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren einmal um nicht mehr als 15% überschritten werden. Dies gilt daher auch im Rahmen der einkommensteuerlichen Kleinunternehmerpauschalierung; zu berücksichtigen ist dabei, dass auch für die Toleranzregelung Umsätze auszublenden sind, die zu Einkünften führen, die gemäß Z 1 von der Pauschalierung nicht erfasst sind.
4139d
Die unmittelbare Verknüpfung mit der umsatzsteuerlichen Kleinunternehmerbefreiung wird zweifach modifiziert:
1.Die umsatzsteuerrechtliche Regelung erfasst auch Umsätze aus Tätigkeiten, die der einkommensteuerrechtlichen Pauschalierung nicht zugänglich sind, zB Vermietungsumsätze. Derartige Umsätze sind nicht zu berücksichtigen. Die für die Anwendung maßgebliche Umsatzgrenze gemäß § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 ist dementsprechend (nur) auf Umsätze zu beziehen, die zu Einkünften führen, die sachlich von der Pauschalierung erfasst sind. Erzielt der Steuerpflichtige keine Umsätze aus Tätigkeiten, die von der Pauschalierung ausgeschlossen sind, ist eine gesonderte Umsatzbetrachtung nicht erforderlich. Andernfalls sind die Umsätze aus ausgeschlossenen Tätigkeiten auszublenden.
Beispiele:
1.B ist nichtselbständig tätig. Daneben ist er Fachschriftsteller und erzielt daraus Einnahmen von 40.000 Euro; weitere Umsätze werden nicht erzielt. Da pauschalierungsschädliche Umsätze nicht vorliegen, ist die Umsatzgrenze des § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 auf die Umsätze als Fachschriftsteller zu beziehen. Der Umsatz beträgt bei Herausrechnung der USt (20%) 33.333,30 Euro, die Pauschalierung ist daher anwendbar.
2.C ist nichtselbständig tätig. Daneben ist er Vortragender und vermietet eine Wohnung. Aus der Vortragstätigkeit erzielt er Einnahmen von 41.000 Euro (inkl. USt), aus der Vermietung Einnahmen von 24.000 Euro (inkl. USt), insgesamt somit Einnahmen von 65.000 Euro. Für die Anwendung der Pauschalierung in Bezug auf die Einkünfte aus der Vortragstätigkeit bleiben die Vermietungsumsätze unberücksichtigt. Der Umsatz aus der Vortragstätigkeit beträgt bei Herausrechnung der USt (20%) 34.166,67 Euro, die Pauschalierung ist daher anwendbar.
2.Die Umsatzsteuerbefreiung gemäß § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 ist nicht anwendbar, wenn der Steuerpflichtige darauf gemäß § 6 Abs. 3 UStG 1994 verzichtet hat. Ob ein Unternehmer aus Wettbewerbsgründen von der Umsatzsteuerbefreiung Gebrauch macht oder nicht, ist für die Pauschalierung nicht relevant. Wäre die Kleinunternehmerbefreiung anwendbar, weil die (allenfalls gemäß Z 1 modifizierten) Umsätze die Umsatzgrenze nicht überschreiten, ist die Pauschalierung daher auch dann anwendbar, wenn auf die Kleinunternehmerbefreiung verzichtet wurde.
4139e
Bei Vorhandensein mehrerer der Pauschalierung zugänglicher Betriebe kann der Steuerpflichtige die Pauschalierung anwenden, wenn die Summe der Umsätze der Betriebe die Umsatzgrenze nicht überschreitet. Ist das der Fall, kann für jeden Betrieb eigenständig entschieden werden, ob die Pauschalierung angewendet wird oder nicht.
Beispiele:
1.A erzielt im Jahr 2020 Umsätze aus zwei betrieblichen Tätigkeiten und der Vermietung einer Wohnung. Er erzielt insgesamt Umsätze von 52.000 Euro (ohne Umsatzsteuer) und zwar:
Tätigkeiten | Umsatz (Euro) |
Betrieb 1 | 10.000 |
Betrieb 2 | 12.000 |
Vermietung | 30.000 |
Gesamt | 52.000 |
Da die Summe der betrieblichen Umsätze die Höchstgrenze von 35.000 Euro nicht überschreitet, kann A die Pauschalierung anwenden. Er kann für jeden Betrieb eigenständig wählen, ob er von der Pauschalierung Gebrauch macht. Würde die Summe der betrieblichen Umsätze die Höchstgrenze überschreiten, wäre die Pauschalierung für keinen Betrieb anwendbar.
2.B erzielt im Jahr 2021 Umsätze aus drei betrieblichen Tätigkeiten und aus der Vermietung einer Wohnung.
Tätigkeiten | Umsatz (Euro) |
Betrieb 1 (Künstler; Steuersatz 5% gemäß § 10 Abs. 3 Z 4 iVm § 28 Abs. 52 Z 1 lit. b UStG 1994) | 10.000 (9.523,81 + 476,19 USt) |
Betrieb 2 (Vortragender) | 17.500 (14.583,33 + 2.916,67 USt) |
Betrieb 3 (Arzt) | 100.000 |
Vermietung (zu Wohnzwecken) | 18.750 (17.045,45 + 1.704,55 USt) |
Gesamt | 141.152,59 + 5.097,41 (USt) |
Die gesamten Umsätze betragen 141.152,59 Euro. Die Umsätze als Arzt in Höhe von 100.000 Euro bleiben bei Anwendung der Umsatzgrenze gemäß § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 außer Ansatz; die Vermietungsumsätze bleiben gemäß § 17 Abs. 3a Z 2 erster Teilstrich EStG 1988 außer Ansatz. Die für die Anwendungsgrenze relevanten Umsätze aus Betrieb 1 und Betrieb 2 betragen in Summe 24.107,14 Euro und überschreiten den maßgebenden Grenzwert nicht. Die Pauschalierung ist anwendbar. B kann für jeden Betrieb eigenständig wählen, ob er von der Pauschalierung Gebrauch macht.
4139ea
Für Veranlagungen ab 2023 wurde die Umsatzgrenze des § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 für Zwecke der Kleinunternehmerpauschalierung um 5.000 Euro erhöht. Die Pauschalierung kann danach angewendet werden, wenn die Umsatzsteuerbefreiung gemäß § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 für Kleinunternehmer anwendbar ist oder nur deswegen nicht anwendbar ist, weil
1.die Umsatzgrenze gemäß § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 um nicht mehr als 5.000 Euro überschritten wurde,
2.auch Umsätze erzielt wurden, die zu Einkünften führen, die gemäß § 17 Abs. 3a Z 1 EStG 1988 von der Pauschalierung nicht betroffen sind, und die erhöhte Umsatzgrenze gemäß dem ersten Teilstrich nicht überschritten wurde, oder
3.auf die Anwendung der Umsatzsteuerbefreiung gemäß § 6 Abs. 3 UStG 1994 verzichtet wurde.
Die Umsatzgrenze des § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 stellt auf die Bemessungsgrundlage bei unterstellter Steuerpflicht ab (vgl. UStR 2000 Rz 996). Dementsprechend ist für die Anwendung des § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 die – bei unterstellter Steuerpflicht anfallende – USt herauszurechnen. Die Kleinunternehmerpauschalierung bleibt anwendbar, wenn die so um die USt neutralisierten (Netto)Umsätze den Betrag von 40.000 Euro nicht übersteigen. Der Betrag von 5.000 Euro gemäß § 17 Abs. 3a Z 2 erster Teilstrich EStG 1988 stellt einen Nettobetrag dar.
Beispiel:
A erzielt folgende Umsätze:
Netto | USt-Satz (%) | Brutto | |
Fitnesstrainer | 20.000 | 20 | 24.000 |
Fahrradreparatur | 19.000 | 10 | 20.900 |
Wohnungsvermietung | 15.000 | 10 | 16.500 |
Gesamt | 54.000 | 61.400 |
A kann die Umsatzsteuerbefreiung gemäß § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 nicht in Anspruch nehmen.
Da die Kleinunternehmerpauschalierung für Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht anwendbar ist, bleiben die Umsätze aus der Wohnungsvermietung für die Kleinunternehmerpauschalierung außer Betracht. Die für die Kleinunternehmerpauschalierung relevanten Umsätze als Fitnesstrainer und aus der Fahrradreparatur betragen 39.000 Euro. Da damit die um 5.000 Euro erhöhte Umsatzgrenze von 35.000 Euro nicht überschritten ist, ist die Kleinunternehmerpauschalierung für Einkünfte aus diesen Tätigkeiten anwendbar.
4139eb
Gemäß § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 ist das einmalige Überschreiten der Umsatzgrenze um nicht mehr als 15% innerhalb eines Zeitraumes von fünf Kalenderjahren unbeachtlich. Bei Anwendung dieser umsatzsteuerlichen Toleranzregelung bleibt die unechte Steuerbefreiung somit auch dann anwendbar, wenn die Umsätze bei unterstellter Steuerpflicht den Betrag von 40.250 Euro nicht übersteigen.
Da der Erhöhungsbetrag von 5.000 Euro ausdrücklich auf die Umsatzgrenze gemäß § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994, somit den Betrag von 35.000 Euro bezogen ist, ergibt sich keine weitere Erhöhung aufgrund der 15%-Toleranzregelung.
Die für die Kleinunternehmerpauschalierung maßgebende Umsatzgrenze beträgt 40.000 Euro. Kommt die umsatzsteuerliche Toleranzregelung (15%-Erhöhung) zum Tragen, beträgt die für die Kleinunternehmerpauschalierung maßgebende Umsatzgrenze 40.250 Euro.
11.2.3 Pauschale Gewinnermittlung
11.2.3.1 Betriebseinnahmen
4139f
Rechtslage für die Veranlagung 2020:
Als Betriebseinnahmen sind nur Betriebseinnahmen (ohne Umsatzsteuer) aus Umsätzen (§ 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 und Auslandsumsätze) zu erfassen. Umsätze sind solche im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 sowie Umsätze, die im Ausland ausgeführte Lieferungen und Leistungen betreffen. Umsätze aus Entnahmen bleiben unberücksichtigt.
Als Betriebseinnahmen sind nach Maßgabe des Zuflusses nur solche anzusetzen, die aus derartigen Umsätzen resultieren. Ob diese Umsätze umsatzsteuerpflichtig oder umsatzsteuersteuerfrei sind, ist nicht relevant. Betriebseinnahmen, die keine derartigen Umsätze darstellen, bleiben außer Betracht. Dementsprechend bleiben zB Schadenersätze, Versicherungsentschädigungen, Folgerechtsvergütungen gemäß § 16b UrhG, eine Reprographie- sowie Speichermedienvergütung gemäß § 42b UrhG oder Zahlungen von Insolvenz-Ausfallgeld durch den Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds an freie Dienstnehmer unberücksichtigt.
Zahlungen zum Ersatz entgehender Umsätze sind wie Umsätze im Sinne des UStG 1994 zu behandeln, wenn der dem Jahr 2020 zuzuordnende Umsatzersatz höher ist als die Betriebseinnahmen (ohne Umsatzsteuer) aus Umsätzen gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 (§ 124b Z 348 EStG 1988).
Da bei Entnahmen von Anlagegütern der Teilwert nicht als Betriebseinnahme anzusetzen ist, ist in § 17 Abs. 3a Z 6 EStG 1988 eine Ausnahme von der Regelung des § 6 Z 4 EStG 1988, wonach der Teilwert an die Stelle der Anschaffungskosten tritt, enthalten. Damit bleibt eine betriebliche stille Reserve weiterhin steuerhängig. Die Regelung hat nur in den Ausnahmefällen Relevanz, in denen während der Pauschalierung werthaltiges Anlagevermögen entnommen wird, wie etwa Gebäude(teile).
4139g
Rechtslage ab der Veranlagung 2021:
Es sind sämtliche aus dem jeweiligen Betrieb dem jeweiligen Kalenderjahr zuzuordnenden Betriebseinnahmen ohne Umsatzsteuer zu erfassen. Entnahmen bleiben außer Ansatz (siehe oben Rz 4139f). Ein gemäß § 124b Z 348 EStG 1988 steuerpflichtiger Umsatzersatz/Ausfallsbonus ieS stellt eine Betriebseinnahme dar.
Besteht Unternehmereigenschaft und wird die Grenze für die Anwendung der Verordnung nicht überschritten (Rz 4139c), ist für die Anwendbarkeit der Pauschalierung ab der Veranlagung 2021 unerheblich, dass erzielte Betriebseinnahmen keine steuerbaren Umsätze darstellen; dementsprechend sind Versicherungsentschädigungen, Schadenersätze, Folgerechtsvergütungen gemäß § 16b UrhG, Reprographie- sowie Speichermedienvergütungen gemäß § 42b UrhG oder Zahlungen von Insolvenz-Ausfallgeld durch den Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds an freie Dienstnehmer als Betriebseinnahmen zu erfassen.
11.2.3.2 Betriebsausgaben
4139h
Rechtslage für die Veranlagung 2020:
Neben dem Betriebsausgabenpauschale (Rz 4139j) sind gezahlte Beiträge gemäß § 4 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 (ua. Pflichtversicherungsbeiträge) zu berücksichtigen. Weitere Betriebsausgaben sind nicht zu berücksichtigen. Der Grundfreibetrag steht nach § 10 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 zu.
4139i
Rechtslage ab der Veranlagung 2021:
Neben dem Betriebsausgabenpauschale (Rz 4139j) sind abzuziehen:
- Beiträge gemäß § 4 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 (ua. Pflichtversicherungsbeiträge),
- Ab der Veranlagung 2022: Das Arbeitsplatzpauschale gemäß § 4 Abs. 4 Z 8 EStG 1988 (siehe dazu Rz 1298 ff). Sind die Voraussetzungen für das Arbeitsplatzpauschale in Höhe von 300 Euro gegeben, können keine Ausgaben für ergonomisch geeignetes Inventar (§ 16 Abs. 1 Z 7a lit. a EStG 1988) berücksichtigt werden, weil diese gemäß § 4 Abs. 4 Z 8 EStG 1988 neben dem Pauschale zustehen und daher gemäß § 17 Abs. 3a Z 3 lit. a und b EStG 1988 von der zusätzlichen Abzugsfähigkeit im Rahmen der Kleinunternehmerpauschalierung ausgeschlossen sind.
- Reise- und Fahrtkosten, soweit ihnen ein Kostenersatz in gleicher Höhe gegenübersteht; der Kostenersatz ist bei der Bemessungsgrundlage für die pauschalen Betriebsausgaben nicht zu berücksichtigen (siehe dazu Rz 4127a zur Basispauschalierung).
- Ab der Veranlagung 2022 können außerdem Kosten gemäß § 4 Abs. 4 Z 5 zweiter Satz EStG 1988 geltend gemacht werden. Danach können ohne weiteren Nachweis 50% der aufgewendeten Kosten für eine nicht übertragbare Wochen-, Monats- oder Jahreskarte für Massenbeförderungsmittel für Einzelpersonen geltend gemacht werden, wenn glaubhaft gemacht wird, dass diese Karte auch für betrieblich veranlasste Fahrten verwendet wird (siehe Rz 1700a). Besteht hinsichtlich dieser Kosten kein Recht zum Vorsteuerabzug, stellt der Betrag inklusive Umsatzsteuer die Betriebsausgabe dar.
Weitere Betriebsausgaben sind nicht zu berücksichtigen. Eine nicht als Vorsteuer abzugsfähige Umsatzsteuer ist daher nicht gesondert abzuziehen. Entnahmen bleiben unberücksichtigt. Der Grundfreibetrag steht nach § 10 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 zu.
4139j
Betriebsausgabenpauschale – Rechtslage für die Veranlagung 2020:
Die pauschalen Betriebsausgaben betragen 45% der (Netto)Betriebseinnahmen aus Umsätzen (Rz 4139e). Abweichend davon betragen die pauschalen Betriebsausgaben bei einem Dienstleistungsbetrieb (Rz 4139l) 20% der Betriebseinnahmen.
Zahlungen zum Ersatz entgehender Umsätze sind wie Umsätze im Sinne des UStG 1994 zu behandeln, sofern der dem Jahr 2020 zuzuordnende Umsatzersatz höher ist als die Betriebseinnahmen (ohne Umsatzsteuer) aus Umsätzen gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 (§ 124b Z 348 EStG 1988).
4139k
Betriebsausgabenpauschale – Rechtslage ab der Veranlagung 2021:
Die pauschalen Betriebsausgaben betragen 45% der Betriebseinnahmen ohne Umsatzsteuer (Rz 4139g), höchstens aber 18.900 Euro. Abweichend davon betragen die pauschalen Betriebsausgaben bei einem Dienstleistungsbetrieb (Rz 4139l) 20% der Betriebseinnahmen, höchstens aber 8.400 Euro.
Die Deckelung bewirkt, dass das Pauschale – ungeachtet der Höhe der Betriebseinnahmen – immer nur bis zu jenem Betrag wirkt, der sich durch Anwendung des Pauschalsatzes auf den für die Z 1 maßgebenden höchsten Grenzbetrag ergibt. Bei Maßgeblichkeit eines Umsatzsteuersatzes von 20% kann die Pauschalierung (unter Herausrechnung der Umsatzsteuer) bis zu einem Einnahmenbetrag von 42.000 Euro Anwendung finden. Der Deckel ergibt sich durch Anwendung des Pauschalsatzes von 45% bzw. 20% auf diesen Wert und beträgt sohin 18.900 Euro bzw. 8.400 Euro. Sollten höhere Betriebseinnahmen erzielt werden, greift insoweit das Pauschale nicht mehr.
4139l
Welche Betriebe Dienstleistungsbetriebe sind, ergibt sich aus § 1 Abs. 1 Dienstleistungsbetriebe-Verordnung, BGBl. II Nr. 615/2020.
Bei Inanspruchnahme der Pauschalierung für einen Dienstleistungsbetrieb ist in der Steuererklärung die für den Betrieb maßgebende Branchenkennzahl anzuführen. Eine unterrichtende Tätigkeit als Vortragender ist nach der genannten Verordnung als „Unterricht (außerhalb Schulen und Kindergärten)“ – Branchenkennzahl 855 – zu qualifizieren (zB Vortragender an einer Universität oder Fachhochschule mit selbständigen Einkünften).
Bei einem Betrieb, der branchenbezogen nicht ausschließlich § 1 der VO zuzuordnen ist, muss aus den Aufzeichnungen klar erkennbar sein, für welche Tätigkeiten der Pauschalsatz von 20% oder der Pauschalsatz von 45% maßgeblich ist. Für die Anwendung des einheitlichen Pauschalsatzes von 20% oder 45% ist die Tätigkeit maßgebend, aus der die höheren Betriebseinnahmen stammen.
11.2.4 Mitunternehmerschaft
4139m
Die Pauschalierung ist auch anwendbar, wenn eine der Pauschalierung zugängliche Tätigkeit im Rahmen einer Mitunternehmerschaft ausgeübt wird. In Bezug auf die Umsatzgrenze ist der gesamte von der Mitunternehmerschaft erzielte Umsatz maßgebend. Individuelle Umsätze der einzelnen Mitunternehmer bleiben unberücksichtigt.
4139n
§ 17 Abs. 3a Z 7 EStG 1988 sieht vor, dass die Pauschalierung nur anwendbar ist, wenn keiner der Mitunternehmer außerhalb der Mitunternehmerschaft in einem eigenen Betrieb von der Pauschalierung Gebrauch macht. Die Inanspruchnahme der Pauschalierung bei einer weiteren Mitunternehmerschaft ist unschädlich.
Wird nach erfolgter rechtskräftiger Feststellung gemäß § 188 BAO von einem Mitunternehmer im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung in einem Betrieb die Kleinunternehmerpauschalierung in Anspruch genommen, fällt die Anwendungsvoraussetzung in Bezug auf die Mitunternehmerschaft nachträglich weg. Dieser Umstand stellt ein rückwirkendes Ereignis iSd § 295a BAO dar.
4139o
Die pauschale Gewinnermittlung ist von der Mitunternehmerschaft einheitlich vorzunehmen; der so ermittelte Gewinn ist auf die Beteiligten aufzuteilen. Sonderbetriebseinnahmen und Sonderbetriebsausgaben (inklusive Pflichtversicherungsbeiträge) sind beim jeweiligen Mitunternehmer in tatsächlicher Höhe zu berücksichtigen.
Beispiel:
An der AB-OG sind A und B zu 50% beteiligt. Die OG erzielt 2020 Umsätze iSd § 17 Abs. 3a Z 2 EStG 1988 in Höhe von 32.300 Euro. A und B haben an Pflichtversicherungsbeiträgen im Jahr 2020 jeweils 4.455 Euro geleistet. A hat der OG einen Betriebsraum um 1.000 Euro vermietet. Für die Anwendung der Pauschalierung ist der Pauschalsatz von 45% maßgeblich.
A | B | |
Vorläufiger Gewinn 1) | 8.882,50 | 8.882,50 |
abzüglich Pflichtversicherung | – 4.455,00 | – 4.455,00 |
zuzüglich Miete | + 1.000,00 | – |
Zwischensumme | 5.427,50 | 4.427,50 |
abzüglich Grundfreibetrag (13%) | 705,57 | 575,57 |
Pauschalierter Gewinn | 4.721,93 | 3.851,93 |
1) Umsatz der OG abzüglich Pauschale: 32.300 – 14.535 = 17.765, davon je 8.882,50 auf A und B
11.2.5 Wechsel der Gewinnermittlung
4139p
Wird von der Kleinunternehmerpauschalierung freiwillig auf eine andere Form der Gewinnermittlung übergegangen, ist eine erneute Ermittlung des Gewinnes nach diesen Vorschriften frühestens nach Ablauf von drei Wirtschaftsjahren zulässig. Nach Ablauf der 3-jährigen Sperrfrist kann die Kleinunternehmerpauschalierung frühestens im vierten Jahr nach dem Wechsel wieder in Anspruch genommen werden.
Der Wechsel erfolgt freiwillig, wenn die Kleinunternehmerpauschalierung nicht in Anspruch genommen wird, obwohl dies möglich wäre, weil die Anwendungsvoraussetzungen erfüllt sind. Bei einem die Pauschalierung ausschließenden Überschreiten der Umsatzgrenze liegt kein freiwilliger Wechsel vor. Daher kann die Pauschalierung in jedem Folgejahr, in dem die Voraussetzungen erfüllt sind, wieder angewendet werden.
Siehe zur Sperrfrist in der Basispauschalierung Rz 4134.
11.2a Nichtbuchführende Gewerbetreibende (Verordnung BGBl. Nr. 55/1990 idF BGBl. II Nr. 215/2018)
Siehe die Verordnung des Bundesministers für Finanzen vom 14. Dezember 1989 über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für die Ermittlung des Gewinnes bei nichtbuchführenden Gewerbetreibenden, BGBl. Nr. 55/1990 idF BGBl II Nr. 215/2018.
11.3 Land- und Forstwirtschaft (Veranlagungsjahre 2011 bis 2014: LuF-PauschVO 2011 idF BGBl. II Nr. 164/2014; Veranlagungsjahre ab 2015: LuF-PauschVO 2015 idF BGBl. II Nr. 164/2014, BGBl. II Nr. 559/2020 bzw. BGBl. II Nr. 559/2020)
11.3.1 Allgemeines
4140
Rechtslage Veranlagung 2015 bis 2019
Für einen nicht buchführenden land- und forstwirtschaftlichen Betrieb kann der Gewinn pauschal ermittelt werden, wenn dessen Einheitswert 130.000 Euro nicht übersteigt und er seinen Gewinn nicht auf Grund des Überschreitens der 400.000 Euro-Umsatzgrenze (siehe dazu auch Rz 5018) in zwei aufeinanderfolgenden Kalenderjahren nach Ablauf eines Pufferjahres (§ 1 Abs. 1a der Verordnung) durch eine vollständige Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ermitteln muss.
Dabei sind zwei Arten der pauschalen Gewinnermittlung vorgesehen (siehe auch Rz 4141d):
- Vollpauschalierung: Keine der folgenden Grenzen darf überschritten werden:
- Einheitswert von 75.000 Euro
- die selbst bewirtschaftete reduzierte landwirtschaftliche Nutzfläche von 60 ha
- die Zahl der tatsächlich erzeugten oder gehaltenen Vieheinheiten von 120.
- Teilpauschalierung:
- bei Überschreitung einer der oben genannten Grenzen oder
- bei Ermittlung der sozialversicherungsrechtlichen Beitragsgrundlage gemäß § 23 Abs. 1a Bauern-Sozialversicherungsgesetz oder
- bei Unterschreiten der oben genannten Grenzen und Ausübung der Teilpauschalierungsoption gemäß § 2 Abs. 3 LuF-PauschVO 2015 oder
- isoliert bezogen auf den Gewinn aus Forstwirtschaft bei einem forstwirtschaftlichen Einheitswert von mehr als 11.000 Euro (nur hinsichtlich der Einkünfte aus Forstwirtschaft)
- isoliert bezogen auf den Gewinn aus Weinbau bei einer weinbaulich genutzten Grundfläche von mehr als 60 Ar
- isoliert bezogen auf den Gewinn aus Obstbau bei einer selbstbewirtschafteten Grundfläche für Intensivobstanlagen zur Produktion von Tafelobst von mehr als 10 ha.
Rechtslage Veranlagung 2020 bis 2022 bzw. ab 2023
Für einen nicht buchführenden land- und forstwirtschaftlichen Betrieb kann der Gewinn pauschal ermittelt werden, wenn dessen Einheitswert 130.000 Euro (Veranlagung 2020 bis 2022) bzw. 165.000 Euro (ab Veranlagung 2023) nicht übersteigt und er seinen Gewinn nicht auf Grund des Überschreitens der 400.000 Euro-Umsatzgrenze (Veranlagung 2020 bis 2022) bzw. 600.000 Euro-Umsatzgrenze (ab Veranlagung 2023) (siehe dazu auch Rz 5018) in zwei aufeinanderfolgenden Kalenderjahren nach Ablauf eines Pufferjahres (§ 1 Abs. 1a LuF-PauschVO 2015) durch eine vollständige Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ermitteln muss.
Bei Berechnung des für die 400.000 Euro-Umsatzgrenze (Veranlagung 2020 bis 2022) bzw. 600.000 Euro-Umsatzgrenze (ab Veranlagung 2023) maßgeblichen Umsatzes ist ab der Veranlagung 2021 gemäß § 1 Abs. 1a letzter Satz LuF-PauschVO 2015 der Wert des Futters hinzuzurechnen, wenn in einem landwirtschaftlichen Tierhaltungsbetrieb das Futter vom Abnehmer der Tiere zur Verfügung gestellt wird, ohne dass das Eigentum daran auf den Betriebsinhaber übergeht. Dies betrifft insbesondere Fälle der Lohnmast. Lohntierhaltung (im engeren Sinne) ist das Halten, die Aufzucht und das Mästen von Vieh, das im Eigentum Dritter (Abnehmer der Tiere) steht. Wird nicht das gesamte Futter vom Abnehmer der Tiere zur Verfügung gestellt, sondern auch Eigenfutter verwendet, beschränkt sich die Hinzurechnung auf den Wert des zur Verfügung gestellten Futters. Die Hinzurechnung gilt auch für Tierhalter, soweit diese bei in ihrem Eigentum stehenden Tieren Futter verwenden, das vom Abnehmer der Tiere zur Verfügung gestellt wird. Wird bei Berechnung des Mast- oder Aufzuchtlohns der Wert des Futters nicht gesondert ausgewiesen, ist dieser zu schätzen. Der Wert des Futters wird idR dem Einkaufswert entsprechen. Dabei ist auf den Einkaufspreis beim Abnehmer der Tiere abzustellen. Zur Prüfung der 400.000 Euro-Umsatzgrenze (Veranlagung 2020 bis 2022) bzw. 600.000 Euro-Umsatzgrenze (ab Veranlagung 2023) ist der Wert des Futters in jenem Jahr hinzuzurechnen, in dem der entsprechende Mast- oder Aufzuchtlohn vereinnahmt wird.
Die neue Umsatzgrenze von 600.000 Euro ist ab der Veranlagung für das Kalenderjahr 2023 anzuwenden.
Beispiel:
Der bisher unter die LuF-PauschVO 2015 fallende Landwirt A führt im Kalenderjahr (Veranlagungszeitraum) 2023 Umsätze iHv 510.000 Euro aus. Im Kalenderjahr 2024 betragen seine Umsätze 620.000 Euro.
Landwirt A kann die Pauschalierung in den Veranlagungsjahren 2023 und 2024 in Anspruch nehmen, weil die jeweilige maßgebliche Umsatzgrenze (2022: 400.000 Euro, 2023 und 2024: 600.000 Euro) nicht in zwei aufeinanderfolgenden Jahren überschritten wurde.
Dabei sind zwei Arten der pauschalen Gewinnermittlung vorgesehen (siehe auch Rz 4141d):
- Vollpauschalierung: Wenn der Einheitswert die Grenze von 75.000 Euro nicht überschreitet.
- Teilpauschalierung:
- bei Überschreitung der oben genannten Einheitswertgrenze oder
- bei Ermittlung der sozialversicherungsrechtlichen Beitragsgrundlage gemäß § 23 Abs. 1a Bauern-Sozialversicherungsgesetz oder
- bei Unterschreiten der oben genannten Grenze und Ausübung der Teilpauschalierungsoption gemäß § 2 Abs. 3 LuF-PauschVO 2015 oder
- isoliert bezogen auf den Gewinn aus Forstwirtschaft bei einem forstwirtschaftlichen Einheitswert von mehr als 15.000 Euro (nur hinsichtlich der Einkünfte aus Forstwirtschaft)
- isoliert bezogen auf den Gewinn aus Weinbau bei einer weinbaulich genutzten Grundfläche von mehr als 60 Ar.
4140a
Die LuF-PauschVO 2015 ist für jenen Veranlagungszeitraum erstmals anzuwenden, für den gemäß § 20c BewG 1955 festgestellte Einheitswerte gemäß § 20 Abs. 3 BewG 1955 erstmalig anzuwenden sind (§ 17 Abs. 1 LuF-PauschVO 2015). Gemäß § 20c BewG 1955 werden die Einheitswerte im Rahmen der Hauptfeststellung zum 1.1.2014 festgestellt. Unabhängig davon, wann der Bescheid ergeht, wird der Bescheid gemäß § 20 Abs. 3 BewG 1955 mit dem Folgejahr – also zum 1.1.2015 – wirksam und die darin festgestellten Einheitswerte sind ab diesem Zeitpunkt anzuwenden. Somit ist das Jahr 2015 – unabhängig vom Zeitpunkt der Bescheiderstellung – immer der erste Veranlagungszeitraum, in dem die neuen Einheitswerte wirksam werden.
Die LuF-PauschVO 2015 ist daher für das gesamte Bundesgebiet erstmals für den Veranlagungszeitraum 2015 anzuwenden. Die LuF-PauschVO 2015 ist somit auch für jene Land- und Forstwirte anzuwenden, deren Einheitswert noch nicht gemäß § 20c BewG 1955 festgestellt wurde.
4140b
Die Beurteilung, ob die genannten Einheitswertgrenzen überschritten sind oder nicht, ist auf Basis des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes vorzunehmen. Ein einheitlicher land- und forstwirtschaftlicher Betrieb einer selbständigen land- und forstwirtschaftlichen Mitunternehmerschaft liegt dann vor, wenn alle Beteiligten zur Erreichung eines gemeinsamen wirtschaftlichen Erfolges zusammenwirken.
Ein einheitlicher Betrieb ist insbesondere anzunehmen, wenn der Betrieb
- auf nahe Angehörige aufgeteilt wird und
- eine Verflechtung in der Nutzung von Produktionsmitteln und im Vertrieb der erzeugten Produkte vorliegt (zB Bewirtschaftung einer gemeinsamen Betriebsstätte, einheitlicher Marktauftritt, überwiegend gemeinschaftliche Nutzung von Maschinen und Geräten; keine klare Abgrenzung bei Wirtschaftsgebäuden und Flächen, keine exakte Zuordenbarkeit im Belegwesen, bei Verträgen und Behördenmeldungen).
Bei der Beurteilung, ob ein einheitlicher Betrieb vorliegt, ist auf das Gesamtbild der Verhältnisse abzustellen.
Getrennte Betriebe liegen dann vor, wenn eine eindeutig getrennte Bewirtschaftung gegeben ist (zB sind die konventionelle Bewirtschaftung einerseits und die biologische Bewirtschaftung andererseits auf Grund der unterschiedlichen Produktionsmethoden und der damit verbundenen Anforderungen ein Indiz für das Vorliegen von zwei getrennten Betrieben).
11.3.1.1 Anwendung und maßgebender Einheitswert (§ 1 Abs. 1 bis 3 der Verordnung)
4141
Die LuF-PauschVO 2015 kann entweder nur zur Gänze oder überhaupt nicht angewendet werden. Wird zB der Gewinn aus Forstwirtschaft mittels vollständiger Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ermittelt, so kann auch der Gewinn aus Landwirtschaft nur mittels vollständiger Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ermittelt werden. Eine Mischung zwischen Pauschalierung (Voll- oder Teilpauschalierung) und vollständiger Einnahmen-Ausgaben-Rechnung hinsichtlich der einzelnen land- und forstwirtschaftlichen Betriebszweige ist nicht möglich.
4141a
Gemäß § 1 Abs. 1 iVm Abs. 2 LuF-PauschVO 2015 ist diese Verordnung anwendbar, wenn der Einheitswert für das während des Veranlagungsjahres bewirtschaftete land- und forstwirtschaftliche Vermögen (zum maßgeblichen land- und forstwirtschaftlichen Vermögen siehe Rz 4142) 165.000 Euro (bis Veranlagung 2022: 130.000 Euro) nicht übersteigt. Maßgeblicher Einheitswert ist dabei – in analoger Anwendung des § 1 Abs. 3 LuF-PauschVO 2015 – der zum 31. Dezember des Jahres, das dem zu beurteilenden Veranlagungszeitraum vorangeht, wirksame Einheitswert. Übersteigt an diesem Stichtag der Einheitswert 165.000 Euro (bis Veranlagung 2022: 130.000 Euro), ist die LuF-Pauschalierung im Folgejahr nicht mehr zulässig.
Beispiele:
Der Einheitswert beträgt zum 31.12.2021 140.000 Euro. Die LuF-Pauschalierung ist im Veranlagungsjahr 2022 nicht zulässig.
Der Einheitswert beträgt zum 31.12.2022 140.000 Euro. Die LuF-Pauschalierung ist im Veranlagungsjahr 2023 zulässig.
4141b
Kommt es im Zuge einer Wertfortschreibung zu einem Überschreiten des maßgeblichen Einheitswertes, tritt dieser ab dem dafür maßgeblichen Fortschreibungszeitpunkt (Beginn des Kalenderjahres; § 21 Abs. 4 BewG 1955) an die Stelle des bis dahin festgestellten Einheitswertes.
Liegt der Zeitpunkt, für den der fortgeschriebene Einheitswert wirksam wird, in einem Kalenderjahr, das zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung bereits vergangen ist, treten die Wirkungen bezüglich der Anwendbarkeit der LuF-PauschVO 2015 dennoch erst mit dem der Zustellung des Wertfortschreibungsbescheides folgenden Kalenderjahr ein.
11.3.1.1a Erstmalige Anwendung der LuF-PauschVO 2015 im Zusammenspiel mit der Hauptfeststellung gemäß § 20c BewG 1955
4141c
Veranlagungszeitraum 2015:
Für den Veranlagungszeitraum 2015 ist für die Beurteilung der Anwendbarkeit der LuF-PauschVO 2015 der zum 31. Dezember 2014 festgestellte Einheitswert maßgeblich. Somit sind für das Jahr 2015 für die Anwendbarkeit der LuF-PauschVO 2015 noch nicht die auf Grund der Hauptfeststellung zum 1. Jänner 2014 festgestellten Einheitswerte heranzuziehen, weil diese gemäß § 20 Abs. 3 BewG 1955 erst mit 1. Jänner 2015 wirksam werden.
Veranlagungszeitraum 2016 und nachfolgende Veranlagungszeiträume:
Für den Veranlagungszeitraum 2016 und die Folgejahre ist die Beurteilung der Anwendbarkeit der LuF-PauschVO 2015 an Hand der zum 31. Dezember 2015 bzw. zum jeweiligen 31. Dezember der Folgejahre festgestellten Einheitswerte vorzunehmen. Unabhängig vom Umstand, dass gemäß § 20c BewG 1955 festgestellte Einheitswerte immer zum 1. Jänner 2015 wirksam werden (siehe dazu Rz 4141e), tritt für Zwecke der Anwendbarkeit der LuF-PauschVO 2015 die Wirkung des Einheitswertbescheides aber erst mit dem der Zustellung folgenden Kalenderjahr ein. Daher kann der Gewinn ab dem der Bescheidzustellung folgenden Kalenderjahr pauschal ermittelt werden, wenn es auf Grund der Hauptfeststellung zu einem Absinken des Einheitswertes auf 130.000 Euro oder weniger und somit zur Anwendbarkeit der LuF-PauschVO 2015 ab dem Jahr 2016 kommt.
Kommt es auf Grund der Hauptfeststellung zu einem Anstieg des Einheitswertes über 130.000 Euro, kommt es mit dem Jahr 2016 oder einem anderen auf die Zustellung des Hauptfeststellungsbescheides folgenden Kalenderjahr zum Entfall der Anwendbarkeit der LuF-PauschVO 2015.
Beispiel 1:
Ein landwirtschaftlicher Betrieb, dessen Gewinn nach der LuF-PauschVO 2011 bislang pauschal ermittelt wurde, hat zum 31.12.2014 einen Einheitswert in Höhe von 132.000 Euro. Für die Anwendbarkeit der LuF-PauschVO 2015 im Jahr 2015 ist noch der Einheitswert zum 31.12.2014 maßgeblich. Daher ist im Jahr 2015 die Pauschalierung unter Anwendung der LuF-PauschVO 2015 nicht anwendbar und der Gewinn muss jedenfalls durch eine vollständige Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ermittelt werden.
Wird im Rahmen der Hauptfeststellung im Jahr 2016 ein Einheitswertbescheid erlassen, mit dem ein Einheitswert von 130.000 Euro oder weniger festgestellt wird, stellt dieser den zum 31.12.2016 maßgeblichen Einheitswert dar. Ab dem der Bescheidzustellung folgenden Jahr (2017) kann der Gewinn daher nach den Regeln der LuF-PauschVO 2015 ermittelt werden.
Beispiel 2:
Ein landwirtschaftlicher Betrieb, dessen Gewinn nach der LuF-PauschVO 2011 pauschal ermittelt wurde, hat zum 31.12.2014 einen Einheitswert in Höhe von 128.000 Euro. Für die Anwendbarkeit der LuF-PauschVO 2015 im Jahr 2015 ist noch der Einheitswert zum 31.12.2014 maßgeblich. Daher kann auch im Jahr 2015 der Gewinn unter Anwendung der LuF-PauschVO 2015 ermittelt werden.
Wird im Rahmen der Hauptfeststellung im Jahr 2016 ein Einheitswertbescheid erlassen, mit dem ein Einheitswert von über 130.000 Euro festgestellt wird, stellt dieser den zum 31.12.2016 maßgeblichen Einheitswert dar. Ab dem der Bescheidzustellung folgenden Jahr (2017) ist die LuF-PauschVO 2015 nicht mehr anwendbar. Der Gewinn ist daher zumindest durch eine vollständige Einnahmen-Ausgaben-Rechnung zu ermitteln (es sei denn, der maßgebliche Einheitswert beträgt auf Grund von unterjährigen Verkäufen, Verpachtungen und zur Nutzung überlassenen Flächen höchstens 130.000 Euro).
4141d
Wird durch unterjährige Zukäufe, Zupachtungen, zur Nutzung übernommene Flächen oder unentgeltliche Erwerbe der für die Vollpauschalierung maßgebende Einheitswert (Gesamteinheitswert von 75.000 Euro bzw. für Veranlagungszeiträume bis 2014 100.000 Euro; Forst-Teileinheitswert von 15.000 Euro [bzw. für Veranlagungszeiträume bis 2019: 11.000 Euro]) am 31. Dezember eines Jahres überschritten, ist ab dem Folgejahr die Teilpauschalierung anzuwenden (§ 1 Abs. 3 LuF-PauschVO 2015). Solange der Steuerpflichtige hinsichtlich der zugekauften bzw. unentgeltlich erworbenen Flächen zum 31. Dezember des jeweiligen Veranlagungsjahres noch über keinen eigenen Einheitswertbescheid verfügt, sind zur Ermittlung des maßgebenden Einheitswertes – wie bei Zupachtungen – die eigenen Hektarsätze heranzuziehen.
Für die Beurteilung der Anwendbarkeit der Vollpauschalierung auf Grund des Einheitswertes gelten in Zusammenhang mit der Hauptfeststellung der Einheitswerte dieselben Regeln wie für die generelle Anwendbarkeit der LuF-PauschVO 2015 (siehe dazu Rz 4141a und Rz 4141c).
Beispiel:
Ein landwirtschaftlicher Betrieb, dessen Gewinn nach der LuF-PauschVO 2011 bislang mittels Vollpauschalierung ermittelt wurde, hat zum 31.12.2014 einen Einheitswert in Höhe von 77.000 Euro. Für die Anwendbarkeit der Vollpauschalierung im Jahr 2015 ist noch der Einheitswert zum 31.12.2014 maßgeblich. Daher ist im Jahr 2015 die Vollpauschalierung unter Anwendung der LuF-PauschVO 2015 nicht möglich; der Gewinn kann daher im Rahmen der LuF-PauschVO 2015 nur mittels Teilpauschalierung ermittelt werden.
Wird 2016 im Zuge der Hauptfeststellung ein Einheitswertbescheid erlassen, mit dem ein Einheitswert von höchstens 75.000 Euro festgestellt wird, stellt dieser den zum 31.12.2016 maßgeblichen Einheitswert dar. Ab dem der Bescheidzustellung folgenden Jahr (2017) ist der Gewinn daher mittels Vollpauschalierung zu ermitteln.
4141e
Kommt es auf Grund der Hauptfeststellung zu einem Anstieg des Einheitswertes, ist auf Grund der bewertungsrechtlichen Rückwirkung des Einheitswertbescheides (siehe Rz 4141c) auch für bereits vergangene Veranlagungszeiträume der Grundbetrag gemäß § 2 Abs. 1 LuF-PauschVO 2015 unter Zugrundelegung des neu festgestellten Einheitswertes zu ermitteln.
Bezüglich der Anwendbarkeit der Vollpauschalierung entfaltet der Einheitswertbescheid aber erst mit dem der Zustellung folgenden Kalenderjahr Wirkung. Daher ist auch bei einem Einheitswert von mehr als 75.000 Euro der Gewinn für vergangene Kalenderjahre und das Kalenderjahr der Zustellung des Hauptfeststellungsbescheides mittels Vollpauschalierung zu ermitteln (§ 2 Abs. 1 Z 1 LuF-PauschVO 2015). Für die Ermittlung des Grundbetrages gemäß § 2 Abs. 1 LuF-PauschVO 2015 ist aber auf den gemäß § 20c BewG 1955 neu festgestellten Einheitswert Bezug zu nehmen. Sollten vergangene Veranlagungszeiträume bereits veranlagt sein, sind die Veranlagungsbescheide gemäß § 295 Abs. 1 BAO zu ändern und die Veranlagung auf Basis der neuen Einheitswertbescheide vorzunehmen.
Beispiel:
Ein landwirtschaftlicher Betrieb, dessen Gewinn nach der LuF-PauschVO 2011 pauschal ermittelt wurde, hat zum 31.12.2014 einen Einheitswert in Höhe von 74.000 Euro. Für die Anwendbarkeit der LuF-PauschVO 2015 im Jahr 2015 ist noch der Einheitswert zum 31.12.2014 maßgeblich. Daher kann auch im Jahr 2015 der Gewinn mittels Vollpauschalierung ermittelt werden.
Wird im Zuge der Hauptfeststellung im Jahr 2016 ein Einheitswertbescheid erlassen, mit dem ein Einheitswert von über 75.000 Euro festgestellt wird, ist dieser Einheitswert gemäß § 20 Abs. 3 iVm § 20c BewG 1955 bewertungsrechtlich mit 1. Jänner 2015 rückwirkend wirksam. Allerdings ist der Gewinn im Rahmen der LuF-PauschVO mittels Teilpauschalierung erst ab dem der Bescheidzustellung folgenden Jahr 2017 zu ermitteln (es sei denn der maßgebliche Einheitswert beträgt auf Grund von unterjährigen Verkäufen, Verpachtungen und zur Nutzung überlassenen Flächen höchstens 75.000 Euro). Die Gewinnermittlung im Rahmen der Vollpauschalierung hat aber auch für die Jahre 2015 und 2016 auf Basis des neu festgestellten Einheitswertes zu erfolgen (dies gilt sinngemäß auch für die pauschalen Betriebsausgaben gemäß § 3 Abs. 2 LuF-PauschVO 2015). Sollten für diese Jahre bereits Veranlagungsbescheide ergangen sein, sind diese gemäß § 295 Abs. 1 BAO zu ändern.
4141f
Wird ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb oder Teilbetrieb unterjährig im Wege der Gesamt- oder Einzelrechtsnachfolge erworben oder zugepachtet, ist für die Beurteilung der Frage, welche Pauschalierungsmethode durch den Betriebserwerber anzuwenden ist, der Einheitswert der übertragenen land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen zum vorangegangenen 31. Dezember maßgeblich. Beträgt der maßgebliche Gesamteinheitswert der selbst bewirtschafteten Fläche über 75.000 Euro (für Veranlagungszeiträume bis 2014 100.000 Euro) oder der maßgebliche Forst-Teileinheitswert über 15.000 Euro (für Veranlagungszeiträume bis 2019: 11.000 Euro), ist bereits für das Jahr der Betriebsübertragung der Gewinn mittels Teilpauschalierung zu ermitteln (siehe § 191 Abs. 4 BAO und VwGH 15.5.2019, Ro 2019/13/0010).
Entsprechendes gilt im Fall der Verpflichtung des Rechtsvorgängers, den Gewinn durch Einnahmen-Ausgaben-Rechnung bzw. Bilanzierung zu ermitteln.
Sollte der Erwerber bereits einen Betrieb auf eigene Rechnung und Gefahr führen, kann für diesen Betrieb im Jahr des unterjährigen Betriebserwerbs die bisherige Gewinnermittlung fortgeführt werden.
4142
Der maßgebliche Einheitswert ergibt sich aus Eigenbesitz plus Zupachtungen, Zukäufe und zur Nutzung übernommene Flächen minus Verpachtungen, Verkäufe und zur Nutzung überlassener Flächen. Bei Zupachtungen und zur Nutzung übernommenen Flächen ist der ha-Satz des Pächters maßgebend. Stellen landwirtschaftlich genutzte Flächen bewertungsrechtlich Grundvermögen dar, sind sie mit dem Wert, der sich aus der Multiplikation der Fläche mit dem Hektarsatz des jeweiligen Betriebszweiges ergibt, dem Einheitswert hinzuzurechnen.
Hinsichtlich des Zeitpunktes der Zurechnung von Zu- und Verkäufen, Zu- oder Verpachtungen und Nutzungsübernahmen und -überlassungen stellt die Verordnung klar, dass es nicht auf einen bestimmten Zeitpunkt, sondern auf die Bewirtschaftung während des Veranlagungszeitraumes ankommt. Im Zweifel kann daher die Regel „Wer die Ernte hat, der hat die Zurechnung“ gelten. Ist im maßgeblichen Einheitswertbescheid des Pächters für die betreffende Vermögensunterart (Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Weinbau) kein Hektarsatz ausgewiesen, ist der entsprechende im Einheitswertbescheid des Verpächters ausgewiesene Hektarsatz anzuwenden. Diesen Hektarsatz hat das Finanzamt auf Anfrage dem Pächter mitzuteilen.
Kommt es auf Grund von Zupachtungen, Zukäufen und Nutzungsübernahmen bzw. auf Grund von Verpachtungen, Verkäufen und Nutzungsüberlassungen zu einer Änderung des maßgeblichen Einheitswertes zum 31. Dezember eines Jahres, ist im Falle des Überschreitens der Einheitswertgrenze für die Vollpauschalierung bzw. für die generelle Anwendbarkeit der LuF-PauschVO 2015 die Vollpauschalierung bzw. die LuF-PauschVO 2015 ab dem Folgejahr nicht mehr anwendbar.
Kommt es hinsichtlich der Zupachtungen, Zukäufe und Nutzungsübernahmen in Folge der Hauptfeststellung zu Änderungen des maßgeblichen Einheitswertes, gilt für die Anwendbarkeit der LuF-PauschVO 2015 Rz 4141c und für die Anwendbarkeit der Vollpauschalierung Rz 4141d entsprechend.
11.3.1.1b Anwendung der Einheitswerte aufgrund der Hauptfeststellung zum 1.1.2023
4142a
Die Einheitswerte aufgrund der Hauptfeststellung zum 1.1.2023 wirken gemäß § 20d BewG 1955 nicht erst ein Jahr verspätet, sondern rückwirkend unmittelbar zum Hauptfeststellungszeitpunkt (das ist der 1.1.2023). Da jedoch § 1 Abs. 3 LuF-PauschVO 2015 auf den 31.12. des Vorjahres abstellt, kommen sie erst für das Veranlagungsjahr 2024 zur Anwendung.
11.3.1.2 Grundsätzliches zur Durchschnittssatzgewinnermittlung
4143
Die Durchschnittssatzbesteuerung („Pauschalierung“) stellt lediglich eine besondere Art der Gesamtschätzung nach äußeren Betriebsmerkmalen dar (VwGH 19.10.1971, 0013/70).
Zu unterscheiden ist zwischen einer Vollpauschalierung und einer Teilpauschalierung.
Bei der Vollpauschalierung, die vom Einheitswert oder von flächenabhängigen Durchschnittssätzen (gärtnerische Erzeugung für Wiederverkäufer) ausgeht, sind die tatsächlichen Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben grundsätzlich nicht von Bedeutung. Dieses Prinzip wird insoweit durchbrochen, als außerordentliche Einnahmen gesondert zu erfassen sind und bestimmte Ausgaben im Verordnungswege zum Abzug zugelassen werden. Dabei ist zu beachten, dass alle nicht abpauschalierten Einnahmen und Aufwendungen nach dem Zufluss-Abfluss-Prinzip zu erfassen sind.
4144
Die Teilpauschalierung gilt als Einnahmen-Ausgaben-Rechnung, wobei von den tatsächlichen Betriebseinnahmen (inklusive der vereinnahmten Förderungen und Prämien) pauschale Betriebsausgaben abgezogen werden.
4145
Bildet ein landwirtschaftlicher Betrieb einen Teil eines einheitlichen Gewerbebetriebes, so kommt die Anwendung von Durchschnittssätzen für die Ermittlung des Gewinnes aus Land- und Forstwirtschaft nicht in Betracht (VwGH 6.11.1968, 0051/67).
4146
Bei einem Rumpfwirtschaftsjahr ist der pauschaliert ermittelte Gewinn eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes grundsätzlich jenem Steuerpflichtigen zuzurechnen, der im jeweiligen Kalenderjahr von den betreffenden Flächen die Ernte eingebracht bzw. den überwiegenden Ertrag erzielt hat; es bestehen aber auch keine Bedenken, wenn der pauschal ermittelte Gewinn dem Betriebsvorgänger und Betriebsnachfolger anteilig zugerechnet wird (siehe Rz 5154).