19.1 Allgemeines, Begriffsbestimmung, Zuordnung zu den Einkunftsarten
19.1.1 Allgemeines
5801
Personengesellschaften und Personenvereinigungen ohne eigene Rechtspersönlichkeit sind kein Steuersubjekt und damit als solche nicht einkommensteuerpflichtig. Die Gewinne der Personengesellschaft werden im Wege der Gewinnfeststellung anteilig bei ihren Gesellschaftern erfasst. Gesellschafter von Personengesellschaften können natürliche und juristische Personen sein.
19.1.2 Begriff
5802
Mitunternehmerschaft ist kein unternehmensrechtlicher, sondern ein rein steuerlicher Begriff. Als Mitunternehmerschaften gelten nur solche Personengesellschaften, die im Rahmen eines Betriebes unternehmerisch tätig sind. Ihre Gesellschafter als Mitunternehmer erzielen daher betriebliche Einkünfte (Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, selbständiger Arbeit oder Gewerbebetrieb).
5803
Der Gewinn/Verlust der Mitunternehmerschaft wird nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften (§§ 4 bis 14 EStG 1988, § 17 EStG 1988) ermittelt und unter Beachtung der besonderen Leistungsbeziehungen (§ 21 Abs. 2 Z 2 EStG 1988, § 22 Z 3 EStG 1988, § 23 Z 2 EStG 1988) auf die einzelnen Mitunternehmer verteilt und zur Einkommensbesteuerung erfasst. Ist an einer Mitunternehmerschaft eine andere Mitunternehmerschaft beteiligt, dann vermittelt diese den an ihr beteiligten natürlichen oder juristischen Personen Mitunternehmerstellung, die Anteile an den Einkünften der Mutter-Personengesellschaft werden festgestellt und bei den Gesellschaftern der Tochter-Personengesellschaft gemäß ihrem Beteiligungsverhältnis erfasst.
5804
Mitunternehmer ist nur, wer Unternehmerwagnis eingeht (Entfalten von Unternehmerinitiative und Übernahme von Unternehmerrisiko). Das Zutreffen dieser Voraussetzungen ist grundsätzlich für jeden Gesellschafter einer Personengesellschaft zu prüfen. Ist ein Gesellschafter nach Prüfung dieser Kriterien nicht Mitunternehmer, dann erzielt er keine betrieblichen Einkünfte. Ist ein Gesellschafter nicht Mitunternehmer, kann er echter stiller Gesellschafter mit Einkünften aus Kapitalvermögen sein; sein Gewinnanteil ist bei der Personengesellschaft Betriebsausgabe. Er könnte auch bloßer Darlehensgeber oder weisungsgebundener Dienstnehmer sein. Dies ist anhand der tatsächlichen Verhältnisse und der Rechts- und Vertragsgestaltung zu beurteilen.
19.1.2.1 Unternehmerinitiative und Unternehmerrisiko
5805
Unternehmerinitiative entfaltet, wer betriebliche Abläufe mitgestaltet, indem er entweder die Geschäfte führt oder Stimmrechte ausübt oder Kontroll- und Widerspruchsrechte wahrnimmt (VwGH 29.6.1995, 94/15/0103). Es ist nicht notwendig, dass er die ihm zustehenden Rechte auch tatsächlich wahrnimmt, es reicht die Möglichkeit dazu.
5805a
Keine mitunternehmerische Betätigung wird durch eine bloße Gebrauchsregelung gemeinschaftlicher Wirtschaftsgüter begründet. Die im Zuge einer solchen Gebrauchsregelung zu leistenden Zahlungen auf ein Gemeinschaftskonto zur Deckung der Betriebskosten stellen daher keine Einkünfte dar (VwGH 27.2.2014, 2011/15/0082, zu einem gemeinschaftlichen Erwerb und Nutzung landwirtschaftlicher Maschinen).
5806
Unternehmerrisiko übernimmt, wer an den wirtschaftlichen Risken des Unternehmens teilnimmt. Der Mitunternehmer hat Erfolg oder Misserfolg des Unternehmens mitzutragen. IdR zeigt sich dies in der Beteiligung am Gewinn/Verlust, den stillen Reserven und dem Firmenwert der Gesellschaft, aber auch in der Haftung für Gesellschaftsschulden. Trotz fehlender Mitunternehmerinitiative ist die Mitunternehmerstellung des atypisch stillen Gesellschafters wegen seiner Teilnahme an den stillen Reserven und am Firmenwert zu bejahen (VwGH 23.2.1994, 93/15/0163). Grundsätzlich wird die Mitunternehmerstellung nach dem Vorliegen von Unternehmerwagnis insgesamt zu beurteilen sein, dh., dass zu geringe Unternehmerinitiative durch höheres Unternehmerrisiko kompensiert wird.
5807
Mitunternehmerstellung liegt nicht vor, wenn
- der Gesellschafter bei Auflösung der Gesellschaft oder bei seinem unfreiwilligen Ausscheiden aus dieser auf den Buchwert seines Anteils beschränkt wird. Dies gilt nicht für den Fall des Ausscheidens zur Unzeit oder der Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses zur Unzeit (VwGH 17.5.1989, 85/13/0176; VwGH 29.4.1981, 3122/79);
- dem Gesellschafter für den Fall des Ausscheidens aus der Gesellschaft nur eine Pauschalabfindung für seinen Anteil zusteht, da er nicht nach dem inneren Wert seines Anteils abgeschichtet wird. Wird jedoch im Gesellschaftsvertrag eine Abschichtung zwischen 90 und 150% seiner Kapitaleinlage vereinbart, kann Mitunternehmerstellung vorliegen (VwGH 23.2.1994, 93/15/0163);
- der Gesellschafter bloß am Gewinn der Gesellschaft beteiligt ist, ohne einen Anspruch auf Abgeltung von Vermögenswertsteigerungen zu haben; ein solcher Gesellschafter hat gegenüber der Gesellschaft bloße Gläubigerstellung;
- ein befristetes Gesellschaftsverhältnis mit Buchwertabfindung bei Fristablauf vorliegt;
- der Gesellschafter nur an den stillen Reserven des Umlaufvermögens und des beweglichen Anlagevermögens beteiligt ist.
5808
Nicht schädlich für die Annahme der Mitunternehmerstellung ist es, wenn der Gesellschafter keine Vermögenseinlage leistet, sondern als reiner Arbeitsgesellschafter seine Arbeitskraft einbringt.
Zur Anerkennung einer Mitunternehmerschaft zwischen nahen Angehörigen siehe Rz 1181 ff.
Zur Liebhaberei siehe LRL 2012 Rz 112 ff.
19.1.2.2 Typische Erscheinungsformen der Mitunternehmerschaft
5809
Das Vorliegen der für eine Mitunternehmerschaft erforderlichen Voraussetzungen ist bei jeder Personengesellschaft zu prüfen, doch besteht bei den im § 23 Z 2 EStG 1988 beispielhaft aufgezählten Gesellschaften schon auf Grund ihrer unternehmensrechtlichen Ausgestaltung eine (widerlegliche) Vermutung dafür (VwGH 23.02.1994, 90/13/0042).
19.1.2.2.1 Offene Gesellschaft (OG), offene Handelsgesellschaft (OHG)
5810
Die Gesellschafter einer OG (OHG) (§§ 105 ff UGB) haften gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft unbeschränkt. Sie sind idR Mitunternehmer (VwGH 11.6.1974, 0769/72; VwGH 23.2.1994, 90/13/0042). Siehe auch Rz 430m.
19.1.2.2.2 Die Kommanditgesellschaft
5811
Der Kommanditist ist idR Mitunternehmer, wenn die Beteiligung in einer Form erfolgt, die zumindest den zwingenden gesetzlichen Bestimmungen des UGB über die KG entspricht (Leistung einer Einlage, Stimm-, Widerspruchs-, Kontrollrecht, Beteiligung am Gewinn und Verlust sowie bei Ausscheiden bzw. Liquidation an den stillen Reserven und Firmenwert).
Die Komplementär-GmbH ist als Mitunternehmer anzusehen, auch wenn sie reiner Arbeitsgesellschafter ohne Vermögenseinlage und ohne Teilnahme am Vermögen ist. Die Übernahme der Geschäftsführung und das Risiko der unbeschränkten Haftung reichen für die Annahme der Mitunternehmerstellung aus (VwGH 7.2.1989, 86/14/0121, 86/14/0122).
Randzahlen 5812 bis 5814: derzeit frei
19.1.2.2.3 Die atypisch stille Gesellschaft
5815
Die (typische oder echte bzw. atypische oder unechte) stille Gesellschaft tritt nach außen nicht in Erscheinung, sondern entwickelt Rechtsverbindlichkeit bloß im Innenverhältnis. Bei einer stillen Gesellschaft beteiligt sich der Gesellschafter an einem Unternehmen, das ein anderer betreibt, mit einer Vermögenseinlage. Im Unterschied zum echten stillen Gesellschafter ist der atypisch Stille nicht nur am Erfolg, sondern auch an den stillen Reserven und dem Firmenwert des Geschäftsherrn beteiligt. IdR stellen mehrere atypisch stille Gesellschaften mit demselben Geschäftsherrn nur eine Mitunternehmerschaft dar.
5816
Das Vorliegen der Mitunternehmerstellung für atypisch Stille wird bejaht, wenn
- der Gesellschafter trotz fehlender Unternehmerinitiative ausreichendes Unternehmerrisiko eingegangen ist. Dies ist dann der Fall, wenn er bei Auflösung der Gesellschaft oder Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses an den stillen Reserven und am Firmenwert beteiligt ist (Ausnahme: Ausscheiden zur Unzeit, VwGH 29.4.1981, 3122/79; VwGH 17.5.1989, 85/13/0176);
- keine Pauschalabfindung für den Fall der Abschichtung vereinbart wurde; eine Abschichtung zwischen 90 und 150% der Kapitaleinlage gilt nicht als Pauschalabfindung (VwGH 23.2.1994, 93/15/0163).
5817
Keine Mitunternehmerstellung liegt vor, wenn
- eine bloße Gewinnbeteiligung ohne Teilnahme an den Vermögenswertsteigerungen vereinbart wurde;
- ein befristetes Gesellschaftsverhältnis mit Buchwertabschichtung bei Fristablauf, aber Vermögensmehrwertteilnahme bei Beendigung vor Fristablauf vereinbart wurde.
5818
Bei der GmbH & Still beteiligt sich eine Person am Unternehmen einer GmbH mit einer Vermögenseinlage und ist dafür am laufenden Erfolg und an den während des Bestehens des Gesellschaftsverhältnisses geschaffenen Vermögenswertsteigerungen des Geschäftsherrn beteiligt.
5819
Ist der Stille gleichzeitig Gesellschafter der GmbH, ist die steuerliche Anerkennung einer Mitunternehmerschaft an strenge Voraussetzungen geknüpft. Ein mitunternehmerisches Gesellschaftsverhältnis ist dann nicht anzuerkennen, wenn
- die gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen nicht den Anforderungen entsprechen, die an Verträge unter nahen Angehörigen gestellt werden. Dies sind insbesondere ausreichendes und nicht erst nachträgliches Bekanntmachen nach außen (zumindest der Abgabenbehörde gegenüber), ein eindeutiger, klarer, keinen Zweifel lassender Inhalt und Fremdvergleichbarkeit;
- sich der Alleingesellschafter der GmbH deshalb als atypisch Stiller beteiligt, um die Verluste der GmbH zu lukrieren (VwGH 2.2.2000, 97/13/0199);
- das vom stillen Gesellschafter zugeführte Kapital in wirtschaftlicher Betrachtungsweise Eigenkapital der GmbH ersetzt, welches für die Erfüllung ihres Unternehmenszweckes unbedingt erforderlich ist. Ob Eigenkapitalersatz vorliegt, ist auch daran zu messen, wie das Verhältnis zwischen Eigenkapital und Mittelbedarf ist, ob eine wesentlich unter dem Branchendurchschnitt liegende Eigenkapitalausstattung gegeben ist und Fremdfinanzierung von außen noch erlangbar wäre (VwGH 18.10.1989, 88/13/0180);
- der Gesellschafter einer GmbH dieser in Form der atypisch stillen Beteiligung Mittel zuführt zum Zweck der Verlustübernahme und Sanierung der GmbH (VwGH 11.12.1990, 89/14/0140);
- eine atypisch stille Gesellschaft nur auf Verlustzuweisungen ausgerichtet ist (Liebhaberei).
5820
Für den Fall einer Nichtanerkennung der Mitunternehmerschaft ist die Vermögenseinlage des GmbH-Gesellschafters als steuerneutrale Einlage zu behandeln.
19.1.2.2.4 Die Gesellschaft nach bürgerlichem Recht (GesBR)
5821
Eine GesBR ist eine Gesellschaft, die nicht ins Firmenbuch eingetragen wird und deren Gründung an keinen bestimmten Formalakt gebunden ist. Sie wird im allgemeinen nur anerkannt, wenn sie nach außen ausreichend in Erscheinung tritt. Die Gesellschafter sind dann als Mitunternehmer anzusehen, wenn sie Unternehmerinitiative entfalten und Unternehmerrisiko eingehen. Handelt es sich um eine reine Innengesellschaft, dann ist der nach außen nicht in Erscheinung tretende Gesellschafter idR nur dann Mitunternehmer, wenn er am Betriebserfolg und am Betriebsvermögen beteiligt ist (VwGH 29.11.1994, 93/14/0150). Eine bloße Umsatzbeteiligung reicht zur Begründung einer Mitunternehmerschaft nicht aus.
5822
Ein Anwendungsfall der GesBR ist die Arbeitsgemeinschaft. Sie ist Mitunternehmerschaft nach den allgemeinen Voraussetzungen. Wird die ARGE nur zur Erfüllung eines einzigen Werkvertrages gegründet, gelten die Betriebsstätten der ARGE als anteilige Betriebstätten der ARGE-Partner.
Für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2014 beginnen, gelten die Betriebsstätten der ARGE nur dann als anteilige Betriebstätten der ARGE-Partner, wenn die ARGE zur Erfüllung nur eines einzigen Werkvertrages gegründet wird und der mit dem Auftraggeber bei Auftragsvergabe nach dem 31.12.2014 vereinbarte Auftragswert 700.000 Euro (ohne Umsatzsteuer) nicht übersteigt (§ 2 Abs. 4 letzter Satz EStG 1988, § 188 Abs. 4 lit. d BAO). Maßgebend ist dabei der bei der Vertragsvergabe vereinbarte Auftragswert (keine periodische Betrachtung). Übersteigt der zur Erfüllung eines einzigen Werkvertrages vereinbarte Auftragswert diesen Betrag, hat nach den allgemeinen Grundsätzen des § 188 Abs. 1 BAO ein Feststellungsverfahren zu erfolgen. Dabei hat das Feststellungsverfahren keinen Einfluss auf zwischenbetriebliche Leistungsverrechnungen zwischen den ARGE-Partnern. Leistungen des Gesellschafters mit eigenem Gewerbebetrieb, die zu fremdüblichen Bedingungen an die Gesellschaft, an der er beteiligt ist, erbracht werden, sind wie Leistungen zwischen fremden Unternehmen anzuerkennen. Wirtschaftsgüter, die ein Gesellschafter der ARGE überlässt, stellen kein Sonderbetriebsvermögen der ARGE dar, da die Überlassung nicht auf Dauer erfolgt.
19.1.2.2.5 Die Erbengemeinschaft
5823
Führen die Erben eines Einzelunternehmers dessen Betrieb fort, dann werden sie grundsätzlich zu Mitunternehmern (VwGH 26.5.1998, 93/14/0191). Es liegt eine GesBR vor, die Mitunternehmerstellung der einzelnen Erben ist nach den allgemeinen Regeln zu beurteilen. Zur Erbauseinandersetzung siehe Rz 134a ff.
19.1.2.2.6 Die mitunternehmerische Unterbeteiligung
5824
Bei einer Unterbeteiligung beteiligt sich eine natürliche oder juristische Person am Mitunternehmeranteil eines Personengesellschafters (Hauptgesellschafters). Hat der Unterbeteiligte nicht nur Anteil am Gewinn/Verlust des Hauptgesellschafters, sondern auch an den stillen Reserven und dem Firmenwert, dann ist er Mitunternehmer und erzielt betriebliche Einkünfte, wenn die Hauptgesellschaft betriebliche Einkünfte erzielt. Ist der Unterbeteiligte nur am Gewinn des Hauptgesellschafters beteiligt, dann ist er nicht Mitunternehmer, sondern bloß Gläubiger des Hauptgesellschafters. Die ihm in diesem Fall zustehenden Einkünfte aus Kapitalvermögen sind nicht in der Einkünftefeststellung, sondern erst in der Einkommensteuerveranlagung des Hauptgesellschafters zu berücksichtigen (VwGH 05.03.1979, 2217/78).
5825
Der mitunternehmerisch Unterbeteiligte erzielt ausschließlich betriebliche Einkünfte. Zwischen der Hauptgesellschaft und dem mitunternehmerisch Unterbeteiligten ist zB ein allenfalls zivilrechtlich beachtliches Dienstverhältnis nicht möglich.
5826
Ist die Unterbeteiligung den Gesellschaftern der Hauptgesellschaft bekannt, besteht die Mitunternehmerschaft des Unterbeteiligten bereits im Verhältnis zur Hauptgesellschaft. Sie ist dann bereits bei der Gewinnfeststellung der Hauptgesellschaft zu berücksichtigen (VwGH 15.01.1991, 87/14/0053). Ist die Unterbeteiligung den Gesellschaftern der Hauptgesellschaft nicht bekannt, besteht die Mitunternehmerschaft nur im Verhältnis zum Hauptgesellschafter und muss in einem zweiten Feststellungsverfahren, in welchem der Gewinnanteil des Hauptgesellschafters aus der Hauptgesellschaft verteilt wird, berücksichtigt werden.
5827
Erbringt ein mitunternehmerisch Unterbeteiligter gegenüber der Hauptgesellschaft Leistungen (Dienstleistungen, Hingabe von Darlehen, Überlassung von Wirtschaftsgütern), dann sind die Leistungsvergütungen als Gewinnanteile gemäß § 23 Z 2 EStG 1988 zu behandeln. Ist die Unterbeteiligung den Gesellschaftern der Hauptgesellschaft nicht bekannt, sind die Leistungsvergütungen im zweiten Feststellungsverfahren dem Gewinnanteil des Unterbeteiligten zuzurechnen.
19.1.2.2.7 Fruchtgenuss
5828
Ein Fruchtgenussberechtigter an einem Gesellschaftsanteil ist nur dann Mitunternehmer, wenn er die dem Fruchtgenussbesteller zustehenden Einflussmöglichkeiten an der Geschäftsführung ausüben kann und am Betriebserfolg, den stillen Reserven und dem Firmenwert beteiligt ist. Beteiligung nur am Gewinn des Fruchtgenussbestellers reicht nicht aus zur Begründung der Mitunternehmerstellung des Fruchtnießers. Ohne Einflussmöglichkeit des Fruchtnießers verbleibt der Gewinnanteil beim Fruchtgenussbesteller; gleiches gilt, wenn der Fruchtnießer daneben bereits Mitunternehmer der Gesellschaft ist.
19.1.2.2.8 Treuhandverhältnisse
5829
Wird die Beteiligung an einer Personengesellschaft treuhändisch gehalten, dann ist für die Beurteilung der Mitunternehmerstellung des Treugebers bzw. ggf. des Treuhänders die rechtliche Gestaltung des Treuhandvertrages ausschlaggebend. Mitunternehmer ist idR der Treugeber (vgl. VwGH 15.3.1977, 2653/76). Hingegen ist der Treuhänder Mitunternehmer, wenn ihm gegenüber der Treugeber bloß eine Geldforderung und keinen Anspruch auf Herausgabe des Treuhandvermögens hat und der Treuhänder persönliches Unternehmerrisiko trägt und Unternehmerinitiative entfaltet (vgl. VwGH 25.11.1999, 97/15/0118; VwGH 19.12.1990, 86/13/0136).
5830
Ist bei einer aus zwei Personen bestehenden Gesellschaft ein Gesellschafter bloß Treuhänder des anderen, dann handelt es sich um ein Einzelunternehmen.
19.1.3 Zuordnung zu den Einkunftsarten
19.1.3.1 Allgemeines
5831
Eine Mitunternehmerschaft liegt nur vor, wenn betriebliche Einkünfte erzielt werden (Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Einkünfte aus selbständiger Arbeit, Einkünfte aus Gewerbebetrieb).
5831a
Gewerbliche Einkünfte – und daher eine Mitunternehmerschaft – liegen aber auch dann vor, wenn eine bloß vermögensverwaltende Personengesellschaft an einer gewerblichen Personengesellschaft beteiligt ist. Die gewerbliche Tätigkeit der Untergesellschaft färbt gemäß § 2 Abs. 4 EStG 1988 auf die bloß vermögensverwaltende beteiligte Gesellschaft ab (Abfärbetheorie). Der umgekehrte Fall, dass eine gewerbliche Personengesellschaft oder eine Kapitalgesellschaft an einer bloß vermögensverwaltenden Personengesellschaft beteiligt ist, macht aus dieser aber keine gewerbliche Personengesellschaft. Bei der gewerblichen Ober-Personengesellschaft oder Kapitalgesellschaft gehört die Beteiligung an der vermögensverwaltenden Personengesellschaft zum Betriebsvermögen, sodass diesen Beteiligten anteilig betriebliche Einkünfte zuzurechnen sind (vgl. Rz 6024).
5832
Eine Mitunternehmerschaft kann nur einen einzigen Betrieb und damit Einkünfte aus nur einer einzigen betrieblichen Einkunftsart haben. Anders als die Tätigkeiten einer natürlichen Person können die Tätigkeiten einer Mitunternehmerschaft stets nur einheitlich beurteilt werden. Verschiedene voneinander abgrenzbare Tätigkeiten, die bei einer natürlichen Person steuerlich jeweils getrennt beurteilt werden, stellen bei der Mitunternehmerschaft auf Grund des § 2 Abs. 4 EStG 1988 dann, wenn eine dieser abgrenzbaren Tätigkeiten gewerblich ist, eine einheitliche gewerbliche Betätigung dar. Eine an sich gewerbliche Tätigkeit verliert aber den gewerblichen Charakter, wenn sie in einem untrennbaren Zusammenhang mit einer im Vordergrund stehenden land- und forstwirtschaftlichen oder freiberuflichen Tätigkeit steht; die Tätigkeit ist dann einheitlich als land- und forstwirtschaftlich oder freiberuflich zu qualifizieren.
5833
Bestehen zivilrechtlich mehrere Personengesellschaften, an denen dieselben Gesellschafter beteiligt sind, so sind die Gesellschaften grundsätzlich getrennt zu beurteilen; diese Personengesellschaften können daher auch unterschiedliche Einkunftsarten haben. Bei mehreren organisatorisch und funktionell verschiedenen Einkunftsquellen können ebenso viele GesBR angenommen werden, wenn die Betriebe keine oder nur lose Berührungspunkte aufweisen und sich deren Betriebsergebnisse ohne weiteres getrennt ermitteln lassen. Dies gilt auch für Gütergemeinschaften (Rz 1224).
5834
Fassung bis zur Einkünftefeststellung 2010:
Mehrere Personengesellschaften mit denselben Beteiligungsverhältnissen und demselben Betriebsgegenstand können eine einzige betriebliche Tätigkeit, wenn auch im Rahmen zweier oder mehrerer Betriebsstätten, entfalten (so genannte „Unternehmenseinheit“, VwGH 29.11.1994, 89/14/0230); dann gibt es nur ein Feststellungsverfahren. Eine einheitliche Bilanzierung für zwei oder mehrere nebeneinander personen- und beteiligungsgleich bestehende Personengesellschaften im Rahmen einer solchen Unternehmenseinheit begründet außerhalb einer gesellschaftsrechtlichen Verbindung keine zusätzliche Mitunternehmerschaft. Die Zerlegung des Rechenwerkes der Unternehmenseinheit in eine getrennte Bilanzierung der Gesellschaften ist nicht als Auflösung oder Realteilung einer Mitunternehmerschaft zu werten.
Fassung ab Einkünftefeststellung 2011:
Im Anwendungsbereich der Einkommensteuer kommt einer „Unternehmenseinheit“ keine Bedeutung zu (vgl. VwGH 25.10.2001, 98/15/0190). Es sind für verschiedene Mitunternehmerschaften getrennte Feststellungsverfahren nach § 188 BAO durchzuführen. Die Zerlegung eines einheitlichen Rechenwerkes in eine getrennte Bilanzierung der Gesellschaften ist nicht als Auflösung oder Realteilung einer Mitunternehmerschaft zu werten.
19.1.3.2 Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft
5835
Die Gesellschafter einer Personengesellschaft erzielen Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, wenn die Tätigkeit der Gesellschaft ausschließlich als land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit anzusehen ist. Übt sie neben der land- und forstwirtschaftlichen sachlich getrennt eine, wenn auch noch so geringe gewerbliche Tätigkeit aus, so ist sie kraft ihrer Gesellschaftsform grundsätzlich mit ihrer Gesamttätigkeit gewerblich tätig (VwGH 13.09.1988, 88/14/0072, betreffend OHG mit Landwirtschaft und gewerblichem Holzhandel; vgl. Rz 5064). Eine neben der land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit ausgeübte vermögensverwaltende Tätigkeit bewirkt jedoch nicht, dass die Tätigkeit der Mitunternehmerschaft einheitlich als gewerblich zu beurteilen ist. In diesem Fall sind für die betriebliche und für die vermögensverwaltende Tätigkeit zwei getrennte Feststellungsverfahren durchzuführen.
5836
Eine an sich gewerbliche Betätigung verliert – wie bei der natürlichen Person – auch bei einer Personengesellschaft den gewerblichen Charakter, wenn sie in einem untrennbaren sachlichen Zusammenhang mit einer im Vordergrund stehenden Land- und Forstwirtschaft steht; die Tätigkeit ist dann einheitlich als land- und forstwirtschaftlich zu qualifizieren. Ob nur Land – und Forstwirtschaft vorliegt, ist nach dem EStG 1988 zu beantworten (VwGH 16.3.1979, 2979/76, betr. Baumschule). Auch die Betreibung eines gewerblichen Nebenbetriebes macht die Betätigung insgesamt dann nicht zur gewerblichen, wenn er ausschließlich der land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit dient. Das gilt auch dann, wenn der Nebenbetrieb im Firmenbuch eingetragen ist. Es muss aber bei Haupt- und Nebenbetrieb Gesellschafteridentität bestehen.
5837
Für die einzelnen Gesellschafter einer land- und forstwirtschaftlichen Mitunternehmerschaft sind keine besonderen Qualifikationen erforderlich. Es können sich daher bspw. auch Freiberufler zu einer land- und forstwirtschaftlichen Mitunternehmerschaft zusammenschließen. Ist eine Kapitalgesellschaft beteiligt, bleiben die Einkünfte der Personengesellschaft dann land- und forstwirtschaftliche, wenn die Tätigkeit der Mitunternehmerschaft eine ausschließlich land- und forstwirtschaftliche ist. Die Kapitalgesellschaft erzielt nur auf Grund des § 7 Abs. 3 KStG 1988 Einkünfte aus Gewerbebetrieb.
5838
Der Eigentümer einer mit einem vollen Fruchtgenussrecht belasteten Forstwirtschaft ist dann Mitunternehmer, wenn ihm die über den durchschnittlichen Holzertrag hinausgehenden Teile der Kalamitätsnutzung zustehen und die stillen Reserven zuwachsen, und er auch Verluste erleidet, worin sich sein Unternehmerrisiko zeigt (VwGH 17.4.1959, 0646/58).
19.1.3.3 Einkünfte aus selbständiger Arbeit
5839
Für Gesellschaften, die ausschließlich der Ausübung einer selbständigen Arbeit iSd § 22 EStG 1988 dienen und bei denen sämtliche Gesellschafter freiberuflich tätig sind, kommt es nicht darauf an, ob der Zusammenschluss in Form einer GesBR oder einer unternehmensrechtlichen Gesellschaft (OG, KG), erfolgt. Die Zusammenarbeit von Ärzten in einer Gruppenpraxis gemäß § 52a Ärztegesetz 1998 idF BGBl. I Nr. 110/2001 erfolgt uA in der Rechtsform einer OG.
5840
Eine Mitunternehmerschaft erzielt nur dann Einkünfte aus selbständiger Arbeit, wenn
- die Tätigkeit der Gesellschaft ausschließlich als selbständige Arbeit anzusehen ist und
- jeder einzelne Gesellschafter im Rahmen der Gesellschaft eine freiberufliche Tätigkeit oder eine sonstige selbständige Arbeit ausübt (VwGH 17.8.1998, 93/17/0245).
5841
Auch ein freiberuflicher Mitunternehmer muss persönlich tätig sein, eine reine Vermögensbeteiligung führt zu Einkünften aus Gewerbebetrieb. Übt auch nur einer der Gesellschafter (Mitunternehmer) im Rahmen seiner Tätigkeit für die Gesellschaft eine gewerbliche Tätigkeit aus, dann sind die Einkünfte der Mitunternehmerschaft gewerblich; die Rechtsform der Mitunternehmerschaft ist dabei ohne Bedeutung (VwGH 23.6.1970, 1779/68). Eine an sich gewerbliche Tätigkeit verliert aber auch bei einer Personengesellschaft den gewerblichen Charakter, wenn sie in einem untrennbaren sachlichen Zusammenhang mit der im Vordergrund stehenden selbständigen Arbeit steht.
5842
Der Zusammenschluss von freiberuflich Tätigen mit berufsfremden Personen bewirkt grundsätzlich die Annahme eines Gewerbebetriebes (VfGH 1.3.1968, B 407/67; VwGH 19.1.1968, 1825/66; VwGH 3.3.1982, 1659/79; VwGH 7.6.1983, 82/14/0213). Soweit jedoch berufsfremde Gesellschafter auf Grund berufsrechtlicher Vorschriften ausdrücklich zulässig sind, gilt dies auch für die Einkunftsart der Mitunternehmerschaft; auch die berufsfremden Gesellschafter haben dann freiberufliche Einkünfte. Die Ausnahmeregelung für berufsfremde Personen hat nur bei den ausdrücklich aufgezählten Berufsgruppen, nicht aber bei den Tätigkeiten iSd § 22 Z 1 lit. a EStG 1988 einen Anwendungsbereich.
5843
Unter berufsrechtlichen Vorschriften sind alle einschlägigen Vorschriften zu verstehen; dazu zählen neben den Gesetzen auch Verordnungen. Für die Einstufung als berufsfremd ist die Tätigkeit der Gesellschaft maßgeblich. Ein Zusammenschluss von Ärzten mit Angehörigen eines Berufes der medizinischen Dienste zu einer Personengesellschaft zu medizinischen Zwecken führt daher nicht zu gewerblichen Einkünften. Als berufsfremd gilt auch eine Person, die zwar freiberuflich qualifiziert ist, aber nicht in dem Bereich, in welchem die Mitunternehmerschaft tätig ist. Die Tätigkeit eines Steuerberaters zählt nicht zum Tätigkeitsfeld einer Fahrschule; eine derartige Mitunternehmerschaft hat daher gewerbliche Einkünfte (VwGH 26.5.1982, 3361/78).
5844
Die Beteiligung einer Kapitalgesellschaft macht die an sich freiberufliche Tätigkeit der Mitunternehmerschaft dann nicht zum Gewerbebetrieb, wenn berufsrechtliche Vorschriften die Beteiligung einer Kapitalgesellschaft zulassen. Sind an der Mitunternehmerschaft ausschließlich berufsrechtlich zulässige Kapitalgesellschaften beteiligt, sind die erzielten Einkünfte zufolge § 7 Abs. 3 KStG 1988 solche aus Gewerbebetrieb (VwGH 25.6.1997, 95/15/0192). Siehe auch Rz 662, 6024.
5845
Eine Personengesellschaft, die ausschließlich fremdes Vermögen iSd § 22 Z 2 EStG 1988 verwaltet, ist gewerblich tätig, wenn ein Gesellschafter eine Kapitalgesellschaft ist.
5846
Für freiberufliche Mitunternehmerschaften gilt die eingeschränkte Vervielfältigungstheorie. Danach darf sich die Mitunternehmerschaft fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte bedienen, solange die Gesellschafter leitend und eigenverantwortlich tätig bleiben. Die Gesellschafter einer freiberuflichen Mitunternehmerschaft können sich die Leitung und die Aufgabenbereiche untereinander aufteilen. Hingegen dürfen Mitunternehmerschaften mit sonstigen selbständigen Einkünften sich nur der Mitarbeit fachlich nicht vorgebildeter Arbeitskräfte bedienen, da für sie die strenge Vervielfältigungstheorie gilt (siehe Rz 5289 ff).
5847
Beteiligt sich eine (freiberufliche) GesBR an einer gewerblichen OHG oder KG, dann ist diese Beteiligung zivilrechtlich und steuerlich unmittelbar den Gesellschaftern der GesBR zuzurechnen und so zu beurteilen, wie jene eines Freiberuflers an einer gewerblichen Personengesellschaft, deren Betriebsgegenstand seine freiberufliche Tätigkeit fördert. Die Gewinnanteile aus der gewerblichen OHG (KG) machen die GesBR ebenso wenig zum Gewerbebetrieb wie einen Freiberufler, der an einer gewerblichen OHG (KG) beteiligt ist. Die Anteile der GesBR-Gesellschafter gehören nicht zum Betriebsvermögen bzw. Sonderbetriebsvermögen der GesBR, die gewerblichen Gewinnanteile sind eigenständige gewerbliche Einkünfte der beteiligten Personen.
19.2 Gewinnermittlung, (Sonder-)Betriebsvermögen
19.2.1 Gewinnermittlung
19.2.1.1 Art der Gewinnermittlung
5848
Die Gewinnermittlungsart der Mitunternehmerschaften richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen; in Ergänzung zu den Ausführungen in Rz 401 bis 434 ergeben sich folgende Besonderheiten.
19.2.1.1.1 Gewinnermittlung bei Personengesellschaften
5849
Liegt eine Buchführungspflicht nicht vor und werden Bücher auch freiwillig nicht geführt, ist das Betriebsergebnis durch Einnahmen-Ausgaben-Rechnung zu ermitteln.
Randzahl 5850: derzeit frei
19.2.1.1.2 Gewinnermittlung bei den übrigen Mitunternehmerschaften
Siehe Rz 430a ff.
19.2.1.1.3 Pauschalierung von Mitunternehmerschaften
siehe Rz 4285 f.
19.2.1.1.4 Zurechnung
5851
Die Einkünfte werden gemäß § 188 BAO festgestellt und den einzelnen Mitunternehmern direkt zugerechnet. Sind an einer Mitunternehmerschaft wiederum Mitunternehmerschaften beteiligt, kommt es zu einem Durchgriff auf die dahinter stehenden natürlichen bzw. juristischen Personen (VwGH 17.06.1992, 87/13/0157). Bei mehrstöckigen Personengesellschaften sind mehrere hintereinander geschaltete Feststellungsverfahren durchzuführen. Es muss jedenfalls sichergestellt werden, dass die Einkünfte aus der Personengesellschaft letztendlich einer (natürlichen oder juristischen) Person zum Zwecke der Ertragsbesteuerung zugerechnet werden. Im Rahmen der einzelnen Feststellungsverfahren können die unterschiedlichen Vertragsgestaltungen und die damit verbundenen Gewinnauswirkungen berücksichtigt werden.
5852
Die Gewinnermittlung erfolgt in zwei Stufen. Der Gewinn wird zuerst auf der Ebene der Gesellschaft ermittelt und dann auf der zweiten Ebene die persönlichen Verhältnisse der einzelnen Gesellschafter (Sonderbilanzen-Ergänzungsbilanzen) berücksichtigt.
19.2.1.2 Ebene der Gesellschaft
5853
Ausgangspunkt für die Gewinnermittlung ist der (unternehmensrechtliche) Gesamtgewinn der Gesellschaft, der um die als Betriebsausgaben abgesetzten Vergütungen für Leistungen des Gesellschafters an die Gesellschaft iSd § 23 Z 2 EStG 1988, die unternehmensrechtlich Aufwand darstellen, vermindert wurde. Der unternehmensrechtliche Gewinn ist um steuerlich nicht anzuerkennende Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben, die die Mitunternehmerschaft selbst betreffen (zB Provisionen, deren Empfänger nicht namhaft gemacht werden und gemäß § 162 BAO dem Gewinn zuzurechnen sind), zu bereinigen. Der sodann adaptierte steuerliche Gewinn ist den Gesellschaftern nach dem entsprechenden Gewinnverteilungsschlüssel zuzurechnen.
5854
Das Gesellschaftsvermögen wird in der Gesellschaftsbilanz erfasst. Bei Zuordnung von Wirtschaftsgütern zum Betriebsvermögen oder zum Privatvermögen ist analog der Betrachtung bei einem Einzelunternehmen vorzugehen (VwGH 10.3.1983, 82/13/0017). Der Gewinn ist auf der Ebene der Gesellschaft, somit das Gesellschaftsvermögen betreffend, nach einheitlichen Grundsätzen und für einen einheitlichen Gewinnermittlungszeitraum zu ermitteln. Hinsichtlich des Gesellschaftsvermögens ist bei der Ausübung von Rückstellungs- und Bewertungswahlrechten sowie bei Inanspruchnahme von Investitionsbegünstigungen und der Bildung und Übertragung von Rücklagen einheitlich vorzugehen.
5855
Eine gesellschafterbezogene Betrachtungsweise ist ua. für die Erfüllung der Behaltefrist des § 12 Abs. 1 EStG 1988 (VwGH 6.3.1973, 0200/73; VwGH 27.6.1973, 0611/72; VfGH 20.6.1983, B 33/80) sowie für die Inanspruchnahme von Progressionsermäßigungen (§ 37 EStG 1988) anzustellen.
5855a
Der Veräußerungsgewinn von Grundstücken des Betriebsvermögens ist auf Ebene der Gesellschaft zu ermitteln. Dabei ist aber zu beachten, dass wegen des besonderen Steuersatzes für Grundstücksgewinne der Veräußerungsgewinn gesondert zu ermitteln ist.
Der Veräußerungserlös muss auf die Mitunternehmer im Ausmaß ihrer Beteiligung aufgeteilt werden. Für jeden Mitunternehmer ist – abhängig vom Anschaffungszeitpunkt der Mitunternehmerbeteiligung – gesondert zu beurteilen, ob der veräußerte Anteil Alt- oder Neuvermögen darstellt. Dies ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn die Anteile zu unterschiedlichen Zeitpunkten erworben wurden. Im Fall von Neuvermögen sind stets die individuellen Anschaffungskosten zu ermitteln, im Fall von Altvermögen kommt auch die pauschale Ermittlung der Anschaffungskosten in Betracht. Die ImmoESt ist in diesen Fällen nach den individuellen Verhältnissen der einzelnen Miteigentümer zu ermitteln. Die für die Gemeinschaft abzuführende ImmoESt ist die Summe der auf die jeweiligen Miteigentümer entfallenden ImmoESt-Beträge.
5855b
Die Einkünfte sind mangels Abgeltungswirkung für den betrieblichen Bereich im Feststellungsverfahren gemäß § 188 BAO als Teil des betrieblichen Gewinnes/Verlustes zu erfassen. Im Fall der Veräußerung durch eine OG oder KG ist die entrichtete ImmoESt im Feststellungsverfahren auszuweisen. In der Einkommensteuererklärung des Beteiligten sind die Einkünfte aus der Beteiligung zu erfassen und die steuerliche Erfassung des anteiligen Gewinnes aus der Grundstücksveräußerung hat entweder mit 25% bzw. bei Veräußerungen nach dem 31.12.2015 mit 30% oder zum Tarif (Regelbesteuerungsoption) jeweils unter Anrechnung der ImmoESt zu erfolgen.
Auch aus der Veräußerung von Grundstücken, die zum Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters einer Mitunternehmerschaft gehören, kann sich ein im Rahmen eines Feststellungsverfahrens gemäß § 188 BAO zu erfassender Grundstücksveräußerungsgewinn/- verlust ergeben, der allerdings nur den betreffenden Gesellschafter betrifft. Gleiches gilt, wenn mit einem Mitunternehmeranteil anteilig auch (im Betriebsvermögen oder Sonderbetriebsvermögen befindliche) Grundstücke veräußert werden.
Zur Abfuhr der ImmoESt in diesen Fällen siehe Rz 6709.
Zu Körperschaften als Mitunternehmer siehe Rz 6709a.
5855c
Verluste aus Grundstücksveräußerungen oder Teilwertabschreibungen von Grundstücken, die dem besonderen Steuersatz gemäß § 30a EStG 1988 unterliegen, sind gemäß § 6 Z 2 lit. d EStG 1988 vorrangig mit Gewinnen aus Grundstücksveräußerungen oder Zuschreibungen von Grundstücken desselben Betriebes zu verrechnen (siehe Rz 583). Anteilige Verluste des Mitunternehmers aus der Veräußerung von Grundstücken des Gesellschaftsvermögens sind daher mit Gewinnen aus der Veräußerung eines Grundstückes des Sonderbetriebsvermögens im Zusammenhang mit dieser Gesellschaft verrechenbar.
19.2.1.3 Ebene der Gesellschafter
5856
Auf der Ebene der Gesellschafter werden jene Positionen zugerechnet, die den einzelnen Gesellschafter betreffen; etwaige Ergänzungs- und Sonderbilanzen sind zu berücksichtigen.
Der Gewinnermittlungszeitraum der Gesellschafter hat jenem der Gesellschaft zu entsprechen. Auch die Gewinnermittlungsart der Gesellschaft schlägt auf den Gesellschafter durch (VwGH 16.11.1979, 0665/78).
19.2.1.3.1 Ergänzungsbilanz-Sonderbilanz
5857
Ergänzungsbilanzen beinhalten den einzelnen Gesellschafter betreffende Wertkorrekturen zu den Ansätzen in der Gesellschaftsbilanz. Sie sind insbesondere erforderlich bei von der Gesellschaftsbilanz abweichenden Anschaffungskosten wegen späterem Erwerb eines Gesellschaftsanteiles, bei Übertragung stiller Rücklagen (siehe Rz 5955 ff) bzw. Inanspruchnahme von Investitionsbegünstigungen.
5858
In Sonderbilanzen werden jene Umstände dargestellt, die den Gesellschafter nicht in Bezug auf die Gesellschaftsbilanz betreffen. Demnach sind in Sonderbilanzen insbesondere vom einzelnen Gesellschafter der Gesellschaft zur Verfügung gestellte private Wirtschaftsgüter, die als Sonderbetriebsvermögen auszuweisen und die daraus resultierenden Sonderbetriebseinnahmen und Sonderbetriebsausgaben, die in die Gewinnermittlung miteinzubeziehen sind, sowie besondere Vergütungen, die aus Leistungsbeziehungen zwischen der Gesellschaft und den Gesellschafter resultieren, aufzunehmen.