19.4 Abfertigung der Witwer- oder Witwenpensionen (§ 67 Abs. 4 EStG 1988)
1080
Die steuerliche Begünstigung für Abfertigungen der Witwer- oder Witwenpensionen setzt einen gesetzlichen Abfertigungsanspruch voraus. Hierher gehören die in den Sozialversicherungsgesetzen in der Pensionsversicherung vorgesehenen Abfertigungen von Pensions- bzw. Rentenansprüchen. Witwenpensionsansprüche gegenüber dem ehemaligen Arbeitgeber des verstorbenen Ehegatten fallen nicht darunter.
1081
In § 67 Abs. 4 erster Teilstrich EStG 1988 wird die Ablösung von Witwer- oder Witwenpensionen auf Grund von Satzungen der Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen mit der Ablösung von Witwer- oder Witwenpensionen auf Grund bundes- oder landesgesetzlicher Vorschriften steuerlich gleichgestellt. Ebenso sind gemäß dem zweiten Teilstrich Abfindungen im Sinne des § 269 ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 idgF, und vergleichbare Abfindungen an Hinterbliebene im Rahmen der gesetzlichen Pensionsversicherung oder auf Grund von Satzungen der Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen mit dem festen Satz von 6% oder nach der Vervielfachungsmethode zu versteuern. Diesen Bezügen sind auch Abfindungen von Unfallrenten gemäß § 213 ASVG (Witwen- und Witwerbeihilfe) und diesen ähnliche Abfindungen gleichzustellen.
Das Erkenntnis des VwGH vom 26.04.2017, Ro 2015/13/0020, ist nur auf Ablösungen von Pensionen auf Grund von Satzungen der Versorgungs– und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen anzuwenden, die vor dem 15.08.2018 zugeflossen sind.
1081a
Wird die Abfindung (insbesondere gemäß § 269 ASVG und § 213 ASVG von einem Vielfachen einer monatlichen Bemessungsgrundlage ermittelt, ist die Vervielfachungsmethode auf die monatliche Bemessungsgrundlage anzuwenden. Für die Berechnung der Steuer nach der Vervielfacher- oder Quotientenmethode ist die auf die letzte laufende Pension entfallende Lohnsteuer maßgebend. Der Steuersatz beträgt höchstens 6%. Wird von einer jährlichen Bemessungsgrundlage ausgegangen, ist diese vorher auf eine monatliche umzurechnen.
1082
Hinsichtlich der Besteuerungsart gelten die Ausführungen zu Rz 1078 sinngemäß.
– 620,00 Euro | ||
Lohnsteuerbemessungsgrundlage | 1.126,78 Euro | |
Lohnsteuer | 1.126,78 Euro x 6% | 67,61 Euro |
Weihnachtsgeld – netto | 1.980,50 Euro | |
Jahreszwölftelüberhang | 367,02 Euro | |
SV-Jahreszwölftelüberhang | 65,69 Euro |
Berechnung laufender Bezug: | ||
Bezug Nov. + Zwölftelüberhang | 1.994 Euro + 367,02 Euro | 2.361,02 Euro |
– Sozialversicherung (laufend und Zwölftelüberhang) | 1.994 Euro x 18,9% + 65,69 Euro |
442,56 Euro |
LSt-Bmgl | 1.918,46 Euro | |
Lohnsteuer | 1.918,46 Euro x 36,5% – 369,18 Euro | 331,06 Euro |
19.6 Freiwillige Abfertigung und Abfindung (§ 67 Abs. 6 EStG 1988)
19.6.1 Bezüge im Sinne des § 67 Abs. 6 EStG 1988
1084
Unter freiwilliger Abfertigung ist eine Leistung des Arbeitgebers bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu verstehen, auf die weder aus gesetzlichen noch aus kollektivvertraglichen Regelungen ein Anspruch besteht. Schriftlichkeit (zB im Dienstvertrag) ist dabei nicht erforderlich.
Die Begünstigung des § 67 Abs. 6 EStG 1988 erstreckt sich nur auf Bezüge, die mit der Auflösung des Dienstverhältnisses im ursächlichen Zusammenhang stehen und aus diesem Grund anfallen. Es muss sich demnach um solche sonstigen Bezüge handeln, die für die Auflösung des Dienstverhältnisses typisch sind (VwGH 08.04.1986, 85/14/0162). Werden Bezüge an sich unabhängig von der Beendigung des Dienstverhältnisses ausbezahlt und der Stichtag der Auszahlung lediglich mit dem Zeitpunkt der Beendigung des Dienstverhältnisses vorverlegt, steht die Begünstigung des § 67 Abs. 6 EStG 1988 nicht zu (zB Jubiläumszuwendungen im öffentlichen Dienst). Belohnungen, Treuegelder und Jubiläumszuwendungen der Beamten anlässlich des Übertritts in den Ruhestand sind daher nach § 67 Abs. 1 und 2 EStG 1988 zu versteuern (VwGH 09.11.1994, 92/13/0279). Ebenso liegt keine freiwillige Abfertigung vor, wenn dadurch andere arbeitsrechtliche Ansprüche (zB nicht verbrauchter Urlaub, Zahlung für den Verzicht auf Arbeitsleistung künftiger Lohnzahlungszeiträume, Vergleichszahlung, usw.) abgegolten werden.
Erfolgt ein Arbeitgeberwechsel im Rahmen der Bestimmungen des AVRAG und werden die gesetzlichen Abfertigungs- und Urlaubsansprüche vom neuen Arbeitgeber übernommen (und nicht an den Arbeitnehmer ausgezahlt), wird das Dienstverhältnis nicht aufgelöst. Die Begünstigung des § 67 Abs. 6 EStG 1988 für eine ausgezahlte freiwillige Abfertigung kann in diesem Fall nicht angewendet werden.
Siehe auch Beispiel Rz 11084.
1085
Das Gesetz nennt als Beispiele die freiwillige Abfertigung und Abfindung. Hinsichtlich Sterbegelder und Todfallsbeiträge siehe Rz 1085a.
Tantiemen, Pensionsabfindungen, Umsatzbeteiligungen, Gewinnbeteiligungen, Bilanzremunerationen, Leistungsprämien, eine auf den Zeitpunkt der Beendigung des Dienstverhältnisses vorverlegte Jubiläumsgabe, oder die Weiterbezahlung der Bezüge eines verstorbenen Arbeitnehmers bis Monatsende zählen nicht zu solchen Bezügen (VwGH 5.3.1969, 1866/67; VwGH 31.10.2000, 98/15/0122). Ebenso sind Zahlungen für den Verzicht auf Arbeitsleistungen für zukünftige Lohnzahlungszeiträume nicht unter § 67 Abs. 6 EStG 1988 zu subsumieren (vgl. VwGH vom 15.09.2011, 2007/15/0231 sowie die Klarstellung durch das Budgetbegleitgesetz 2014, BGBl. I Nr. 40/2014).
1085a
Wird im Fall des Todes eines aktiven Arbeitnehmers Sterbegeld ausbezahlt und erhält der Rechtsnachfolger keine Bezüge (Aktiv- oder Pensionsbezüge) vom Arbeitgeber des Verstorbenen, ist das Sterbegeld gemäß § 32 EStG 1988 in Verbindung mit § 67 Abs. 6 EStG 1988 beim Rechtsnachfolger nach den Besteuerungsmerkmalen des Verstorbenen zu versteuern. Ist § 67 Abs. 6 EStG 1988 auf Grund der Z 7 nicht mehr anwendbar, hat die Besteuerung des Sterbegeldes gemäß § 32 EStG 1988 in Verbindung mit § 67 Abs. 1 und 2 EStG 1988 beim Rechtsnachfolger nach den Besteuerungsmerkmalen des Verstorbenen zu erfolgen. Der Lohnzettel ist auf den verstorbenen Arbeitnehmer auszustellen, da gemäß § 32 Z 2 EStG 1988 solche Bezüge bei der Veranlagung der Einkommensteuer des verstorbenen Arbeitnehmers zu berücksichtigen sind.
Erhält der Rechtsnachfolger nach einem verstorbenen (Firmen-)Pensionisten eine (Firmen-)Pension (Hinterbliebenenversorgung) und hat der Rechtsnachfolger auch Anspruch auf das Sterbegeld, ist dieses beim Rechtsnachfolger gem. § 67 Abs. 1 und 2 EStG 1988 zu versteuern.
Erhält der Rechtsnachfolger nach einem verstorbenen Pensionskassenpensionisten Pensionskassenleistungen (Hinterbliebenenversorgung oder Eigenbezüge) und hat der Rechtsnachfolger auch Anspruch auf das Sterbegeld, ist dieses beim Rechtsnachfolger gem. § 67 Abs. 1 und 2 EStG 1988 zu versteuern.
Erhält der Rechtsnachfolger nach einem verstorbenen Firmenpensionisten keine Firmenpension (Hinterbliebenenversorgung), sondern nur ein Sterbegeld, ist dieses gem. § 32 EStG 1988 in Verbindung mit § 67 Abs. 1 und 2 EStG 1988 beim Rechtsnachfolger nach den Besteuerungsmerkmalen des Verstorbenen zu versteuern. § 67 Abs. 6 EStG 1988 kann nicht angewendet werden, weil der Bezug einer Firmenpension kein Dienstverhältnis gem. § 47 Abs. 2 EStG 1988 begründet.
Als Rechtsnachfolger gilt jede Person, an die Sterbegeld ausgezahlt wird, wobei kein Unterschied besteht, ob das Sterbegeld nach den Bezügen des Verstorbenen bemessen wird, einen vereinbarten Absolutbetrag darstellt oder sich nach der Höhe der tatsächlichen Kosten des Begräbnisses orientiert.
1086
Freiwillige Zahlungen anlässlich der Beendigung des Dienstverhältnisses sind auch dann begünstigt, wenn sie neben laufenden Bezügen (zB sofort anfallende Pension) sowie weiterlaufenden anderen Vorteilen aus dem Dienstverhältnis (zB vom Arbeitgeber weiter bezahlte Zusatzkrankenversicherung, Weiterbenutzung der bisherigen Dienstwohnung) zufließen.
1087
Sonstige Bezüge gemäß § 67 Abs. 6 EStG 1988 müssen bei oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses anfallen und durch die Beendigung des Dienstverhältnisses (siehe Rz 1070a) verursacht sein. Ebenso wie bei gesetzlichen Abfertigungen nach § 67 Abs. 3 EStG 1988 ist der Anspruch auf die steuerliche Begünstigung zwingend an die Auflösung des Dienstverhältnisses geknüpft. Freiwillige Abfertigungen udgl. können auch nach Beendigung des Dienstverhältnisses steuerbegünstigt behandelt werden, wenn sie zu einem späteren Zeitpunkt (spätestens zwölf Monate nach Beendigung des Dienstverhältnisses) anfallen.
Bei Vereinbarung einer Altersteilzeit ist die Besteuerung einer freiwilligen Abfertigung im Sinne des § 67 Abs. 6 EStG 1988 erst bei tatsächlicher Beendigung des Dienstverhältnisses zulässig.
1087a
Gemäß § 67 Abs. 6 Z 7 EStG 1988 gelten die Bestimmungen des § 67 Abs. 6 EStG 1988 nur für jene Zeiträume, für die keine Anwartschaften gegenüber einer Betrieblichen Vorsorgekasse bestehen. Die Begünstigung des § 67 Abs. 6 EStG 1988 kommt nicht zum Tragen, wenn für neue Dienstverhältnisse ab 1. Jänner 2003 laufende Beiträge nach dem neuen System in eine Betriebliche Vorsorgekasse gezahlt werden (dies bezieht sich auch auf die Bestimmung des § 67 Abs. 6 EStG 1988 im Zusammenhang mit einem Sozialplan).
Wird bei Dienstverhältnissen, die vor dem 1. Jänner 2003 begonnen wurden, eine freiwillige Abfertigung ausbezahlt, steht die Begünstigung des § 67 Abs. 6 EStG 1988 nach Maßgabe der Rz 1087b ff zu.
1087b
Wird das „alte“ Abfertigungssystem für die volle Dauer des Dienstverhältnisses weiter geführt, gilt § 67 Abs. 6 EStG 1988 für freiwillig bezahlte Abfertigungen unverändert weiter.
1087c
Wird das „alte“ Abfertigungssystem für Anwartschaftszeiträume bis zu einem bestimmten Übertrittsstichtag weiter geführt, die gesamten Altabfertigungsansprüche eingefroren und lediglich für künftige Anwartschaftszeiträume das neue System gewählt, sind für die Anwendung des § 67 Abs. 6 EStG 1988 nur Zeiträume bis zum Übertrittsstichtag maßgeblich (hinsichtlich der Berücksichtigung der Vordienstzeiten siehe Rz 1087f).
Beispiel:
Am 1. März 2003 erfolgt der Übertritt in das neue System. Das Dienstverhältnis hat am 1. Februar 1992 begonnen und wird am 15. Februar 2014 beendet. Gemäß § 67 Abs. 6 EStG 1988 sind nur Zeiten bis zum 1. März 2003 zu berücksichtigen (ohne Vordienstzeiten 11 Jahre, 1 Monat).
Wird bei Beendigung des Dienstverhältnisses eine freiwillige Abfertigung gezahlt, ist davon gemäß § 67 Abs. 6 Z 1 und 2 EStG 1988 mit 6% zu versteuern:
Bei Auszahlung vor dem 01.03.2014:
- ein Viertel der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate (siehe Rz 1087a)
- zuzüglich 4/12 der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate (Dienstverhältnis vom 1. Februar 1992 bis 1. März 2003 = 11 Jahre)
Bei Auszahlung nach dem 28.02.2014:
- ein Viertel der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate; höchstens das Neunfache der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 ASVG
- zuzüglich 4/12 der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate (Dienstverhältnis vom 1. Februar 1992 bis 1. März 2003 = 11 Jahre); höchstens 4 mal das Dreifache der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 ASVG.
1087d
Wurden (gesetzliche) Altabfertigungsanwartschaften für das bisherige Dienstverhältnis im höchstmöglichen Ausmaß übertragen (§ 26 Z 7 EStG 1988), steht demnach die Begünstigung gemäß § 67 Abs. 6 Z 1 EStG 1988 (ein Viertel der laufenden Bezüge der letzten zwölf Monate) für freiwillige Abfertigungen zu. (Es kann regelmäßig davon ausgegangen werden, dass ein bestimmter Zeitraum, wenn auch ein sehr kurzer, nicht berücksichtigt wird – hinsichtlich der Berücksichtigung der Vordienstzeiten siehe Rz 1087f). Eine Begünstigung gemäß § 67 Abs. 6 Z 2 EStG 1988 ist nicht möglich.
Beispiel:
Der Abfertigungsanspruch des Arbeitnehmers zum Zeitpunkt der Übertragung beträgt 4 Monatsentgelte (die bisherige Dauer des Dienstverhältnisses beträgt 11 Jahre). Es wird der gesamte gesetzliche Abfertigungsanspruch im Ausmaß von 4 Monatsentgelten in eine Betriebliche Vorsorgekasse übertragen.
Wird bei Beendigung des Dienstverhältnisses eine freiwillige Abfertigung gezahlt, ist davon gemäß § 67 Abs. 6 EStG 1988 ein Viertel der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate, höchstens das Neunfache der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 ASVG mit 6% zu versteuern (siehe Rz 1087a).
1087e
Wird zur vollen Übertragung bestehender Anwartschaften an eine Betriebliche Vorsorgekasse nicht der gesamte zum Zeitpunkt der Übertragung bestehende (fiktive) kollektivvertragliche oder gesetzliche Abfertigungsanspruch übertragen, steht die Begünstigung des § 67 Abs. 6 Z 2 EStG 1988 auch dann zu, wenn an Stelle des vertraglich vereinbarten „nachzuschießenden“ Betrages eine freiwillige Abfertigung gezahlt wird. Der Übertragungsbetrag (einschließlich Verzugszinsen) vermindert den gemäß § 67 Abs. 6 Z 2 EStG 1988 begünstigt zu versteuernden Betrag (hinsichtlich der Berücksichtigung der Vordienstzeiten siehe Rz 1087f).
Beispiel:
Der Abfertigungsanspruch des Arbeitnehmers zum Zeitpunkt der Übertragung beträgt 4 Monatsentgelte (die bisherige Dauer des Dienstverhältnisses beträgt 11 Jahre). Übertragen werden 60% dieses fiktiven Anspruches. Der Arbeitgeber ist vertraglich verpflichtet 40% dieses fiktiven Anspruches als freiwillige Abfertigung zu leisten, wenn der Arbeitnehmer innerhalb von 5 Jahren nach der Übertragung gekündigt wird.
Gemäß § 67 Abs. 6 EStG 1988 sind bei Beendigung des Dienstverhältnisses mit 6% zu versteuern:
Bei Auszahlung vor dem 01.03.2014:
- ein Viertel der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate (siehe Rz 1087a)
- zuzüglich 4/12 der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate (Dienstverhältnis elf Jahre); abzüglich des Betrages, der zur Übertragung von Altabfertigungsansprüchen in die Betriebliche Vorsorgekasse geleistet wurde.
Bei Auszahlung nach dem 28.02.2014:
- ein Viertel der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate; höchstens das Neunfache der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 ASVG
- zuzüglich 4/12 der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate; höchstens 4 mal das Dreifache der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 ASVG; abzüglich des Betrages, der zur Übertragung von Altabfertigungsansprüchen in die Betriebliche Vorsorgekasse geleistet wurde.
1087f
Wird ein Teil der Altabfertigungsanwartschaften an eine Betriebliche Vorsorgekasse übertragen und ein Teil eingefroren, kann analog zur Regelung gemäß § 26 Z 7 lit. d EStG 1988 (Rz 766f) die Begünstigung des § 67 Abs. 6 EStG 1988 nur hinsichtlich des nicht übertragenen (eingefrorenen) Teiles angewendet werden. Dabei vermindert der Übertragungsbetrag (einschließlich Verzugszinsen) den gemäß § 67 Abs. 6 Z 2 EStG 1988 begünstigt zu versteuernden Betrag.
Beispiel:
Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbaren mit 1. März 2003 den Übertritt in das neue System. Der gesetzliche Abfertigungsanspruch des Arbeitnehmers zum Zeitpunkt des Übertritts beträgt 4 Monatsentgelte (die bisherige Dauer des Dienstverhältnisses beträgt 11 Jahre). Zur Anwartschaftsabfindung (für die Dauer des bisherigen Dienstverhältnisses) werden für einen Zeitraum von fünf Jahren drei Monatsentgelte in eine Betriebliche Vorsorgekasse übertragen. Bei Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis wird eine freiwillige Abfertigung im Ausmaß von 6 Monatsentgelten gewährt, die dem Arbeitnehmer als Anrechnung von Vordienstzeiten zugesichert wurde. Der Arbeitnehmer weist Dienstzeiten im Ausmaß von 8 Jahren nach – für diesen Zeitraum wurde bisher keine Abfertigungszahlung geleistet.
Gemäß § 67 Abs. 6 EStG 1988 sind bei Beendigung des Dienstverhältnisses mit 6% zu versteuern:
Bei Auszahlung vor dem 01.03.2014:
- ein Viertel der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate (siehe Rz 1087a)
- zuzüglich 6/12 der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate (Dienstverhältnis 11 Jahre, Vordienstzeiten 8 Jahre, zusammen 19 Jahre); abzüglich des Betrages, der zur Übertragung von Altabfertigungsansprüchen in die Betriebliche Vorsorgekasse geleistet wurde.
Bei Auszahlung nach dem 28.02.2014:
- ein Viertel der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate; höchstens das Neunfache der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 ASVG
- zuzüglich 6/12 der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate (Dienstverhältnis 11 Jahre, Vordienstzeiten 8 Jahre, zusammen 19 Jahre); höchstens 6 mal das Dreifache der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 ASVG; abzüglich des Betrages, der zur Übertragung von Altabfertigungsansprüchen in die Betriebliche Vorsorgekasse geleistet wurde.
1087g
Kollektivvertragliche Abfertigungsansprüche, die nach dem Übertrittsstichtag entstehen, können nicht nach § 67 Abs. 6 EStG 1988 begünstigt versteuert werden.
1087h
Fällt der Beginn eines Dienstverhältnisses bereits in das neue System, ist die Begünstigung des § 67 Abs. 6 EStG 1988 zur Gänze nicht mehr anzuwenden. Dennoch handelt es sich um sonstige Bezüge iSd § 67 Abs. 6 EStG 1988. Es können daher auch keine Vordienstzeiten berücksichtigt werden. Keine Möglichkeit § 67 Abs. 6 EStG 1988 anzuwenden besteht daher für jene Fälle, die nach dem altem System auf Grund einer Selbstkündigung den Anspruch auf eine gesetzliche Abfertigung verloren haben und durch die Aufnahme einer Tätigkeit bereits in das neue System zwingend wechseln und vom nachfolgenden Arbeitgeber eine freiwillige Abfertigung zur Abdeckung der „verlorenen“ gesetzlichen Abfertigungsansprüche erhalten.
1087i
Maßgeblich für die Berechnung der Begünstigung nach § 67 Abs. 6 EStG 1988 ist auch bei Übertritt in das neue Abfertigungssystem während des Dienstverhältnisses (sowohl bei voller als auch teilweiser Übertragung von Altabfertigungsanwartschaften in eine Betriebliche Vorsorgekasse) die Höhe der Bezüge zum Zeitpunkt der Beendigung des Dienstverhältnisses.
1087j
Sind für Personen die Bestimmungen des BMSVG, in der Fassung des BGBl. I Nr. 102/2007, nicht anzuwenden, steht die Begünstigung des § 67 Abs. 6 EStG 1988 für freiwillige Abfertigungen weiterhin zu.
19.6.2 Berechnung des Viertels der laufenden Bezüge
1088
Hat das Dienstverhältnis kürzer als zwölf Monate gedauert, dürfen für die Berechnung des Viertels der laufenden Bezüge der letzten zwölf Monate grundsätzlich weder Bezüge aus einem anderen Dienstverhältnis herangezogen werden, noch darf eine Umrechnung der laufenden Bezüge auf zwölf fiktive Monatsbezüge erfolgen (VwGH 19.12.1990, 89/13/0083). Eine Ausnahme bildet eine Konzernversetzung innerhalb des letzten Dienstjahres. Falls hier die Dienstjahre beim Konzernbetrieb A beim Konzernbetrieb B angerechnet werden, kann unter Bedachtnahme auf die vorhergehende Konzernversetzung, die eine enge Verknüpfung bei der gesetzlichen Abfertigung zulässt (siehe Rz 1073), die Berechnung des Viertels der laufenden Bezüge der letzten zwölf Monate, unter Berücksichtigung der beim Konzernbetrieb A erhaltenen Monatsbezüge, vorgenommen werden. Hat das Dienstverhältnis länger als zwölf Monate gedauert und sind innerhalb der letzten zwölf Monate zB infolge Präsenzdienst, Ausbildungsdienst, Krankheit, Altersteilzeit, Mutterschutz oder Karenzurlaub geringere oder gar keine Bezüge ausbezahlt worden, ist die Beurteilung von dem Zeitraum zurückgehend vorzunehmen, für den letztmalig die vollen laufenden Bezüge angefallen sind.
Bei der Berechnung der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate gemäß § 67 Abs. 6 EStG 1988 können steuerfreie Bezüge gemäß § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 miteinbezogen werden, nicht hingegen Kostenersätze gemäß § 26 Z 4 EStG 1988. Es bestehen keine Bedenken, wenn eine nachträgliche Aufteilung der Reiseaufwandsentschädigungen (Ersätze gemäß § 26 Z 4 EStG 1988 und Reiseaufwandsentschädigungen gemäß § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988) in einer Näherungsrechnung vorgenommen wird.
19.6.3 Zusätzliche Begünstigung für freiwillige Abfertigungen
1089
Die Begünstigung des § 67 Abs. 6 Z 2 EStG 1988 kommt nur bei Gewährung einer freiwilligen Abfertigung zur Anwendung. Sie hängt ausschließlich davon ab, ob und inwieweit der Arbeitnehmer seine Dienstzeit nachweist. Da das Gesetz nur von Dienstzeit spricht, ist es gleichgültig, ob diese Dienstzeit bei ein und demselben Arbeitgeber bzw. bei verschiedenen Arbeitgebern verbracht worden ist. Sofern ein geeigneter Nachweis über die geleistete Dienstzeit und die ausbezahlten bzw. nicht bezahlten Abfertigungen erbracht wird, können selbst Dienstzeiten bei ausländischen Arbeitgebern berücksichtigt werden. Auch Dienstzeiten bei einem früheren Arbeitgeber für ein durch Karenzierung unterbrochenes Dienstverhältnis dürfen bei der Begünstigung des § 67 Abs. 6 Z 2 EStG 1988 nicht unberücksichtigt bleiben (VwGH 2.8.2000, 99/13/0106).
1089a
Aus dem Wortlaut des § 67 Abs. 6 EStG 1988 ergeben sich in Bezug auf die Abfertigungsansprüche zwei Kürzungskomponenten:
- Die während der in § 67 Abs. 6 Z 2 EStG 1988 genannten nachgewiesenen Dienstzeit bereits erhaltenen Abfertigungen im Sinne des § 67 Abs. 3 EStG 1988 oder gemäß § 67 Abs. 6 EStG 1988, sowie
- die bestehenden Ansprüche auf Abfertigungen im Sinne des § 67 Abs. 3 EStG 1988 (vgl. VwGH 13.9.1988, 87/14/0146; VwGH 2.8.2000, 99/13/0106).
- Die Begünstigung für ein Viertel der laufenden Bezüge der letzten zwölf Kalendermonate (§ 67 Abs. 6 Z 1 EStG 1988) bleibt auch bei Anwendung der Kürzungskomponenten bestehen.
19.6.4 Überschreiten der Begünstigungsgrenzen
1090
Überschreiten Abfindungen bzw. freiwillige Abfertigungen die Grenzen des § 67 Abs. 6 Z 1 und 2 EStG 1988, sind sie wie ein laufender Bezug im Zeitpunkt des Zufließens nach dem Lohnsteuertarif des jeweiligen Kalendermonats der Besteuerung zu unterziehen.
Wird das Dienstverhältnis während des Kalendermonats beendet und werden im Zuge der Beendigung Bezüge gemäß § 67 Abs. 6 EStG 1988, die zum Tarif zu versteuern sind, ausgezahlt, sind diese Bezüge den laufenden Bezügen des Kalendermonats zuzurechnen und gemeinsam nach dem Monatstarif (unter Berücksichtigung eines monatlichen Lohnzahlungszeitraumes) zu versteuern. In diesem Fall ist am Lohnzettel als Zeitpunkt der Beendigung des Dienstverhältnisses der Tag der tatsächlichen Beendigung des Dienstverhältnisses (arbeitsrechtliches Ende) anzuführen.
Beispiel:
Ein Arbeitnehmer beendet nach 10-jähriger Tätigkeit am 3. Februar 2002 das Dienstverhältnis. Der laufende Bezug für den Monat Februar 2002 beträgt 300 Euro (Lohnsteuerbemessungsgrundlage), der nach dem Tarif zu versteuernde Teil der freiwilligen Abfertigung beträgt 1.500 Euro. Auf den Betrag von 1.800 Euro ist die Monatstabelle anzuwenden. Der Lohnzettel ist für den Zeitraum vom 1. Jänner 2002 bis 3. Februar 2002 auszustellen.
19.7 Prämien für Verbesserungsvorschläge und Vergütungen für Diensterfindungen (§ 67 Abs. 7 EStG 1988)
19.7.1 Allgemeines
1091
Die Steuerbegünstigung gemäß § 67 Abs. 7 EStG 1988 gilt letztmalig für das Jahr 2015, die Rz 1091 bis 1099 sind daher nur bis zum Veranlagungsjahr 2015 anzuwenden.
Derartige Zahlungen sind unabhängig von der Anzahl der Auszahlungen innerhalb eines eigenen zusätzlichen um 15% erhöhten Jahressechstels und somit neben dem Jahressechstel für sonstige Bezüge mit dem Steuersatz in Höhe von 6% zu besteuern. Die Berechnung dieses zusätzlichen um 15% erhöhten Sechstels hat in gleicher Weise zu erfolgen wie die des Jahressechstels für sonstige Bezüge (§ 67 Abs. 1 und 2 EStG 1988). Es sind nur jene laufenden Bezüge heranzuziehen, die vom Arbeitgeber ausbezahlt wurden. Andere Bezüge (zB Krankengeld, Pension, Einkünfte eines anderen Arbeitgebers) sind dabei nicht zu berücksichtigen.
19.7.2 Prämien für Verbesserungsvorschläge
1092
Eine Prämie für einen Verbesserungsvorschlag hat einmaligen Charakter, sodass für ein und denselben Verbesserungsvorschlag eine Prämie nur im Ausmaß eines einzigen um 15% erhöhten Jahressechstels des bezughabenden Kalenderjahres mit 6% zu besteuern ist.
Siehe auch Beispiel Rz 11092.
1093
Bei Prämien für Verbesserungsvorschläge ist formale Voraussetzung, dass sie auf Grund lohngestaltender Vorschriften im Sinne des § 68 Abs. 5 Z 1 bis 7 EStG 1988 gezahlt werden. Es kommen demnach auch innerbetriebliche Vereinbarungen für alle Arbeitnehmer oder für bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern in Betracht. Eine derartige Vorschrift muss Regelungen enthalten, welche die Höhe einer Prämie für Verbesserungsvorschläge zumindest bestimmbar festlegen. Daran kann auch der Umstand nichts ändern, dass die dem einzelnen Arbeitnehmer gebührende Prämie erst im Nachhinein (nach Eintritt der Beurteilbarkeit des Erfolges) feststellbar ist (VwGH 27.1.1998, 93/14/0190).
1093a
Verbesserungsvorschläge im Sinne des § 67 Abs. 7 EStG 1988 müssen Sonderleistungen sein, die über die Dienstpflichten des Vorschlagenden hinausgehen (VwGH 17.9.1996, 92/14/0170) und keine Selbstverständlichkeiten zum Inhalt haben (VwGH 13.10.1993, 92/13/0183). Ein Geschäftsführer einer GmbH ist zur Wahrnehmung von Einsparungsmöglichkeiten jeglicher Art verpflichtet. Daher geht es nicht über die Dienstpflichten des als Dienstnehmer beschäftigten Geschäftsführers hinaus und führt folglich auch zu keiner Begünstigung des § 67 Abs. 7 EStG 1988, wenn er eine Verbesserung selbst vornimmt (VwGH 22.10.1997, 95/13/0212; VwGH 26.9.2000, 99/13/0165). Nach dem zuletzt genannten Erkenntnis des VwGH obliegt es demjenigen, der eine abgabenrechtliche Begünstigung in Anspruch nimmt, selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels die Umstände darzulegen, die für die Begünstigung sprechen. Keinesfalls können Prämien für zukünftige oder in Ausarbeitung befindliche Verbesserungsvorschläge nach den Vorschriften des § 67 Abs. 7 EStG 1988 besteuert werden.
Siehe auch Beispiel Rz 11093a.
19.7.3 Vergütungen für Diensterfindungen
1094
Eine Erfindung des Dienstnehmers ist gemäß § 7 Abs. 3 Patentgesetz 1970, BGBl. Nr. 259/1970, nur dann eine Diensterfindung, wenn sie ihrem Gegenstand nach in das Arbeitsgebiet des Unternehmens, in dem der Dienstnehmer tätig ist, fällt, und wenn
- entweder die Tätigkeit, die zu der Erfindung geführt hat, zu den dienstlichen Obliegenheiten des Dienstnehmers gehört oder
- wenn der Dienstnehmer die Anregung zu dieser Erfindung durch seine Tätigkeit in dem Unternehmen erhalten hat oder
- das Zustandekommen der Erfindung durch die Benützung der Erfahrungen oder Hilfsmittel des Unternehmens wesentlich erleichtert worden ist.
1095
Vereinbarungen über im zeitlichen und sachlichen Rahmen eines Dienstverhältnisses gemachte Erfindungen, die zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer abgeschlossen werden, sind Bestandteile des Dienstvertrages und die für diese Erfindungen vom Arbeitgeber an den Arbeitnehmer gezahlten Vergütungen Teile des Arbeitslohnes (VwGH 19.1.1962, 1578/59).
1096
Werden Vergütungen für ein und dieselbe patentierte (patentierungsfähige) Diensterfindung durch mehrere Jahre hindurch gewährt, steht ein zusätzliches um 15% erhöhtes Jahressechstel in jedem dieser Kalenderjahre zu. Dies entspricht § 8 Abs. 1 des Patentgesetzes, wonach dem Arbeitnehmer für die Überlassung einer von ihm gemachten Erfindung an den Arbeitgeber sowie für die Einräumung eines Benützungsrechtes hinsichtlich einer solchen Erfindung eine angemessene besondere Vergütung gebührt.
1097
Die bloße Behauptung, dass die auf Anregung eines Arbeitnehmers im Betrieb durchgeführten Verbesserungen als Diensterfindungen anzusehen sind, die jedoch bewusst nicht patentiert wurden, reicht für eine Anwendung des § 67 Abs. 7 EStG 1988 nicht aus. Wird nicht einmal der Versuch eines Nachweises erbracht, dass es sich um patentierungsfähige Erfindungen handelt, können diese angeblichen Verbesserungen nicht als Diensterfindungen anerkannt werden (VwGH 8.10.1963, 0947/61). Das Vorliegen einer Patenterteilung oder gar einer österreichischen Patenterteilung verlangt das Gesetz nicht. Software kommt als Diensterfindung nicht in Betracht (vgl. VwGH 5.4.1989, 87/13/0171).
1098
Hat eine GmbH als alleinige Aufgabe die handelsrechtliche Geschäftsführung einer GmbH & Co KG, sind Erfindungen ihrer Geschäftsführer nur dann als Diensterfindungen anzusehen, wenn sie bei der von ihnen in ihrer Eigenschaft als Geschäftsführer der GmbH entfalteten Tätigkeit gemacht wurden. Wurden die bei der Entwicklung der Erfindung aufgelaufenen Kosten als Betriebsausgaben der Kommanditgesellschaft geltend gemacht, so spricht dies gegen das Vorliegen einer Diensterfindung der Geschäftsführer im Rahmen ihres Dienstverhältnisses zur GmbH (vgl. VwGH 8.5.1984, 83/14/0115, 0119).
1099
Ist eine Diensterfindungsvergütung zur Gänze nach dem Tarif zu versteuern (§ 67 Abs. 10 EStG 1988), weil dem Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Auszahlung zB wegen Pensionierung oder Arbeitgeberwechsel keine laufenden Bezüge aus dem früheren Dienstverhältnis mehr zugeflossen sind, kann beim FA im Zuge der Einkommensteuerveranlagung der ermäßigte Steuersatz gemäß § 37 Abs. 1 EStG 1988 für derartige Diensterfindungsvergütungen angewendet werden, wenn die Voraussetzungen des § 38 EStG 1988 vorliegen (siehe auch Rz 7345 EStR 2000).