18.1 Veräußerungsgeschäfte (§ 24 Abs. 1 EStG 1988)
18.1.1 Allgemeine Grundsätze
5501
Mit der Besteuerung des Veräußerungsgewinnes werden alle bis zur Veräußerung bzw. Aufgabe unversteuert gebliebenen Vermögensvermehrungen erfasst und der Besteuerung unterzogen (VwGH 14.4.1993, 91/13/0239).
5502
Ein Veräußerungsgewinn bzw. -verlust gehört zu den betrieblichen Einkünften der jeweiligen Einkunftsart (siehe den jeweiligen Hinweis für Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in § 21 Abs. 2 Z 3 EStG 1988, für Einkünfte aus selbständiger Arbeit in § 22 Z 5 EStG 1988 und für Einkünfte aus Gewerbebetrieb in § 23 Z 3 EStG 1988). § 24 EStG 1988 grenzt laufende, nicht begünstigte Gewinne aus betrieblichen Tätigkeiten von den unter bestimmten Voraussetzungen begünstigt besteuerten Veräußerungsgewinnen ab (zu den Steuerbegünstigungen des Veräußerungsgewinnes siehe Rz 5691 ff, 7364 ff und 7369).
5503
Ein Verlust aus einem Veräußerungsgeschäft ist bei der Gewinnermittlung und, falls sich danach ein Verlust bei den Einkünften iSd § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 EStG 1988 ergibt, bei der Ermittlung des Gesamtbetrages der Einkünfte auszugleichen (vgl. VwGH 21.3.1995, 95/14/0011). Verbleibt auch dann noch ein Verlust iSd § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 EStG 1988, so ist er gemäß § 18 Abs. 6 EStG 1988 abzugsfähig (siehe Rz 4502 ff). Dies gilt auch dann, wenn der laufende Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 ermittelt wurde, weil vor Ermittlung des Verlustes aus dem Veräußerungsgeschäft ein Übergang zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 vorzunehmen war.
5504
Werden Veräußerungs- oder Aufgabegewinne in den Jahren 1996 und 1997 realisiert und stehen an und für sich Verlustvorträge zur Verrechnung zur Verfügung, die aber auf Grund § 117 Abs. 7 Z 1 EStG 1988 in diesen beiden Jahren nicht geltend gemacht werden dürfen, können auf Antrag diese Gewinne insoweit in das Jahr 1998 verlagert werden (§ 117 Abs. 7 Z 2 EStG 1988); die Höhe des verschiebbaren Gewinnes deckt sich mit der Höhe des im Jahr 1998 geltend zu machenden Verlustvortrages.
18.1.2 Gliederung der Veräußerungsgeschäfte
5505
Veräußerungsgeschäfte iSd § 24 EStG 1988 sind
- die Veräußerung
- des ganzen Betriebes,
- eines Teilbetriebes oder
- eines Mitunternehmeranteiles;
- die Aufgabe
- des Betriebes,
- eines Teilbetriebes oder
- eines Mitunternehmeranteiles.
5506
§ 24 EStG 1988 erfasst jeweils den einzelnen Betrieb, Teilbetrieb und Mitunternehmeranteil. Auch wenn mehrere Einheiten eines Steuerpflichtigen zugleich veräußert werden, ist § 24 EStG 1988 jeweils isoliert und gesondert anzuwenden. Bei Körperschaften, auf die § 7 Abs. 3 KStG 1988 anzuwenden ist, beschränkt sich die Bedeutung des § 24 EStG 1988 auf die Beurteilung, ob ein (Teil-)Betrieb übertragen oder erworben wurde. Bei anderen Körperschaften (zB Vereine, Stiftungen, Fonds, Betriebe gewerblicher Art von Körperschaften des öffentlichen Rechts) kommt § 24 EStG 1988 zur Anwendung. Bei beschränkter Steuerpflicht gilt § 24 EStG 1988 für den Bereich der inländischen Betriebsstätte. Zur Verlegung eines Betriebes oder Teilbetriebes über die Grenze siehe Rz 5639.
18.1.3 Wesentliche Betriebsgrundlagen
18.1.3.1 Allgemeines
5507
Eine Übertragung des (Teil-)Betriebes setzt voraus, dass die übertragenen Wirtschaftsgüter die wesentlichen Betriebsgrundlagen gebildet haben und objektiv geeignet sind, dem Erwerber die Fortführung des (Teil-)Betriebes zu ermöglichen. Es muss ein lebender (Teil-)Betrieb, das ist ein in seinen wesentlichen Betriebsgrundlagen vollständiger Organismus des Wirtschaftslebens, übertragen werden (zB VwGH 21.12.1993, 89/14/0268, Erwerb eines Erzeugungsbetriebes von einer in Konkurs befindlichen GmbH; VwGH 03.12.1986, 86/13/0079, Parfumeriefiliale). Die Art, der Umfang und die geschäftliche Wirkungsweise des übertragenen Betriebes müssen aufrecht erhalten werden können (VwGH 24.06.2010, 2006/15/0270). Eine (Teil-)Betriebsaufgabe setzt voraus, dass die wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang an verschiedene Erwerber veräußert und/oder in das Privatvermögen des bisherigen Betriebsinhabers überführt werden.
5508
Welche Betriebsmittel zu den wesentlichen Grundlagen des Betriebes gehören, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls und entscheidet sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse des veräußerten Betriebes (VwGH 21.11.1990, 90/13/0145). Die Zuordnung der Wirtschaftsgüter zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen ergibt sich einerseits aus der Art des Betriebes und andererseits nach ihrer Funktion innerhalb des konkreten Betriebes (VwGH 20.11.1990, 90/14/0122). Abzustellen ist somit auf die Besonderheiten des jeweiligen Betriebstypus (VwGH 4.4.1989, 88/14/0083; VwGH 11.11.1992, 91/13/0152; VwGH 25.1.1995, 93/15/0100; VwGH 24.4.1996, 94/15/0025).
18.1.3.2 Zuordnungsgrundsätze
Arbeitskräfte
5509
Arbeitskräfte gehören nicht zu den wesentlichen Grundlagen (VwGH 17.10.1978, 2446/77; VwGH 20.11.1990, 90/14/0122), außer es handelt sich um hochspezialisierte Fachleute, die am Arbeitsmarkt nicht oder nur mehr schwer zu beschaffen sind und für das Funktionieren des Unternehmens unentbehrlich sind, oder es handelt sich um Leitpersonal (VwGH 24.4.1996, 94/15/0025).
Berechtigungen, Konzessionen, ähnliche Rechte
5510
Berechtigungen, Konzessionen und ähnliche Rechte können zu den wesentlichen Grundlagen zählen.
Feste Geschäftsverbindungen, Vertretungsbefugnisse, Firmenname
5511
Feste Geschäftsverbindungen, Vertretungsbefugnisse und der Firmenname zählen bei kundengebundenen Tätigkeiten (Generalvertretungen, Großhandel, Handelsvertretungen) zu den wesentlichen Grundlagen (VwGH 3.7.1968, 1516/66; VwGH 23.4.1974, 1983/73; VwGH 20.11.1990, 90/14/0122).
Gewillkürtes Betriebsvermögen
5512
Gewillkürtes Betriebsvermögen gehört nicht zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen.
Grundstücke, Gebäude, Mieträume
5513
Grundstücke, Gebäude und Mieträume zählen bei ortsgebundenen Tätigkeiten (Hotels, Pensionen, Gasthäuser, Restaurants, Kaffeehäuser, Konditoreien, Lebensmittelgeschäfte, Einzelhandelsgeschäfte, Produktionsunternehmungen, Schilifte, Campingplätze) zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen (vgl. VwGH 20.11.1990, 90/14/0122). Ortsungebunden sind Rauchfangkehrer, Generalvertretungen, Großhandel sowie Warenversand (VwGH 23.4.1974, 1982/73).
Kundenstock, Klientenstock, Patientenstock
5514
Der Kunden-, Klienten- bzw. Patientenstock zählt – abgesehen von bloßer Laufkundschaft (VwGH 19.5.1993, 91/13/0022) – regelmäßig zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen, insbesondere bei freien Berufen (Rechtsanwälte, Wirtschaftstreuhänder, Ärzte; vgl. VwGH 11.11.1992, 91/13/0152; VwGH 19.5.1993, 91/13/0022; VwGH 25.1.1995, 93/15/0100; VwGH 25.6.1998, 94/15/0129). Es ist nicht erforderlich, dass nach erfolgter Übertragung auf eine weitere Betreuung der Kunden, Klienten oder Patienten gänzlich verzichtet wird. Die Weiterbearbeitung des veräußerten Klientenstocks eines Wirtschaftstreuhänders im Werkvertrag steht der Annahme einer Betriebsveräußerung nicht entgegen (VwGH 16.6.1987, 86/14/0181). Eine Betriebsveräußerung liegt auch dann vor, wenn mit der Veräußerung eines Kundenstocks die Tätigkeit eines Freiberuflers nicht endet, sondern – sogar am selben Ort – mit einem neuen Kundenstock weiter betrieben wird. In Einzelfällen, zB bei bestimmten Fachärzten mit ständig wechselndem Patientenkreis (zB Röntgenologen, Labors) sind nicht die Patienten der Kundenstock, sondern die zuweisenden Ärzte (VwGH 4.4.1989, 88/14/0083; VwGH 17.8.1994, 94/15/0022). Bei einem Notar stellt der Kundenstock nur bei gefestigten Kundenbeziehungen eine wesentliche Betriebsgrundlage dar.
Maschinen, Anlagen, Einrichtungen
5515
Maschinen, Anlagen und Einrichtungen zählen bei ausstattungsgebundenen Betrieben (Produktionsunternehmen) zu den wesentlichen Grundlagen (VwGH 20.11.1990, 90/14/0122; VwGH 29.1.1998, 95/15/0037); nicht dazu zählen aber das Warenlager und das Personal (VwGH 25.5.1988, 87/13/0066; VwGH 20.11.1990, 90/14/0122; VwGH 29.1.1998, 95/15/0037).
Warenlager
5516
Das Warenlager zählt bei Einzelhandelsunternehmen idR zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen. Dies gilt auch bei einem ohne Probleme kurzfristig wiederbeschaffbaren Warenbestand oder wenn nur geringe stille Reserven im Warenlager enthalten sind, insbesondere aber bei jahrelang erprobtem und in der jeweiligen Branche besonders wichtigem Sortiment (VwGH 3.12.1986, 86/13/0079; VwGH 13.3.1991, 87/13/0190; VwGH 3.11.1992, 89/14/0098; VwGH 19.5.1993, 91/13/0022). Nicht zu den wesentlichen Grundlagen zählen ein leicht verderblicher oder allgemein ein kurzfristig zu erneuernder (rasch umgesetzter) Warenbestand, wie zB bei Obst- und Gemüsegeschäften, Fleischhauereien (VwGH 19.5.1993, 91/13/0022; VwGH 24.4.1996, 94/15/0025), Ladenhüter und beschädigte oder sonst schwer verkäufliche Ware (VwGH 23.5.1990, 88/13/0193; VwGH 21.11.1990, 90/13/0145).
18.1.3.3 Branchenbezogene Einzelfälle
Ärzte
5517
Bei Ärzten mit ständig wechselndem Patientenkreis (zB Röntgenologen) zählt der Kundenstock nicht zu den wesentlichen Praxisgrundlagen, bei bestimmten Fachärzten (zB Zahnarzt, Psychiater) hingegen schon (VwGH 31.1.2001, 95/13/0284).
Bei Ärzten, die mit aufwändigen Geräten untersuchen (zB Röntgenologen, Labors), sind die Geräteausstattung bzw. die Geschäftsbeziehungen zu den zuweisenden Ärzten maßgebend (VwGH 27.4.1983, 82/13/0091; VwGH 4.4.1989, 88/14/0083; VwGH 17.8.1994, 94/15/0022).
Bei einem Zahnarzt bilden nicht nur sämtliche Geräte, Einrichtungsgegenstände und Werkzeuge, sondern auch der Patientenstock die wesentlichen Grundlagen der Praxis (VwGH 22.12.1993, 93/13/0177; vgl. auch VwGH 17.8.1994, 94/15/0022). Siehe auch unter „Wirtschaftstreuhänder“.
Autobusunternehmen, Gewerbeberechtigung zur „Veranstaltung von Gesellschaftsfahrten“
5518
Zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen zählen die Betriebsliegenschaft, die Geschäftsräumlichkeiten sowie der Fuhrpark (VwGH 27.11.1978, 0059/78).
Bäckerei
5519
Für produktionsgebundene Unternehmungen sind das Betriebsgebäude, die Maschinen, die Anlagen und die Einrichtungen wesentlich, nicht hingegen das Personal, das Warenlager und der Kundenstock (VwGH 20.11.1990, 90/14/0122).
Buschenschank
5520
Das Grundstück, das Gebäude und die dazugehörigen Wein- und Obstgärten stellen die wesentlichen Betriebsgrundlagen dar.
Café-Espresso
5521
Das zur Verfügung gestellte Lokal (das Mietrecht daran), die Geschäftseinrichtung und die Gewerbeberechtigung bilden die tragenden Unternehmensgrundlagen, während dem Warenlager, dem Personal, den Forderungen und den Schulden keine wesentliche Bedeutung zukommt (VwGH 12.12.1972, 1744/71; VwGH 22.4.1986, 85/14/0165).
Café-Konditorei
5522
Zu den wesentlichen Grundlagen des Unternehmens zählen die Geschäftsräumlichkeiten, das Inventar und der Kundenstock (VwGH 14.10.1981, 81/13/0081).
Einzelhandelsunternehmen
5523
Das Mietrecht am Geschäftslokal, das gesamte Warenlager und das Personal stellen die wesentlichen Kriterien dar (VwGH 10.2.1987, 84/14/0088; VwGH 13.3.1991, 87/13/0190; VwGH 19.5.1993, 91/13/0022).
Elektrounternehmen (Einzelhandel und Elektroinstallationen)
5524
Ausschlaggebend sind das Verkaufslokal, die Geschäftsausstattung und das Warenlager (VwGH 3.11.1992, 89/14/0098).
Faserplattenherstellung
5525
Das Grundstück, die Fertigungshallen und die der Erzeugung dienenden Spanplattenproduktionsanlagen bilden die wesentlichen Betriebsgrundlagen (VwGH 17.10.1978, 2446/77, 2336/78). Nicht wesentlich sind jedoch die Kraftfahrzeuge, die Fertigungsprodukte, Forderungen und Verbindlichkeiten.
Fleischhauereibetrieb
5526
Siehe unter „Obst- und Gemüsegeschäft“ Rz 5545.
Forstwirtschaftliches Unternehmen
5527
Wesentliche Betriebsgrundlage ist der (bloße) Waldbesitz (VwGH 21.11.1961, 1109/61; VwGH 3.2.1967, 1736/65). Siehe auch unter Rz 5075.
Gast- und Schankgewerbe
5528
Wesentlich sind die Betriebsräumlichkeiten, das Betriebsgrundstück und die Einrichtung (VwGH 19.9.1995, 95/14/0038); nicht wesentlich sind das Warenlager, das Personal, Forderungen und Verbindlichkeiten (VwGH 22.4.1986, 85/14/0165; VwGH 17.8.1994, 91/15/0092).
Geflügelmastbetrieb
5529
Die Übertragung der Betriebsliegenschaft allein begründet kein Veräußerungsgeschäft (VwGH 20.11.1990, 89/14/0156, 89/14/0157).
Gerüstbauunternehmen
5529a
Wesentliche Betriebsgrundlage ist insbesondere das Gerüstmaterial, wenn der übertragene Betrieb nicht mit gemietetem, sondern mit eigenem Gerüstmaterial geführt wurde (VwGH 24.06.2010, 2006/15/0270).
Großhandel bzw. Generalvertretung mit chemisch-pharmazeutischen Präparaten
5530
Fundierte Geschäftsverbindungen mit Kunden (Kundenstock), Vertretungsbefugnisse seitens der Erzeugerfirma und der Firmenname bilden die wesentlichen Grundlagen; nicht wesentlich ist hingegen der Betriebsstandort (VwGH 3.7.1968, 1516/66; VwGH 23.4.1974, 1982/73; VwGH 20.11.1990, 90/14/0122).
Heizungsanlagenproduktion
5531
Wesentlich sind die Grundstücke, die Gebäude, der Großteil des Warenlagers und das Anmieten der Einrichtung sowie der Maschinen (VwGH 12.1.1979, 2600/78).
Herdplattenproduktion
5532
Dem Betriebsgrundstück mit allen gewerblich genutzten Teilen, wie zB Werkstatt, Lagerräume, kommt ausschlaggebende Bedeutung zu (VwGH 21.5.1975, 1461/74).
Hotelgewerbe
5533
Das Grundstück, das Gebäude und die Einrichtung stellen – auch im Falle hoher Standardverbesserungsmaßnahmen durch den Erwerber – die tragenden Betriebsgrundlagen des Hotelbetriebes dar (VwGH 15.2.1994, 91/14/0248, betr. Erwerb eines Hotelbetriebes aus Konkursmasse).
Hutappreturen
5534
Wesentliche Grundlagen sind die Betriebsräumlichkeiten und das Inventar (VwGH 15.4.1964, 1509/63).
Huthandelsgeschäft
5535
Als wesentliche Betriebsgrundlagen sind der Betriebsstandort und das Warenlager anzusehen (VwGH 10.7.1964, 2131/63).
Installationsunternehmen
5536
Die wesentlichen Betriebsgrundlagen sind der Standort, das Warenlager, der Fuhrpark, die sonstigen Anlagegüter und der Kundenstock (VwGH 21.9.1983, 83/13/0006).
Juwelier
5537
Zu den maßgeblichen Betriebsgrundlagen zählen die Geschäftsräumlichkeiten, die Betriebsausstattung sowie das Warenlager (VwGH 21.11.1990, 90/13/0145).
Kraftfahrzeugwerkstätte
5538
Wesentliche Grundlagen sind die unbeweglichen und beweglichen Anlagegüter, die zur Reparatur von Kraftfahrzeugen benötigt werden (VwGH 3.11.1992, 89/14/0271).
Landwirtschaft
5539
Wesentlich sind das Betriebsgebäude, die Maschinen und eine ausreichende landwirtschaftlich nutzbare Fläche; unwesentlich ist hingegen das Wohn- und Wirtschaftsgebäude auf einer Fläche von nur 1.222 m2 (VwGH 21.11.1961, 1109/61). Siehe auch Rz 5001 ff.
Lieferbetonproduktion
5540
Der Grund und Boden, die dazugehörenden Gebäude (Bürogebäude, Garagen, Mischanlagen, Kiesboxen, Waschgruben) und die Maschinen samt Zubehör (Büro-, Laboreinrichtung, Mischer, Warmwasseraufbereitung) bilden die wesentlichen Betriebsgrundlagen. Unwesentlich sind die Transportfahrzeuge (VwGH 25.5.1988, 87/13/0066).
Maler
5541
Künstlerisch tätige Maler, die ohne weitere betriebliche Organisation auf sich allein gestellt tätig sind und deren Tätigkeit im Wesentlichen in der Schaffung von Urheberrechten besteht, haben idR keinen veräußerbaren Betrieb; die wesentlichen Grundlagen sind insbesondere in den persönlichen und daher unveräußerbaren Eigenschaften begründet (vgl. VwGH 23.4.1998, 96/15/0211).
Zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen zählen auch die von ihm geschaffenen und in seinem Besitz befindlichen Bilder. Eine Betriebsveräußerung bzw. -aufgabe ist nur dann möglich, wenn er seine Tätigkeit einstellt und gleichzeitig die Bilder verkauft oder ins Privatvermögen überführt.
Marktstand für Fleisch- und Wurstwaren
5542
Der Marktstand selbst samt dem zur Betriebsfortführung benötigten Zubehör bzw. Geschäftseinrichtung ist als wesentliche Betriebsgrundlage anzusehen. Wegen der raschen Verderblichkeit der Produkte ist das Warenlager unmaßgeblich (VwGH 19.5.1993, 91/13/0022). Siehe auch unter „Obst- und Gemüsegeschäft“ Rz 5545.
Möbelerzeugungs- und Möbelhandelsunternehmen
5543
Zu den wesentlichen Grundlagen zählen die Betriebsräumlichkeiten, das Warenlager und der Kundenstock (VwGH 8.4.1970, 0463/68). Bei einem reinen Möbelerzeugungsbetrieb kommt den Maschinen, den Werkzeugen und den Betriebsräumlichkeiten ausschlaggebende Bedeutung zu (VwGH 18.3.1971, 0349/70).
Notar
5544
Auf Grund eines idR fehlenden festen Kundenstockes sowie der Funktion als Gerichtskommissär kommt dem Betriebsstandort ausschlaggebende Bedeutung zu. Bei ausnahmsweise gefestigten Kundenbeziehungen ist der Kundenstock maßgebend. Siehe auch unter „Wirtschaftstreuhänder“ Rz 5562.
Obst- und Gemüsegeschäft
5545
Wesentlich sind die Betriebsräumlichkeiten und die Einrichtung. Auf Grund der raschen Verderblichkeit der Waren ist das Warenlager ausnahmsweise unmaßgeblich (VwGH 19.5.1993, 91/13/0022).
Parfümerie
5546
Das Geschäftslokal, die Ausstattung und das gesamte Warenlager bilden die wesentlichen Betriebsgrundlagen (VwGH 3.12.1986, 86/13/0079).
Parketten- und Leistenfabrik
5547
Das Fabriksgebäude und die dazugehörigen Maschinen sind als tragende Grundlagen anzusehen (VwGH 15.4.1970, 1526/68).
Pensionsbetrieb
5548
Wesentlich sind die Grundstücke, die Gebäude und die Einrichtung; nicht wesentlich ist das Personal, das Warenlager und der Kundenstock (VwGH 20.11.1990, 90/14/0122; VwGH 17.8.1994, 91/15/0092).
Produktion und Abfüllen chemisch-technischer Produkte
5549
Die Maschinen, die Anlagen und Einrichtungen bilden die wesentlichen Betriebsgrundlagen, nicht hingegen der Kundenstock (vgl. VwGH 29.1.1998, 95/15/0037).
Programmierer
5550
Der Erwerb der Rechte an einem Computerprogramm begründet keinen Unternehmenserwerb (VwGH 23.4.1998, 96/15/0211).
Sägewerk
5551
Zu den wesentlichen Grundlagen zählen das Sägegatter und die Kraftanlagen (VwGH 9.9.1971, 0268/70).
Sandwerk
5552
Die maßgeblichen Grundlagen sind das Grundstück, die Maschinen, die maschinellen Anlagen, die Werkzeuge sowie die Betriebs- und Geschäftsausstattung; nicht dazu zählen aber die Dienstnehmer, weil es sich dabei um keine hochspezialisierten Arbeitskräfte oder Leitpersonal handelt.
Schleppliftanlagen
5553
Zu den wesentlichen Grundlagen zählen auch die Grundstücke bzw. deren Nutzungsrechte (VwGH 5.11.1991, 91/14/0135).
Schriftsteller
5554
Sie haben – wie künstlerisch tätige Maler – idR keinen veräußerbaren Betrieb.
Schuhhandel
5555
Wesentliche Betriebsgrundlagen sind die Verkaufsräumlichkeiten, das Inventar und das Warenlager (VwGH 23.11.1962, 1260/61).
Süßwarengeschäft
5556
Das Warenlager, die Ausstattung und der günstige Standort bilden die wesentlichen Betriebsgrundlagen (VwGH 19.4.1968, 1832/66).
Taxiunternehmen
5557
Die ausschlaggebende Betriebsgrundlage ist die gewerberechtliche Konzession (VwGH 12.3.1969, 1435/68; VwGH 19.1.1971, 0144/69).
Textileinzelhandel
5558
Wesentlich sind die Geschäftsräumlichkeiten, die Einrichtung, das Warenlager bzw. das Mietrecht daran, der Kundenstock und das Firmenzeichen (VwGH 26.5.1964, 1731/62; VwGH 6.12.1967, 1004/67; VwGH 18.5.1971, 1582/69).
Tischler- und Baubedarfsgroßhandel
5559
Zu den wesentlichen Grundlagen zählen das Geschäftslokal samt Einrichtung und das Warenlager (VwGH 30.5.1978, 1385/75).
Transportunternehmen
5560
Die Konzession, die Fahrzeuge und die wesentlichen Einrichtungen sind die maßgeblichen Betriebsgrundlagen (VwGH 31.5.1983, 81/14/0058; VwGH 7.8.1992, 88/14/0063; VwGH 30.9.1999, 97/15/0016). Unwesentliche Bedeutung kommt dem Betriebsstandort zu (VwGH 16.11.1962, 1273/62).
Wäscheerzeugungsbetrieb
5561
Die Betriebsräumlichkeiten, die Maschinen, die gesamte Betriebsausstattung und die wesentlichen Schulden bilden die tragenden Grundlagen; nicht ausschlaggebend sind hingegen das Warenlager und der Kundenstock (VwGH 10.2.1967, 1158/66).
Wirtschaftstreuhänder
5562
Bei freien Berufen ist idR der gesamte Kundenstock als wesentliche Betriebsgrundlage anzunehmen (VwGH 16.6.1987, 86/14/0181; VwGH 17.8.1994, 94/15/0022; VwGH 25.1.1995, 93/15/0100; VwGH 19.2.1997, 94/13/0206; VwGH 25.6.1998, 94/15/0129); nicht wesentlich sind jedoch das Personal, die Ausstattung, Wertpapiere, Geldbestände, Forderungen, Verbindlichkeiten sowie Abfertigungsansprüche (VwGH 30.9.1980, 1618/80; VwGH 11.11.1992, 91/13/0152).
Zahntechnisches Labor
5563
Wesentlich sind entsprechend adaptierte Betriebsräumlichkeiten, installierte Geräte, Werkzeuge und der Kundenstock (VwGH 27.8.1991, 91/14/0083).
18.1.4 Betriebsveräußerung
18.1.4.1 Veräußerung des ganzen Gewerbebetriebes
18.1.4.1.1 Allgemeines
5564
Unter Veräußerung wird jede entgeltliche Übertragung (zB Verkauf, Tausch, Zwangsversteigerung, Enteignung) des Eigentums am Betriebsvermögen (Maßgeblichkeit des wirtschaftlichen Eigentums) auf eine andere Person (natürliche, juristische Person, Gesamthandvermögen) verstanden (VwGH 24.9.1996, 95/13/0290). Dies gilt auch für die Übernahme des Betriesbvermögens eines real überschuldeten Betriebes gegen Übernahme der Betriebsschulden; siehe dazu Rz 5679.
Liegt eine Veräußerung vor, siehe zum Umfang des Veräußerungserlöses Rz 5657 ff.
5565
Wird der (Teil-)Betrieb durch einen Gesellschafter an seine Kapitalgesellschaft zu einem fremdunüblich niedrigen Preis verkauft, liegt ein Tausch und damit eine Betriebsveräußerung vor (§ 6 Z 14 lit. b EStG 1988; verdeckte Einlage bei Körperschaft, siehe Rz 2588 ff).
5566
Keine Veräußerungen sind Übertragungen im Wege der Erbschaft (dies auch dann, wenn die Erbschaft mit Legaten, Pflichtteilsansprüchen oder Auflagen belastet ist oder Verbindlichkeiten mitübernommen werden) oder Übertragungen eines (Teil-)Betriebes durch den Erben in Erfüllung eines Legates oder eines Pflichtteilsanspruches. Diese Übertragungen sind weder Betriebsveräußerung noch Betriebsaufgabe, sondern unentgeltlicher Erwerb, der zur Buchwertfortführung gemäß § 6 Z 9 lit. a EStG 1988 führt (vgl. VwGH 12.11.1985, 85/14/0074; VwGH 20.11.1990, 89/14/0156; VwGH 29.6.1995, 93/15/0134; siehe auch Rz 2529 ff und 5643).
5567
Der Erbe tritt einkommensteuerrechtlich bereits mit dem Tod in die Rechtsstellung des Erblassers ein.
Voraussetzung für die Zurechnung der Einkünfte beim Erben ist ein Betriebsübergang auf den Erben; dabei ist entscheidend, ob dem Erben vom Erblasser betrieblich verwendete Wirtschaftsgüter von solchem Umfang und Gewicht zufallen, dass von einem Übergang des Betriebes gesprochen werden kann (vgl. VwGH 4.6.1985, 85/14/0015; VwGH 28.5.1997, 94/13/0032, wonach bei Tod eines 72-jährigen Arztes und Wertlosigkeit seiner Praxiseinrichtung eine Aufgabe noch beim Erblasser anzunehmen ist).
Im Fall eines Betriebüberganges auf den (die) Erben hat dieser (haben diese) die Buchwerte des Erblassers zu übernehmen und fortzuführen. Dies auch dann, wenn der Erbe den Betrieb nicht weiterführt, sondern ihn – ohne irgendeine betriebliche Tätigkeit zu entfalten – lediglich veräußert (VwGH 4.6.2003, 98/13/0238).
5568
Veräußert ein Erbe einen (Teil-)Betrieb, so ist ihm der Veräußerungsvorgang zuzurechnen, und zwar auch dann, wenn der Erbe außer der Veräußerung keine sonstige betriebliche Tätigkeit entfaltet hat. Gleiches gilt auch im Falle der Aufgabe eines ererbten (Teil-)Betriebes (vgl. VwGH 22.12.1976, 1688/74; VwGH 20.11.1990, 89/14/0156; VwGH 14.4.1993, 91/13/0239; siehe auch Rz 5643). Zur Erbauseinandersetzung siehe Rz 9 ff und 5980 ff.
5569
Keine entgeltliche Übertragung und damit keine Veräußerung ist auch die Schenkung. Diese setzt eine tatsächliche Bereicherung des Rechtsnachfolgers voraus (VwGH 25.2.1998, 97/14/0141). Wird daher ein real überschuldeter Betrieb gegen Übernahme der Betriebsschulden übertragen, liegt mangels Bereicherung des Übernehmers keine Schenkung vor (siehe dazu Rz 5679 ff).
Wie im Bereich der Erbschaft sind bei der Betriebsschenkung zwingend die Buchwerte gemäß § 6 Z 9 lit. a EStG 1988 fortzuführen. Die Schenkung der wesentlichen Betriebsgrundlagen an verschiedene Geschenknehmer stellt eine Betriebsaufgabe dar. Werden anlässlich einer unentgeltlichen Betriebsübertragung Wirtschaftsgüter zurückbehalten, liegt dennoch ein Anwendungsfall von § 6 Z 9 lit. a EStG 1988 vor; die zurückbehaltenen Wirtschaftsgüter sind als Entnahme zum Teilwert zu bewerten (VwGH 29.6.1995, 93/15/0134; VwGH 25.2.1998, 97/14/0141).
5569a
Abhängig von der Beurteilung der Betriebsübertragung als entgeltlich oder unentgeltlich, ist auch die Übertragung von im Betriebsvermögen befindlichen Grundstücken als entgeltlich oder unentgeltlich zu beurteilen. Eine gesonderte Beurteilung der Grundstücksübertragung ist nicht vorzunehmen.
5570
Trotz Zurückbehaltung des zivilrechtlichen Eigentums kann das Betriebsgebäude, nicht auch der Grund und Boden (siehe Rz 124), zu Buchwerten ins wirtschaftliche Eigentum des Übernehmers übergehen. Dies setzt voraus:
1. | Zugunsten des Übernehmers ist ein Veräußerungs- und Belastungsverbot festgelegt und |
2. | die Nutzenziehung und Lastentragung erfolgt durch den Übernehmer im Rahmen des übernommenen Betriebes und |
3. | es wird vereinbart, dass das zivilrechtliche Eigentum spätestens mit dem Tod des Übergebers auf den Betriebsübernehmer übertragen wird oder der Eigentümer muss sich verpflichten, einer grundbücherlichen Belastung mit Verbindlichkeiten des Betriebsübernehmers jederzeit zuzustimmen. |
Hingegen schließt eine entgeltliche Nutzungsüberlassung durch den Übergeber wirtschaftliches Eigentum des Übernehmers aus.
5571
Als unentgeltlich ist auch die gemischte Schenkung anzusehen, wenn der Kaufpreis aus privaten Gründen unter oder über dem tatsächlichen Wert liegt. Es ist zu untersuchen, ob der Schenkungscharakter (Vorliegen einer einheitlichen Schenkung) oder der Entgeltlichkeitscharakter (Vorliegen eines Leistungsaustausches) überwiegt. Der Schenkungscharakter überwiegt dann, wenn
- zwischen Leistung und Gegenleistung ein offenbares Missverhältnis besteht (vgl. VwGH 14.10.1991, 90/15/0084 und Rz 5572) und
- sich beide Vertragspartner des doppelten Charakters der Leistung als teilweise unentgeltlich und als teilweise entgeltlich bewusst gewesen sind, beide die teilweise Entgeltlichkeit des Rechtsgeschäftes gewollt und ausdrücklich oder schlüssig zum Ausdruck gebracht haben (Prinzip der subjektiven Äquivalenz). Ein bloßer Freundschaftspreis bzw. preisliches Entgegenkommen gegenüber nahen Verwandten allein genügt nicht (vgl. VwGH 23.10.1990, 90/14/0102; VwGH 25.2.1998, 97/14/0141; VwGH 18.2.1999, 97/15/0021, VwGH 16.11.2021, Ro 2020/15/0015).
5572
Für die Frage, ob ein Missverhältnis vorliegt, ist der Unternehmenswert dem gemeinen Wert der Gegenleistung gegenüberzustellen. Dabei gilt:
- Für Übertragungen vor dem 16.11.2021:
Beträgt die Gegenleistung weniger als 50% des Unternehmenswertes, liegt ein Missverhältnis und eine unentgeltliche Übertragung vor. Zur Beurteilung von Übertragungen mit einer Gegenleistung zwischen 50% und 75%, die entsprechend der – vor dem EStR 2000 – Wartungserlass 2023 – vertretenen 50%-Grenze beurteilt wurden, siehe Rz 6625. - Für Übertragungen nach dem 15.11.2021:
- Beträgt die Gegenleistung zumindest 75% des Unternehmenswertes, ist davon auszugehen, dass eine Veräußerung vorliegt (vgl. VwGH 16.11.2021, Ro 2020/15/0015).
- Beträgt die Gegenleistung höchstens 25% des gemeinen Wertes des übertragenen Wirtschaftsgutes, liegt eine unentgeltliche Übertragung vor.
- Beträgt die Gegenleistung mehr als 25% aber weniger als 75% des gemeinen Wertes des übertragenen Wirtschaftsgutes, ist unter nahen Angehörigen grundsätzlich von einem unentgeltlichen Rechtsgeschäft auszugehen.
Es kommt nicht auf die formale Vertragsbezeichnung, sondern darauf an, ob Unentgeltlichkeit das Handeln des Übergebers bestimmt hat (VwGH 19.10.1987, 86/15/0097; VwGH 23.10.1990, 90/14/0102; VwGH 14.10.1991, 90/15/0084; VwGH 29.6.1995, 93/15/0134).
Zum überschuldeten Betrieb siehe Rz 5679 ff, zur Betriebsübergabe gegen Rente siehe Rz 7031 ff.
5572a
Hinsichtlich bäuerlicher Hofübergaben ist zu unterscheiden, ob die im Zusammenhang mit der Übergabe getroffenen Nebenabreden eine Belastung des übertragenen Eigentums oder eine Gegenleistung für die Übertragung darstellen. Im Unterschied zur Grunderwerbsteuer stellt die Einräumung eines Wohnrechtes ertragsteuerlich keine Gegenleistung dar (siehe auch Rz 774). In diesem Fall wird belastetes Eigentum übertragen.
Für die Beurteilung, ob der Vorgang als entgeltlich oder unentgeltlich zu beurteilen ist, gelten die in den Rz 5571 f und Rz 6625 dargelegten Grundsätze.
Es bestehen allerdings keine Bedenken, ein vereinbartes Ausgedinge, das als typisches Ausgedinge ausgestaltet ist und nicht über die Gewährung eines üblichen angemessenen Lebensunterhaltes hinausgeht, einheitlich als Belastung des übertragenen Eigentums zu behandeln.
18.1.4.1.2 Voraussetzungen
5573
Eine Veräußerung des ganzen Betriebes liegt vor, wenn alle für eine im Wesentlichen unveränderte Fortführung des Betriebs notwendigen Wirtschaftsgüter in einem einzigen einheitlichen Vorgang an einen einzigen Erwerber (Gemeinschaft) entgeltlich übertragen werden (VwGH 16.01.1991, 89/13/0169; VwGH 17.08.1994, 94/15/0022; VwGH 24.04.1996, 94/15/0025). Dabei ist nicht entscheidend, ob der Erwerber den Betrieb tatsächlich fortführt, sondern vielmehr, ob ihm die erworbenen Wirtschaftsgüter objektiv (bloß abstrakt) die Fortführung des Betriebes ermöglichen (vgl. VwGH 27.08.1991, 91/14/0083; VwGH 15.02.1994, 91/14/0248; VwGH 19.09.1995, 95/14/0038; VwGH 19.02.1997, 94/13/0206; VwGH 29.01.1998, 95/15/0037; VwGH 23.04.1998, 96/15/0211).
Ein Betriebserwerb – und somit auf der anderen Seite auch eine Betriebsveräußerung – liegt aber auch dann vor, wenn einzelne Wirtschaftsgüter des Betriebes durch zwei verschiedene gesellschaftsrechtlich verbundene Gesellschaften erworben werden und eine Trennung in eine Besitz- und eine Betriebsgesellschaft erfolgt. Entscheidend ist, dass auf Grund der gesellschaftsrechtlichen Verbindung der am Erwerb des Betriebs beteiligten Gesellschaften sichergestellt ist, dass der Betrieb in der selben Weise fortgeführt werden kann, wie er vom früheren Betriebsinhaber geführt worden war (VwGH 24.06.2010, 2006/15/0270).
5574
Werden vom Veräußerer – wenn auch nur geringe – Teile der wesentlichen Betriebsgrundlagen zurückbehalten und wird mit diesen der Betrieb weitergeführt, so liegt nur eine Einschränkung des Betriebsumfanges und keine Betriebsveräußerung vor (VwGH 4.4.1989, 88/14/0083; VwGH 9.9.2004, 2001/15/0215).
5575
Werden vom Veräußerer Teile der wesentlichen Betriebsgrundlagen zurückbehalten und dem Erwerber zur Nutzung überlassen, liegt eine Betriebsveräußerung vor (vgl. VwGH 12.1.1979, 2600/78, betr. ein an den Erwerber auf längere Zeit mitvermietetes Betriebsgebäude), wenn andere Teile der wesentlichen Betriebsgrundlagen dem Erwerber übertragen werden. Eine Betriebsveräußerung liegt auch dann vor, wenn der Betrieb vom Veräußerer rückgepachtet oder an eine GmbH verkauft wird, deren Gesellschafter-Geschäftsführer der bisherige Betriebsinhaber ist. Das Zurückbehalten einzelner unwesentlicher Wirtschaftsgüter stellt eine Entnahme dar, hindert aber nicht die Annahme einer Betriebsveräußerung (VwGH 29.6.1995, 93/15/0134).
5576
Die Veräußerung der Betriebsgrundlagen an verschiedene Erwerber ist mangels Übertragung eines lebenden Betriebs keine Betriebsveräußerung, sondern eine Betriebsaufgabe. Gewinne aus der Veräußerung einzelner Wirtschaftsgüter vor der Betriebsveräußerung sind kein Teil des Veräußerungsgewinnes, selbst wenn die Betriebsveräußerung den Einzelveräußerungen in kurzer Zeit folgt (vgl. VwGH 15.12.1971, 0545/69).
5577
Bei einem Standortwechsel liegt eine Betriebsveräußerung mit nachfolgender Eröffnung eines Betriebes dann vor, wenn die wesentlichen Betriebsgrundlagen veräußert worden sind und insbesondere der Firmenwert nicht mitgenommen werden kann.
18.1.4.2 Veräußerung eines Teilbetriebes
18.1.4.2.1 Allgemeines
5578
Die Veräußerung eines Teilbetriebes liegt nur vor, wenn sämtliche wesentlichen Grundlagen in einem einzigen einheitlichen Vorgang an einen einzigen Erwerber entgeltlich übertragen werden. Die wesentlichen Grundlagen des Teilbetriebes müssen dem Erwerber nicht nur zugeordnet werden können, sondern ihm ausschließlich dienen (VwGH 19.12.1973, 2331/71).
Maßgeblich für das Vorliegen eines Teilbetriebes ist die objektive Beschaffenheit des veräußerten Betriebsteiles. Gleichgültig ist, ob der Erwerber von der objektiven Möglichkeit der Betriebsfortführung tatsächlich Gebrauch macht (VwGH 25.5.1988, 87/13/0066) bzw. ob der Übergeber zahlungsunfähig oder überschuldet war (VwGH 13.12.1991, 90/13/0070).
Die im Art. V und VI UmgrStG enthaltene Teilbetriebsfiktion (siehe UmgrStR 2002 Rz 1550, 1663a) ist nur für diese Umgründungen maßgeblich, nicht jedoch für die Beurteilung, ob ein Teilbetrieb iSd EStG 1988 vorliegt.1)
1) Redaktionelle Anmerkung: Rz 5578 wurde mit Wartungserlass 2004 (BMF 20.02.2004, 06 0104/3-IV/6/04) um einen dritten Absatz erweitert. Dieser bislang fehlende Textteil wurde im Rahmen einer Korrektur am 21. September 2012 eingefügt.
18.1.4.2.2 Voraussetzungen eines Teilbetriebes
5579
Für die Annahme eines Teilbetriebes müssen folgende Voraussetzungen vorliegen (vgl. VwGH 11.4.1991, 90/13/0258; VwGH 3.11.1992, 89/14/0098; VwGH 18.12.1997, 96/15/0140; VwGH 17.2.1999, 97/14/0165; VwGH 16.12.1999, 96/15/0109):
- Betriebsteil eines Gesamtbetriebes,
- Organische Geschlossenheit des Betriebsteils innerhalb des Gesamtbetriebes,
- Gewisse Selbständigkeit des Betriebsteiles gegenüber dem Gesamtbetrieb,
- Eigenständige Lebensfähigkeit des Betriebsteiles.
Diese notwendigen Voraussetzungen sind in erster Linie aus der Sicht des Veräußerers zu beurteilen (vgl. VwGH 20.11.1990, 89/14/0156; VwGH 7.8.1992, 88/14/0063; VwGH 14.9.1993, 93/15/0012).
5580
Betriebsteil eines Gesamtbetriebes bedeutet, dass es sich weder um einzelne betriebliche Wirtschaftsgüter noch um einen eigenständigen Gesamtbetrieb handeln darf. Die Annahme eines Betriebsteiles erfordert also eine Mehrheit zusammenhängender Wirtschaftsgüter. Der betriebliche Einkünfte erzielende Teilbetrieb muss sich aus der Gesamtbetätigung ohne organisatorische Schwierigkeiten herauslösen lassen und setzt mindestens einen weiteren Teilbetrieb (Restbetrieb) voraus. Eine Zweigniederlassung (Filiale) ist nicht automatisch Teilbetrieb, hat jedoch Indizwirkung für das Vorliegen eines solchen. Es gelten im Übrigen die allgemeinen Grundsätze (vgl. VwGH 10.2.1987, 84/14/0088; siehe auch Rz 5585 ff).
5581
Die organische Geschlossenheit eines Betriebsteils zeigt sich daran, dass mehrere Wirtschaftsgüter innerhalb eines Betriebes eine Einheit bilden (eigenständiger betrieblicher Funktionszusammenhang) und diese dem Erwerber im Falle der Veräußerung die Fortführung der Tätigkeit ermöglichen. Andernfalls handelt es sich um Einzelwirtschaftsgüter.
5582
Bei der gewissen Selbständigkeit des Betriebsteiles wird gefordert, dass sich der Betriebsteil bereits vor der Veräußerung von der übrigen betrieblichen Tätigkeit hinreichend nach außen erkennbar abhebt bzw. abgrenzen lässt (VwGH 3.12.1986, 86/13/0079), allerdings ist der Teilbetrieb kein vollständig selbständiger Betrieb. Eine nur betriebsinterne Selbständigkeit genügt nicht. Dementsprechend stellen selbständig organisierte Abteilungen eines Unternehmens, die funktionell dem Gesamtunternehmen dienen (zB EDV-Abteilung, Buchhaltungsabteilung, Vertriebs- und Verkaufsabteilung), keine Teilbetriebe dar (vgl. VwGH 20.11.1990, 89/14/0156; VwGH 7.8.1992, 88/14/0063; VwGH 3.11.1992, 89/14/0098).
5583
Die eigenständige Lebensfähigkeit eines Betriebsteiles setzt voraus, dass dem Erwerber alle wesentlichen Betriebsgrundlagen übertragen werden, die ihm – objektiv gesehen – eine Fortführung des Betriebes ermöglichen, unabhängig davon, was der Erwerber schon zuvor besessen hat (vgl. VwGH 25.5.1988, 87/13/0066; VwGH 5.11.1991, 91/14/0135; VwGH 3.11.1992, 89/14/0098).
18.1.4.2.3 Merkmale eines Teilbetriebes
5584
Für einen Teilbetrieb sprechen allgemein folgende Merkmale:
- Eigenes Anlagevermögen, insbesondere bei mehreren Produktionszweigen.
- Eigenes Warenlager.
- Unterschiedliches Warenangebot.
- Branchenungleichheit.
- Örtliche Distanz zwischen den Tätigkeitsbereichen. Die räumliche Trennung zweier Standorte eines Hafner- und Fliesenlegerbetriebes und die Kompetenz der Verkaufsmitarbeiter, Preisnachlässe zu gewähren, reichen allein zur Begründung eines Teilbetriebes nicht aus (vgl. VwGH 25.5.2004, 2000/15/0120).
- Selbständige Organisation.
- Eigene Verwaltung.
- Eigenes (im jeweiligen Betriebszweig unmittelbar tätiges) Personal.
- Eigene Buchführung und Kostenrechnung.
- Eigene Rechnungen, eigenes Geschäftspapier.
- Eigenständige Gestaltung des Einkaufes.
- Eigene Preisgestaltung.
- Eigener Kundenkreis.
- Eigene Werbetätigkeit.
- Eigene Gewerbeberechtigungen.
Das Vorliegen eines Merkmals genügt idR nicht; es ist auf das Gesamtbild abzustellen (vgl. VwGH 3.11.1992, 89/14/0098; VwGH 7.8.1992, 88/14/0063).