12.4. Aufteilung des Vorsteuerabzuges
12.4.1. Allgemeines
2011
Die Vorschriften über die Aufteilung der Vorsteuerbeträge gelten nicht nur für die Berechnung der Steuer eines Veranlagungszeitraumes sondern auch für die Berechnung der Steuer eines Voranmeldungszeitraumes. Der Aufteilung der Vorsteuerbeträge sind jeweils die Verhältnisse des in Betracht kommenden Veranlagungs- oder Voranmeldungszeitraumes zu Grunde zu legen. Es ist jedoch auch möglich, dass der Unternehmer aus Vereinfachungsgründen den gesamten Vorsteuerabzug erst in der Erklärung für den Veranlagungszeitraum geltend macht.
2012
Aus Vereinfachungsgründen ist auch nicht zu beanstanden, wenn der Unternehmer für die Voranmeldungszeiträume die Vorsteuerbeträge nach den Verhältnissen (zB dem Umsatzschlüssel) eines vorangegangenen Veranlagungszeitraumes oder nach den voraussichtlichen Verhältnissen des laufenden Veranlagungszeitraumes aufteilt. Voraussetzung hiefür ist, dass der Unternehmer das Finanzamt vorher darüber unterrichtet und keine gewichtigen Bedenken (zB Gefährdung des Steueranspruchs) gegen diese Handhabung bestehen. Bei der Veranlagung sind in jedem Falle die Verhältnisse des in Betracht kommenden Veranlagungszeitraumes zu Grunde zu legen.
12.4.2. Aufteilung nach Maßgabe der Zurechenbarkeit
2013
Nach der Grundnorm des § 12 Abs. 4 UStG 1994 sind die Vorsteuern grundsätzlich nach Maßgabe ihrer Zurechenbarkeit aufzuteilen, dh. sie sind danach aufzuteilen, wie sie den unecht steuerfreien Umsätzen und den übrigen Umsätzen bei wirtschaftlicher Betrachtung ganz oder teilweise zuzurechnen sind. Eine bestimmte Form der Aufteilung ist nicht vorgeschrieben. Es ist daher jede Methode, die im Einzelfall eine wirtschaftlich zutreffende Zuordnung der Vorsteuerbeträge ermöglicht, zulässig.
2014
Bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach § 12 Abs. 4 UStG 1994 sind drei Gruppen von Vorsteuerbeträgen zu unterscheiden:
12.4.2.1. Voll abziehbare Vorsteuern
2015
Diese können ausschließlich Umsätzen zugerechnet werden, die zum Vorsteuerabzug berechtigen. Das sind zB in einem Fertigungsbetrieb die Vorsteuern, die bei der Anschaffung von Material oder Anlagegütern anfallen. Bei einem Handelsbetrieb kommen vor allem die Vorsteuern aus Wareneinkäufen in Betracht.
12.4.2.2. Voll nicht abziehbare Vorsteuern
2016
Diese sind ausschließlich Umsätzen zuzurechnen, die zur Versagung des Vorsteuerabzuges führen. Hiezu gehören zB bei Grundstücksumsätzen, die nicht steuerpflichtig behandelt werden, die Vorsteuern, die für die Leistungen des Maklers und des Notars sowie für Inserate anfallen.
12.4.2.3. Übrige Vorsteuern
2017
In diese Gruppe fallen alle Vorsteuerbeträge, die sowohl mit Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, als auch mit Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Hiezu gehören zB die Vorsteuerbeträge, die mit den Verwaltungsgemeinkosten eines Wohnungsunternehmens in Verbindung stehen, das sowohl Wohnungen steuerpflichtig vermietet als auch Eigentumswohnungen steuerfrei verkauft.
2018
Die Aufteilung der einer Umsatzgruppe nicht ausschließlich zurechenbaren Vorsteuern hat nach dem Prinzip der wirtschaftlichen Zurechnung zu erfolgen. Hiebei ist die betriebliche Kostenrechnung (Betriebsabrechnungsbogen, Kostenträgerrechnung) oder die Aufwands- und Ertragsrechnung in der Regel als geeigneter Anhaltspunkt heranzuziehen. Wird die Kostenrechnung zu Grunde gelegt, ist jedoch zu beachten, dass die verrechneten Kosten und der verrechnete Aufwand nicht mit den Werten (Vorumsätzen) übereinstimmen, über deren Vorsteuern zu entscheiden ist. Denn die Kostenrechnung erfasst nur die für die Erstellung einer Leistung notwendigen Kosten und die Aufwands- und Ertragsrechnung nur den in einer Abrechnungsperiode entstandenen Aufwand. Das betrifft insbesondere die Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die in der Kostenrechnung wie in der Aufwands- und Ertragsrechnung nur mit den Abschreibungen angesetzt werden. Der Unternehmer kann diese Unterlagen daher nur als Hilfsmittel verwenden.
2019
Die nicht ausschließlich zurechenbaren Vorsteuerbeträge können auch schätzungsweise aufgeteilt werden. Dabei kommt es auf die Verhältnisse des Einzelfalles an, wie bei der Schätzung eine wirtschaftlich sachgerechte Aufteilung dieser Vorsteuerbeträge vorzunehmen ist. Unbedenklich erscheint zB bei einem Kreditunternehmen die Aufteilung der mit dem Betrieb einer EDV-Anlage zusammenhängenden Vorsteuern nach Betriebsstunden, wenn die Anlage sowohl eigenen Zwecken des Kreditunternehmens dient als auch vermietet wird.
2020
Die Aufteilung der Vorsteuern aus der Errichtung eines Ordinationsgebäudes samt Räumlichkeiten für die Hausapotheke ist in der Regel nach einem Flächenschlüssel vorzunehmen. Hiebei kommt es lediglich auf die Flächen an, die unmittelbar dem Bewirken der Umsätze der Hausapotheke oder der Tätigkeit als praktischer Arzt dienen.
Für die Ordinationsräumlichkeiten steht daher kein (anteiliger) Vorsteuerabzug zu (VwGH 23.02.2010, 2007/15/0289).
Für gemischt genutzte Räumlichkeiten wie zB Heizräume ist ein anteiliger Vorsteuerabzug zu gewähren. Die Aufteilung hat sachgerecht zu erfolgen. Sie ist nicht nach dem Umsatzschlüssel vorzunehmen, wenn dieser zu keinem möglichst sachgerechten Ergebnis führt (vgl. VwGH 31.1.2018, Ra 2016/15/0001).
Randzahlen 2021 bis 2030: derzeit frei
12.5. Aufteilung nach dem Umsatzverhältnis – Ermittlung des Umsatzschlüssels
2031
An Stelle einer Aufteilung nach § 12 Abs. 4 UStG 1994 kann der Unternehmer die Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätze zu den übrigen Umsätzen in nicht abziehbare und abziehbare Vorsteuerbeträge aufteilen. Diese Methode ist aus Vereinfachungsgründen zusätzlich zu der Grundnorm des § 12 Abs. 4 UStG 1994 vorgesehen; sie macht eine exakte Zuordnung der Vorsteuern zu bestimmten Umsätzen entbehrlich. Bei dieser Aufteilungsmethode sind alle Vorsteuern des Unternehmens nach dem Umsatzverhältnis des jeweiligen Voranmeldungs- bzw. Veranlagungszeitraumes aufzuteilen. Auf die wirtschaftliche Zurechenbarkeit kommt es daher nicht an.
2031a
Umsätze von festen Niederlassungen in anderen Mitgliedstaaten oder im Drittland dürfen bei der Ermittlung der abzugsfähigen Vorsteuer nicht berücksichtigt werden (vgl. EuGH 12.09.2013, Rs C-388/11, Le Crédit Lyonnais). Umgekehrt dürfen für die Ermittlung der abzugsfähigen Vorsteuern einer solchen festen Niederlassung die Umsätze des Sitzes der wirtschaftlichen Tätigkeit und von festen Niederlassungen in anderen Mitgliedstaaten oder im Drittlandsgebiet nicht berücksichtigt werden.
2032
Bietet der Unternehmer keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Aufteilung der Vorsteuern nach Maßgabe der Zurechenbarkeit, so kann von der Behörde subsidiär die Methode der Aufteilung nach dem Umsatzverhältnis angewendet werden (VwGH 11.11.1987, 85/13/0197). Eine Aufteilung der Vorsteuern nach der Wertschöpfung (bei steuerpflichtigen Umsätzen einerseits und bei unecht steuerbefreiten Umsätzen andererseits) findet im Gesetz keine Deckung (VwGH 6.3.1989, 87/15/0087). Die Berechnungsweise des Pachtschillings (zB steuerfreie Umsätze werden bei dessen Berechnung nicht oder nur teilweise berücksichtigt) hat auf die Vorsteueraufteilung keinen Einfluss (VwGH 3.7.1996, 96/13/0057).
2033
Bei der Ermittlung des Umsatzschlüssels zur Aufteilung der Vorsteuern sind die folgenden beiden Umsatzgruppen zu unterscheiden:
12.5.1. Unecht steuerfreie Umsätze und bestimmte Auslandsumsätze
2034
Das sind die zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätze (siehe Rz 1991 bis Rz 1996).
12.5.2. Übrige Umsätze
2035
Diese berechtigen zum vollen Vorsteuerabzug.
2036
Einfuhren und innergemeinschaftliche Erwerbe sind nicht Umsätze im Sinne des § 12 Abs. 5 UStG 1994. Sie sind daher beim Umsatzschlüssel nicht anzusetzen.
12.5.3. Aufteilung nach Mischmethode
2037
Die dritte im Gesetz vorgesehene Aufteilungsmethode (§ 12 Abs. 5 Z 2 UStG 1994) besteht darin, dass nur jene Vorsteuerbeträge, die den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach § 12 Abs. 3 UStG 1994 führenden Umsätzen oder den übrigen Umsätzen nicht ausschließlich zuzurechnen sind, nach dem Umsatzverhältnis aufgeteilt werden. Die Vorsteuern, welche einer der beiden Umsatzgruppen ausschließlich zugeordnet werden können, sind nach Maßgabe ihrer wirtschaftlichen Zugehörigkeit im Sinne des § 12 Abs. 4 UStG 1994 in abziehbare und nicht abziehbare Vorsteuern aufzuteilen. Die einer bestimmten Umsatzgruppe nicht ausschließlich zuzuordnenden Vorsteuern werden nicht nach dem Prinzip der wirtschaftlichen Zurechnung aufgeteilt sondern schematisch nach dem Umsatzverhältnis.
12.5.4. Wahl der Aufteilungsmethode
2038
Die Wahl sowie die Änderung der Aufteilungsmethode bedürfen weder eines Antrages des Unternehmers noch einer Bewilligung durch das Finanzamt. Es ist dem Unternehmer freigestellt, die für sein Unternehmen zweckmäßigste Aufteilungsmethode zu wählen und wieder davon abzugehen (Ausnahme siehe Rz 2046 bis Rz 2050).
Randzahlen 2039 bis 2045: derzeit frei.
12.6. Ausschluss der Aufteilungsmethode nach § 12 Abs. 5 UStG 1994
2046
Wenn die gänzliche oder teilweise Aufteilung der Vorsteuern nach dem Umsatzverhältnis (§ 12 Abs. 5 Z 1 und 2 UStG 1994) zu einem ungerechtfertigten Steuervorteil im Sinne des § 12 Abs. 6 UStG 1994 führt, ist die Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach dem Umsatzverhältnis ausgeschlossen. Sinn und Zweck dieser Vorschrift ist es, zu verhindern, dass durch eine rein schematische Aufteilung nach dem Umsatzverhältnis ein krass unrichtiges Ergebnis zu Stande kommt. Dies würde zB der Fall sein, wenn ein Bauunternehmer in einem Veranlagungszeitraum Gebäude errichtet, die er zum überwiegenden Teil erst im darauf folgenden Veranlagungszeitraum steuerfrei (§ 6 Abs. 1 Z 9 lit. a UStG 1994) verkauft. Hat dieser Unternehmer im Jahr der Errichtung dieser Gebäude sonst nur steuerpflichtige Umsätze aus der übrigen Tätigkeit als Bauunternehmer, so könnte er nach der Aufteilungsmethode des § 12 Abs. 5 Z 1 UStG 1994 in diesem Fall einen Großteil der mit der Errichtung der Gebäude zusammenhängenden Vorsteuern abziehen, was ein völlig unrichtiges Ergebnis der Aufteilung bedeuten würde. In einem derartigen Fall muss die Aufteilung der Vorsteuern daher nach § 12 Abs. 4 oder Abs. 5 Z 2 UStG 1994 vorgenommen werden.
Randzahlen 2047 bis 2050: derzeit frei.
12.7. Gesondert geführter Betrieb
2051
Nach § 12 Abs. 7 UStG 1994 hat das Finanzamt für Zwecke der Aufteilung der Vorsteuerbeträge auf Antrag zu gestatten, dass ein in der Gliederung des Unternehmens gesondert geführter Betrieb wie ein selbstständiges Unternehmen behandelt wird.
2052
Diese Vorschrift hat nur für den Vorsteuerabzug Bedeutung. Der Begriff des Unternehmens wird durch sie nicht berührt.
2053
Die Anwendung der Vorschrift setzt einen in der Gliederung des Unternehmens gesondert geführten Betrieb voraus (§ 4 Abs. 7 UStG 1994). Darunter ist in aller Regel ein wirtschaftlich selbstständiger Betrieb zu verstehen, der einen für sich selbstständigen Organismus bildet, unabhängig von anderen Betrieben des Unternehmens nach Art eines selbstständigen Unternehmens betrieben wird und auch nach Außen hin ein selbstständiges, in sich geschlossenes Wirtschaftsgebilde darstellt.
Randzahlen 2054 bis 2060: derzeit frei.
12.8. Auflagen bei Bewilligung nach § 12 Abs. 7 UStG 1994
2061
Die Bewilligung nach § 12 Abs. 7 UStG 1994 kann zwecks Vermeidung eines ungerechtfertigten Steuervorteiles im Sinne des § 12 Abs. 6 UStG 1994 mit Auflagen verbunden werden. Insbesondere ist durch eine entsprechende Auflage sicherzustellen, dass Vorsteuerbeträge eines Betriebes, die den unecht steuerfreien Umsätzen eines anderen Betriebes des Unternehmers zuzurechnen sind, nicht abgezogen werden dürfen.
Beispiel:
Ein Bauunternehmer betreibt im Rahmen eines gesondert geführten Betriebes im Sinne des § 12 Abs. 7 UStG 1994 Grundstücksgeschäfte. Die Umsätze daraus werden nach § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a UStG 1994 zur Gänze steuerfrei behandelt. Für Reparaturen an bebauten Grundstücken vor deren Veräußerung verwendet er Material aus dem Baubetrieb. Hier würde die Anwendung des § 12 Abs. 7 UStG 1994 bei Gewährung des vollen Vorsteuerabzuges ungerechtfertigte Steuervorteile ergeben. Der Unternehmer darf daher den Vorsteuerabzug für das zur Ausführung der Reparaturen verwendete Material nicht vornehmen.
Randzahlen 2062 bis 2065: derzeit frei.
12.9. Vorsteuerberechnung, wenn Steuerbetrag nicht ausgewiesen
Randzahlen 2066 bis 2070: derzeit frei.
12.10. Änderung der Verhältnisse beim Anlagevermögen
2071
§ 12 Abs. 10 und 11 UStG 1994 sehen eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges vor, wenn sich die Verhältnisse ändern, die für den Vorsteuerabzug maßgebend waren. Dadurch sollen sowohl ungerechtfertigte Steuervorteile wie auch steuerliche Nachteile, die sich durch eine nachträgliche Änderung des Verwendungszweckes für den Unternehmer ergeben könnten, vermieden werden.
Die Zuführung von Gegenständen aus dem nichtunternehmerischen Bereich (Einlage aus dem Privatvermögen oder Überführung eines Gegenstandes vom nichtunternehmerischen Bereich einer Körperschaft in deren unternehmerischen Bereich) führt weder zu einem nachträglichen Vorsteuerabzug noch zu einer positiven Vorsteuerberichtigung (VwGH 23.11.2022, Ro 2021/15/0017).
12.10.1. Begriff
2072
Wie sich schon aus dem Gesetzeswortlaut ergibt, muss die Änderung der Verhältnisse im Unternehmensbereich eingetreten sein. Eine solche Änderung wird vorliegen, wenn der Unternehmer zwar ursprünglich Umsätze ausgeführt hat, die ihn zum Vorsteuerabzug berechtigten, in weiterer Folge aber Umsätze ausführt, die ihn vom Vorsteuerabzug ausschließen oder umgekehrt.
Eine Änderung der für den Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse nach § 12 Abs. 10 UStG 1994 kann einerseits in tatsächlichen Änderungen etwa hinsichtlich des Verwendungszwecks eines Gegenstandes bestehen. Sie kann aber andererseits auch in einer Änderung der für den Vorsteuerabzug maßgeblichen Rechtslage bestehen (VwGH 28.5.2019, Ro 2019/15/0002, mVa VwGH 18.12.2017, Ra 2016/15/0084).
Eine bloß geänderte rechtliche Beurteilung eines unveränderten Sachverhalts nach einer ursprünglichen rechtlichen Fehlbeurteilung der Vorsteuerabzugsberechtigung stellt keine Änderung der Verhältnisse dar, die zu einer Vorsteuerberichtigung in den Folgejahren nach § 12 Abs. 10 bis 11 UStG 1994 führt (VwGH 28.5.2019, Ro 2019/15/0002).
2073
Dies wäre etwa dann der Fall, wenn ein bisheriger (unecht befreiter) Kleinunternehmer zur Regelbesteuerung optiert oder ein bisher regelbesteuerter Unternehmer zum (unecht befreiten) Kleinunternehmer wird. Eine Änderung der Verhältnisse liegt auch vor, wenn sich das Ausmaß der Verwendung eines Gegenstandes zur Ausführung steuerpflichtiger (echt befreiter) oder unecht befreiter Umsätze ändert. Eine Vorsteuerkorrektur ist daher vorzunehmen, wenn ein Gegenstand, der bisher zB je zur Hälfte zur Ausführung steuerpflichtiger und unecht steuerfreier Umsätze verwendet wurde, nunmehr nur noch zu 20% zur Ausführung steuerpflichtiger und zu 80% zur Ausführung unecht steuerfreier Umsätze verwendet wird, aber auch wenn zB bei diesem Gegenstand die steuerpflichtige Nutzung zur Gänze wegfällt und der Gegenstand nunmehr ausschließlich zur Ausführung unecht steuerfreier Umsätze verwendet wird (vgl. EuGH 9.7.2020, Rs C-374/19, HF).
Weiters ist eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges zB dann vorzunehmen, wenn sich bei einem Gebäude, das teilweise unternehmerisch (vorsteuerabzugsfähiger Bereich) und teilweise privat (nicht vorsteuerabzugsfähiger Bereich) verwendet wird, das Verhältnis der Nutzung ändert (betrifft zur Gänze dem Unternehmensbereich zugeordnete Gebäude).
Beispiel:
Ein Rechtsanwalt errichtet im August 2005 ein Haus, das ab 1. September 2005 als Anlagevermögen genutzt wird. 50% werden privat genutzt. Das Grundstück ist zur Gänze dem Unternehmen zugeordnet. Die Vorsteuern betrugen insgesamt 240.000 Euro.
- Im Jahr 2005 Vorsteuerabzug 50% (120.000 Euro).
Im Jahr 2006 erhöht sich der unternehmerisch genutzte Anteil auf 60%.
- Es ist eine Vorsteuerberichtigung im Ausmaß von 2.400 Euro (10% von 24.000) zu Gunsten des Unternehmers vorzunehmen.
Im Jahr 2007 verringert sich der unternehmerisch genutzte Anteil auf 40%.
- Es ist eine Vorsteuerberichtigung im Ausmaß von 2.400 Euro (10% von 24.000) zu Lasten des Unternehmers vorzunehmen.
Im Jahr 2008 wird das Haus verkauft/entnommen.
- Keine Option: Steuerfreier Grundstücksumsatz. Vorsteuerberichtigung hinsichtlich des unternehmerisch genutzten Teiles (7/10 von 120.000 Euro = 84.000 Euro zu Lasten des Unternehmers).
- Option: Steuerpflichtiger Grundstücksumsatz. Vorsteuerberichtigung hinsichtlich des privat genutzten Teiles (7/10 von 120.000 Euro = 84.000 Euro zu Gunsten des Unternehmers).
Zur Verlängerung des Berichtigungszeitraums für Fälle ab 1. April 2012 auf Grund des 1. StabG 2012, BGBl. I Nr. 22/2012, siehe Rz 2081.
Eine Änderung der Verhältnisse, die für den Vorsteuerabzug maßgebend sind, liegt ab dem Veranlagungsjahr 2014 auch bei einem Wechsel zwischen der Anwendung der allgemeinen Vorschriften und jenen des § 22 UStG 1994 vor (vgl. VwGH 28.5.2019, Ro 2019/15/0002). Zu Einzelheiten und Inkrafttreten siehe Rz 2857a ff.
Zur allfälligen Vorsteuerberichtigung im Zusammenhang mit einer verlustträchtigen Wohnraumvermietung siehe LRL 2012 Rz 184.
2074
Keine Änderung der Verhältnisse liegt demnach vor:
- bei Entnahmen, es sei denn, es liegt ein unecht steuerfreier Eigenverbrauch vor (zB Gebäude(teil), für das (den) bisher der Vorsteuerabzug zustand, wird ohne Option zur Steuerpflicht in den Privatbereich übergeführt),
- bei Einlagen aus dem Privatvermögen oder Überführung eines Gegenstandes vom nichtunternehmerischen Bereich einer Körperschaft in deren unternehmerischen Bereich (vgl. VwGH 23.11.2022, Ro 2021/15/0017). Zu Körperschaften öffentlichen Rechts und Vereinen siehe Rz 479,
- bei nicht steuerbaren Vorgängen (zB Umgründungen im Sinne des UmgrStG),
- bei Gesamtrechtsnachfolgen,
- bei Leerstehen einer Immobilie (auch bei längerem Leerstehen, zB mehr als 2 Jahre), wenn der Unternehmer noch immer die Absicht hat, die erworbenen Gegenstände und Dienstleistungen zur Ausführung besteuerter Umsätze zu verwenden und nachweislich aktive Schritte setzt (zB durch Werbemaßnahmen), um seine steuerpflichtig behandelte Vermietungs- oder Verpachtungstätigkeit fortzusetzen (vgl. EuGH 12.11.2020, Rs C-734/19, ITH Comercial Timişoara SRL; EuGH 28.2.2018, Rs C-672/16, Imofloresmira – Investimentos Imobiliários SA),
- und – bis einschließlich Veranlagungsjahr 2013 – bei Übergang von oder zu der landwirtschaftlichen Pauschalierung (siehe Rz 2857).
Lag – beispielsweise infolge Liebhaberei – niemals eine unternehmerische Betätigung vor, kann auch keine Änderung der Verhältnisse iSd § 12 Abs. 10 oder 11, jeweils iVm § 12 Abs. 3 UStG 1994, eintreten (vgl. VwGH 18.12.2017, Ra 2016/15/0084).
12.10.2. Zeitpunkt der Änderung
2075
Eine Änderung der Verhältnisse liegt nicht bereits dann vor, wenn die Absicht besteht, das Wirtschaftsgut zur Ausführung unecht steuerfreier bzw. anderer (zB steuerpflichtiger) Umsätze zu verwenden, sondern erst mit der tatsächlich geänderten Verwendung. Ändert sich die Verwendung noch im Jahr der Anschaffung und der erstmaligen Verwendung, liegt kein Anwendungsfall des § 12 Abs. 10 UStG 1994 vor. Der Vorsteuerabzug ist zur Gänze im Voranmeldungszeitraum, in dem die Änderung erfolgt, richtig zu stellen.
Beispiel
Im Jänner erfolgt die Anschaffung eines Gebäudes mit Vorsteuerabzug. Das Gebäude wird bis Dezember steuerpflichtig vermietet und in diesem Monat sodann steuerfrei verkauft. Der Vorsteuerabzug wurde für Jänner zu Recht geltend gemacht. Durch die Verwendungsänderung im Dezember des gleichen Kalenderjahres ist in diesem Voranmeldungszeitraum der Vorsteuerabzug zur Gänze wieder rückgängig zu machen. Würde der steuerfreie Verkauf erst im Jänner des nächsten Jahres erfolgen, wäre der Vorsteuerabzug im Ausmaß von 19/20 (bzw. 9/10 siehe Rz 2081) zu berichtigen.
2076
Fallen hingegen das Jahr des Leistungsbezuges (der Anschaffung) und das Jahr der erstmaligen Verwendung auseinander und ändert sich die ursprünglich beabsichtigte Verwendung vor der Inverwendungnahme, ist ein Anwendungsfall des § 12 Abs. 11 UStG 1994 gegeben (siehe Rz 2101 bis Rz 2105).
Beispiel:
Im Jahr 1999 wird ein Betriebsgebäude errichtet und der Vorsteuerabzug geltend gemacht. Im Jahr 2000 erfolgt entgegen der ursprünglichen Absicht keine betriebliche Verwendung, sondern das Gebäude wird steuerfrei verkauft. Der Vorsteuerabzug ist im Jahr 2000 zur Gänze nach § 12 Abs. 11 UStG 1994 zu berichtigen.
12.10.3. Anlagevermögen
2077
Der Begriff Anlagevermögen ist nach ertragsteuerlichen Grundsätzen auszulegen.
12.10.3.1. Ausmaß der Berichtigung
2078
Eine positive Vorsteuerberichtigung ist nur zulässig, wenn auch ansonsten die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug (zB ordnungsgemäße Rechnung) vorliegen. Ist auf einer Rechnung über eine Lieferung an einen Kleinunternehmer keine UID-Nummer des Empfängers angegeben (§ 11 Abs. 1 Z 3 lit. i UStG 1994), weil diesem im Zeitpunkt der Anschaffung eines Gegenstands gemäß Art. 28 UStG 1994 noch keine UID-Nummer vom Finanzamt zu erteilen war, so kann aus einer derartige Rechnung bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen eine positive Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs. 10 UStG 1994 vorgenommen werden, wenn die Rechnung bei Ausstellung allen Anforderungen des § 11 UStG 1994 entsprochen hat. Eine negative Vorsteuerberichtigung ist nur vorzunehmen, soweit die zu berichtigende Vorsteuer tatsächlich abgezogen wurde. Siehe aber Rz 2086 zur Vorsteuerberichtigung bei Unternehmern iSd § 12 Abs. 1 Z 1 lit. a zweiter Satz UStG 1994. Ein nicht geltend gemachter Vorsteuerabzug darf im Wege der Berichtigung nicht nachgeholt werden.
12.10.3.2. Nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten, aktivierungspflichtige Aufwendungen
2079
Diese Begriffe sind nach ertragsteuerlichen Grundsätzen auszulegen.
Instandsetzungsaufwendungen, die nach § 4 Abs. 7 EStG 1988 bzw. § 28 Abs. 2 EStG 1988 bloß zu verteilen sind, fallen nicht darunter. Bei Instandsetzungsaufwendungen wird es sich allerdings in der Regel um Großreparaturen handeln (siehe Rz 2080).
12.10.3.3. Großreparaturen bei Gebäuden
2080
Eine „Großreparatur“ im Sinne des § 12 Abs. 10 UStG 1994 ist ein nicht aktivierungspflichtiger (zum Berichtigungszeitpunkt nicht vollständig verbrauchter) Aufwand, der nicht „regelmäßig“ erwächst und von dem sich sagen lässt, er falle „ins Gewicht“. Das ist auch dann zu bejahen, wenn der Aufwand, in Relation zum „gesamten Anschaffungswert“ des Grundstücks bzw. Gebäudes nur gering ist (vgl. VwGH 24.11.2016, Ro 2014/13/0036 zu 2% Wertrelation von Großreparatur zu Gebäude).
12.10.3.4. Berichtigungszeitraum
2081
Der Berichtigungszeitraum beträgt 4 Jahre bei beweglichen Gegenständen bzw. 19 Jahre bei Grundstücken (einschließlich Gebäuden) und beginnt mit dem auf das Jahr der erstmaligen Verwendung folgenden Kalenderjahr. Auf den Zeitpunkt der Anschaffung des Wirtschaftsgutes bzw. der Geltendmachung des Vorsteuerabzuges kommt es daher nicht an.
Der Berichtigungszeitraum von 19 Jahren bei Grundstücken (einschließlich Gebäuden) ist auf Berichtigungen von Vorsteuerbeträgen anzuwenden, die Leistungen im Zusammenhang mit Grundstücken betreffen, die der Unternehmer nach dem 31. März 2012 erstmals in seinem Unternehmen als Anlagevermögen verwendet oder nutzt. Maßgebend ist die tatsächliche Innutzungnahme des Grundstücks (1. StabG 2012, BGBl. I Nr. 22/2012).
Bei Vermietung von Grundstücken zu Wohnzwecken gilt ein Vorsteuerberichtigungszeitraum von 19 Jahren unter der Voraussetzung, dass neben der erstmaligen Verwendung oder Nutzung des Grundstückes/des Gebäudes im Anlagevermögen des Vermieters auch der Mietvertrag nach dem 31. März 2012 abgeschlossen wird.
Der Vorsteuerberichtigungszeitraum ist für jeden eigenständig behandelten Gebäudeteil (zB jede Mietwohnung) getrennt zu ermitteln.
Beispiel 1:
Der Möbelproduzent M errichtet im Jahr 2000 ein Betriebsgebäude und verwendet es ab demselben Jahr zur Ausführung steuerpflichtiger Umsätze (Möbelproduktion). M macht aus den Errichtungskosten den Vorsteuerabzug geltend. Im Jahr 2013 verkauft er das Gebäude unecht steuerbefreit.
Da das Gebäude bereits vor dem 1. April 2012 im Anlagevermögen des Unternehmers verwendet wurde, ist ein Vorsteuerberichtigungszeitraum von 10 Jahren anwendbar. Dieser ist im Zeitpunkt des Verkaufs schon abgelaufen, weshalb keine Vorsteuerberichtigung vorzunehmen ist.
Beispiel 2:
V vermietet 2013 ein im selben Jahr errichtetes Gebäude zu Wohnzwecken. Der Vertragsabschluss mit dem Mieter erfolgt
a. am 1. Jänner 2012.
b. am 1. Jänner 2012. 2015 erfolgt ein Mieterwechsel.
c. am 1. Jänner 2013.
d. am 1. Jänner 2013. 2015 erfolgt ein Mieterwechsel.
2017 verkauft V das Gebäude unecht steuerbefreit.
a. 2017 hat V eine Vorsteuerberichtigung in Höhe von 6/10 vorzunehmen (§ 12 Abs. 10 UStG 1994 idF BGBl. I Nr. 76/2011), da der Vertragsabschluss über die Vermietung bereits vor dem 1. April 2012 erfolgt ist.
b. 2017 hat V eine Vorsteuerberichtigung in Höhe von 16/20 vorzunehmen (§ 12 Abs. 10 UStG 1994 idF BGBl. I Nr. 22/2012), da der zum Zeitpunkt des Verkaufs maßgebliche Mietvertrag nach dem 31. März 2012 abgeschlossen wurde und V das Gebäude nicht bereits vor dem 1. April 2012 als Anlagevermögen genutzt hat.
c. 2017 hat V eine Vorsteuerberichtigung in Höhe von 16/20 vorzunehmen (§ 12 Abs. 10 UStG 1994 idF BGBl. I Nr. 22/2012), da der Vertragsabschluss über die Vermietung nach dem 31. März 2012 erfolgt ist und V das Gebäude nicht bereits vor dem 1. April 2012 als Anlagevermögen genutzt hat.
d. wie c.
Beispiel 3:
V errichtet 2012 als Alleineigentümer ein Zinshaus, in dem er 10 Wohnungen vermietet. Acht Mietverträge werden im Februar 2012 abgeschlossen, zwei hingegen erst im Juni 2012. Alle Wohnungen werden im Monat des Mietvertragsabschlusses bezogen.
Hinsichtlich der im Juni 2012 bezogenen Wohnungen liegen sowohl die erstmalige Verwendung als auch der Mietvertragsschluss nach dem 31.3.2012. Es gilt daher ein Vorsteuerberichtigungszeitraum von 19 Jahren. Für die übrigen 8 Wohnungen kommt der Vorsteuerberichtigungszeitraum von 9 Jahren zur Anwendung.
Für Gebäude, die nicht unter die Berichtigungsfrist von 19 Jahren fallen, ist nach § 12 Abs. 10 UStG 1994 idF BGBl. I Nr. 76/2011 (vor dem 1. StabG 2012, BGBl. I Nr. 22/2012) ein Berichtigungszeitraum von 9 Jahren (bzw. 19 Jahren bei Gebäuden, die nicht ausschließlich unternehmerischen Zwecken dienen und bei denen hinsichtlich des nicht unternehmerisch genutzten Teiles ein Vorsteuerabzug in Anspruch genommen werden konnte; § 12 Abs. 10a UStG 1994 idF BGBl. I Nr. 76/2011) vorgesehen.
Seit 31.3.2022 beträgt der Vorsteuerberichtigungszeitraum bei einer nachträglichen Eigentumsübertragung aufgrund eines Anspruches gemäß § 15c WGG zehn Jahre. In § 18 Abs. 10 UStG 1994 ist eine entsprechende Verkürzung der Aufbewahrungsdauer der Aufzeichnungen und Unterlagen für diese Fälle normiert.
Beispiel 4:
Ein Unternehmer iSd WGG errichtet ein Wohngebäude und vermietet die Wohnungen seit dem Jahr 2018. Im Jahr 2023 werden die Wohnungen gemäß § 15c WGG an die Mieter steuerfrei gemäß § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a UStG 1994 übertragen.
Lösung:
Da die Übertragung der Wohnungen nach dem 31.3.2022 ausgeführt wird, beträgt der Vorsteuerberichtigungszeitraum zehn Jahre. Aufgrund des steuerfreien Verkaufs der Wohnungen tritt eine Änderung der Verhältnisse ein, die zu einer Vorsteuerberichtigung im Ausmaß von 5/10 führt (statt bisher 15/20).
Beispiel 5:
Ein Unternehmer iSd WGG errichtet ein Wohngebäude und vermietet die Wohnungen seit dem Jahr 2013. Im Jahr 2023 werden die Wohnungen gemäß § 15c WGG an die Mieter steuerfrei gemäß § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a UStG 1994 übertragen.
Lösung:
Da die Übertragung der Wohnungen nach dem 31.3.2022 ausgeführt wird, beträgt der Vorsteuerberichtigungszeitraum zehn Jahre. Der steuerfreie Verkauf der Wohnungen findet außerhalb des Vorsteuerberichtigungszeitraums statt und es kommt aufgrund des steuerfreien Verkaufs zu keiner Vorsteuerberichtigung (statt bisher 10/20).
2081a
Der Vorsteuerberichtigungszeitraum von 19 Jahren kommt bei allen Gegenständen des Anlagevermögens zur Anwendung, die den Grundstücksbegriff des UStG 1994 (siehe Rz 639v) erfüllen. Dies gilt auch für Gegenstände, die vor 2017 erstmals in Verwendung genommen wurden und die bei der ersten Inverwendungnahme einer Vorsteuerberichtigungsfrist von 4 Jahren unterlagen (Gegenstände, die zwar den Grundstücksbegriff des Art. 13b VO (EU) 282/2011 idF VO (EU) 1042/2013 erfüllen, nicht aber Grundstücke iSd § 2 GrEStG 1987 sind). Diesfalls sind die auf die vor 2017 bereits abgelaufenen Fünftel-Zeiträume entfallenden Vorsteuerbeträge abzuziehen und der Restbetrag der Vorsteuer auf die vom 19-Jahreszeitraum verbleibenden Kalenderjahre aufzuteilen. Ist der ursprüngliche 5-Jahreszeitraum bereits abgelaufen, dann kommt es zu keiner Berichtigung mehr.
Beispiel 1:
Eine 2013 angeschaffte, fest eingebaute Windturbine wird 2017 gemäß § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a UStG 1994 steuerfrei veräußert. Da die Turbine als Betriebsvorrichtung bis einschließlich 2016 einer 5-Jahresberichtigung unterlag, sind die bereits abgelaufenen vier Fünftel abzuziehen. Der Restbetrag (ein Fünftel der gesamten Vorsteuern) wird aufgeteilt auf die noch offenen 16 Jahre berichtigt. Da der Gegenstand geliefert wird, kommt es 2017 zu einer Berichtigung des gesamten noch offenen Vorsteuerbetrags.
Beispiel 2:
Ein 2016 errichteter und in Verwendung genommener Silo (20.000 Euro Vorsteuer) wird 2018 gemäß § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a UStG 1994 steuerfrei an einen Landwirt veräußert. Da der Silo als Betriebsvorrichtung bis einschließlich 2016 einer 5-Jahresberichtigung unterlag, ist das bereits abgelaufene Fünftel abzuziehen. Der Restbetrag (4 Fünftel der gesamten Vorsteuern) wird auf 19 Jahre aufgeteilt. Da der Gegenstand im Jahre 2018 geliefert wird, kommt es zu einer Vorsteuerberichtigung des gesamten noch offenen (auf 18 Jahre entfallenden) Berichtigungsbetrags:
20.000 Euro*4/5 = 16.000 Euro/19 = 842,11 Euro*18 = 15.157,98 Euro
Variante: Wurde der Silo bereits 2012 in Verwendung genommen, unterbleibt die Berichtigung.
2082
Für nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten, aktivierungspflichtige Aufwendungen oder Großreparaturen besteht ein eigener Berichtigungszeitraum. Er beginnt mit dem Jahr, das dem Jahr der erstmaligen Verwendung der diesen Kosten zu Grunde liegenden Leistungen folgt. Dabei kann der Berichtigungszeitraum für das betreffende Wirtschaftsgut selbst schon abgelaufen sein.
12.10.3.5. Laufende Änderung
2083
Die Änderung der Verhältnisse wird wie folgt berücksichtigt:
Es ist von 1/5 (1/20 bzw. 1/10) der gesamten auf den Gegenstand entfallenden Vorsteuer auszugehen. Von diesem Betrag ist im Jahr der Änderung der nunmehr zustehende Vorsteuerbetrag zu ermitteln.
2084
Dieser Betrag ist 1/5 (1/20 bzw. 1/10) des im ersten Jahr tatsächlich vorgenommenen Vorsteuerabzuges gegenüberzustellen. Der Differenzbetrag stellt die Rückforderung bzw. die zusätzliche Vorsteuer dar.
Beispiel:
Es wird eine Maschine (darauf entfallende Vorsteuer 10.000 Euro) angeschafft, welche im Jahr der Anschaffung ausschließlich zur Ausführung unecht steuerfreier Umsätze verwendet wird. Im nächsten Jahr wie auch in den Folgejahren wird diese Maschine zu 50% zur Ausführung steuerpflichtiger und zu 50% zur Ausführung unecht steuerfreier Umsätze verwendet. Die zu Gunsten des Unternehmers zu berichtigende Vorsteuer beträgt im zweiten Jahr und in den folgenden drei Jahren 1/5 von 10.000 Euro, davon 50%, somit je 1.000 Euro. Es kommt daher insgesamt zu einer Vorsteuerberichtigung von 4.000 Euro.
Wäre diese Maschine im Jahr der Anschaffung ausschließlich zur Ausführung steuerpflichtiger Umsätze verwendet worden, wäre die Vorsteuerberichtigung zu Lasten des Unternehmers wie folgt durchzuführen: Der im Jahr der Änderung zustehende Vorsteuerbetrag beträgt 1.000 Euro (50% von 1/5 von 10.000 Euro). Dieser Betrag ist 1/5 des im Jahr der Anschaffung tatsächlich geltend gemachten Vorsteuerabzuges gegenüberzustellen, das sind 2.000 Euro. Der für vier Jahre zu Lasten des Unternehmers zu berichtigende Vorsteuerabzug beträgt daher jährlich 1.000 Euro, insgesamt daher 4.000 Euro.
Ändern sich die für den Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse eines im Unternehmen verbleibenden Gegenstands unterjährig im Laufe eines Veranlagungszeitraums, so ist die Vorsteuerberichtigung entsprechend der sich aufgrund der tatsächlichen Nutzung im laufenden Veranlagungszeitraum ergebenden Verhältnisse vorzunehmen (zur Berichtigung bei Veräußerung oder Entnahme siehe Rz 2085).
Die unterjährige Berichtigung hat spätestens in der letzten Voranmeldung des betreffenden Veranlagungszeitraumes zu erfolgen (siehe Rz 2085).
Beispiel 1:
Ein Unternehmer U erzielt steuerpflichtige Umsätze als Immobilienmakler und gemäß § 6 Abs. 1 Z 13 UStG 1994 steuerfreie Umsätze als Bausparkassenvertreter. 2016 schafft U eine neue IT-Infrastruktur (darauf entfallende Vorsteuer: 6.000 Euro) an, die er ausschließlich für unternehmerische Zwecke nutzt. Gemäß seinem Umsatzverhältnis macht U im Jahr der Anschaffung und Innutzungnahme einen Vorsteuerabzug im Ausmaß von 60% geltend.
Im Jahr 2017 erzielt U 75% steuerpflichtige und 25% steuerfreie Umsätze. Die für die IT-Infrastruktur vorzunehmende Vorsteuerberichtigung ist anhand der Nutzung des Gegenstands im gesamten Jahr (und nicht nach der letzten Nutzung des Jahres 2017) vorzunehmen. Es kommt demnach zu einer Berichtigung von 180 Euro zugunsten des U (6.000 Euro/5 = 1.200 Euro * 15% = 180 Euro).
Bei Gebäuden berechnet sich das Nutzungsausmaß grundsätzlich nach dem Flächenschlüssel kombiniert mit der Nutzungsdauer.
Beispiel 2:
A errichtet im Jahr 2013 ein Gebäude (Geschäftsräumlichkeiten) und nutzt es für steuerpflichtige Umsätze. Er zieht die Vorsteuer in Höhe von 100.000 Euro im Jahr 2013 zur Gänze ab.
Am 10.10.2017 schließt A einen Mietvertrag mit einem nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten Mieter ab. A kann gemäß § 6 Abs. 2 iVm § 28 Abs. 38 Z 1 UStG 1994 nicht auf die Anwendung der Steuerbefreiung des § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994 verzichten. Die Vermietung erfolgt daher unecht steuerfrei. Der Mieter bezieht das Objekt vertragsgemäß am 21.10.2017.
Es kommt zu einer Änderung der Verhältnisse, die für den Vorsteuerabzug maßgebend waren. Die Vorsteuerberichtigung für das Jahr 2017 berechnet sich nach der Nutzung des Gebäudes im Jahr 2017. Diese erfolgte an 72 von 365 Tagen steuerfrei. Die steuerpflichtige Nutzung erstreckt sich bis 20.10.2017 (293 Tage). Das entspricht einer steuerfreien Nutzung im Ausmaß von 19,73% im Jahr 2017 (72 von 365 Tagen steuerfreie Nutzung).
Es ist eine Vorsteuerkorrektur zu Lasten des A im Ausmaß von 986,50 Euro (1/20 von 100.000 Euro x 19,73%) spätestens in der Voranmeldung 12/2017 vorzunehmen.
12.10.3.6. Veräußerung oder Entnahme
2085
Liegt in der Veräußerung oder Entnahme selbst eine Änderung der Verhältnisse, so ist die Vorsteuerberichtigung für den gesamten restlichen Berichtigungszeitraum spätestens in der letzten Voranmeldung des Veranlagungszeitraumes vorzunehmen, in dem die Veräußerung oder Entnahme erfolgt. Die Berichtigung kann jedoch auch bereits in der Voranmeldung des Voranmeldungszeitraumes erfolgen, in dem die Veräußerung oder Entnahme erfolgt. Die im Jahr der Veräußerung bzw. Entnahme getätigten laufenden Umsätze sind nicht zu berücksichtigen.
Beispiel 1:
Eine Maschine (darauf entfallende Vorsteuer 10.000 Euro) wird bis zu deren Veräußerung zu 25% zur Ausführung unecht steuerfreier Umsätze verwendet. Es wird ein Vorsteuerabzug in Höhe von 7.500 Euro vorgenommen. Im Mai des dem Jahr der Anschaffung und Inverwendungsnahme folgenden Jahres wird sie steuerpflichtig verkauft. Es kann in der Voranmeldung für Mai eine Vorsteuerkorrektur zu Gunsten des Unternehmers im Ausmaß von 2.000 Euro (4/5 von 10.000 Euro x 25%) vorgenommen werden.
Beispiel 2:
Ein Gebäude (darauf entfallende Vorsteuer 100.000 Euro) wird bis zu dessen Veräußerung nur zur Ausführung steuerpflichtiger Umsätze verwendet. Im Mai des dem Jahr der Anschaffung und Inverwendungnahme folgenden Jahres wird die Liegenschaft samt Gebäude steuerfrei verkauft.
Es ist in der Voranmeldung für Mai eine Vorsteuerkorrektur zu Lasten des Unternehmers im Ausmaß von 95.000 Euro (19/20 von 100.000 Euro) vorzunehmen.
12.10.3.7. Berichtigung beim Anlagevermögen von Istbesteuerern iSd § 12 Abs. 1 Z 1 lit. a zweiter Satz UStG 1994 (Rechtslage ab 1.1.2013)
2086
Im Ergebnis darf sich das Ausmaß des geltend zu machenden Vorsteuerabzugs nach vollständiger Bezahlung nicht von jenem beim Sollbesteuerer unterscheiden. Es gelten daher die Ausführungen der Rz 2071 ff. grundsätzlich auch für Istbesteuerer iSd § 12 Abs. 1 Z 1 lit. a zweiter Satz UStG 1994.
Beispiel 1:
Der Istbesteuerer A erwirbt und bezahlt 2013 eine Maschine um 10.000 Euro zzgl. 20% USt. Im Jahr 2013 nutzt A die Maschine zu 50% für umsatzsteuerpflichtige Zwecke. In den folgenden vier Jahren ändert sich die Nutzung für umsatzsteuerpflichtige Zwecke auf 100%, 25%, 75% und 0%.
Jahr | 2013 | 2014 | 2015 | 2016 | 2017 |
Pflicht | 50% | 100% | 25% | 75% | 0% |
VSt | -1.000 | 0 | 0 | ||
§ 12/10 | 0 | -200 | +100 | -100 | +200 |
Beispiel 2:
Der Istbesteuerer A erwirbt eine Maschine um 12.000 Euro zzgl. 20% USt. Die Bezahlung erfolgt im Jahr 2014. Im Jahr 2013 nutzt A die Maschine zu 100% für umsatzsteuerpflichtige Zwecke. In den folgenden vier Jahren ändert sich die Nutzung für umsatzsteuerpflichtige Zwecke auf 50%, 25%, 75% und 0%.
Der Vorsteuerabzug richtet sich nach den Verhältnissen des Jahres 2013 (siehe Rz 1835).
Jahr | 2013 | 2014 | 2015 | 2016 | 2017 |
Pflicht | 100% | 50% | 25% | 75% | 0% |
VSt | -2.400 | 0 | 0 | ||
§ 12/10 | 0 | +240 | +360 | +120 | +480 |
Beispiel 3:
Der Istbesteuerer A erwirbt 2013 eine Maschine um 12.000 Euro zzgl. 20% USt, zahlbar in 3 Jahresraten à 4.000 Euro zzgl. 20% USt. Im Jahr der erstmaligen Verwendung nutzt A die Maschine zu 100% für umsatzsteuerpflichtige Zwecke. In den folgenden vier Jahren ändert sich die Nutzung für umsatzsteuerpflichtige Zwecke auf 50%, 25%, 75% und 0%.
Jahr | 2013 | 2014 | 2015 | 2016 | 2017 |
Rate | 4.800 | 4.800 | 4.800 | 0 | 0 |
Pflicht | 100% | 50% | 25% | 75% | 0% |
VSt | -800 | -800 | -800 | 0 | 0 |
§ 12/10 | 0 | +240 | +360 | +120 | +480 |
Beispiel 4:
Der Istbesteuerer A erwirbt 2013 eine Maschine um 12.000 Euro zzgl. 20% USt, zahlbar in 3 Jahresraten à 4.000 Euro zzgl. 20% USt. Im Jahr der erstmaligen Verwendung nutzt A die Maschine zu 0% für umsatzsteuerpflichtige Zwecke. In den folgenden vier Jahren ändert sich die Nutzung für umsatzsteuerpflichtige Zwecke auf 50%, 25%, 75% und 100%.
Jahr | 2013 | 2014 | 2015 | 2016 | 2017 |
Rate | 4.800 | 4.800 | 4.800 | 0 | 0 |
Pflicht | 0% | 50% | 25% | 75% | 100% |
VSt | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |
§ 12/10 | 0 | -240 | -120 | -360 | -480 |
12.10.4. Qualifikation des Rückforderungsanspruches im Insolvenzverfahren
2087
Randzahlen 2088 bis 2100: derzeit frei.
12.11. Änderung der Verhältnisse beim Umlaufvermögen und sonstigen Leistungen
2101
Als Anwendungsbereich der Bestimmung des § 12 Abs. 11 UStG 1994 kommt in Betracht:
- Umlaufvermögen,
- sonstige Leistungen,
- in Bau befindliche Anlagen,
- noch nicht in Verwendung genommene Gegenstände des Anlagevermögens.
2102
Die Berichtigung nach dieser Vorschrift sieht weder eine zeitliche Begrenzung noch eine Aliquotierung noch eine Limitierung vor.
2103
Die Berichtigung ist für den Veranlagungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung eingetreten ist. Mit Ablauf dieses Jahres beginnt daher auch die Verjährungsfrist zu laufen, wobei es gleichgültig ist, ob die Berichtigung zu Gunsten oder zu Lasten des Unternehmers zu erfolgen hat.
Eine Änderung der Verhältnisse iSd § 12 Abs. 11 UStG 1994 tritt bereits in jenem Voranmeldungs- bzw. Veranlagungszeitraum ein, in dem der Unternehmer seine Absicht, einen Gegenstand oder eine sonstige Leistung zur Ausführung unecht steuerfreier bzw. steuerpflichtiger oder echt steuerfreier Umsätze zu verwenden, nach außen hin erkennbar, klar bestimmt und verbindlich geändert hat (zB durch Abschluss von verbindlichen Nutzungsverträgen dahingehend, zu errichtende Wohnungen nunmehr steuerpflichtig vermieten zu wollen), und nicht erst im Zeitpunkt des erstmaligen Bewirkens von Umsätzen (vgl. VwGH 11.11.2008, 2006/13/0070; siehe auch Rz 901).
Beispiel:
Eine gemeinnützige Bauaktiengesellschaft beginnt im Jahr 2007 mit der Errichtung einer Wohnhausanlage. Ursprünglich ist der nach § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a UStG 1994 unecht steuerfreie Verkauf von Eigentumswohnungen geplant. Ein Vorsteuerabzug aus den Errichtungskosten wird daher für das Jahr 2007 nicht geltend gemacht. Im Jahr 2008 beschließt die Gesellschaft „wegen grundlegender Änderung der Marktsituation infolge des gesunkenen Interesses für Wohnungseigentumsobjekte“, die Wohnungen nach Fertigstellung zu vermieten (steuerpflichtig zum ermäßigten Steuersatz gemäß § 10 Abs. 2 Z 3 lit. a UStG 1994 – bis 31.12.2015: § 10 Abs. 2 Z 4 lit. a UStG 1994). Noch im Jahr 2008 schließt sie mit zukünftigen Mietern Nutzungsverträge ab, in denen ua. vereinbart wird, dass die Hälfte des Grundkostenbeitrages einen Monat nach Unterfertigung des Vertrages, der Restbetrag vier Wochen vor Wohnungsübergabe und das Nutzungsentgelt ab Fertigstellung zu leisten ist. Im Herbst des Jahres 2009 wird das Bauobjekt schließlich fertig gestellt und erfolgt die Wohnungsübergabe an die Mieter. Im Hinblick auf den – nunmehr gegebenen – Zusammenhang mit einer zukünftigen steuerpflichtigen Vermietung für Wohnzwecke steht dem Unternehmer der Vorsteuerabzug für Errichtungskosten betreffend die jeweiligen, den Nutzungsvereinbarungen unterliegenden Eigentumswohnungen, die im Jahr 2008 angefallen sind, schon für den Voranmeldungs- bzw. Veranlagungszeitraum 2008 zu.
Zudem liegt hinsichtlich der im Jahre 2007 angefallenen und diese Eigentumswohnungen betreffenden Vorsteuern bereits im Jahr 2008 und nicht erst im Jahr der Fertigstellung und Umsatzerzielung eine nach außen hin erkennbare, klar bestimmte und verbindliche Änderung der Verhältnisse gemäß § 12 Abs. 11 UStG 1994 vor und kann eine Vorsteuerberichtigung somit zur Gänze bereits im Veranlagungsjahr 2008 vorgenommen werden.
Im Jahre 2009 ist das Gebäude fertig gestellt und es kommt zur steuerpflichtigen Vermietung. Dem Unternehmer steht der Vorsteuerabzug hinsichtlich der laufenden Vorsteuern des Jahres 2009 zu. Einer Vorsteuerberichtung betreffend das Jahr 2007 bedarf es nicht mehr.
2104
Ein Anwendungsfall dieser Bestimmung ist auch gegeben, wenn die Änderung der Verhältnisse im Jahr der erstmaligen Verwendung erfolgt und die Anschaffung in einem vorangegangenen Jahr liegt (siehe Rz 2075 und Rz 2076).
Beispiel:
Im Jahr 1999 erfolgt die Errichtung eines Gebäudes, das zur steuerpflichtigen Vermietung bestimmt ist. Im Jahr 2000 wird das Gebäude zwar steuerpflichtig vermietet, es erfolgt jedoch im gleichen Jahr eine steuerfreie Veräußerung. Die Bestimmung des § 12 Abs. 10 UStG 1994 setzt voraus, dass sich die Verhältnisse in den dem Jahr der erstmaligen Verwendung folgenden Jahren ändern. Im gegenständlichen Fall ändern sich die Verhältnisse aber noch im Jahr der erstmaligen Verwendung. Es ist daher nach § 12 Abs. 11 UStG 1994 der Vorsteuerabzug zur Gänze zu berichtigen.
12.11.1. Besonderheiten iZm der Berichtigung bei Istbesteuerung beim Umlaufvermögen und sonstigen Leistungen (Rechtslage ab 1.1.2013)
2105
Für Anwendungsfälle siehe Rz 2101. Zur allgemeinen Systematik siehe Rz 2086.
Beispiel 1:
Im Umlaufvermögen des Kleinunternehmers A befinden sich Gegenstände, die er im Jahr 2019 angeschafft hat. Den Kaufpreis von 500 Euro bezahlt er im Jahr 2020. Im selben Jahr verzichtet er auf die Anwendung der Kleinunternehmerbefreiung. Seine Umsätze sind zur Gänze steuerpflichtig.
Es kommt zu einer Änderung der Verhältnisse nach § 12 Abs. 11 UStG 1994. A kann die positive Vorsteuerberichtigung im Jahr 2020 vollständig geltend machen.
Beispiel 2:
Im Umlaufvermögen des Unternehmers A befinden sich Gegenstände, die er im Jahr 2019 angeschafft hat. Den Kaufpreis von 500 Euro bezahlt er im Jahr 2020. Im selben Jahr betragen seine Umsätze nicht mehr als 35.000 Euro und es kommt zur Anwendung der Kleinunternehmerbefreiung.
Es kommt zu einer Änderung der Verhältnisse nach § 12 Abs. 11 UStG 1994. A muss die Vorsteuerberichtigung im Jahr 2020 vornehmen, muss also die grundsätzlich abziehbare Vorsteuer gegenüber dem Finanzamt berichtigen. Im Voranmeldungszeitraum, in dem A die Lieferung der Gegenstände bezahlt, kann er den Vorsteuerabzug gemäß den Verhältnissen des Jahres 2019 vollständig vornehmen.
Randzahlen 2106 bis 2115: derzeit frei.
12.12. Änderung der Verhältnisse bei nicht zum Betriebsvermögen gehörenden Gegenständen
2116
Durch § 12 Abs. 12 UStG 1994 wird klargestellt, dass die Berichtigungsbestimmungen des § 12 Abs. 10 und 11 UStG 1994 sinngemäß auch für Gegenstände, die nicht zu einem Betriebsvermögen gehören, Geltung haben. Die Berichtigungsvorschriften sind also insbesondere auch auf Gegenstände anwendbar, die der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienen.
Randzahlen 2117 bis 2120: derzeit frei.
12.13. Bagatellregelung
2121
Gemäß § 12 Abs. 13 UStG 1994 ist eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges bei Gegenständen des Anlagevermögens nicht durchzuführen, wenn der Betrag, um den der Vorsteuerabzug für einen Gegenstand für das Kalenderjahr zu berichtigen ist, 60 Euro nicht übersteigt.
Durch das Abstellen auf den jährlich zu berichtigenden Vorsteuerbetrag in Höhe von 60 Euro entfällt eine laufende Vorsteuerberichtigung, wenn die auf den Gegenstand entfallende Vorsteuer 300 Euro bzw. bei Grundstücken 1.200 Euro (bei Anwendung des zwanzigjährigen Betrachtungszeitraums) nicht überstieg.
Zudem ist die Vorsteuerberichtigung in Zukunft auch bei Gegenständen, auf die eine höhere Vorsteuer entfällt, nicht vorzunehmen, wenn sich die Verhältnisse im Vergleich zum Kalenderjahr der erstmaligen Verwendung nur in geringem Ausmaß ändern.
Beispiel 1:
Ein Unternehmer erwirbt einen Computer um 1.500 Euro zuzüglich 300 Euro Umsatzsteuer und nutzt den Gegenstand im Jahr der Anschaffung ausschließlich für steuerpflichtige Umsätze.
Wird der Gegenstand in den folgenden Jahren während des Vorsteuerberichtigungszeitraumes für unecht steuerbefreite Umsätze verwendet, hat keine Berichtigung zu erfolgen, weil der jährliche (maximale) Berichtigungsbetrag 60 Euro (300 Euro / 5 Jahre = 60 Euro) nicht übersteigt.
Beispiel 2:
Ein Unternehmer erwirbt einen Computer um 3.000 Euro zuzüglich 600 Euro Umsatzsteuer und nutzt den Gegenstand im Jahr der Anschaffung zu 40% für steuerpflichtige und zu 60% für steuerbefreite Umsätze.
Wird der Gegenstand in den folgenden Jahren während des Vorsteuerberichtigungszeitraumes zur Gänze für unecht steuerbefreite Umsätze verwendet, hat keine Berichtigung zu erfolgen, weil der jährliche (maximale) Berichtigungsbetrag 60 Euro (600 Euro x 40% / 5 Jahre = 48 Euro) nicht übersteigt.
Wird der Gegenstand in den folgenden Jahren während des Vorsteuerberichtigungszeitraumes zur Gänze für steuerpflichtige Umsätze verwendet, hat eine jährliche Berichtigung in Höhe von 72 Euro (600 Euro x 60% / 5 Jahre = 72 Euro) zu erfolgen.
Beispiel 3:
Ein Unternehmer erwirbt ein Gebäude um 100.000 Euro zuzüglich 20.000 Euro Umsatzsteuer und nutzt den Gegenstand im Jahr der Anschaffung zu 60% für steuerpflichtige und zu 40% für unecht steuerbefreite Umsätze.
Ändert sich das Verhältnis der Umsätze im Vergleich zum Jahr der erstmaligen Verwendung in diesem Fall um weniger als 6%, hat eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs gemäß § 12 Abs. 13 UStG 1994 zu unterbleiben (20.000 Euro x 6% / 20 Jahre = 60 Euro).
Bis einschließlich 2016 gilt: Eine Vorsteuerberichtigung nach § 12 Abs. 10 UStG 1994 (nicht auch nach Abs. 11) unterbleibt, wenn die auf den einzelnen Gegenstand entfallende Vorsteuer 220 Euro nicht übersteigt. Maßgebend ist daher die im Zusammenhang mit der Anschaffung oder Herstellung angefallene Vorsteuer und nicht der Berichtigungsbetrag oder der tatsächlich als Vorsteuer abgezogene Betrag. Die Vorschrift wirkt sowohl zu Gunsten als auch zu Lasten des Unternehmers. Nachträgliche Anschaffungskosten, Großreparaturen usw. sind jeweils gesondert zu beurteilen.
Randzahlen 2122 bis 2125: Derzeit frei.
12.14.
Derzeit frei.
Randzahlen 2126 bis 2150: derzeit frei.
12.15. Vorsteuerabzug bei Eigenverbrauch
2151
Der leistende Unternehmer darf die für den Eigenverbrauch gemäß § 3 Abs. 2 und § 3a Abs. 1a UStG 1994 geschuldete Umsatzsteuer gesondert in Rechnung stellen und der Leistungsempfänger darf diese als Vorsteuer abziehen. An Stelle des Entgelts ist in der Rechnung die Bemessungsgrundlage für den Eigenverbrauch anzugeben. Wird in der Rechnung eine nicht geschuldete Steuer ausgewiesen, entsteht die Steuerschuld auf Grund der Rechnungslegung nach § 11 Abs. 12 UStG 1994.
2152
Eine Vorsteuerberichtigung, die wegen steuerfreiem Eigenverbrauch bzw. ab 1. Mai 2004 wegen einem nicht steuerbaren Eigenverbrauch eines vorher zur Ausführung nicht unecht befreiter Umsätze verwendeten Grundstückes vorzunehmen ist, darf nicht nach § 12 Abs. 15 UStG 1994 in Rechnung gestellt werden, weil diese nicht für, sondern nur mittelbar wegen des Eigenverbrauches geschuldet wird.
Randzahlen 2153 bis 2200: derzeit frei.