121. Erklärungen (Art. 21 UStG 1994)
121.1. Nichtunternehmer
4131
Gemäß Art. 21 UStG 1994 gelten die Vorschriften des § 21 UStG 1994 betreffend UVA, Vorauszahlung und Veranlagung (Steuererklärung) auch
- für juristische Personen, die ausschließlich eine Erwerbsteuer (siehe Rz 3585 bis Rz 3588) oder eine gemäß Art. 25 Abs. 5 UStG 1994 übergegangene Steuer beim Dreiecksgeschäft (siehe Rz 4291 bis Rz 4296a) zu entrichten haben und
- für Personen, die keine Unternehmer sind und Steuerbeträge nach Art. 7 Abs. 4 zweiter Satz UStG 1994 schulden (Vertrauensschutzregelung; siehe Rz 4016 bis Rz 4020).
Randzahlen 4132 bis 4140: derzeit frei.
121.2. Fahrzeugeinzelbesteuerung
4141
Die Erklärung betreffend Wasserfahrzeuge, Luftfahrzeuge und jene motorbetriebene Landfahrzeuge, die nicht normverbrauchsabgabepflichtig sind, erfolgt mit dem amtlichen Vordruck U 10; in allen übrigen Fällen mit dem Vordruck NoVA 2.
Randzahlen 4142 bis 4150: derzeit frei.
121.3. Zusammenfassende Meldung (ZM)
121.3.1. Allgemeines
4151
Als Ersatz für die seit dem 1. Jänner 1993 in der EU (mit Wirkung in Österreich ab dem 1. Jänner 1995) entfallenen steuerlichen Kontrollen an den Binnengrenzen wurde zwischen den EU-Mitgliedstaaten ein EDV-gestütztes Informationssystem über innergemeinschaftliche Warenlieferungen und Warenbewegungen geschaffen (MIAS). Die Daten des MIAS basieren auf den ZM, die jeder Unternehmer, der innergemeinschaftliche Lieferungen durchführt, in den EU-Mitgliedstaaten abzugeben hat (vgl. Art. 262 bis 271 MWSt-RL 2006/112/EG). Ab 1.1.2010 sind auch sonstige Leistungen, für die die Steuerschuld gemäß Art. 196 MWSt-RL 2006/112/EG zwingend auf den Leistungsempfänger übergeht, in die ZM aufzunehmen. Die Finanzbehörden sollten damit in die Lage versetzt werden, die Besteuerung der innergemeinschaftlichen Erwerbe und der Umsätze, für die die Steuerschuld übergeht, im Bestimmungsland zu kontrollieren. Die Einzelheiten des MIAS enthält die Verordnung (EU) Nr. 904/2010 des Rates vom 7. Oktober 2010 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und die Betrugsbekämpfung auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer idgF.
121.3.2. Rechtliche Grundlagen für die ZM
4152
- Verordnung (EU) Nr. 904/2010 des Rates vom 7. Oktober 2010 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und die Betrugsbekämpfung auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer idgF
- Art. 262 bis Art. 271 MwSt-RL 2006/112/EG
- Art. 21 Abs. 3 bis 10 UStG 1994
- Verordnung des BM für Finanzen, BGBl. II Nr. 512/2006 idgF, betreffend die elektronische Übermittlung von Steuererklärungen sowie von Jahresabschlüssen und anderen Unterlagen anlässlich der Steuererklärung (FinanzOnline-Erklärungsverordnung – FOnErklV).
Im Zusammenhang mit der ZM ist ferner Folgendes zu beachten:
- die ZM gilt als Steuererklärung (Art. 21 Abs. 9 UStG 1994);
- die ZM ist ein Anbringen zur Erfüllung von Verpflichtungen iSd § 85 BAO;
- die Einreichung der ZM kann nach § 111 BAO mit Zwangsstrafe erzwungen werden;
- bei Nichtabgabe der ZM kann ein Verspätungszuschlag gemäß § 135 BAO verhängt werden.
121.3.3. Betroffene Unternehmer
4153
Gemäß Art. 21 Abs. 10 UStG 1994 in Verbindung mit § 1 der VO des BM für Finanzen, BGBl. II Nr. 512/2006 idgF (FOnErklV), hat die Übermittlung der Zusammenfassenden Meldung elektronisch im Verfahren FinanzOnline (https://finanzonline.bmf.gv.at) zu erfolgen, ausgenommen die elektronische Übermittlung ist dem Unternehmer mangels technischer Voraussetzungen unzumutbar oder er bzw. die Gesellschaft oder Gemeinschaft ist wegen Unterschreitens der Umsatzgrenze nicht zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen verpflichtet (siehe dazu Rz 2755 bzw. § 2 FOnErklV, BGBl. II Nr. 512/2006 idgF). Im Fall der Unzumutbarkeit der elektronischen Übermittlung ist der diesbezügliche amtliche Vordruck U13 bis zum Ablauf des auf den Meldezeitraum (= Kalendermonat oder Kalendervierteljahr in Abhängigkeit vom Voranmeldungszeitraum für die Umsatzsteuervoranmeldung) folgenden Kalendermonates beim zuständigen Finanzamt abzugeben.
4154
Meldepflichtig sind Unternehmer (§ 2 UStG 1994), die während eines Meldezeitraumes innergemeinschaftliche Lieferungen (innergemeinschaftliche Verbringungen) und im übrigen Gemeinschaftsgebiet steuerpflichtige sonstige Leistungen, für die der Leistungsempfänger nach Art. 196 MwSt-RL 2006/112/EG idF Richtlinie 2008/8/EG die Steuer schuldet, ausgeführt haben. Eine ZM haben auch Unternehmer abzugeben, die als Erwerber bei einem Dreiecksgeschäft gemäß Art. 25 UStG 1994 steuerpflichtige Lieferungen im Meldezeitraum getätigt haben. Als Unternehmer gelten auch nichtselbständige juristische Personen iSd § 2 Abs. 2 Z 2 UStG 1994 (Organgesellschaften), sofern sie eine eigene UID haben (siehe Rz 4342). Führen pauschalierte Land- und Forstwirte innergemeinschaftliche Lieferungen aus, so müssen diese ebenfalls eine ZM abgeben, obwohl diese Umsätze nicht steuerbefreit sind (siehe hierzu auch Rz 2858 und Rz 3988).
Im übrigen Gemeinschaftsgebiet steuerpflichtige sonstige Leistungen, für die der Leistungsempfänger nach Art. 196 MwSt-RL 2006/112/EG idF Richtlinie 2008/8/EG die Steuer schuldet, liegen vor, wenn ein Unternehmer in einem anderen Mitgliedstaat eine Dienstleistung im Sinne des Art. 44 MwSt-RL 2006/112/EG erbracht hat.
Es handelt sich hier um sonstige Leistungen, bei denen – soweit keine Sonderregelung zur Anwendung gelangt – der Leistungsort sich danach richtet, wo der Leistungsempfänger, der Unternehmer ist, den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit hat oder wo sich eine feste Niederlassung befindet, an die diese Dienstleistung erbracht wurde.
Diese Vorschrift betrifft demnach sonstige Leistungen, bei denen für die Bestimmung des Leistungsortes das Empfängerortprinzip als Grundregel zum Tragen kommt.
Im österreichischen UStG 1994 ist diese Regelung inhaltlich in § 3a Abs. 6 UStG 1994 enthalten.
Folgende Leistungen sind nicht in die ZM aufzunehmen:
- Grundstücksleistungen
- Personenbeförderungsleistungen
- Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen
- Kurzfristige Vermietung von Beförderungsmitteln
sowie
- sonstige Leistungen betreffend die Eintrittsberechtigung sowie die damit zusammenhängenden sonstigen Leistungen für kulturelle, künstlerische, wissenschaftliche, unterrichtende, sportliche, unterhaltende oder ähnliche Veranstaltungen, wie Messen und Ausstellungen.
Unternehmer und nichtsteuerpflichtige juristische Personen sind dazu verpflichtet, ihre UID den jeweiligen Leistenden mitzuteilen. Liegt die UID zum Zeitpunkt des Leistungsempfangs noch nicht vor, ist diese unverzüglich nachträglich bekannt zu geben (Art. 55 VO (EU) 282/2011).
Zur Meldepflicht bei Inanspruchnahme der Konsignationslagerregelung gemäß Art. 3 Abs. 2 iVm Art. 1a UStG 1994 siehe Rz 3691 bis 3695.
4155
Für Meldezeiträume, in denen keine innergemeinschaftlichen Lieferungen oder im übrigen Gemeinschaftsgebiet steuerpflichtige sonstige Leistungen, für die der Leistungsempfänger nach Art. 196 MWSt-RL 2006/112/EG idF Richtlinie 2008/8/EG die Steuer schuldet, ausgeführt wurden, sind keine ZM abzugeben, außer der Unternehmer wird von der Abgabenbehörde zur Abgabe einer ZM aufgefordert. Die ZM ist bei dem für die Veranlagung zur Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen. Sind festsetzendes und einhebendes Finanzamt nicht ident, so ist die ZM beim festsetzenden Finanzamt (bei dem also auch die Steuererklärungen einzureichen sind) abzugeben. Die Organtöchter haben die ZM bei dem für die Erhebung der Umsatzsteuer des Organträgers zuständigen Finanzamt einzureichen.
Randzahlen 4156 bis 4160: derzeit frei.
121.4. Innergemeinschaftliche Warenlieferung
121.4.1. Innergemeinschaftliche Lieferungen
4161
Bei innergemeinschaftlichen Lieferungen iSd Art. 7 Abs. 1 UStG 1994, mit Ausnahme der Lieferungen neuer Fahrzeuge an Abnehmer ohne UID, muss angegeben werden:
- die UID eines jeden Erwerbers, unter der an diesen die innergemeinschaftlichen Lieferungen ausgeführt wurden;
- für jeden Erwerber die Summe der Bemessungsgrundlagen der an ihn ausgeführten innergemeinschaftlichen Lieferungen.
121.4.2. Innergemeinschaftliche Verbringungen
4162
Bei innergemeinschaftlichen Verbringungen iSd Art. 7 Abs. 2 Z 1 UStG 1994, die innergemeinschaftlichen Lieferungen gleichgestellt sind, muss angegeben werden:
- Die UID des Unternehmers in den Mitgliedstaaten, in die er die Gegenstände unternehmensintern verbracht hat und
- die hierauf entfallende Summe der Bemessungsgrundlagen.
Verbringt ein Unternehmer Gegenstände unter Anwendung der Konsignationslagerregelung (siehe Rz 3691 ff), hat der liefernde Unternehmer gemäß Art. 21 Abs. 3 iVm Art. 21 Abs. 6 UStG 1994 die UID des geplanten Erwerbers sowie jede Änderung der gemeldeten Angaben in der Zusammenfassenden Meldung anzugeben. Bei Unterlassung der Angaben oder Falschangaben ist die Verbringung im Bestimmungsland steuerpflichtig. Im Ursprungsland ist die Verbringung steuerfrei.
121.4.3. Dreiecksgeschäfte – Unternehmer ist Lieferer
4163
Beim liefernden Unternehmer (erster Unternehmer in der Reihe) an den zweiten Unternehmer (Erwerber) ist kein Hinweis auf das Vorliegen eines Dreiecksgeschäftes (Spalte Dreiecksgeschäft im Vordruck U 13 bzw. U 14) vorzunehmen, da es sich beim liefernden Unternehmer um eine „normale“ innergemeinschaftliche Lieferung handelt (siehe Ausführungen zu Rz 4161).
121.4.4. Dreiecksgeschäfte – Unternehmer ist Erwerber
4164
Bei Dreiecksgeschäften hat der zweite Unternehmer in der Kette (der so genannte Erwerber) folgende Angaben zu machen:
- die UID des Empfängers, die der Empfänger vom Bestimmungsmitgliedstaat erhalten hat,
- für jeden einzelnen dieser Empfänger die Summe der Entgelte der Lieferungen, die der Erwerber im Bestimmungsmitgliedstaat an den Empfänger bewirkt hat,
- Hinweis auf das Vorliegen eines Dreiecksgeschäftes (Z 1 in der Spalte „Dreiecksgeschäfte“ des amtlichen Vordruckes U 13 bzw. U 14).
4165
Kommt der Unternehmer dieser Erklärungspflicht nach, gilt der innergemeinschaftliche Erwerb im Sinne des Art. 3 Abs. 8 zweiter Satz UStG 1994 als besteuert.
121.4.5. Übergang der Steuerschuld gemäß Art. 196 MwSt-RL 2006/112/EG idF Richtlinie 2008/8/EG (Rechtslage ab 1. Jänner 2010)
4166
Bei sonstigen Leistungen, die in einem anderen Mitgliedstaat steuerpflichtig sind, und für die der Leistungsempfänger die Steuer nach Art. 196 MwSt-RL 2006/112/EG idF Richtlinie 2008/8/EG schuldet, muss angegeben werden:
- die UID eines jeden Leistungsempfängers, unter der an diesen die steuerpflichtigen sonstigen Leistungen erbracht wurden;
- für jeden Leistungsempfänger die Summe der Bemessungsgrundlagen dieser sonstigen Leistungen.
Diese sonstigen Leistungen sind mangels Steuerbarkeit im Inland weder in die Umsatzsteuervoranmeldung (U 30) noch in die Umsatzsteuerjahreserklärung (U 1) aufzunehmen (siehe Rz 2687).
121.5. (Art. 21 Abs. 5 UStG 1994 aufgehoben)
Randzahlen 4167 bis 4170: derzeit frei.
121.6. Angaben in der ZM
4171
Die ZM ist gemäß Art. 21 Abs. 10 UStG 1994 in Verbindung mit § 1 der VO des BM für Finanzen, BGBl. II Nr. 512/2006 idgF (FOnErklV), elektronisch im Verfahren FinanzOnline (https://finanzonline.bmf.gv.at) zu übermitteln. Nur in Ausnahmefällen (Näheres hierzu siehe Rz 4153) kann die ZM auch auf amtlichem Vordruck abgegeben werden (Vordruck U 13). Für den Fall, dass die auf der ZM vorgesehenen 10 Zeilen nicht ausreichen, wurde ein Fortsetzungsblatt (Vordruck U 14) aufgelegt. Selbst hergestellte Vordrucke dürfen nicht verwendet werden. Werden für den einzelnen Meldezeitraum mehrere Vordrucke benötigt, sind diese zusammenzuheften. Die Anzahl der angeschlossenen Fortsetzungsblätter ist auf dem Vordruck U 13 einzutragen. Die Fortsetzungsblätter sind mit einer laufenden Nummer zu versehen.
4172
Hinsichtlich Länderkennzeichen siehe Rz 4343 bis Rz 4344.
4173
Die ZM muss nicht unterschrieben sein, wenn sie automationsunterstützt übermittelt wird.
Randzahlen 4174 bis 4185: derzeit frei.
121.7. Zeitlicher Bezug der ZM
4186
Meldepflichtige Unternehmer haben bis zum Ablauf des auf den Meldezeitraum (Kalendermonat oder Kalendervierteljahr) folgenden Kalendermonats eine ZM elektronisch (Ausnahmen siehe Rz 4153) einzureichen. Der Meldezeitraum umfasst – abhängig vom Voranmeldungszeitraum für die Umsatzsteuervoranmeldung – einen Kalendermonat oder ein Kalendervierteljahr. Die Zusammenfassung mehrerer Meldezeiträume (Monate oder Quartale) zu einer ZM ist nicht zulässig.
4187
Die ZM ist bei dem für die Erhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, sofern die Datenübermittlung nicht über Finanz-Online erfolgt.
4188
In die ZM sind für den Meldezeitraum folgende Umsätze aufzunehmen:
Sämtliche innergemeinschaftlichen Lieferungen an einen Erwerber/Unternehmer innerhalb desselben Meldezeitraumes sind unter dessen UID in einer Zeile zusammenzufassen.
Sämtliche sonstigen Leistungen, für die der Leistungsempfänger die Steuer nach Art. 196 MWSt-RL 2006/112/EG idF Richtlinie 2008/8/EG schuldet, an einen Leistungsempfänger innerhalb desselben Meldezeitraumes sind unter dessen UID in einer Zeile zusammenzufassen.
Zur Meldepflicht des Erwerbers bei Dreiecksgeschäften gemäß Art. 25 UStG 1994 siehe Rz 4192, zur Meldepflicht bei Inanspruchnahme der Konsignationslagerregelung gemäß Art. 3 Abs. 2 iVm Art. 1a UStG 1994 siehe Rz 3691 bis 3695.
Sonderbestimmungen für die vierteljährliche Abgabe der ZM
4189
Innergemeinschaftliche Lieferungen, die in den ersten beiden Monaten des Meldezeitraumes ausgeführt worden sind, sind in der ZM für diesen Zeitraum zu melden, unabhängig vom Zeitpunkt der Rechnungsausstellung.
4190
Bei innergemeinschaftlichen Lieferungen, die im letzten Monat des Meldezeitraumes ausgeführt worden sind, ist auf den Zeitpunkt der Ausstellung der Rechnung abzustellen. Wird die Rechnung für diese Lieferung noch in diesem Monat ausgestellt, so ist die Meldung in diesem Meldezeitraum vorzunehmen. Wird die Rechnung für diese Lieferung erst nach Ablauf des Meldezeitraumes ausgestellt, so hat die Meldung im nächsten Meldezeitraum zu erfolgen.
4191
Da bei den innergemeinschaftlichen Lieferungen gleichgestellten Verbringungen keine Rechnungen gelegt werden können, sind bei innergemeinschaftlichen Verbringungen, die im letzten Monat des Meldezeitraumes ausgeführt werden, die Angaben für den nächsten Meldezeitraum zu machen.
4192
Beim Dreiecksgeschäft sind die Lieferungen des Erwerbers an den Empfänger in den Meldezeitraum aufzunehmen, in dem die Steuerschuld für diese Lieferungen entstanden ist.
4193
Sonstige Leistungen, für die der Leistungsempfänger die Steuer nach Art. 196 MWSt-RL 2006/112/EG idF Richtlinie 2008/8/EG schuldet, sind in die ZM jenes Meldezeitraums aufzunehmen, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind.
Randzahlen 4194 bis 4200: derzeit frei
121.8. Änderung der Bemessungsgrundlage im Zusammenhang mit der ZM
4201
Nachträgliche Änderungen der umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlage für meldepflichtige Umsätze, zB durch Rabatte, Uneinbringlichkeit, sind in der ZM für den Meldezeitraum zu berücksichtigen, in dem die nachträgliche Änderung der Bemessungsgrundlage eingetreten ist. Entsprechend ist zu verfahren, wenn meldepflichtige Umsätze ganz oder teilweise rückgängig gemacht werden (Rechnungsstornierungen). Es ist der Änderungsbetrag mit der Summe der Bemessungsgrundlagen für die jeweiligen meldepflichtigen Umsätze, die im maßgeblichen Zeitraum ausgeführt wurden, zu saldieren. Die zu meldenden Bemessungsgrundlagen können negativ sein. Negative Beträge sind mit einem Minuszeichen zu kennzeichnen. Die zu meldende Summe der Bemessungsgrundlagen kann ausnahmsweise auf Grund von Saldierungen 0 Euro betragen. In diesem Fall ist als Summe der Bemessungsgrundlagen 0 zu melden.
4202
Eine nachträgliche Änderung der Bemessungsgrundlage ist von der Berichtigung wegen unrichtiger bzw. unvollständiger Angaben zu unterscheiden (siehe nachfolgende Ausführungen zu Rz 4203).
121.8.1. Berichtigung der ZM
4203
Wird nachträglich erkannt, dass eine abgegebene ZM unrichtig oder unvollständig ist, so ist die ursprüngliche ZM innerhalb eines Monats (gerechnet ab Erkennen des Fehlers) zu berichtigen. Betroffen sind vor allem ursprüngliche Fehler, dh. Fehler, die bereits bei Abgabe der ZM objektiv vorhanden waren (zB falsche UID, Fehlen von Lieferungen). Im Falle einer Berichtigung ist das Ausstellungsdatum der ursprünglichen Meldung anzuführen.
121.8.2. Berichtigungsmeldung
4204
Jeder zu berichtigende Meldezeitraum ist in einer gesonderten Berichtigungsmeldung zu erfassen.
Zusammenfassende Meldungen, die über FinanzOnline übermittelt wurden, dürfen nur über FinanzOnline berichtigt werden (keine Papier-Vordrucke). Über FinanzOnline ist immer die korrigierte Gesamt-Meldung – und nicht nur die betroffenen Meldezeilen – als Berichtigung zu übermitteln. Wurde die Erst-Meldung mittels Vordruck (U 13 bzw. U 14) abgegeben, sind für die Berichtigungsmeldungen ebenfalls die Vordrucke U 13 bzw. U 14 zu verwenden. In diesem Fall bleibt es dem Unternehmer überlassen, die gesamte ZM eines Meldezeitraumes neu auszufertigen oder nur die fehlerhaften Zeilen zu melden und zu berichtigen.
Eine Berichtigung einer ZM in einer ZM für einen der folgenden Zeiträume ist unzulässig.
Randzahlen 4205 bis 4210: derzeit frei.
121.9. ZM als Steuererklärung – Verspätungszuschlag
4211
Die ZM gilt als Steuererklärung. Bei verspäteter Einreichung kann ein Verspätungszuschlag in Höhe von bis zu 1% der Summe aller zu meldenden Bemessungsgrundlagen festgesetzt werden (Höchstbetrag 2.200 Euro). Ist die Summe negativ (zB bei einer Minderung der Bemessungsgrundlage), kommt ein Verspätungszuschlag nicht in Betracht. Die Abgabe von ZM kann durch Festsetzung einer Zwangsstrafe (Höchstbetrag 5.000 Euro) erzwungen werden.
Randzahlen 4212 bis 4215: derzeit frei.
121.10. Elektronische Übermittlung der Daten
4216
Die Daten sind ab dem 1. Quartal 2004 elektronisch über FinanzOnline (https://finanzonline.bmf.gv.at) zu übermitteln (Ausnahmen siehe Rz 4153). Die Datenübermittlung kann weiters auch durch den Steuerberater oder Fiskalvertreter erfolgen.
Inhalt und Meldung der Verfahren sind in Art. 21 Abs. 10 UStG 1994, in der VO des BM für Finanzen, BGBl. II Nr. 512/2006 idgF (FOnErklV) über die elektronische Übermittlung von Steuererklärungen sowie von Jahresabschlüssen und anderen Unterlagen anlässlich der Steuererklärung (FinanzOnline-Erklärungsverordnung) und in der VO des BM für Finanzen, BGBl. II Nr. 97/2006, über die Einreichung von Anbringen, die Akteneinsicht und die Zustellung von Erledigungen in automationsunterstützter Form (FinanzOnline-Verordnung 2006) geregelt.
4217
Unternehmen, die an der elektronischen Datenübermittlung nicht teilnehmen können, müssen daher für die Abgabe beim Finanzamt das amtliche Formular verwenden.
Randzahlen 4218 bis 4225: derzeit frei.
121.11. Gesonderte Erklärung von innergemeinschaftlichen Lieferungen
4226
Gemäß Art. 21 Abs. 11 UStG 1994 hat der Unternehmer die Bemessungsgrundlagen seiner innergemeinschaftlichen Lieferungen auch in der UVA und in der Steuererklärung gesondert zu erklären. Die gesonderte Erklärung der innergemeinschaftlichen Lieferungen hat in dem Voranmeldungszeitraum zu erfolgen, in dem die Rechnung für die innergemeinschaftliche Lieferung ausgestellt wird, spätestens in dem Voranmeldungszeitraum, in dem der auf die Ausführung der innergemeinschaftlichen Lieferung folgendem Monat endet.
Beim Dreiecksgeschäft sind die Lieferungen des Erwerbers an den Empfänger lediglich in die Zusammenfassende Meldung für den Meldezeitraum aufzunehmen, in dem die Steuerschuld für diese Lieferungen entstanden ist (siehe Rz 4164).
Randzahlen 4227 bis 4235: derzeit frei.
122. bis 123. (Art. 22 und Art. 23 UStG 1994 nicht vergeben)
124. Differenzbesteuerung im Binnenmarkt (Art. 24 UStG 1994)
124.1. Ausschluss der Differenzbesteuerung
4236
Die Differenzbesteuerung ist auch bei Lieferungen vom Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet anzuwenden. Die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen findet keine Anwendung. Es darf keine Rechnung mit einem Hinweis auf die Steuerfreiheit gelegt werden.
4237
Für folgende Vorgänge ist die Anwendung der Differenzbesteuerung ausgeschlossen:
- Die Lieferung und den Eigenverbrauch eines Gegenstandes, den der Wiederverkäufer innergemeinschaftlich erworben hat oder innergemeinschaftlich verbracht hat, wenn auf die Lieferung des Gegenstandes an den Wiederverkäufer oder das innergemeinschaftliche Verbringen die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen im übrigen Gemeinschaftsgebiet angewendet worden ist.
- Die innergemeinschaftliche Lieferung neuer Fahrzeuge im Sinne des Art. 1 Abs. 8 und 9 UStG 1994. Siehe Rz 3667 bis Rz 3677.
Beispiel 1:
Der Kraftfahrzeughändler G in Graz veräußert ein KFZ an einen belgischen Privaten, der das Fahrzeug nach Belgien verbringt, um 32.000 Euro.
G hat das KFZ mit einem Kilometerstand von 5.000 km von einem Privaten um 26.000 Euro erworben.
Die Differenzbesteuerung kommt nicht zur Anwendung, da eine innergemeinschaftliche Lieferung eines neuen Kraftfahrzeuges vorliegt (Art. 24 Abs. 1 lit. b UStG 1994). Die Lieferung des G kann gemäß Art. 7 Abs. 1 Z 2 lit. c UStG 1994 steuerfrei sein.
Beispiel 2:
Angabe wie Beispiel 1.G hat aber ein 11 Monate altes KFZ mit einem Kilometerstand von 9.000 km von einem Privaten um 26.000 Euro erworben.
Die Differenzbesteuerung (5.000 Euro zuzüglich 20% USt) kommt zur Anwendung, da es sich nicht um eine neues KFZ handelt.
Abweichend davon kann die Differenzbesteuerung ab 1.1.2020 jedoch von einem Wiederverkäufer angewendet werden, wenn er Kunstgegenstände im Rahmen einer steuerbefreiten innergemeinschaftlichen Lieferung vom Urheber oder dessen Rechtsnachfolgern erwirbt (siehe EuGH 29.11.2018, Rs C-264/17, Harry Mensing).
Beispiel 3:
Der Kunsthändler K aus Wien erwirbt Kunstgegenstände vom Urheber F aus Frankreich und Kunstgegenstände vom Kunsthändler S aus Spanien. F und S behandeln ihre Lieferungen als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen an K. K versteuert die Anschaffungen als innergemeinschaftliche Erwerbe. K veräußert die Kunstgegenstände im Rahmen seines Unternehmens an private Abnehmer.
K kann die Differenzbesteuerung auf die Weiterlieferung der Kunstgegenstände, die er im Rahmen einer innergemeinschaftlichen Lieferung vom Kunsthändler S aus Spanien erworben hat, nicht anwenden (Art. 24 Abs. 1 lit. a iVm § 24 Abs. 1 UStG 1994). Er kann aber die angefallene Erwerbsteuer als Vorsteuer – beim Vorliegen aller übrigen Voraussetzungen – abziehen.
Für die Weiterlieferung der Kunstgegenstände, die K innergemeinschaftlich vom Urheber F aus Frankreich erworben hat, ist die Differenzbesteuerung zulässig, wenn K die Erwerbsteuer nicht als Vorsteuer abzieht (Art. 24 Abs. 1 lit. a letzter Satz iVm § 24 Abs. 2 UStG 1994).
Randzahlen 4238 bis 4245: derzeit frei.
124.2. Keine Erwerbsteuer bei Differenzbesteuerung
4246
Wird bei einer Lieferung vom übrigen Gemeinschaftsgebiet in das Inland die Differenzbesteuerung angewendet, so entfällt eine Erwerbsbesteuerung im Inland (Art. 24 Abs. 2 UStG 1994). Die Weiterlieferung eines solchen im übrigen Gemeinschaftsgebiet differenzbesteuert angeschafften Gegenstandes im Inland unterliegt ebenfalls § 24 UStG 1994.
Randzahlen 4247 bis 4250: derzeit frei.
124.3. Ausschluss der innergemeinschaftlichen Versandhandelsregelung und der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen
4251
Die Versandhandelsregelung ist bei Anwendung der Differenzbesteuerung ausgeschlossen (Art. 24 Abs. 3 UStG 1994). Werden Gegenstände von einem Wiederverkäufer aus einem Mitgliedstaat zB an Nichtunternehmer in einen anderen Mitgliedstaat befördert oder versendet und erfolgt die Lieferung durch den Wiederverkäufer differenzbesteuert, so verlagert sich der Ort der Leistung nicht in den anderen Mitgliedstaat. Bei der Berechnung der Umsatzgrenze in Art. 3 Abs. 5 UStG 1994 (bis 30.6.2021: Lieferschwelle) sind Lieferungen, die unter Anwendung der Differenzbesteuerung getätigt werden, nicht zu beachten.
Werden bei Anwendung der Differenzbesteuerung Waren in einen anderen Mitgliedstaat geliefert, so ist die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen nicht anwendbar. In der Rechnung darf keine Umsatzsteuer ausgewiesen werden und ist auf die Differenzbesteuerung hinzuweisen.
Unter der Voraussetzung, dass keine Besteuerung nach der Gesamtdifferenz vorgenommen wird, kann der Unternehmer bei jedem einzelnen Umsatz auf die Differenzbesteuerung verzichten und zur Anwendung der normalen Besteuerungsvorschriften optieren. In diesem Fall kann für eine innergemeinschaftliche Lieferung die Steuerbefreiung zur Anwendung gelangen.
Ein solcher Verzicht auf die Anwendung der Differenzbesteuerung wird durch eine Rechnungslegung im Sinne des Art. 11 UStG 1994 nach außen dokumentiert.
Randzahlen 4252 bis 4260: derzeit frei.
124a. Sonderregelung für Anlagegold (Art. 24a UStG 1994)
Randzahlen 4261 bis 4275: derzeit frei.
124b. Zoll- und Steuerlager (Art. 24b UStG 1994)
4276
Randzahlen 4277 bis 4290: derzeit frei.
125. Dreiecksgeschäft (Art. 25 UStG 1994)
125.1. Allgemeines
4291
Art. 25 UStG 1994 enthält eine Vereinfachungsregelung für die Besteuerung von innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäften. An einem Dreiecksgeschäft im Sinne des Art. 25 UStG 1994 sind drei Unternehmer beteiligt, die in drei verschiedenen Mitgliedstaaten über denselben Gegenstand Umsatzgeschäfte abschließen (zur Definition eines Reihengeschäfts siehe § 3 Abs. 15 UStG 1994 und Rz 474g).
Für Zwecke der Dreiecksgeschäftsregelung wird jener mittlere Unternehmer, der den innergemeinschaftlichen Erwerb verwirklicht, als Erwerber und jener Unternehmer, an den dieser Erwerber liefert, als Abnehmer bezeichnet (Art. 25 Abs. 2 und 3 UStG 1994). Der Abnehmer kann auch eine juristische Person sein, die nicht Unternehmer ist oder den Gegenstand nicht für ihr Unternehmen erwirbt.
Ein Dreiecksgeschäft ist ab 1.1.2023 auch innerhalb eines Reihengeschäftes mit mehr als drei Beteiligten möglich. Die Vereinfachungsregelung kann dabei bei Vorliegen sämtlicher Voraussetzungen an jeder Stelle des Reihengeschäftes angesiedelt sein. Es ist nicht erforderlich, dass der erste oder der letzte Unternehmer in der Reihe in das Dreiecksgeschäft involviert ist.
4292
Die Vereinfachung besteht darin, dass die umsatzsteuerliche Registrierung des Erwerbers im Empfangsstaat vermieden wird. Die Vereinfachung kann auch angewendet werden, wenn der Erwerber im Empfangsstaat der Waren zur Umsatzsteuer registriert ist, aber die UID eines anderen Mitgliedstaats als des Abgangs- und des Empfangsstaats der Waren verwendet. Wenn der Erwerber seinen Sitz oder eine feste Niederlassung im Empfangsstaat der Waren hat, kann die Vereinfachung nicht angewendet werden (siehe auch VwGH 15.12.2021, Ro 2020/15/0003, und VwGH 22.12.2021, Ro 2020/15/0013).
125.2. Voraussetzungen
4293
Die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Dreiecksgeschäftes ergeben sich aus Art. 25 Abs. 1 bis 4 UStG 1994. Ein Dreiecksgeschäft liegt vor, wenn bei einem Reihengeschäft (§ 3 Abs. 15 UStG 1994) die folgenden Voraussetzungen erfüllt werden:
- Der Erwerber
- betreibt im Inland weder sein Unternehmen, noch hat er im Inland eine Betriebsstätte,
- verwendet für den Erwerb weder eine inländische UID-Nummer noch die UID-Nummer des Ursprungsmitgliedstaates,
- der Erwerb erfolgt für Zwecke einer anschließenden Lieferung des Erwerbers im Inland an einen Abnehmer,
- der Abnehmer ist Unternehmer oder eine juristische Person, der bzw. die für Zwecke der Umsatzsteuer im Inland erfasst ist und
- die Steuer für die anschließende Lieferung wird gemäß Art. 25 Abs. 5 UStG 1994 vom Abnehmer geschuldet.
4294
Voraussetzung für das Vorliegen eines Dreiecksgeschäftes im Sinne des Art. 25 UStG 1994 ist ua., dass der Erwerber im Inland weder sein Unternehmen betreibt noch eine Betriebsstätte hat.
Nicht schädlich für das Vorliegen eines Dreiecksgeschäftes ist die umsatzsteuerrechtliche Registrierung oder Ansässigkeit des Erwerbers im Abgangsstaat der Waren, wenn der Erwerber die UID eines anderen Mitgliedstaates verwendet (EuGH 19.4.2018, Rs C-580/16, Firma Hans Bühler KG; VwGH 29.5.2018, Ra 2015/15/0017).
Beispiel:
Der italienische Unternehmer I bestellt Waren beim österreichischen Unternehmer Ö und dieser seinerseits beim deutschen Unternehmer D. Es wird vereinbart, dass D die Waren direkt an den Abnehmer I nach Italien versendet. I und D treten unter der UID ihres Ansässigkeitsstaates auf.
Ö hat zwar seinen Sitz in Österreich, ist aber auch in Deutschland umsatzsteuerrechtlich erfasst und verfügt daher über eine österreichische und eine deutsche UID. Tritt Ö bei diesem Geschäft unter seiner österreichischen UID auf, ist die Dreiecksgeschäftsregelung iSd Art. 25 UStG 1994 bei Vorliegen aller weiterer Voraussetzungen zulässig.
4295
Die Voraussetzungen für ein Dreiecksgeschäft im Sinne des Art. 25 UStG 1994 liegen nur vor, wenn der Lieferer oder der Erwerber den Gegenstand zum Abnehmer befördert oder versendet.
Beispiel 1:
Der Unternehmer W aus Wien bestellt Waren bei M in München und dieser seinerseits bei P in Paris. W, M und P treten unter der UID ihres Sitzstaates auf.
a) P versendet die Waren direkt an W.
b) Die Ware wird von M bei P abgeholt und an W versendet.
c) Die Ware wird von W bei P abgeholt.
Lösung:
Zu a) Die Voraussetzungen für ein Dreiecksgeschäft können vorliegen.
Die Lieferung des P an M erfolgt gemäß § 3 Abs. 15 Z 1 lit. a iVm Abs. 8 UStG 1994 in Frankreich (und ist unter den Voraussetzungen des französischen Rechts eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung). Die Lieferung des M an W wird in Österreich ausgeführt (§ 3 Abs. 15 Z 4 UStG 1994).
Zu b) Die Voraussetzungen für ein Dreiecksgeschäft können vorliegen.
Auch beim Versenden durch den Erwerber erfolgt gemäß § 3 Abs. 15 Z 1 lit. c iVm Abs. 8 UStG 1994 die Lieferung des P an M in Frankreich und die Lieferung des M an W gemäß § 3 Abs. 15 Z 4 UStG 1994 in Österreich.
Zu c) Die Voraussetzungen für ein Dreiecksgeschäft liegen nicht vor.
Sowohl P als auch M liefern gemäß § 3 Abs. 15 Z 3 bzw. § 3 Abs. 8 UStG 1994 in Frankreich (der Erwerb erfolgt somit nicht für Zwecke einer anschließenden Lieferung des Erwerbers im Inland; Art. 25 Abs. 3 lit. b UStG 1994).
Die Lieferung des P an M unterliegt der französischen USt. Die Lieferung des M an W kann als innergemeinschaftliche Lieferung nach französischem Recht steuerfrei sein.
W tätigt in Österreich einen innergemeinschaftlichen Erwerb.
Beispiel 2:
Der Unternehmer Ö aus Wien bestellt beim Unternehmer D aus München dort nicht vorrätige Werkzeugteile. D gibt die Bestellung weiter an F in Frankreich mit der Bitte, sie direkt zu Ö nach Österreich auszuliefern. Weil auch F die Werkzeugteile nicht auf Lager hat, bestellt er sie beim spanischen Unternehmer SP und befördert sie auf seine Rechnung an Ö. F tritt mit seiner spanischen UID Nummer auf, alle anderen Unternehmer jeweils unter der UID Nummer ihres Landes.
Lösung:
Zwischen SP, F, D und Ö liegt ein Reihengeschäft gemäß § 3 Abs. 15 Z 5 UStG 1994 vor. Da F als Zwischenhändler mit seiner spanischen UID Nummer auftritt, wird die Beförderung gemäß § 3 Abs. 15 Z 1 UStG 1994 seiner Lieferung an D zugeordnet, womit D einen innergemeinschaftlichen Erwerb in Österreich verwirklicht. Liegen die Voraussetzungen des Art. 25 Abs. 3 UStG 1994 vor, ist dieser innergemeinschaftliche Erwerb von D in Österreich steuerfrei und die Steuerschuld für die Lieferung von D an Ö geht auf Ö über.
Beispiel 3:
Wie Beispiel 2, nur tritt D mit seiner österreichischen UID Nummer auf und alle anderen Unternehmer jeweils unter der UID Nummer ihres Landes.
Lösung:
Zwischen SP, F, D und Ö liegt ein Reihengeschäft gemäß § 3 Abs. 15 Z 5 UStG 1994 vor. Da F als Zwischenhändler nicht mit einer UID Nummer des Abgangsmitgliedstaates auftritt, wird die Beförderung gemäß § 3 Abs. 15 Z 1 UStG 1994 der Lieferung von SP an ihn zugeordnet, womit F einen innergemeinschaftlichen Erwerb in Österreich verwirklicht. Liegen die Voraussetzungen des Art. 25 Abs. 3 UStG 1994 vor, ist dieser innergemeinschaftliche Erwerb von F in Österreich steuerfrei und die Steuerschuld für die Lieferung von F an D geht auf D über.
125.3. Rechnung
4296
Die vom Erwerber gemäß Art. 25 Abs. 4 UStG 1994 auszustellende Rechnung hat neben den zusätzlichen Erfordernissen auch den Vorschriften des § 11 UStG 1994 zu entsprechen. Die Umsatzsteuer darf jedoch nicht in Rechnung gestellt werden.
Seit 1.1.2013 richtet sich für den Erwerber die Rechnungsausstellung an den Abnehmer nach dem UStG 1994, wenn er in Österreich sein Unternehmen betreibt.
Dies gilt jedoch nicht, wenn
- die Lieferung von einer in einem anderen Mitgliedstaat gelegenen Betriebsstätte des österreichischen Erwerbers ausgeführt wird:
hier ist das Recht des Mitgliedstaates maßgebend, in dem sich die Betriebsstätte befindet; - der Abnehmer, auf den die Steuerschuld übergeht, mittels Gutschrift abrechnet:
hier richtet sich die Rechnungsausstellung nach den Vorschriften des Mitgliedstaates, in dem die Lieferung ausgeführt wird.
Wurde eine den Vorschriften des Art. 25 Abs. 4 iVm § 11 UStG 1994 entsprechende Rechnung nicht fristgerecht ausgestellt, wobei der ausdrückliche Hinweis auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäftes und die Steuerschuldnerschaft des Abnehmers auch bspw. in englischer Sprache erfolgen kann, liegt kein Dreiecksgeschäft vor (Art. 25 Abs. 3 lit. d UStG 1994, vgl. EuGH 8.12.2022, Rs C-247/21, Luxury Trust Automobil GmbH; VwGH 15.12.2022, Ro 2020/13/0016).
125.4. Zusammenfassende Meldung
4296a
Für das Vorliegen eines Dreiecksgeschäfts hat auch der Erwerber, der als mittlerer Unternehmer im Mitgliedstaat des Abnehmers steuerpflichtige Lieferungen getätigt hat, eine ZM abzugeben, die den Vorschriften des Art. 25 Abs. 6 UStG 1994 entspricht.
Bei verspäteter Abgabe einer den Vorgaben des Art. 25 Abs. 6 UStG 1994 entsprechenden ZM gilt der innergemeinschaftliche Erwerb im Sinne des Art. 3 Abs. 8 zweiter Satz UStG 1994 als besteuert, wenn die ZM eingebracht wurde und alle materiellen Voraussetzungen für das Dreiecksgeschäft vorliegen. Das ist dann der Fall, wenn neben der Einreichung der korrekten ZM der Nachweis erbracht worden ist, dass der innergemeinschaftliche Erwerb im Sinne des Art. 3 Abs. 8 zweiter Satz UStG 1994 für die Zwecke einer anschließenden Lieferung getätigt wurde, die im Gebiet des Bestimmungsmitgliedstaats der Liefergegenstände bewirkt worden ist, und dass der Abnehmer der Lieferung als Steuerschuldner bestimmt wurde (EuGH 19.4.2018, Rs C-580/16, Firma Hans Bühler KG; zur Bestimmung des Abnehmers als
Steuerschuldner siehe Rz 4296).
125a. Sonderregelung für EU-Unternehmer, die sonstige Leistungen an Nichtunternehmer erbringen, für innergemeinschaftlichen Versandhandel und innerstaatliche Lieferungen durch Plattformen oder andere elektronische Schnittstellen (Art. 25a UStG 1994)
125a.1. Voraussetzungen für im Gemeinschaftsgebiet niedergelassene Unternehmer
4297
Unternehmer, die sonstige Leistungen an Nichtunternehmer gemäß § 3a Abs. 5 Z 3 UStG 1994 oder bestimmte Lieferungen in der EU erbringen, können sich unter gewissen Voraussetzungen dazu entscheiden, Umsätze über den EU-One-Stop-Shop (EU-OSS; bis 30.6.2021: MOSS) zu erklären. Der Unternehmer wird somit nur in einem EU-Mitgliedstaat (MSI) umsatzsteuerlich erfasst und kann die in anderen Mitgliedstaaten – bzw. in manchen Fällen sogar die im MSI – geschuldete Umsatzsteuer von dort aus im EU-OSS erklären und abführen.
Der EU-OSS kann seit 1.7.2021 für die folgenden Umsätze verwendet werden:
- Sonstige Leistungen an Nichtunternehmer gemäß § 3a Abs. 5 Z 3 UStG 1994, die in einem Mitgliedstaat ausgeführt werden, in dem der Unternehmer weder den Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit noch eine Betriebsstätte hat (dh. nicht niedergelassen ist).
- Innergemeinschaftliche Versandhandelsumsätze.
- Innerstaatliche Lieferungen einer Plattform, deren Beginn und Ende im selben Mitgliedstaat liegen, und für die die Plattform nach § 3 Abs. 3a Z 2 UStG 1994 Steuerschuldner ist.
Auch Lieferungen verbrauchsteuerpflichtiger Waren durch eine Plattform im Rahmen von § 3 Abs. 3a Z 2 UStG 1994 und der innergemeinschaftliche Versandhandel verbrauchsteuerpflichtiger Waren können über den EU-OSS erklärt werden.
Bis 30.6.2021 können nur elektronisch erbrachte sonstige Leistungen, Telekommunikations-, Fernseh- und Rundfunkleistungen, die an in der EU-ansässige Nichtunternehmer erbracht werden, über die Sonderregelung in Art. 25a UStG 1994 erklärt werden.
Für einen Überblick über die verschiedenen One-Stop-Shop-Sonderregelungen nach Leistungserbringer (EU-Unternehmer und Drittlandsunternehmer) und Umsatz siehe Rz 4300d.
Der EU-OSS kann grundsätzlich von allen im Gemeinschaftsgebiet niedergelassenen Unternehmern verwendet werden. Drittlandsunternehmer, die im Gemeinschaftsgebiet nicht niedergelassen sind, können den EU-OSS nur für innergemeinschaftliche Versandhandelsumsätze – bzw. als Plattform auch für innerstaatliche Lieferungen iSd § 3 Abs. 3a Z 2 UStG 1994 – verwenden (zu den Voraussetzungen siehe Rz 4300c).
Für im Gemeinschaftsgebiet niedergelassene Unternehmer erfolgt die Registrierung zum EU-OSS in jenem Mitgliedstaat, in dem der Unternehmer seinen Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit bzw. seine Betriebsstätte hat (Mitgliedstaat der Identifizierung, MSI). Voraussetzung ist eine gültige UID-Nummer. Diese alleine – ohne den Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine Betriebsstätte im Gemeinschaftsgebiet zu haben – begründet keine Ansässigkeit und ist für die Inanspruchnahme des EU-OSS als im Gemeinschaftsgebiet niedergelassener Unternehmer nicht ausreichend.
Hat ein Unternehmer seinen Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit im Drittland und mehrere Betriebsstätten in unterschiedlichen Mitgliedstaaten, besteht ein Wahlrecht, in welchem Betriebsstätten-Mitgliedstaat sich der Unternehmer registriert (vgl. Art. 369a MwSt-RL 2006/112/EG). An diese Wahl ist der Unternehmer für das betreffende und die beiden darauffolgenden Kalenderjahre gebunden. Wählt der Unternehmer einen anderen MSI, kommt bis 30.6.2021 eine Sperrfrist von zwei Kalenderquartalen zum Tragen.
Als Betriebsstätte gilt jede Niederlassung mit Ausnahme des Sitzes der wirtschaftlichen Tätigkeit, die einen hinreichenden Grad an Beständigkeit sowie eine Struktur aufweist, die es ihr von der personellen und technischen Ausstattung her erlaubt, Dienstleistungen, die für den eigenen Bedarf dieser Niederlassung erbracht werden, zu empfangen und dort zu verwenden oder Dienstleistungen zu erbringen.
Entscheidet sich ein Unternehmer, den EU-OSS zu nutzen, muss er sämtliche Umsätze, die darunterfallen, über den EU-OSS deklarieren und kann die Anwendung nicht auf einzelne Länder beschränken. Sonstige Leistungen, die in einem Mitgliedstaat erbracht werden, in dem der Unternehmer seinen Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine Betriebsstätte hat, können nicht im EU-OSS, sondern müssen im jeweiligen Mitgliedstaat erklärt werden. Hingegen können unter die Sonderregelung fallende Lieferungen auch dann über den EU-OSS erklärt werden, wenn sie im MSI steuerpflichtig sind. Der Unternehmer kann die Ausübung des Wahlrechtes unter Einhaltung der Frist des Art. 25a Abs. 6 UStG 1994 widerrufen.
Beispiel 1:
Der nur in Österreich niedergelassene Unternehmer A führt Lieferungen und sonstige Leistungen an Privatpersonen in Österreich und Frankreich aus.
Lösung:
Ab 1.7.2021 kann sich A in Österreich für den EU-OSS registrieren. Diesfalls hat A die innergemeinschaftlichen Versandhandelsumsätze und sonstigen Leistungen, deren Leistungsort im übrigen Gemeinschaftsgebiet liegt, über dieses Portal zu erklären. Nicht umfasst sind jedoch sonstige Leistungen, deren Leistungsort in Österreich liegt, oder innerstaatliche Lieferungen.
Beispiel 2:
Der nur in Österreich niedergelassene Unternehmer A führt Lieferungen und sonstige Leistungen an Privatpersonen in Österreich von seinem in Deutschland befindlichen Fremdlager aus.
Lösung:
A verwirklicht Versandhandelsumsätze, deren Lieferort gemäß Art. 3 Abs. 3 UStG 1994 in Österreich liegt. Diese Umsätze sind bei Inanspruchnahme des EU-OSS über diesen zu erklären.
Beispiel 3:
Eine Plattform ist nur in Österreich niedergelassen. Die Plattform vermittelt Waren des Drittlandsunternehmers CH. Die Waren werden zum Teil von Österreich und zum Teil von einem Fremdlager aus Frankreich an österreichische Privatpersonen geliefert. Die Plattform ist in Österreich zum EU-OSS registriert.
Lösung:
Ab 1.7.2021 wird die Plattform nach § 3 Abs. 3a Z 2 UStG 1994 für sämtliche Lieferungen von CH an Privatpersonen behandelt, als hätte sie die Umsätze selbst ausgeführt. Dh. die Plattform wird zum Steuerschuldner für die Umsätze an die Privatpersonen (siehe Rz 474j). Die Plattform hat die österreichische Umsatzsteuer für die innerstaatlichen Umsätze und die innergemeinschaftlichen Versandhandelsumsätze über den EU-OSS zu erklären.
CH führt gemäß § 3 Abs. 3a Z 2 UStG 1994 Lieferungen an die Plattform aus. Der Lieferort liegt nach § 3 Abs. 15 Z 3 UStG 1994 an jenem Ort, an dem die Beförderung oder Versendung beginnt (F bzw. Ö) und ist nach Art. 6 Abs. 4 UStG 1994 (bzw. der vergleichbaren Regelung in F) echt steuerfrei.
4298
Voraussetzung für die Inanspruchnahme des EU-OSS durch einen in der EU niedergelassenen Unternehmer ist, dass dieser im Gemeinschaftsgebiet
- sonstige Leistungen, innergemeinschaftliche Versandhandelsumsätze oder innerstaatliche Lieferungen gemäß § 3 Abs. 3a Z 2 UStG 1994 als Plattform tätigt (bis 30.6.2021: beschränkt auf Umsätze gemäß § 3a Abs. 13 UStG 1994) und
- die Inanspruchnahme auf elektronischem Weg beim zuständigen Finanzamt beantragt (Österreich als MSI: FinanzOnline).
Ein Wechsel des MSI ist möglich, wenn der Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit oder die Betriebsstätte verlegt wird. Der Unternehmer hat die jeweilige Änderung den beiden betroffenen Mitgliedstaaten rechtzeitig, dh. bis spätestens am 10. Tag des auf die Änderung folgenden Monats, mitzuteilen. Diesfalls kann der Unternehmer den EU-OSS bereits mit dem Tag der Änderung im neuen MSI in Anspruch nehmen. Bei verspäteter Meldung wird der Unternehmer im ehemaligen Mitgliedstaat mit dem Tag der Änderung vom EU-OSS ausgeschlossen. Im neuen Mitgliedstaat ist die Inanspruchnahme in diesem Fall nicht mit dem Tag der Änderung möglich, sondern erst mit dem ersten Tag des Kalenderquartals, das auf die Antragstellung folgt.
Beispiel:
Ein in Frankreich ansässiger Unternehmer hat sich in Frankreich für die Inanspruchnahme des EU-OSS ab 1. Januar 2015 registrieren lassen. Nach einer Umstrukturierung verlegt er das Unternehmen ab 21. März 2017 nach Österreich. Um den EU-OSS weiter nutzen zu können, muss sich der Unternehmer in Frankreich abmelden und sich in Österreich registrieren lassen. Das Datum der Abmeldung in Frankreich und der Registrierung in Österreich ist der 21. März 2017. Der Unternehmer muss beide Mitgliedstaaten spätestens am 10. April 2017 über den Wechsel informieren. Am 21. März 2017 erbrachte Dienstleistungen sind in der über den EU-OSS in Österreich eingereichten Erklärung anzugeben.
125a.2. Erklärung
4299
In die Erklärung für den EU-OSS sind alle unter die Sonderregel fallenden Umsätze aufzunehmen.
Die Umsätze sind getrennt nach Lieferungen und sonstigen Leistungen und im Weiteren getrennt nach Mitgliedstaaten, unter Angabe des anzuwendenden Steuersatzes und der zu entrichtenden Steuer, anzugeben. Weiters ist die insgesamt zu entrichtende Steuer in die Erklärung aufzunehmen (Art. 25a Abs. 4 UStG 1994). Steuerfreie Umsätze dürfen nicht angeführt werden. Hat der Unternehmer in einem Quartal keine Umsätze erbracht, so muss er eine Nullerklärung abgeben.
Bei Inanspruchnahme der Sonderregelung in Art. 25a oder einer vergleichbaren Sonderregelung in einem anderen Mitgliedstaat, sind die unter die Sonderregelung fallenden Umsätze in Österreich weder in die UVA, noch in die Umsatzsteuererklärung aufzunehmen (Art. 25a Abs. 13 UStG 1994).
125a.3. Umrechnung von Werten in fremder Währung
4300
Die Unternehmer müssen bei der Umrechnung von Werten in fremder Währung einheitlich den von der Europäischen Zentralbank festgestellten Umrechnungskurs des letzten Tages des Besteuerungszeitraumes bzw., falls für diesen Tag kein Umrechnungskurs festgelegt wurde, den für den nächsten Tag festgelegten Umrechnungskurs anwenden. Die Anwendung eines monatlichen Durchschnittskurses entsprechend § 20 Abs. 6 UStG 1994 ist ausgeschlossen.
125a.4. Beendigung, Ausschluss und Sperrfrist
4300a
Ein Unternehmer kann die Inanspruchnahme der OSS-Sonderregelung freiwillig beenden (Art. 25a Abs. 6 UStG 1994). Bis 30.6.2021 löst dies eine Sperrfrist aus und der Unternehmer kann den EU-OSS zwei Kalendervierteljahre ab Wirksamkeit der Beendigung nicht in Anspruch nehmen (Art. 25a Abs. 8 UStG 1994). Ab 1.7.2021 entfällt diese Sperrfrist.
Ein Unternehmer wird gemäß Art. 25a Abs. 7 UStG 1994 von der Inanspruchnahme der Sonderregelung ausgeschlossen:
- wenn er mitteilt keine Umsätze, die unter den EU-OSS fallen, mehr zu erbringen;
- wenn er während acht aufeinanderfolgenden Kalenderquartalen keine derartigen Leistungen erbringt;
- wenn er die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme nicht mehr erfüllt;
- wenn er wiederholt gegen die Vorschriften des EU-OSS verstößt oder aufgrund eines solchen Verstoßes aus einem anderen One-Stop-Shop ausgeschlossen wird.
Artikel 58b Abs. 2 VO (EU) 282/2011 legt fest, was jedenfalls als wiederholter Verstoß, der einen Ausschluss zur Folge hat, zu verstehen ist:
a)Dem Unternehmer wurden vom MSI für drei unmittelbar vorhergehende Kalenderquartale Erinnerungen gemäß Artikel 60a VO (EU) 282/2011 erteilt und die Erklärung wurde für jedes dieser Kalenderquartale nicht binnen zehn Tagen, nachdem die Erinnerung erteilt wurde, abgegeben.
b)Vom MSI wurden ihm für drei unmittelbar vorhergehende Kalenderquartale Erinnerungen gemäß Artikel 63a VO (EU) 282/2011 erteilt und der Gesamtbetrag der erklärten Steuer ist von ihm nicht binnen zehn Tagen, nachdem die Erinnerung erteilt wurde, für jedes dieser Kalenderquartale gezahlt, außer wenn der ausstehende Betrag weniger als 100 Euro für jedes dieser Kalenderquartale beträgt.
c)Er hat nach einer Aufforderung des MSI oder des Mitgliedstaats des Verbrauchs und einen Monat nach einer nachfolgenden Erinnerung des MSI die in den Artikeln 369 und 369k MwSt-RL 2006/112/EG genannten Aufzeichnungen nicht elektronisch zur Verfügung gestellt (zur Erinnerung siehe Art. 63c Abs. 3 VO (EU) 282/2011).
Auch bei anderen wiederholten Verstößen ist der Unternehmer vom MSI auszuschließen.
Im Falle eines Ausschlusses wegen wiederholten Verstoßes sind die etwaigen Sperrfristen nach Art. 25a Abs. 8 UStG 1994 zu beachten. Der Ausschluss wegen wiederholten Verstoßes wirkt ab dem Tag, der auf den Tag folgt, an dem die Entscheidung über den Ausschluss dem Unternehmer elektronisch übermittelt wurde. Unterliegt ein Unternehmer im EU-OSS einer Sperrfrist, ist er auch von den anderen One-Stop-Shops auszuschließen und umgekehrt.
125a.5. Sondervorschriften
4300b
Insbesondere folgende Sondervorschriften gelten nach Art. 25a UStG 1994:
- Der Erklärungszeitraum ist das Kalendervierteljahr (Art. 25a Abs. 3 UStG 1994).
- Die Unternehmer haben vierteljährliche Steuererklärungen bis zum letzten Tag (bis 30.6.2021: 20. Tag) des auf den Erklärungszeitraum folgenden Kalendermonats auf elektronischem Weg (bei Österreich als MSI: FinanzOnline) abzugeben (Art. 25a Abs. 3 UStG 1994). Für das Kalenderjahr ist keine zusätzliche Erklärung abzugeben.
- Zur Steuererklärung siehe Rz 4299.
- Die Steuerschuld für die im Erklärungszeitraum erbrachten Leistungen, die unter den EU-OSS fallen, entsteht grundsätzlich in dem Zeitpunkt, in dem die Lieferung oder sonstige Leistung ausgeführt wird (Art. 25a Abs. 13 UStG 1994). Zu den Plattformen siehe Rz 385.
- Die Steuer ist spätestens am letzten Tag (bis 30.6.2021: 20. Tag) des auf den Erklärungszeitraum folgenden Kalendermonats zu entrichten (Art. 25a Abs. 13 UStG 1994).
- Für die Rechnungsausstellung ist das Recht des MSI maßgeblich (siehe Rz 1501a). Ist Österreich der MSI, besteht keine Pflicht zur Ausstellung von Rechnungen für innergemeinschaftliche Versandhandelslieferungen, wenn diese nach dem 31.12.2021 ausgeführt werden (siehe Rz 4032).
- Zu den Berichtspflichten siehe Art. 25a Abs. 9 UStG 1994; Artikel 57h VO (EU) 282/2011.
- Gemäß Art. 25a Abs. 10 UStG 1994 haben die Aufzeichnungen über die EU-OSS-Umsätze getrennt nach den Mitgliedstaaten zu erfolgen, in denen die Umsätze ausgeführt wurden (Mitgliedstaaten des Verbrauchs).
- Die Aufzeichnungen sind zehn Jahre aufzubewahren und über Aufforderung des Finanzamtes bzw. der zuständigen Behörde auf elektronischem Weg zur Verfügung zu stellen. Um Einsicht in die Aufzeichnungen zu erhalten, richtet der Mitgliedstaat des Verbrauchs auf elektronischem Weg ein Ersuchen an den MSI (gemäß Art. 47i VO (EU) 904/2010). Werden die Aufzeichnungen nicht innerhalb von 20 Tagen nach dem Datum der Aufforderung übermittelt, erinnert der MSI den Unternehmer an die Übermittlung der Aufzeichnungen (Art. 63c VO (EU) 282/2011). Werden die Aufzeichnungen trotz Erinnerung nicht übermittelt, ist ein Ausschluss möglich (vgl. Rz 4300a). Um hinreichend ausführlich zu sein, müssen die Aufzeichnungen die in Art. 63c VO (EU) 282/2011 genannten Informationen enthalten:
a)Mitgliedstaat des Verbrauchs, in den die Gegenstände geliefert oder in dem die Dienstleistungen erbracht werden;
b)die Beschreibung und die Menge der gelieferten Gegenstände oder die Art der erbrachten Dienstleistung;
c)Datum der Lieferung oder der Dienstleistungserbringung;
d)Steuerbemessungsgrundlage unter Angabe der verwendeten Währung;
e)jede anschließende Erhöhung oder Senkung der Steuerbemessungsgrundlage;
f)anzuwendender Mehrwertsteuersatz;
g)Betrag der zu zahlenden Mehrwertsteuer unter Angabe der verwendeten Währung;
h)Datum und Betrag der erhaltenen Zahlungen;
i)alle vor Lieferung der Gegenstände oder Erbringung der Dienstleistung erhaltenen Vorauszahlungen;
j)falls eine Rechnung ausgestellt wurde, die darin enthaltenen Informationen;
k)bei Lieferungen: die Informationen, die zur Bestimmung des Ortes verwendet werden, an dem die Beförderung oder Versendung beginnt und endet; bei Dienstleistungen: die Informationen zur Bestimmung des Orts, an dem der Dienstleistungsempfänger ansässig ist oder seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat;
l)Nachweise über Rücksendungen, einschließlich der Steuerbemessungsgrundlage und des anwendbaren Steuersatzes.
- Änderungen der Bemessungsgrundlage von Umsätzen, die unter den EU-OSS fallen, sind innerhalb von drei Jahren ab dem Tag, an dem die ursprüngliche Erklärung abzugeben war, elektronisch über den EU-OSS vorzunehmen. Die Berichtigung ist in eine spätere Erklärung aufzunehmen. Dabei ist auf den Steuerzeitraum und den Steuerbetrag, für den Änderungen erforderlich sind, zu verweisen. Bis 30.6.2021 hat eine Berichtigung der ursprünglichen Erklärung zu erfolgen und wirkt auf den ursprünglichen Erklärungszeitraum zurück (ex tunc). Berichtigungen von Erklärungen für Umsätze, die vor dem 1.1.2021 erbracht wurden und im Vereinigten Königreich steuerbar sind, können nur bis einschließlich 31.12.2021 vorgenommen werden.
- Ein Steuerbescheid hinsichtlich der in Österreich ausgeführten Umsätze ergeht nur, wenn der Unternehmer die Abgabe der Erklärung pflichtwidrig unterlässt, diese unvollständig ist oder die Selbstberechnung unrichtig ist (Art. 25a Abs. 14 UStG 1994).
- Vorsteuern können im Wege der Veranlagung geltend gemacht werden, wenn eine Verpflichtung zur Abgabe einer Erklärung iSd § 21 Abs. 4 UStG 1994 besteht. Besteht keine Verpflichtung nach § 21 Abs. 4 UStG 1994, können Vorsteuern nur im Erstattungsverfahren gemäß § 21 Abs. 9 UStG 1994 -geltend gemacht werden (Art. 25a Abs. 15 UStG 1994; Verordnung des BM für Finanzen, mit der ein eigenes Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern an ausländische Unternehmer geschaffen wird, BGBl. II Nr. 279/1995 idF BGBl. II Nr. 158/2014).
- Im Falle einer Organschaft sind für Zwecke des EU-OSS sämtliche österreichische Organgesellschaften sowie alle österreichischen Betriebstätten von ausländischen Organgesellschaften im Registrierungsantrag als Betriebsstätten mitsamt allen ihren in- und ausländischen UIDs anzugeben.
- Hat ein Mitglied einer Organschaft eine Betriebsstätte in einem anderen Mitgliedstaat, wird für Zwecke der EU-OSS-Registrierung die Betriebsstätte als eigener Unternehmer gesehen. Leistungen, die diese Betriebsstätte erbringt, können nicht in die EU-OSS-Umsatzsteuererklärung der Organschaft aufgenommen werden. Dagegen sind Leistungen, die die Organschaft im Mitgliedstaat der Betriebsstätte erbringt, in die EU-OSS-Umsatzsteuererklärung aufzunehmen und nicht in die inländische Umsatzsteuererklärung dieser Betriebsstätte.
Diese Ausführungen zur Organschaft gelten nur für die Abgrenzung, welche Umsätze in die EU-OSS-Erklärung aufzunehmen sind und haben keinerlei Auswirkung auf die sonstige umsatzsteuerliche Beurteilung der Organschaft und ihrer Umsätze.
125a.6. Drittlandsunternehmer, die im Gemeinschaftsgebiet weder den Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit noch eine Betriebsstätte haben
4300c
Ab 1.7.2021 können auch Drittlandsunternehmer, die im Gemeinschaftsgebiet weder ihren Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit noch eine Betriebsstätte haben (dh. nicht niedergelassen sind), den EU-OSS für innergemeinschaftliche Versandhandelsumsätze verwenden. Plattformen können zusätzlich zu innergemeinschaftlichen Versandhandelsumsätzen auch innerstaatliche Lieferungen, für die die Plattform nach § 3 Abs. 3a Z 2 UStG 1994 Steuerschuldner ist, über den EU-OSS erklären. Nicht möglich ist hingegen die Verwendung des EU-OSS durch einen Drittlandsunternehmer für sonstige Leistungen. Diese sind über den Nicht-EU-OSS zu erklären (siehe Rz 3431).
Drittlandsunternehmer können sich in jenem Mitgliedstaat für den EU-OSS registrieren, in dem
- die Warenbewegung all jener Lieferungen, die unter die Sonderregel fallen, beginnt oder
- die Warenbewegung zumindest für einen Teil dieser Lieferungen beginnt, wenn der Unternehmer sich dafür entscheidet, den EU-OSS in diesem Mitgliedstaat in Anspruch zu nehmen und sich in den vorangegangenen zwei Kalenderjahren in keinem anderen Mitgliedstaat zum EU-OSS registriert hat.
Ein Wechsel des MSI ist möglich, wenn
- keine unter den EU-OSS fallenden Lieferungen, deren Warenbewegung im Mitgliedstaat der (ursprünglichen) Registrierung beginnt, mehr erbracht werden oder
- ein Drittlandsunternehmer seinen Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit oder seine Betriebsstätte in einen anderen Mitgliedstaat verlegt oder dort eine Betriebsstätte begründet (Art. 25a Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994).
Der Unternehmer hat die Änderung den beiden betroffenen Mitgliedstaaten bis spätestens am 10. Tag des auf die Änderung folgenden Monats mitzuteilen. Zur Inanspruchnahme im neuen MSI und zur verspäteten Meldung siehe Rz 4299.
Voraussetzung für die Inanspruchnahme des EU-OSS durch Drittlandsunternehmer ist, dass
- die unter die Sonderregel fallenden Beförderungen oder Versendungen zumindest zum Teil im Inland beginnen und sich der Unternehmer in den vorangegangenen zwei Kalenderjahren in keinem anderen Mitgliedstaat, in dem der andere Teil der Lieferungen beginnt, zum EU-OSS registriert hat,
- der Unternehmer innergemeinschaftliche Versandhandelsumsätze tätigt oder bei innerstaatlichen Umsätzen nach § 3 Abs. 3a Z 2 UStG 1994 zum Steuerschuldner fingiert wird,
- der Drittlandsunternehmer einen Fiskalvertreter gemäß § 27 Abs. 7 UStG 1994 hat und
- die Nutzung des EU-OSS auf elektronischem Weg (Österreich als MSI: FinanzOnline) beim zuständigen Finanzamt (in Österreich: Finanzamt Österreich, Dienststelle Graz-Stadt) beantragt wird. Hierfür ist eine Registrierung in Österreich und die Beantragung einer UID für den Drittlandsunternehmer notwendig.
Drittlandsunternehmer, die sich für die Inanspruchnahme des EU-OSS entscheiden, haben alle innergemeinschaftlichen Versandhandelsumsätze über den EU-OSS zu erklären. Wird eine Plattform für innerstaatliche Lieferungen gemäß § 3 Abs. 3a UStG 1994 zum Steuerschuldner, hat sie auch diese Lieferungen über den EU-OSS zu erklären.
Beispiel 1:
Der Schweizer Unternehmer CH hat in der EU weder seinen Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit noch eine Betriebsstätte. Er verkauft Waren über ein Fremdlager in Österreich und über ein Fremdlager in Deutschland an Privatpersonen in der EU. Zusätzlich führt er Dienstleistungen an Privatpersonen in der EU aus.
Lösung:
CH kann den EU-OSS nach Art. 25a Abs. 1 Z 2 lit. a UStG 1994 für innergemeinschaftliche Versandhandelsumsätze in Anspruch nehmen. Nach Art. 25a Abs. 1 Z 2 lit. bb UStG 1994 ist eine Registrierung in einem der Mitgliedstaaten, in denen die Warenbewegung zumindest eines Teils der Versandhandelsumsätze beginnt, möglich. CH kann wählen, ob er sich in Österreich oder in Deutschland zum EU-OSS registriert. Er kann über den EU-OSS nur Versandhandelsumsätze iSd Art. 3 Abs. 3 UStG 1994, nicht aber Dienstleistungen oder Lieferungen aus einem Fremdlager an Privatpersonen im Mitgliedstaat dieses Fremdlagers (zB aus dem österreichischen Lager an österreichische Privatpersonen) erklären. Die Dienstleistungen an Privatpersonen kann CH über den Nicht-EU-OSS (§ 25a UStG 1994) erklären. Jene Umsätze, die nicht über einen One-Stop-Shop erklärt werden, muss er über die UVA und die Erklärung nach § 21 Abs. 4 UStG 1994 erklären.
Beispiel 2:
Wie Beispiel 1. Die Plattform P unterstützt den Verkauf der Waren durch CH. Auch P ist im Gemeinschaftsgebiet nicht niedergelassen.
Lösung:
Ab 1.7.2021 wird P nach § 3 Abs. 3a Z 2 UStG 1994 für sämtliche Lieferungen von CH an Privatpersonen behandelt, als hätte er die Umsätze selbst ausgeführt, dh. P wird zum Steuerschuldner für die Umsätze an die Privatpersonen. Die Fiktion umfasst neben Versandhandelsumsätzen aus dem Fremdlager an Privatpersonen im übrigen Gemeinschaftsgebiet auch die innerstaatlichen Lieferungen, dh. Lieferungen vom Fremdlager in Österreich an Privatpersonen in Österreich.
Durch die Fiktion wird ein Reihengeschäft begründet, wobei die Lieferung durch die Plattform an die Privatpersonen die bewegte Lieferung ist (§ 3 Abs. 15 Z 2 UStG 1994). Der Lieferort der innergemeinschaftlichen Versandhandelsumsätze durch P liegt nach Art. 3 Abs. 3 UStG 1994 im jeweiligen Bestimmungsland. Bei Lieferungen vom österreichischen Fremdlager an österreichische Privatpersonen befindet sich der Lieferort der innerstaatlichen Umsätze nach § 3 Abs. 8 UStG 1994 in Österreich.
P kann sich zum EU-OSS registrieren, um die Umsatzsteuer, die in den Bestimmungsländern und in Österreich anfällt, über dieses Portal zu erklären. Da die Lieferungen im österreichischen Fremdlager beginnen, kann sich P in Österreich zum EU-OSS registrieren (Art. 25a Abs. 1 Z 2 lit. b iVm lit. bb TS 1 UStG 1994). Bieten auch andere Unternehmer Waren über die Plattform an und beginnt die Beförderung oder Versendung dieser Waren zumindest zum Teil auch in anderen Mitgliedstaaten, kann P wählen, in welchem dieser Mitgliedstaaten er sich zum EU-OSS registriert.
125a.7. Überblick über die One-Stop-Shops nach Leistungserbringer und Umsatz in der EU
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Nicht-EU-OSS(§ 25a UStG 1994) | IOSS(§ 25b UStG 1994) | EU-OSS(Art. 25a UStG 1994) | |
EU-Unternehmer: | Registrierung nicht möglich | Einfuhr-Versandhandelsumsätze bis maximal 150 Euro(wahlweise über einen Vertreter) | Dienstleistungen an Nichtunternehmer*Innergemeinschaftliche VersandhandelsumsätzeInnerstaatliche Lieferungen durch Plattformen (§ 3 Abs. 3a Z 2 UStG 1994) |
Drittlands-unternehmer: | Dienstleistungen an Nichtunternehmer | Einfuhr-Versandhandelsumsätze bis maximal 150 Euro(nur mit Vertreter) | Innergemeinschaftliche VersandhandelsumsätzeInnerstaatliche Lieferungen durch Plattformen (§ 3 Abs. 3a Z 2 UStG 1994) |
* Dienstleistungen können nur im EU-OSS erklärt werden, wenn der Unternehmer im Mitgliedstaat, in dem die Leistung erbracht wird, nicht niedergelassen ist.