12 Sonderausgaben (§ 18 EStG 1988)
12.1 Allgemeines
4501
Siehe dazu LStR 2002 Rz 429 ff. Zur Familienversicherung gemäß § 10 GSVG siehe Rz 1242.
12.2 Verlustabzug
12.2.1 Allgemeines
4502
Der Verlustabzug (Verlustvortrag) stellt im Unterschied zu den übrigen Sonderausgaben keine „Ausgaben“, sondern eine periodenübergreifende Ergänzung der Gewinnermittlung dar.
4503
Der Verlustabzug ist keine an eine bestimmte Einkunftsquelle gebundene Größe; es ist zu seiner Geltendmachung nicht notwendig, dass der Steuerpflichtige noch Einkünfte gemäß § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 EStG 1988 erzielt oder der verlusterzeugende Betrieb noch vorhanden ist.
4504
Verlustabzüge gemäß § 18 Abs. 6 (und 7 in der Fassung vor dem AbgÄG 2016) EStG 1988 können nur im Wege einer Veranlagung vorgenommen werden. Der Verlustvortrag ist nach Berücksichtigung aller anderen Sonderausgaben von Amts wegen vorzunehmen. Ein Wahlrecht des Steuerpflichtigen, in welchem Jahr der Verlustvortrag berücksichtigt werden soll, besteht nicht. Der Verlustabzug ist somit zwingend, sobald als möglich und im größtmöglichen Umfang vorzunehmen.
4504a
§ 18 Abs. 6 EStG 1988 in der geltenden Fassung ist gemäß § 124b Z 314 lit. a EStG 1988 erstmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2016 anzuwenden und gilt in Bezug auf die Einnahmen-Ausgaben-Rechnung für die Verluste, die ab dem Kalenderjahr 2013 entstanden sind.
4505
Unterblieb ein Verlustabzug, obwohl eine Verrechnungsmöglichkeit bestanden hatte, dann darf in den Folgejahren nur der Restbetrag berücksichtigt werden (fiktiver Verlustabzug, VwGH 02.10.1968, 0691/68; VwGH 20.09.1977, 0931/77). Gleiches gilt, wenn im Verlustjahr eine Veranlagung unterbleibt, weil kein Antrag nach § 41 Abs. 2 EStG 1988 gestellt wurde (fiktiver Verlustvortrag; VwGH 25.06.2008, 2008/15/0144).
4506
Der Abzug der Wartetastenverluste (§§ 2 Abs. 2a und 10 Abs. 8 EStG 1988) ist eine Art nachgeholter Verlustausgleich und geht dem Abzug des Verlustvortrages vor.
Zum Verlustabzug bei beschränkter Steuerpflicht siehe Rz 8059.
12.2.2 Verlustausgleich, Verlustrücktrag – Verlustabzug
4507
Der Verlustausgleich (siehe Rz 151 ff) geht dem Verlustabzug (Verlustvortrag) vor. Der Verlust ist insoweit nicht ausgeglichen, als sich ein negativer Gesamtbetrag der Einkünfte ergibt.
Beispiel:
Verlust aus Land- und Forstwirtschaft | -25.000 Euro |
Einkünfte aus Kapitalvermögen | 15.000 Euro |
Verlust aus Vermietung und Verpachtung | -5.000 Euro |
Gesamtbetrag der Einkünfte | -15.000 Euro |
Der Verlust aus Land- und Forstwirtschaft von 25.000 Euro ist in Höhe von 15.000 Euro nicht ausgeglichen worden. Diese 15.000 Euro kommen für den Verlustabzug in Betracht.
4507a
Der Verlustrücktrag (dazu Rz 3901 ff) geht dem Verlustabzug (Verlustvortrag) vor (siehe auch Rz 3902). Rückgetragene Verluste gehen nicht in den Verlustvortrag ein; soweit kein Verlustrücktrag erfolgt, bleibt der Verlustvortrag unverändert erhalten.
12.2.3 Voraussetzungen für den Verlustabzug
12.2.3.1 Allgemeines
4508
Der Verlustabzug ist auf Verluste aus betrieblichen Einkunftsarten (§ 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 EStG 1988), die auf Grund ordnungsgemäßer Buchführung (siehe Abschnitt 12.2.3.2) oder ordnungsgemäßer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung (Rechtslage ab 2016; siehe Abschnitt 12.2.4.2; zur Rechtslage davor siehe Abschnitt 12.2.4.1) ermittelt worden sind, beschränkt.
12.2.3.2 Ordnungsmäßige Buchführung im Jahr der Verlustentstehung
12.2.3.2.1 Allgemeines
4509
Das Recht des Verlustabzuges ist gemäß § 18 EStG 1988 von einer ordnungsmäßigen Buchführung bzw. einer ordnungsgemäßen Einnahmen-Ausgaben-Rechnung (VwGH 29.01.2015, 2013/15/0166) abhängig. Es ist gleichgültig, ob eine Verpflichtung zur Buchführung besteht oder Bücher freiwillig geführt werden. Die Versagung des Verlustabzuges für Steuerpflichtige, die den Gewinn nicht auf Grund ordnungsmäßiger Buchführung oder Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ermittelt haben, ist grundsätzlich verfassungsrechtlich unbedenklich (zur Buchführung: VfGH 3.3.1987, G 170/86; VfGH 10.12.1992, B 227/91).
4510
Die ordnungsmäßige Buchführung muss in dem Jahr gegeben sein, in dem der Verlust entstanden ist (VwGH 2.6.1992, 88/14/0080). Ordnungsmäßig iSd § 18 Abs. 6 EStG 1988 bedeutet, dass eine materiell ordnungsmäßige Buchführung bzw. eine materiell ordnungsgemäße Einnahmen-Ausgaben-Rechnung gegeben sein muss (zur Buchführung: VfGH 3.3.1987, G 170-172/86).
4511
Der Verlustvortrag ist immer dann zulässig, wenn der Verlust seiner Höhe nach errechnet werden kann und das Ergebnis auch überprüfbar ist, auch wenn eine Korrektur der Buchhaltung durch den Steuerpflichtigen oder auf Grund einer Betriebsprüfung erforderlich ist. Mängel einer ihrer Art nach tauglichen Buchhaltung können den Verlustvortrag nur dann hindern, wenn sie sich nach Art und Umfang auf das ganze Rechenwerk auswirken und auch nach einer Richtigstellung und Ergänzung (einschließlich allfälliger Sicherheitszuschläge) eine periodengerechte Erfassung der maßgeblichen Daten insgesamt nicht möglich erscheinen lassen (VfGH 28.9.1993, B 2006/92).
4512
Das Erfordernis der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung bezieht sich nur auf den „Verlustbetrieb“; unterhält ein Steuerpflichtiger mehrere Betriebe, muss die Buchführung nur im Verlustbetrieb ordnungsmäßig sein.
4514
Übergangsverluste sind generell vortragsfähig. Die Voraussetzungen des § 18 EStG 1988 gelten für Übergangsverluste nicht. Die Vortragsfähigkeit von Übergangsverlusten folgt aus dem Grundsatz, dass kein Vorfall doppelt zu erfassen ist und keiner unberücksichtigt bleiben darf (VfGH 7.3.1990, B 232/89).
4515
Verluste aus einer ehemaligen betrieblichen Tätigkeit iSd § 32 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 (zB Verluste aus dem Ausfall von Forderungen) sind auch ohne „ordnungsmäßige Buchführung“ vortragsfähig.
12.2.3.2.2 Schätzung und Verlustvortrag
4516
Zuschätzungen auf Grund formeller Buchführungsmängel sind unschädlich. Strahlen materielle Mängel der Buchhaltung nach Art und Umfang auf das gesamte Rechenwerk aus, geht das Recht auf Verlustabzug verloren (VwGH 25.6.1997, 94/15/0083).
4517
Ist die Richtigstellung von Fehlbuchungen möglich oder kann die unterlassene Buchung nachgetragen oder der unterlaufene Mangel durch Schätzung behoben werden, so darf einer ihrer Art nach auf periodengerechte Erfassung der Geschäftsvorgänge angelegten Buchführung nicht die Eignung abgesprochen werden, einen vortragsfähigen Verlust auszuweisen. Auch ein Sicherheitszuschlag schließt den Verlustvortrag nicht aus (VfGH 26.2.1996, B 370/95).
4518
Von einem seiner Höhe nach errechneten und auch nachprüfbaren Verlust kann dann keine Rede sein, wenn der Gewinn weitgehend durch griffweise und pauschale Schätzung ermittelt worden ist (VwGH 14.4.1994, 92/15/0169). Ist eine griffweise Zuschätzung in nicht unbedeutendem Ausmaß durch die Abgabenbehörde zur Ermittlung des Betriebsergebnisses notwendig, ist ein Verlustvortrag ausgeschlossen (VwGH 12.12.1995, 92/14/0031).
4519
Im Falle von formellen und materiellen Buchführungsmängeln, die auf das gesamte Rechenwerk ausgestrahlt haben, und die zu Um- und Nachbuchungen in den Hauptabschlussübersichten geführt haben, die nicht auf die Kontoblätter übertragen worden sind, ist die Buchhaltung als nicht abgeschlossen anzusehen. Solcherart ermittelte Verluste können weder der Höhe nach errechnet werden noch ist das Ergebnis überprüfbar (VwGH 12.9.1996, 92/15/0035).
4520
Der Verlustabzug ist – trotz erheblicher Mängel in der Buchhaltung – möglich, wenn nur bestimmte, abgegrenzte Teilbereiche der betrieblichen Tätigkeit betroffen sind, diese durch die behördlichen Hinzurechnungen als ausgeglichen angesehen werden können und die durch Schätzung ermittelten Erlöse den anhand des Rechenwerks ermittelten Verlust nur zu einem verhältnismäßig kleinen Teil schmälern (VfGH 10.12.1992, B 227/91, VwGH 12.12.1995, 92/14/0031.
4521
Für das Vorliegen der Schätzungsberechtigung und in der Folge für die Beurteilung, ob der Verlustabzug zusteht, kommt es nicht darauf an, warum die Bücher und Aufzeichnungen mangelhaft sind (Einwand eines Steuerpflichtigen, dass „Schlamperei“ im Büro des Steuerberaters bestehe; VwGH 12.8.1994, 93/14/0214), bzw. wer die Bücher geführt hat (VwGH 12.9.1996, 92/15/0035).
12.2.3.2.3 Zeitpunkt der Entscheidung über die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung
4522
Grundsätzlich ist über die Verlustvortragsfähigkeit nicht bei der Veranlagung des Ergebnisses des Verlustjahres zu entscheiden, sondern in dem Jahr, in dem der Verlustvortrag als Sonderausgabe berücksichtigt werden soll. Erst bei dieser Veranlagung sind daher die Mängel der Buchführung des Verlustjahres festzustellen und hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Vortragsfähigkeit zu beurteilen (VwGH 5.5.1992, 92/14/0018).
4523
Die Einkommensteuerfestsetzung für das Verlustjahr präjudiziert die Entscheidung über die Vortragsfähigkeit des Verlustes im Vortragsjahr auch dann nicht, wenn sie erklärungsgemäß auf Grund der vom Abgabepflichtigen vorgelegten Ergebnisermittlung erfolgte und nach wie vor dem Rechtsbestand angehört (VwGH 19.4.1988, 88/14/0001).
4524
Ist die Behörde auf Grund einer abgabenbehördlichen Prüfung in der Lage, die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung hinsichtlich bestimmter Jahre zu beurteilen, kann sie dies in einem auf § 92 Abs. 1 BAO gestützten Feststellungsbescheid tun. Damit wird vermieden, dass in großen zeitlichen Abständen zum Entstehungsjahr des Verlustes – und mit den dadurch bewirkten Beweisschwierigkeiten – über die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung im Entstehungsjahr entschieden werden muss (VwGH 28.10.1998, 97/14/0086).
4525
Werden Verluste im Zusammenhang mit Feststellungsbescheiden gemäß § 188 BAO festgestellt, können solche Bescheide auch eine spruchmäßige Feststellung über die Abzugsfähigkeit der Verluste enthalten (VwGH 28.10.1998, 97/14/0086).
12.2.4 Verlustabzug bei Einnahmen-Ausgaben-Rechnern
12.2.4.1 Rechtslage ab 2007
4526
Durch das KMU-Förderungsgesetz 2006, BGBl. I Nr. 101/2006, können ab der Veranlagung 2007 von den im Rahmen einer Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1988 ermittelten Verlusten stets die Verluste der drei vorangegangenen Jahre abgezogen werden.
Beispiel:
Bei der Veranlagung 2007 können die Verluste der Jahre 2006, 2005 und 2004 berücksichtigt werden. Bei der Veranlagung 2008 können die Verluste der Jahre 2007, 2006 und 2005, nicht mehr aber die Verluste des Jahres 2004 (sofern kein Anlaufverlust) berücksichtigt werden.
Die Verluste der drei vorangegangenen Jahre können auch dann im Wege des Verlustabzuges berücksichtigt werden, wenn sie auf Grundlage einer Teilpauschalierung ermittelt worden sind.
Gemäß § 124b Z 135 EStG 1988 sind Anlaufverluste eines Einnahmen-Ausgaben-Rechners in der bis zur Veranlagung 2006 geltenden Fassung des § 18 Abs. 7 EStG 1988 abzugsfähig, soweit sie vor 2007 weder ausgeglichen noch abgezogen werden konnten. Diese Verluste sind vorrangig abzuziehen. Die Regelung stellt sicher, dass bisher unbegrenzt vortragsfähige Anlaufverluste auch ab 2007 vortragsfähig bleiben.
Beispiel:
Betriebseröffnung 2001, Gewinnermittlung durch Einnahmen-Ausgaben-Rechnung.
Folgende Gewinne/Verluste wurden erzielt:
Jahr | Gewinn/Verlust | Anlaufverlust? |
2001 | – 500 | ja |
2002 | – 400 | ja |
2003 | – 200 | ja |
2004 | – 100 | nein |
2005 | – 50 | nein |
2006 | – 30 | nein |
2007 | 200 | – |
2007 sind im Rahmen der Vortragsgrenze (§ 2 Abs. 2b EStG 1988) 150 des Verlustvortrages aus 2001 im Wege des Verlustabzuges zu berücksichtigen. Es verbleibt ein vortragsfähiger Verlust aus 2001 iHv 350.
Für 2008 und die Folgejahre bleiben abzugsfähig:
Verlust aus | iHv |
2001 | 350 (Anlaufverlust) |
2002 | 400 (Anlaufverlust) |
2003 | 200 (Anlaufverlust) |
2004 | 0 1) |
2005 | 50 |
2006 | 30 |
1) Verlust aus 2004 ist 2008 nicht mehr abzugsfähig.
4527
Ist der Steuerpflichtige im Jahr der Verlustverwertung nicht (mehr) Einnahmen-Ausgaben-Rechner, können von den im Rahmen einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 ermittelten Verlusten, die keine Anlaufverluste bis 2006 sind, nur jene abgezogen werden, die in den drei vorangegangenen Jahren entstanden sind.
Beispiele:
1. A erzielt bis 2008 Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus einem Tischlereibetrieb (Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1988); daneben erzielt er Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. 2008 gibt er seinen Betrieb auf und geht in Pension; in der Folge erzielt er neben Vermietungseinkünften nur Pensionseinkünfte (§ 25 EStG 1988). Vor 2005 sind in der Tischlerei keine Verluste angefallen.
Jahr | § 23 | § 28 | § 25 | Verlustvortrag Zugang | Verlustvortrag Abgang durch Abzug | Verlustvortrag Abgang durch Zeitablauf | Gesamtstand Verlustvortrag |
2005 | – 120 | + 90 | – | 30 | – | – | 30 |
2006 | – 170 | + 85 | – | 85 | – | – | 115 |
2007 | – 90 | + 80 | – | 10 | – | – | 125 |
2008 | + 25 1) | – 20 | – | – | -5 1)aus 2005 | – 25aus 2005 | 95 |
2009 | – | – 50 | + 60 | – | -7,5aus 2006 | -77,5aus 2006 | 10 |
2010 | – | + 10 | + 60 | – | -10aus 2007 | – | 0 |
1) Aufgabegewinn iSd § 24, daher Abzug des Verlustes 2005 in voller Höhe des Gesamtbetrags der Einkünfte von 5.
2. B bringt sein Einzelunternehmen (bisher § 4 Abs. 3 EStG 1988) gemäß Art. III UmgrStG zum 31.12.2007 in die BC-GmbH ein. In den Jahren 2004 bis 2007 sind im Einzelunternehmen nur Verluste angefallen, die auf die GmbH übergehen. Die GmbH erzielt 2008 einen Gewinn, der die Verluste des Einzelunternehmens der Jahre 2004 bis 2007 übersteigt. Die GmbH kann nur die Verluste der Jahre 2005, 2006 und 2007 im Weg des Verlustvortrages berücksichtigen, nicht aber den Verlust des Jahres 2004.
12.2.4.2 Rechtslage ab 2016
4528
Seit dem AbgÄG 2016 können Steuerpflichtige, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 durch ordnungsgemäße Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ermitteln, gemäß § 18 Abs. 6 EStG 1988 Verlustvorträge unbegrenzt als Sonderausgaben abziehen.
4529
§ 18 Abs. 6 EStG 1988 in der geltenden Fassung ist gemäß § 124b Z 314 lit. a EStG 1988 erstmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2016 anzuwenden und gilt in Bezug auf die Einnahmen-Ausgaben-Rechnung für die Verluste, die ab dem Kalenderjahr 2013 entstanden sind.
Beispiel:
Ein Einnahmen-Ausgaben-Rechner erzielt in den Jahren 2010 bis 2015 Verluste und ab dem Jahr 2016 Gewinne. Ab der Veranlagung 2016 kann er die Verluste 2013, 2014, 2015 als Sonderausgaben gemäß § 18 Abs. 6 EStG 1988 abziehen; die Verluste aus 2010, 2011 und 2012 sind hingegen nicht vortragsfähig.
Randzahlen 4530 bis 4532d: derzeit frei
12.2.5 Höhe des vortragsfähigen Verlustes, Höhe des Verlustabzuges
4533
Die Höhe des vortragsfähigen Verlustes und die Zuordnung zu einer Einkunftsart ergeben sich – mit Bindung für die Folgejahre – grundsätzlich aus der Veranlagung des Verlustjahres (VwGH 20.02.2008, 2006/15/0026, VwGH 25.06.2008, 2006/15/0085, VwGH 20.09.1977, 0931/77; VwGH 24.11.1976, 0899/74). Eine Bindungswirkung hinsichtlich der Höhe des (noch) vortragsfähigen Verlustvortrages ergibt sich auch aus Abgabenbescheiden, die nach dem Verlustjahr, aber vor dem Jahr der Verlustverwertung ergangen sind. Das Finanzamt ist daher hinsichtlich der Höhe des weiterhin vortragsfähigen Verlustes an die Höhe der festgestellten Einkünfte, die sich aus einem im Rechtsbestand befindlichen Einkommensteuerbescheid für ein Vorjahr ergibt, gebunden; dies gilt auch dann, wenn dieser Bescheid die Höhe der Einkünfte unrichtig ausweist. Eine „fiktive“ Verrechnung des Verlustvortrages (vgl. Rz 4505) mit Einkünften, deren Höhe sich nicht aus dem Einkommensteuerbescheid für das Vorjahr ergibt, hat zu unterbleiben.
Über den Umfang des Verlustverbrauches wird in jenem Einkommensteuerbescheid abgesprochen, in dem der Verlustvortrag als Sonderausgabe berücksichtigt wird (VwGH 20.11.1996, 94/13/0011).
Beispiel:
Verlustvorträge aus den Jahren 1 bis 3 sind in Höhe von insgesamt 350 vorhanden. Im ESt-Bescheid für das Jahr 4 werden auf Grund eines entsprechend positiven Gesamtbetrages der Einkünfte davon 200 verbraucht. Aufgrund einer Betriebsprüfung wird das ESt-Verfahren des Jahres 4 wiederaufgenommen; infolge einer Gewinnerhöhung beträgt der Verbrauch an Verlustvortrag danach 260. Aufgrund einer Berufung wird der im wiederaufgenommenen Verfahren ergangene Bescheid aus verfahrensrechtlichen Gründen (eingetretene Verjährung) ersatzlos aufgehoben.
Die Höhe des noch vorhandenen Verlustvortrages ist für die dem Jahr 4 folgenden Jahre nach dem rechtskräftigen (ursprünglichen) ESt-Bescheid zu bestimmen; daher verbleiben 150 (350 – 200) an vortragsfähigem Verlust. Es wäre unzulässig, den nach dem Jahr 4 verbleibenden Verlustvortrag nach dem aufgehobenen ESt-Bescheid zu bestimmen; danach verblieben nur 90 (350 – 260) an vortragsfähigem Verlust.
Randzahlen 4533a bis 4533g: entfallen
12.2.6 Vortragsberechtigte Personen
4534
Persönlich vortragsberechtigt ist – von gesetzlichen Ausnahmebestimmungen (etwa nach dem UmgrStG) abgesehen – grundsätzlich die Person, die den Verlust erlitten hat (VwGH 4.6.1986, 84/13/0251). Nur im Rahmen einer unentgeltlichen Übertragung von Todes wegen kommt ein Übergang des Verlustvortrages bei jenem Rechtsnachfolger in Betracht, der den verlustverursachenden Betrieb zu Buchwerten übernommen hat. In allen anderen Fällen der Übertragung des verlusterzeugenden Betriebes (zB auch in Fällen der Anwachsung nach § 142 UGB hinsichtlich des auf die erworbenen Anteile entfallenden Verlustvortrages) geht der Verlustvortrag nicht über.
Im Falle einer Verschmelzung gemäß Art. I UmgrStG gilt: Wird eine Körperschaft, deren Betrieb früher eine Einkunftsquelle war, aber ab einem bestimmten Zeitpunkt zur Liebhaberei wurde, auf eine andere Körperschaft verschmolzen, kann die aufnehmende Gesellschaft die Verluste der übertragenden Gesellschaft aus der Zeit vor dem Wechsel zur Liebhaberei nicht geltend machen. Die Verschmelzung kann aufgrund der Liebhaberei keine Buchwertfortführung bewirken, was dem Übergang des Verlustvortrags nach § 4 UmgrStG entgegensteht. Dies gilt auch, wenn der Liebhabereibetrieb, dessen UGB-Bilanz Buchwerte aufweist, ab dem Zusammenschluss durch einen Kommanditanteil verkörpert wird (VwGH 3.4.2019, Ro 2017/15/0030; siehe auch UmgrStR 2002 Rz 194).
4535
Im Erkenntnis VwGH 25.4.2013, 2010/15/0131 vertritt der VwGH die Ansicht, dass die bloße Stellung des Erben als Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers ohne Übernahme des verlusterzeugenden Betriebes nicht dazu führt, dass noch offene Verlustvorträge des Erblassers auf den Erben übergehen. Daraus lässt sich ableiten, dass noch nicht aufgebrauchte Verlustvorträge des Erblassers allenfalls nur dann auf den Erben übergehen können, wenn dieser den verlustverursachenden Betrieb zu Buchwerten übernimmt.
4536
Entsprechend der Rechtsprechung des VwGH sind noch nicht verbrauchte Verlustvorträge, die auf vom Erblasser erzielte Verluste zurückzuführen sind, nur mehr dann und insoweit zu berücksichtigen, als auch der verlustverursachende Betrieb durch den Steuerpflichtigen von Todes wegen unentgeltlich übernommen wurde. Dabei ist unerheblich, ob der Betrieb im Wege der Gesamtrechtsnachfolge (Erbschaft) oder Einzelrechtsnachfolge (Legat oder Schenkung auf den Todesfall) von Todes wegen übergeht. Bei Übertragung eines Teilbetriebes von Todes wegen gehen offene Verlustvorträge anteilig nach jenem Verhältnis über, das dem Verkehrswert des übernommenen Teilbetriebes bezogen auf den Verkehrswert des gesamten Betriebes entspricht, sofern keine eindeutige Zuordnung der Verlustvorträge zu dem übernommenen Teilbetrieb möglich ist. Bei Übertragung eines Mitunternehmeranteiles von Todes wegen gehen die durch diesen Mitunternehmeranteil verursachten Verlustvorträge über. Wird oder wurde der verlustverursachende Betrieb von dem Steuerpflichtigen, der ihn von Todes wegen erworben hat, aufgegeben oder veräußert, hat dies bei ihm keinen Einfluss auf die Zulässigkeit des Abzuges der vom Erblasser übernommenen Verluste.
Im Fall der Gesamtrechtsnachfolge ist eine nur eingeschränkte Verlusttragung, zB durch bedingte Erbserklärung unerheblich. Eine bedingte Erbserklärung kann lediglich zu einer Haftungsbeschränkung hinsichtlich der Verlassenschaftsverbindlichkeiten führen.
4537
Verluste des Rechtsvorgängers gehen in jenem Zeitpunkt über, in dem die Übertragung von Todes wegen steuerlich wirksam wird (vgl. Rz 9 ff). Verluste des Rechtsvorgängers, die im Todesjahr angefallen sind, können beim Rechtsnachfolger erst ab dem der Übertragung folgenden Jahre abgezogen werden. Dies deshalb, weil derartige Verluste auch beim Rechtsvorgänger noch nicht die Eigenschaft von vortragsfähigen Verlusten gehabt hätten, somit auch ohne Übertragung von Todes wegen erst im darauffolgenden Jahr zu vortragsfähigen Verlusten geworden wären.
4537a
Wurde der Betrieb nicht von Todes wegen übernommen, gehen offene Verlustvorträge nicht auf den Erwerber des Betriebes über. Dementsprechend kommt es in folgenden Fällen zu keinem Übergang des Verlustvortrages auf den Erwerber des Betriebes:
- Betriebsübertragung durch Schenkung unter Lebenden; auch wenn der Geschenknehmer eines Betriebes nach späterem Ableben des Geschenkgebers zum Erben eingesetzt wird, geht der Verlustvortrag des Erblassers nicht (nachträglich) auf den Geschenknehmer über.
- Veräußerung oder Aufgabe des verlusterzeugenden Betriebes noch zu Lebzeiten des Erblassers.
- Betriebsübertragung durch Erbschaftskauf (vgl. Rz 134e); in diesem Fall stehen offene Verlustvorträge des Erblassers den Erben zu, die den Betrieb im Wege des Erbschaftskaufs veräußern.
- Anteilige Betriebsübertragung durch Veräußerung im Rahmen einer Erbteilung (vgl. Rz 134b). In diesem Fall verbleiben dem Erben, der seine Betriebsquote entgeltlich überträgt, insoweit auch die Verluste des Erblassers aus dem Betrieb.
4537b
Ab der Veranlagung 2013 noch offene Verlustvorträge des Erblassers sind in weiterer Folge ausschließlich beim betriebsübernehmenden Erben zu berücksichtigen. Das bedeutet ab der Veranlagung 2013:
- Dem Erben, der den Betrieb nicht übernommen hat, steht kein (anteiliger) Verlustabzug für Verluste zu, die vom Erblasser stammen.
- Dem Erben, der den Betrieb (ganz oder anteilig) von Todes wegen übernommen hat, steht der Verlustabzug (gegebenenfalls anteilig) für Verluste des Erblassers insoweit zu, als diese Verluste nicht schon in Vorjahren von anderen Erben verbraucht worden sind (BFG 5.11.2014, RV/6100478/2014).
- Anteilige Verlustvorträge anderer Miterben, die gemäß vorheriger Verwaltungspraxis bis einschließlich 2012 bereits bei diesen im Wege des Verlustabzuges berücksichtigt worden sind, dürfen daher nicht nochmals beim betriebsübernehmenden Erben geltend gemacht werden. Eine doppelte Verlustberücksichtigung ist nicht zulässig.
Beispiel:
2011 verstirbt der Inhaber eines rechnungslegungspflichtigen Betriebes. A, B und C sind zu je einem Drittel Erben. Im Zuge einer steuerneutralen Erbteilung bekommt A den Betrieb, B und C erhalten Grundstücke und Geld aus dem Nachlass. Die zum Zeitpunkt des Todes noch nicht berücksichtigten vortragsfähigen Verluste aus dem Betrieb des Erblassers betragen 30.000. Gemäß vorheriger Verwaltungspraxis entfallen auf A, B und C jeweils Verluste iHv 10.000. Dementsprechend wurden bei der Veranlagung 2011 und 2012 bei B Verluste von insgesamt 3.000 und bei C Verluste von insgesamt 2.000 im Rahmen des Verlustabzuges berücksichtigt. Die Veranlagung 2013 ist bei A, B und C noch nicht erfolgt. Nach der Judikatur des VwGH sind die Verluste des Erblassers zur Gänze bei A zu berücksichtigen; B und C steht kein anteiliger Verlustvortrag zu. Da bei B und C insgesamt bereits 5.000 des Verlustes des Erblassers berücksichtigt worden sind, sind bei A die anteilig auf B und C bisher entfallenen Verluste von insgesamt 20.000 um die schon berücksichtigten Verluste von 5.000 zu kürzen; bei A ist daher ab 2013 von den bisher B und C zugesprochenen Verlusten ein Betrag von 15.000 im Wege des Verlustabzuges zu berücksichtigen. Ab der Veranlagung 2013 sind Verluste des Erblassers bei B und C nicht mehr zu berücksichtigen.
Randzahlen 4537c bis 4537f: entfallen
12.2.7 Auslandsverluste unbeschränkt Steuerpflichtiger
4538
Zur Behandlung von Verlusten, die von unbeschränkt Steuerpflichtigen im Ausland erzielt worden sind, siehe Rz 198 ff.
Randzahlen 4539 bis 4600: derzeit frei