2.6 Verlustausgleich und Verlustausgleichsverbote
2.6.1 Horizontaler und vertikaler Verlustausgleich
151
Der Verlustausgleich ist Teil der Einkommensdefinition nach § 2 Abs. 2 EStG 1988 (Gesamtbetrag der Einkünfte nach Ausgleich mit Verlusten und nach Abzug von Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen).
Verluste sind negative Einkünfte und vermindern grundsätzlich die Bemessungsgrundlage. Sofern sie außerhalb der Einkunftsarten (zB ein Spielverlust, Verlust von Privatvermögen) oder im Rahmen einer Liebhaberei anfallen (siehe LRL 2012 Rz 3 ff), sind sie einkommensteuerrechtlich unbeachtlich.
152
Unter horizontalem Verlustausgleich versteht man die Saldierung von positiven mit negativen Einkünften innerhalb der jeweiligen Einkunftsart. Es ist zunächst ein innerbetrieblicher Verlustausgleich für jeden einzelnen Betrieb vorzunehmen (zB laufender Verlust und Veräußerungsgewinn). Es ist dem Steuerpflichtigen freigestellt, in welcher Reihenfolge er den innerbetrieblichen Verlustausgleich vornimmt (VwGH 24.2.2004, 99/14/0250). Sodann werden im Rahmen des horizontalen Verlustausgleiches die positiven und negativen Einkünfte innerhalb der jeweiligen Einkunftsarten ausgeglichen.
153
Verbleibt nach Vornahme des horizontalen Verlustausgleiches bei einer Einkunftsart ein Verlust, so ist dieser im Rahmen des vertikalen Verlustausgleichs mit den positiven Ergebnissen anderer Einkunftsarten auszugleichen. Sind in einer Einkunftsart begünstigte Einkünfte enthalten, erfolgt der vertikale Verlustausgleich zunächst mit Einkunftsarten ohne begünstigte Einkünfte.
154
Ein horizontaler Verlustausgleich ist insbesondere auch bei Einkünften vorzunehmen, die dem ermäßigten Steuersatz (§ 37 EStG 1988) unterliegen. Verluste reduzieren den dem ermäßigten Steuersatz unterliegende Betrag (VwGH 22.3.1995, 95/15/0005), da die begünstigt besteuerten Einkünfte nie höher sein können als die insgesamt aus der betreffenden Einkunftsart erzielten Einkünfte (VwGH 6.11.1991, 90/13/0081).
154a
Verluste aus progressiv besteuerten Einkunftsquellen können gegen Einkünfte, auf die der besondere Steuersatz anwendbar ist, ausgeglichen werden, wenn die Regelbesteuerungsoption ausgeübt wird. Zu Verlustausgleichsbeschränkungen siehe auch Rz 178.
155
Der Verlustausgleich wird durch allgemeine (§ 2 Abs. 2a EStG 1988) und besondere (im EStG 1988 verteilte) Bestimmungen ausgeschlossen oder eingeschränkt.
2.6.2 Allgemeine Verlustausgleichsverbote
2.6.2.1 Begriffsbestimmung
156
Gemäß § 2 Abs. 2a EStG 1988 besteht ein Verlustausgleichs- und Vortragsverbot (§ 18 Abs. 6 EStG 1988) für negative Einkünfte erstens aus der Beteiligung an Gesellschaften oder Gemeinschaften, wenn das Erzielen steuerlicher Vorteile im Vordergrund steht (= beteiligungsbezogenes Verlustausgleichsverbot) sowie zweitens aus Betrieben, deren Unternehmensschwerpunkt(e) im Verwalten unkörperlicher Wirtschaftsgüter oder in der gewerblichen Vermietung von Wirtschaftsgütern gelegen ist (= branchenbezogenes Verlustausgleichsverbot).
157
Verluste aus solchen negativen Einkünften sind in den Folgejahren mit positiven Einkünften frühestmöglich zu verrechnen. Eine zu Unrecht unterbliebene Verlustverrechnung kann nicht in einem späteren Jahr nachgeholt werden (VwGH 21.1.2004, 2003/13/0093).
Bei der Verrechnung handelt es sich um einen nachgeholten Verlustausgleich, der zeitlich und umfänglich vom Anfallen von Gewinnen (Überschüssen) abhängig ist. Sollte eine frühere Verrechnung nicht möglich sein, ist sie im höchstmöglichen Ausmaß (= verbleibender Verrechnungsverlust) mit dem letzten (Veräußerungs-)Gewinn (Überschuss) vorzunehmen; soweit eine solche Verrechnung nicht möglich ist, sind verbleibende Verluste mit anderen Einkünften zu verrechnen. Bei unentgeltlicher Übertragung einer Beteiligung sowie bei Umgründungen nach dem Umgründungssteuergesetz gehen diese Verrechnungsfolgen bei Buchwertfortführung auf den Rechtsnachfolger über.
157a
Rechtslage bis zur Veranlagung 2013
Ab dem Veranlagungsjahr 2001 wird die Verlustverrechnung durch die Regelung des § 2 Abs. 2b Z 1 EStG 1988 eingeschränkt, und zwar durch eine Verrechnungsgrenze von grundsätzlich 75%. Diese Einschränkung bezieht sich nur auf Wartetastenverluste im Sinne des § 2 Abs. 2a EStG 1988 sowie IFB-Wartetastenverluste, nicht hingegen auf andere Sonderverluste (Siebentelverluste nach § 4 Abs. 10 Z 1 EStG 1988, Verluste echter stiller Gesellschafter gemäß § 27 Abs. 1 Z 2 EStG 1988, Siebentelverluste nach § 12 Abs. 3 Z 2 KStG 1988, Wartetastenverluste nach § 23a EStG 1972).
Die Verrechnungsgrenze leitet sich von der Höhe der positiven Einkünfte ab, mit denen die Verrechnung vorzunehmen ist. Die Verrechnungsgrenze kommt daher nur dann zur Wirkung, wenn der verrechenbare Verlust mehr als die Verrechnungsgrenze (grundsätzlich 75% der positiven Einkünfte des betreffenden Betriebes oder der betreffenden außerbetrieblichen Einkunftsquelle) ausmacht.
Beispiel 1:
Es ist ein verrechenbarer Verlust von 500.000 S vorhanden. Die positiven Einkünfte aus der Einkunftsquelle betragen im Jahr 2001 600.000 S. Es sind 75% von 600.000 S zu ermitteln. Die Verrechnungsgrenze beträgt daher 450.000 S. Der verrechenbare Verlust kommt daher nur mit einem Betrag von 450.000 S zu Verrechnung.
Beispiel 2:
Es ist ein verrechenbarer Verlust von 500.000 S vorhanden. Die positiven Einkünfte aus der Einkunftsquelle betragen im Jahr 2001 900.000 S. Es sind 75% von 900.000 S zu ermitteln. Die Verrechnungsgrenze beträgt somit 675.000 S. Der verrechenbare Verlust kommt daher mit dem gesamten Betrag von 500.000 S zur Verrechnung.
157b
Rechtslage bis zur Veranlagung 2013
Gemäß § 2 Abs. 2b Z 3 EStG 1988 ist die Verrechnungsgrenze insoweit nicht anzuwenden, als in den positiven Einkünften enthalten sind:
- Gewinne aus einem Schulderlass gemäß § 36 Abs. 2 EStG 1988 (Erfüllung eines insolvenzrechtlichen Sanierungsplanes, Erfüllung eines insolvenzrechtlichen Zahlungsplanes oder Erteilung einer Restschuldbefreiung nach Durchführung eines Abschöpfungsverfahrens). § 2 Abs. 2b Z 3 erster Teilstrich EStG 1988 gilt nur für Einkommensteuerpflichtige, nicht hingegen für Körperschaften, für die § 36 EStG 1988 nicht anwendbar ist. Bei Körperschaften sind Gewinne aus der Erfüllung eines insolvenzrechtlichen Sanierungsplanes nur dann im Rahmen des § 2 Abs. 2b EStG 1988 begünstigt, wenn sie einen „Sanierungsgewinn“ (§ 2 Abs. 2b Z 3 vierter Teilstrich EStG 1988; § 23a KStG 1988) darstellen.
- Gewinne, die in Veranlagungszeiträumen anfallen, die von einem Insolvenzverfahren betroffen sind. Damit sind sämtliche Gewinne erfasst, die in Kalenderjahren anfallen, in denen ein derartiges Verfahren anhängig ist. Anhängig ist ein Insolvenzverfahren mit Eintritt der Rechtswirkungen der Insolvenzeröffnung. Die Wirkungen treten gemäß § 2 Abs. 1 Insolvenzordnung mit Beginn des Tages ein, der der öffentlichen Bekanntmachung des Inhaltes des Insolvenzediktes folgt. Das Verfahren endet mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens bzw. mit der Einstellung. Ist ein Insolvenzverfahren aufrecht, sind Gewinne, die diesem Kalenderjahr (Veranlagungszeitraum) zuzuordnen sind, von der 75%-Begrenzung ausgenommen, wobei es unerheblich ist, ob diese Gewinne, vor oder nach Eröffnung bzw. Beendigung des Verfahrens entstanden sind.
- Veräußerungsgewinne und Aufgabegewinne, das sind Gewinne aus der Veräußerung sowie der Aufgabe von Betrieben, Teilbetrieben und Mitunternehmeranteilen. Veräußerungs- und Aufgabegewinne sind im Bereich der Einkommensteuerpflichtigen und der Körperschaften, die nicht unter § 7 Abs. 3 KStG 1988 fallen, Gewinne im Sinne des § 24 EStG 1988. Bei Körperschaften, die dem § 7 Abs. 3 KStG 1988 unterliegen, zählen dazu Gewinne aus der Veräußerung und Aufgabe von Betrieben, Teilbetrieben und Mitunternehmeranteilen, ungeachtet dessen, dass § 24 EStG 1988 nicht anzuwenden ist. Aus Anlass einer Betriebsveräußerung oder -aufgabe anfallende Übergangsgewinne sind nicht begünstigt (VwGH 25.11.2009, 2007/15/0252).
- Sanierungsgewinne, das sind Gewinne, die durch Vermehrung des Betriebsvermögens infolge eines gänzlichen oder teilweisen Erlasses von Schulden zum Zwecke der Sanierung entstanden sind. Damit sind Gewinne aus außergerichtlichen Ausgleichen, die Sanierungsgewinne darstellen, sowohl bei Einkommen- als auch bei Körperschaftsteuerpflichtigen begünstigt. Der Begriff „Sanierungsgewinn“ hat im Einkommensteuerrecht außerhalb des Anwendungsbereiches des § 2 Abs. 2b EStG 1988 keine Bedeutung mehr.
- Liquidationsgewinne iSd § 19 Abs. 2 KStG 1988, unabhängig davon, ob sie innerhalb des Besteuerungszeitraumes im Sinne des § 19 Abs. 3 KStG 1988 anfallen.
Die Verrechnungsgrenze ist auch auf Gewinne aus vor dem 1. Juli 2010 begonnenen Konkurs- bzw. gerichtlichen Ausgleichsverfahren nicht anzuwenden.
157c
Rechtslage bis zur Veranlagung 2013
Die Begrenzung führt nicht zu einem Untergehen der nicht verrechenbaren Verlustteile, sondern zu einer Verrechnung dieser Beträge in späteren Jahren. Eine Verrechnung in späteren Jahren kommt allerdings nur insoweit in Betracht, als die aufgeschobenen Verrechungsbeträge in der jeweiligen Verrechnungsgrenze der späteren Jahre Deckung finden.
Die Fälle des Übergehens von Verrechnungsverlusten auf Rechtsnachfolger (vor allem Übergang der Einkunftsquelle durch Erbschaften und Schenkungen, betriebsbezogener Übergang von Verrechnungsverlusten in Umgründungssteuerfällen mit Buchwertfortführung) werden durch die Einführung der Verrechnungsgrenze nicht tangiert. In derartigen Fällen geht der Verrechnungsverlust einschließlich des durch die Verrechnungsgrenze rückgestauten Betrages über. Sollten nach einer Veräußerung (Aufgabe) des gesamten Betriebes noch Verrechnungsverluste vorhanden sein, die weder mit laufenden Gewinnen noch mit einem Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn verrechnet werden konnten, werden diese Verluste sodann in vollem Umfang – also auch hinsichtlich der rückgestauten Beträge – zu 100% mit anderen Einkünften ausgleichsfähig. Sollte dann noch ein Verrechnungsverlust verbleiben, wandelt sich dieser zum vortragsfähigen Verlust.
Beispiel:
In einem Betrieb fällt im Jahr 2001 ein nicht ausgleichsfähiger Verlust von 2 Mio. S an.
Im Jahr 2002 ergibt sich ein Gewinn von 1,5 Mio. S. Der Verrechnungsverlust wird auf Grund der Verrechnungsgrenze mit 75% dieses Gewinnes, also mit 1,125.000 S angesetzt. Die restlichen 875.000 S (diese setzen sich aus 500.000 S echtem Verlustüberhang sowie aus 375.000 S Verlustrückstau auf Grund der Verrechnungsgrenze zusammen) bleiben auf Wartetaste.
Im Jahr 2003 fällt ein weiterer Gewinn von 800.000 S an. Von den auf Wartetaste befindlichen Verlusten von 875.000 S dürfen 600.000 S verrechnet werden, 275.000 S verbleiben für spätere Jahre auf der Wartetaste.
Im Jahr 2004 wird der Betrieb aufgegeben. Es fällt in diesem Jahr ein laufender Gewinn von 40.000 S und ein Aufgabegewinn von 160.000 S an. Die Verrechnungsgrenze ist nur auf den laufenden Gewinn anzuwenden, sie beträgt also 30.000 S. Gegen den laufenden Gewinn können also 30.000 S, gegen den Aufgabegewinn 160.000 S aus der Wartetaste verrechnet werden. Die restlichen 85.000 S werden zu einem ausgleichsfähigen Verlust. Sind im betreffenden Jahr weitere Einkünfte von 60.000 S vorhanden, werden diese mit dem ausgleichsfähig gewordenen Verlust verrechnet. Der dann noch verbleibende Betrag von 25.000 S wandelt sich in einen vortragsfähigen Verlust.
Randzahl 157d: entfallen
158
Das Verlustausgleichsverbot des § 2 Abs. 2a EStG 1988 betrifft den Verlustausgleich innerhalb der jeweiligen Einkunftsquelle (= innerbetrieblicher Verlustausgleich; zB kein Verlustausgleich zwischen laufenden Gewinn eines Einzelunternehmens mit dem Verlustanteil einer im Betriebsvermögen gehaltenen Beteiligung gemäß § 2 Abs. 2a EStG 1988), den Verlustausgleich innerhalb der einzelnen Einkunftsarten (= horizontaler Verlustausgleich; wie letztgenanntes Beispiel, wenn Beteiligung nicht im Betriebsvermögen gehalten wird) und den Verlustausgleich zwischen den Einkunftsarten (vertikaler Verlustausgleich; zB kein Verlustausgleich zwischen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit und einer betrieblichen Tätigkeit, deren Unternehmensschwerpunkt im Verwalten unkörperlicher Wirtschaftsgüter gelegen ist).
159
Die Verrechnung gemäß § 2 Abs. 2a letzter Satz EStG 1988 geht als nachgeholter Verlustausgleich dem Verlustabzug nach § 18 Abs. 6 EStG 1988 vor. Innerhalb des § 2 Abs. 2a EStG 1988 gehen die branchenbezogenen Verlustausgleichsverbote (Unternehmensschwerpunkt im Verwalten unkörperlicher Wirtschaftsgüter, gewerbliche Vermietung von Wirtschaftsgütern) dem Verlustausgleichsverbot für primäres Erzielen steuerlicher Vorteile vor. Letzteres kommt daher nicht mehr zum Tragen, wenn bereits die branchenbezogenen Verlustausgleichsverbote Anwendung finden.
159a
§ 2 Abs. 2b EStG 1988 ist gemäß § 124b Z 248 EStG 1988 letztmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2013 anzuwenden.
2.6.2.2 Verwalten unkörperlicher Wirtschaftsgüter
160
Darunter versteht man nach Verordnung vom 10.12.1996, BGBl. Nr. 734/1996 sowohl das Verwalten von Anlagevermögen, als auch das Verwalten von Umlaufvermögen, worunter insbesondere der gewerbliche Handel mit unkörperlichen Wirtschaftsgütern zu verstehen ist (VwGH 22.5.2002, 99/15/0119). Die Verordnung ist verfassungskonform (VfGH 2.10.1998, B 553/98). Ob der Unternehmensschwerpunkt im Verwalten unkörperlicher Wirtschaftsgüter (beispielsweise Verwalten von Beteiligungen, von Forderungen und selbst hergestellten Rechten) bzw. in der gewerblichen Vermietung gelegen ist, muss nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse (Relation der wirtschaftlichen Erfolge oder Vermögenswerte zueinander) beurteilt werden. Verwalten von unkörperlichen Wirtschaftsgütern liegt beispielsweise bei einem über Kreditinstitute laufenden (gewerblichen) Wertpapierhandel vor. Ob das Verwalten als Einzelperson oder mittels einer Personengemeinschaft, vom Inland oder vom Ausland aus betrieben wird (VwGH 29.7.1997, 96/14/0115; VwGH 26.5.1998, 98/14/0044), ist nicht ausschlaggebend.
Kein Verwalten von unkörperlichen Wirtschaftsgütern liegt bei der Tätigkeit eines Erfinders vor. Der Schwerpunkt der Tätigkeit besteht nicht in der Verwaltung, sondern im produktiven Einsatz des Wissens zur Erzeugung neuen Wissens (VwGH 3.9.2019, Ra 2018/15/0085). Bei einem Filmproduzenten liegt der Schwerpunkt der Tätigkeit in der Generierung von (unkörperlichen) Filmrechten durch Herstellung eines Filmes und nicht darin, aus selbst hergestellten oder von Dritten erworbenen Filmrechten Früchte zu ziehen oder Filmrechte zu veräußern (VwGH 14.5.2020, Ro 2020/13/0003).
2.6.2.3 Gewerbliche Vermietung von Wirtschaftsgütern
161
Dieses branchenbezogene Verlustausgleichsverbot zielt insbesondere auf Leasingpersonengesellschaften ab. Der Begriff „gewerbliche Vermietung von Wirtschaftsgütern“ stellt auf die Art der Betätigung ab. Ein in Relation zur gewerblichen Vermietung deutlich überwiegender Kapitaleinsatz im Bereich der vermögensverwaltenden Vermietung sowie ein deutliches Überwiegen der aus der vermögensverwaltenden Vermietung erzielten Mieteinnahmen spricht für einen Unternehmensschwerpunkt im Betätigungsfeld der vermögensverwaltenden Vermietung. Zu prüfen ist, ob dieses Überwiegen auch im Bereich der Wertschöpfung gegeben ist.
162
Liegt der Unternehmensschwerpunkt bei der vermögensverwaltenden Vermietung, so kommt es nicht zur Anwendung der Verlustklausel des § 2 Abs. 2a EStG 1988. Der Betrieb einer Sport- und Freizeitanlage fällt nach der Verkehrsauffassung ebenso wenig unter den Begriff der gewerblichen Vermietung von Wirtschaftsgütern wie die Vermietung und Verpachtung von Anlagenteilen an Gewerbetreibende (zB Kantinenverpachtung, Überlassung eines Raumes an einen Masseur), das eigenverantwortliche Betreiben eines Beherbergungsbetriebes sowie die Verpachtung eines Gewerbebetriebes selbst.
2.6.2.4 Im Vordergrund-Stehen des Erzielens steuerlicher Vorteile bei Beteiligungen
2.6.2.4.1 Grundsätzliches
163
Die Spezialbestimmung des § 2 Abs. 2a EStG 1988 ist – soweit sie auf Beteiligungen abzielt – ab der Veranlagung 2000 (§ 124b Z 39 EStG 1988) unabhängig vom Zeitpunkt des Erwerbes bzw. Eingehens der Beteiligung anzuwenden. Sie hat bei der Einkommensteuer, und zwar bei allen Einkunftsarten und alle dem EStG 1988 unterliegenden Rechtsformen (Personengesellschaften aller Art, Miteigentumsgemeinschaften, Risikogemeinschaften im Bereich von Versicherungen) Bedeutung. Zur Anwendung im Rahmen des KStG 1988 siehe KStR 2013 Rz 365.
164
Verluste aus Beteiligungen an Gesellschaften oder Gemeinschaften sind nicht mehr ausgleichsfähig, wenn der Steuervorteil aus der Beteiligung dominiert. Dies ist iSd § 2 Abs. 2a EStG 1988 insbesondere dann der Fall, wenn Beteiligungsmodelle mit Steuervorteilen aus Verlustzuweisungen beworben werden oder wenn bei einer allgemein angebotenen Beteiligung die Rendite nach Steuern (das ist jene unter Berücksichtigung des Renditevorteils aus einem Verlustausgleich) die Rendite vor Steuern (das ist jene ohne Berücksichtigung des Renditevorteils aus einem Verlustausgleich) um mehr als das Doppelte übersteigt. Die Haftung des Kapitalgebers, ob beschränkt oder unbeschränkt, ist für die Anwendung des § 2 Abs. 2a EStG 1988 ebenso unbeachtlich wie ein Abstellen auf das Ausmaß des zur Verfügung gestellten Kapitals (zB geleistete Einlage).
165
Die Bewerbung mit einem zu erwartenden Beteiligungsverlust kann dazu führen, dass der Tatbestand erfüllt ist. Es bedarf einer Abwägung der Intensität der Bewerbung des steuerlichen Vorteils mit anderen in Aussicht gestellten Vorteilen der Beteiligung (VwGH 21.2.2018, Ro 2016/13/0027). Steht auf Grund der Intensität der Bewerbung danach der steuerliche Vorteil aus der Beteiligung im Vordergrund, sind weitere Überprüfungen des allgemeinen Angebotes der Beteiligung sowie des Verhältnisses von „Rendite vor Steuern“ und „Rendite nach Steuern“ nicht mehr anzustellen (siehe Rz 175 ff). Es liegt dann jedenfalls eine Beteiligung vor, die unter den Anwendungsbereich des § 2 Abs. 2a EStG 1988 fällt.
Zur Unzulässigkeit überproportionaler Verlustzuweisungen siehe Rz 5897.
166
Unabhängig davon, ob die Beteiligung mit steuerlichen Vorteilen beworben wird, kann der steuerliche Vorteil auch dann nicht im Vordergrund stehen, wenn es sich um eine Beteiligung mit einem hohen außersteuerlichen Risiko handelt (VwGH 21.2.2018, Ro 2016/13/0027). Ein hohes außersteuerliches Risiko kann allerdings ein Indiz dafür sein, dass der steuerliche Vorteil nicht im Vordergrund steht. Ein hohes außersteuerliches Risiko ist anzunehmen, wenn die Beteiligung sämtliche der folgenden Merkmale aufweist:
Das Beteiligungsunternehmen ist nach seinem Unternehmensschwerpunkt in einer besonders risikoreichen Branche (Wachstumstechnologie, Hochtechnologie, Forschung und Entwicklung) tätig.
Die Zuweisung von Verlusten und Gewinnen orientiert sich ausschließlich am Ausmaß der Beteiligung und ist betraglich nicht limitiert.
Der für den Fall des Ausscheidens des Gesellschafters vorgesehene Abschichtungserlös ist betraglich weder nach oben noch nach unten begrenzt und bestimmt sich ausschließlich nach dem Anteil am Unternehmenswert.
Es gibt keine Vereinbarungen, die auf eine von vornherein beabsichtigte zeitliche Begrenzung der Beteiligung schließen lassen.
167
Sollte eine Beteiligung nicht nach den letzten zwei Absätzen eingestuft werden können, ist eine weitere Überprüfung iSd „Insbesondere-Voraussetzungen“ des § 2 Abs. 2a EStG 1988 anzustellen. Die gesetzlich vorgegebenen Auslegungsmerkmale des Erwerbes oder Eingehens der Beteiligung auf der Grundlage eines allgemeinen Angebots sowie des Vergleichs zwischen „Rendite vor Steuern“ und „Rendite nach Steuern“ müssen beide gemeinsam, also kumulativ vorliegen.
2.6.2.4.2 Allgemeines Angebot
168
Ein allgemeines Angebot liegt dann vor, wenn es für derartige Beteiligungen typischerweise einen allgemeinen Anlegermarkt gibt. Das Ausmaß des angesprochenen Personenkreises ist nicht von Bedeutung. Eine allgemein angebotene Beteiligung dieser Art ist daher beispielsweise auch dann gegeben, wenn sie nur den „guten Kunden“ eines Kreditinstituts oder bestimmten qualifizierten Mitarbeitern eines Kreditinstituts angeboten werden. Ein öffentliches Angebot iSd allgemeinen Bewerbung durch Prospekte, in Medien oder durch Aushang in Form von Werbeplakaten oder in einem Kreditinstitut ist nicht erforderlich.
169
Kein allgemeines Angebot liegt vor, wenn es auf einen bestimmten Personenkreis ausgerichtet ist und andere beachtliche Motive als bloß jenes einer Kapitalbeteiligung gegeben sind. Dies ist allgemein anzunehmen, wenn das Kapitalengagement über eine bloß kapitalistische Beteiligung hinausgeht. Weiters spricht eine Kapitalbeteiligung im Kreis naher Angehöriger sowie im Kreise von Geschäftspartnern (zB Beteiligung aus Sanierungsgründen zur Sicherung von Absatzchancen) gegen ein allgemeines Angebot.
2.6.2.4.3 Renditevergleich
170
Der in § 2 Abs. 2a EStG 1988 vorgesehene Renditevergleich ist auf der Grundlage des allgemein angebotenen Gesamtkonzeptes der Beteiligung anzustellen. Die konkreten Verhältnisse der einzelnen Gesellschafter sind daher nicht von Bedeutung.
Beim Renditevergleich ist auf die „erreichbaren“ Renditen abzustellen. Es sind darunter jene Renditen zu verstehen, die abstrakt bei Eintritt bestmöglicher Steuereffekte und unter optimaler Ausnutzung der steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten erzielt werden können. Dies bedeutet:
Die generelle Annahme eines Grenzsteuersatzes von 50%, also unabhängig vom konkreten Grenzsteuersatz des einzelnen Anlegers.
Die Annahme der bestmöglichen Nutzung von Steuervorteilen bei Besteuerung des Abschichtungsgewinnes. Das ist idR die „Dreijahresverteilung“ nach § 37 Abs. 2 EStG 1988. Unbeachtet bleibt der halbe Steuersatz nach § 37 Abs. 5 EStG 1988, weil dieser von konkreten persönlichen Verhältnissen des Gesellschafters abhängig ist.
Die Annahme der Beteiligungsfinanzierung aus Eigenmitteln, es sei denn, die Gesamtkonzeption beinhaltet eine Fremdfinanzierung als allgemeines Konzeptionselement.
Die Annahme des Abschichtungserlöses im Falle einer „Erlösbandbreite“ im Ausmaß des höchstmöglichen Abschichtungsbetrages. Ist keine Erlösbandbreite vereinbart, ist auf den wahrscheinlichen Abschichtungserlös im Sinne einer Wertentwicklungsprognose abzustellen.
171
Der Renditevergleich ist für den voraussichtlichen Zeitraum des Bestehens der Beteiligung anzustellen. Es ist dabei auch das zu erwartende Verhalten des Kapitalnehmers in Bezug auf eine Kündigung der Beteiligung zu berücksichtigen. Ist eine Kündigung innerhalb eines bestimmten Zeitraumes zu erwarten, ist die Renditeberechnung für diesen Zeitraum aufzustellen.
172
Kann eine Kündigung innerhalb eines bestimmten Zeitraumes nicht abgesehen werden oder ist die Beteiligung nach ihrer Gesamtkonzeption als dauerhafte Kapitalveranlagung (zB Beteiligungen an Immobilienprojekten „zur Altersvorsorge“) einzustufen, wird auf den voraussichtlichen Zeitraum der „Nutzbarkeit“ der Beteiligung abgestellt. Liegen keine besonderen Kriterien vor, die einen anderweitigen Schluss zulassen, ist dies die Nutzungsdauer der hinter der Beteiligung stehenden Vermögenssubstanz. Dies gilt auch dann, wenn bei einer Beteiligung an einer Immobilie nach einer bestimmten Zeit (zB 25 Jahren) die Möglichkeit besteht, Wohnungseigentum zu begründen.
173
Die mathematische Berechnung der Rendite ist auf der Grundlage der Zahlungsströme vorzunehmen. Als Zinssatz ist nicht der unternehmensinterne Zinssatz, sondern ein modifizierter Zinssatz (marktüblicher Anlegerzinssatz) unter Abzug der bei derartigen Zinsen anfallenden Kapitalertragsteuer heranzuziehen. Es ist bei den gegebenen Marktverhältnissen von einem Zinssatz von 3,5% (abzüglich 25% Kapitalertragsteuer) auszugehen.
174
In den Renditevergleich ist nur die Einkommensteuer einzubeziehen; andere Steuern wie die Umsatzsteuer oder die Grunderwerbsteuer bleiben hingegen unberücksichtigt.
2.6.2.4.4 Vergleich „Rendite vor Steuern“ zu „Rendite nach Steuern“
175
Der Renditevergleich ist zwischen der „Rendite vor Steuern“ und der „Rendite nach Steuern“ anzustellen. Beträgt die „Rendite nach Steuern“ mehr als das Doppelte der „Rendite vor Steuern“, fällt die Beteiligung – bei Vorliegen eines allgemeinen Angebots – in den Anwendungsbereich des § 2 Abs. 2a EStG 1988 (Beispiel: Als Rendite vor Steuern ergeben sich 2%, als Rendite nach Steuern 5%). Ist die Fremdfinanzierung der Kapitalanlage als allgemeines Konzeptionselement miteinzubeziehen, umfasst der dem Renditevergleich zugrundezulegende Kapitaleinsatz das Eigenkapital zuzüglich das zum modifizierten Zinssatz (3,5%) abgezinste Fremdkapital.
176
Die „Rendite vor Steuern“ ist die unter gedachter Anwendung des § 2 Abs. 2a EStG 1988 errechnete Rendite. Diese Rendite ergibt sich daher aus der Differenz zwischen hingegebenem Kapital (einschließlich als steuerliches Kapital zu wertenden Gesellschafterdarlehen) ohne steuerlichen Effekt des Verlustausgleichs einerseits und den steuerpflichtigen Gewinnanteilen (Überschussanteilen) und einem steuerpflichtigen Abschichtungserlös andererseits. Die (gedachte) Einkommensteuer ist von den Gewinnanteilen (Überschussanteilen) und dem Abschichtungsgewinn – jeweils nach Abzug eines Wartetastenverlustes abzuziehen.
177
Die „Rendite nach Steuern“ ist die ohne Anwendung des § 2 Abs. 2a EStG 1988 errechnete Rendite. Es ist daher von einem gedachten Verlustausgleich auszugehen. Zur „Rendite vor Steuern“ tritt die Rendite aus gedachten Kapitalerträgen einer Kapitalveranlagung der aus dem Verlustausgleich resultierenden Einkommensteuergutschrift. Es ist dabei von einer Gutschrift im Ausmaß von 50% der zugewiesenen Verluste auszugehen.
Beispiel:
Kapitaleinsatz von 100.000 als Kommanditist, Verlustzuweisung 200%, Abschichtung zwischen 90% und 113% nach 8 Jahren, modifizierter Zinssatz nach KESt 3,5%. Aus Vereinfachungsgründen werden keine Zwischengewinne angenommen.
„Vor-Steuer-Rendite“ (= bei Anwendung des § 2 Abs. 2a EStG 1988): Einzahlung einer Einlage von 100.000 im Jahr 1; Verlustausgleich für 200.000; Verlustzuweisung ist bei Anwendung des § 2 Abs. 2a EStG 1988 nicht zulässig; daher keine steuerlichen Auswirkungen in den Jahren 1 bis 8. Im Jahr 8 wird mit 113.000 abgeschichtet. Der Veräußerungsgewinn beträgt 213.000, davon wird ein Wartetastenverlust von 200.000 abgezogen, sodass 13.000 steuerpflichtig bleiben. Zur Renditeermittlung macht die darauf entfallende Steuer bei einem 50-prozentigen Grenzsteuersatz 6.500 aus, was auf drei Jahre verteilt – und auf diesen Zeitraum mit 3,5% abgezinst – wie folgt abzuziehen und zu berechnen ist:
Kapitaleinsatz Abschichtungserlös abzügl. Barwert Steuerdrittel Jahr 1 (6.500 : 3 : 1,0350) abzügl. Barwert Steuerdrittel Jahr 2 (6.500 : 3 : 1,0351) abzügl. Barwert Steuerdrittel Jahr 3 (6.500 : 3 : 1,0352) | -100.000 113.000 -2.167 -2.094 -2.022 |
Rendite absolut Rendite in Prozent (nach Formel, Ende 8. Jahr, siehe unten) | 6.717 0,8159% |
„Nach-Steuer-Rendite“ (= ohne Anwendung des § 2 Abs. 2a EStG 1988):
Einzahlung einer Einlage von 100.000 im Jahr 1; Verlustzuweisung 200.000; daraus resultiert eine Einkommensteuerersparnis von 100.000. Diese Einkommensteuerersparnis wird nunmehr mit einem Zinssatz von 3,5% (ab dem Jahr 2) verzinst. Dies ergibt im Jahr 8 ein Gesamtkapital von 127.228 (= 100.000 x 1,0357). Im Jahr 8 wird mit 113.000 abgeschichtet. Der Veräußerungsgewinn beträgt 213.000 und wird – mangels Wartetastenverlustes – voll versteuert. Bei einem 50-prozentigen Grenzsteuersatz fallen 106.500 an Steuer an, die auf drei Jahre verteilt (und mit 3,5% abgezinst) werden.
Kapitaleinsatz aufgezinste Einkommensteuerersparnis (100.000 x 1,0357) Abschichtungserlös abzügl. Barwert Steuerdrittel Jahr 1 (106.500 : 3 : 1,0350) abzügl. Barwert Steuerdrittel Jahr 2 (106.500 : 3 : 1,0351) abzügl. Barwert Steuerdrittel Jahr 3 (106.500 : 3 : 1,0352) | -100.000 127.228 113.000 -35.500 -34.300 -33.140 |
Rendite absolut (inkl. Steuerersparnis) Rendite in Prozent (nach Formel, Ende 8. Jahr, siehe unten) | 37.288 4,0409% |
In diesem Beispiel ergibt sich eine Nachsteuerrendite von mehr als dem Doppelten der Vorsteuerrendite, sodass § 2 Abs. 2a EStG 1988 anzuwenden ist. Die Rendite ermittelt sich nach folgender finanzmathematischer Formel:
Grafik: Finanzmathematische Formel zur Ermittlung der Rendite
Formel in Worten: Rendite in Prozent ist gleich (Klammer auf) achte Wurzel aus (Klammer auf) eins plus Quotient aus Rendite durch Kapitaleinsatz (Klammer zu) minus eins (Klammer zu) mal Hundert.
2.6 Verlustausgleich und Verlustausgleichsverbote
2.6.3 Besondere Verlustausgleichsverbote und Verlustausgleichsbeschränkungen
178
Neben § 2 Abs. 2a EStG 1988 bestehen folgende Beschränkungen:
Substanzverluste, Verluste aus Derivaten und aus Kryptowährungen (§ 27 Abs. 3 bis 4a EStG 1988) dürfen nicht mit Zinserträgen aus Geldeinlagen und sonstigen Forderungen bei Kreditinstituten sowie mit Privatstiftungszuwendungen ausgeglichen werden (§ 27 Abs. 8 Z 1 EStG 1988).
Einkünfte aus Kapitalvermögen, auf die der besondere Steuersatz anwendbar ist, dürfen nicht ausgeglichen werden mit anderen Einkünften aus Kapitalvermögen, auf die der besondere Steuersatz nicht anwendbar ist (§ 27 Abs. 8 Z 3 EStG 1988).
Verluste aus Kapitalvermögen, die nicht mit anderen Einkünften aus Kapitalvermögen ausgeglichen werden können, dürfen nicht mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten vertikal ausgeglichen werden
(§ 27 Abs. 8 Z 4 EStG 1988).
Verlustanteile eines echten stillen Gesellschafters (stille Beteiligung im Privatvermögen) sind nicht zu berücksichtigen. Sie sind jedoch mit späteren Gewinnen zwecks Auffüllung bis zur Höhe der Einlage zu verrechnen (§ 27 Abs. 8 Z 2 EStG 1988).
Verluste aus Leistungen gemäß § 29 Z 3 EStG 1988 unterliegen einem Ausgleichsverbot (insbesondere Vermietung beweglicher Gegenstände und gelegentliche Vermittlungen, darunter fallen auch Privatgeschäftsvermittler mit Umsätzen von weniger als 900 Euro jährlich).
Verluste aus Spekulationsgeschäften sind nur mit allenfalls vorhandenen Spekulationsüberschüssen, nicht hingegen mit anderen Einkünften ausgleichsfähig (§ 31 Abs. 4 EStG 1988).
Verluste aus der Veräußerung von Grundstücken des Privatvermögens sind vorrangig nur mit Überschüssen aus anderen derartigen Veräußerungsgeschäften ausgleichsfähig; ein verbleibender Verlust ist nur zu 60% (bis 2015 nur zur Hälfte) und nur mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gemäß
§ 28 Abs. 1 Z 1 oder 4 EStG 1988 auszugleichen.
Betriebliche Substanzverluste aus Grundstücken, auf deren Wertsteigerungen der besondere Steuersatz anwendbar wäre, sind vorrangig mit Veräußerungs- und Entnahmegewinnen sowie Zuschreibungen aus Grundstücken desselben Betriebes zu verrechnen; ein verbleibender Verlust ist nur zu 60% (bis 2015 nur zur Hälfte) mit anderen Einkünften auszugleichen (§ 6 Z 2 lit. d EStG 1988).
Betriebliche Verluste aus realisierten Wertsteigerungen im Sinne des § 27 Abs. 3 bis 4a EStG 1988, auf deren Erträge der besondere Steuersatz anwendbar ist, sind vorrangig mit positiven Einkünften aus realisierten Wertsteigerungen, Derivaten und Kryptowährungen auf Grund einer Veräußerung, Zuschreibung oder Entnahme solcher Wirtschaftsgüter desselben Betriebes zu verrechnen; ein verbleibender Verlust ist nur zu 55% (bis 2015 nur zur Hälfte) mit anderen Einkünften auszugleichen (§ 6 Z 2 lit. c EStG 1988). Dies gilt auch bei negativen Einkünften im Sinne des § 27 Abs. 2 EStG 1988 aufgrund der Rückzahlung von Einnahmen (siehe Rz 794).
Bei beschränkter Steuerpflicht sind die Verluste aus Einkunftsarten, die nicht unter § 98 EStG 1988 fallen (Inlandsverluste sind nach § 18 Abs. 6 EStG 1988 in Verbindung mit § 102 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 abzugsfähig) sowie ausländische Verluste vor Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht nicht ausgleichsfähig. Bei Wechsel von der beschränkten in die unbeschränkte Steuerpflicht ist der nach § 102 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 ermittelte Restverlust als Sonderausgabe nach § 18 EStG 1988 im nächsten Kalenderjahr abzugsfähig.
Die Verordnung des BMF über die Aufstellung von Durchschnittsätzen für die Ermittlung des Gewinnes aus Land- und Forstwirtschaft (BGBl. II Nr. 125/2013 idF BGBl. II Nr. 449/2022 in Verbindung mit § 17 EStG 1988) sieht gewinnmindernde Beträge vor, die vom pauschaliert ermittelten Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft abgezogen werden dürfen. Dabei handelt es sich um Ausgedingslasten, Sozialversicherungsbeiträge gegenüber der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen sowie um bezahlte Pachtzinse und Schuldzinsen. Diese Abzugsposten dürfen zu keinem negativen Ergebnis führen (§ 15 LuF-PauschVO 2015).
Wartetastenverluste gemäß § 23a EStG 1988.
Eine Rückgängigmachung von in Vorjahren ausgeglichenen Verlusten ergibt sich bei Ausscheiden eines Mitunternehmers mit negativem Kapitalkonto, welcher als Veräußerungsgewinn jedenfalls den Betrag seines negativen Kapitalkontos, den er nicht auffüllen muss, versteuern muss (§ 24 Abs. 2 letzter Satz EStG 1988). Ausgenommen hievon ist die unentgeltliche Übertragung zu Buchwerten mit Schenkungsabsicht.
2.7 Gewinnermittlungszeitraum (§ 2 Abs. 5 bis 7 EStG 1988)
179
Rechnungslegungspflichtige Gewerbetreibende (§ 5 Abs. 1 und 2 EStG 1988) und buchführende Land- und Forstwirte können ihre Einkünfte aus Gewerbebetrieb bzw. aus Land- und Forstwirtschaft nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr ermitteln. Machen Gewerbetreibende, die nicht nach § 189 UGB rechnungslegungspflichtig sind (siehe dazu Rz 430e), Abschlüsse auf einen anderen Zeitpunkt als den Schluss des Kalenderjahres, ist das Ergebnis dieses abweichenden Wirtschaftsjahres für die steuerliche Gewinnermittlung nicht maßgebend. In einem solchen Fall ist auch bei ordnungsmäßiger Buchführung der Gewinn für das Kalenderjahr zu schätzen, wobei nach § 184 BAO sachgerecht in Anlehnung an die vorhandenen Unterlagen der Buchführung vorzugehen ist.
180
Jeder Wechsel des Bilanzstichtages bedarf der vorherigen bescheidmäßigen Zustimmung des Finanzamtes. Vor der Erteilung der Zustimmung ist ein Übergang auf einen anderen Bilanzstichtag unzulässig. Die Zustimmung des Finanzamtes muss nicht bereits vor dem neu gewählten Abschlussstichtag, sondern erst vor der tatsächlichen Bilanzerstellung vorliegen; der Antrag muss vor dem neuen Bilanzstichtag gestellt werden (VwGH 15.2.1978, 2628/77; VwGH 1.3.1989, 88/13/0113).
181
Das Erfordernis eines gewichtigen betrieblichen Grundes liegt insbesondere dann vor, wenn der Übergang der erleichterten Bilanzerstellung (Inventarisierung) dient. Bei nur geringem Umfang des zu inventierenden Bestandes liegt ein gewichtiger betrieblicher Grund nicht vor (VwGH 24.5.1977, 2185/76).
182
Über den Antrag auf Wechsel des Bilanzstichtages ist ungesäumt abzusprechen. Gegen den Bescheid ist ein abgesondertes Rechtsmittel zulässig.
183
Wird ein Betrieb neu eröffnet und in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft oder „verdeckten“ Kapitalgesellschaft (§ 189 Abs. 1 Z 1 UGB, siehe Rz 430j) geführt, kann auf Grund der Rechungslegungspflicht kraft Rechtsform bereits das erste Wirtschaftsjahr ein abweichendes Wirtschaftsjahr sein. Mangels eines Überganges auf einen anderen Bilanzstichtag ist eine Zustimmung des Finanzamtes in derartigen Fällen nicht erforderlich. Gleiches gilt
beim Zusammenschluss zu einer gewerblichen Mitunternehmerschaft, wenn einer der Zusammenschlusspartner bisher bereits rechnungslegungspflichtig war sowie beim Zusammenschluss zu einer bisher nicht bestehenden Mitunternehmerschaft iSd § 189 Abs. 1 Z 1 UGB („verdeckte“ Kapitalgesellschaft, zB GmbH & Co KG), die nicht Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielt und
hinsichtlich des aus einer Realteilung hervorgehenden Betriebes, wenn der Nachfolgeunternehmer gemäß § 189 Abs.2 Z 2 UGB als Rechtsnachfolger rechnungslegungspflichtig ist.
Steuerpflichtige, die nicht unter § 189 Abs. 1 Z 1 UGB fallen und auch nicht als Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolger eines bisher schon rechnungslegungspflichtigen Unternehmers nach § 189 Abs. 2 Z 2 UGB rechnungslegungspflichtig sind, werden erst nach Überschreiten des Schwellenwertes nach § 189 Abs. 1 Z 2 UGB rechnungslegungspflichtig (siehe Rz 430k) und können daher vor Eintritt der Rechnungslegungspflicht den Gewinn nicht nach einem abweichenden Wirtschaftsjahr ermitteln.
Ein zustimmungsbedürftiger Vorgang liegt vor, wenn die Wahl des vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahres im Rahmen des Überganges zur Gewinnermittlung nach § 5 EStG 1988 erfolgt.
Randzahl 184: entfällt
185
Fällt die Rechnungslegungspflicht nach § 189 UGB weg, kann das Wirtschaftsjahr, für das keine Rechnungslegungspflicht mehr besteht, nur ein Regelwirtschaftsjahr zum 31. Dezember eines Jahres sein, sofern nicht die Fortführungsoption nach § 5 Abs. 2 EStG 1988 (siehe Rz 430b und Rz 430c) in Anspruch genommen wird.
Beispiel:
Der rechnungslegungspflichtige Einzelunternehmer bilanziert auf den 31.3. In den Geschäftsjahren 01/02 und 02/03 betragen die Umsatzerlöse jeweils weniger 700.000 €, sodass für das folgende Geschäftsjahr keine Rechnungslegungspflicht mehr besteht. Mangels Rechnungslegungspflicht muss das am 1.4.03 beginnende Wirtschaftsjahr ein Rumpfwirtschaftsjahr auf den 31.12.03 sein.
Fallen Steuerpflichtige, die bisher nach § 189 Abs. 1 Z 1 UGB (umsatzunabhängig) rechnungslegungspflichtig waren, aus der Anwendung des § 189 Abs. 1 Z 1 UGB heraus, weil
eine Kapitalgesellschaft in eine nicht unter Z 1 fallende Personengesellschaft oder ein Einzelunternehmen umgewandelt wird oder
eine „verdeckte“ Kapitalgesellschaft (GmbH & Co KG) zu einer solchen wird, an der eine natürliche Person unbeschränkt haftender Gesellschafter ist (zB Ausscheiden der GmbH aus der bisherigen GmbH & Co KG, die als KG mit natürlichen Personen weiter bestehen bleibt)
gilt Folgendes:
Gemäß § 189 Abs. 2 Z 2 UGB ist bei Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge in den (Teil)Betrieb eines Unternehmens, bei dem der Rechtsvorgänger rechnungslegungspflichtig war, der Rechtsnachfolger ebenfalls rechnungslegungspflichtig, es sei denn, dass der Schwellenwert für den übernommenen Betrieb oder Teilbetrieb in den letzten zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren nicht erreicht worden ist.
Besteht danach die Rechnungslegungspflicht weiter, ist ein abweichendes Wirtschaftsjahr so lange weiterzuführen, als nicht wegen Unterschreiten des Schwellenwertes (§ 189 Abs. 2 UGB) die Rechnungslegungspflicht wieder entfällt und auch kein Antrag auf Fortführung der Gewinnermittlung nach § 5 Abs. 2 EStG 1988 gestellt wird (siehe Rz 430b und Rz 430c) oder die Umstellung auf ein Regelwirtschaftsjahr erfolgt (§ 2 Abs. 7 EStG 1988).
Besteht nach § 189 Abs. 2 Z 2 UGB die Rechnungslegungspflicht nicht weiter, muss zum 31.12. bilanziert werden.
Beispiel:
An der ABC GmbH & Co KG sind die A-GmbH als Komplementärin und B und C als Kommanditisten beteiligt. Die KG bilanziert auf den 30.6. Mit 31.3.03 veräußert die A-GmbH ihren gesamten Anteil dem B, der Komplementär wird, C verbleibt als Kommanditist in der nunmehrigen BC-KG. Die Umsatzerlöse der ABC GmbH & Co KG haben in den Geschäftsjahren 01/02 und 02/03 betragen:
Variante a:
01/02: 550.000 Euro
02/03: 750.000 Euro
Variante b:
01/02: 350.000 Euro
02/03: 200.000 Euro
In der Variante a besteht auch für die BC-KG für das auf das Geschäftsjahr 02/03 folgende Geschäftsjahr Rechnungslegungspflicht, daher ist das abweichende Wirtschaftsjahr weiter zu führen, so lange die Rechnungslegungspflicht kraft Schwellenwertes besteht.
In der Variante b besteht für die BC-KG für das auf das Geschäftsjahr 02/03 folgende Geschäftsjahr keine Rechnungslegungspflicht mehr, daher muss das am 1.7.03 beginnende Wirtschaftsjahr ein Rumpfwirtschaftsjahr auf den 31.12.03 sein.
Die Bildung einer atypischen stillen Gesellschaft mit einem rechnungslegungspflichtigen Gewerbetreibenden schließt im Hinblick auf § 5 Abs. 1 letzter Satz EStG 1988, wonach der Gewinn einer solchen Gesellschaft gleichfalls nach § 5 EStG 1988 zu ermitteln ist, ein abweichendes Wirtschaftsjahr nicht aus.
Randzahl 186: entfällt
2.8 Ausländische Einkünfte (§ 2 Abs. 8 EStG 1988)
2.8.1 Allgemeine Grundsätze
187
Natürliche Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in Österreich sind in Österreich unbeschränkt einkommensteuerpflichtig (vgl. Rz 15 ff). Die unbeschränkte Steuerpflicht erfasst das gesamte „Welteinkommen“. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich daher zB auch auf ausländische Betriebsstätten/Betriebe österreichischer Unternehmer. Ausländische Betriebsstätten/Betriebe unterliegen aber auch im Ausland der Besteuerung.
188
Zur Vermeidung von Mehrfachbesteuerungen in mehreren Staaten dienen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA); DBA teilen die Besteuerungsrechte zwischen den Staaten auf. Die von Österreich abgeschlossenen DBA verwenden dabei überwiegend die „Befreiungsmethode“. Die „Anrechnungsmethode“ kommt insbesondere mit Italien, Schweden, Japan und Ländern des angloamerikanischen Rechtkreises (USA, Großbritannien, Irland, Kanada) zu Anwendung. Bei der Anrechnungsmethode besteuert der Ansässigkeitsstaat (Wohnsitzstaat) das gesamte Welteinkommen, rechnet aber die ausländischen Quellensteuern an (siehe dazu Rz 7583 ff).
189
Bei der überwiegend verwendeten Befreiungsmethode werden ausländische Einkünfte (die dem Quellenstaat zugeteilt sind) im Ansässigkeitsstaat steuerfrei gestellt. Dennoch sind die ausländischen Einkünften auch im Ansässigkeitsstaat von Bedeutung; denn die Befreiungsmethode ist regelmäßig mit einem Progressionsvorbehalt verbunden. Der Ansässigkeitsstaat darf die ausländischen (positiven) Einkünfte zwar nicht unmittelbar in die Besteuerung einbeziehen, aber – bei progressivem Tarifverlauf – bei der Ermittlung des auf inländische Einkünfte anzuwendenden Steuersatzes berücksichtigen. Der im innerstaatlichen Recht normierten Verpflichtung, die Auslandseinkünfte für die Steuersatzermittlung heranzuziehen, wird daher durch die Abkommen nicht derogiert. Der österreichische Tarif wird auf das gesamte Welteinkommen angewandt, der sich daraus ergebende Durchschnittsteuersatz auf die Inlandseinkünfte (vgl. Rz 7588 ff).
Beispiel (Befreiungsmethode mit Progressionsvorbehalt):
Inlandseinkünfte: | 20.000 Euro |
Auslandseinkünfte: | 5.000 Euro |
Welteinkommen: | 25.000 Euro |
Da sich nach § 33 Abs. 1 EStG 1988 idF StRefG 2015/2016 bei einem Jahreseinkommen von 25.000 Euro (ohne Berücksichtigung von Sonderausgaben und sonstigen Absetzbeträgen) ein Durchschnittssteuersatz von 16,8% ergibt, ist dieser Durchschnittssteuersatz von 16,8% auf die Inlandseinkünfte in Höhe von 20.000 Euro anzuwenden. Daraus ergibt sich eine österreichische Einkommensteuer von 3.360 Euro.
2.8.2 Berücksichtigung ausländischer Einkünfte
190
Die Behandlung von Verlusten aus ausländischen (DBA-befreiten) Betriebsstätten ist vom VwGH entschieden worden (VwGH 25.9.2001, 99/14/0217). § 2 Abs. 8 EStG 1988 trägt einerseits dieser Rechtsprechung des VwGH Rechnung, regelt zudem aber auch, wie ausländische Einkünfte in Österreich allgemein zu berücksichtigen sind.
191
Ausländische Einkünfte sind bei der Berücksichtigung in Österreich stets nach österreichischem Steuerrecht zu ermitteln. Für die Berücksichtigung in Österreich hat daher eine „Umrechnung“ (Adaptierung) vom ausländischen (Steuer)Recht auf das österreichische Steuerrecht stattzufinden. Dabei bleiben zB nur im ausländischen Steuerrecht vorgesehene Steuerbefreiungen oder Investitionsbegünstigungen unbeachtlich; vergleichbare steuerliche Regelungen (zB Sonderabschreibungen für Denkmalschutz, Assanierung oder Firmenwert) sind entsprechend der österreichischen Rechtslage zu adaptieren. Es obliegt dem Abgabenpflichtigen, im Rahmen der ihn bei Auslandssachverhalten treffenden erhöhten Mitwirkungspflichten darzutun, dass eine Umrechnung (Adaptierung) auf österreichisches Steuerrecht vorgenommen worden ist. Die bloße Vorlage von ausländischen Steuerbescheiden ist nicht ausreichend. Einkünfte in Fremdwährungen sind mit dem durchschnittlichen EZB-Referenzkurs des (Wirtschafts-)Jahres, in dem sie bezogen wurden, in Euro anzugeben.
192
Die Berücksichtigung ausländischer Einkünfte gilt sowohl für betriebliche als auch für außerbetriebliche Einkünfte. Es sind daher auch zB ausländische Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Österreich zu berücksichtigen; daher hat auch die Überschussermittlung nach österreichischem Steuerrecht zu erfolgen (zB Fünfzehntelabsetzung bei Instandsetzungsaufwendungen). Ebenso richtet sich eine allfällige Liebhabereibeurteilung nach österreichischem Steuerrecht.
Liegt nach ausländischem Steuerrecht eine Liebhabereibetätigung vor, kommt ab der Veranlagung 2012 eine Verlustberücksichtigung in Österreich auf Grund der Verlustdeckelung nicht in Betracht (siehe Rz 198).
2.8.3 Betriebliche Einkunftsermittlung
193
Hat ein in Österreich unbeschränkt Steuerpflichtiger einen ausländischen Betrieb ohne inländische Betriebsstätte, ist für Zwecke der österreichischen Gewinnermittlung (Umrechnung) der Gewinn immer nach jener Gewinnermittlungsart zu ermitteln, die sich ergäbe, wenn der Betrieb im Inland gelegen wäre (Inlandsfiktion; § 2 Abs. 8 Z 2 EStG 1988). Hinsichtlich der Gewinnermittlungsart ist daher zu unterstellen, dass der Betrieb im Inland liegt.
194
Für die Gewinnermittlung nach § 5 EStG 1988 ist die Eintragung in das österreichische Firmenbuch nicht erforderlich. Für einen ausländischen Betrieb hat die Gewinnermittlung daher nach § 5 Abs. 1 EStG 1988 zu erfolgen, wenn im Rahmen der Inlandsfiktion aufgrund des Überschreitens der Buchführungsgrenzen des § 189 UGB Buchführungspflicht gegeben wäre. Aufgrund der Inlandsfiktion für ausländische Betriebe sind auch die unternehmensrechtlichen Übergangsregeln nach § 907 Abs. 16 und 17 UGB anzuwenden (siehe dazu Rz 430n). Dementsprechend ist auch die Aufschub-Option anwendbar (siehe Rz 430p).
195
Wird der Gewinn des Betriebes (ohne inländische Betriebsstätte) im Ausland nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr ermittelt, ist dies auch für das Inland maßgebend (§ 2 Abs. 8 Z 2 EStG 1988). Ein im Ausland abweichendes Wirtschaftsjahr ist daher aus Gründen der Vereinfachung beizubehalten. Dies gilt unabhängig von der Gewinnermittlungsart. Es kann daher zB auch eine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung mit abweichendem Wirtschaftsjahr in Betracht kommen.
196
Die Gewinnermittlung für eine Betriebsstätte richtet sich nach der für den gesamten Betrieb maßgebenden Gewinnermittlung. Betrieb und Betriebsstätte sind gedanklich zu vereinigen (Einheitsbetrachtung). Ergibt sich nach dieser Vereinigung Buchführungspflicht wegen Überschreitens der Umsatzgrenzen des UGB, haben Betrieb und Betriebsstätte den Gewinn durch Bilanzierung zu ermitteln. Die Gewinnermittlung der Betriebsstätte kann nicht vom Betrieb abweichen (einheitliche Gewinnermittlung). Auf Grund der einheitlichen Gewinnermittlung ist es daher zB nicht möglich, dass der umsatzschwache inländische Betrieb den Gewinn nach einer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung (§ 4 Abs. 3 EStG 1988) und die umsatzstarke ausländische Betriebsstätte nach § 5 EStG 1988 ermittelt; Betrieb und Betriebsstätte haben den Gewinn bei Überschreiten des Schwellenwertes des § 189 UGB einheitlich nach § 5 EStG 1988 zu ermitteln. Besteht für den Betrieb umsatzunabhängig Rechnungslegungspflicht (§ 189 Abs. 1 Z 1 UGB), ist der Gewinn für die inländische Betriebsstätte nach § 5 EStG 1988 zu ermitteln.
Weichen die Wirtschaftsjahre der inländischen und ausländischen Betriebsstätte voneinander ab, prägt das Wirtschaftsjahr der inländischen Betriebsstätte.
197
Ein Anteil eines unbeschränkt Steuerpflichtigen an einer ausländischen Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft) ist im Bezug auf § 2 Abs. 8 Z 2 EStG 1988 (unabhängig von einer allfälligen inländischen Betriebsvermögenszugehörigkeit) als ausländischer Betrieb zu behandeln.
2.8.4 Ausländische Verluste
198
Nach § 2 Abs. 8 Z 3 EStG 1988 sind im Ausland nicht berücksichtigte Verluste bei Ermittlung des Einkommens anzusetzen. Ein ausländischer Verlust ist in seinem Entstehungsjahr anzusetzen, eine Nachholung ist nicht zulässig (UFS 18.7.2013, RV/0075-S/12). Auf Grund des 1. StabG 2012 wird ab der Veranlagung 2012 die Verlustberücksichtigung der Höhe nach mit dem nach ausländischem Steuerrecht ermittelten Verlust gedeckelt. Die Berücksichtigung (allenfalls gedeckelter) ausländischer Verluste gilt in Fällen, in denen eine Entlastung von der Doppelbesteuerung nach der Befreiungsmethode (DBA-mit Befreiungsmethode, Anwendung der in der VO zu Vermeidung von Doppelbesteuerung, BGBl. II Nr. 474/2002, vorgesehenen Befreiungsmethode, Maßnahme nach § 48 BAO mit Befreiungsmethode) erfolgt (zur Anrechnungsmethode siehe Rz 198c). Daher sind in derartigen Fällen zB ausländische Betriebsstättenverluste im Verlustentstehungsjahr mit inländischen positiven Einkünften auszugleichen. Ausländische Verluste, die im Verlustentstehungsjahr im Ausland bereits mit anderen positiven Einkünften ausgeglichen werden, sind nicht zu berücksichtigen. Ist die Berücksichtigung ausländischer Verluste zu Unrecht unterblieben, findet keine Nachversteuerung statt, wenn die Verluste im Ausland verwertet werden (UFS 18.7.2013, RV/0075-S/12). Sollte ein – nach österreichischem Recht ausgleichsfähiger – Verlust im Ausland nach dortigem Recht nicht ausgeglichen werden können, ist der gesamte ausländische Verlust höchstens im Umfang des nach ausländischem Steuerrecht ermittelten Verlustes im Inland zu berücksichtigen und unterliegt nicht der Nachversteuerung.
198a
Hinsichtlich der Gewinn- bzw. Verlustermittlung gibt es bei den Verlusten keine Besonderheiten: Auch der ausländische Verlust ist nach innerstaatlichem (österreichischem) Einkommensteuerrecht zu ermitteln (Umrechnung auf österreichisches Recht, siehe Rz 191); für die Deckelung ist hingegen der nach ausländischem Steuerrecht ermittelte Verlust maßgeblich:
Ist der nach ausländischem Steuerrecht ermittelte Verlust höher als der nach österreichischem Steuerrecht ermittelte, ist nur der niedrigere Verlust nach österreichischem Steuerrecht zu berücksichtigen.
Ist der nach ausländischem Steuerrecht ermittelte Verlust niedriger als der nach österreichischem Steuerrecht ermittelte, darf nur der niedrigere Verlust nach ausländischem Steuerrecht berücksichtigt werden.
Liegt nach ausländischem Steuerrecht ein Gewinn vor, bleibt für eine Berücksichtigung eines diesem Gewinn entsprechenden Verlustes nach österreichischem Steuerrecht kein Raum; ebenso wenig kommt ein Progressionsvorbehalt in Betracht.
Beispiel:
Im Jahr 01 beträgt der nach dem Steuerrecht des Betriebsstättenstaates ermittelte Gewinn einer DBA-befreiten Betriebsstätte 100. Dem entspricht nach österreichischem Steuerrecht ein Verlust von 50, weil das ausländische Steuerrecht den Ansatz bestimmter Rückstellungen nicht zulässt. Aufgrund des „Verlustdeckels“ kommt es im Jahr 01 zu keiner Verlustberücksichtigung.
Im Jahr 02 beträgt der nach österreichischem Steuerrecht ermittelte Gewinn der ausländischen DBA-befreiten Betriebsstätte 30, nach dem Steuerrecht des Betriebsstättenstaates liegt ein Verlust von 120 vor, weil nun die nach österreichischem Recht rückzustellenden Aufwendungen schlagend werden.
Da nach inländischem Steuerrecht kein Verlust vorliegt, kommt es auch im Jahr 02 zu keiner Verlustberücksichtigung.
198b
Hinsichtlich der Gewinnermittlungsart und des Gewinnermittlungszeitraumes gilt die Einheitsbetrachtung von Betrieb und Betriebsstätte (siehe Rz 196 f). Die Berücksichtigung ausländischer Verluste hat nach § 2 Abs. 8 Z 3 EStG 1988 zwingend zu erfolgen (Ausnahme siehe Rz 210 sowie unten). Sollte jedoch eine Berücksichtigung ausländischer Verluste zu Unrecht unterblieben sein, kann die Verlustberücksichtigung in einem späteren Jahr nicht nachgeholt werden; in diesem Fall findet aber auch keine Nachversteuerung statt, wenn die Verluste im Ausland verwertet werden.
Die angesetzten Verluste sind in der Steuererklärung an der dafür vorgesehenen Stelle auszuweisen. Wird die Eintragung ausländischer Verluste an der vorgesehenen Stelle vorsätzlich unterlassen, hat dies auf die Berücksichtigungsfähigkeit der ausländischen Verluste keine Auswirkung, kann aber bei Vorsatz eine Finanzordnungswidrigkeit iSd § 51 Abs. 1 lit. a Finanzstrafgesetz darstellen.
198c
Bei Anwendung der Anrechnungsmethode (DBA-mit Anrechnungsmethode, Anwendung der in der VO zu Vermeidung von Doppelbesteuerung, BGBl. II Nr. 474/2002, vorgesehenen Anrechnungsmethode, Maßnahme nach § 48 BAO mit Anrechnungsmethode) hat keine Nachversteuerung gemäß § 2 Abs. 8 EStG 1988 zu erfolgen; die Verlustdeckelung (vgl. Rz 198a) kommt nicht zur Anwendung.
199
Ausgangspunkt für die Verlustberücksichtigung waren die ausländischen Betriebsstättenverluste (VwGH-Rechtsprechung, siehe Rz 190), die Verlustberücksichtigung ist aber nicht auf ausländische Betriebsstättenverluste eingeschränkt und gilt für alle „ausländischen Verluste“ (daher für alle betrieblichen und außerbetrieblichen Verluste). Daher sind zB auch ausländische Verluste aus Vermietung und Verpachtung in Österreich zu berücksichtigen (Verlustermittlung und Liebhabereibeurteilung haben nach österreichischem Steuerrecht zu erfolgen).
200
Bei Doppelbesteuerungsabkommen mit Befreiungsmethode und Progressionsvorbehalt ergibt sich für ausländische Gewinne (positive Einkünfte) und Verluste folgender Unterschied: Ausländische Gewinne werden im anzuwendenden Steuersatz berücksichtigt (siehe Rz 189), ausländische Verluste sind nach Maßgabe des § 2 Abs. 8 EStG 1988 zu berücksichtigen.
2.8.5 Nachversteuerung ausländischer Verluste
200a
Eine Nachversteuerung angesetzter ausländischer Verluste wird entweder durch die Verlustverwertung im Ausland oder – wenn der Verlust aus einem Staat stammt, mit dem keine umfassende Amtshilfe besteht – durch Zeitablauf ausgelöst.
Durch das AbgÄG 2014 wurde mit Wirksamkeit ab der Veranlagung 2015 die bis dahin geltende Nachversteuerungskonzeption der ausschließlichen Nachversteuerung infolge ausländischer Verlustverwertung dahingehend geändert, dass angesetzte Verluste aus einem Staat, mit dem keine umfassende Amtshilfe besteht, spätestens im dritten Jahr nach deren Ansatz nachzuversteuern sind (§ 2 Abs. 8 Z 4 letzter Satz EStG 1988 idF des AbgÄG 2014, zwingende Nachversteuerung infolge Zeitablauf, siehe Rz 212 ff).
Hinsichtlich der Nachversteuerung von Verlusten aus einem Staat mit umfassender Amtshilfe ist gegenüber der Rechtslage vor dem AbgÄG 2014 keine Änderung eingetreten (siehe dazu die Rz 201 bis 211).
Dementsprechend tritt zu der schon bestehenden Nachversteuerung aufgrund ausländischer Verlustverwertung (Rz 201 bis 211) für angesetzte Verluste ab 2015, die aus einem Staat stammen, mit dem keine umfassende Amtshilfe besteht, eine Nachversteuerung infolge Zeitablaufs hinzu, die frühestens 2018 wirksam wird.
Für bis 2014 angesetzte Verluste aus einem Staat, mit dem keine umfassende Amtshilfe besteht, ist eine Übergangsregelung vorgesehen (siehe Rz 217).
2.8.5.1 Nachversteuerung ausländischer Verluste infolge Verlustverwertung im Ausland
Verluste dürfen nur einmal verwertet werden. Um Doppelverlustverwertungen (in Österreich und später im Ausland) auszuschließen, erfolgt in jenem Folgejahr, in dem der Verlust im Ausland verwertet wird oder verwertet hätte werden können, eine Nachversteuerung in Österreich. Kann daher der ausländische Verlust im Ausland vorgetragen und sodann (ganz oder teilweise) verwertet werden, kommt es in Österreich zur entsprechenden „Nachversteuerung“ durch Zurechnung des Nachversteuerungsbetrages zur Bemessungsgrundlage. Insoweit werden ausländische Gewinne im Rahmen des positiven Progressionsvorbehaltes nicht (nochmals) berücksichtigt.
202
Die Nachversteuerung hat dann zu erfolgen, wenn der in Österreich ausgeglichene ausländische Verlust im Ausland im Wege eines Verlustvortrages verwertet wird. Eine Nachversteuerung hat auch dann zu erfolgen, wenn die Auslandsverlustverwertung antragsabhängig ist, der Steuerpflichtige die Antragstellung aber – aus welchen Gründen auch immer – unterlässt. Es kommt daher zB auch dann zur Nachversteuerung, wenn der Steuerpflichtige die Antragstellung deshalb unterlässt, weil mit der Verlustverwertung im Ausland nur vergleichsweise geringe steuerliche Vorteile verbunden sind.
Wann die Verlustverwertung im Ausland erfolgt oder erfolgen hätte können, richtet sich nach den Vorschriften des ausländischen Rechts. Sollten im Verlustvortrag vorrangig zu berücksichtigende (ältere) Verluste vorliegen, die im Inland weder nach § 2 Abs. 8 EStG 1988 noch auf Grund VwGH 25.9.2001, 99/14/0217 ausgeglichen worden sind, sind diese nicht nachzuversteuern. Die Nachversteuerung hat in jenem Jahr zu erfolgen, in dem der jeweilige konkrete, im Inland verwertete Verlust nach Maßgabe des ausländischen Steuerrechts dort im Wege des Verlustvortrages verwertet wird (verwertet hätte werden können); siehe dazu das Beispiel 2 in Rz 203a.
202a
Die Nachversteuerung hat im Sinne eines „first in – first out-Verfahrens“ zu erfolgen: Bei Verlustverwertung im Ausland sind die ältesten Verluste zuerst nachzuversteuern.
203
Die Nachversteuerung erfolgt höchstens im Ausmaß der Doppelverlustberücksichtigung. Sie ist daher einerseits auf das Ausmaß der Verlustberücksichtigung in Österreich eingeschränkt. Mehr als in Österreich an Verlusten berücksichtigt wurde, kann daher nicht nachversteuert werden. Andererseits sind hinsichtlich der ausländischen Verlustberücksichtigung die ausländischen Ergebnisse nicht auf österreichisches Recht umzurechnen, weil die Nachversteuerung im Inland nur auf die Verlustverwertung im Ausland abstellt. Das Ausmaß der Doppelverlustberücksichtigung wird somit durch die Höhe des unter Berücksichtigung des Verlustdeckels (Rz 198) berücksichtigten (umgerechneten) inländischen Verlustes einerseits und die Höhe des (nicht umgerechneten) ausländischen Verlustes andererseits begrenzt (siehe auch Rz 206).
Der Nachversteuerungsbetrag ergibt sich somit folgendermaßen:
1. | Gesamtausmaß des im Inland unter Berücksichtigung des Verlustdeckels (Rz 198) berücksichtigten (berücksichtigungsfähigen) noch nicht nachversteuerten umgerechneten ausländischen Verlustes | 1. zu 2.: der niedrigere Betrag bestimmt das Ausmaß der Doppelverlust-berücksichtigung und den Nachversteuerungsbetrag |
2. | Ausmaß des im betreffenden Jahr im Ausland verwerteten (verwertungsfähigen) nicht umgerechneten ausländischen Verlustes |
Wurden ausländische Verluste in Folge der Umrechnung auf österreichisches Steuerrecht in niedrigerer Höhe (als nach ausländischem Steuerrecht) berücksichtigt und kommt es in Folgejahren zu einer teilweisen Verwertung dieser Verluste im Ausland, bildet der volle im Ausland verwertete Betrag die Basis für die Nachversteuerung im Inland (maximal bis zur Höhe des in Österreich berücksichtigten Betrages); eine anteilige Nachversteuerung ist nicht geboten.
Beispiel 1:
Im Jahr 01 beträgt der einer DBA-befreiten Betriebsstätte zuzurechnende Verlust nach inländischem Recht 100, der in dieser Höhe im Inland berücksichtigt wird; nach ausländischem Recht entspricht dem ein Verlust von 300 (der in den Verlustvortrag im Ausland eingeht).
Im Jahr 02 kann der Verlust in Höhe von 150 im Ausland verwertet werden.
Die Nachversteuerung im Jahr 02 ist im vollen Umfang von 100 vorzunehmen; eine anteilige Nachversteuerung (zB in Höhe von 50 = 100*150/300) kommt nicht in Betracht.
Beispiel 2:
In den Jahren 01 bis 03 wurden folgende Verluste einer DBA-befreiten Betriebsstätte im Inland angesetzt:
Im Inland angesetzter Verlust | nach ausländischem Recht ermittelter Verlust | |
Jahr 1 | – 50 | – 100 |
Jahr 2 | – 100 | – 300 |
Jahr 3 | – 50 | – 100 |
Summe | – 200 | – 500 |
Im Jahr 4 wird im Ausland ein nach ausländischem Steuerrecht ermittelter Gewinn in Höhe von 300 erzielt, der dort zur Gänze mit dem Verlust aus dem Jahr 1 iHv 100 und mit dem Verlust aus dem Jahr 2 iHv 200 verrechnet wird.
Die Nachversteuerung im Jahr 04 ist im vollen Umfang der im Jahr 1 und Jahr 2 im Inland angesetzten Verluste vorzunehmen, dh. iHv 150; eine anteilige Nachversteuerung des Verlustes aus dem Jahr 2 (zB in Höhe von 66,67 = 100*200/300) kommt nicht in Betracht.
Eine Nachversteuerung des aus dem Jahr 3 angesetzten Verlustes kommt im Jahr 4 noch nicht in Betracht, weil der Verlust des Jahres 3 nach Maßgabe des ausländischen Steuerrechts dort noch nicht im Wege des Verlustvortrages verwertet werden konnte (siehe dazu Rz 202).
203b
Die Nachversteuerung ist von der Höhe der im jeweiligen Jahr im Ausland erzielten umgerechneten Einkünfte unabhängig; liegen die Voraussetzungen für die Nachversteuerung vor, erhöht der Nachversteuerungsbetrag den Gesamtbetrag der Einkünfte. Dabei gilt Folgendes:
- Sollten die im Ausland erzielten positiven umgerechneten Einkünfte höher sein, als der Nachversteuerungsbetrag, sind diese DBA-steuerfrei. In jenem Umfang, in dem sie den Nachversteuerungsbetrag übersteigen, sind sie progressionserhöhend anzusetzen. Der Nachversteuerungsbetrag erhöht den Gesamtbetrag der Einkünfte.
- Sollten die im Ausland erzielten positiven umgerechneten Einkünfte niedriger sein als der Nachversteuerungsbetrag, ist der Nachversteuerungsbetrag in Höhe des im Ausland verwerteten Verlustes (unabhängig von den umgerechneten niedrigeren Einkünften) voll anzusetzen und erhöht den Gesamtbetrag der Einkünfte.
- Sollten die nach ausländischem Recht positiven Einkünfte umgerechnet einen Verlust ergeben, ist dieser nicht zu berücksichtigen. Der Nachversteuerungsbetrag erhöht den Gesamtbetrag der Einkünfte.
Beispiele:
1. Im Jahr 1 wurde ein ausländischer Verlust von 50 mit inländischen Einkünften ausgeglichen. Im Jahr 2 wird ein ausländischer Gewinn von 40 erzielt, der in dieser Höhe im Ausland zur Verwertung des Verlustes des Jahres 1 führt. Der ausländische Gewinn von 40 beträgt umgerechnet
a) 55
b) 30
c) – 10.
Im Fall a) sind 40 nachzuversteuern und 15 als progressionserhöhende Einkünfte anzusetzen. 10 (des im Jahr 1 ausgeglichen Verlustes) bleiben weiter nachversteuerungshängig.
Im Fall b) sind 40 nachzuversteuern. 10 (des im Jahr 1 ausgeglichen Verlustes) bleiben weiter nachversteuerungshängig.
Im Fall c) sind 40 nachzuversteuern, der umgerechnete ausländische Verlust von 10 ist nicht zu berücksichtigen. 10 (das sind 10 des im Jahr 1 ausgeglichenen Verlustes) bleiben weiter nachversteuerungshängig.
2. DBA mit Befreiungsmethode:
Jahr 01:
inländisches Betriebsergebnis | 100 |
ausländisches Betriebsstättenergebnis (nicht umgerechnet) | – 80 |
ausländisches Betriebsergebnis (umgerechnet) | – 70 |
Welteinkommen | 30 |
in Österreich angesetzt | 30 |
Nachversteuerungshängig ist der im Inland verwertete Verlust von 70.
Jahr 02 – Variante 1: Volle Verwertung des Verlustes aus 01 durch Verlustabzug im Ausland
inländisches Betriebsergebnis | 100 |
ausländisches Betriebsstättenergebnis (nicht umgerechnet) | 90 |
ausländisches Betriebsstättenergebnis (umgerechnet) | 80 |
Welteinkommen | 180 |
in Österreich angesetzt | 170 |
progressionserhöhende ausländische Einkünfte des Jahres 2 | 10 |
Der ausländische Verlust des Jahres 1 (80) wird im Ausland zur Gänze mit dem Gewinn des Jahres 2 (90) verrechnet. Im Ausland wurde somit der Verlust des Jahres 1 im vollen Umfang verwertet. Da dieser im Inland nur im Ausmaß von 70 ausgeglichen wurde, ist in diesem Umfang eine Doppelverlustverwertung eingetreten. Die umgerechneten ausländischen Einkünfte des Jahres 2 betragen 80. 70 sind nachzuvesteuern, der Rest (10) ist als progressionserhöhende Einkünfte anzusetzen.
Jahr 02 – Variante 2: Volle Verwertung des Verlustes aus 01 durch Verlustabzug im Ausland
inländisches Betriebsergebnis | 100 |
ausländisches Betriebsstättenergebnis (nicht umgerechnet) | 90 |
ausländisches Betriebsstättenergebnis (umgerechnet) | 65 |
Welteinkommen | 165 |
in Österreich angesetzt | 170 |
Der ausländische Verlust des Jahres 1 (80) wird im Ausland zur Gänze mit dem Gewinn des Jahres 2 (90) verrechnet. Im Ausland wurde somit der Verlust des Jahres 1 in vollem Umfang verwertet. Da dieser im Inland nur im Ausmaß von 70 ausgeglichen wurde, ist in diesem Umfang eine Doppelverlustverwertung eingetreten. Es sind daher 70 nachzuversteuern, sodass der Gesamtbetrag der Einkünfte 170 beträgt.
Jahr 02 – Variante 3: Teilweise Verwertung des Verlustes aus 01 durch Verlustabzug im Ausland
inländisches Betriebsergebnis | 100 |
ausländisches Betriebsstättenergebnis (nicht umgerechnet) | 30 |
ausländisches Betriebsstättenergebnis (umgerechnet) | 30 |
Welteinkommen | 130 |
in Österreich angesetzt | 130 |
Der ausländische Verlust des Jahres 1 (80) wird im Ausland im Umfang von 30 mit dem Gewinn des Jahres 2 verrechnet. In diesem Umfang ist eine Doppelverlustverwertung eingetreten. Dem inländischen Betriebsergebnis von 100 ist daher das (auf österreichisches Recht umgerechnete) ausländische Betriebsstättenergebnis von 30 als Nachversteuerungsbetrag zuzuzählen; aus 01 verbleibt sodann noch ein Nachversteuerungsbetrag von 40 (70 – 30), der ab den Jahren 03 nachzuversteuern sein kann.
Jahr 02 – Variante 4: Eine Verwertung des Verlustes aus 01 durch Verlustabzug ist trotz positiver Auslandseinkünfte nach ausländischem Recht nicht oder noch nicht zulässig.
inländisches Betriebsergebnis | 100 |
ausländisches Betriebsstättenergebnis (nicht umgerechnet) | 90 |
ausländisches Betriebsstättenergebnis (umgerechnet | 80 |
Welteinkommen | 180 |
in Österreich angesetzt | 100 |
progressionserhöhende Einkünfte des Jahres 2 | 80 |
Da im Jahr 02 eine Verlustverwertung im Ausland nicht (oder noch nicht) zulässig ist, hat keine Doppelverlustverwertung stattgefunden, sodass auch keine Nachversteuerung zu erfolgen hat. Die umgerechneten ausländischen befreiten Einkünfte sind daher nur im Rahmen des Progressionsvorbehaltes zu berücksichtigen. Aus 01 verbleibt weiter ein Nachversteuerungsbetrag von 70, der ab den Jahren 03 insoweit nachzuversteuern ist, als der Verlust des Jahres 1 im Ausland verwertet wird.
203c
Entsteht oder erhöht sich bei der Umrechnung von Auslandsergebnissen unter Anwendung des inländischen Steuerrechts durch eine zeitlich verschobene spätere Berücksichtigung von Ausgaben in Folgejahren ein Verlust, ist dieser ab der Veranlagung 2012 wegen der Verlustdeckelung (Rz 198) nicht zu berücksichtigen.
204
Fällt der ausländische Verlust in einem Besteuerungszeitraum an, in dem er nicht oder nicht vollständig mit positiven inländischen Einkünften ausgeglichen werden kann, steht für den ausländischen Verlust insoweit ein inländischer Verlustvortrag zu. Dies gilt nur dann, wenn die (umgerechneten) ausländischen Verluste grundsätzlich vortragsfähig sind (§ 18 Abs. 6 EStG 1988). Daher können ausländische Verluste aus Vermietung und Verpachtung – wie die entsprechenden österreichischen – zwar ausgeglichen, aber nicht vorgetragen werden. Können die ausländischen Verluste in Österreich nicht verwertet (ausgeglichen oder vorgetragen) werden, kommt es auch nicht zu einer späteren Nachversteuerung in Österreich.
Geht der ausländische Verlust mangels positiver inländischer Einkünfte in den inländischen Verlustvortrag ein und kommt es in einem späteren Jahr auf Grund von ausländischen Gewinnen zur Nachversteuerung, erfolgt diese Nachversteuerung unabhängig davon, ob die zuvor zugerechneten ausländischen Verluste im Inland bereits berücksichtigt wurden oder sich noch im Verlustvortrag befinden. Befinden sich die ausländischen Verluste noch im Verlustvortrag, erhöht der Nachversteuerungsbetrag den Gesamtbetrag der Einkünfte und es kann zu einem Verlustabzug kommen.
Ein Verlustausgleich ist auch vorzunehmen, wenn die Verluste in Staaten eingetreten sind, mit denen kein DBA besteht und daher die Doppelbesteuerungsverordnung, BGBl. II Nr. 474/2002, angewendet wird.
Können die ausländischen Verluste hingegen im Ausland sogleich, zB im Wege eines Verlustrücktrages, verwertet werden, liegt eine Berücksichtigung im Ausland iSd § 2 Abs. 8 Z 3 erster Satz EStG 1988 vor und es kann daher im Inland keine Verlustberücksichtigung und Nachversteuerung stattfinden.
204a
Entfallen ausländische Verluste auf die Veräußerung eines Grundstückes im Sinne des § 30 Abs. 1 EStG 1988, sind die inländischen Beschränkungen hinsichtlich der Verrechnung von Verlusten aus Grundstücksveräußerungen bzw. der Teilwertabschreibungen von Grundstücken zu beachten (§ 6 Z 2 lit. d und § 30 Abs. 7 EStG 1988).
Sollen ausländische Verluste aus progressiv besteuerten Quellen mit inländischen positiven Einkünften aus der Veräußerung von Grundstücken ausgeglichen werden, ist die Ausübung der Regelbesteuerungsoption für die Einkünfte aus der Veräußerung von Grundstücken erforderlich. Dies gilt nicht, wenn auf die Einkünfte aus der Grundstücksveräußerung der besondere Steuersatz gemäß § 30a Abs. 3 oder 4 EStG 1988 nicht anwendbar ist.
205
Fallen die ausländischen Verluste unter das Verlustverwertungsverbot nach § 2 Abs. 2a EStG 1988, sind sie nicht ausgleichsfähig. Diese ausländischen Verluste können aber mit späteren Gewinnen aus dieser Betätigung verrechnet werden, sodass insoweit keine Progressionsverschärfung im Weg des Progressionsvorbehalts in späteren Jahren eintritt.
206
Da der ausländische Verlust (ebenso wie ein ausländischer Gewinn) umzurechnen ist, können sich Abweichungen vom Ergebnis im ausländischen Quellenstaat ergeben: Ergibt sich nach dem Steuerrecht des Quellenstaates ein höherer Verlust als nach österreichischem Recht, bleibt dieser in Österreich insoweit unberücksichtigt und kann zu keiner Nachversteuerung führen. Ergibt sich im Quellenstaat hingegen ein niedrigerer Verlust als nach österreichischem Recht, ist ab der Veranlagung 2012 die Verlustberücksichtigung mit der Höhe des ausländischen Verlustes gedeckelt (siehe Rz 198).
207
Die Nachversteuerung in Österreich hängt nicht davon ab, ob der Abgabepflichtige die Auslandsverlustverwertung selbst veranlasst. Wird daher zB die ausländische Betriebsstätte unter Übernahme des Verlustvortragsrechtes steuerneutral in eine ausländische Kapitalgesellschaft umgegründet und verwertet nun diese Kapitalgesellschaft die in Österreich bereits berücksichtigten Verluste, kommt es ebenfalls zur Nachversteuerung in Österreich. Die Nachversteuerung (Zurechnung) erfolgt bei jenem Steuerpflichtigen, bei dem die Verluste seinerzeit einkommensmindernd angesetzt worden sind, oder bei seinem Gesamtrechtsnachfolger (bzw. „Umgründungsrechtsnachfolger“). Im Zeitpunkt der Veräußerung einer umgründungsbezogenen ausländischen bzw. inländischen Beteiligung hat jedenfalls eine Nachversteuerung zu erfolgen.
208
Ausländische Verluste, die bei einem beschränkt Steuerpflichtigen anfallen, können durch eine Wohnsitzverlegung nach Österreich und der damit eintretenden unbeschränkten Steuerpflicht weder ausgeglichen noch vorgetragen werden. Verlegt der Steuerpflichtige umgekehrt seinen Wohnsitz von Österreich ins Ausland und wurden während des Bestehens der unbeschränkten Steuerpflicht ausländische Verluste im Inland berücksichtigt, kommt es bei Verwertung dieser Verluste im Ausland zur Nachversteuerung im Inland; denn die Nachversteuerung hängt nicht davon ab, ob sich die persönliche Steuerpflicht nachträglich ändert oder ob der Steuerpflichtige nach der Wohnsitzverlegung ins Ausland in Österreich beschränkt steuerpflichtig bleibt.
209
Da die zu berücksichtigenden ausländischen Verluste ebenso wie inländische Verluste den Gesamtbetrag der „anderen“, nicht-lohnsteuerpflichtigen Einkünfte im Sinne des § 41 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 vermindern, sind sie auch für die Veranlagung und den Veranlagungsfreibetrag in Höhe von 730 Euro von Bedeutung (vgl. LStR 2002 Rz 912e ff). Reduzieren die ausländischen Verluste die anderen, nicht-lohnsteuerpflichtigen Einkünfte auf 730 Euro oder darunter, sind sie zur Gänze steuerfrei und es besteht keine Veranlagungspflicht. Eine spätere Nachversteuerung der berücksichtigten ausländischen Verluste kann nur dann und insoweit eintreten, als sich die ausländischen Verluste steuerwirksam ausgewirkt haben. Die steuerliche Auswirkung des Verlustausgleichs ist bei Wirksamkeit des Veranlagungsfreibetrages folgendermaßen zu ermitteln:
Summe der nicht lohnstpfl. Einkünfte ohne ausländische Verluste (unter Berücksichtigung des Veranlagungsfreibetrages)
Summe der nicht lohnstpfl. Einkünfte mit ausländischen Verlusten (unter Berücksichtigung des Veranlagungsfreibetrages)
Bemessungsgrundlagendifferenz
Nachversteuerungshängig ist der ausländische Verlust, soweit er in der Bemessungsgrundlagendifferenz gedeckt ist. Die Nachversteuerung hat nach Maßgabe der ausländischen Verlustverwertung zu erfolgen.
Beispiele:
1. Im Jahr 1 betragen die inländischen nicht-lohnsteuerpflichtigen Einkünfte 1.000 Euro und es liegt ein ausländischer Verluste in Höhe von 500 Euro vor. Die Bemessungsgrundlagendifferenz ist wie folgt zu ermitteln:
Summe der nicht lohnstpfl. Einkünfte ohne ausländische Verluste | 540 |
– Summe der nicht lohnstpfl. Einkünfte mit ausländischen Verlusten | 0 |
Bemessungsgrundlagendifferenz | 540 |
Nachversteuerungshängig ist der gesamten ausländischen Verluste von 500. Wird davon im Jahr 3 im Ausland 200 Euro im Wege des Verlustvortrages durch Verrechnung mit positiven Einkünften in dieser Höhe verwertet, sind 200 Euro nachzuversteuern und es bleiben 300 Euro weiter nachversteuerungshängig.
2. Im Jahr 4 betragen die inländischen nicht-lohnsteuerpflichtigen Einkünfte 1.000 Euro und es liegen ausländische Verluste in Höhe von 600 Euro vor. Die Bemessungsgrundlagendifferenz ist wie folgt zu ermitteln:
Summe der nicht lohnstpfl. Einkünfte ohne ausländische Verluste | 540 |
– Summe der nicht lohnstpfl. Einkünfte mit ausländischen Verlusten | 0 |
Bemessungsgrundlagendifferenz | 540 |
Nachversteuerungshängig sind von den ausländischen Verlusten 540 Euro. Werden davon im Jahr 5 im Ausland 300 Euro im Wege des Verlustvortrages durch Verrechnung mit positiven Einkünften in dieser Höhe verwertet, sind 300 Euro nachzuversteuern und es bleiben 240 Euro weiter nachversteuerungshängig.
3. Im Jahr 5 betragen die inländischen nicht-lohnsteuerpflichtigen Einkünfte 1.000 Euro und es liegen ausländische Verluste in Höhe von 200 Euro vor. Die Bemessungsgrundlagendifferenz ist wie folgt zu ermitteln:
Summe der nicht lohnstpfl. Einkünfte ohne ausländische Verluste | 540 |
– Summe der nicht lohnspfl. Einkünfte mit ausländischen Verlusten | 140 |
Bemessungsgrundlagendifferenz | 400 |
Nachversteuerungshängig sind von den ausländischen Verlusten 200 Euro. Werden davon im Jahr 6 im Ausland 150 Euro im Wege des Verlustvortrages durch Verrechnung mit positiven Einkünften in dieser Höhe verwertet, sind 150 Euro nachzuversteuern und es bleiben 50 Euro weiter nachversteuerungshängig.
210
Werden ausländische Einkünfte eines in Österreich ansässigen Abgabepflichtigen in einem ausländischen Staat nicht durch Gegenüberstellung der tatsächlich erzielten Erträge (Einnahmen) und der tatsächlich geleisteten Aufwendungen (Ausgaben), sondern in pauschalierter Form einer (Gewinn/Überschuss)Besteuerung unterzogen, bleibt ab der Veranlagung 2012 für eine Verlustberücksichtigung in Österreich auf Grund der Verlustdeckelung kein Raum (siehe Rz 198a dritter Punkt).
211
Sind ausländische Einkünfte nach ausländischem Recht generell steuerbefreit (zB sogenannte „Tax Holidays“) kommt ab der Veranlagung 2012 eine Verlustberücksichtigung in Österreich auf Grund der Verlustdeckelung nicht in Betracht (siehe Rz 198).
Ungeachtet der Verlustermittlung nach österreichischem Recht können auch Verluste eines unbeschränkt steuerpflichtigen Kommanditisten, die nach ausländischem Recht jedoch dem Komplementär zuzurechnen sind, nicht in Österreich berücksichtigt werden. Durch die Zurechnung beim Komplementär ist der Verlust – bezogen auf den Kommanditisten – bereits im Ausland berücksichtigt worden (vgl. VwGH 26.1.2017, Ro 2014/15/0016). Nach § 2 Abs. 8 Z 3 EStG 1988 kann es daher nicht noch einmal zur Berücksichtigung in Österreich kommen.
2.8.5.2 Nachversteuerung ausländischer Verluste infolge Zeitablaufs
2.8.5.2.1 Allgemeines
212
§ 2 Abs. 8 Z 4 EStG 1988 idF des AbgÄG 2014 sieht ab der Veranlagung 2015 vor, dass angesetzte Verluste aus einem Staat, mit dem keine umfassende Amtshilfe besteht, spätestens im dritten Jahr nach deren Ansatz nachzuversteuern sind. Dementsprechend ist zu unterscheiden:
Nachversteuerung infolge Verlustverwertung im Ausland bei
Verlustberücksichtigung aus einem Staat, mit dem eine umfassende Amtshilfe besteht oder
Verlustberücksichtigung aus einem Staat, mit dem keine umfassende Amtshilfe besteht, sofern die ausländische Verlustverwertung im ersten oder zweiten Jahr nach inländischem Verlustansatz erfolgt.
Nachversteuerung infolge Zeitablaufs bei Verlustberücksichtigung aus einem Staat, mit dem keine umfassende Amtshilfe besteht (siehe Rz 215), soweit nicht bereits im ersten oder zweiten Jahr nach inländischem Ansatz eine Nachversteuerung infolge ausländischer Verlustverwertung erfolgt ist.
Führt die Verlustverwertung im Ausland zur Nachversteuerung, sind die ältesten Verluste zuerst nachzuversteuern („first in – first out-Verfahren“, siehe Rz 202a). Nur ein allenfalls verbleibender Rest kommt für eine Nachversteuerung infolge Zeitablaufs in Betracht.
Zur Übergangsregelung für bis 2014 berücksichtigte Verluste aus Staaten, mit denen keine umfassende Amtshilfe besteht (§ 124b Z 249 EStG 1988 idF AbgÄG 2014), siehe Rz 217.
213
Die Nachversteuerung betrifft „angesetzte“ Verluste. Es gilt:
Der Nachversteuerung unterliegen Verluste aus dem Ausland nur insoweit, als sie im Inland im Rahmen des Verlustdeckels steuerlich im Wege des Verlustausgleichs oder Verlustvortrages wirksam geworden sind. Siehe Rz 204, die entsprechend gilt.
Unterbleibt ein „Ansatz“ im Inland aufgrund der im selben Jahr erfolgenden ausländischen Verlustberücksichtigung, kommt auch eine Nachversteuerung nicht in Betracht (siehe Rz 198 und Rz 211 betreffend ausländischer Verlustzurechnung an Komplementär).
Werden ausländische Einkünfte eines in Österreich ansässigen Abgabepflichtigen in einem ausländischen Staat nicht durch Gegenüberstellung der tatsächlich erzielten Erträge (Einnahmen) und der tatsächlich geleisteten Aufwendungen (Ausgaben), sondern in pauschalierter Form einer (Gewinn/Überschuss)Besteuerung unterzogen, bleibt für eine Verlustberücksichtigung in Österreich auf Grund der Verlustdeckelung kein Raum; dementsprechend kommt es zu keiner Nachversteuerung.
Sind ausländische Einkünfte nach ausländischem Recht generell steuerbefreit (zB sogenannte „Tax Holidays“), kommt eine Verlustberücksichtigung in Österreich auf Grund der Verlustdeckelung nicht in Betracht; dementsprechend kommt es zu keiner Nachversteuerung.
214
Die Nachversteuerung infolge Zeitablaufs tritt auch dann ein, wenn die Verlustverwertungsmöglichkeit im Ausland auf einen Rechtsnachfolger übergegangen ist. Es bestehen keine Bedenken, die Nachversteuerung infolge Zeitablaufs stets nach Ablauf von drei Jahren vorzunehmen.
215
Die Nachversteuerung infolge Zeitablaufs betrifft Verluste aus einem Staat, mit dem keine umfassende Amtshilfe besteht. Maßgebend ist das Fehlen der umfassenden Amtshilfe in jenem Jahr, in dem die ausländischen Verluste angesetzt wurden; ist das der Fall, hat eine Nachversteuerung im drittfolgenden Jahr auch dann zu erfolgen, wenn in diesem Jahr mit dem betreffenden Staat mittlerweile eine umfassende Amtshilfe besteht. Im Jahr 2015 angesetzte Verluste aus einem Staat, mit dem für den Veranlagungszeitraum 2015 keine umfassende Amtshilfe besteht, sind somit jedenfalls spätestens im Jahr 2018 nachzuversteuern.
Eine umfassende Amtshilfe besteht mit sämtlichen Mitgliedstaaten der Europäischen Union aufgrund der Amtshilferichtlinie (RL 2011/16/EU) sowie mit bestimmten Drittstaaten aufgrund von großen Auskunftsklauseln in Doppelbesteuerungsabkommen, aufgrund des multilateralen Amtshilfeabkommens oder aufgrund von anderen Abkommen über den Informationsaustausch (Tax Information Exchange Agreements – TIEA). Diese Staaten und Territorien werden in der BMF-Information „Umfassende Amtshilfe im Bereich Steuern vom Einkommen“ in der jeweils geltenden Fassung abschließend aufgelistet. Diese Liste wird regelmäßig aktualisiert.
Als abschließende Liste jener Staaten, mit denen mit Stand 1.1.2015 eine umfassende Amtshilfe bestand, ist die Information des BMF vom 27.1.2015, BMF-010221/0844-VI/8/2014, heranzuziehen.
216
Die Nachversteuerung infolge Zeitablaufs hat spätestens im drittfolgenden Jahr nach Verlustansatz zu erfolgen. Eine frühere freiwillige gänzliche oder teilweise Nachversteuerung ist möglich; in einem solchen Fall wäre nur mehr der verbleibende Rest von der Nachversteuerung im drittfolgenden Jahr betroffen.
Die Verpflichtung zur Nachversteuerung aufgrund einer Verlustverwertung im Ausland geht der Nachversteuerung auf Grund Zeitablaufes vor; dementsprechend hat eine solche gegebenenfalls im ersten und zweiten Jahr nach Ansatz des Verlustes entsprechend dem „first in – first out-Verfahren“ zu erfolgen (siehe Rz 212).
Erfolgt im ersten oder zweiten Jahr nach Ansatz des Verlustes eine freiwillige oder verpflichtende Nachversteuerung, ist zu dokumentieren, ob bzw. in welchem Umfang der Verlust für eine erforderliche Nachversteuerung im drittfolgenden Jahr noch vorhanden ist.
Beispiele:
- Im Jahr 1 wird ein ausländischer Verlust von 22 im Inland mit anderen positiven Einkünften ausgeglichen und damit zur Gänze verwertet. Im Ausland geht der Verlust zur Gänze in den Verlustvortrag ein. Im Jahr 2 erfolgt im Ausland eine Verwertung dieses Verlustes in Höhe von 9. Es ist in diesem Jahr ein Betrag von 9 nachzuversteuern. Die verbleibenden 13 sind spätestens im Jahr 4 nachzuversteuern.
- Im Jahr 1 geht ein ausländischer Verlust iHv 20 mangels anderer ausgleichsfähiger Einkünfte zur Gänze in den Verlustvortrag ein. Im Jahr 2 erfolgt im Ausland eine Verwertung dieses Verlustes iHv 8. Es ist in diesem Jahr ein Betrag von 8 nachzuversteuern. Der Ansatz des Nachversteuerungsbetrages ermöglicht einen Verlustabzug in derselben Höhe. Die verbleibenden 12 sind spätestens im Jahr 4 nachzuversteuern.
- Im Jahr 1 wird ein ausländischer Verlust iHv 20 im Umfang von 5 mit anderen positiven Einkünften ausgeglichen; der Rest (15) geht in den Verlustvortrag ein. Im Jahr 3 entscheidet sich der Steuerpflichtige zur freiwilligen gänzlichen Nachversteuerung des Verlustes aus dem Jahr 1 in Höhe von 20. Im Jahr 2 wurde kein Verlustabzug im Inland berücksichtigt, daher kann mit dem Nachversteuerungsbetrag ein Verlustvortrag iHv 15 verrechnet werden. Infolge der freiwilligen gänzlichen Nachversteuerung ist im Jahr 4 nichts mehr nachzuversteuern.
2.8.5.2.2 Übergangsbestimmung für die Kalenderjahre 2016 bis 2018
217
Nach der Übergangsbestimmung § 124b Z 249 lit. b EStG 1988 ist § 2 Abs. 8 Z 4 EStG 1988 erstmalig ab der Veranlagung 2015 anzuwenden. Sämtliche bis dahin noch nicht nachversteuerte Verluste aus Staaten, mit denen mit Stand 1.1.2015 keine umfassende Amtshilfe besteht (siehe dazu Rz 215), erhöhen in den Jahren 2016 bis 2018 zu mindestens einem Drittel den Gesamtbetrag der Einkünfte, soweit sie nicht bei der Veranlagung 2016 auf Grund der Verlustverwertung im Ausland nachzuversteuern sind; eine frühere freiwillige gänzliche oder teilweise Nachversteuerung ist möglich. Für die Nachversteuerung in den Jahren 2017 und 2018 ist die tatsächliche Verlustverwertung sodann unbeachtlich.
Die berücksichtigten Verluste sind dann nicht nachzuversteuern, wenn die Verluste
in Wirtschaftsjahren entstanden sind, die vor dem 1. 3. 2014 enden,
nicht mehr im Ausland verwertet werden können und
aus ausländischen Betrieben/Betriebsstätten stammen, die vor dem 1.1.2017 aufgegeben oder veräußert werden.
Beispiel:
Ein österreichisches Unternehmen (Bilanzstichtag 31.12.) unterhält seit Jahren eine Betriebsstätte in einem Staat, mit dem keine umfassende Amtshilfe besteht; bis zum 31.12.2013 wurden dem Unternehmen über die Jahre aus der Betriebsstätte Verluste von insgesamt 15 Mio. (€) zugerechnet, von denen bisher nur 6 Mio. nachversteuert worden sind; 9 Mio. sind daher noch nachversteuerungshängig. Im Jahr 2014 erleidet die Betriebsstätte wiederum einen Verlust von 3 Mio., im Jahr 2015 von 1 Mio.
Nach der Übergangsbestimmung wären die noch nicht nachversteuerten Verluste bis inklusive 2014 von insgesamt 12 Mio. über die Kalenderjahre 2016 bis 2018 nachzuversteuern. Sollte im Jahr 2016 eine Nachversteuerung aufgrund einer Verlustverwertung im Ausland stattfinden, würde nur der Restbetrag der verteilten Nachversteuerung unterliegen.
Für die bis zum Jahr 2013 angelaufenen Verluste iHv 9 Mio. kann der Unternehmer aber die Nachversteuerung dadurch vermeiden, dass er die ausländische Betriebsstätte bis zum 31.12.2016 aufgibt oder veräußert, sofern dadurch die Verluste im Ausland in der Folge nicht mehr verwertet werden können. Ein allfälliger Aufgabe- oder Veräußerungsgewinn löst allerdings insoweit eine Nachversteuerung aus. Sollten allerdings bei Weiterbestand der Betriebsstätte noch offene Verlustvorträge nach ausländischem Recht auf den Erwerber übergehen, stünde dies der Vermeidung der Nachversteuerung entgegen.
Für die im Jahr 2014 zugerechneten Verluste von 3 Mio. gilt die Ausnahme von der Nachversteuerung nicht; selbst wenn im Jahre 2016 die Betriebsstätte aufgegeben würde, wären daher die Verluste aus dem Jahr 2014 sowie aus dem Jahr 2015 zwingend nachzuversteuern. Für die Verluste aus dem Jahre 2014 greift grundsätzlich die verteilte Nachversteuerung über die Jahre 2016 bis 2018, die Verluste aus dem Jahr 2015 unterliegen bereits generell § 2 Abs. 8 Z 4 EStG 1988 und sind spätestens 2018 nachzuversteuern. Eine freiwillige frühere Nachversteuerung bleibt sowohl hinsichtlich des Verlustes aus 2014 als auch hinsichtlich des Verlustes aus 2015 möglich.
Randzahlen 218 bis 299: derzeit frei