19.1.2. Übergang der Steuerschuld in der Bauwirtschaft
2602a
§ 19 Abs. 1a UStG 1994 (angefügt durch das 2. Abgabenänderungsgesetz 2002) sieht vor, dass es zum Übergang der Steuerschuld auf den Empfänger der Leistung kommt, wenn
- Bauleistungen
- an einen Unternehmer erbracht werden,
- der seinerseits mit der Erbringung dieser Bauleistungen beauftragt ist oder
- der seinerseits üblicherweise Bauleistungen erbringt.
19.1.2.1. Allgemeines
2602b
Die Bestimmung betreffend Übergang der Steuerschuld stellt nicht darauf ab, ob der leistende Unternehmer oder der Leistungsempfänger inländischer Unternehmer ist. Wird die Bauleistung einem ausländischen Unternehmer gegenüber erbracht, der seinerseits zur Erbringung der Bauleistung beauftragt worden ist, kommt es daher zum Übergang der Steuerschuld.
Die Bestimmungen betreffend den Übergang der Steuerschuld bei Bauleistungen sind auf pauschalierte Landwirte, die Bauleistungen erbringen (zB Erdaushub), nach dem Sinn und Zweck der Bestimmung nicht anzuwenden, da dies zu einer Kürzung des pauschalierten Vorsteuerabzuges führen würde.
19.1.2.2. Bauleistungen (§ 19 Abs. 1a dritter Unterabsatz UStG 1994)
2602c
Bauleistungen sind alle Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung, Beseitigung oder Reinigung von Bauwerken dienen (vgl. EuGH 13.12.2012, Rs C-395/11, BLV Wohn- und Gewerbebau GmbH).
Der Begriff des Bauwerks ist weit auszulegen und umfasst nicht nur Gebäude, sondern darüber hinaus sämtliche mit dem Erdboden verbundene oder infolge ihrer eigenen Schwere auf ihm ruhende, aus Baustoffen oder Bauteilen mit baulichem Gerät hergestellte Anlagen. Zu den Bauwerken zählen daher sämtliche Hoch- und Tiefbauten (zB Straßen, Tunnels) und mit dem Erdboden fest verbundene Anlagen wie Kraftwerke und Silos. Weiters gehören zu den Bauwerken Fenster und Türen sowie Bodenbeläge und Heizungsanlagen, aber auch Einrichtungsgegenstände, wenn sie mit einem Gebäude fest verbunden sind, zB Ladeneinbauten, Schaufensteranlagen, Gaststätteneinrichtungen oder Einbauküchen.
Folgende Leistungen sind, wenn sie als selbständige Hauptleistungen zu beurteilen sind, keine Bauleistungen:
- Ausschließlich planerische Leistungen (zB von Statikern, Architekten, Garten- und Innenarchitekten, Vermessungs- und Bauingenieuren).
- Beförderungsleistungen einschließlich des Be- und Entladens. Ebenso das Abholen von Bauschutt, auch wenn der Auftrag auf (anschließende) Entsorgung des Bauschutts lautet.
- Die Vermietung von Geräten (Beistellung ohne Personal), sowie die Durchführung von Reparatur- und Wartungsarbeiten eines Baugerätes, auch wenn die Arbeiten auf der Baustelle erfolgen.
- Reine Wartungsarbeiten an Bauwerken oder Teilen von Bauwerken, solange nicht Teile verändert, bearbeitet oder ausgetauscht werden. Untergeordnete Änderungen (zB Austausch der Sicherungen oder Lampen bei der Wartung von Aufzugsanlagen) führen noch nicht zu einer Bauleistung.
- Materiallieferungen zB durch Baustoffhändler oder Baumärkte. Das gilt auch bei der Lieferung von Asphalt oder Beton, die auf Weisung des Leistungsempfängers auf der Baustelle „abgeladen“ werden (siehe Beispiel 3). Ohne Bedeutung ist auch, ob es sich um Auftragsfertigungen handelt, die am Standort des leistenden Unternehmers oder auf der Baustelle erbracht und anschließend geliefert, jedoch nicht montiert werden (zB Maßfenster, Betonfertigteile; siehe Beispiele 4, 5 und 6). Sind mit der Lieferung untergeordnete Arbeiten am Bauwerk verbunden (siehe Beispiel 2), liegt noch keine Bauleistungen vor.
Auch die Überlassung von Arbeitskräften ist auf Grund der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung als Bauleistung anzusehen, wenn die überlassenen Arbeitskräfte für den Entleiher Bauleistungen erbringen.
Bestehen im Einzelfall Zweifel, ob eine Bauleistung vorliegt (zB Einbau von Küchen, Ladeneinrichtungen), kann vom Leistenden und vom Leistungsempfänger einvernehmlich davon ausgegangen werden, dass eine Bauleistung vorliegt. Ist jedoch inhaltlich das Vorliegen einer Bauleistung von vornherein ausgeschlossen, kommt es auch dann nicht zum Übergang der Steuerschuld, wenn die am Leistungsaustausch Beteiligten einvernehmlich davon ausgehen (siehe auch VwGH 25.4.2018, Ro 2017/13/0003).
Beispiele zur Abgrenzung der Bauleistungen:
Beispiel 1:
Die von einem Generalunternehmer für einen Gastwirt bestellte Theke ist vom beauftragten Unternehmer individuell nach den Wünschen des Auftraggebers geplant, gefertigt, geliefert und vor Ort montiert worden. Bei der Montage handelt es sich um eine Bauleistung. Demgegenüber sind Planung, Fertigung am Standort des leistenden Unternehmers und Transport durch den Unternehmer nicht als Bauleistung anzusehen. Da die Theke durch die Montage fest mit dem Gebäude verbunden wird, ist insgesamt von einer Bauleistung auszugehen.
Beispiel 2:
Einem Generalunternehmer wird eine Maschine geliefert. Der Lieferant nimmt die Maschine beim Auftraggeber in Betrieb. Zu diesem Zweck muss beim Auftraggeber eine Steckdose versetzt werden, was durch einen Arbeitnehmer des Lieferanten erfolgt. Die Lieferung der Maschine stellt keine Bauleistung dar. Bei dem Versetzen der Steckdose handelt es sich zwar um eine Bauleistung, die jedoch gegenüber der Lieferung der Maschine geringfügig ist und eine Nebenleistung zur Lieferung der Maschine darstellt. Ist dagegen im Zusammenhang mit der Lieferung der Maschine die Verlegung von Rohren erforderlich, wird von einer getrennt zu beurteilenden Bauleistung auszugehen sein.
Beispiel 3:
Bei der Lieferung von Transportbeton, der vom leistenden Unternehmer mittels Auto-Betonpumpe in den ersten Stock eines Rohbaues gepumpt wird, handelt es sich um eine Materiallieferung.
Beispiel 4:
Ein Unternehmer liefert nach Maß angefertigte Fenster:
- Die Fenster werden auf die Baustelle geliefert – keine Bauleistung.
- Die Fenster werden auf die Baustelle geliefert und dort in die bestehenden Vorrichtungen eingehängt, ohne dass weitere Montagearbeiten erfolgen – keine Bauleistung.
- Die Fenster werden vom liefernden Unternehmer montiert – es liegt eine Bauleistung vor.
Beispiel 5:
Der Unternehmer liefert 50 Fenster. 45 Fenster werden auf die Baustelle ohne weitere Arbeiten geliefert. 5 Fenster werden montiert – jede Lieferung ist für sich zu beurteilen. Hinsichtlich der 5 montierten Fenster liegt eine Bauleistung vor.
Beispiel 6:
Verpflichtet sich ein Unternehmer zur Durchführung einer Bauleistung (zB Einbau von Fenstern) und bedient er sich zur Durchführung seiner Leistung Subunternehmer, ist seine Leistung als Bauleistung zu beurteilen, auch wenn er selbst unmittelbar keine Leistung erbringt. Bei den Subunternehmern ist bei jeder einzelnen Leistung zu prüfen, ob eine Bauleistung vorliegt (zB der Hauptauftragnehmer beauftragt einen Tischler mit der Herstellung der Fenster, der seinerseits einen Glaser mit dem Einbau der Scheiben beauftragt. Anschließend werden die Fenster vom Tischler eingebaut – der Tischler führt eine Bauleistung durch, der Glaser nicht).
Einzelfälle:
- Anschlussgebühren siehe Rz 2602d.
- Bauaufsicht und Rechnungskontrolle sind keine Bauleistungen.
- Einbauküchen: Die Lieferung von Einbauküchen stellt regelmäßig eine Bauleistung dar. Das gilt jedoch nicht für mitgelieferte Geräte wie Herd, Kühlschrank, Geschirrspüler usw., ausgenommen, die Küche wird zu einem Pauschalpreis angeboten und gekauft.
- Feuerlöscher: Lieferung von Feuerlöschern, die an einer Wandaufhängung befestigt werden, ist keine Bauleistung.
- Gartenarbeiten: Kommt es bei Landschaftsgärtnern zu Arbeiten, die über das Pflanzen von Blumen, Sträuchern und Bäumen hinausgehen (zB Aufschütten von Hügeln und Böschungen, Errichtung von Wegen, Anlegen eines Teiches, Einbau von Beleuchtung, Bau eines Abwasserkanals), so liegt insgesamt eine Bauleistung vor.
- Gerüst: Im Falle des Auf- und Abbaus von Gerüsten durch den „Vermieter“ liegt insgesamt (dh. Auf-, Abbau und Miete, auch wenn darüber gesondert abgerechnet wird) eine einheitliche Bauleistung vor (anders wäre es zu beurteilen, wenn das Gerüst durch den Mieter oder in dessen Auftrag von einem Dritten aufgestellt wird).
- Inbetriebnahme von Anlagen: Werden Anlagen geliefert, diese vom Leistungsempfänger installiert/montiert und in der Folge vom Lieferer in Betrieb genommen, liegt keine Bauleistung vor (zB der Unternehmer liefert an den Bauunternehmer Gegensprechanlagen, die von diesem installiert werden. Nach der Installation durch den Leistungsempfänger wird die Gegensprechanlage vom Lieferer in Betrieb genommen).
- Maschinen: Werden bei der Lieferung von Maschinen diese mit dem Grund und Boden verbunden (zB Vorrichtungen, die Teil des Grundstückes werden wie etwa Heizungsanlagen, Lüftungsanlagen; ebenso die Montage von Maschinenanlagen oder der Einbau von Turbinen), liegt eine Bauleistung vor.
- Restaurateure: Soweit sich ihre Tätigkeit auf Gebäude bezieht (zB Restaurierung von Fresken), liegt eine Bauleistung vor.
- Tribünenbau (zB Theater-, Konzert- und Kinotribünen, Tribünen für die Zuschauer für Veranstaltungen im Freien) ist eine Bauleistung.
- Vermietung
- Container: Die Vermietung von Containern (zB Büro-, Wohn- oder Sanitärcontainer), die vom Vermieter aufgestellt und mit Grund und Boden verbunden werden (Anschrauben; Fundamentierung), ist eine Bauleistung.
- Autokran: Der Verleih eines Autokrans mit Personal an einen Bauunternehmer stellt eine Bauleistung dar (Vermietung von Geräten mit Beistellung von Personal). Keine Bauleistung liegt vor, wenn der Autokran an den Lieferer von Baumaterial überlassen wird, der diesen zum Abladen seiner Lieferung benötigt (Materiallieferungen einschließlich des Abladens).
- Kran: Die Vermietung eines Krans ohne Personal, der vom Vermieter aufgestellt wird, stellt insgesamt eine Bauleistung dar.
- Unterschiedliche Leistungen in einer Rechnung
- Werden umsatzsteuerrechtlich selbständige Leistungen erbracht, die teilweise Bauleistungen (Grabungsarbeiten), teilweise keine Bauleistungen (Transporte, Materiallieferungen) sind, können diese nicht einheitlich als Bauleistung betrachtet werden (siehe auch vorstehendes Beispiel 5).
- Gestellung von Arbeitskräften
- Beschäftigt ein Unternehmer im Rahmen einer von ihm zu erbringenden Bauleistung entliehene Arbeitskräfte, so ist bei der Beantwortung der Frage, ob diese eine Bauleistung erbringen, nicht nach der von diesen tatsächlich erbrachten Leistung auszugehen, sondern, ob sie im Rahmen einer Bauleistung tätig werden (zB eine geliehene Arbeitskraft übt die Bauaufsicht aus; ein Leihtechniker führt im Rahmen der Bauführung technische Zeichnungen aus). Anders wäre der Fall zu beurteilen, wenn es sich nicht um entliehene Arbeitskräfte handelt, sondern um selbständige Unternehmer, die die genannten Leistungen erbringen.
- Werden bei Arbeitsgemeinschaften, die mit der Erbringung von Bauleistungen beauftragt sind, für die Geschäftsführung (Federführung) durch einen Bauunternehmer, der Mitglied der ARGE ist, Federführungsgebühren an die ARGE verrechnet, so kann davon ausgegangen werden, dass es sich dabei um Bauleistungen handelt. Ebenso im Falle der Personalgestellung (zB des Bauleiters) durch einen ARGE-Partner an die ARGE.
- Bei der Gestellung von Arbeitskräften ist es gleichgültig, ob die Arbeitskräfte einem Unternehmer gestellt werden, der üblicherweise Bauleistungen erbringt. Maßgeblich ist, ob die Arbeitskräfte vom Entleiher tatsächlich im Rahmen einer Bauleistung eingesetzt werden. Dies müsste dem Verleiher entsprechend bekannt gegeben werden.
- Aus Vereinfachungsgründen kann bei der Beurteilung, ob die geliehene Arbeitskraft Bauleistungen erbringt, vom Überwiegen ausgegangen werden. Wird die Arbeitskraft zu mehr als 50% der Gesamttätigkeit (zeitlich gesehen) im Rahmen von Bauleistungen eingesetzt, kann insgesamt von einer Bauleistung ausgegangen werden; im umgekehrten Fall liegt insgesamt keine Bauleistung vor. In Grenzfällen (zB es steht noch nicht fest, ob letztlich eine Bauleistung bewirkt wird) kann von einer Bauleistung ausgegangen werden.
- Beauftragt ein (General)Unternehmer einen anderen Unternehmer mit der Gestellung von Arbeitskräften zur Erbringung von Bauleistungen und beauftragt dieser Unternehmer seinerseits einen weiteren (dritten) Unternehmer mit der Gestellung von Arbeitskräften zur Erbringung dieser Bauleistungen (mehrstufige Personalgestellung), handelt es sich auch bei der Leistung des dritten Unternehmers an seinen Auftraggeber um eine Bauleistung.
- Reinigung von Bauwerken
- Erfasst ist nicht nur die Bauendreinigung, sondern jede Säuberung von Räumlichkeiten oder Flächen, die Teil eines Bauwerks sind. Zu den Bauleistungen zählt daher zB die Reinigung von Gebäuden, Fassaden, Fenstern, Swimmingpools, Kanälen (Behebung von Verstopfungen, Kanalspülung usw.), Straßen und Parkplätzen (Schneeräumung, Kehrleistungen, Straßenwaschung usw.).
Bei einer einheitlichen Leistung ist maßgebend, ob die Reinigungsleistung die Hauptleistung darstellt oder lediglich eine unselbstständige Nebenleistung zu einer nicht als Bauleistung zu qualifizierenden Hauptleistung ist. So ist zB das Ausbringen von Streumitteln regelmäßig als unselbstständige Nebenleistung zur Schneeräumung zu qualifizieren. Bei der Büroreinigung (Reinigung von Böden, Büromöbel, Stiegenhäusern, Gängen, WC-Anlagen usw.) ist insgesamt von einer Bauleistung auszugehen.
Die Grünflächenbetreuung (Schneiden von Bäumen und Sträuchern, Mähen des Rasens, Entfernen des Laubs usw.) ist nicht als Reinigung eines Bauwerks zu qualifizieren. Gleiches gilt für die Textilreinigung (Reinigung von Hotelwäsche, Bekleidung, Vorhänge, lose liegende Teppiche usw.), sowie für die Schädlingsbekämpfung und die Wohnungsentrümpelung.
Beispiel 1:
Die EDV-Firma A beauftragt den Reinigungsunternehmer B mit der Fensterreinigung des Bürogebäudes. B führt die Fensterreinigung nicht selbst durch, sondern beauftragt damit den Reinigungsunternehmer C. C erbringt an B eine Bauleistung, für die die Steuerschuld gemäß § 19 Abs. 1a UStG 1994 auf B übergeht. Für die Leistung des B an A kommt es nicht zum Übergang der Steuerschuld, da A weder mit der Erbringung dieser Bauleistung beauftragt wurde noch üblicherweise Bauleistungen erbringt.
Beispiel 2:
Der Baumeister A beauftragt den Reinigungsunternehmer B mit der Reinigung seines Bürogebäudes. Die Steuerschuld geht gemäß § 19 Abs. 1a UStG 1994 auf A über, da dieser üblicherweise Bauleistungen erbringt.
Nehmen der Leistende und der Leistungsempfänger im Zweifelsfall an, dass eine Bauleistung nicht vorliegt, obwohl sich dies nachträglich als falsch erweist, bleibt es dabei, wenn es dadurch endgültig zu keinem Steuerausfall gekommen ist (zB die Umsatzsteuer für diese Leistung wurde an das Finanzamt abgeführt). Diesen Umstand hat der Unternehmer nachzuweisen.
19.1.2.3. Bauleistungen an einen Unternehmer, der seinerseits mit der Erbringung von Bauleistungen beauftragt ist (§ 19 Abs. 1a erster Unterabsatz UStG 1994)
2602d
Die Leistung muss einem Unternehmer gegenüber erbracht werden. Zum Übergang der Steuerschuld kommt es jedoch grundsätzlich nur dann, wenn der Leistungsempfänger seinerseits hinsichtlich dieser Vorleistung beauftragt worden ist, Bauleistungen zu erbringen (Ausnahme siehe weiter unten: der Leistungsempfänger erbringt seinerseits üblicherweise Bauleistungen). Der zugrunde liegende Gedanke ist, dass die Steuerschuld nicht auf den ersten Auftraggeber übergehen soll.
Beispiel:
Der Unternehmer A, der Maschinen herstellt, beauftragt den Generalunternehmer B, auf seinem Grundstück eine Fabrikhalle zu errichten. Der Generalunternehmer bedient sich seinerseits Subunternehmer.
Die Steuerschuld geht nur bis zum Generalunternehmer B, aber nicht mehr auf den Unternehmer A über.
- Anschlussgebühren (zB Hausanschlüsse von Gas-, Wasser- oder Stromversorgungsunternehmern, Heizungsanschlüsse), die dem Kunden weiterverrechnet werden, führen dazu, dass die Versorgungsunternehmen ihrerseits zu den dazu allenfalls erforderlichen Bauleistungen beauftragt wurden (das gilt jedoch nicht für Leitungen, die außerhalb des Grundstückes des Anschlusswerbers liegen). Aus Vereinfachungsgründen kann davon ausgegangen werden, dass bei Anschlussgebühren das Versorgungsunternehmen nicht zur Ausführung von Bauleistungen beauftragt worden ist.
- Werden bei Telefonanschlüssen oder Glasfaseranschlüssen nur geringfügige Arbeiten (Befestigung der „Telefonkästen“, Verlegung der Leitungen außer Putz oder in bereits vorgegebene Rohre) gegen eine pauschale Anschlussgebühr erbracht, so liegt keine Bauleistung vor.
- Die Montage von Strom-, Gas- und Wasserzählern stellt, sofern nicht weitere Bauleistungen hinzutreten, für sich allein keine Bauleistung dar.
- Wohnungseigentümergemeinschaften: Siehe Rz 2602f.
19.1.2.4. Nachweis der Beauftragung des Leistungsempfängers (§ 19 Abs. 1a erster Unterabsatz UStG 1994)
2602e
Damit der Unternehmer, der die Bauleistung erbringt, weiß, dass der Leistungsempfänger seinerseits zur Erbringung dieser Bauleistungen beauftragt worden ist, und dass nicht er, sondern der Leistungsempfänger die Steuer schuldet, hat der Leistungsempfänger den leistenden Unternehmer auf diesen Umstand hinzuweisen (zB in Form einer schriftlichen Bestätigung auf dem Auftragsschreiben, dass er seinerseits von der Firma XX zur Durchführung der gegenständlichen Leistung beauftragt worden ist).
Behauptet der Leistungsempfänger zu Unrecht, dass er seinerseits zur Erbringung der an ihn erbrachten Bauleistungen beauftragt worden ist, bleibt es bei der Steuerschuld des leistenden Unternehmers (es kommt nicht zum Übergang der Steuerschuld), doch schuldet in diesem Fall auch der Leistungsempfänger die auf den Umsatz entfallende Steuer (Gesamtschuldner gemäß § 6 BAO).
Weist der Leistungsempfänger nicht darauf hin, dass er seinerseits zur Erbringung der Bauleistungen beauftragt wurde, kommt es trotzdem zum Übergang der Steuerschuld. Der leistende Unternehmer schuldet den in der Rechnung ausgewiesenen Steuerbetrag gemäß § 11 Abs. 12 UStG 1994, der Leistungsempfänger kann diesen in der Rechnung ausgewiesenen Steuerbetrag nicht als Vorsteuer abziehen.
19.1.2.5. Bauleistungen an einen Unternehmer, der seinerseits üblicherweise Bauleistungen erbringt (§ 19 Abs. 1a zweiter Unterabsatz UStG 1994)
2602f
Wird die Leistung an einen Unternehmer erbracht, der seinerseits üblicherweise Bauleistungen erbringt (zB Baumeister, Maurermeister), so wird stets die Umsatzsteuer vom Empfänger der Bauleistung geschuldet, dh. auch dann, wenn dieser nicht seinerseits zur Erbringung dieser Bauleistungen beauftragt worden ist.
Beispiel:
Der Bauunternehmer A lässt auf einem ihm gehörigen Grundstück Einfamilienhäuser errichten, um diese später zu verkaufen.
Obwohl A seinerseits nicht zu Bauleistungen beauftragt worden ist, kommt es zum Übergang der Steuerschuld.
Da der Übergang der Steuerschuld bei Leistungen an Unternehmer, die ihrerseits üblicherweise Bauleistungen erbringen, stets eintritt, entfällt in einem Großteil der Fälle der Hinweis des Leistungsempfängers, dass er seinerseits zu Bauleistungen beauftragt worden ist. Es wird daher zu dem Hinweis auf die Beauftragung regelmäßig nur in den Fällen kommen, in denen es zweifelhaft ist, ob es sich um einen Unternehmer handelt, der üblicherweise Bauleistungen erbringt.
Im Falle der Organschaft richtet sich die Beurteilung, ob der Unternehmer üblicherweise Bauleistungen erbringt, nach der Tätigkeit der einzelnen Gesellschaften bzw. des Organträgers und nicht nach der Tätigkeit des Organkreises.
Es ist gleichgültig, ob die Bauleistung für den unternehmerischen oder den privaten Bereich des Leistungsempfängers ausgeführt wird.
Ein Unternehmer, der Arbeitskräfte verleiht, ist nicht als Unternehmer anzusehen, der üblicherweise Bauleistungen erbringt, selbst wenn diese Arbeitskräfte für den Entleiher Bauleistungen erbringen.
Bei den in Anhang 4 angeführten Unternehmen kann davon ausgegangen werden, dass sie üblicherweise Bauleistungen erbringen.
Unternehmer, die insbesondere die im Abschnitt F, Unterabschnitt FA, Abteilung 45, der ÖNACE 1995 angeführten Tätigkeiten ausüben, sind als solche anzusehen, die üblicherweise Bauleistungen erbringen.
Die Aufzählung der Tätigkeiten ist eine beispielsweise. Es könne auch andere Tätigkeiten eines Unternehmers dazu führen, dass er als Unternehmer anzusehen ist, der üblicherweise Bauleistungen erbringt.
„Insbesondere“ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Bauleistungen mehr als 50% des Umsatzes betragen. Werden die Tätigkeiten von einem Unternehmer im Rahmen eines (nach außen hin erkennbar) gesondert geführten Betriebes ausgeführt, ist dieser Betrieb für sich zu beurteilen. In diesem Fall sind (außerhalb der Beauftragung durch einen anderen) nur Leistungen an den gesondert geführten Betrieb vom Übergang der Steuerschuld erfasst.
Betragen die Bauleistungen weniger als 50% des Umsatzes, handelt es sich nicht um einen Unternehmer, der üblicherweise Bauleistungen erbringt. Nimmt der Unternehmer Bauleistungen in Anspruch, zu deren Erbringung er seinerseits nicht beauftragt worden ist, bleibt es bei der Steuerschuld des leistenden Unternehmers.
Ist es für den leistenden Unternehmer nicht erkennbar, dass der Leistungsempfänger üblicherweise bzw. nicht üblicherweise Bauleistungen erbringt, wird es zweckmäßig sein, wenn der Auftraggeber dies seinem Auftragnehmer mitteilt.
Erfolgt keine entsprechende Mitteilung, bleibt es trotzdem bei den im § 19 Abs. 1a UStG 1994 vorgesehenen Rechtsfolgen bzw. bei der Steuerschuld des Leistenden. Eine Besteuerung hat somit in der Form zu erfolgen, wie sie auf Grund des tatsächlich verwirklichten Sachverhaltes richtigerweise vorgenommen werden muss. Das bedeutet, dass es bei Bauleistungen an einen Leistungsempfänger, der üblicherweise Bauleistungen erbringt, auch ohne Mitteilung zum Übergang der Steuerschuld kommt, bei Bauleistungen an einen Leistungsempfänger, der üblicherweise nicht Bauleistungen erbringt, der Leistende Steuerschuldner bleibt. Nur in jenen Fällen, in denen der Unternehmer seinem Auftragnehmer mitteilt, dass er üblicherweise Bauleistungen im Sinne der obigen Ausführungen erbringt, bleibt es beim Übergang der Steuerschuld, auch wenn die Mitteilung unrichtig war.
Bei der Beurteilung, ob überwiegend Bauleistungen erbracht werden, wird grundsätzlich von einer Durchschnittsbetrachtung der Umsätze der vorangegangenen drei Jahre auszugehen sein. In Grenzfällen (zB ist es nicht eindeutig, inwieweit in vergangenen Zeiträumen Bauleistungen ausgeführt worden sind) kann der Unternehmer davon ausgehen, dass er ein Unternehmer ist, der üblicherweise Bauleistungen erbringt. Ist eine Durchschnittsbetrachtung nicht möglich (zB Beginn der Unternehmertätigkeit), hat der Unternehmer eine Vorausbetrachtung anzustellen (teilt er diese dem Finanzamt mit, bleibt es bei der Vorausbetrachtung, auch wenn sich diese nach Ablauf des Veranlagungszeitraumes als unrichtig herausstellt).
Einzelfälle:
- Bauträger: Die Tätigkeit des Bauträgers umfasst die Abwicklung von Bauvorhaben auf eigene oder fremde Rechnung. Verkauft oder saniert der Bauträger eigene Grundstücke, handelt es sich nicht um Bauleistungen. Wird er für fremde Rechnung tätig, handelt es sich um Bauleistungen. Der Bauträger ist nur dann ein Unternehmer, der üblicherweise Bauleistungen erbringt, wenn die Bauleistungen überwiegen.
Verkauft der Bauträger vor der Fertigstellung (zB während der Bauphase) bereits Wohnungen bzw. Gebäude, so wird er damit regelmäßig nicht über Auftrag des neuen Grundstückseigentümers tätig, da er weiterhin Bauherr bleibt. - Hausverwaltung: Hausverwalter werden regelmäßig als direkte Stellvertreter der Grundstückseigentümer (Alleineigentümer, Hausgemeinschaften, Wohnungseigentümergemeinschaften) tätig. Sie werden weder zur Bauleistung beauftragt, noch erbringen sie üblicherweise Bauleistungen.
- Wohnbauvereinigungen: Wohnbauvereinigungen (auch gemeinnützige) erbringen üblicherweise keine Bauleistungen (sie vermieten – überlassen zur Nutzung – bzw. verkaufen üblicherweise von ihnen errichtete Räumlichkeiten).
- Wohnungseigentumsgemeinschaften: Sie werden grundsätzlich nicht im Auftrag der einzelnen Wohnungseigentümer tätig (auch wenn von diesen die anteilig angefallenen Kosten ersetzt werden).
- Leistungen für den nichtunternehmerischen Bereich: Wird die Leistung für den nichtunternehmerischen Bereich des Unternehmers erbracht und tritt der Unternehmer beim Auftrag zur Bauleistung nicht als Unternehmer auf, kann vom Übergang der Steuerschuld Abstand genommen werden (zB der Unternehmer empfängt für sein zur Gänze privat genutztes Ferienhaus oder für seine private, gemietete Wohnung eine Bauleistung). Dies unter der weiteren Voraussetzung, dass der leistende Unternehmer dem Leistungsempfänger die Umsatzsteuer in der Rechnung gesondert ausweist und der Leistungsempfänger diese dem Leistenden auch entrichtet.
Abschnitt 19.1.2.6.: entfällt
Randzahl 2602g: entfällt
19.1.2.7. Vorsteuerabzug (§ 12 Abs. 1 Z 3 UStG 1994)
2602h
Die Steuer für Leistungen im Sinne des § 19 Abs. 1a UStG 1994 berechtigt nach Maßgabe des § 12 UStG 1994 zum Vorsteuerabzug. Soweit die Steuer auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Leistung entfällt, kann sie aus Vereinfachungsgründen (abweichend von Rz 1875) abgezogen werden, wenn die Zahlung geleistet worden ist.
In den Fällen des Überganges der Steuerschuld ist der Leistungsempfänger zum Vorsteuerabzug unabhängig davon berechtigt, ob die Rechnung ordnungsgemäß ausgestellt oder ob überhaupt eine Rechnung ausgestellt wurde.
19.1.2.8. Aufzeichnungspflichten (§ 18 Abs. 2 UStG 1994)
2602i
- Leistender Unternehmer (§ 18 Abs. 2 Z 1 und 2 UStG 1994)
- Der leistende Unternehmer hat die Entgelte für Umsätze, bei denen die Steuer vom Empfänger der Leistung geschuldet wird, gesondert aufzuzeichnen.
- Leistungsempfänger (§ 18 Abs. 2 Z 4 UStG 1994)
- Der Leistungsempfänger hat die Bemessungsgrundlagen für die Bauleistungen (Lieferungen und sonstigen Leistungen), für die die Steuer auf ihn übergegangen ist, getrennt nach Steuersätzen, und die hierauf entfallenden Steuerbeträge aufzuzeichnen.
19.1.2.9. Entstehung der Steuerschuld bei Sollbesteuerung (§ 19 Abs. 2 lit. a UStG 1994)
2602j
Die Steuerschuld entsteht mit Ablauf des Kalendermonates, in dem die Lieferung oder sonstige Leistung ausgeführt worden ist. Dieser Zeitpunkt verschiebt sich um einen Kalendermonat, wenn die Rechnungsausstellung erst nach Ablauf des Kalendermonates erfolgt, in dem die Lieferung oder sonstige Leistung erbracht worden ist.
Dies gilt nicht für Bauleistungen, die von Unternehmern, die ihr Unternehmen weder im Inland betreiben noch eine an der Leistungserbringung beteiligte Betriebsstätte im Inland haben, erbracht werden, und für die die Steuerschuld bereits auf Grund des § 19 Abs. 1 zweiter Unterabsatz UStG 1994 auf den Leistungsempfänger übergeht (siehe Rz 2601). In diesen Fällen entsteht die Steuerschuld immer mit Ablauf des Kalendermonates, in dem die Leistung erbracht worden ist § 19 Abs. 2 Z 1 lit. a UStG 1994).
Wird das Entgelt oder ein Teil des Entgeltes vereinnahmt, bevor die Leistung ausgeführt worden ist, so entsteht insoweit die Steuerschuld mit Ablauf des Voranmeldungszeitraumes, in dem das Entgelt vereinnahmt worden ist. Aus Vereinfachungsgründen ist es nicht zu beanstanden, wenn der Leistungsempfänger die Steuer bereits in den Voranmeldungszeitraum aufnimmt, in dem die Beträge von ihm verausgabt werden.
Zum Übergang der Steuerschuld kommt es auch, wenn der Leistungsempfänger Kleinunternehmer ist. Erbringen Kleinunternehmer ihrerseits Bauleistungen, kommt es nicht zum Übergang der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger, da die Leistungen der Kleinunternehmer steuerfrei sind.
Wurde die Beurteilung, ob eine Bauleistung vorliegt oder nicht bzw. ob ein Unternehmer üblicherweise Bauleistungen erbringt, unrichtig vorgenommen und in der Folge die Besteuerung richtig gestellt (es liegt richtigerweise kein Übergang der Steuerschuld vor – nachträgliche Versteuerung des Umsatzes beim leistenden Unternehmer; es liegt richtigerweise ein Übergang der Steuerschuld vor – nachträgliche Streichung des Vorsteuerabzuges), ist von der Verhängung eines Säumniszuschlages abzusehen.
19.1.2.10. Entstehung der Steuerschuld bei Istbesteuerung (§ 19 Abs. 2 lit. b UStG 1994)
2602k
Versteuert der leistende Unternehmer nach vereinnahmten Entgelten und wird die Steuer vom Empfänger der Leistung geschuldet, so entsteht die Steuerschuld für vereinbarte, im Zeitpunkt der Leistungserbringung noch nicht vereinnahmte Entgelte, mit Ablauf des Kalendermonates, in dem die Lieferung oder sonstige Leistung ausgeführt worden ist.
Beispiel:
Für eine Bauleistung wird ein Entgelt von 100.000 Euro vereinbart. Die Bauleistung wird am 20. Mai erbracht. Folgende Zahlungen werden durchgeführt:
Zeitpunkt | Zahlung | Steuerschuld | Fälligkeit |
15. April | 25.000 Euro | Ende April | 15. Juni |
15. Mai | 25.000 Euro | Ende Mai | 15. Juli |
15. Juni | 25.000 Euro | Ende Mai | 15. Juli |
15. Juli | 25.000 Euro | Ende Mai | 15. Juli |
Dies gilt nicht für Bauleistungen, die von Unternehmern, die ihr Unternehmen weder im Inland betreiben noch eine an der Leistungserbringung beteiligte Betriebsstätte im Inland haben, erbracht werden, und für die die Steuerschuld bereits auf Grund des § 19 Abs. 1 zweiter Unterabsatz UStG 1994 auf den Leistungsempfänger übergeht (siehe Rz 2601). In diesen Fällen entsteht die Steuerschuld immer mit Ablauf des Kalendermonates, in dem die Leistung erbracht worden ist § 19 Abs. 2 Z 1 lit. b UStG 1994).
19.1.3. Übergang der Steuerschuld bei Lieferungen im Sicherungseigentum, Vorbehaltseigentum und Zwangsversteigerungsverfahren
2603
Lieferung von Sicherungseigentum
Bei der Sicherungsübereignung geht das zivilrechtliche Eigentum am Sicherungsgut auf den Sicherungsnehmer (Kreditgeber) über, das Sicherungsgut selbst bleibt in der Regel in der Verfügungsmacht des Sicherungsgebers (Kreditnehmers). Die Sicherungsübereignung selbst sowie eine Rückübereignung nach Wegfall des Sicherungsgrundes führen nicht zu einer Lieferung.
Beim Verfall kommt es mit der Verwertung des Sicherungsgutes durch den Sicherungsnehmer im Wege der Veräußerung an einen Dritten zu einer Doppellieferung (siehe Rz 431). Für die Feststellung des Zeitpunktes der Lieferung durch den Sicherungsgeber an den Sicherungsnehmer wird in der Regel auf den tatsächlichen Zeitpunkt der Veräußerung durch den Sicherungsnehmer an den Dritten abgestellt.
Nur die Lieferung des Sicherungsgutes durch den Sicherungsgeber an den Sicherungsnehmer führt zum Übergang der Steuerschuld, bei der Lieferung im Insolvenzverfahren durch einen Masseverwalter als Sicherungsgeber an einen Dritten ist kein Umsatz zwischen Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer gegeben.
Beispiel:
Eine Bank finanziert für den Unternehmer A die Anschaffung einer Maschine, die ihr sicherungsübereignet wird. Da A das Darlehen nicht bezahlen kann, verwertet die Bank die Maschine und veräußert sie an den Unternehmer B. Es kommt zu einer Lieferung des Unternehmers A als Sicherungsgeber an die Bank als Sicherungsnehmerin und einer Lieferung der Bank an den Unternehmer B. Die Steuerschuld für die Lieferung des Unternehmers A geht auf die Bank als Leistungsempfängerin über.
Lieferung von Vorbehaltseigentum bei vorangegangener Übertragung des Eigentumsvorbehalts
Wurde die Anschaffung eines Wirtschaftsgutes durch einen Dritten (zB Kreditinstitut) finanziert und dabei vom Veräußerer des Wirtschaftsgutes der Eigentumsvorbehalt zusammen mit seiner Kaufpreisforderung an den Dritten abgetreten, kommt es bei der Lieferung des Vorbehaltskäufers (Erwerber des Wirtschaftsgutes) an den Vorbehaltseigentümer (zB Kreditinstitut) im Zuge der Verwertung zum Übergang der Steuerschuld (siehe hierzu auch Rz 2411). Macht der Veräußerer selbst einen Eigentumsvorbehalt geltend, ist von der Rückgängigmachung der Lieferung auszugehen (siehe Rz 430 und Rz 2409), so dass hier mangels Umsatz ein Übergang der Steuerschuld nicht möglich ist.
Beispiel:
Eine Bank finanziert für den Unternehmer A die Anschaffung einer Maschine. Der Veräußerer V der Maschine tritt der Bank den Eigentumsvorbehalt sowie die Kaufpreisforderung ab. Da A das Darlehen nicht bezahlen kann, macht die Bank den Eigentumsvorbehalt geltend und veräußert die von A herausgegebene Maschine an den Unternehmer B. Es kommt zu einer Lieferung des Unternehmers A als Vorbehaltskäufer an die Bank als Vorbehaltseigentümerin und einer Lieferung der Bank an den Unternehmer B. Die Steuerschuld für die Lieferung des Unternehmers A geht auf die Bank als Leistungsempfängerin über.
Lieferung von Grundstücken im Rahmen der Zwangsversteigerung
Betroffen vom Übergang der Steuerschuld sind Lieferungen von Grundstücken als Vollstreckungsobjekt im Zwangsversteigerungsverfahren.
Zum Grundstücksbegriff siehe Rz 639v und 773a.
Damit es bei der Lieferung eines Grundstücks im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a UStG 1994 im Rahmen eines Zwangsversteigerungsverfahrens zum Übergang der Steuerschuld kommen kann, muss auf die Steuerbefreiung verzichtet werden. Ein solcher Verzicht ist nur zulässig, wenn hierüber spätestens bis vierzehn Tage nach Bekanntgabe des Schätzwertes (§ 144 EO) eine Mitteilung an das Exekutionsgericht erfolgt (siehe Rz 793).
Vor dem 1.1.2017 bezog sich die Bestimmung auf Grundstücke im zivilrechtlichen Sinn, Gebäude auf fremdem Boden und Baurechte. Anders als Grundstücke im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a UStG 1994 (siehe Rz 774 ff) waren hier vom Grundstücksbegriff auch Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören, erfasst. Soweit zu einem Grundstück gehörende Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören, zwangsversteigert wurden, lag immer eine steuerpflichtige Lieferung vor.
19.1.4. Übergang der Steuerschuld bei Gas-, Strom-, Wärme- und Kältelieferungen über Verteilungsnetze (§ 19 Abs. 1c UStG 1994)
Randzahlen 2604 bis 2604c: derzeit frei.
2604d
Die Steuerschuld für Lieferungen
- von Gas über Erdgasnetze im Allgemeinen (nicht nur über das Erdgasverteilungsnetz),
- von Elektrizität,
- von Wärme über Wärmenetze und
- von Kälte über Kältenetze
geht auf den Leistungsempfänger über, wenn
- dieser im Inland zur Mehrwertsteuer erfasst ist und
- der Lieferer im Inland nicht ansässig (Rz 2604f) ist.
Der Lieferer haftet für die Steuer.
2604e
Vom Übergang der Steuerschuld erfasst sind neben Stromlieferungen und Gaslieferungen, die über das Erdgasverteilungsnetz erfolgen, auch Erdgaslieferungen über andere Netze, die zwar an das Erdgasverteilungsnetz angeschlossen, nicht aber dessen Bestandteil sind, zB Rohrleitungen des Gas-Fernleitungsnetzes.
Darüber hinaus geht die Steuerschuld für Wärmelieferungen über Wärmenetze und Kältelieferungen über Kältenetze auf den Empfänger über, sofern dieser Unternehmer ist.
2604f
Zum Übergang der Steuerschuld kommt es nur, wenn der Leistende ein Unternehmer ist, der im Inland weder sein Unternehmen betreibt noch eine an der Leistungserbringung beteiligte Betriebsstätte hat.
Zur Betriebsstätte und deren Beteiligung an der Leistungserbringung siehe auch Rz 2601.
19.1.5. Übergang der Steuerschuld bei durch Verordnung zu bestimmenden Umsätzen an Unternehmer
2605
Mit Verordnung des BM für Finanzen, BGBl. II Nr. 129/2007 (Schrott-Umsatzsteuerverordnung), und mit Verordnung der BM für Finanzen, BGBl. II Nr. 369/2013 (Umsatzsteuerbetrugsbekämpfungsverordnung), wurde von der in § 19 Abs. 1d UStG 1994 vorgesehenen Ermächtigung, für bestimmte, in Art. 198, in Art. 199 und in Art. 199a der MwSt-RL 2006/112/EG angeführte Umsätze, den Übergang der Steuerschuld vorzusehen, Gebrauch gemacht.