2.1 Einkünfte (§ 2 Abs. 3 EStG 1988)
101
Die Aufzählung der Einkunftsarten in § 2 Abs. 3 EStG 1988 ist erschöpfend.
Vermögenszugänge, die von dieser Bestimmung nicht umfasst sind oder die ausdrücklich als nicht steuerbar bezeichnet werden (zB die Leistungen gemäß § 26 EStG 1988), unterliegen nicht der Einkommensteuer, wie beispielsweise:
Erbschaften;
Schenkungen, soweit sie nicht belohnende Schenkungen innerhalb einer Einkunftsquelle darstellen;
Gewinne aus Glückspielen und Wetten;
Bestimmte Preise (siehe dazu Rz 101a);
Finderlohn;
Schmerzengeld, ausgenommen in Rentenform, siehe Rz 1061;
Zeugengebühren (VwGH 14.2.1986, 86/17/0023);
Private Schadensversicherungen, sofern nicht in Rentenform;
Veräußerung von Privatvermögen außerhalb der §§ 29, 30 und 31 EStG 1988.
101a
Nicht steuerbar sind:
Lotteriegewinne und Gewinne aus Preisausschreiben, bei denen für die Vergabe der Preise die Auslosung der Gewinner unter zahlreichen richtigen Einsendungen maßgebend ist (Kreuzworträtsel usw.);
Preise, die durch den Einsatz von Allgemeinwissen erzielt werden (zB bei einem Fernsehquiz wie „Millionenshow“);
Preise, die außerhalb eines Wettbewerbes in Würdigung der Persönlichkeit oder einer bestimmten Haltung des Steuerpflichtigen oder seines (Lebens-)Werkes gewährt werden (zB Nobelpreis, Literatur- oder Journalistenpreis in Würdigung des gesamten Werkes).
Steuerbar sind:
Preise, die den Preisträgern im Rahmen eines Wettbewerbes durch eine Jury für eine konkrete Einzelleistung zuerkannt werden, darunter können zB Preise im Rahmen eines Architekten- oder Musikwettbewerbes, Literaturpreise, Journalistenpreise oder Filmpreise fallen (Einnahmen im Rahmen des jeweiligen Betriebes). Gemäß § 3 Abs. 3 Kunstförderungsgesetz sind jedoch Staats-, Würdigungs-, und Förderungspreise sowie Prämien und Preise für hervorragende künstlerische Leistungen von der Einkommensteuer befreit. Dies gilt auch für dem Grunde und der Höhe nach vergleichbare Leistungen auf Grund von landesgesetzlichen Vorschriften sowie für Stipendien und Preise, die unter vergleichbaren Voraussetzungen von nationalen oder internationalen Förderungsinstitutionen vergeben werden;
Preise von Berufsportlern;
Preisgelder für Teilnahme an Unterhaltungsdarbietungen (zB „Dancing Stars“, „Starmania“). Diese stellen – sofern sie nicht als Ausfluss einer betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit anzusehen sind – subsidiär Einnahmen im Rahmen des § 29 Z 3 EStG 1988 dar;
Preise, die nur eigenen Arbeitnehmern oder Geschäftspartnern, wenn auch durch Verlosung, als Incentive zuerkannt werden.
101b
Gemäß § 3 Abs. 3 Kunstförderungsgesetz sind Staats-, Würdigungs-, und Förderungspreise sowie Prämien und Preise für hervorragende künstlerische Leistungen von der Einkommensteuer befreit. Befreit sind auch Stipendien nach § 3 Abs. 1 Z 5 Kunstförderungsgesetz. Die Steuerbefreiung ist nicht auf Förderungen zur Abgeltung von Aufwendungen und Ausgaben beschränkt, sondern erstreckt sich auf das gesamte Stipendium bzw. den gesamten Preis.
Die Steuerbefreiung gilt auch für dem Grunde und der Höhe nach vergleichbare Leistungen auf Grund von landesgesetzlichen Vorschriften sowie für Stipendien und Preise, die unter vergleichbaren Voraussetzungen von nationalen oder internationalen Förderungsinstitutionen vergeben werden, wobei die Rechtsform der Institution unbeachtlich ist. Eine solche Förderungsinstitution stellt auch eine Universität dar.
Voraussetzung für eine Vergleichbarkeit ist jedenfalls, dass
der Preis in der Rechtsgrundlage der Institution verankert ist, sowie dass
der Kreis an möglichen Preisträgern nicht abschließend umschrieben ist (zB an eine Mitgliedschaft gebunden) und dass
der Preis keinen Entgeltcharakter hat. Dies wäre etwa der Fall, wenn auf Grundlage der Preisverleihung Ansprüche an einem oder mehreren Werken erworben werden, sodass der „Preis“ in wirtschaftlicher Betrachtungsweise einen Kaufpreis darstellt. Entgeltcharakter ist jedenfalls auch dann gegeben, wenn der Preisträger nicht auf Grund bisheriger oder zukünftig zu erwartender Leistungen ausgezeichnet werden soll, sondern eine Auftragsarbeit der den Preis auslobenden Institution prämiert wird. Für eine Auftragsarbeit sprechen ein enger Themenbereich der Ausschreibung und die Verschaffung von wirtschaftlichen Vorteilen für die auslobende Institution.
2.2 Liebhaberei
102
Die Begriffe „Einkünfte“ und „Einkommen“ setzen eine Tätigkeit voraus, die von der Absicht des Steuerpflichtigen getragen ist, insgesamt eine wirtschaftliche Vermögensvermehrung zu erreichen. Die Sphäre der Einkommenserzielung soll von jener der Einkommensverwendung durch die Liebhabereibeurteilung abgegrenzt werden. Diese Abgrenzung hat anhand der Liebhabereirichtlinien 2012 (LRL 2012) zu erfolgen. Im Weiteren wird auf diese Richtlinien verwiesen.
Randzahl 103: derzeit frei
2.3 Persönliche Zurechnung von Einkünften
2.3.1 Allgemeines
104
Einkünfte iSd § 2 Abs. 3 EStG 1988 sind demjenigen zuzurechnen, dem die Einkunftsquelle zuzurechnen ist. Die Zurechnung von Einkünften muss sich nicht mit dem wirtschaftlichen Eigentum an der Einkunftsquelle decken (VwGH 25.02.1997, 92/14/0039; VwGH 09.07.1997, 95/13/0025; VwGH 21.07.1998, 93/14/0149). Die Einkunftsquelle kann sich auf das wirtschaftliche Eigentum, auf ein Mietrecht, auf ein Recht zur Weiter- oder Untervermietung, auf ein Nutzungsrecht oder eine bloße Tätigkeit gründen. Zurechnungssubjekt ist derjenige, der aus der Tätigkeit das Unternehmerrisiko trägt, der also die Möglichkeit besitzt, die sich ihm bietenden Marktchancen auszunützen, Leistungen zu erbringen oder zu verweigern. Die rechtliche Gestaltung ist dabei nur maßgebend, wenn sich in wirtschaftlicher Betrachtungsweise nichts anderes ergibt.
Rechtslage bis zur Veranlagung 2015
Für Zeiträume ab dem 1.1.2010 gelten für „zwischengeschaltete“, unter dem Einfluss des Steuerpflichtigen oder seiner nahen Angehörigen (Rz 1129) stehende Kapitalgesellschaften folgende Grundsätze für die Einkünftezurechnung:
Eine Zurechnung der Einkünfte unmittelbar an die natürliche Person erfolgt insbesondere dann, wenn die Kapitalgesellschaft
- in Hinblick auf die betreffende Tätigkeit selbst Marktchancen nicht nutzen kann und
- über keinen eigenständigen, sich von der natürlichen Person abhebenden geschäftlichen Betrieb verfügt.
Zu 1.: Marktchancen kann eine zwischengeschaltete Kapitalgesellschaft nicht nutzen, wenn die betreffende Tätigkeit aufgrund eines gesetzlichen oder statutarischen Verbots nur von natürlichen Personen erbracht werden kann (vgl. etwa VwGH 28.05.2009, 2006/15/0360 mit Verweis auf § 86 Abs. 2 erster Satz AktG idF BGBl. I Nr. 125/1998, nunmehr § 86 Abs. 1 AktG idgF, wonach nur physische Personen zu Aufsichtsratsmitgliedern bestellt werden können; zur „Drittanstellung“ von Aufsichtsräten siehe insbesondere Rz 5266g).
Da die gesellschaftsrechtliche Bestellung einer natürlichen Person zum Geschäftsführer von deren dienstrechtlicher Anstellung zu unterscheiden ist, ist die Drittanstellung eines Geschäftsführers einer GmbH zulässig (vgl. VwGH 25.06.2008, 2008/15/0014). Ist die Drittanstellung eines Geschäftsführers ernsthaft gewollt und wird dementsprechend durchgeführt, sind der verleihenden Gesellschaft jene Entgelte zuzurechnen, die ihr für die Gestellung des Geschäftsführers zufließen. Dies gilt auch, wenn der Geschäftsführer alleiniger Gesellschafter der gestellenden Kapitalgesellschaft ist, sofern die Zwischenschaltung nicht nur zur Umgehung der sonst anfallenden lohnabhängigen Abgaben iSd § 22 BAO erfolgt (VwGH 4.9.2014, 2011/15/0149).
Werden Leistungen nicht von einer „zwischengeschalteten“ Körperschaft geschuldet, sondern findet – ohne entsprechende rechtsgeschäftliche Grundlage – lediglich eine Verrechnung über diese Körperschaft statt, die lediglich als „Zahlstelle“ fungiert, sind die Einkünfte jedoch direkt der leistungserbringenden natürlichen Person zuzurechnen (vgl. VwGH 24.9.2014, 2011/13/0092).
Weiters kann eine zwischengeschaltete Kapitalgesellschaft Marktchancen nicht nutzen, wenn die betreffende Tätigkeit in typisierender Betrachtungsweise nach der Verkehrsauffassung eine höchstpersönliche Tätigkeit darstellt (zB Schriftsteller, Vortragende, Sportler, Künstler).
Zu 2.: Für das Vorliegen eines eigenständigen, sich von der natürlichen Person abhebenden geschäftlichen Betriebes spricht insbesondere die Beschäftigung von Mitarbeitern, wobei es auf die rechtliche Ausgestaltung des Beschäftigungsverhältnisses nicht ankommt. Bloße Hilfstätigkeiten in der Kapitalgesellschaft (zB Sekretariat) führen jedoch zu keinem eigenständigen, sich abhebenden geschäftlichen Betrieb. Ist die Tätigkeit der natürlichen Person bloßer Ausfluss der eigenbetrieblichen Tätigkeit der Kapitalgesellschaft, erfolgt keine Zurechnung zur natürlichen Person.
Beispiele:
- Ein Rechtsanwalt, der Gesellschafter-Geschäftsführer einer Rechtsanwalts-GmbH ist, wird als Stiftungsvorstand in der von einem seiner Klienten errichteten Privatstiftung tätig. Sein Dienstvertrag mit der Rechtsanwalts-GmbH sieht vor, dass er die Vergütungen für seine Tätigkeit als Stiftungsvorstand an die Rechtsanwalts-GmbH abführen muss.
Als Stiftungsvorstand kommt nur eine natürliche Person in Betracht, die Rechtsanwalts-GmbH kann daher die Marktchancen nicht nutzen. Da die Rechtsanwalts-GmbH jedoch über einen eigenständigen, sich abhebenden geschäftlichen Betrieb verfügt und die Tätigkeit als Stiftungsvorstand Ausfluss dieser eigenbetrieblichen Tätigkeit der GmbH ist, kommt es zu keiner abweichenden Zurechnung.
- Ein Universitätsprofessor rechnet Honorare für seine Gutachtenstätigkeit über eine ihm und seiner Ehefrau gehörende GmbH ab. Einzige Arbeitnehmerin in der GmbH ist seine Ehefrau, die als Sekretärin beschäftigt wird.
Es liegt in typisierender Betrachtungsweise eine Tätigkeit vor, die höchstpersönlich zu erbringen ist; die GmbH kann daher nicht die Marktchancen nutzen. Da die GmbH auch nicht über einen eigenständigen, sich abhebenden Betrieb verfügt, werden die Honorare der natürlichen Person zugerechnet.
- Ein Gärtner entschließt sich, sein Einzelunternehmen künftig in der Rechtsform einer GmbH fortzuführen. Mitarbeiter beschäftigt er nicht.
Da es sich in typisierender Betrachtungsweise um keine höchstpersönliche Tätigkeit handelt, kann die GmbH die Marktchancen nutzen. Es kommt daher zu keiner abweichenden Zurechnung.
- Ein Mitarbeiter der Konzernmutter wird als Aufsichtsrat in die Tochtergesellschaft entsandt. Die Vergütung für diese Tätigkeit ist in seiner Gesamtvergütung, die er von der Konzernmutter erhält, enthalten. Die Konzernmutter verrechnet der Tochtergesellschaft eine Umlage für diese Konzerngestellung.
Da es sich bei der Konzernmutter nicht um eine unter dem Einfluss des Steuerpflichtigen oder seiner nahen Angehörigen (Rz 1129) stehende Kapitalgesellschaft handelt und die Konzernmutter überdies idR über einen eigenständigen, sich abhebenden Betrieb verfügen wird, kommt es zu keiner abweichenden Zurechnung. Die von der Tochtergesellschaft geleistete Umlage für die Konzerngestellung unterliegt, ungeachtet der Zurechnung zur Konzernmutter, bei der Tochtergesellschaft § 12 Abs. 1 Z 7 KStG 1988.
- Eine Steuerberaterin wird als Vortragende an einer Fachhochschule tätig. Sie rechnet ihre Honorare aus der Vortragstätigkeit über ihre Steuerberatungs-GmbH ab.
Als Vortragende an Fachhochschulen kommen nur natürliche Personen in Betracht, die Steuerberatungs-GmbH kann daher die Marktchancen nicht nutzen. Die Steuerberatungs-GmbH verfügt zwar über einen eigenständigen, sich abhebenden geschäftlichen Betrieb. Da die Tätigkeit als Vortragende jedoch nicht Ausfluss dieser eigenbetrieblichen Tätigkeit der GmbH ist, sind die Vergütungen aus der Vortragstätigkeit unmittelbar der Steuerberaterin als nichtselbständige Einkünfte (§ 25 Abs. 1 Z 5 EStG 1988) zuzurechnen (vgl. LStR 2002 Rz 992c).
Um eine von der zivilrechtlichen Gestaltung abweichende Einkünftezurechnung ab dem 1.1.2010 zu vermeiden, können bis zum Stichtag 31.12.2009 Umwandlungen gemäß Art. II UmgrStG vorgenommen werden. Dabei ist davon auszugehen, dass am Tag des Umwandlungsbeschlusses das Betriebserfordernis erfüllt ist.
Rechtslage ab der Veranlagung 2016
Mit dem AbgÄG 2015 wurde die Bestimmung des § 2 Abs. 4a EStG 1988 eingeführt, welche in bestimmten Fällen die Zurechnung von Einkünften direkt an eine natürliche Person bei Verrechnung über eine „zwischengeschaltete“ Körperschaft vorsieht. § 2 Abs. 4a EStG 1988 ist ab der Veranlagung 2016 anwendbar.
Nach § 2 Abs. 4a EStG 1988 sind Einkünfte
aus einer Tätigkeit als organschaftlicher Vertreter einer Körperschaft (etwa Vorstand einer AG, Geschäftsführer einer GmbH oder Vorstand einer Privatstiftung) sowie
aus einer höchstpersönlichen Tätigkeit (im Gesetz taxativ: Künstler, Schriftsteller, Wissenschaftler, Sportler und Vortragender)
der leistungserbringenden natürlichen Person zuzurechnen, wenn die Leistung von einer Körperschaft abgerechnet wird, die
unter dem Einfluss dieser Person steht und
über keinen eigenständigen, sich von dieser Tätigkeit abhebenden Betrieb verfügt.
Beispiel:
Bei einer GmbH & Co KG bekommt die Komplementär-GmbH (kein eigenständiger Betrieb) das Honorar für die Geschäftsführung in der KG, die von A ausgeführt wird. A ist sowohl Gesellschafter der GmbH als auch der KG. Die Komplementär GmbH bezahlt A für die Geschäftsführung der KG ein Entgelt.
A übt jedoch keine organschaftliche Vertretung für eine Körperschaft aus, weil er Geschäftsführer der KG ist. Es liegt kein Anwendungsfall des § 2 Abs. 4a EStG 1988 vor (Tätigkeit als organschaftlicher Vertreter einer Körperschaft). Siehe auch Rz 5866.
Eine Körperschaft steht jedenfalls dann unter dem Einfluss der leistungserbringenden natürlichen Person, wenn diese Person oder ein Angehöriger (Rz 1129) wesentlich auf die Willensbildung der Körperschaft Einfluss nehmen kann (zB aufgrund der Beteiligungshöhe).
Beispiel:
Die Vorstände der V-AG sind A und B. A ist Alleingesellschafter der A-GmbH, B ist Alleingesellschafter der B-GmbH. A ist Angestellter der B-GmbH, B ist Angestellter der A-GmbH. Die B-GmbH stellt A als Vorstand der V-AG zur Verfügung. Die A-GmbH stellt B als Vorstand der V-AG zur Verfügung. Weder die A-GmbH noch die B-GmbH verfügen über einen eigenständigen, sich von dieser Tätigkeit abhebenden Betrieb.
Es ist vom Einfluss der jeweiligen Vorstände auszugehen. Formale Umstände allein sind für die Beurteilung des Einflusses ohne Belang. Ein Anwendungsfall des § 2 Abs. 4a EStG 1988 liegt vor (Einfluss der natürlichen Person auf die zwischengestaltete Körperschaft).
Für das Vorliegen eines eigenständigen, sich von der natürlichen Person abhebenden, geschäftlichen Betriebes ist insbesondere auf die Beschäftigung von Mitarbeitern abzustellen, wobei es auf die rechtliche Ausgestaltung des Beschäftigungsverhältnisses nicht ankommt. Bloße Hilfstätigkeiten in der Körperschaft (etwa Sekretariat oder verschiedene Hilfsdienste) führen zu keinem eigenständigen, sich abhebenden geschäftlichen Betrieb. Ein eigenständiger Betrieb liegt allerdings dann vor, wenn die höchstpersönliche Tätigkeit der natürlichen Person bloßer Ausfluss der eigenbetrieblichen Tätigkeit der Körperschaft ist, was insbesondere bei rechtsberatenden Berufen der Fall ist (zB Entsendung eines Anwaltes in den Vorstand einer Privatstiftung durch die Anwalts-GmbH).
Beispiel:
Ein Investor ist alleiniger Gesellschafter der Beteiligungs-GmbH, die mehrere Beteiligungen hält. Der Investor erbringt Geschäftsführungstätigkeiten in diesen Beteiligungsgesellschaften. Die Entgelte für die Geschäftsführungen werden an die Beteiligungs-GmbH entrichtet, welche nur Sekretariatsagenden wahrnimmt.
Bei einer Holding kommt ein sich im Verhältnis zur Ausübung einer organschaftlichen Geschäftsführungsfunktion abhebender Betrieb nur in Betracht, wenn Tätigkeiten vorliegen, die erheblich über das Halten von Beteiligungen hinausgehen. Die bloße Wahrnehmung von Sekretariatstätigkeiten begründet keinen sich abhebenden Betrieb. Die Vergütungen sind nach § 2 Abs. 4a EStG 1988 unmittelbar dem Investor zuzurechnen (eigenständiger, sich abhebender Betrieb).
Da mit der Zurechnungsbestimmung des § 2 Abs. 4a EStG 1988 in erster Linie jene Fälle erfasst werden sollen, bei denen eine Kapitalgesellschaft ohne substantielle Tätigkeit zwischengeschaltet wird, kann sich ein „sich abhebender Betrieb“ auch aus einer im Verhältnis zur höchstpersönlichen bzw. organschaftlichen Tätigkeit verschiedenen Tätigkeit ergeben. Dies allerdings nur, wenn diese Tätigkeit eine gewisse quantitative Relevanz (idR in einem entsprechenden Umsatzanteil) im Verhältnis zur höchstpersönlichen Tätigkeit aufweist. Ein Umsatzverhältnis von zumindest 20% wird idR einen eigenständigen sich abhebenden Betrieb begründen.
Beispiel:
Ein Arzt (Universitätsprofessor) hat neben seiner universitären Tätigkeit noch eine GmbH, über die folgende Tätigkeiten abgerechnet werden:
Zahlungen von Pharmafirmen als Kostenersatz für Wirksamkeitsprüfungen von Medikamenten sowie pharmakologische Gutachtertätigkeit, wofür Universitätsassistenten zu Hilfsdiensten (Recherche) herangezogen werden (Umsatzvolumen iHv 35% der Gesamtumsätze der GmbH).
Die gutachterliche Tätigkeit des Arztes ist als „wissenschaftliche Tätigkeit“ eine höchstpersönliche Tätigkeit iSd § 2 Abs. 4a EStG 1988. Das Heranziehen von Universitätsassistenten zu Recherchetätigkeiten ist nicht geeignet, einen eigenständigen, sich abhebenden Betrieb dieser Gutachtertätigkeit zu begründen. Da jedoch das Umsatzverhältnis (65% des Gesamtumsatzes) des Betriebszweiges Wirksamkeitsprüfung von Medikamenten eine ausreichende qualitative Relevanz (>20% des Gesamtumsatzes) aufweist, liegt insgesamt ein eigenständiger, sich abhebender Betrieb iSd § 2 Abs. 4a EStG 1988 vor (höchstpersönliche Tätigkeit; eigenständiger, sich abhebender Betrieb).
Kommt § 2 Abs. 4a EStG 1988 zur Anwendung, wird der als organschaftliche Vertreterin bzw. höchstpersönlich tätigen natürlichen Person die gesamte Einkunftsquelle – sowohl die Einnahmen als auch die Ausgaben – zugerechnet. Bei der Körperschaft im unternehmensrechtlichen Ergebnis erfasste Aufwendungen, die im Zusammenhang mit den der natürlichen Person zugerechneten Einkünften stehen, sind daher steuerlich bei der natürlichen Person zu berücksichtigen und bei der Körperschaft zu neutralisieren (VwGH 22.11.2018, Ra 2018/15/0037; zur Übernahme von privaten Aufwendungen siehe KStR 2013 Rz 565 ff).
105
So etwa werden die von einem Handelsvertreter erbrachten Leistungen diesem und nicht auf Grund eines internen Rechtsverhältnisses seiner Ehegattin zugerechnet (VwGH 18.10.1995, 95/13/0176). Die Zurechnung der Einkünfte aus einem Bordell etwa erfolgt an denjenigen, der dort als Geschäftsführer auftritt und Verträge über Getränkelieferungen abschließt (VwGH 15.12.1998, 98/14/0192). Für sich allein nicht entscheidend ist, auf wessen Konto die Zahlungen überwiesen wurden (VwGH 15.12.1994, 93/15/0097). Auch wenn während der Strafhaft eines Steuerpflichtigen sämtliche Geschäfte von seiner Ehefrau geführt werden, hindert dies die Zurechnung der Einkünfte an ihn nicht (VwGH 3.8.2004, 2001/13/0128).
106
Einkünfte aus Kapitalvermögen und aus Vermietung und Verpachtung sind demjenigen zuzurechnen, der zur Nutzung der Vermögenswerte berechtigt ist. Die Durchführung oder Verhinderung von Reparaturarbeiten an einem Gebäude kennzeichnet typischerweise auch die vorzunehmende Zurechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (VwGH 5.8.1993, 93/14/0031). Für die Zurechnung von Einkünften (aus der Vermietung einer Liegenschaft) ist es entscheidend, ob das Zurechnungssubjekt über die Einkunftsquelle verfügt, also wirtschaftlich über diese disponieren und so die Art ihrer Nutzung bestimmen kann. In Zweifelsfällen ist darauf abzustellen, wer über die dem Tatbestand entsprechende Leistung verfügen kann, daher vor allem die Möglichkeit besitzt, Marktchancen zu nutzen oder die Leistung zu verweigern (vgl. VwGH 29.11.1994, 93/14/0150). Bei der Zurechnung von Einkünften kommt es dabei auf die wirtschaftliche Dispositionsbefugnis über die Einkünfte und nicht auf eine allenfalls nach § 24 BAO zu lösende Zurechnung von Wirtschaftsgütern an (VwGH 26.9.2000, 98/13/0070, VwGH 19.11.1998, 97/15/0001).
Eine wirtschaftliche Dispositionsbefugnis ist zB auch dann nicht gegeben, wenn ein bestehendes Mietverhältnis durch Zwischenschaltung einer juristischen oder natürlichen Person als Untermietverhältnis entsprechend dem bisherigen Hauptmietverhältnis unverändert aufrechterhalten wird. Eine wirtschaftliche Dispositionsbefugnis ist nur dann gegeben, wenn der nunmehrige Untervermieter Einfluss auf die Einkünfteerzielung ausübt (siehe dazu Rz 111).
107
Bei Verpachtung eines Betriebes sind die Einkünfte dem Pächter zuzurechnen. Bei freiwilliger wie auch zwangsweiser Abtretung der Einkünfte an einen Dritten bleibt der ursprüngliche Bezieher einkommensteuerpflichtig (VwGH 20.7.1999, 93/13/0178, betreffend Einkünfte aus der Duldung der Automatenaufstellung, die der Ehefrau zugute kamen). So etwa bleibt bei Lohnpfändung der Arbeitnehmer steuerpflichtig oder sind die Einkünfte eines insolventen Unternehmens dem Gemeinschuldner (VwGH 29.9.1976, 1387/76) zuzurechnen. Überträgt der Sportler nicht die Verwertungsrechte an seinem Namen, sondern tritt er gegen Entgelt die Einnahmen aus den Werbeverträgen ab, dann sind diese Einnahmen (zunächst) weiterhin ihm zuzurechnen (VwGH 23.1.1996, 95/14/0139).
108
Einkünfte aus einem Nachlassvermögen sind ab dem Todestag dem oder den Erben (allenfalls im Verhältnis der Erbquoten) zuzurechnen, wobei anderweitige Vereinbarungen steuerrechtlich anerkannt werden können (VwGH 11. 12. 1990, 90/14/0079; VwGH 20.4.2004, 2003/13/0160).
Da der ruhende Nachlass einkommensteuerrechtlich nicht als Empfänger von Einkünften in Frage kommt, sondern die Einkünfte unmittelbar dem Erben zugerechnet werden, bedeutet dies, dass die zeitliche Zuordnung von Einnahmen und Ausgaben gemäß § 19 EStG 1988 beim Erben als dem Abgabepflichtigen so erfolgt, als ob die für die zeitliche Zuordnung maßgeblichen Sachverhaltselemente bei ihm selbst und nicht beim ruhenden Nachlass verwirklicht worden wären. Die vom ruhenden Nachlass erwirtschafteten Überschüsse werden auch in zeitlicher Hinsicht unmittelbar beim Erben erfasst und bei diesem der Einkommensteuer unterworfen (VwGH 29.6.2005, 2002/14/0146).
Kommt es vor oder im Zuge der Einantwortung zur Erbteilung in der Art, dass einzelne Nachlassgegenstände den einzelnen Erben zur Gänze übertragen werden, sind die bis dahin erzielten Einkünfte zur Gänze dem Erben zuzurechnen, der aufgrund der Erbteilung alleiniger Eigentümer der zu diesen Einkünften führenden Wirtschaftsgütern geworden ist.
Zur Aufteilung eines Nachlasses im Wege eines Erbübereinkommens siehe die in Rz 134a ff dargestellten Grundsätze.
108a
Der Grundsatz, dass die Einkünfte iZm der Verlassenschaft ab dem Todestag des Erblassers den Erben zuzurechnen sind, gilt auch für Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen. Wird ein Grundstück aus der Verlassenschaft veräußert, sind die Einkünfte entsprechend den Erbquoten auf alle Erben aufzuteilen. Zur Abfuhr der ImmoESt siehe Rz 6710.
109
In den Fällen der unentgeltlichen Übertragung der Einkunftsquelle gilt Folgendes:
Im Rahmen einer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ermittelte Einkünfte bzw. außerbetriebliche Einkünfte, die noch vom Erblasser (Rechtsvorgänger) erwirtschaftet worden sind, aber erst nach seinem Tod (der Übertragung der Einkunftsquelle) zufließen, sind nach dem Zuflussprinzip dem/den Erben (dem/den Rechtsnachfolger/n) zuzurechnen. Es bestehen aber keine Bedenken, die Einkünfte zeitanteilig zuzuordnen.
Bei Gewinnermittlung nach §§ 4 Abs. 1 und 5 EStG 1988 ist grundsätzlich zum Ablauf des Todestages (Übergabetages) eine Schlussbilanz aufzustellen. Erfolgt dies nicht, bestehen keine Bedenken, anstelle der Aufstellung einer Bilanz zum Todeszeitpunkt (Übergabezeitpunkt) die Einkünfte auf den Erblasser (Rechtsvorgänger) und die Erben (Rechtsnachfolger) zeitanteilig zuzuordnen.
In den Fällen der Voll- oder Teilpauschalierung bestehen keine Bedenken, die Einkünfte zwischen Übergeber und Übernehmer zeitanteilig zuzuordnen; zur Land- und Forstwirtschaft siehe Rz 5154.
110
Der ruhende Nachlass wird nur dann als Körperschaftsteuersubjekt angesehen, wenn keine Erben vorhanden sind oder diese die Erbschaft ausschlagen (vgl. VwGH 13.3.1997, 96/15/0102; VwGH 26.5.1998, 93/14/0191). Zur Abfuhr der ImmoESt im Falle der Grundstücksveräußerung aus dem Nachlass siehe Rz 108a.
Zur Aufteilung der Einkünfte bei ehelicher Gütergemeinschaft siehe Rz 1224
2.3.2 Fruchtgenuss
2.3.2.1 Allgemeines
111
Einkünfte aus einem Fruchtgenuss iSd ABGB sind dem Fruchtgenussberechtigten als eigene Einkünfte zuzurechnen, wenn er auf die Einkünfteerzielung Einfluss nimmt, indem er am Wirtschaftsleben teilnimmt und die Nutzungsmöglichkeiten nach eigenen Intentionen gestaltet (VwGH 4.3.1986, 85/14/0133; VwGH 28.11.2007, 2003/14/0065); maßgeblich ist dabei die tatsächliche, nach außen in Erscheinung tretende Gestaltung der Dinge (VwGH 15.12.2010, 2008/13/0012). Eine Einflussnahme auf die Einkünfteerzielung ist allerdings noch nicht gegeben, wenn bloß bereits abgeschlossene Mietverträge aufrecht erhalten werden oder Investitionsentscheidungen bloß im Rahmen einer Wohnungseigentümergemeinschaft mitgetroffen werden (VwGH 20.3.2014, 2011/15/0174; VwGH 22.10.2015, 2012/15/0146; VwGH 15.9.2016, Ra 2014/15/0012; VwGH 29.3.2017, Ra 2015/15/0052; VwGH 20.10.2021, Ra 2021/15/0008), ist eine Einflussnahmemöglichkeit nicht gegeben, findet keine Zurechnung der Einkünfte an den Fruchtgenussberechtigten statt.
Weitere Voraussetzung für die Zurechnung der Einkünfte ist auch, dass der Fruchtgenussberechtigte die Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Gegenstand des Fruchtgenusses trägt (insbesondere Erhaltungsaufwand, Abgaben und Zinsen); dass die Übernahme der laufenden Kosten in der Fruchtgenussvereinbarung nicht ausdrücklich geregelt ist, ist für sich genommen für die Zurechnung der Einkünfte an den Fruchtgenussberechtigten aber unschädlich, weil sich diese Verpflichtung bereits aus dem dispositiven Zivilrecht ergibt (VwGH 27.6.2013, 2009/15/0219 mit Verweis auf §§ 512 ff ABGB). Dem Fruchtgenussberechtigten darf daher nur der Nettoertrag verbleiben (Einnahmen abzüglich Aufwendungen).
Die Zurechnung der Einkünfte muss nicht mit der Zurechnung der zur Einkunftserzielung eingesetzten Wirtschaftsgüter zusammenfallen (siehe allerdings VwGH 25.2.2015, 2011/13/0003, wonach die Zurechnung von passiven Einkünften, insbesondere auch solchen aus Kapitalvermögen, grundsätzlich an denjenigen erfolgt, der das wirtschaftliche Eigentum an den die Einkünfte generierenden Vermögenswerten hat). Das zivilrechtliche Eigentum an einem Wirtschaftsgut allein sagt noch nichts darüber aus, wem die Einkünfte zuzurechnen sind (VwGH 14.6.1972, 0770/70, betreffend Zimmervermietung durch einen Ehegatten im Gebäude, das im Eigentum des anderen Ehegatten steht). Die AfA kann aber im Allgemeinen nur der wirtschaftliche Eigentümer, somit im Falle eines Fruchtgenusses regelmäßig nur der Fruchtgenussbesteller geltend machen, sofern bei ihm überhaupt eine Einkunftsquelle anzunehmen ist (VwGH 6.11.1991, 91/13/0074; siehe dazu Rz 124).
Randzahl 112: derzeit frei
113
Eine Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO ist vorzunehmen, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt sind (vgl. VwGH 27.10.1976, 0491/76 betreffend Fruchtgenuss an einem Miteigentumsanteil). Besteht der Fruchtgenuss am ganzen Betrieb, Mietobjekt oder sonstigen Vermögen, dann ist mangels gemeinsamer Einkunftserzielung eine Feststellung der Einkünfte von Fruchtnießer und Eigentümer idR nicht durchzuführen. Die sich beim wirtschaftlichen Eigentümer infolge Geltendmachung der AfA ergebenden negativen Einkünfte sind idR nicht ausgleichsfähig (vgl. Rz 102 f).
113a
Wird das zivilrechtliche Eigentum an Einkünfte generierende Wirtschafsgüter (Einkunftsquelle) unter Vorbehalt des Fruchtgenussrechtes übertragen, tritt keine Änderung bei der Zurechnung der erzielten Einkünfte ein; die Einkünfte sind daher grundsätzlich unverändert dem bisherigen Eigentümer und nunmehrigen Fruchtgenussberechtigten zuzurechnen (vgl. VwGH 27.1.2009, 2006/13/0166 mwN). Ist der Fruchtgenussberechtigte nicht zugleich wirtschaftlicher Eigentümer der zur Einkünfteerzielung verwendeten Wirtschaftsgüter, kann er die AfA für diese Wirtschaftsgüter nicht geltend machen (siehe Rz 111). Leistet aber der Fruchtgenussberechtigte dem Fruchtgenussbesteller eine Zahlung für Substanzabgeltung in Höhe der bisher geltend gemachten AfA, ist diese Zahlung beim ihm abzugsfähig, während der Fruchtgenussbesteller eine Einnahme in dieser Höhe erzielt, der die AfA als Ausgabe gegenübersteht. Die Geltendmachung der AfA beim Fruchtgenussbesteller ist allerdings nur möglich, wenn eine ausreichend publizitätswirksam dokumentierte vertragliche Vereinbarung zur Zahlung der Substanzabgeltung abgeschlossen wurde (beispielweise durch Errichtung eines Notariatsaktes; siehe dazu Rz 1132 ff) und die Zahlungen tatsächlich erfolgen. Wurde im Zeitpunkt der Übertragung unter Vorbehalt des Fruchtgenussrechtes eine solche Vereinbarung nicht getroffen, muss diese gesondert erfolgen. Die Geltendmachung der AfA kann dabei nicht rückwirkend erfolgen, sondern frühestens im dem Veranlagungszeitraum, für den erstmalig die Zahlung der Substanzabgeltung vorgenommen wird.
2.3.2.2 Vorbehaltsfruchtgenuss
114
Die unentgeltliche Übereignung eines Betriebes, eines Mietobjektes oder sonstigen Vermögens unter gleichzeitiger Zurückbehaltung des Fruchtgenussrechtes (Vorbehaltsfruchtgenuss) hat idR keine Änderung in der bisherigen Zurechnung der Einkünfte zur Folge (VwGH 3.12.1965, 2276/64; VwGH 14.9.1972, 0054/72; etwa bei unentgeltlicher Übertragung landwirtschaftlichen Vermögens unter Zurückbehaltung des Fruchtgenussrechtes; VwGH 25.6.1969, 1430/68, betreffend unentgeltliche Übertragung eines Anteiles an einer Personengesellschaft unter Vorbehalt des Fruchtgenussrechtes). Voraussetzung der Einkünftezurechnung an den Fruchtnießer ist, dass diesem die Disposition über die Einkünfte möglich ist (vgl. Rz 118).
114a
Bei entgeltlicher Übertragung eines Wirtschaftsgutes unter Vorbehalt des Nutzungsrechtes wird das um den Wert des Nutzungsrechtes verminderte Wirtschaftsgut übertragen (so genannte Nettomethode). Der Vorgang kann nicht in die Übertragung des unbelasteten Wirtschaftsgutes einerseits und die entgeltliche Einräumung eines Nutzungsrechtes durch den neuen Eigentümer andererseits zerlegt werden (so genannte Bruttomethode).
115
Verbleiben dem Fruchtnießer die Bruttoeinnahmen und trägt der Fruchtgenussbesteller die mit der Fruchtgenusssache verbundenen Aufwendungen (Bruttofruchtgenuss), dann ist der Fruchtnießer nicht unternehmerisch tätig. Es liegt bloß eine Verfügung über Einnahmen vor, die dem Fruchtgenussbesteller zuzurechnen sind. Bei Übereignung eines Vermögens unter Zurückbehaltung des lebenslänglichen Bruttofruchtgenusses sind die Einkünfte daher dem neuen Eigentümer zuzurechnen. Auf die geleisteten bzw. erhaltenen Bruttoerträge sind idR die Grundsätze über die Behandlung von Unterhaltsrenten anzuwenden (Rz 7047 ff).
115a
Ein Fruchtgenussrecht kann zivilrechtlich sowohl „der Ausübung nach“ als auch „der Substanz nach“ – mit obligatorischer oder mit dinglicher Wirkung sowie ganz oder nur zum Teil – an einen Dritten übertragen werden (vgl. VwGH 31.3.2017, Ra 2016/13/0029, mit Verweis auf OGH 21.2.2014, 5 Ob 157/13v sowie OGH 23.11.2010, 1 Ob 185/10b).
Wird das Fruchtgenussrecht „der Substanz nach“ übertragen, liegt aus ertragsteuerlicher Sicht eine Veräußerung vor, aus der sich folgende ertragsteuerlichen Auswirkungen ergeben können:
Gehört das Fruchtgenussrecht zum Betriebsvermögen des Fruchtgenussberechtigten, ist der Veräußerungserlös im Rahmen der jeweiligen betrieblichen Einkunftsart zu erfassen.
Gehört das Fruchtgenussrecht hingegen zum Privatvermögen des Fruchtgenussberechtigten, unterliegt die Veräußerung grundsätzlich nicht der Einkommensteuer (zu Fruchtgenussrechten an Kapitalvermögen siehe allerdings Rz 6143b). Einkünfte aus Spekulationsgeschäften gemäß § 31 EStG 1988 liegen in der Regel mangels Anschaffung des Vorbehaltsfruchtgenusses, Einkünfte aus Leistungen gemäß § 29 Z 3 EStG 1988 aufgrund der Wirtschaftsgutseigenschaft des Fruchtgenussrechtes nicht vor.
Der entgeltliche Verzicht des Fruchtgenussberechtigten auf das Fruchtgenussrecht (zugunsten des Eigentümers), stellt eine Vermögensumschichtung dar, die als Veräußerung des Fruchtgenussrechtes anzusehen ist, womit sich dieselben ertragsteuerlichen Auswirkungen ergeben (VwGH 31.3.2017, Ra 2016/13/0029 mwN).
Wird allerdings gegen Entgelt auf ein Fruchtgenussrecht verzichtet, das anlässlich der früheren Übertragung eines Wirtschaftsgutes vorbehalten wurde, sind die Übertragung des Wirtschaftsgutes unter Vorbehalt des Fruchtgenussrechtes und der spätere entgeltliche Verzicht auf das Fruchtgenussrecht in wirtschaftlicher Betrachtungsweise als einheitlicher Übertragungsvorgang anzusehen. In der Gesamtschau stellt dieser Vorgang eine Veräußerung des übertragenen Wirtschaftsgutes dar (siehe dazu auch Rz 6611). Das Entgelt für den Verzicht auf das Fruchtgenussrecht ist somit Veräußerungserlös (bzw. Teil des Veräußerungserlöses) für das übertragene Wirtschaftsgut (siehe VwGH 4.9.2014, 2011/15/0039, zum entgeltlichen Verzicht auf ein Vorbehaltsfruchtgenussrecht an Gesellschaftsanteilen). Die Veräußerung unterliegt in diesen Fällen dann der Steuerpflicht, wenn
dadurch ein Einkünftetatbestand verwirklicht wird (beispielsweise Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen gemäß § 30 EStG 1988 bei Verzicht auf ein Vorbehaltsfruchtgenussrecht an einem Grundstück), und
das Entgelt für den Verzicht – isoliert oder gemeinsam mit dem Entgelt, das anlässlich der Übertragung des Wirtschaftsgutes entrichtet wurde – die für die Beurteilung als entgeltliches Geschäft maßgebende Grenze erreicht (mindestens 75% des gemeinen Wertes des nicht um den Wert des Fruchtgenussrechtes verminderten übertragenen Wirtschaftsgutes zum Zeitpunkt des Verzichts auf das Fruchtgenussrechtes). Siehe dazu Rz 6625.
115b
Wird das Fruchtgenussrecht „der Ausübung nach“ entgeltlich an einen Dritten übertragen, stellt dies aus ertragsteuerlicher Sicht eine Nutzungsüberlassung dar. Dies führt – vergleichbar der Untervermietung durch einen Hauptmieter – zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung beim übertragenden Fruchtgenussberechtigten (VwGH 21.12.2010, 2009/15/0046; VwGH 31.3.2017, Ra 2016/13/0029; vgl. Rz 6409).
2.3.2.3 Zuwendungsfruchtgenuss
116
Wird das Fruchtgenussrecht unentgeltlich eingeräumt (Zuwendungsfruchtgenuss), muss dieser für eine gewisse Dauer bei rechtlich abgesicherter Position bestellt sein, wobei ein Zeitraum von 10 Jahren als ausreichend angesehen werden kann. Die Verbücherung des Fruchtgenussrechtes ist keine Voraussetzung für das Vorliegen einer rechtlich abgesicherten Position. Eine solche ist bereits dann gegeben, wenn ein entsprechender Vertrag über die unentgeltliche Einräumung des Fruchtgenussrechtes abgeschlossen und ausreichend publizitätswirksam dokumentiert wird (beispielweise durch Errichtung eines Notariatsaktes; siehe dazu Rz 1132 ff). Für das Vorliegen einer rechtlich abgesicherten Position ist es weiters notwendig, dass die Rechtsposition des Fruchtgenussberechtigten nicht durch den Fruchtgenussbesteller einseitig verändert oder entzogen werden kann (insbesondere durch Beendigung des Fruchtgenussrechtes). Ein Fruchtgenussvertrag, der vom Fruchtgenussbesteller – wenn auch unter Einhaltung einer Frist – jederzeit gekündigt werden kann, vermittelt daher keine rechtlich abgesicherte Position. Dies gilt ebenso, wenn die Kündigung zwar nicht jederzeit möglich ist, sondern nur bei Eintritt bestimmter Ereignisse (bzw. bei Vorliegen bestimmter Gründe), der Eintritt dieser Ereignisse allerdings jederzeit durch den Fruchtgenussbesteller bewirkt werden kann. Dies ist beispielsweise bei einer Vertragsklausel der Fall, wonach der Fruchtgenussvertrag bereits bei der Aufhebung der Lebensgemeinschaft des Fruchtgenussbestellers mit dem Fruchtgenussberechtigten endet (bzw. beendet werden kann). Ist hingegen die Beendigung nur für den Fall einer Scheidung vorgesehen („echte“ Scheidungsklausel), hat dies keine Auswirkung auf die rechtlich abgesicherte Position des Fruchtgenussberechtigten (BFG 24.05.2017, RV/3101092/2015).
Die Einkünfte aus einem durch letztwillige Verfügung eingeräumten Fruchtgenussrecht sind grundsätzlich dem Fruchtgenussberechtigten zuzurechnen. Ein testamentarischer Fruchtgenussberechtigter einer Liegenschaft ist idR nicht wirtschaftlicher Eigentümer (VwGH 28.11.2002, 2001/13/0257). Hat der Erbe die mit der Fruchtgenusssache verbundenen Aufwendungen zu tragen, sodass dem Fruchtgenussberechtigten die Bruttoerträge verbleiben (Bruttofruchtgenuss), dann sind die Einkünfte nicht ihm, sondern dem Erben zuzurechnen (VwGH 18.12.1964, 0439/64). Die vom Erben aus dem Rechtsgrund der Annahme der Erbschaft an den Fruchtgenussberechtigten geleisteten Bruttoerträge stellen beim Erben sofort Sonderausgaben gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 und gleichzeitig beim Fruchtgenussberechtigten sonstige Einkünfte gemäß § 29 Z 1 EStG 1988 dar (vgl. Rz 6602 ff).
117
Bei unentgeltlicher Fruchtgenussbestellung unter Lebenden sowie gegenüber unterhaltsberechtigten Personen ohne gleichzeitige Übereignung der dienstbaren Sache (Zuwendungsfruchtgenuss) sind die Einkünfte dem Fruchtnießer zuzurechnen, wenn er unternehmerisch tätig wird, dh. auf die Einkünfteerzielung Einfluss nimmt und Aufwendungen trägt. Das Nutzungsrecht muss für eine gewisse Dauer bei rechtlich abgesicherter Position des Berechtigten bestellt sein. Der Fruchtgenuss ist dem Fruchtnießer auch dann zuzurechnen, wenn er in Erfüllung einer gesetzlichen Unterhaltspflicht eingeräumt wird (VwGH 4.3.1986, 85/14/0133). Hingegen sind die Einkünfte im Zusammenhang mit einem Fruchtgenuss dem Besteller zuzurechnen, wenn in der Einräumung die Weitergabe von Einkommensteilen bzw. die Überlassung erzielter Einkünfte iSd § 20 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 zu erblicken ist (VwGH 27.10.1961, 0802/61; VwGH 28.4.1982, 3251/80); dies wird bei Zuwendung des Bruttofruchtgenusses idR der Fall sein, sodass die Bruttobeträge beim Empfänger nicht einkommensteuerpflichtig (auch nicht nach § 29 Z 1 EStG 1988) und beim Geber nicht abzugsfähig sind (auch nicht nach § 18 Abs. 1 Z 1 EStG 1988).
118
Die Zurechnung der Einkünfte aus einem Fruchtgenussrecht an Kapitalvermögen setzt voraus, dass die Disposition über die Einkünfteerzielung überhaupt möglich ist und dem Fruchtgenussberechtigten die Dispositionsbefugnis tatsächlich zukommt (etwa bei Dividenden, nicht hingegen zB bei Spareinlagen). Bei unentgeltlicher Bestellung des Fruchtgenussrechtes an einem bereits angelegten Kapital (§ 510 ABGB) sind die Einkünfte grundsätzlich daher weiterhin dem Fruchtgenussbesteller zuzurechnen (Überlassung künftiger Einkünfte, vgl. VwGH 12.2.1965, 1767/64; VwGH 19.2.1992, 91/14/0216). Einkünfte aus einem Fruchtgenussrecht an Kapitalanlagen (wie etwa an Kapitalanteilen), sofern die Einkünfte daraus dem Fruchtgenussberechtigten originär zuzurechnen sind (siehe Rz 111), fallen unter die Einkünfte aus Kapitalvermögen. Zur entgeltlichen Übertragung eines solchen Fruchtgenussrechtes siehe Rz 6143b.
119
Wird ein zugewendetes Fruchtgenussrecht entgeltlich übertragen – „der Ausübung nach“ oder „der Substanz nach“ – ergeben sich dieselben ertragsteuerlichen Auswirkungen wie beim Vorbehaltsfruchtgenussrecht (siehe Rz 115a f).
2.3.2.4 Fruchtgenuss zwischen nahen Angehörigen
120
Bei der Beurteilung der Fruchtgenussbestellung zwischen nahen Angehörigen sind die von der Rechtsprechung zu den Verträgen zwischen nahen Angehörigen entwickelten Kriterien zu beachten (VwGH 18.12.1978, 2790/77); siehe Rz 1127 ff, zur Gütergemeinschaft im Besonderen Rz 1224.
2.4 Persönliche Zurechnung der Wirtschaftsgüter
2.4.1 Allgemeines
121
Wirtschaftsgüter, die zum Zweck der Sicherung übereignet worden sind, werden demjenigen zugerechnet, der die Sicherung einräumt (Sicherungsgeber, § 24 Abs. 1 lit. a BAO). Wirtschaftsgüter, die zu treuen Handen übereignet oder für einen Treugeber erworben worden sind, werden dem Treugeber zugerechnet (§ 24 Abs. 1 lit. b und c BAO). Auch bei einer verdeckten Treuhandschaft ist das wirtschaftliche Eigentum am Treuhandvermögen dem Treugeber zuzurechnen (VwGH 16.3.1989, 89/14/0024; 20.9.1988, 87/14/0167; 27.11.2020, Ra 2019/15/0162).
Wirtschaftsgüter, über die jemand die Herrschaft gleich einem Eigentümer ausübt, werden diesem zugerechnet (§ 24 Abs. 1 lit. d BAO).
122
IdR ist dem zivilrechtlichen Eigentümer dieses Wirtschaftsgut auch steuerlich zuzurechnen. Ein Auseinanderfallen von zivilrechtlichem und wirtschaftlichem Eigentum ist dann anzunehmen, wenn ein anderer als der zivilrechtliche Eigentümer die positiven Befugnisse, die Ausdruck des zivilrechtlichen Eigentums sind, nämlich Gebrauch, Verbrauch, Veränderung, Belastung, Veräußerung, auszuüben in der Lage ist, und wenn er zugleich den negativen Inhalt des Eigentumsrechts, nämlich den Ausschluss Dritter von der Einwirkung auf die Sache, auch gegenüber dem Eigentümer auf Dauer, dh. auf die Dauer der voraussichtlichen wirtschaftlichen Nutzung, geltend machen kann (VwGH 24.11.1982, 81/13/0021).
Zur Einkünftezurechnung bei ausländischen Versicherungsprodukten siehe Rz 6209 ff.
2.4.2 Einzelheiten zum wirtschaftlichen Eigentum
123
Bloße Verwaltungs- und Nutzungsrechte bewirken noch nicht, dass der zivilrechtliche Eigentümer sein wirtschaftliches Eigentum an der mit Nutzungsrechten belasteten Sache verliert. Dem zivilrechtlichen Eigentümer ist aber eine Sache dann steuerlich nicht zuzurechnen, wenn besondere Umstände hinzukommen, die es dem Nutzungsberechtigten ermöglichen, mit der Sache wie ein Eigentümer zu schalten und zu walten (VwGH 29.6.1982, 81/14/0093; VwGH 29.6.1982, 82/14/0054).
124
Fassung für Übertragungsvorgänge bis 31. Dezember 2007:
Bei unentgeltlicher Übereignung einer Liegenschaft unter lebenslänglicher Zurückbehaltung des Nutzungsrechtes mit Veräußerungs-, Belastungs- und Bauverbot zu Gunsten des Fruchtnießers erfolgt die Zurechnung beim Fruchtnießer (VwGH 7.5.1969, 1814/68; VwGH 14.9.1972, 0054/72); ein Hotel etwa ist den Fruchtgenussberechtigten zuzurechnen, wenn diese den Kauf finanzieren, die Hoteleinrichtung erwerben und das Hotel selbst bewirtschaften (VwGH 17.9.1996, 92/14/0054).
Fassung für Übertragungsvorgänge ab 1. Jänner 2008:
Ein unentgeltlich übertragenes Gebäude unter lebenslänglicher Zurückbehaltung des Nutzungsrechtes mit Veräußerungs-, Belastungs- und Bauverbot zu Gunsten des Fruchtgenussberechtigten kann diesem zugerechnet werden. Die Einräumung und Verbücherung eines Veräußerungs- und Belastungsverbotes zugunsten des Fruchtgenussberechtigten kann aber alleine nicht dessen wirtschaftliches Eigentum begründen, es handelt sich um ein Indiz und es sind stets die Gesamtumstände zu berücksichtigen (VwGH 28.11.2007, 2007/14/0021). Ein Hotelgebäude etwa ist den Fruchtgenussberechtigten zuzurechnen, wenn diese den Kauf finanzieren, die Hoteleinrichtung erwerben und das Hotel selbst bewirtschaften (VwGH 17.9.1996, 92/14/0054).
In Anbetracht der zeitlich praktisch unbegrenzten Nutzungsdauer eines Grundstückes (Grund und Boden) können auf Lebenszeit eingeräumte Rechte (zB Vorkaufsrecht, Fruchtgenussrecht) kein wirtschaftliches Eigentum am Grund und Boden vermitteln; für die Frage des wirtschaftlichen Eigentums kommt insbesondere dem Umstand, wer die Chance von Wertsteigerungen bzw. das Risiko von Wertminderungen trägt, besonderes Gewicht zu (VwGH 12.12.2007, 2006/15/0123; VwGH 19.10.2016, Ra 2014/15/0039). Die Vereinbarung, den Fruchtgenussberechtigten im Falle der Veräußerung des betreffenden Grundstücks bloß am Veräußerungserlös zu beteiligen, stellt noch keine ausreichende Chancen- bzw. Risikotragung bezüglich der Wertveränderungen des Grundstückes dar. Von einer solchen kann ausgegangen werden, wenn im Fruchtgenussbestellungsvertrag (oder in einer Nebenvereinbarung) vereinbart ist, dass der Fruchtgenussberechtigte eine Veräußerung des Grundstückes erwirken und er diesfalls die Wertsteigerung lukrieren kann oder dem Eigentümer eine allfällige Wertminderung ersetzen muss.
125
Ein Nutzungsrecht an einem GmbH-Anteil auf unbestimmte Zeit mit Veräußerungs- und Belastungsverbot sowie Ausübung des Stimmrechts zu Gunsten des Nutzungsberechtigten wird diesem zugerechnet (VwGH 11.11.1975, 0434/75; VwGH 26.6.1984, 83/14/0258).
Erteilt der zivilrechtliche Anteilsinhaber einer GmbH einem anderen eine Vollmacht, der zufolge der „Vollmachtnehmer“ unbeschränkt, unbefristet und unwiderruflich ermächtigt wird, alle Gesellschaftsrechte (Ausübung des Stimmrechts, Empfang ausgeschütteter Gewinne) wahrzunehmen und auch über die Gesellschaftsanteile – etwa durch Abtretung an dritte Personen – zu verfügen, ist nicht der zivilrechtliche Anteilsinhaber als wirtschaftlicher Eigentümer anzusehen, sondern der „Bevollmächtigte“ (VwGH 08.07.2009, 2006/15/0264).
126
Gebäude auf fremdem Grund und Boden (VwGH 13.9.1973, 0495/72) und Mieter-(Pächter-) investitionen (VwGH 4.2.1976, 1338/75; VwGH 17.5.1977, 1934/76; VwGH 19.3.2002, 99/14/0286) werden den Nutzungsberechtigten zugerechnet, es sei denn, das Gebäude bzw. die Investition gehen auf Grund der tatsächlichen und rechtlichen Gestaltung in das wirtschaftliche Eigentum des Liegenschaftseigentümers über (VwGH 25.2.1970, 1794/68).
127
Ein Miet- oder Pachtverhältnis begründet im Allgemeinen selbst dann nicht wirtschaftliches Eigentum des Mieters (Pächters), wenn dieser die Gefahr der Verschlechterung und Ersatzbeschaffung trägt. Dieser Gesichtspunkt könnte allenfalls von Bedeutung sein, wenn zwischen Vermieter (Verpächter) und Mieter (Pächter) ein angemessener von vornherein festgesetzter Preis für den künftig vorgesehenen Verkauf vereinbart wird, den der Mieter (Pächter) auch bei allfälliger Wertminderung entrichten muss (vgl. VwGH 25.9.1984, 81/14/0167).
128
Wirtschaftlicher Eigentümer abnutzbarer Gegenstände ist grundsätzlich derjenige, der auf Dauer – das ist auf die Zeit der möglichen Nutzung – die tatsächliche Herrschaftsmacht auszuüben in der Lage und imstande ist, andere von der Verfügungsgewalt und der Nutzung auszuschließen (VwGH 16.3.1989, 88/14/0055).
129
Das Fehlen einer schriftlichen Treuhandvereinbarung und die jahrzehntelange Nichtentlohnung des behaupteten Treuhandverhältnisses lassen die Annahme des wirtschaftlichen Eigentums des angeblichen Treuhänders schlüssig erscheinen (VwGH 24.6.1997, 95/14/0030).
130
Wer über Bankkonten und Wertpapierdepots eigentümerähnlich verfügt, dem sind diese auch zuzurechnen (VwGH 26.5.1993, 90/13/0155).
131
Das im zivilrechtlichen Eigentum des einen Ehegatten stehende Gebäude(teil) ist insoweit dem anderen zuzurechnen, als dieser auf eigene Kosten umfangreiche Investitionen durchführt und fremdübliche Nutzungsvereinbarungen fehlen (VwGH 30.6.1976, 0622/75; VwGH 21.4.1971, 1804/69; VwGH 20.9.1983, 83/14/0007). Diese Zurechnung erstreckt sich nicht auf den Grund und Boden.
132
Mit der Anschaffung eines Wirtschaftsgutes wird der Erwerber zumindest wirtschaftlicher Eigentümer mit der Folge, dass das Wirtschaftsgut ihm und nicht dem Veräußerer zuzurechnen ist. Der Erwerber einer Liegenschaft (zB einer Eigentumswohnung) wird noch vor der Eintragung im Grundbuch mit der tatsächlichen Übergabe wirtschaftlicher Eigentümer der Liegenschaft. Die dingliche Berechtigung muss somit nur noch durch ein einseitiges Gestaltungsrecht erzwingbar sein (VwGH 9.6.1986, 84/15/0229).
133
Der Käufer einer Sache unter Eigentumsvorbehalt ist idR wirtschaftlicher Eigentümer (VwGH 3.5.1983, 82/14/0243; VwGH 20.9.1988, 88/14/0105).
134
Für die Zurechnung von Wirtschaftsgütern bei Verträgen mit Elementen einer Anschaffung und einer bloßen Nutzungsüberlassung ist entscheidend, ob die Merkmale eines Anschaffungs-(Veräußerungs-)geschäftes oder einer bloßen Nutzungsüberlassung überwiegen (VwGH 16.11.1954, 1512/52, betreffend Leibrentenvertrag im rechtlichen Kleide eines Pachtvertrages; VwGH 20.10.1967, 0269/67, betreffend Verpachtung mit Kaufoption).
2.4.3 Erbauseinandersetzung
Die zur Erbmasse gehörenden Wirtschaftsgüter sowie Betriebe gehen entsprechend des Umfanges der Erbteile bereits mit dem Todestag des Erblassers auf die Erben über (siehe Rz 9). Bis zur Rechtskraft der Einantwortung besteht daher zwischen den Miterben bezüglich der Wirtschaftsgüter der Verlassenschaft eine Miteigentümergemeinschaft bzw. bezüglich in der Verlassenschaft befindlicher Betriebe eine Mitunternehmerschaft der Erben. Kommt es vor der Einantwortung zu einer Erbauseinandersetzung unter den Erben, ist zu beurteilen, ob die Übertragung steuerlicher Miteigentumsanteile bzw. Mitunternehmeranteile gegen Leistung eines Wertausgleichs zwischen den Erben eine Veräußerung oder eine Nachlassteilung ohne Veräußerungscharakter (Tauschcharakter) darstellt. Diese Beurteilung ist auch dann vorzunehmen, wenn die Aufteilung des Nachlasses aufgrund einer letztwilligen Verfügung des Erblassers erfolgt, indem etwa angeordnet wird, dass einer der Erben ein Grundstück aus der Verlassenschaft bekommt und der andere eine Ausgleichszahlung erhalten muss. Die konkrete zivilrechtliche Ausgestaltung der letztwilligen Verfügung ist nicht relevant.
Werden vom Erblasser Vermächtnisse auferlegt, muss unterschieden werden:
- Ist der Vermächtnisnehmer (Legatar) auch testamentarischer oder unter Ausblendung eines allfällig vorhandenen Testamentes gesetzlicher Erbe, kommen die untenstehenden Beurteilungsgrundsätze zur Anwendung;
- Ist der Vermächtnisnehmer hingegen nicht gesetzlicher Erbe, stellen Geldlegate und Sachlegate ohne Gegenleistungsverpflichtung stets unentgeltliche Vorgänge dar.
Für die Beurteilung, ob die Übertragung steuerlicher Miteigentumsanteile an Wirtschaftsgütern bzw. Mitunternehmeranteile des Nachlasses gegen Leistung eines Wertausgleichs zwischen den Erben eine Veräußerung oder eine Nachlassteilung ohne Veräußerungscharakter (Tauschcharakter) darstellt, gilt Folgendes:
1. Die Übertragung eines Anteiles an einem Nachlassgegenstand (zB Grundstück) gegen die Gewährung von anderen Wirtschaftsgütern des Nachlasses (zB Sparbuch, Grundstück, Bargeld) stellt eine steuerneutrale Erbauseinandersetzung dar. Werden Wirtschaftsgüter und damit in Zusammenhang stehende Verbindlichkeiten übernommen, kürzt die übernommene Verbindlichkeit den gemeinen Wert des Wirtschaftsgutes; übernommene allgemeine Verbindlichkeiten stellen eine zusätzliche Ausgleichsleistung aus dem Nachlass dar.
Ist im Nachlass ausreichend Barvermögen für die Begleichung der Ausgleichsansprüche vorhanden, ist es unerheblich, ob das Geld tatsächlich aus dem Nachlass oder aus nachlassfremden Mitteln geleistet wird. Es liegt im Ausmaß des im Nachlass vorhandenen Barvermögens eine Ausgleichszahlung aus Mitteln des Nachlasses vor.
Aus dem Nachlass stammt eine Ausgleichszahlung auch dann, wenn die verwendeten Geldmittel aus der Veräußerung des von der Erbauseinandersetzung betroffenen Grundstücks durch den übernehmenden Erben stammen.
Bei einer Mehrzahl von Ausgleichszahlungsempfängern ist jener Teil der Ausgleichszahlungen, der aus nachlassfremden Mitteln stammt, im Verhältnis der tatsächlich erfolgten Ausgleichszahlung auf die Empfänger der Ausgleichszahlungen aufzuteilen.
2. Wird für die Übertragung eines Anteils an einem Nachlassgegenstand ein Wertausgleich aus nachlassfremden Mitteln geleistet (zB Ausgleichszahlung aus den Mitteln eines Miterben), liegt eine Veräußerung vor, wenn der Wertausgleich mindestens die Hälfte des gemeinen Wertes des übertragenen Wirtschaftsgutes ausmacht (§ 20 Abs. 1 Z 4 EStG 1988); bei einer Ausgleichszahlung, die zum Teil auch aus dem Nachlassvermögen und zum Teil aus nachlassfremden Mitteln erfolgt, ist für die Beurteilung, ob eine Veräußerung oder eine steuerneutrale Auseinandersetzung verwirklicht wird, nur der nachlassfremde Teil heranzuziehen. Betrifft eine Ausgleichszahlung mehrere Wirtschaftsgüter, ist die Ausgleichszahlung im Verhältnis der gemeinen Werte zuzuordnen. Dabei sind allerdings alle zu diesem Zeitpunkt steuerhängigen Wirtschaftsgüter zusammenzufassen. In diesem Fall ist die für das Vorliegen einer Veräußerung relevante Wertgrenze die Hälfte des zustehenden Anteils (Erbquote; siehe Z 3) am gemeinen Wert aller zu diesem Zeitpunkt steuerhängigen Wirtschaftsgüter des Nachlassvermögens (ausgenommen Geldbeträge). Die mit diesen Wirtschaftsgütern unmittelbar zusammenhängenden Verbindlichkeiten sind vom gemeinen Wert in Abzug zu bringen; besteht kein unmittelbarer Zusammenhang, sind die Verbindlichkeiten im Verhältnis der gemeinen Werte der steuerhängigen und der nicht steuerhängigen Wirtschaftsgüter aufzuteilen und der auf die steuerhängigen Wirtschaftsgüter entfallende Teil von deren gemeinen Werten in Abzug zu bringen; allgemeine Verbindlichkeiten sind für Zwecke der Zuordnung der Ausgleichszahlung jedoch dann nicht von den gemeinen Werten der Nachlasswirtschaftsgüter in Abzug zu bringen, wenn die Verbindlichkeit vom die Ausgleichszahlung leistenden Erben ebenfalls übernommen wird. Je nach Art der betroffenen Wirtschaftsgüter können im Falle einer Veräußerung betriebliche (zB § 24 EStG 1988) oder außerbetriebliche Einkünfte (zB § 30 EStG 1988) vorliegen.
3. Der dem Erben zustehende Anteil ergibt sich aus der gesetzlichen oder letztwillig verfügten Erbquote. Wird von einem Erben entschädigungslos auf den Erbteil verzichtet, ist dessen Erbquote verhältnismäßig auf die verbleibenden Erben aufzuteilen. Erfolgt der Erbverzicht zu Gunsten eines bestimmten Erben, ist die Erbquote des Verzichtenden ausschließlich jenem Erben zuzurechnen. Erfolgt ein Erbverzicht gegen Entschädigung, zieht der Erbverzicht dieselben steuerlichen Folgen nach sich wie eine Erbauseinandersetzung (siehe dazu Z 2) und bewirkt keine Abweichung von den gesetzlichen oder letztwillig verfügten Erbquoten.
4. Es bestehen keine Bedenken, die Übertragung eines Wirtschaftsgutes durch einen Pflichtteilsberechtigten gegen Leistung einer Ausgleichszahlung aus nachlassfremden Mitteln in Höhe des Pflichtteiles (bezogen auf den gesamten Erbteil und nicht nur auf den auf den Pflichtteilsberechtigten entfallenden Anteil am übertragenen Wirtschaftsgut) als steuerneutrale Erbauseinandersetzung zu beurteilen. Übersteigt die Ausgleichszahlung die Höhe des Pflichtteils, liegt insgesamt ein entgeltlicher Vorgang vor.
5. Sind im Nachlass zur Tragung der Todfallskosten keine ausreichenden liquiden Mittel vorhanden, bestehen keine Bedenken, die Todfallskosten bei der Beurteilung der Entgeltlichkeit der Erbauseinandersetzung außer Ansatz zu lassen.
6. Keine steuerlich relevante Erbauseinandersetzung liegt dann vor, wenn ein Nachlassgrundstück einem Miterben eingeantwortet wird, dieser sich aber verpflichtet hat, dieses Grundstück zu veräußern und den Veräußerungserlös mit den anderen Miterben verhältnismäßig zu teilen. In diesem Fall tritt der das Grundstück erhaltende und veräußernde Erbe als Treuhänder für die anderen Erben auf, so dass die Grundstücksveräußerung auch diesen Erben im Verhältnis ihrer Anteile zuzurechnen ist (siehe zur Grundstücksveräußerung durch eine Miteigentümergemeinschaft Rz 6681).
Beispiel 1 (Übertragung eines Grundstücksanteiles gegen Ausgleichszahlung):
Ein Nachlass besteht aus einem Grundstück (gemeiner Wert 70.000 Euro) und Geldeinlagen in Höhe von 100.000 Euro. Es gibt kein Testament. Erbberechtigt sind die Kinder A und B je zur Hälfte. Diese kommen überein, dass das Grundstück von A übernommen werden soll. Im Gegenzug bekommt B zusätzlich zu seinem Anteil an den im Nachlass befindlichen Geldeinlagen (50.000 Euro) als Ausgleich 35.000 Euro aus diesen Geldeinlagen. Der Wertausgleich erfolgt ausschließlich durch Mittel aus dem Nachlass; es liegt daher kein Veräußerungsvorgang vor.
Beispiel 2 (Übertragung eines Grundstücksanteiles gegen Ausgleichszahlung):
Ein Nachlass besteht aus einem Grundstück (gemeiner Wert 70.000 Euro). Es gibt kein Testament. Erbberechtigt sind die Kinder A und B je zur Hälfte. Diese kommen überein, dass das Grundstück von A übernommen werden soll. Im Gegenzug muss A dem B für seinen Anteil am Grundstück einen Wertausgleich leisten. A zahlt daher an den B entsprechend dem Wert des halben Grundstücks 35.000 Euro aus seinem Vermögen. Da die Geldzahlung aus nachlassfremden Mitteln entrichtet wird und den halben gemeinen Wert des bemessenen Erbteiles (17.500 Euro) des B übersteigt, liegt eine Veräußerung des steuerlichen Miteigentumsanteiles des B am Grundstück vor.
Beispiel 2a (Übertragung eines Grundstücksanteiles gegen Ausgleichszahlung in Höhe des Pflichtteiles):
Ein Nachlass im Gesamtwert von 200.000 Euro besteht aus einem Grundstück (gemeiner Wert 100.000 Euro) und weiteren nicht steuerhängigen Vermögenswerten. Es gibt kein Testament. Erbberechtigt sind die Kinder A und B je zur Hälfte. Diese kommen überein, dass das Grundstück von A übernommen werden soll. Im Gegenzug muss A dem B für seinen Anteil am Grundstück einen Wertausgleich leisten. A zahlt daher an den B entsprechend dem Wert des halben Grundstücks 50.000 Euro aus seinem Vermögen. Da die Geldzahlung aus nachlassfremden Mitteln entrichtet wird und den halben gemeinen Wert des Anteiles des B am Grundstück (25.000 Euro) übersteigt, läge grundsätzlich eine Veräußerung des steuerlichen Miteigentumsanteiles des B am Grundstück vor. Da allerdings die Ausgleichszahlung den Pflichtteilsanspruch des A (50.000 Euro) nicht übersteigt, liegt eine steuerneutrale Nachlassteilung vor.
Beispiel 3 (Wechselseitige Übertragung von Grundstücksanteilen unter Berücksichtigung einer Ausgleichszahlung):
Ein Nachlass besteht aus dem Grundstück 1 (gemeiner Wert 60.000 Euro), dem Grundstück 2 (gemeiner Wert 100.000 Euro). Es gibt kein Testament. Erb- und Pflichtteilsberechtigt sind die Kinder A und B je zur Hälfte. Diese kommen überein, dass A das Grundstück 1 und B das Grundstück 2 übernehmen soll. Im Gegenzug muss B dem A eine Ausgleichszahlung in Höhe von 20.000 Euro für die Übertragung seines Anteiles an Grundstück 2 leisten.
Für die Beurteilung der relevanten Grenze, ab der die Ausgleichszahlung für die Übertragung des Anteiles an Grundstück 2 eine Veräußerung durch A darstellt, kann auf die Hälfte der halben gemeinen Werte beider Grundstücke (160.000/4 = 40.000 Euro) abgestellt werden. Die Ausgleichszahlung in Höhe von 20.000 Euro erreicht nicht die Hälfte der halben gemeinen Werte der Grundstücke (40.000 Euro); es liegt daher eine steuerneutrale Nachlassteilung vor.
Beispiel 4 (Wechselseitige Übertragung von Grundstücksanteilen und anderer Nachlassgegenstände unter Berücksichtigung einer Ausgleichszahlung):
Ein Nachlass besteht aus dem Grundstück 1 (gemeiner Wert 60.000 Euro), dem Grundstück 2 (gemeiner Wert 100.000 Euro) und einem Gemälde (gemeiner Wert 150.000 Euro). Es gibt kein Testament. Erb- und Pflichtteilsberechtigt sind die Kinder A und B je zur Hälfte. Diese kommen überein, dass A das Grundstück 1 und B das Grundstück 2 sowie das Gemälde übernehmen soll. Im Gegenzug muss B dem A eine Ausgleichszahlung in Höhe von 95.000 Euro für die Übertragung seiner Anteile an Grundstück 2 und dem Gemälde leisten.
Für die Beurteilung der relevanten Grenze, ab der die Ausgleichszahlung für die Übertragung des Anteiles an Grundstück 2 eine Veräußerung durch A darstellt, kann auf die Hälfte der halben gemeinen Werte beider Grundstücke (160.000/4 = 40.000 Euro) abgestellt werden. Die auf das Gemälde entfallende Ausgleichszahlung ist nicht zu berücksichtigen, weil es nicht steuerhängig ist. Die Ausgleichszahlung ist daher im Verhältnis der gemeinen Werte der Anteile von A am Grundstück 2 und an dem Gemälde aufzuteilen. Dies ergibt ein Verhältnis von 1:1,5 (50.000:75.000). Von der gesamten Ausgleichszahlung entfallen daher 38.000 Euro auf das Grundstück 2; dies macht weniger als die Hälfte der halben gemeinen Werte der Grundstücke (40.000 Euro) aus; es liegt daher eine steuerneutrale Nachlassteilung vor.
Beispiel 5 (Wechselseitige Übertragung von Grundstücksanteilen und anderer Nachlassgegenstände unter Berücksichtigung einer Ausgleichszahlung):
Ein Nachlass besteht aus dem Grundstück 1 (Anschaffungskosten 40.000 Euro; gemeiner Wert 90.000 Euro), dem Grundstück 2 (Anschaffungskosten 60.000 Euro; gemeiner Wert 260.000 Euro) und einem Gemälde (gemeiner Wert 130.000 Euro). Die je zur Hälfte erbberechtigten Erben A und B kommen überein, dass A das Grundstück 1 und B das Grundstück 2 sowie das Gemälde übernehmen soll. Im Gegenzug muss B dem A eine Ausgleichszahlung in Höhe von 150.000 Euro für die Übertragung seiner Anteile an Grundstück 2 und dem Gemälde leisten.
Für die Beurteilung der relevanten Grenze, ab der die Ausgleichszahlung für die Übertragung des Anteiles an Grundstück 2 eine Veräußerung durch A darstellt, kann auf die Hälfte der halben gemeinen Werte beider Grundstücke (350.000/4 = 87.500 Euro) abgestellt werden. Die auf das Gemälde entfallende Ausgleichszahlung ist nicht zu berücksichtigen, weil es nicht steuerhängig ist. Die Ausgleichszahlung ist daher im Verhältnis der gemeinen Werte der Anteile von A an Grundstück 2 und an dem Gemälde aufzuteilen. Dies ergibt ein Verhältnis von 2:1 (130.000:65.000). Von der gesamten Ausgleichszahlung entfallen daher 100.000 Euro auf das Grundstück 2; dies macht mehr als die Hälfte der halben gemeinen Werte der Grundstücke aus; es liegt daher eine Veräußerung des Grundstücksanteiles von A an den B vor.
Beispiel 6 (Übertragung eines Grundstücksanteiles gegen Ausgleichszahlung bei testamentarischer Erbfolge):
Ein Nachlass besteht aus einem Grundstück (gemeiner Wert 80.000 Euro). Laut Testament sind A und B Erben, wobei allerdings A ¾ und B ¼ des Nachlasses erhalten sollen. Diese kommen überein, dass das Grundstück von A übernommen werden soll. Im Gegenzug muss A dem B für seinen Anteil am Grundstück einen Wertausgleich leisten. A zahlt daher an den B entsprechend dem Wert des Viertelanteiles am Grundstück 20.000 Euro aus seinem Vermögen. Da die Geldzahlung aus nachlassfremden Mitteln entrichtet wird und den halben gemeinen Wert des bemessenen Erbteiles (10.000 Euro) des B übersteigt, liegt eine Veräußerung des steuerlichen Miteigentumsanteiles des B am Grundstück vor.
Variante (Übertragung eines Grundstücksanteiles gegen Ausgleichszahlung in Höhe des Pflichtteiles bei testamentarischer Erbfolge):
A und B sind Kinder des Erblassers, womit sie nach der gesetzlichen Erbfolge jeweils 50% des Nachlasses erhalten müssten; der gesetzliche Pflichtteil beträgt 50% des gesetzlichen Erbteiles. Da eine Reduktion des gesetzlichen Pflichtteils durch Testament nicht möglich ist, entspricht die wertäquivalente Ausgleichszahlungszahlung in Höhe von 20.000 Euro dem gesetzlichen Pflichtteil des B. Es liegt daher eine steuerneutrale Nachlassteilung vor.
Beispiel 7 (Wechselseitige Übertragung von Grundstücksanteilen unter Berücksichtigung einer Ausgleichszahlung bei testamentarischer Erbfolge):
Ein Nachlass besteht aus dem Grundstück 1 (gemeiner Wert 100.000 Euro), dem Grundstück 2 (gemeiner Wert 60.000 Euro). Laut Testament sind A und B Erben, wobei allerdings A ¾ und B ¼ des Nachlasses erhalten sollen. Diese kommen überein, dass das Grundstück 1 von A und das Grundstück 2 von B übernommen werden soll. Da die Werte der Grundstücke nicht den bemessenen Erbteilen entsprechen, muss B dem A einen Wertausgleich in Höhe von 20.000 Euro leisten.
Für die Beurteilung der relevanten Grenze, ab der die Ausgleichszahlung für die Übertragung des Anteiles an Grundstück 2 eine Veräußerung durch A darstellt, kann auf die Hälfte des gemeinen Wertes des dem A zustehenden Anteils am gemeinen Wert aller zu diesem Zeitpunkt steuerhängigen Wirtschaftsgüter des Nachlassvermögens abgestellt werden. In diesem Fall sind das 60.000 Euro (auf A entfallen ¾ des Nachlasswertes von 160.000 Euro; das sind 120.000 Euro; die Hälfte davon beträgt 60.000 Euro).
Die Ausgleichszahlung durch B macht daher weniger als die Hälfte des gemeinen Wertes des dem A zustehenden Anteils am gemeinen Wert der steuerhängigen Wirtschaftsgüter des Nachlassvermögens aus; es liegt daher eine steuerneutrale Nachlassteilung vor.
Beispiel 8 (Übertragung eines Grundstücksanteiles gegen Übernahme von Nachlassverbindlichkeiten und Leistung einer Ausgleichszahlung):
Ein Nachlass besteht aus einem Grundstück (gemeiner Wert 100.000 Euro) und einer Verbindlichkeit (50.000 Euro) auf Grund der Anschaffung des Grundstückes. Die Erben A und B kommen überein, dass A sowohl das Grundstück als auch die gesamte Verbindlichkeit übernehmen soll. Im Gegenzug erhält B eine Ausgleichszahlung von 20.000 Euro.
Da die Verbindlichkeit mit dem Grundstück in Zusammenhang steht, ist der gemeine Wert des Grundstückes zu kürzen. Auf B entfiele daher bei einer Aufteilung entsprechend der gesetzlichen Erbfolge ein Erbteil von 25.000 Euro. Die Ausgleichszahlung von 20.000 Euro beträgt mehr als die Hälfte des (gekürzten) gemeinen Wertes des dem B zustehenden Anteils. Es liegt daher eine Veräußerung des Miteigentumsanteiles durch B vor.
Liegt auf Grund der Höhe des Wertausgleichs aus nachlassfremden Mitteln ein Veräußerungsvorgang (zB eines Grundstücksanteiles) vor, ist der Veräußerungserlös die geleistete Ausgleichszahlung zuzüglich des gemeinen Wertes sonstiger aus dem Nachlass für dieses Wirtschaftsgut geleisteter Abfindungen; dies gilt auch für Verbindlichkeiten, soweit diese durch den Übernehmer zusätzlich übernommen wurden.
Beispiel 1:
Ein Nachlass besteht einerseits aus einem Betrieb mit einem Buchwert von 60.000 Euro und einem gemeinen Wert von 200.000 Euro.
Die Erben A und B kommen vor Einantwortung überein, dass A den Betrieb erhält, im Gegenzug muss A eine Ausgleichszahlung in Höhe von 100.000 Euro entrichten. Da die Ausgleichszahlung die Hälfte des gemeinen Wertes des übertragenen Betriebsanteiles übersteigt, ist für B die Übertragung des Anteils am Betrieb daher als Veräußerungsvorgang iSd § 24 EStG 1988 zu werten. Der Veräußerungsgewinn beträgt:
Veräußerungserlös | 100.000 Euro |
– 50% des Buchwertes des Betriebes | -30.000 Euro |
Veräußerungsgewinn | 70.000 Euro |
A hat die Hälfte des Betriebes entgeltlich erworben; seine Anschaffungskosten betragen 100.000 Euro. Hinsichtlich des auf ihn im Erbweg übergehenden Hälfteanteiles führt er 50% des Buchwertes des Betriebes (30.000 Euro) fort.
Beispiel 2:
Ein Nachlass besteht aus dem Grundstück 1 (Anschaffungskosten 40.000 Euro; gemeiner Wert 90.000 Euro), dem Grundstück 2 (Anschaffungskosten 60.000 Euro; gemeiner Wert 260.000 Euro) und einem Gemälde (gemeiner Wert 130.000 Euro). Die je zur Hälfte erbberechtigten Erben A und B kommen überein, dass A das Grundstück 1 und B das Grundstück 2 sowie das Gemälde übernehmen soll. Im Gegenzug muss B dem A eine Ausgleichszahlung in Höhe von 150.000 Euro für die Übertragung seiner Anteile an Grundstück 2 und dem Gemälde leisten (davon entfallen 100.000 Euro auf den Grundstücksanteil). Die Übertragung des Anteils an Grundstück 2 durch A stellt eine Veräußerung dar (siehe Beispiel 5 in Rz 134b). Der Veräußerungsgewinn beträgt:
Veräußerungserlös (Ausgleichszahlung plus erhaltener
Grundanteil an Grundstück 1, 100.000 + 30.0001)) |
130.000 Euro |
– 50% AK Grundstück 2 | -30.000 Euro |
Veräußerungsgewinn |
100.000 Euro |
Für B stellt die Übertragung seiner Quote an Grundstück 1 im Wert von 45.000 Euro an A mangels erhaltener Ausgleichszahlung keinen Veräußerungsvorgang dar.
Die im Zuge der Erbauseinandersetzung jeweils übertragenen Grundstücksanteile sind bei A bzw. B wie folgt zu bewerten:
Anteil an Grundstück 2 bei B: B hat diesen Anteil entgeltlich erworben; seine Anschaffungskosten betragen 130.000 Euro (= 100.000 Euro Ausgleichszahlung plus 30.000 Euro Sachabfindung durch Anteil an Grundstück 11)); Anschaffungskosten des gesamten Grundstückes bei B daher 160.000 Euro (130.000 Euro Abfindung + anteilige historische AK von 30.000 Euro).
Anteil an Grundstück 1 bei A: Der Erwerb des Anteiles an Grundstück 1 stellt bei A einen unentgeltlichen Vorgang dar. Daher ist das gesamte Grundstück durch A unentgeltlich erworben worden und es sind die historischen Anschaffungskosten des Erblassers als Anschaffungskosten des A anzusetzen (40.000 Euro).
1) Entsprechend der Ausgleichszahlung ist auch der als Ausgleich übertragene Grundanteil im Verhältnis 2:1 (siehe Beispiel 5 in Rz 134b) aufzuteilen.
Beispiel 3:
Ein Nachlass besteht aus einem Grundstück (gemeiner Wert 100.000 Euro; Anschaffungskosten 30.000 Euro) und einer Verbindlichkeit (50.000 Euro) auf Grund der Anschaffung des Grundstückes. Die Erben A und B kommen überein, dass A sowohl das Grundstück als auch die gesamte Verbindlichkeit übernehmen soll. Im Gegenzug erhält B eine Ausgleichszahlung von 20.000 Euro.
Da die Verbindlichkeit mit dem Grundstück in Zusammenhang steht, ist der gemeine Wert des Grundstückes zu kürzen. Die Ausgleichszahlung von 20.000 Euro beträgt mehr als die Hälfte des (gekürzten) gemeinen Wertes des dem B zustehenden Anteils. Es liegt daher eine Veräußerung des Miteigentumsanteiles durch B vor (siehe Beispiel 8 in Rz 134b). Der Veräußerungsgewinn beträgt:
Veräußerungserlös (Ausgleichszahlung plus von A übernommene
Verbindlichkeit 20.000 + 25.000) | 45.000 Euro |
– 50% AK Grundstück | -15.000 Euro |
Veräußerungsgewinn | 30.000 Euro |
Erwirbt ein Erbe vor Einantwortung die gesamte Verlassenschaft gegen Abfindungszahlungen an die anderen Erben, ist ein solcher Vorgang ebenfalls entweder als entgeltliches Rechtsgeschäft (Anschaffung bzw. Veräußerung, VwGH 19.10.1993, 89/14/0052) oder als unentgeltliche Übertragung (gemischte Schenkung, VwGH 18.2.1999, 97/15/0021) zu beurteilen. Dies gilt auch für den Fall, dass die übrigen Erben zu Gunsten eines Miterben (oder eines Dritten) entgeltlich auf ihr Erbrecht verzichten (qualifizierte Erbausschlagung). Durch den qualifizierten Verzicht wird über das Erbrecht und damit wirtschaftlich über die im Nachlass befindlichen Wirtschaftsgüter verfügt. Somit ist der Nachlass ab dem Tod des Erblassers den Erben zuzurechnen. Dies bedeutet, dass die Veräußerung einzelner Wirtschaftsgüter aus der Verlassenschaft vor der qualifizierten Erbausschlagung auch einem später verzichtenden Erben im Ausmaß seines Erbanteils zuzurechnen ist.
Erfolgt die qualifizierte Erbausschlagung unentgeltlich (Erbschaftsschenkung), liegt kein unter § 30 EStG 1988 zu subsumierender Vorgang vor.
Verzichtet aber ein zur Erbschaft Berufener zu Lebzeiten des Erblassers zugunsten einer bestimmten Person ganz oder teilweise auf sein Erbrecht, verzichtet dieser nur auf die Anwartschaft auf sein Erbrecht, besitzt aber noch nicht das Recht, die Verlassenschaft (oder Teile davon) in seinen Besitz zu übernehmen (VwGH 2.7.1992, 90/16/0167). In diesem Fall können ihm auch die im Nachlass befindlichen Wirtschaftsgüter und die Einkünfte aus deren allfälligen Veräußerung nicht zugerechnet werden.
Ein Veräußerungsgeschäft liegt auch bei einem Erbschaftskauf vor. Zivilrechtlich handelt es sich bei einem Erbschaftskauf um den entgeltlichen Erwerb des Erbrechtes zwischen Erbanfall und Einantwortung. In wirtschaftlicher Betrachtungsweise ist der Erbschaftskauf jedoch nichts anderes als die entgeltliche Veräußerung (sämtlicher) Wirtschaftsgüter des Nachlasses. Dementsprechend ist die Übertragung eines Betriebes im Wege des Erbschaftskaufs als Betriebsveräußerung (§ 24 EStG 1988) zu behandeln. Gehören auch private Wirtschaftsgüter zum Nachlass, unterliegt deren Veräußerung den Regeln der §§ 27, 30 und 31 EStG 1988. Der Kaufpreis ist daher zum Zweck der Ermittlung der Höhe der jeweiligen Einkünfte im Verhältnis der Verkehrswerte der vom Erbschaftskauf betroffenen Wirtschaftsgüter auf diese aufzuteilen.
Die Erfüllung eines Pflichtteilsanspruches durch ein im Nachlass befindliches Grundstück stellt eine unentgeltliche Grundstücksübertragung dar.
Die Abfindung des Pflichtteilsberechtigten mit einem nachlassfremden Grundstück stellt eine Hingabe an Zahlungs statt (siehe Rz 6156) und daher eine Veräußerung durch den Erben dar, wenn die 50%-Grenze erreicht wird. Dies ist immer dann der Fall, wenn der Wert des Pflichtteilsanspruches mindestens 50% des gemeinen Wertes des hingegebenen Grundstückes erreicht.
Ist der abgefundene Pflichtteilsberechtigte auch (Mit-)Erbe, gibt es zwei Fallkonstellationen:
a)Befinden sich in der Verlassenschaft Grundstücke, stellt die Abfindung mit einer nachlassfremden Liegenschaft einen Tausch mit dem kraft gesetzlicher Erbfolge zustehenden Anteil an im Nachlass befindlichen Grundstücken dar.
b)Befinden sich in der Verlassenschaft keine Grundstücke, liegt nur beim abfindenden Erben eine Hingabe an Zahlungs statt und somit eine Veräußerung vor.
Wird allerdings ein Grundstück veräußert und ein Teil des Veräußerungserlöses zur Abdeckung eines Pflichtteilanspruchs verwendet, stellt dies eine von der Veräußerung unabhängige Einkommensverwendung dar und beseitigt nicht den Veräußerungstatbestand und damit die Immobilienertragsteuerpflicht (BFG 18.9.2015, RV/7102645/2013).