12.1 Allgemeines
537
Einkommensverwendung ist bei personenbezogenen Körperschaften hauptsächlich die steuerneutrale Aufteilung des Einkommens auf die Anteilsinhaber, im Übrigen der Einsatz für nicht der Einkommenserzielung dienende Maßnahmen. Analog zum Einkommensteuerrecht können Maßnahmen der Einkommensverwendung die Ermittlung des Einkommens von Körperschaften nicht beeinflussen, soweit das Gesetz nicht Ausnahmen davon vorsieht. Anteilsinhaber sind die Personen, welche die Körperschaft mit Kapital ausstatten und dafür einen Anteil am Gewinn, oder im Falle der Liquidation am Vermögen der Körperschaft haben.
Typische Anteilsinhaber sind:
- bei einer GmbH die Gesellschafter
- bei einer Aktiengesellschaft die Aktionäre
- bei einer Genossenschaft die Genossenschafter
538
Von einer Einkommensverteilung im Sinne des § 8 Abs. 2 KStG 1988 kann nur gesprochen werden, wenn sie gesellschaftsrechtlich motiviert ist, dh. wenn der Empfänger ein Anteilsinhaber ist oder eine eigentümerähnliche Position besitzt (siehe Rz 542 bis 548).
Die Einkommensverteilung kann in Form von
- offenen Ausschüttungen (siehe Rz 549 bis 561)
- verdeckten Ausschüttungen (siehe Rz 562)
- Entnahmen (siehe Rz 542 bis 548) oder
- in anderer Weise
539
Offene Ausschüttungen sind bei Vorliegen von Gewinnverteilungsbeschlüssen von Aktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung und Genossenschaften anzunehmen (siehe Rz 549 bis 561).
Unter verdeckten Ausschüttungen versteht man alle vermögenswerten Vorteile, die eine Körperschaft dem Anteilsinhaber oder einem ihm nahe Stehenden nur deshalb gewährt, weil er Beteiligter der Körperschaft ist und die sie einem anderen Vertragspartner in dieser Form nicht gewähren würde (siehe Rz 562).
Als Entnahmen wird auch bei Körperschaften im Allgemeinen der Vermögenstransfer vom Betriebsvermögen in den außerbetrieblichen Bereich verstanden. Ein weiterer Anwendungsbereich kann in Vermögenszuwendungen von eigentümerlosen Körperschaften gesehen werden, soweit nicht eine verdeckte Ausschüttung denkbar ist (siehe Rz 543).
540
Jeder Akt der Einkommensverwendung, der nicht unter die drei ersten Tatbestände subsumiert werden kann, fällt unter Einkommensverwendung in „anderer Weise“. Darunter sind etwa Spenden und Aufwendungen im Sinne des § 12 KStG 1988 zu verstehen. Unter welchen der vier Tatbestände ein Vorgang fällt, spielt nur eine untergeordnete Rolle. Die steuerlichen Folgen sind grundsätzlich bei allen vier Tatbeständen die gleichen. Der einzige Unterschied zwischen Entnahme und verdeckter Ausschüttung auf Ebene der Körperschaft ist der Bewertungsmaßstab. Während bei der Entnahme der Teilwert zum Ansatz kommt, ist der verdeckten Ausschüttung ein Fremdvergleichsmaßstab zu Grunde zu legen.
541
Von der Einkommensverwendung im Sinne des § 8 Abs. 2 KStG 1988 ist die Einlagenrückzahlung sowie die Verteilung des Vermögens im Wege der Liquidation zu unterscheiden.
- Einlagenrückzahlungen sind steuerneutrale Zuwendungen aus dem Eigenkapital der Körperschaft außerhalb von steuerlichen Ausschüttungen, die an Personen in ihrer Eigenschaft als Anteilsinhaber erfolgen (siehe Rz 513). Hinsichtlich der Abgrenzung zur Ausschüttungsfiktion des § 32 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 siehe Rz 560.
- Liquidation ist die Auflösung und Abwicklung einer Körperschaft nach § 19 KStG 1988. Gewinnausschüttungen aus Wirtschaftsjahren, die in den Abwicklungszeitraum fallen, sind nicht möglich und sind als Vorwegverteilung des Abwicklungsergebnisses zu behandeln. Näheres siehe Rz 1447.
12.2 Entnahmen im Sinne des § 8 Abs. 2 KStG 1988
12.2.1 Entnahmen als Einkommensverwendungstatbestand
542
Als Entnahmen im Sinne des § 8 Abs. 2 KStG 1988 sind einerseits jene im Sinne des § 6 Z 4 EStG 1988, andererseits Einkommensverwendungstatbestände anzusehen, die üblicherweise nicht als Ausschüttungen in Betracht kommen. Diese Entnahmen betreffen Vorteilsgewährungen und Zuwendungen von eigentümerlosen Körperschaften, bei denen eine offene Gewinnausschüttung begrifflich nicht denkbar ist, wohl aber auch der Begriff der verdeckten Ausschüttung Anwendung finden kann. Eigentümerlose Körperschaften im engeren Sinn sind:
- Sparkassen
- Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit
- Vereine
- Anstalten
- Stiftungen
- Fonds
- Betriebe gewerblicher Art.
543
Sollte eine eigentümerlose Körperschaft Vorteile an dritte Personen gewähren, ist zu überprüfen, ob die Vorteilsgewährung betrieblich bedingt ist. Ist diese Vorteilszuwendung nicht betrieblich bedingt, ist sie nicht als Betriebsausgabe abzugsfähig. Eine derartige Vorteilsgewährung ist entweder als verdeckte Ausschüttung oder als Entnahme zu behandeln. Eine Behandlung als verdeckte Ausschüttung sowie die Qualifikation des Vorteilsempfängers als Empfänger einer verdeckten Ausschüttung ist nur denkbar, wenn der Vorteilsempfänger der eigentümerlosen Körperschaft nahe steht und ihm eine eigentümerähnliche Stellung zukommt. Eigentümerähnliche Stellung haben zB die Gemeinde gegenüber der Gemeindesparkasse oder einem Gemeindefonds mit Rechtspersönlichkeit, das Land gegenüber einer Hypothekenbank, der Bund gegenüber einer Bundesanstalt mit Rechtspersönlichkeit. Bei personenbezogenen juristischen Personen (zB Kapitalgesellschaften) ist die eigentümerähnliche Stellung enger auszulegen. Es liegt zB keine eigentümerähnliche Stellung bei Hauptgläubigern oder stillen Gesellschaftern vor, auch wenn sie einen beherrschenden Einfluss auf die Körperschaft ausüben.
12.2.1.1 Einkommensverwendung bei Sparkassen, bei Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit und bei Vereinen
544
Bei Sparkassen ist die Haftungsgemeinde als eigentümerähnliche Person anzusehen, auch wenn kein Gesellschaftsverhältnis vorliegt. Vorteilszuwendungen einer Sparkasse an die Haftungsgemeinde stellen eine verdeckte Ausschüttung dar, wenn ein entsprechender Einfluss auf die Geschäftsführung besteht (VwGH 30.4.1965, 2325/63).
545
Bei Vereinen sind zB Funktionäre des Vereines als eigentümerähnliche Personen anzusehen. Erhalten Funktionäre eine Vorteilsgewährung, kommen beim Verein die Vorschriften der verdeckten Ausschüttung sinngemäß zur Anwendung (siehe Rz 966 und VereinsR 2001 Rz 341 und 342).
12.2.1.2 Einkommensverwendung bei Anstalten, Stiftungen und Fonds
546
Der Stifter bzw. der Anstaltsgründer haben eine eigentümerähnliche Stellung gegenüber der Körperschaft. Gleiches gilt für die die Stiftung bzw. die Anstalt organisatorisch und wirtschaftlich beherrschenden Personen. Eine Vorteilszuwendung an diese Personen kann unter besonderen Umständen zu einer verdeckten Ausschüttung führen.
12.2.1.3 Einkommensverwendung bei Betrieben gewerblicher Art
547
Die Trägerkörperschaft eines Betriebes gewerblicher Art hat eine eigentümerähnliche Position gegenüber dem Betrieb gewerblicher Art. In der Stellung der Trägerkörperschaft zum Betrieb gewerblicher Art ist eine Beziehung zu sehen, die jener des Alleingesellschafters zur Kapitalgesellschaft entspricht (siehe Rz 64 bis 88). Offene und verdeckte Vorteilszuwendungen des Betriebes gewerblicher Art an die Trägerkörperschaft sind als verdeckte Ausschüttung zu erfassen. Siehe auch VwGH 15.10.1954, 2979/52, VwGH 28.4.1964, 2151/62 und VwGH 17.2.1988, 86/13/0174; VwGH 25.1.2001, 2000/15/0224, 0225.
12.2.2 Entnahmen als Maßnahme des Betriebsvermögensvergleiches
548
Siehe Rz 429 und 430 sowie Rz 435 bis 437.
12.3 Ausschüttungen
12.3.1 Offene Ausschüttungen
549
Eine offene Ausschüttung im Sinne des § 8 Abs. 2 KStG 1988 ist die körperschaftsteuerlich unbeachtliche Verteilung des Einkommens auf Grund von Gewinnverteilungsbeschlüssen oder gesetzlichen Gewinnverteilungsregeln auf die Anteilsinhaber. Die offene Ausschüttung ist für die ausschüttende Körperschaft der typische Einkommensverwendungstatbestand. Sie ist immer steuerneutral und darf daher den Gewinn der ausschüttenden Körperschaft nicht schmälern. Als offene Ausschüttungen gelten
- die Gewinnverwendung gemäß § 104 AktG (siehe Rz 553),
- die Verteilung des Reingewinnes gemäß § 35 GmbHG (siehe Rz 553),
- die Ergebnisverwendung gemäß § 27a GenG (siehe Rz 554),
- die Ausschüttungen von Agrargemeinschaften (siehe Rz 555 und 556),
- die Ausschüttungen auf Substanzgenussrechte (siehe Rz 557),
- die Ausschüttungen auf Partizipationskapital (siehe Rz 558),
- die genossenschaftlichen Rückvergütungen (siehe Rz 559),
- die Ausschüttungsfiktionen (siehe Rz 560).
Gewinnausschüttungen abweichend von den Beteiligungsverhältnissen (alineare Gewinnausschüttungen) müssen gesellschaftsvertraglich gedeckt und wirtschaftlich begründet sein.
550
Als Empfänger der offenen Ausschüttungen kommen in Betracht:
- Natürliche Personen:
- Die Ausschüttungen an natürliche Personen unterliegen unabhängig davon, ob die Beteiligung zu ihrem Betriebs- oder Privatvermögen oder zum Vermögen einer Gesellschaft gehört, an der der Empfänger als Mitunternehmer beteiligt ist, grundsätzlich der Steuerabgeltung gemäß § 97 Abs. 1 EStG 1988 (Steuerabgeltung bei natürlichen Personen für Einkünfte aus Kapitalvermögen, auf deren Erträge ein besonderer Steuersatz gemäß § 27a Abs. 1 EStG 1988 anwendbar ist; Kapitalertragsteuer gemäß § 27a Abs. 1 zweiter Teilstrich EStG 1988 in Höhe von 27,5% [ab 2016; davor 25%]). Eine Ausnahme von der Abgeltungswirkung ist unter anderem dann gegeben, wenn Steuerpflichtige in die Regelbesteuerung gemäß § 27a Abs. 5 EStG 1988 optieren, weil der allgemeine Steuertarif unter 27,5% (ab 2016; davor 25%) liegt. Die KESt wird in diesen Fällen nach Maßgabe des § 27a Abs. 5 EStG 1988 rückerstattet bzw. angerechnet. Näheres siehe EStR 2000 Rz 6226 ff.
- Juristische Personen:
- Die Ausschüttungen an juristische Personen sind bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 10 KStG 1988 von der Körperschaftsteuer befreit. Näheres siehe Rz 1153 bis Rz 1247. Der davon unabhängige KESt-Abzug unterbleibt bei unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaften iSd § 1 Abs. 2 KStG 1988 gemäß § 94 Z 2 EStG 1988, wenn die Körperschaft zu mindestens einem Zehntel unmittelbar oder mittelbar (dh. Beteiligungen über eine Personengesellschaft) am Grund- oder Stammkapital der ausschüttenden Kapitalgesellschaft oder der Erwerbs- oder Wirtschaftsgenossenschaft beteiligt ist. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, hat die ausschüttende Körperschaft die Kapitalertragsteuer einzubehalten. Die KESt ist auf Antrag anzurechnen bzw. zu erstatten (Näheres siehe EStR 2000 Rz 7754 ff). Bei nicht unter § 5 Z 6 KStG 1988 fallenden Privatstiftungen hat ein KESt-Abzug gemäß § 94 Z 12 EStG 1988 zu unterbleiben.
Ausländische Muttergesellschaften müssen nach § 94 Z 2 EStG 1988 unmittelbar oder mittelbar zu mindestens einem Zehntel am Grund- oder Stammkapital einer Kapitalgesellschaft beteiligt sein, damit ein KESt-Abzug durch die ausschüttende Kapitalgesellschaft unterbleiben kann. Eine unmittelbare Beteiligung liegt nicht vor, wenn die Beteiligung mittelbar einer Personengesellschaft (MU) zuzurechnen ist (bei EU-Gesellschaften siehe EAS 2630). Die betreffenden ausländischen Gesellschaften müssen die in der Anlage 2 zum Einkommensteuergesetz vorgesehenen Voraussetzungen des Artikel 2 der Richtlinie Nr. 90/435/EWG des Rates vom 23. Juli 1990 (ABl. Nr. L 225 S. 6) in der Fassung des Vertrages über den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union erfüllen. Zusätzlich muss die ausländische Muttergesellschaft während eines ununterbrochenen Zeitraumes von mindestens einem Jahr an der ausschüttenden österreichischen Kapitalgesellschaft beteiligt sein. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, hat die ausschüttende Körperschaft die Kapitalertragsteuer einzubehalten. Bezüglich einer allfälligen Rückerstattung sind die entsprechenden Doppelbesteuerungsabkommen zu beachten. Näheres siehe EStR 2000 Rz 7755a ff.
551
Ausschüttungsfähig ist der nach den unternehmensrechtlichen Vorschriften ermittelte Bilanzgewinn. Das Unternehmensrecht ist auf Grund des Vorsichtsprinzips und des Prinzips des Gläubigerschutzes in all seinen Vorschriften davon geleitet, einen ausschüttungsfähigen Gewinn zu ermitteln und keinesfalls darüber hinausgehende Beträge dem Unternehmen zu entziehen. Die allgemeinen unternehmensrechtlichen Vorschriften reduzieren bereits den Gewinn auf den ausschüttbaren Gewinn. Darüber hinaus normiert der nur für die Kapitalgesellschaften geltende § 235 Abs. 1 UGB idF AbgÄG 2015 drei zusätzliche Ausschüttungsbeschränkungen für Gewinne, soweit diese durch Umgründungen unter Ansatz des beizulegenden Wertes entstanden sind und aus der Auflösung von Kapitalrücklagen stammen (Z 1), nicht als Kapitalrücklage ausgewiesen werden können (Z 2), oder der beizulegende Wert für eine Gegenleistung angesetzt wurde. Bei Aktivierung latenter Steuern gemäß § 198 Abs. 9 UGB dürfen außerdem Gewinne nur ausgeschüttet werden, soweit die danach verbleibenden jederzeit auflösbaren Rücklagen zuzüglich eines Gewinnvortrags und abzüglich eines Verlustvortrags mindestens dem aktivierten Betrag entsprechen (§ 235 Abs. 2 UGB idF AbgÄG 2015). Als ausschüttungsfähig verbleibt daher der um diese unternehmensrechtlichen Ausschüttungssperren verminderte Bilanzgewinn. Die Fremdfinanzierung der offenen Ausschüttung einer Kapitalgesellschaft führt auch bei Vorliegen eines unmittelbaren Zusammenhanges zwischen der Kreditaufnahme und der als Einkommensverwendung im Sinne des § 8 Abs. 2 KStG 1988 zu wertenden Ausschüttung nicht zum Abzugsverbot für die anfallenden Zinsen (VwGH 19.12.2006, 2004/15/0122; siehe Rz 1286).
552
Die formellen Voraussetzungen für das Vorliegen von offenen Ausschüttungen sind in den einzelnen unternehmensrechtlichen bzw. gesellschaftsrechtlichen Gesetzen geregelt. Mit der Beschlussfassung über die Gewinnverteilung entsteht für die Gesellschafter ein klagbarer Anspruch auf die Gewinnanteile. Ein Abgehen von diesen Formalvoraussetzungen bleibt steuerlich ohne Relevanz, da jede Art der Ausschüttung sowohl bei der ausschüttenden Körperschaft (steuerneutral) als auch beim Empfänger der Ausschüttung (idR Abgeltungswirkung bzw. Beteiligungsertragsbefreiung) die gleichen steuerlichen Konsequenzen nach sich zieht.
12.3.1.1 Kapitalanteile
553
Unter Kapitalanteilen versteht man Beteiligungen an Kapitalgesellschaften, das sind Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung.
- Aktiengesellschaft:
- Die Gewinnverwendung der AG ist im § 104 AktG geregelt. Demnach obliegt die Beschlussfassung über die Verwendung des Bilanzgewinnes alljährlich der Hauptversammlung der Aktionäre. Die Hauptversammlung ist dabei an den vom Vorstand mit Billigung des Aufsichtsrates festgestellten Jahresabschluss und den darin aufscheinenden verteilungsfähigen Gewinn gebunden. Sie ist zwar bei ihrem Gewinnverwendungsbeschluss nicht an den Vorschlag des Vorstandes gebunden, unterliegt aber in Bezug auf den Inhalt des Verwendungsbeschlusses den durch Gesetz, Satzung oder Vertrag auferlegten Beschränkungen. Sofern die Hauptversammlung auf Grund der Satzung der AG dazu ermächtigt ist, kann sie daher den Reingewinn ganz oder auch teilweise von der Verteilung ausschließen.
- Gesellschaft mit beschränkter Haftung:
- Die Gewinnverteilung der GmbH ist in den §§ 35 und 82 GmbHG geregelt. Nach § 35 GmbHG obliegt die Beschlussfassung über die Verteilung des Bilanzgewinnes jährlich der Generalversammlung der Gesellschafter, sofern dies im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich der Beschlussfassung der Gesellschafter vorbehalten ist. Dieser Vorbehalt ist in den meisten Gesellschaftsverträgen enthalten. Bei Fehlen gesellschaftsvertraglicher Regelungen über die Gewinnverteilung ist nach § 82 Abs. 2 GmbHG der gesamte Gewinn an die Gesellschafter nach dem Verhältnis der eingezahlten Stammeinlagen auszuschütten. In diesem Fall gilt die Verteilung des Jahresgewinnes mit der Feststellung des Jahresabschlusses (§ 35 Abs. 1 Z 1 GmbHG) als beschlossen, soweit nichts Gegenteiliges beschlossen wird. Im Gesellschaftsvertrag können auch eigene Gewinnverteilungsregeln aufgestellt werden (Zuweisung bestimmter Gewinnquoten zu Rücklagen, Gewinnbeteiligung der einzelnen Gesellschafter nach eigenen Regeln usw.).
12.3.1.2 Genossenschaftsanteile
554
Die Genossenschaft dient als Verein mit nicht geschlossener Mitgliederzahl im Wesentlichen der Förderung des Erwerbes oder der Wirtschaft ihrer Mitglieder. Dieser im § 1 GenG normierte Förderungsauftrag ist Hauptzweck der Genossenschaft. Zum Unterschied zu den Kapitalgesellschaften ist die Gewinnerzielung hintangestellt und bloßer Nebenzweck zur im Wirtschaftsleben unerlässlichen Reservenbildung. Daher enthält das GenG über die Gewinnverwendung keine genauen Regeln. Grundsätze darüber hat nach § 5 Z 6 GenG bereits der Genossenschaftsvertrag zu enthalten.
Als Möglichkeiten der Gewinnverwendung kommen in Betracht: Dotierung von Rücklagen (Reservefonds), Vortrag auf neue Rechnung, Rückvergütungen und Ausschüttung einer Dividende auf die Geschäftsanteile. Die Satzungen der Genossenschaften enthalten vielfach Bestimmungen, dass vor jeder Ausschüttung die satzungsgemäße Rücklage zur Stärkung der Eigenkapitalbasis zu dotieren ist. Der ab 40 Mitarbeitern zwingend einzurichtende Aufsichtsrat prüft neben den vom Vorstand erstellten Jahresrechnungen und Bilanzen auch die Vorschläge zur Gewinnverwendung und erstattet darüber alljährlich der Generalversammlung der Genossenschaft Bericht. Diese entscheidet gemäß § 27a GenG über die Ergebnisverwendung.
12.3.1.3 Agrargemeinschaftliche Anteile
555
Die an der Agrargemeinschaft (siehe Rz 120 bis 129) Beteiligten sind berechtigt, aus den von der Agrargemeinschaft zu verwaltenden (agrargemeinschaftlichen) Grundstücken in der von der jeweiligen Rechtsgrundlage der Agrargemeinschaft vorgesehenen Form Nutzen zu ziehen. Dies kann sowohl durch eigene Tätigkeit des einzelnen Beteiligten (zB Holzschlägerungsrecht, Recht auf Almauftrieb usw.) als auch durch gemeinschaftliche Bewirtschaftung mit Ausschüttung der Erträge an die Beteiligten erfolgen.
556
Wirtschaftlich ist dieses Anteilsrecht an Agrargemeinschaften mit Rechtspersönlichkeit vergleichbar einem Genussrecht, mit dem das Recht auf Beteiligung am Gewinn und am Liquidationsgewinn der Agrargemeinschaft verbunden ist (§ 8 Abs. 3 Z 1 KStG 1988). Die Ausschüttungen unterliegen daher als Genussrechte im Sinne des § 27 Abs. 2 Z 1 lit. c EStG 1988 dem Kapitalertragsteuerabzug.
Ausschüttungen an Anteilsberechtigte stellen Einkommensverwendung dar.
Zur einkommensteuerrechtlichen Behandlung von Ausschüttungen von Agrargemeinschaften an Anteilsberechtigte siehe EStR 2000 Rz 5031 bis 5032 und 7723.
12.3.1.4 Substanzgenussrechte und sonstige Finanzierungsinstrumente
557
Substanzgenussrechte und sonstige Finanzierungsinstrumente im Sinne des § 8 Abs. 3 Z 1 zweiter Teilstrich KStG 1988 liegen dann vor, wenn sie ein Recht auf Beteiligung am Gewinn und am Liquidationsgewinn der Körperschaft vermitteln. Beide im Gesetz genannten Voraussetzungen müssen erfüllt sein. Fehlt die Beteiligung am Gewinn, am Liquidationsgewinn oder an beiden, liegt ein Nominalgenussrecht bzw. ein obligationsähnliches Genussrecht (Fremdkapital) vor, dessen Bedienung zu abzugsfähigen Betriebsausgaben führt. Genussrechte und sonstige Finanzierungsinstrumente, die die Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 Z 1 zweiter Teilstrich KStG 1988 erfüllen, werden dagegen ertragsteuerlich dem Eigenkapital gleichgestellt (siehe Rz 1191 bis 1198). Ausschüttungen jeder Art darauf stellen eine steuerneutrale Einkommensverwendung dar.
Für – insbesondere von Kreditinstituten begebene – Instrumente des zusätzlichen Kernkapitals („Additional Tier-1-Capital“) und Ergänzungskapitals („Tier-2-Capital“) iSd der Artikel 51 und 62 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 vom 26. Juni 2013 erfolgt die Einstufung als steuerliches Eigen- oder Fremdkapital ebenfalls nach Maßgabe der Kriterien des § 8 Abs. 3 Z 1 zweiter Teilstrich KStG 1988; idR werden diese Instrumente steuerliches Fremdkapital darstellen.
Zu Abgrenzungsfragen siehe auch EStR 2000 Rz 6138 ff.
12.3.1.5 Partizipationskapital
558
Partizipationskapital im Sinne des § 8 Abs. 3 Z 1 erster Teilstrich KStG 1988 ist Kapital der Kreditinstitute (§ 23 Abs. 4 und 5 BWG idF vor BGBl. I Nr. 184/2013) und Versicherungsunternehmen (§ 73c VAG idF vor BGBl. I Nr. 34/2015), das zur Außenfinanzierung aufgenommen wird. Mit der Novelle des BWG (BGBl. I Nr. 184/2013) und der Novelle des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG 2016, BGBl. I Nr. 34/2015) entfiel jedoch diese Möglichkeit.
Von Kreditinstituten vor dem 1.1.2014 und von Versicherungsunternehmungen vor dem 1.1.2016 aufgenommenes Partizipationskapital ist abgabenrechtlich dem Eigenkapital gleichgestellt (siehe Rz 1191 bis Rz 1198). Ausschüttungen jeder Art darauf stellen eine steuerneutrale Einkommensverwendung dar. Grundlegendes siehe Rz 1199. Siehe auch EStR 2000 Rz 6143.
12.3.1.6 Genossenschaftliche Rückvergütungen
559
Genossenschaftliche Rückvergütungen im Sinne des § 8 Abs. 3 Z 2 KStG 1988 sind vom Jahreserfolg und dem Jahresumsatz aus dem Mitgliedergeschäft abhängige Vergütungen, die dem Genossenschafter nach Maßgabe seiner mit der Genossenschaft im Mitgliedergeschäft getätigten Umsätze im Nachhinein zukommen. Sie sind nicht vom Ausmaß der Kapitalbeteiligung abhängig. Rückvergütungen von Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften qualifiziert § 8 Abs. 3 Z 2 KStG 1988 grundsätzlich als steuerlich unbeachtliche Einkommensverwendung. Näheres zu den Erscheinungsformen der Rückvergütungen siehe Rz 1404 bis 1414, zur Vorteilszuwendung in Form der aktiven Preispolitik siehe Rz 1403, zur Abgrenzung von den Rabatten siehe Rz 1410 bis 1413.
12.3.1.7 Ausschüttungsfiktionen
560
Als offene Ausschüttung gelten auch die Ausschüttungsfiktionen. Unter diesem Sammelbegriff sind in verschiedenen Gesetzen geregelte Tatbestände zusammengefasst, denen gemeinsam ist, dass ein der Ausschüttung gleichgestellter Vorgang besteuert wird. IdR erfolgt in der Vermögenssphäre des Gesellschafters eine Endbesteuerung. In der Gesellschaft selbst bleiben die Vorgänge erfolgsneutral. Zu den Ausschüttungsfiktionen zählen
- die ordentliche Kapitalherabsetzung innerhalb der Bindungsfrist nach einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln (§ 32 Abs. 1 Z 3 EStG 1988); siehe EStR 2000 Rz 6907 ff,
- die Umwandlung nach Art. II UmgrStG, soweit „entnahmefähiges“ Kapital in der umzuwandelnden Gesellschaft vorhanden ist; als an die Rechtsnachfolger ausgeschüttet gilt danach der Unterschiedsbetrag zwischen dem steuerlichen Umwandlungskapital der umzuwandelnden Körperschaft am Umwandlungsstichtag und dem Einlagenstand des Einlagenevidenzkontos gemäß § 4 Abs. 12 EStG 1988 (§ 9 Abs. 6 UmgrStG idF AbgÄG 2012) siehe UmgrStR 2002 Rz 544 ff,
- bei Umwandlungen und Einbringungen durch bare oder unbare Entnahmen entstehendes (oder sich erhöhendes) negatives Einbringungskapital (§ 18 Abs. 2 Z 1 UmgrStG); siehe UmgrStR 2002 Rz 972b ff,
- bei sämtlichen Importverschmelzungen im Konzernverbund nach Art. I UmgrStG der Unterschiedsbetrag zwischen dem steuerlichen Verschmelzungskapital der übertragenden Körperschaft zum Verschmelzungsstichtag und dem Einlagenstand des Einlagenevidenzkontos nach § 4 Abs. 12 EStG 1988, wenn die Gewinnanteile der übertragenden Körperschaft bei der übernehmenden Körperschaft oder einem konzernzugehörigen Unternehmen am Verschmelzungsstichtag dem Methodenwechsel gemäß § 10 Abs. 4 bzw. Abs. 5 KStG 1988 unterliegen würden (§ 3 Abs. 1 Z 3 UmgrStG idF AbgÄG 2012); siehe UmgrStR 2002 Rz 160e,
- die ausschüttungsgleichen Erträge nach § 186 Abs. 2 Z 1 InvFG 2011.
561
Bei den ausschüttungsgleichen Erträgen im Sinne des § 186 Abs. 2 Z 1 InvFG 2011 handelt es sich um die gesetzliche Fiktion einer Ausschüttung für steuerliche Zwecke. Unter diese Ausschüttungsfiktion fallen sämtliche ordentlichen Erträge eines Investmentfonds. Ein Investmentfonds ist ein in Wertpapieren bestehendes Sondervermögen, das in gleiche, in Wertpapieren verkörperte Anteile zerfällt, im Miteigentum der Anteilsinhaber steht und nach den Bestimmungen des InvFG gebildet wird. Der Fonds ist keine juristische Person, er unterliegt als solcher nicht der Körperschaftsteuer. Die Verwaltung der Fonds erfolgt durch körperschaftsteuerpflichtige Kapitalanlagegesellschaften. Näheres siehe Rz 113.
12.3.2 Verdeckte Ausschüttungen
562
Verdeckte Ausschüttungen sind alle nicht ohne weiteres als Ausschüttung erkennbaren Zuwendungen (Vorteile) einer Körperschaft an die unmittelbar oder mittelbar beteiligten Personen, die zu einer Gewinnminderung bei der Körperschaft führen und die dritten, der Körperschaft fremd gegenüberstehenden Personen nicht gewährt werden (zB VwGH 31.3.2000, 95/15/0056, 95/15/0065; VwGH 27.6.2012, 2008/13/0148).
Siehe dazu ausführlich Rz 565 bis 990.
12.4 Dividendengarantie (§ 8 Abs. 3 Z 3 KStG 1988)
563
Der Ersatz der Organschaftsbestimmungen des § 9 KStG 1988 durch die Gruppenbesteuerung führt zu keiner Änderung bei der steuerlichen Behandlung der Dividendengarantie. Ungeachtet ihrer künftigen steuerlichen Unwirksamkeit ist eine Gewinngemeinschaft zivilrechtlich auch in Zukunft möglich. Sie schließt einen Minderheitsgesellschafter der Untergesellschaft aber von Ausschüttungen aus, sodass es weiterhin einer Regelung über die steuerliche Behandlung einer „Ersatzdividende“ bedarf.
12.5 Sonderausgaben
564
In § 8 Abs. 4 KStG 1988 werden für den körperschaftsteuerlichen Bereich die Sonderausgabentatbestände abschließend geregelt.