19.2. Entstehung der Steuerschuld
19.2.1. Lieferungen und sonstige Leistungen
19.2.1.1. Anzahlungen
2606
Zahlungen, die vor Ausführung der Leistung entrichtet werden, sind auch bei der Sollversteuerung jedenfalls im Zeitpunkt ihrer Vereinnahmung zu versteuern (Mindest – Istbesteuerung). Dies gilt auch für Tauschgeschäfte oder tauschähnliche Umsätze, bei denen die Gegenleistung nicht in einer Geldzahlung, sondern einer Sachleistung besteht (siehe hierzu auch EuGH 19.12.2012, Rs C-549/11, Orfey Balgaria EOOD).
Diese Regelung ist nicht anzuwenden, wenn die Zahlung des Entgeltes auf einem Vertrag beruht, der vor dem 1. Jänner 1995 abgeschlossen worden ist und keine Rechnung mit gesondertem Ausweis der Steuer erteilt wurde.
2607
Anzahlungen sind nur zu versteuern, wenn diese mit einer konkreten Leistung im Zusammenhang stehen. Sie sind auch dann steuerbar, wenn keine Rechnung vorliegt.
Anzahlungen – Einzelfälle:
- Beherbergungsgewerbe: Die Umsatzversteuerung der Anzahlungen kann unterbleiben, wenn diese im Beherbergungsgewerbe 35% des zu versteuernden Leistungspreises nicht überschreiten. Betragen die Anzahlungen mehr als 35%, so sind die Anzahlungen zur Gänze zu versteuern.
Beispiel:
Endgültiger Hotelpreis 490 Euro, Anzahlung 50 Euro.
Anzahlung unter 35% des endgültigen Beherbergungspreises und somit nicht zu versteuern.
- Grund- und Baukostenbeiträge, die vom Nutzungsberechtigten zur Finanzierung eines Bauvorhabens vereinnahmt werden (zB Finanzierungsbeiträge nach § 14 WGG oder § 69 WWSFG 89), sind nicht als Anzahlung anzusehen, wenn im Falle der Auflösung des Vertrages nicht verwohnte Beiträge zurückzuzahlen sind (§ 17 Abs. 4 WGG).
- Gutschein:
- Rechtslage für bis 31.12.2018 ausgestellte Gutscheine
Das Entgelt für die Veräußerung eines Gutscheines ist keine Anzahlung.
Ausnahme: Die Veräußerung des Gutscheines erfolgt in Bezug auf eine konkrete Leistung.
Beispiele für keine Anzahlung:
Gutschein einer Handelskette über 100 Euro für zukünftigen Wareneinkauf.
Gutschein eines Reisebüros über 1.000 Euro für eine noch auszusuchende Reise.
Gutschein für ein beliebiges Hotel einer Hotelkette.
Beispiele für Anzahlung:
Gutschein eines Theaters für den Besuch einer am Gutschein genau bezeichneten Theatervorstellung.
Gutschein für ein bestimmtes Hotel einer Hotelkette (VwGH 22.3.2010, 2005/15/0117).
Rechtslage für ab 1.1.2019 ausgestellte Gutscheine
- Einzweckgutschein: Die entgeltliche Übertragung eines Einzweckgutscheins gilt bereits als Erbringung der darin bezeichneten Leistung und unterliegt der Besteuerung nach den allgemeinen Besteuerungsvorschriften (Soll- oder Istbesteuerung).
- Mehrzweckgutschein: Die entgeltliche Übertragung eines Mehrzweckgutscheins stellt keinen steuerbaren Vorgang dar und unterliegt deshalb weder der Anzahlungsbesteuerung noch der Besteuerung nach den allgemeinen Besteuerungsvorschriften (Soll- oder Istbesteuerung).
Zu Gutscheinen im Sinne des Art. 30a MwSt-RL 2006/112/EG idF RL (EU) 2016/1065 im Allgemeinen sowie zur Bemessungsgrundlage siehe Rz 4 und Rz 683.
- Kautionen, die als Sicherheitsleistung im Hinblick auf die Erfüllung vertraglicher Verpflichtungen hingegeben werden, insbesondere bei Leasingverträgen (Mietverträgen) sind nicht umsatzsteuerbar, weil diese noch nicht im Zusammenhang mit einer konkreten Leistung stehen.
- Rücklage zum Instandhaltungsfonds bei Wohnungseigentümergemeinschaften: Die Zahlungen zu dieser Rücklage sind keine Anzahlungen.
19.2.1.2. Zeitpunkt der Leistungserbringung (Leistungsabgrenzung)
2608
Der Frage, wann eine Lieferung oder sonstige Leistung erbracht ist, kommt insbesondere wegen des Entstehens der Steuerschuld Bedeutung zu.
2609
Die Lieferung einer Maschine und die nachfolgende in dem Aufstellen der Maschine bestehende Bearbeitung ist umsatzsteuerrechtlich als eine Lieferung zu betrachten, die erst mit der Übergabe des fertigen Werkes erfüllt ist. Eine andere rechtliche Beurteilung kann nur für Fälle vertreten werden, in denen der Wille des Bestellers von vornherein nur auf die Lieferung, nicht auch auf die nachfolgende Bearbeitung des gelieferten Gegenstandes gerichtet ist und die nachfolgende Bearbeitung der gelieferten Ware durch den Lieferer erst auf einem späteren, nach Erbringung der Lieferung gefassten Willensentschluss des Bestellers beruht (VwGH 22.6.1967, 0153/65)
2610
Eine besondere Stellung nehmen Leistungen aus einem Bestandvertrag ein, die über einen längeren Zeitraum erbracht werden. Bei derartigen Leistungen ist davon auszugehen, dass sie anteilig in allen Voranmeldungszeiträumen erbracht werden, in denen die Benützung des Bestandobjektes geduldet wird.
Grund- und Baukostenbeiträge (Finanzierungsbeiträge), die nicht als Anzahlungen anzusehen sind (siehe Rz 2607 zweiter Punkt), sind nicht bereits im Zeitpunkt der Entrichtung, sondern erst nach Maßgabe der Verwohnung zu versteuern. Das Ausmaß der jährlichen Verwohnung richtet sich nach der aufgrund der Wohnrechtsgesetzgebung vorgesehenen jährlichen Abschreibung der Finanzierungsbeiträge.
Durch die Wohnrechtsnovelle 2000, BGBl. I Nr. 36/2000, wurde eine Änderung der jährlichen Abschreibung der Finanzierungsbeiträge nach dem WGG von 2% auf 1% vorgenommen. Weiters wurde für den Fall der Auflösung des Miet- (oder sonstige Nutzungs-)Verhältnisses ein unbedingter Anspruch des ausscheidenden Mieters auf Rückzahlung der von ihm geleisteten Finanzierungsbeiträge abzüglich Abschreibung gegenüber der Bauvereinigung geschaffen. Umsatzsteuerrechtlich ergeben sich dadurch folgende Auswirkungen:
- Neumieten
- Aufgrund der Wohnrechtsnovelle 2000 wurde der jährliche Abschreibungssatz für Miet- (oder sonstige Nutzungs-)Verhältnisse in Baulichkeiten, die ab 1. Juli 2000 bezogen worden sind, mit 1% festgesetzt (§ 17 Abs. 4 WGG). Eine Aufwertung der Finanzierungsbeiträge für Zwecke des Mieterwechsels hat nicht mehr zu erfolgen. Daraus ergibt sich, dass für solche Mietverhältnisse eine jährliche Verwohnung und somit Versteuerung der Finanzierungsbeiträge in Höhe von 1% zu erfolgen hat. Im Falle einer Auflösung des Mietverhältnisses hat der ausscheidende Mieter Anspruch auf die von ihm geleisteten Finanzierungsbeiträge abzüglich der jährlichen 1-prozentigen Abschreibung. Vom Neumieter darf dieser Betrag verlangt werden (§ 17 Abs. 1 und 2 WGG). Die Rückzahlung dieser nicht verwohnten Finanzierungsbeiträge hat – da sie bisher nicht versteuert wurden – keine umsatzsteuerliche Konsequenz. Die vom Neumieter in derselben Höhe bezahlten Finanzierungsbeiträge sind nach Maßgabe der jährlichen 1%igen Verwohnung zu versteuern (1% vom ursprünglichen Finanzierungsbeitrag).
- Altmieten
- Für Mietverhältnisse in Baulichkeiten, die vor dem 1. Juli 2000 bezogen worden sind, ist nach der Wohnrechtsnovelle 2000 wie folgt vorzugehen:
Gemäß § 39 Abs. 27 WGG hat der bisherige Mieter im Falle der Auflösung des Mietverhältnisses bis 31. Dezember 2000 Anspruch auf Rückzahlung der von ihm geleisteten Finanzierungsbeiträge abzüglich der bisher vorgesehenen jährlichen 2%igen Abschreibung zuzüglich eines Aufwertungsbetrages nach § 17 Abs. 4 WGG in der Fassung vor der Wohnrechtsnovelle 2000. Im Falle der Auflösung des Mietverhältnisses ab 1. Jänner 2001 vermindert sich der so ermittelte Betrag um eine jährliche Abschreibung von 1%. Vom Neumieter darf dieser Betrag verlangt werden.
Die auch buchmäßig von der Bauvereinigung darzustellende Aufwertung hat, solange kein Mieterwechsel stattfindet, keinen Einfluss auf die Ermittlung des jährlich zu versteuernden Anteils des Finanzierungsbeitrages. Da jedoch ab 1. Jänner 2001 auch für diese Altmieten eine Umstellung auf die 1-prozentige Abschreibung des noch nicht abgeschriebenen (noch nicht verwohnten) Finanzierungsbeitrages erfolgt, ist auch umsatzsteuerlich auf die jährlich 1%ige Versteuerung des zum 1.Jänner 2001 noch nicht abgeschriebenen (noch nicht verwohnten) Finanzierungsbeitrages (ohne Aufwertung) umzustellen.
Kommt es zur Auflösung des Mietverhältnisses und Begründung eines Mietverhältnisses mit einem neuen Mieter ist für die Umsatzversteuerung des Finanzierungsbeitrages (nach Maßgabe der Verwohnung) nunmehr von dem vom Neumieter verlangten Betrag (also einschließlich Aufwertung) auszugehen. Der Aufwertungsbetrag ist deshalb in die Besteuerung einzubeziehen, weil dieser Betrag vom Nachfolgemieter an die Bauvereinigung tatsächlich zu entrichten ist (§ 17 Abs. 2 WGG).
Beispiel:
Erstbezug Anfang Jänner 1991, Mieterwechsel Ende Dezember 2010.
Der ursprüngliche Mieter leistete im Jahr des Erstbezuges 1991 einen Finanzierungsbeitrag von 275.206 Schilling (umgerechnet 20.000 Euro). Zum 1.1.2001 waren bereits 55.041,20 Schilling (umgerechnet 4.000 Euro) verwohnt (2% jährlich); ergibt einen noch nicht verwohnten Wert von 220.164,80 Schilling (umgerechnet 16.000 Euro) zuzüglich die zum 1.1.2001 vorzunehmende Aufwertung von angenommen 41.280,90 Schilling (umgerechnet 3.000 Euro). Die Bauvereinigung hat in den Jahren 2001 bis 2010 eine Umsatzversteuerung nach Maßgabe der Verwohnung in Höhe von je 1% von 16.000 Euro vorzunehmen.
Ab dem Jahr 2011 (also nach dem Mieterwechsel) hat die Bauvereinigung eine Versteuerung von jährlich 1% von 19.000 Euro für die verbleibende Abschreibungsdauer von 90 Jahren (also bis zum Jahr 2100) vorzunehmen.
2610a
Veräußert der Insolvenzverwalter Grundstücke im Rahmen eines freihändigen Verkaufs und wird für die Steuerpflicht dieser Lieferungen optiert, so entsteht die Steuerschuld bei Sollbesteuerung mit Ablauf des Kalendermonates, in dem die Genehmigung des Kaufvertrages durch das Insolvenzgericht erfolgt, bzw. bei späterer Rechnungslegung mit Ablauf des darauf folgenden Monates, bei Istbesteuerung mit Ablauf des Monates der Vereinnahmung des Entgelts, auch wenn insoweit Verfügungsbeschränkungen bestehen.
19.2.1.3. Teilleistungen in der Bauwirtschaft
2611
Eine Werklieferung in der Bauwirtschaft, die auf dem Grund und Boden des Auftraggebers als Gesamtleistung geschuldet wird, ist bewirkt, wenn der Auftraggeber die Verfügungsmacht am fertigen Werk erhält.
2612
Wird das Werk nicht im Ganzen, sondern in Teilen geschuldet und geliefert, so unterliegen die ausgeführten Teillieferungen der Umsatzsteuer.
2613
Teillieferungen können angenommen werden, wenn
1. die geschuldete Werklieferung nach wirtschaftlicher Betrachtung teilbar ist,
2. die Teile der Werklieferung abgenommen worden sind,
3. vor der Abnahme vereinbart worden ist, dass für die Teile der Werklieferung ein entsprechendes Teilentgelt zu zahlen ist,
4. das Teilentgelt gesondert und endgültig abgerechnet wird; die Teilabrechnung kann auch nach der Abnahme erfolgen.
Zeitpunkt der Teillieferung ist der Zeitpunkt der Abnahme.
2614
Ist als Gesamtentgelt für eine Werklieferung (zB die Fliesenlegerarbeiten an einem Wohnblock) eine Pauschalsumme vereinbart, so ist im allgemeinen davon auszugehen, dass die Werklieferung nicht in Teilen, sondern im ganzen geschuldet wird.
2615
Setzt sich der Pauschalpreis für eine Bauanlage aus verschiedenen Einzelpauschalpreisen zusammen (zB der Pauschalpreis für eine Wohnanlage aus Pauschalpreisen für die einzelnen Wohngebäude der Anlage), so können Teillieferungen angenommen werden.
2616
Der Annahme von Teillieferungen steht grundsätzlich nicht entgegen, dass die Gewährleistungsfristen zu unterschiedlichen Zeitpunkten jeweils bei der Abnahme der einzelnen Teile beginnen, jedoch zu einem besonders vereinbarten einheitlichen Zeitpunkt enden.
2617
Teillieferungen liegen nicht vor, wenn das Gesamtwerk abgenommen, jedoch auf die Abnahme der Teile verzichtet wird.
Beispiele zur Teilbarkeit von Werklieferungen:
Beispiel 1:
Ein Unternehmer wird beauftragt, in einem Wohnhaus Parkettfußböden zu legen. In der Auftragsbestätigung sind die Materialkosten getrennt ausgewiesen. Der Auftragnehmer versendet die Materialien vor dem 1. Jänner zum Bestimmungsort und führt die Parkettarbeiten im nächsten Jahr aus.
Gegenstand der Werklieferung ist der fertige Parkettfußboden. Die Werklieferung bildet eine wirtschaftliche Einheit, die nicht in eine vor dem 1. Jänner ausgeführte Materiallieferung und in eine nach dem 31. Dezember zu erbringende Werkleistung zerlegt werden kann.
Beispiel 2:
Ein Bauunternehmer hat sich als Generalunternehmer verpflichtet, 15 nacheinander zu errichtende Wohnhäuser schlüsselfertig zu liefern. Für die einzelnen Wohnhäuser sind Pauschalpreise vereinbart. Vier Wohnhäuser werden noch im selben Jahr fertig gestellt und abgenommen. Sie werden getrennt abgerechnet.
Es handelt sich um Teillieferungen, die im Jahr der Fertigstellung der USt unterliegen.
Um Teillieferungen handelt es sich im Beispielsfalle auch, wenn der Unternehmer für sämtliche Wohnhäuser lediglich bestimmte Arbeiten übernommen hat (zB Maurer- und Betonarbeiten, Außenputzarbeiten, Zimmererarbeiten, Dachdeckerarbeiten, Zentralheizungs- und Lüftungsbauarbeiten, Spenglerarbeiten, Putz- und Stuckateurarbeiten, Fliesen- und Plattenarbeiten, Schlosserarbeiten, Glaserarbeiten). Das gilt auch, wenn die einzelnen Arbeiten nicht zu Pauschalpreisen, sondern zu Einheitspreisen vergeben werden.
Beispiel 3:
Ein Bauunternehmer hat an einem Einfamilienhaus folgende Arbeiten übernommen: Herstellung des Rohbaues sowie Innen- und Außenputz. Nach Fertigstellung des Rohbaues im Jahr 2000 wird dieser abgenommen und abgerechnet. Erfolgt die Abnahme im Jahr 2000 und liegt eine entsprechende Teilentgeltsvereinbarung vor, so ist die Teillieferung im Jahr 2000 zu versteuern.
Eine nach wirtschaftlicher Betrachtung teilbare Werklieferung wäre im Beispielsfall nicht gegeben, soweit der Bauunternehmer seine Arbeiten im Jahr 2000 lediglich am Kellergeschoß und teilweise am Erdgeschoß vollendet hat.
Beispiel 4:
Ein Bauunternehmer hat an einem zu errichtenden Wohnhaus mit 24 Wohnungen die Bäder und Küchen zu kacheln. Die Arbeiten in 18 Küchen und 19 Bädern werden im Jahr 2000 vollendet. Sie werden im Jahr 2000 abgenommen und abgerechnet.
Die Teillieferung unterliegt der USt.
Nicht teilbar wäre die Werklieferung einer Zentralheizungsanlage für das Wohnhaus.
2618
Beispiele zur Teilbarkeit von Werkleistungen:
Beispiel 1:
Ein Bauunternehmer wird beauftragt, zu Einheitspreisen 500 m Kabelgraben auszuheben und zu verfüllen. Die Kabel werden vom Auftraggeber gestellt. Die Arbeiten werden im Jahr 2000 für 150 m beendet, abgenommen und abgerechnet.
Die Teilleistung unterliegt der USt.
Beispiel 2:
Ein Zimmermeister hat zu Einheitspreisen die Dachstuhlarbeiten an fünf freistehenden Wohnblöcken auszuführen. Das Material wird vom Auftraggeber gestellt. Im Jahr 2000 schließt der Zimmermeister die Arbeiten an zwei Wohnblöcken ab und vereinbart für sie die Zahlung eines entsprechenden Teilentgelts. Die Arbeiten werden im Jahr 2000 gesondert abgenommen und abgerechnet.
Sie unterliegen im Jahr 2000 der USt.
Um eine wirtschaftlich teilbare Werkleistung handelt es sich nicht, soweit der Zimmermeister im Beispielsfall die Dachstuhlarbeiten an einem Wohnblock nur zum Teil ausgeführt hat.
Beispiel 3:
Ein Bauunternehmer hat sich verpflichtet, zu Einheitspreisen die Ausschachtungs- und Verfüllungsarbeiten sowie die Maurer- und Betonarbeiten an einem Wohnblock auszuführen. Im Jahr 2000 werden die Ausschachtungsarbeiten vollendet, abgenommen und abgerechnet.
Diese Arbeiten unterliegen der USt.
19.2.1.4. Sollbesteuerung bei Dauerleistungen
2619
Bei einer Anzahl von Leistungen, die über einen längeren Zeitraum erbracht werden und die in größeren Zeitabständen abgerechnet werden, ist die genaue Feststellung des Zeitpunktes der einzelnen Leistungen und damit eine exakte Steuerabrechnung nach dem Sollsystem jeweils für den Voranmeldungszeitraum, in dem die Steuerschuld entsteht, mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Leistungen, die zu aufeinanderfolgenden Zahlungen Anlass geben, gelten als mit Ablauf des Zeitraums ausgeführt, auf den sich diese Zahlungen beziehen (vgl. EuGH 29.11.2018, Rs C-548/17, baumgarten sports & more GmbH).
Unbeschadet des Rechtes der leistenden Unternehmer, ihre Leistungen jeweils für den Voranmeldungszeitraum zu versteuern, in dem die Steuerschuld entsteht, kann zwecks Vermeidung von Abgrenzungsschwierigkeiten davon ausgegangen werden, dass die nachstehend angeführten Leistungen mit der Rechnungslegung (Abrechnung) ausgeführt sind:
- Leistungen auf Grund von Abonnementverträgen,
- Leistungen auf Grund von Wartungsverträgen,
- die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Urheberrechten (zB Lizenzverträge, Verlagsverträge usw.),
- Leistungen von Handelsvertretern und anderen Vermittlern,
- Leistungen von Schulen, soweit sie steuerpflichtig sind (zB Fahrschulen),
- sonstige Leistungen, die in Teilen innerhalb eines Jahres bewirkt werden, wobei ein einheitliches Entgelt verrechnet wird (zB Leistungen der Rauchfangkehrer),
- Telekomleistungen.
2620
Diese Leistungen können somit nach Maßgabe der Abrechnung versteuert werden, wobei jedoch auch in der Einhebung eines Entgeltes (auch Teilentgeltes, Anzahlung usw.) eine Teilabrechnung zu erblicken ist; die auf das abgerechnete oder das eingehobene Entgelt entfallende Steuer ist für den Voranmeldungszeitraum zu entrichten, in dem die Abrechnung bzw. Vereinnahmung erfolgt.
2621
Soweit der leistende Unternehmer die Steuer nach diesem Verfahren entrichtet, ist er auch berechtigt, dem Leistungsempfänger die Steuer zum Zwecke des Vorsteuerabzuges in der Abrechnung gesondert auszuweisen. Der Leistungsempfänger kann den Vorsteuerabzug in diesem Falle ohne Rücksicht darauf vornehmen, ob er die abgerechnete Leistung bereits zur Gänze erhalten hat oder nicht.
19.2.1.5. Sollbesteuerung bei unbestimmtem Entgelt
2622
Wenn im Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung die genaue Höhe des Entgeltes nicht feststeht (zB bei Übernahme von Getreide oder Weintrauben nach der Ernte durch eine Genossenschaft gegen spätere Abrechnung), so kann aus Vereinfachungsgründen die Versteuerung auf Basis des vorläufig abgerechneten Entgeltes erfolgen, auch wenn mit Sicherheit anzunehmen ist, dass bei der Endabrechnung noch eine weitere Zahlung erfolgen wird. Sollten bis zur Endabrechnung weitere Zahlungen erfolgen, so sind diese gleichfalls laufend zu versteuern. Die endgültige Versteuerung ist anlässlich der Endabrechnung vorzunehmen.
2623
Wird bei der Übernahme der Waren überhaupt kein Entgelt gezahlt, so kann die Versteuerung zunächst nach Maßgabe des voraussichtlichen Entgeltes erfolgen, das erforderlichenfalls zu schätzen ist.
19.2.1.6. Besteuerung der Leistungen von Wohnungseigentümergemeinschaften
2624
Im Zusammenhang mit dem Wohnungseigentumsgesetz 1975 geht die Finanzverwaltung davon aus, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer einzelne Leistungen für den Wohnungseigentümer besorgt und die Besorgung an die Wohnungseigentümer weiterverrechnet. Bei Umsatzversteuerung nach vereinbarten Entgelten ist für den Monat der jeweiligen Erbringung der Besorgungsleistung zu versteuern, bei Umsatzversteuerung nach vereinnahmten Entgelten (§ 17 Abs. 2 UStG 1994) im Monat der Bezahlung. Akontozahlungen für Beträge für die Erhaltung, Verwaltung oder zum Betrieb der im Wohnungseigentum bestehenden Teile und Anlagen einer Liegenschaft sind auch bei der Sollversteuerung im Voranmeldungszeitraum der Akontozahlungen zu versteuern (Erlass des BMF 7.2.1995, 09 4501/3-IV/9/95, AÖF Nr. 87/1995). Damit Zivilrecht und Umsatzsteuerrecht übereinstimmen, bestehen keine Bedenken, auch bei einer Sollversteuerung die auf die Betriebskosten entfallenden Abschlusszahlungen oder Gutschriften im Zeitraum der zivilrechtlichen Fälligkeit zu versteuern.
19.2.1.7. Lieferungen durch Plattformen oder bei Verwendung eines One-Stop-Shops
2625
Zur Entstehung der Steuerschuld von Plattformen nach § 3 Abs. 3a UStG 1994 siehe Rz 385. Für solche Plattformen gelten die untenstehenden Regelungen zur Steuerschuld bei Verwendung des EU-OSS oder IOSS hinsichtlich der Umsätze iSd § 3 Abs. 3a UStG 1994 nicht.
Zur Entstehung der Steuerschuld bei Verwendung des EU-OSS siehe Rz 4300b.
Zur Entstehung der Steuerschuld bei Verwendung des Nicht-EU-OSS siehe Rz 3432.
Zur Entstehung der Steuerschuld bei Verwendung des IOSS siehe Rz 3437.
Randzahlen 2626 bis 2640: derzeit frei.
19.2.2. Eigenverbrauch
Randzahlen 2641 bis 2650: derzeit frei.
19.3. Zu hoher und unberechtigter Steuerausweis
2651
Im Fall des zu hohen Steuerausweises (§ 11 Abs. 12 UStG 1994) und des unberechtigten Steuerausweises (§ 11 Abs. 14 UStG 1994) wird die Umsatzsteuer auf Grund der Rechnung geschuldet (ausgenommen die Leistungen des Unternehmers wurden im betreffenden Steuerjahr ausschließlich an Endverbraucher erbracht, vgl. Rz 1734). Die Steuerschuld entsteht mit Ablauf des Kalendermonates, in dem die Rechnung ausgefolgt worden ist (§ 19 Abs. 3 UStG 1994).
Die Steuerschuld auf Grund der Rechnung entfällt nur dann, wenn der unzutreffende Steuerausweis korrigiert wurde. Zur Rechnungskorrektur im Allgemeinen siehe Rz 1533 f, zur Rechnungskorrektur beim überhöhten Steuerausweis siehe Rz 1735 und Rz 1738, zur Rechnungskorrektur beim unberechtigten Steuerausweis siehe Rz 1771 f.
Durch den Verweis in § 11 Abs. 12 letzter Satz UStG 1994 auf § 16 Abs. 1 UStG 1994 ergibt sich, dass für den Aussteller der Rechnung die Steuerschuld aufgrund der Rechnung zu dem Zeitpunkt (in jenem Voranmeldungszeitraum) wegfällt, in dem die Rechnung berichtigt wird. Für den Aussteller der Rechnung wirkt die Rechnungsberichtigung somit ex nunc, dh. die Steuerschuld des Rechnungsausstellers entfällt durch die spätere Rechnungsberichtigung, nicht etwa rückwirkend auf den Zeitpunkt der Steuerentstehung (VwGH 15.12.2022, Ro 2019/13/0034, mVa VwGH 8.9.2022, Ro 2020/15/0025, und zur insoweit vergleichbaren Regelung des § 14c Abs. 1 iVm § 17 Abs. 1 dUStG mVa BFH 31.5.2017, V B 5/17; 12.10.2016, XI R 43/14).
Randzahlen 2652 bis 2660: derzeit frei.
19.4. Minderung des Entgeltes
Randzahlen 2661 bis 2670: derzeit frei.
19.5. Einfuhrumsatzsteuer
Randzahlen 2671 bis 2680: derzeit frei.
20. Veranlagungszeitraum und Einzelbesteuerung (§ 20 UStG 1994)
20.1. Veranlagungszeitraum
20.1.1. Kalenderjahr als Veranlagungszeitraum
2681
Veranlagungszeitraum ist grundsätzlich das Kalenderjahr. Zu den hievon bestehenden Ausnahmen siehe Rz 2682 bis Rz 2684 und Rz 2711.
20.1.2. Vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr als Veranlagungszeitraum
2682
Der Unternehmer kann dieses unter den Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 UStG 1994 durch eine gegenüber dem Finanzamt abgegebene schriftliche Erklärung als Veranlagungszeitraum wählen (zur Erklärung siehe Rz 2685 und Rz 2686).
2683
Hat sich der Unternehmer für ein abweichendes Wirtschaftsjahr auch auf dem Gebiet der USt entschieden, so ist es ihm nicht möglich, wieder auf das Kalenderjahr als Veranlagungszeitraum für die Umsatzsteuer überzugehen, solange die Gewinnermittlung nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr erfolgt.
2684
Fallen die besonderen umsatzsteuerlichen Voraussetzungen für ein abweichendes Wirtschaftsjahr weg (zB der Unternehmer geht mit Zustimmung des Finanzamtes vom 31. März auf den 15. März als Bilanzstichtag über), dann kommt es auf dem Gebiet der Umsatzsteuer zu einem Übergang auf das Kalenderjahr als Veranlagungszeitraum, während die Gewinnermittlung weiterhin nach einem abweichenden Wirtschaftsjahr erfolgt.
20.1.3. Verpflichtung zur Abgabe einer Erklärung
Bezüglich des Verpflichtungsgrundes siehe Rz 2682 bis Rz 2684.
2685
Eine zur Zustimmung betreffend den Gewinnermittlungszeitraum hinzutretende weitere Zustimmung des Finanzamtes zur Wahl des Wirtschaftsjahres als Veranlagungszeitraum für die Umsatzsteuer ist nicht erforderlich.
2686
Eine Erklärung, ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr als Veranlagungszeitraum zu wählen, kann lediglich am Beginn eines Veranlagungszeitraumes für die Zukunft abgegeben werden.
Beispiel:
Wird ein Unternehmen am 31.10.2000 gemäß § 13 UmgrStG rückwirkend zum 31.3.2000 in eine Kapitalgesellschaft eingebracht, die anlässlich der Einbringung auf ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr (zB vom 1.4. bis 31.3.) übergeht, kann ein Antrag auf Übergang auf ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr erst mit Wirkung ab 1.4.2001 (spätestens am 15.6.2001) gestellt werden. Wird ein solcher Antrag gestellt, schließt bei der Kapitalgesellschaft an das Rumpfwirtschaftsjahr vom 1.1. bis 31.3.2001 das abweichende Wirtschaftsjahr vom 1.4.2001 bis 31.3.2002 an.
20.1.4. Berechnung der Steuer
2687
Bei Berechnung der Steuer ist von der Summe der nach § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 UStG 1994 steuerbaren Umsätze auszugehen, für welche die Steuerschuld im Laufe eines Veranlagungszeitraumes entstanden ist (siehe Rz 2606 bis Rz 2625). Hinzuzurechnen bzw. zu berücksichtigen sind folgende im Veranlagungszeitraum geschuldete Steuerbeträge bzw. Berichtigungen gemäß
- § 11 Abs. 12 und 14 UStG 1994 (Steuerschuld auf Grund der Rechnung),
- § 11 Abs. 13 in Verbindung mit § 16 Abs. 1 UStG 1994 (Rechnungsberichtigungen),
- § 12 Abs. 10 und 11 UStG 1994 (Berichtigung der Vorsteuer),
- § 16 Abs. 1 und 3 UStG 1994 (Entgeltsberichtigungen),
- § 16 Abs. 2 UStG 1994 (Zentralregulierer),
- § 17 Abs. 4 UStG 1994 (Wechsel der Besteuerungsart),
- § 19 Abs. 1, Abs. 1a, 1b, 1c, 1d und 1e UStG 1994 (Übergang der Steuerschuld),
- Berichtigungen bei der Besteuerung von Anzahlungen im Falle von Steuersatzänderungen.
Sonstige Leistungen, die in einem anderen Mitgliedstaat steuerpflichtig sind und für die der Leistungsempfänger die Steuer nach Art. 196 MwSt-RL 2006/112/EG idF Richtlinie 2008/8/EG schuldet, sind mangels Steuerbarkeit im Inland weder in die Umsatzsteuervoranmeldung (U 30) noch in die Umsatzsteuerjahreserklärung (U 1) aufzunehmen, sondern nur in der ZM zu erfassen (siehe Rz 4166).
2688
Abzuziehen sind die in den Veranlagungszeitraum fallenden, nach § 12 UStG 1994 abziehbaren Vorsteuerbeträge (siehe unten Rz 2701 bis Rz 2703).
2689
Nach dem Grundsatz der Einheit des Unternehmens (§ 2 Abs. 1 zweiter Satz UStG 1994) sind die in allen Betrieben eines Unternehmers ausgeführten Umsätze zusammenzurechnen. Es sind daher auch die Umsätze von Gesellschaften, die in Form der Organschaft oder der Unternehmereinheit zusammengeschlossen sind, entsprechend zusammenzufassen.
2691
Hinsichtlich der Berücksichtigung weiterer Rechengrößen bei Vorgängen im Binnenmarkt siehe Rz 4121 bis Rz 4123.
Randzahlen 2692 bis 2700: derzeit frei.
20.2. Vorsteuerabzug für den Veranlagungszeitraum
20.2.1. Umfang des Vorsteuerabzugs
2701
Der Vorsteuerabzug nach § 20 Abs. 2 UStG 1994 umfasst gemäß
- § 12 Abs. 1 Z 1 lit. a UStG 1994 die Steuer aufgrund einer Rechnung für Leistungen (siehe Rz 1815 bis Rz 1842),
- § 12 Abs. 1 Z 1 lit. b UStG 1994 die Steuer aufgrund von Anzahlungen für Leistungen (siehe Rz 1841 und Rz 1842),
- § 12 Abs. 1 Z 2 UStG 1994 die EUSt (siehe Rz 1843 bis Rz 1874e),
- § 12 Abs. 1 Z 3 UStG 1994 die Steuer bei Übergang der Steuerschuld (siehe Rz 1875 bis Rz 1876),
- § 12 Abs. 15 UStG 1994 die Steuer beim Eigenverbrauch (siehe Rz 2151 bis Rz 2152).
Hinsichtlich der Berücksichtigung weiterer Rechengrößen bei Vorgängen im Binnenmarkt siehe Rz 4056 bis Rz 4063, Rz 4071 und Rz 4077.
20.2.2. Abziehbare Vorsteuern
2702
Abziehbar sind gemäß § 20 Abs. 2 UStG 1994 die in den Veranlagungszeitraum fallenden Vorsteuern. Die Vorsteuern fallen in den Veranlagungs- bzw. Voranmeldungszeitraum, in dem sämtliche Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug erfüllt sind.
20.2.3. Vorsteuerabzug bei Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten
2703
Für Umsätze, die nach dem 31.12.2012 an Unternehmer, die ihre Umsätze nach vereinnahmten Entgelten versteuern (§ 17 UStG 1994), erbracht werden, gilt als zusätzliche Voraussetzung für den Vorsteuerabzug, dass die Zahlung geleistet worden ist. Erst in diesem Voranmeldungszeitraum kann der Vorsteuerabzug geltend gemacht werden (siehe Rz 1819).
Ausgenommen von der Neuregelung sind Unternehmen im Sinne des § 17 Abs. 1 zweiter Satz UStG 1994 und Unternehmer, deren Umsätze nach § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 UStG 1994 im vorangegangenen Veranlagungszeitraum 2.000.000 Euro überstiegen haben. Bei der Berechnung dieser Grenze bleiben die Umsätze aus Hilfsgeschäften einschließlich der Geschäftsveräußerungen außer Ansatz. Die Neuregelung betrifft nicht Umsätze, für die die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger übergegangen ist. Hier steht der Vorsteuerabzug für denselben Voranmeldungszeitraum zu, in dem die Steuerschuld entsteht, unabhängig vom Zeitpunkt der Bezahlung der Leistung (siehe auch Rz 1875). Ausgenommen sind auch Umsätze, die ab dem 15.8.2015 erbracht werden, bei denen eine Überrechnung gemäß § 215 Abs. 4 BAO in Höhe der gesamten auf die Lieferung oder sonstige Leistung entfallenden Umsatzsteuer auf das Abgabenkonto des Leistungserbringers stattfindet (siehe näher Rz 1819a).
Für Leistungen, die vor dem 1.1.2013 bezogen werden, ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn Unternehmer, die ihre Umsätze nach vereinnahmten Entgelten versteuern (§ 17 UStG 1994), die nach § 12 UStG 1994 abziehbaren Vorsteuerbeträge erst für jenen Besteuerungszeitraum geltend machen, in welchem die Bezahlung der Rechnung erfolgt. Es muss allerdings sichergestellt sein, dass der Vorsteuerabzug nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt (etwa anlässlich der Rechnungslegung) vorgenommen wurde. Von der Vereinfachungsregelung kann nicht Gebrauch gemacht werden, wenn mit der späteren Geltendmachung von Vorsteuern ein Nachteil für den Fiskus (zB im Falle eines Insolvenzverfahrens oder bei Anwendung des Umsatzschlüssels gemäß § 12 Abs. 4 und 5 UStG 1994) verbunden ist.
Randzahlen 2704 bis 2710: derzeit frei.
20.3. Kürzerer Veranlagungszeitraum
2711
An die Stelle eines Veranlagungszeitraumes von zwölf Monaten tritt ein kürzerer Veranlagungszeitraum bei Beginn der unternehmerischen Tätigkeit (siehe Rz 193 bis Rz 198), bei Einstellung der unternehmerischen Tätigkeit (siehe Rz 183), beim Übergang vom Kalenderjahr zu einem hievon abweichenden Wirtschaftsjahr und umgekehrt sowie beim Übergang von einem abweichenden Wirtschaftsjahr zu einem anderen abweichenden Wirtschaftsjahr.
Randzahlen 2712 bis 2730: derzeit frei.
20.4. Umrechnung von Werten in einer anderen Währung
2731
Die Durchschnittskurse für die Umrechnung solcher Werte auf Euro werden vom BMF im „Amtsblatt zur Wiener Zeitung“ monatlich als Zollwertkurse kundgemacht und auch im AÖF veröffentlicht.
Ab 1. Jänner 2013 kann der Unternehmer auch den letzten, von der Europäischen Zentralbank veröffentlichten Umrechnungskurs anwenden. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Leistungserbringung oder – wenn das Entgelt oder ein Teil des Entgeltes vor Ausführung der Leistung (§ 19 Abs. 2 Z 1 lit. a UStG 1994) vereinnahmt wird sowie bei der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten (§ 17 UStG 1994) – der Zeitpunkt der Vereinnahmung.
Randzahlen 2732 bis 2735: derzeit frei.
20.5. Einfuhrumsatzsteuer
Randzahlen 2736 bis 2750: derzeit frei.
21. Voranmeldung und Vorauszahlung, Veranlagung (§ 21 UStG 1994)
21.1. Voranmeldung, Vorauszahlung
21.1.1. Verpflichtung zur Einreichung einer Voranmeldung
2751
Gemäß § 21 Abs. 1 erster und zweiter Unterabsatz UStG 1994 in Verbindung mit § 1 der Verordnung des BM für Finanzen, BGBl. II Nr. 206/1998 idF BGBl. II Nr. 313/2019 entfällt für Unternehmer, deren Umsätze gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 UStG 1994 im vorangegangenen Kalenderjahr 35.000 Euro netto (bis 31.12.2019: 30.000 Euro; bis 31.12.2010: 100.000 Euro netto) nicht überstiegen haben, die Verpflichtung zur Einreichung der Voranmeldung, wenn die nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen (§ 21 Abs. 1 UStG 1994) errechnete Vorauszahlung zur Gänze spätestens am Fälligkeitstag entrichtet wird oder sich für einen Voranmeldungszeitraum keine Vorauszahlung ergibt. Bei dieser Umsatzgrenze bleiben Umsätze, die nach § 6 Abs. 1 Z 7 bis 28 UStG 1994 steuerfrei sind, außer Ansatz, sofern sich für den Voranmeldungszeitraum weder eine Vorauszahlung noch ein Überschuss ergibt. Wurde die genannte Umsatzgrenze hingegen überschritten, besteht die Verpflichtung zur Abgabe von Voranmeldungen.
Beispiel:
Ein Arzt, dessen Umsätze im Jahr 2020 600.000 Euro betrugen, tätigt im Voranmeldungszeitraum 01/2021 Umsätze gemäß § 6 Abs. 1 Z 19 UStG 1994 in Höhe von 40.000 Euro. Daneben tätigt er keine anderen Umsätze. Da er nur steuerbefreite Umsätze ausführt, ergibt sich keine Verpflichtung zur Abgabe einer Umsatzsteuervoranmeldung.
Im Voranmeldungszeitraum 02/2021 tätigt der Arzt neben seinen Umsätzen gemäß § 6 Abs. 1 Z 19 UStG 1994 in Höhe von 48.000 Euro auch steuerpflichtige Umsätze (zB Vorträge, schriftstellerische Tätigkeit unter Verzicht auf die Kleinunternehmerbefreiung) in Höhe von 3.000 Euro. Da der Arzt nicht ausschließlich steuerfreie Umsätze tätigt und seine Umsätze im vorangegangenen Kalenderjahr 35.000 Euro überstiegen haben, ist er verpflichtet, für den Voranmeldungszeitraum 02/2021 eine Umsatzsteuervoranmeldung abzugeben.
Im Voranmeldungszeitraum 03/2021 erwirbt der Arzt ein medizinisches Gerät um 15.000 Euro aus Deutschland. Der Erwerb muss in Österreich versteuert werden. Aus diesem Grund ergibt sich eine Vorauszahlung und der Unternehmer ist verpflichtet, für den Voranmeldungszeitraum 03/2021 eine Umsatzsteuervoranmeldung abzugeben.
2752
Eine Verpflichtung zur Einreichung einer Umsatzsteuervoranmeldung besteht gemäß § 21 Abs. 1 erster und zweiter Unterabsatz UStG 1994 in Verbindung mit § 2 der Verordnung des BM für Finanzen, BGBl. II Nr. 206/1998 idF BGBl. II Nr. 313/2019 auch dann, wenn der Unternehmer vom Finanzamt zur Einreichung von Voranmeldungen aufgefordert wird.
2753
Ein Grund für die Aufforderung ist gegeben, wenn der Unternehmer
- eine gemäß § 21 Abs. 1 UStG 1994 zu leistende Vorauszahlung nicht oder nicht zur Gänze bis zum Fälligkeitstag entrichtet oder
- einen Überschuss in unrichtig errechneter Höhe voranmeldet oder
- die Aufzeichnungspflichten gemäß § 18 UStG 1994 nicht erfüllt.
Zur Einreichung einer UVA als Voraussetzung für die Geltendmachung eines Überschusses siehe Rz 2763 und Rz 2764.
21.1.2. Voranmeldung als Steuererklärung
2754
Da die Voranmeldung als Steuererklärung gilt, sind auf sie alle Vorschriften anzuwenden, die sich auf die Steuererklärung beziehen. Die verspätete Abgabe der auf Grund einer bestehenden Verpflichtung einzureichenden Voranmeldung führt daher nach Maßgabe der Bestimmung des § 135 BAO zur Auferlegung eines Verspätungszuschlages.
2755
Die Übermittlung der Voranmeldungen hat elektronisch über Finanz-Online (https://finanzonline.bmf.gv.at) zu erfolgen, es sei denn, die elektronische Übermittlung ist dem Unternehmer mangels technischer Voraussetzungen unzumutbar (§ 21 Abs. 1 vierter und fünfter Unterabsatz UStG 1994 iVm mit § 1 der VO des BM für Finanzen, BGBl. II Nr. 512/2006 und FinanzOnline-Verordnung 2006, BGBl. II Nr. 97/2006 idgF).
Von Unzumutbarkeit mangels technischer Voraussetzungen ist nur dann auszugehen, wenn der Unternehmer nicht über einen Internet-Anschluss verfügt. Wird die Voranmeldung durch einen inländischen berufsmäßigen Parteienvertreter eingereicht, so besteht die Verpflichtung zur elektronischen Übermittlung dennoch, wenn dieser Parteienvertreter über einen Internet-Anschluss verfügt und wegen Überschreitens der Umsatzgrenze (siehe Rz 2751) zur Abgabe von Voranmeldungen verpflichtet ist.
In den Fällen der Unzumutbarkeit der elektronischen Übermittlung ist zwingend der amtliche Vordruck U 30 (Druckversion oder die besorgte Internetversion) zu verwenden. Eigendrucke müssen der auf der Homepage des BMF unter „Service – Formulare – zur Formulardatenbank“ dargebotenen Internetversion nicht nur inhaltlich, sondern auch bildlich entsprechen.
Von den Voranmeldungen sind Durchschriften (Zweitschriften) anzufertigen, die zu den Aufzeichnungen im Sinne des § 18 Abs. 1 UStG 1994 gehören (§ 21 Abs. 1 UStG 1994). Dieser Verpflichtung kann gemäß § 131 Abs. 3 BAO durch Speichern der elektronisch übermittelten UVA-Daten entsprochen werden.
21.1.3. Wegfall der Verpflichtung zur Einreichung einer Voranmeldung
2756
In anderen als den in Rz 2751 bis Rz 2753 angeführten Fällen besteht keine Verpflichtung zur Einreichung einer UVA. Zu den Erklärungspflichten von Nichtunternehmern siehe Rz 2768.
21.1.4. Interne Voranmeldung
2757
Unternehmer, die für einen Voranmeldungszeitraum keine Voranmeldung einzureichen haben, sind verpflichtet, für diesen Voranmeldungszeitraum unter Verwendung des amtlichen Vordruckes für Voranmeldungen (U 30) eine Aufstellung der Besteuerungsgrundlagen (interne Voranmeldung) anzufertigen. Die Aufstellung gehört zu den Aufzeichnungen im Sinne des § 18 Abs. 1 UStG 1994.
2758
Bei Unternehmen, die ihre Aufzeichnungen (§ 18 UStG 1994) mit Hilfe elektronischer Datenverarbeitungssysteme führen, sind in diesen Fällen die Ausdrucke der Besteuerungsgrundlagen als amtliche Vordrucke anzuerkennen. Bedingung dafür ist, dass diese Ausdrucke inhaltlich und dem Aufbau nach dem Formular U 30 entsprechen. Es müssen nur die jeweils zutreffenden Angaben ausgedruckt werden.
2759
Keine Verpflichtung zur Erstellung einer UVA besteht, wenn sich für den Voranmeldungszeitraum weder eine Vorauszahlung noch ein Überschuss ergibt. Für Unternehmer, die unter die Durchschnittssatzbesteuerung des § 22 UStG 1994 fallen, besteht die Verpflichtung zur Erstellung einer UVA insoweit, als sie eine zusätzliche Steuer (siehe dazu Rz 2871 bis Rz 2875) zu entrichten haben. In den Fällen des § 27 Abs. 4 UStG 1994 (siehe Rz 3491 bis Rz 3500) trifft die Verpflichtung zur Erstellung einer UVA den leistenden ausländischen Unternehmer und nicht den inländischen Leistungsempfänger.
Randzahl 2760: derzeit frei.
21.1.5. Vorauszahlung
2761
Ob und in welcher Höhe für den Voranmeldungszeitraum eine Vorauszahlung zu entrichten ist bzw. ein allfälliger Überschuss geltend gemacht werden kann, ergibt sich aus § 20 Abs. 1 und 2 sowie Art. 20 UStG 1994 (siehe Rz 2681 bis Rz 2691, Rz 2701 bis Rz 2703, Rz 4056 bis Rz 4063, Rz 4071, Rz 4077, Rz 4121 bis Rz 4123).
Randzahl 2762: derzeit frei.
21.1.6. Entrichtung der Umsatzsteuer, Geltendmachung eines Überschusses
2763
Bei Mietshauseigentümern und Wohnungseigentumsgemeinschaften gelten die Umsatzsteuervorauszahlungen als rechtzeitig entrichtet, wenn sie spätestens gleichzeitig mit der Einbringung der Umsatzsteuererklärung für das betreffende Kalenderjahr an das Finanzamt abgeführt werden und wenn die im Rahmen des gesamten Unternehmens für das vorangegangene Kalenderjahr zu entrichtende Steuer 580 Euro nicht überstiegen hat. Diese Erleichterung gilt unabhängig von der Höhe des Vorjahresumsatzes. Gibt der Unternehmer für einen der Voranmeldungszeiträume eine UVA ab, so gilt diese Regelung nicht.
2764
Auch wenn eine Verpflichtung zur Einreichung einer UVA (vgl. Rz 2751 bis Rz 2753) nicht besteht, können Überschüsse nur durch Abgabe einer UVA geltend gemacht werden. Wird eine UVA lediglich zur Geltendmachung eines Überschusses eingereicht, wird damit die Anwendbarkeit der Vereinfachungsregelung nach Rz 2763 nicht ausgeschlossen.
21.1.7. Fälligkeit der Umsatzsteuer
2765
Zu der neben den gesetzlichen Fälligkeitstagen geltenden Fälligkeit der Umsatzsteuer gemäß § 2 Abs. 2 der VO des BMF, BGBl. Nr. 628/1983, idF BGBl. Nr. 499/1985 über die Aufstellung von Schätzungsrichtlinien für die Ermittlung der Höhe des Eigenverbrauches bei bestimmten Unternehmern und über die Fälligkeit der auf den Eigenverbrauch entfallenden Umsatzsteuer siehe Rz 2821 bis Rz 2827.
2766
Wird die Vorauszahlung nicht spätestens an ihrem Fälligkeitstag entrichtet, so tritt die Verpflichtung zur Entrichtung eines 1. Säumniszuschlages ein, soweit der Eintritt dieser Verpflichtung nicht kraft gesetzlicher Anordnung hinausgeschoben wird (§ 217 Abs. 4 BAO). Gemäß § 217 Abs. 10 BAO sind Säumniszuschläge, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, nicht festzusetzen.
21.1.8. Wirksamwerden eines Überschusses
2767
Hinsichtlich eines nicht vorangemeldeten Überschusses bzw. Teiles des Überschusses wird die Gutschrift mit der Bekanntgabe des Festsetzungsbescheides wirksam.
21.1.9. Nichtunternehmer
2768
Schulden Nichtunternehmer Umsatzsteuer aufgrund von § 11 Abs. 14 UStG 1994, unterliegen sie den gleichen Erklärungspflichten wie Unternehmer. Im Übrigen siehe Rz 4131 und Rz 4141.
Randzahlen 2769 bis 2775: derzeit frei.
21.2. Kalendervierteljahr als Voranmeldungszeitraum
2776
Voranmeldungszeitraum ist grundsätzlich der Kalendermonat. Für einen Unternehmer, dessen Umsätze nach § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 UStG 1994 im vorangegangenen Kalenderjahr 100.000 Euro netto (bis 31. Dezember 2010: 30.000 Euro netto bzw. bis 31. Dezember 2009: 22.000 Euro) nicht überstiegen haben, gilt das Kalendervierteljahr als Voranmeldungszeitraum. Durch die rechtzeitige Abgabe der Voranmeldung für den ersten Kalendermonat des Veranlagungszeitraumes kann dieser Unternehmer den Kalendermonat als Voranmeldungszeitraum wählen. Ist der Unternehmer nicht zur Einreichung von Voranmeldungen verpflichtet (siehe Rz 2751 bis Rz 2753), kann dieses Wahlrecht auch durch rechtzeitige Entrichtung der Vorauszahlung ausgeübt werden.
2777
Für neu beginnende Unternehmer kommt bereits im ersten Jahr ihrer unternehmerischen Tätigkeit das Kalendervierteljahr als Voranmeldungszeitraum in Betracht, wobei auch in diesen Fällen die 100.000 Euro-Grenze (bis 31.12.2010: 30.000 Euro-Grenze bzw. bis 31.12.2009: 22.000 Euro-Grenze) maßgebend ist. Mangels Vorliegens eines Vorjahresumsatzes ist vom voraussichtlichen Umsatz im Jahr des Beginnes der unternehmerischen Tätigkeit auszugehen. Ist der Veranlagungszeitraum kürzer als ein Kalenderjahr, ist dieser Umsatz in einen Jahresumsatz umzurechnen (§ 17 Abs. 5 letzter Satz UStG 1994). Im Falle einer Geschäftsübergabe kann der vom übergebenden Unternehmer im vorangegangenen Kalenderjahr erzielte Jahresumsatz zur Beurteilung herangezogen werden, wenn der neue Unternehmer die Geschäftstätigkeit in gleicher Weise fortführt.
2778
Das Kalendervierteljahr kann gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 UStG 1994 nicht Voranmeldungszeitraum sein, wenn der Unternehmer einen vom Kalenderjahr abweichenden Veranlagungszeitraum gewählt hat.
Randzahlen 2779 bis 2785: derzeit frei.
21.3. Festsetzung der Umsatzsteuer
2786
Jahresbescheide treten an die Stelle von Umsatzsteuerfestsetzungsbescheiden nach § 21 Abs. 3 UStG 1994. Daher ist für solche Bescheide § 253 BAO (bis 31.12.2013: § 274 BAO) anwendbar. Eine noch unerledigte Bescheidbeschwerde betreffend die Umsatzsteuerfestsetzung gilt somit als gegen den Jahresbescheid gerichtet. § 300 BAO hindert nicht die Erlassung des Umsatzsteuerjahresbescheides, auch wenn ein Rechtsmittel gegen einen Festsetzungsbescheid, dessen Zeitraum im Zeitraum des Jahresbescheides beinhaltet ist, beim BFG anhängig ist (vgl. VwGH 22.10.2015, Ro 2015/15/0035).
Bindungswirkung: Hat das BFG über die Festsetzung von Umsatzsteuervorauszahlungen für bestimmte (einzelne) Monate bereits entschieden, ist das Finanzamt nach § 279 Abs. 3 BAO in Bezug auf diese Monate bei einer weiteren Festsetzung von Umsatzsteuervorauszahlungen, die einen längeren Zeitraum (zusätzliche Monate/Quartal) betreffen, gebunden. Keine Bindungswirkung besteht jedoch zwischen einem Erkenntnis des BFG betreffend die Festsetzung von Umsatzsteuervorauszahlungen einerseits und dem durch das Finanzamt erlassenen Umsatzsteuerjahresbescheid andererseits (VwGH 26.1.2017, Ra 2014/15/0040).
Stellt eine bescheidmäßig festgesetzte Umsatzsteuervorauszahlung die Bemessungsgrundlage für eine andere Abgabe (insbesondere 1. Säumniszuschlag) dar, so ist im Jahresbescheid über die Höhe dieser Umsatzsteuervorauszahlung abzusprechen (siehe Erlass des BMF vom 14. Dezember 1995, Z 05 0801/1-IV/5/95, AÖF Nr. 5/1996).
Randzahlen 2787 bis 2793: Derzeit frei.