20.1 Allgemeines
1126
Die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit der im § 68 EStG 1988 geregelten Zulagen und Zuschläge liegen nur dann vor, wenn derartige Zulagen und Zuschläge neben dem Stunden-, Grund- oder Akkordlohn gewährt werden. Solche Zulagen und Zuschläge können daher infolge ihrer Funktion nur Bestandteile des Lohnes sein. Allen Zulagen und Zuschlägen im Sinne des § 68 Abs. 1 EStG 1988 ist gemeinsam, dass es sich hiebei um laufende Bezüge handelt. Sie erhöhen damit das Jahressechstel (§ 67 Abs. 2 EStG 1988). Soweit diese Zulagen und Zuschläge den Freibetrag gemäß § 68 Abs. 1 EStG 1988 überschreiten, unterliegen sie der Tarifbesteuerung (§ 68 Abs. 3 EStG 1988). Sie sind in die Veranlagung einzubeziehen.
Siehe auch Beispiel Rz 11126.
20.2 Freibetrag gemäß § 68 Abs. 1 EStG 1988
1127
Der Freibetrag von 360 Euro monatlich steht zu für
- Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen,
- Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit und für
- Überstundenzuschläge im Zusammenhang mit Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit.
1128
Der Freibetrag steht unabhängig von der Zahl der in dieser Zeit geleisteten Arbeitsstunden und vom Ausmaß der Zulagen und Zuschläge zu. Bei mehreren Dienstverhältnissen steht dieser Freibetrag für jedes Dienstverhältnis zu. Im Wege der (Arbeitnehmer-)Veranlagung erfolgt die Zurückführung auf das einfache Ausmaß (insgesamt nur zehn Überstunden, maximal 86 Euro monatlich, sowie 360 Euro bzw. 540 Euro monatlich). Die Erhöhung von fünf auf zehn bzw. von 43 Euro auf 86 Euro gilt für Überstunden, die ab 1. Jänner 2009 geleistet werden.
20.3 Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen (§ 68 Abs. 5 EStG 1988)
20.3.1 Allgemeines
1129
Die Begriffe Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen („SEG-Zulagen“) werden im Gesetz definiert und sind nur begünstigt, soweit sie auf Grund der im § 68 Abs. 5 Z 1 bis 7 EStG 1988 genannten lohngestaltenden Vorschriften gewährt werden. Liegt eine lohngestaltende Vorschrift als formelle Voraussetzung für die Begünstigung von Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen vor, ist weiter zu prüfen, ob die materiellen Voraussetzungen einer Verschmutzung, Erschwernis oder Gefahr im Sinne der Legaldefinition des § 68 Abs. 5 EStG 1988 gegeben sind (vgl. VwGH 31.03.2011, 2008/15/0322) und das Ausmaß der Zulage angemessen ist (VwGH 17.02.1988, 85/13/0177).
Von einem angemessenen Ausmaß der Zulage wird im Regelfall dann auszugehen sein, wenn die Zulage der Höhe nach einer lohngestaltenden Vorschrift – insbesondere einer lohngestaltenden Vorschrift im Sinne des § 68 Abs. 5 Z 1 bis 6 EStG 1988 – entspricht. Zahlt ein Arbeitgeber höhere Bezüge als die in der maßgebenden lohngestaltenden Vorschrift vorgesehenen Mindestlöhne, werden Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen grundsätzlich insoweit als angemessen anzusehen sein, als die Zulage im selben Ausmaß erhöht wird, wie der Lohn.
Beispiel 1:
Der kollektivvertragliche Bruttomonatslohn eines Transportarbeiters beträgt 1.318,70 Euro. Für die Dauer der Beschäftigung in Kühlräumen gebührt dem Arbeitnehmer eine Erschwerniszulage von 1,42 Euro pro Stunde.
Ein Arbeitgeber gewährt einem Transportarbeiter tatsächlich einen Bruttomonatslohn von 1.500 Euro. Die Überzahlung beträgt daher 13,75 % des KV-Lohnes.
Es bestehen in diesem Beispiel keine Bedenken, die Erschwerniszulage bis zu einem Betrag von 1,62 Euro pro Stunde (113,75 % von 1,42 Euro) gemäß § 68 EStG 1988 begünstigt zu behandeln.
Beispiel 2:
Der kollektivvertragliche Bruttostundenlohn eines Hilfsarbeiters im Güterbeförderungsgewerbe beträgt 6,60 Euro. Für die Dauer einer bestimmten verschmutzenden Tätigkeit gebührt dem Arbeitnehmer eine Schmutzzulage im Ausmaß von 10 % des maßgebenden KV-Stundenlohnes, das sind in diesem Fall 0,66 Euro.
Ein Arbeitgeber gewährt einem Hilfsarbeiter tatsächlich einen Stundenlohn von 7,00 Euro.
Es bestehen in diesem Beispiel keine Bedenken, die Schmutzzulage bis zu einem Betrag von 0,70 Euro pro Stunde (10 % von 7 Euro) gemäß § 68 EStG 1988 begünstigt zu behandeln.
Soweit eine den Voraussetzungen grundsätzlich entsprechende Schmutz-, Erschwernis- oder Gefahrenzulage das angemessene Ausmaß übersteigt, ist sie steuerpflichtig. Soweit derartige Zulagen gesetzlich oder kollektivvertraglich festgelegt sind, sind darüber hinausgehende Zulagen auf Grund anderer lohngestaltender Vorschriften nur in besonders gelagerten Fällen begünstigt. Die Steuerfreiheit der Zulagen setzt weiters voraus, dass der Behörde nachgewiesen wird, um welche Arbeiten es sich im Einzelnen gehandelt hat und wann sie geleistet wurden (VwGH 27.6.2000, 99/14/0342).
Siehe auch Beispiel Rz 11129.
1130
Es ist – bezogen auf die gesamten vom Arbeitnehmer zu leistenden Arbeiten – zu prüfen, ob diese Arbeiten überwiegend zu einer erheblichen Verschmutzung, Erschwernis oder Gefahr führen (vgl. VwGH 30.1.1991, 90/13/0102). Die Frage einer außerordentlichen Verschmutzung, Erschwernis oder Gefahr ist nicht allein anhand der Arbeiten zu untersuchen, mit denen diese besonderen Arbeitsbedingungen verbunden sind. Vielmehr ist bezogen auf die gesamten vom Arbeitnehmer zu leistenden Arbeiten innerhalb des Zeitraumes, für den der Arbeitnehmer eine Zulage zu erhalten hat, zu prüfen, ob sie überwiegend (= mehr als die Hälfte der gesamten Arbeitszeit, für die eine Zulage gewährt wird) eine außerordentliche Verschmutzung, Erschwernis oder Gefahr bewirken. Wird die SEG-Zulage nur für jeweils eine Stunde gewährt, ist für das zeitliche Überwiegen auf die einzelne Stunde abzustellen. Die Möglichkeit der Verschmutzung, Erschwernis oder Gefahr kann somit nicht berücksichtigt werden, wenn die damit verbundene Tätigkeit nur einen geringen Teil der Arbeitszeit, für die eine Zulage zusteht, ausmacht (vgl. VwGH 24.6.2004, 2000/15/0066).
Beispiel 1:
Die Einsatzzeit des Lenkers eines Reisebusses mit mehr als 50 Sitzplätzen, für die ihm eine Erschwerniszulage zusteht, beträgt 140 Stunden. Laut Kollektivvertrag steht ihm pro Stunde der Einsatzzeit eine Erschwerniszulage für das Lenken und Betreuen eines überlangen Fahrzeuges in Höhe von 0,73 Euro zu. Üblicherweise entfallen auf die Stehzeiten 25% der Einsatzzeit, während der restlichen Zeit liegt eine besondere Erschwernis vor. Die Erschwerniszulage ist zur Gänze steuerfrei. Betragen hingegen die Stehzeiten während der Einsatzzeit mindestens 50%, liegt im Einsatzzeitraum überwiegend keine Erschwernis vor, sodass die gesamte Zulage steuerpflichtig ist.
Beispiel 2:
Ein Arbeiter im Metallgewerbe bekommt an zwei Arbeitstagen im Monat eine Erschwerniszulage von Euro 0,386 pro Stunde (insgesamt für 16 Stunden), weil die Arbeiten unter erschwerten Bedingungen durchgeführt werden. Für den Rest des Monates liegt keine Erschwernis vor; die Zulage wird daher auch nicht gewährt. Für die Steuerfreiheit der Zulage ist nur zu prüfen, ob an diesen zwei Tagen überwiegend eine Erschwernis vorlag. Ist dies der Fall, so ist die Zulage, die für diese zwei Tage gewährt wurde, zur Gänze steuerfrei.
1131
Die Bezeichnung einer Zulage ist für ihre steuerliche Behandlung nicht ausschlaggebend. Wird eine Zulage zB als Erschwerniszulage bezeichnet, wobei eine nicht anderweitig berücksichtigte Gefährdungskomponente abgegolten wird, können diese Zulagen in einem angemessenen Rahmen als Gefahrenzulagen steuerfrei behandelt werden. Dies gilt auch für Zulagen allgemeiner Art, die nicht ausdrücklich als Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen bezeichnet werden (zB Bauzulagen, die Gefährdungs- oder Verschmutzungskomponenten im Zusammenhang mit der Tätigkeit auf Baustellen abgelten, vgl. VwGH 23.10.1990, 89/14/0179). Dabei wird zu beachten sein, ob die Arbeiten im Innen- oder Außendienst bzw. auf Baustellen oder in Büroräumen verrichtet werden.
1132
Während des Urlaubes mit dem laufenden Urlaubsentgelt ausbezahlte SEG-Zulagen sind steuerpflichtig, weil während dieser Zeit keine Arbeitsleistungen unter den im Gesetz genannten Voraussetzungen erbracht werden. Es bestehen keine Bedenken, wenn zur Berücksichtigung der Urlaubszeit die Steuerfreiheit für elf von zwölf Kalendermonaten gewährt wird. Zulagen und Zuschläge, die im laufenden Arbeitslohn, der an den Arbeitnehmer im Krankheitsfall weitergezahlt wird, enthalten sind, bleiben hingegen auf Grund der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung in § 68 Abs. 7 EStG 1988 steuerfrei.
1132a
Werden im Rahmen der Altersteilzeitregelung (siehe § 27 Abs. 5 Z 2 Arbeitslosenversicherungsgesetz) steuerfreie Zulagen, die während der Phase der vollen Arbeitsleistungen erworben wurden, in der Folge während der Phase der „Nichtbeschäftigung“ ausgezahlt, bleiben sie im Rahmen der Höchstbeträge (bezogen auf die Leistungsmonate) steuerfrei.
Beispiel:
Während der ersten drei Jahre, in denen die volle Arbeitsleistung erbracht wurde, stehen SEG-Zulagen und Sonntags-, Feiertags- und Nachtzuschläge in Höhe von insgesamt 436,04 Euro monatlich zu. Der Höchstbetrag in Höhe von 360 Euro kommt zur Anwendung. Ausgezahlt werden sowohl während der Leistungsphase als auch während der Nichtleistungsphase (während der folgenden drei Jahre) Zulagen und Zuschläge in Höhe von 218,02 Euro. Die Zulagen und Zuschläge in Höhe von 218,02 Euro bleiben jeweils im Ausmaß des halben Höchstbetrages in Höhe von 180 Euro steuerfrei. Bei der Auszahlung von Schichtzulagen ist analog vorzugehen.
20.3.2 Schmutzzulagen
1133
Unter Schmutzzulagen sind jene Teile des Arbeitslohnes zu verstehen, die dem Arbeitnehmer deshalb gewährt werden, weil die von ihm zu leistenden Arbeiten überwiegend unter Umständen erfolgen, die in erheblichem Maß zwangsläufig eine Verschmutzung (Verunreinigung) des Arbeitnehmers und seiner Kleidung bewirken (zB Arbeiten mit Teer, Arbeiten im Zusammenhang mit Tierkörperbeseitigung, Kesselreinigung, Verstaubung, Verschlammung, Arbeiten am Schlachthof).
Darunter sind nach der Verkehrsauffassung nur solche Umstände zu verstehen, die von außen einwirken. Nur dieses Verständnis entspricht auch dem Zweck der Bestimmung, die bestimmte Arten von Tätigkeiten begünstigen will. „Verschmutzung“ durch Schweißabsonderung kann darunter nicht verstanden werden, zumal das Ausmaß der Schweißabsonderung wesentlich von der physischen Kondition des Arbeitnehmers und weniger von der Art der Tätigkeit abhängt (VwGH 10.5.1994, 91/14/0057).
Findet die eigentliche Tätigkeit unter verschmutzenden Bedingungen im Sinne des § 68 Abs. 5 EStG 1988 statt, haben Hilfstätigkeiten ebenso wie zB Arbeitspausen bei der Überprüfung der Ausschließlichkeit oder des Überwiegens der Tätigkeit außer Betracht zu bleiben. Dies gilt auch für mit den qualifizierten Tätigkeiten in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Hilfstätigkeiten, wie die notwendigen Fahrten zu bzw. zwischen verschiedenen Tätigkeitsorten, an denen die verschmutzende Tätigkeit ausgeübt wird (VwGH 22.4.1998, 97/13/0163, betr. mobilen Reinigungsdienst für Toiletten).
1134
Für Arbeiten, die ihrer Art nach grundsätzlich weder die Gewährung einer Schmutz- noch einer Erschwerniszulage rechtfertigen, stehen solche steuerfreien Zulagen auch dann nicht zu, wenn sie vorübergehend, infolge äußerer – durch die betreffende Arbeit selbst in keiner Weise bedingte – Einflüsse, unter unangenehmeren Verhältnissen ausgeübt werden müssen. Vorübergehende Umbauarbeiten in einem Büro mit Parteienverkehr rechtfertigen daher keine steuerbegünstigte Schmutzzulage bzw. Erschwerniszulage (vgl. VwGH 4.3.1987, 85/13/0022). Die Tätigkeit eines Tankwartes bewirkt nicht zwangsläufig eine erhebliche Verschmutzung eines Arbeitnehmers und seiner Kleidung. Lediglich beim Ölwechsel, bei der Aufbringung von Unterbodenschutz und ähnlichen Arbeiten ist die Gefahr einer erheblichen Verschmutzung gegeben, doch machen derartige Tätigkeiten üblicherweise nur einen geringen Teil der Gesamttätigkeit eines Tankwartes aus (VwGH 8.2.1989, 88/13/0088).
20.3.3 Erschwerniszulagen
1135
Die Steuerfreiheit von Erschwerniszulagen besteht nicht auf Grund der Bezeichnung der Zulage, sondern setzt voraus, dass eine außerordentliche Erschwernis gegenüber den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen vorliegt. Bildschirmzulagen stellen auf Grund des heutigen Standes der Bürotechnik daher keine Erschwerniszulagen dar. Ebenfalls keine außerordentliche Erschwernis liegt bei Schreibarbeiten (VwGH 4.6.1985, 85/14/0041), bei bloßer Rufbereitschaft (VwGH 21.10.1993, 92/15/0129), bei der Tätigkeit als Hausarbeiter oder Portier (VwGH 10.5.1994, 91/14/0057) oder bei der Tätigkeit im telefonischen Auskunftsdienst (VwGH 26.5.1998, 97/14/0049) vor.
1136
Der Vergleich zu den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen muss innerhalb der jeweiligen Berufssparte gezogen werden. Ein Vergleich mit den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen „schlechthin“ ist nicht möglich, weil es an allgemein vergleichbaren Arbeitsbedingungen fehlt (VwGH 19.1.1988, 85/14/0124; VwGH 16.3.1988, 87/14/0194; VwGH 26.5.1998, 97/14/0049). Der Vergleichsrahmen muss somit Gruppen mit vergleichbaren Arbeitsbedingungen umfassen. Der Vergleichsrahmen darf dabei nicht zu eng gezogen werden (VwGH 23.10.1990, 89/14/0179).
Beispiele:
- Vergleichsgruppe Anstreicher:
Anstreicher sind unter besonders schwierigen Bedingungen begünstigt (VwGH 18.10.1988, 87/14/0100).
- Vergleichsgruppe Bauarbeiter (nicht einzelne Sparten wie Gerüster, Dachdecker):
Gerüster (VwGH 18.10.1988, 87/14/0100) und Dachdecker (VwGH 4.6.1985, 85/14/0041) sind begünstigt.
- Vergleichsgruppe Arbeitnehmer im Baugewerbe und der Bauindustrie, die auf Grund des Kollektivvertrages Anspruch auf Bauzulage haben:
- Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass Arbeitnehmer, die auf Baustellen Arbeitstätigkeiten im Freien erbringen und kollektivvertraglichen Anspruch auf Auszahlung einer Bauzulage haben (zB Baupoliere), diese im Rahmen des § 68 Abs. 1 EStG 1988 begünstigt erhalten. Als im Freien tätig anzusehen sind Arbeitnehmer im Baugewerbe dann, wenn am zu errichtenden Objekt die „Endreinigung“ noch nicht vorgenommen wurde. In Zweifelsfällen ist die Erfüllung dieser Voraussetzungen nachzuweisen (zB Bautagesberichtsbuch).
- Vergleichsgruppe Koch:
Auch durch Hitze usw. belasteter Koch ist nicht begünstigt (VwGH 18.10.1988, 87/14/0100).
- Autobuslenker:
- Aus der Lenkung und Betreuung überlanger Fahrzeuge (mehr als 10,90 m) ergibt sich eine außerordentliche Erschwernis im Vergleich zur Tätigkeit von Autobuslenkern im Allgemeinen (VwGH 5.10.1993, 93/14/0101).
- Vergleichsgruppe Arzt (nicht Ärzte der einzelnen Fachrichtung):
- Begünstigt sind zB Ärzte in Unfall-, Intensivstationen sowie in psychiatrischen Stationen; nicht begünstigt zB Anästhesist (VwGH 19.1.1988, 85/14/0124), Kurarzt (VwGH 16.3.1988, 87/13/0194). Die Infektions- bzw. Strahlenzulage eines Facharztes für Röntgenologie ist eine dem Grunde nach steuerfreie Gefahrenzulage (VwGH 17.2.1988, 85/13/0177).
- Vergleichsgruppe Pflegepersonal in Altersheimen und Krankenanstalten (nicht Krankenschwestern in bestimmten Fachrichtungen):
- Begünstigt zB bei Ekel erregenden Arbeiten, bei Tätigkeit in Unfall- und Intensivstationen und in psychiatrischen Stationen; begünstigt überdies bei Heben/Legen bewegungsunfähiger Menschen, weiters bei kurzfristigen medizinischen Entscheidungen ohne Anstaltsarzt und dies alles ohne den in einer Krankenanstalt vorhandenen Arbeitserleichterungen (VwGH 21.1.1987, 85/13/0213).
- Vergleichsgruppe Schreibkräfte im Bürodienst:
- Krankenhausschreibkräfte sind nicht begünstigt (VwGH 6.3.1984, 83/14/0095; VwGH 4.6.1985, 85/14/0041).
- Vergleichsgruppe Bergleute:
- Unter-Tag-Arbeiten sind begünstigt (VwGH 4.6.1985, 85/14/0041).
1137
Erschwerniszulagen sind auch hinsichtlich ihrer betraglichen Angemessenheit zu prüfen. Das Ausmaß der Erschwernis muss in einem sachlich vertretbaren Verhältnis zum Ausmaß der Zulage stehen. Erschwerniszulagen betragen üblicherweise einen Bruchteil des „reinen“ Stundenlohns (vgl. VwGH 17.2.1988, 85/13/0177).
1138
Der Umstand, dass Erschwerniszulagen allgemein und ohne Differenzierung nach einer tatsächlichen Erschwernis an sämtliche Angehörige einer Vergleichsgruppe ausbezahlt werden, schließt für sich die steuerfreie Behandlung bei bestimmten Angehörigen dieser Vergleichsgruppe nicht aus (sofern von diesen bestimmten Angehörigen Arbeiten verrichtet werden, die eine außerordentliche Erschwernis gegenüber den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen aufweisen).
1139
Wird sowohl eine allgemeine Erschwerniszulage an sämtliche Angehörige einer Vergleichsgruppe ausbezahlt als auch (zusätzlich) eine besondere Zulage an bestimmte Angehörige der Vergleichsgruppe, so gilt Folgendes: Bei jenen Angehörigen der Vergleichsgruppe, bei denen eine Erschwernis im Sinne des § 68 EStG 1988 auftritt, sind beide Zulagen insoweit steuerfrei, als sie in Summe ihrer Höhe nach angemessen sind.
Eine Einschränkung des Begriffes der Erschwernis auf „körperliche Erschwernisse“ findet im Gesetz keine Stütze. Zum Vergleich sind die Arbeitsbedingungen vergleichbarer Arbeitstätigkeiten heranzuziehen. Die Erschwernis kann nicht nur „Umgebungseinflüssen“, sondern auch aus Schwierigkeiten der Arbeit selbst oder der Dringlichkeit ihrer Durchführung entspringen (betr. Erschwerniszulage im Zusammenhang mit dem Lenken und Betreuen überlanger Fahrzeuge VwGH 5.10.1993, 93/14/0101).
20.3.4 Gefahrenzulagen
1140
Eine Gefahrenzulage ist nach § 68 Abs. 5 EStG 1988 nur begünstigt, wenn sie eine typische Berufsgefahr abgilt (VwGH 5.6.1982, 17/2382/80). Eine solche liegt bei Erteilung eines Fahrschulunterrichtes grundsätzlich nicht vor (vgl. VwGH 16.2.1983, 81/13/0104). Die Erteilung von Fahrunterricht auf Solomotorrädern kann allerdings für den Fahrlehrer mit einer erhöhten Sturzgefahr verbunden sein (VwGH 19.3.1985, 84/14/0180). Gesundheitsgefährdungen, die der Betrieb von Kraftfahrzeugen, die Teilnahme am Straßenverkehr oder die Witterungsverhältnisse mit sich bringen (zB mögliche Bandscheibenschäden, Abgasschädigungen oder Rheuma), sind mit der Teilnahme am Straßenverkehr bzw. mit Arbeiten im Freien (Angehörige von Wachkörpern, Landwirte usw.) ganz allgemein verbunden und bedeuten daher keine typische Berufsgefahr (VwGH 19.3.1985, 84/14/0180). Eine Berufsgefahr wird aber bei Angestellten in medizinischen (ärztlichen) Ordinationen gegeben sein, die im Strahlenbereich arbeiten und tätig werden und hiefür eine nach lohngestaltenden Vorschriften abgesicherte Zulage (Strahlenzulage) erhalten (vgl. VwGH 17.2.1988, 85/13/0177).
1141
Zulagen, die Bankkassieren im Hinblick auf die durch mögliche Banküberfälle drohende Gefahr für Leben, Gesundheit oder körperliche Sicherheit gezahlt werden, stellen keine Gefahrenzulagen im Sinne des § 68 Abs. 5 EStG 1988 dar, weil diese Gefahr nicht eine mit dem Beruf eines Bankkassiers zwangsläufig verbundene, typische Berufsgefahr ist, sondern eine von dieser Gesetzesstelle nicht umfasste Allgemeingefahr (vgl. VwGH 5.7.1982, 17/2382/80).
20.5 Überstundenzuschläge (§ 68 Abs. 1 und 2 EStG 1988)
20.5.1 Überstundenzuschläge allgemein (§ 68 Abs. 1 bis 4 EStG 1988)
1145
Das Gesetz unterscheidet zwischen Überstunden, die an Wochentagen mit Ausnahme der Nachtarbeit erbracht werden (§ 68 Abs. 2 EStG 1988) und Überstunden, die an Sonntagen, Feiertagen oder während der Nacht geleistet werden (§ 68 Abs. 1 EStG 1988).
1146
Gemäß § 68 Abs. 2 EStG 1988 sind zusätzlich zu der Begünstigung nach § 68 Abs. 1 EStG 1988 Zuschläge für die ersten zehn Überstunden im Monat im Ausmaß von höchstens 50% des Grundlohnes, insgesamt höchstens 86 Euro monatlich, steuerfrei. Als Überstundenzuschläge gelten auch Zuschläge für Mehrarbeit, die sich aufgrund der verkürzten kollektivvertraglichen Normalarbeitszeit ergibt. Dies gilt jedoch nicht für Mehrarbeitszeitzuschläge (25%) im Sinne des § 19d Abs. 3a AZG im Zusammenhang mit einer Teilzeitbeschäftigung. Diese Zuschläge sind auch dann steuerpflichtig, wenn sie für eine Mehrarbeit geleistet werden, die an einem Sonn-, Feiertag oder in der Nacht erbracht wird.
1147
Überschreiten die insgesamt für einen Monat ausbezahlten Zulagen und Zuschläge den Freibetrag von 360 Euro und sind die zehn Überstunden des § 68 Abs. 2 EStG 1988 noch nicht ausgeschöpft, ist für die nach § 68 Abs. 1 EStG 1988 nicht mehr begünstigten Überstundenzuschläge (bis höchstens 50% des Grundlohnes) auch die Befreiung des § 68 Abs. 2 EStG 1988 zu berücksichtigen. Der Freibetrag gemäß § 68 Abs. 1 und 2 EStG 1988 kann bei Arbeitgeberwechsel innerhalb eines Lohnzahlungszeitraumes sowie bei mehreren Dienstverhältnissen gleichzeitig von beiden Arbeitgebern stets in voller Höhe berücksichtigt werden.
1148
Das Ausmaß der steuerfreien Zuschläge ist im § 68 Abs. 2 EStG 1988 festgehalten. Der Stundenteiler für die Ermittlung des Grundlohnes wäre bei einer 40-Stunden-Woche 173. Ist in Kollektivverträgen oder Betriebsvereinbarungen ein anderer Stundenteiler vorgesehen, ist dieser maßgeblich. Werden in einem Monat zuerst Zuschläge von weniger als 50% und erst später Zuschläge von (mindestens) 50% ausgezahlt, sind die (mindestens) „50-prozentigen“ Überstunden begünstigt. Sind die Zuschläge generell unter 50%, sind dennoch nur zehn Überstunden begünstigt (ein Zusammenrechnen ist unzulässig). Fallen Zuschläge über 50% aber pro Monat für weniger als zehn Überstunden an, so sind die Zuschläge dennoch nur im Ausmaß von 50% steuerfrei.
Beispiele:
Im Monat August zuerst zehn Überstunden mit 25% Zuschlag (7,50 Euro pro Stunde), dann fünfzehn Überstunden mit 50% Zuschlag (15 Euro pro Stunde); steuerfrei sind 50%-Zuschläge für zehn Überstunden (wären 150 Euro), maximal aber 86 Euro.
Im Monat August zwanzig Überstunden mit 25% Zuschlag (7,50 Euro pro Stunde); steuerfrei sind 25%-Zuschläge für zehn Überstunden (also 75 Euro).
Im Monat August sechs Überstunden mit 100% Zuschlag (30 Euro pro Stunde); steuerfrei sind Zuschläge für sechs Überstunden bis 50% (wären 90 Euro), maximal aber 86 Euro.
1149
Überstunden liegen bei Teilzeitbeschäftigung bereits dann vor, wenn bei einer zu Grunde liegenden Normalarbeitszeit von 40 Wochenstunden die tägliche Arbeitszeit mehr als acht Stunden beträgt. Liegt die kollektivvertragliche Normalarbeitszeit unter 40 Stunden, ist die tägliche Arbeitszeit, welche für die Überstundenberechnung maßgebend ist, entsprechend zu kürzen.
1150
Zuschläge für Samstagsarbeit können grundsätzlich nur nach Maßgabe des § 68 Abs. 2 EStG 1988 steuerfrei bleiben, es sei denn, es liegt Nachtarbeit im Sinne des § 68 Abs. 6 EStG 1988 vor bzw. der Samstag ist ein Feiertag. In beiden Fällen stellen die Zuschläge Nachtarbeits- bzw. Feiertagszuschläge gemäß § 68 Abs. 1 EStG 1988 dar.
1150a
Bei Gleitzeitvereinbarungen ist bis zur Abrechnung der Gleitzeitperiode auf Grund der arbeitsrechtlichen Bestimmungen von Normalarbeitszeit auszugehen. Dies kann auch daraus geschlossen werden, dass gemäß § 6 Abs. 1a Arbeitszeitgesetz nicht als Überstunden jedenfalls die am Ende einer Gleitzeitperiode bestehenden Zeitguthaben gelten, die nach der Gleitzeitvereinbarung in die nächste Gleitzeitperiode übertragen werden können. Im Umkehrschluss ist davon auszugehen, dass die nicht übertragbaren Guthaben daher Überstunden darstellen.
Bei einem Gleitzeitguthaben kommt am Ende einer Gleitzeitperiode eine Aufrollung der einzelnen Zeiträume nicht in Betracht, weil das Guthaben gleichsam als Ergebnis eines „Arbeitszeitkontokorrents“ das rechnerische Ergebnis von Gutstunden und Fehlstunden ist und als solches daher keinem bestimmten Zeitraum zugeordnet werden kann. Es kann daher nur jenem Zeitraum zugeordnet werden, in welchem die Abgeltung ausbezahlt wurde (vgl. VwGH vom 21.04.2004, 2001/08/0048). Die Abgeltung für ein im Rahmen einer Gleitzeitvereinbarung entstandenes Zeitguthaben ist im Auszahlungsmonat als laufender Bezug zu versteuern. Die Befreiung im Rahmen des § 68 Abs. 2 EStG 1988 kann für die abgegoltenen Überstunden nur für den Auszahlungsmonat angewendet werden, da erst im Zeitpunkt der Abrechnung das Vorliegen von Überstunden beurteilt werden kann.
Werden im Rahmen der Gleitzeitvereinbarung vom Arbeitnehmer angeordnete Überstunden (zB aufgrund einer Überstundenvereinbarung) geleistet, dann können für die monatlich tatsächlich geleisteten und bezahlten Überstunden die Begünstigungen gemäß § 68 Abs. 1 und 2 EStG 1988 berücksichtigt werden.
Für den Fall der Beendigung des Dienstverhältnisses sieht § 19e Arbeitszeitgesetz vor, dass die im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestehenden Guthaben des Arbeitnehmers an Normalarbeitszeit abzugelten sind, wobei gemäß § 19e Abs. 2 Arbeitszeitgesetz für Guthaben an Normalarbeitszeit ein Zuschlag von 50% gebührt. Da in diesem Fall eine Abgeltung von Normalarbeitszeit (wenn auch mit 50% Zuschlag) erfolgt, steht die Steuerbegünstigung gemäß § 68 Abs. 2 EStG 1988 nicht zu.
1151
Werden Überstunden für das laufende Jahr bzw. bis zum 15. Februar des Folgejahres nachgezahlt, dann bleibt bei Vorliegen der Voraussetzungen die Steuerfreiheit für Überstundenzuschläge gemäß § 68 Abs. 1 und 2 EStG 1988 im Zeitpunkt der Leistung der Überstunden auch bei einer späteren Auszahlung der Überstundenentgelte (innerhalb desselben Kalenderjahres) erhalten. Nach Ablauf des Kalenderjahres ausgezahlte Überstundenentlohnungen sind gemäß § 67 Abs. 8 lit. c EStG 1988 im Kalendermonat der Zahlung gemäß § 67 Abs. 10 EStG 1988 zu versteuern (VwGH 30.01.1991, 90/13/0121). Kommt es zu einem teilweisen Zeitausgleich geleisteter Überstunden und wird der restliche Teil der Überstundenentgelte ausgezahlt, bestehen keine Bedenken, davon auszugehen, dass vorrangig die steuerlich nicht begünstigten über die zehn Überstunden hinausgehenden Überstunden in Form von Freizeit ausgeglichen werden, die Überstundenentgelte für die steuerfreien Zuschläge für die ersten zehn Überstunden samt dem Überstundenentgelt aber ausgezahlt werden (bei Vorliegen einer Gleitzeitvereinbarung siehe Rz 1150a). Wird die Überstunde durch Zeitausgleich abgegolten, der Überstundenzuschlag hingegen ausgezahlt, dann ist eine Steuerfreiheit gemäß § 68 EStG 1988 nicht gegeben, weil die Voraussetzung für die Steuerfreiheit der im § 68 EStG 1988 geregelten Zulagen und Zuschläge nur dann vorliegt, wenn derartige Zulagen und Zuschläge neben dem Grundlohn gezahlt werden.
Siehe auch Beispiele Rz 11151.
1151a
Werden im Rahmen von Altersteilzeitvereinbarungen (§ 27 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977) Überstunden iSd § 68 Abs. 4 EStG 1988 geleistet, und werden diese jeweils anteilig in der Phase der vollen Arbeitsleistung und der Phase der „Nichtbeschäftigung“ ausbezahlt, bleiben sie im Rahmen der Höchstbeträge (bezogen auf die Leistungsmonate) steuerfrei. Die Rz 1132a ist sinngemäß anzuwenden.
Dies wird vorwiegend im Rahmen der Blockzeitvariante zutreffend sein, da bei Vereinbarung der kontinuierlichen Altersteilzeit meist Mehrarbeit und keine Überstunden (ausgenommen bei Überschreitung der täglichen Normalarbeitszeit iSd Rz 1149) geleistet werden.
Voraussetzung für eine Steuerfreiheit der Überstundenzuschläge im Rahmen einer Altersteilzeitvereinbarung ist somit die tatsächliche Leistung.
Wird hingegen ein Überstundenpauschale (anteilsmäßig) weiterbezahlt, ohne dass derartige Überstunden auch tatsächlich geleistet werden, oder wird Mehrarbeit geleistet, steht die Steuerbefreiung für Überstundenzuschläge gemäß § 68 EStG 1988 nicht zu.
20.5.2 Überstundenzuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit (§ 68 Abs. 1 und 6 EStG 1988)
1152
Der Freibetrag gemäß § 68 Abs. 1 EStG 1988 bzw. der erhöhte Freibetrag von 540 Euro (§ 68 Abs. 6 EStG 1988) ist jeweils ein gemeinsamer Freibetrag für alle Arbeitsverrichtungen, die Zulagen und Zuschläge im Sinne des § 68 Abs. 1 EStG 1988 auslösen. Der erhöhte Freibetrag gemäß § 68 Abs. 6 EStG 1988 steht zu, wenn die Normalarbeitszeit im Lohnzahlungszeitraum überwiegend in die Zeit von 19 Uhr bis 7 Uhr fällt.
Randzahl 1153: derzeit frei
1154
Überwiegend bedeutet, dass mehr als die Hälfte der Normalarbeitszeit im maßgeblichen Lohnzahlungszeitraum in die begünstigte Nachtzeit fällt. Ist die Begünstigung für zehn Werktagsüberstunden zur Tagzeit (§ 68 Abs. 2 EStG 1988) nicht ausgeschöpft, so sind Zuschläge (maximal 50%) für (restliche) zehn Überstunden zusätzlich zum (erhöhten) Freibetrag steuerfrei.
1155
Als überwiegende Nachtarbeit gilt eine Arbeitsleistung von mehr als der Hälfte der Normalarbeitszeit zwischen 19 Uhr und 7 Uhr, wobei die Blockzeit von drei Stunden nicht zu prüfen ist.
Beispiel:
Normalarbeitszeit eines Druckers im Lohnzahlungszeitraum (Kalendermonat) 173 Stunden, davon fünf Stunden zwar in der Nacht, aber außerhalb einer Blockzeit, und 84 Stunden in der Nacht und innerhalb der Blockzeit; maßgeblich für Überwiegen sind 89 Nachtstunden; da somit die Normalarbeitszeit im Lohnzahlungszeitraum überwiegend in die Nachtzeit fällt, beträgt der Freibetrag 540 Euro; Zuschläge für zehn Nachtstunden außerhalb der Blockzeit sind innerhalb des Freibetrages steuerfrei. Während der Nachtzeit erbrachte Überstunden auf Grund von Arbeits- bzw. Zeiteinteilungen rechtfertigen nicht die Anwendung des § 68 Abs. 6 EStG 1988.
1156
Voraussetzung für die steuerliche Begünstigung von Nachtarbeit ist ein betriebliches Erfordernis ihrer Ableistung. Dieses ist nur dann gegeben, wenn die Arbeitszeiten nicht willkürlich in die Nacht verlagert werden (zB durch „Zusammenkommenlassen von Arbeit“).
Gemäß § 68 Abs. 1 EStG 1988 sind nur jene Arbeitnehmer steuerlich zu begünstigen, die gezwungen sind, zu den dort angeführten Zeiten (Sonntag, Feiertag, Nacht) Leistungen zu erbringen. Hierbei muss auch der zwingende betriebliche Grund, gerade an diesen Tagen und Zeiten die Tätigkeiten zu erbringen, nachgewiesen werden. Ansonsten hätten es Arbeitgeber und Arbeitnehmer weitgehend in der Hand, eine begünstigte Besteuerung des Arbeitslohnes durch Verlagerung der (Überstunden)Tätigkeit in begünstigte Zeiten herbeizuführen (vgl. VwGH 31.3.2004, 2000/13/0073).
Die betrieblichen Gründe müssen derart gestaltet sein, dass sie die Nachtarbeit notwendig erscheinen lassen. Eine derartige Nachtarbeit kann demnach nur am Dienstort bzw. anlässlich einer Dienstreise anfallen. Wenn die Nachtarbeit nicht am Dienstort verrichtet wird bzw. nicht unmittelbar an die Tagesarbeitszeit anschließt, wird in der Regel von Nachtarbeit nicht gesprochen werden können. Ausnahmen sind bei EDV-Technikern, Reparaturdiensten usw. denkbar.
1157
Bei Wechselschichten ist die auf die Nachtzeit entfallende Schichtzulage dann als begünstigter Nachtarbeitszuschlag zu behandeln, wenn die Blockzeit erfüllt ist.
1158
Fälle von Unterbrechungen der Tagesarbeitszeit und anschließender Blockzeit im Zusammenhang mit dem betrieblichen Erfordernis:
- Arbeitsunterbrechungen auf Grund gesetzlicher oder kollektivvertraglicher Vorschriften sind für sich gesehen kein Hindernis, von einem betrieblichen Erfordernis für das Ableisten von Nachtarbeit auszugehen.
- Der Umstand, dass auf Grund der Länge der Arbeitsverrichtung auch bei unmittelbarem Anschluss an die Normalarbeitszeit die Voraussetzungen für die Blockzeit erfüllt wären, spricht nicht für ein betriebliches Erfordernis für die Nachtarbeit. Arbeitspausen vor Beginn der Blockzeit in einer Dauer bis zu 30 Minuten beeinträchtigen nicht das „betriebliche Erfordernis“. Längere Arbeitsunterbrechungen hemmen die Blockzeit, dh. sie werden von der Nachtarbeitszeit abgezogen.
- Unterbrechungen sind der Steuerbefreiung weiters dann nicht abträglich, wenn sich an die Unterbrechung ein betrieblich erforderlicher Schichtdienst anschließt.
- In allen übrigen Fällen einer Unterbrechung der Arbeitszeit (vor Beginn der Nachtarbeit) sind die Nachtarbeitszuschläge hingegen in der Regel nicht steuerfrei, es sei denn, die Unterbrechung ergibt sich aus zwingenden betrieblichen Gründen (zB Maschinenausfall).
1159
Zuschläge für nicht im Rahmen einer Blockzeit geleistete Nachtarbeit können grundsätzlich nicht gemäß § 68 Abs. 1 EStG 1988 steuerfrei behandelt werden, es sei denn, es handelt sich um ein Tätigwerden auf Grund der Rufbereitschaft. Da die bloße Rufbereitschaft nicht als Arbeitszeit zu werten ist, kann eine dafür gewährte Vergütung nicht als Mehrarbeitsvergütung im Sinne der Entlohnung zusätzlicher Arbeitsleistung qualifiziert werden (vgl. VwGH 21.10.1993, 92/15/0129). Eine steuerliche Begünstigung im Sinne des § 68 Abs. 2 EStG 1988 ist gegebenenfalls nur hinsichtlich der mit der Nachtarbeit im Zusammenhang stehenden Überstundenzuschläge, nicht hingegen hinsichtlich der Zuschläge für Nachtarbeit, möglich.
1160
§ 68 Abs. 9 EStG 1988 regelt die Steuerfreiheit von Zuschlägen für Arbeits- oder Überstundenleistungen am so genannten Ersatzruhetag. Sieht eine lohngestaltende Vorschrift im Sinne des § 68 Abs. 5 Z 1 bis 6 vor, dass an Sonntagen regelmäßig Arbeitsleistungen zu erbringen sind und dafür ein Wochentag als Ersatzruhetag (Wochenruhe) zusteht, sind Zuschläge und Überstundenzuschläge am Ersatzruhetag wie Zuschläge gemäß § 68 Abs. 1 EStG 1988 zu behandeln, wenn derartige Zuschläge für an Sonntagen geleistete Arbeits- oder Überstundenleistungen auf Grund arbeitsrechtlicher Vorschriften nicht zustehen.
Der Ersatzruhetag tritt in diesem Fall an die Stelle des Sonntags. Alle Zuschläge, die für diesen Ersatzruhetag gewährt werden, sind steuerlich wie Sonntagszuschläge zu behandeln und daher steuerfrei. Ebenso sind Zuschläge für Überstunden wie Sonntagsüberstundenzuschläge gemäß § 68 Abs. 1 EStG 1988 zu behandeln.
Es gilt der Grundsatz, dass entweder für den Sonntag oder für den Ersatzruhetag die Steuerfreiheit der Zuschläge gemäß § 68 Abs. 1 EStG 1988 zusteht. Für beide Tage kann die Steuerfreiheit gemäß § 68 Abs. 1 EStG 1988 nicht gewährt werden. Stehen nach Maßgabe der lohngestaltenden Vorschrift für den Sonntag und für den Ersatzruhetag Zuschläge zu, dann sind die Zuschläge für den Sonntag steuerfrei gemäß § 68 Abs. 1 EStG zu behandeln, während jene für den Ersatzruhetag steuerpflichtig sind bzw. Überstundenzuschläge gegebenenfalls nur nach § 68 Abs. 2 EStG 1988 begünstigt behandelt werden können.
1160a
Infolge der Einführung der Fünftagewoche ist nach dem Kollektivvertrag für Arbeiter im Gastgewerbe die am sechsten Tag geleistete Arbeitszeit in jedem Fall mit einem 50%igen Zuschlag auf den Grundlohn abzugelten. Dies gilt auch dann, wenn es sich dabei um keine Überstunden handelt. Der Zuschlag für die am sechsten Tag erbrachten Arbeitsleistungen steht allerdings für an diesem Tag tatsächlich geleistete Überstunden nicht zu, weil insoweit vorrangig ein Überstundenzuschlag von 50 Prozent zu leisten ist. Beim Zuschlag für die am sechsten Tag geleistete Arbeitszeit handelt es sich daher weder um einen Überstundenzuschlag noch um einen Sonntagszuschlag, und zwar auch dann nicht, wenn als sechster Arbeitstag der Sonntag vereinbart wurde. Die Steuerbegünstigung gemäß § 68 EStG 1988 steht daher nur für Überstundenzuschläge für die am sechsten Tag geleisteten Überstunden zu.
20.5.3 Nachweis von Überstunden und steuerliche Behandlung von Überstundenpauschalen
1161
Für die Berücksichtigung von steuerfreien Zuschlägen im Sinne des § 68 Abs. 2 EStG 1988 sind grundsätzlich keine gesonderten Aufzeichnungen erforderlich, sofern bereits in früheren Lohnzahlungszeiträumen Überstunden in diesem oder einem höheren Ausmaß erbracht und gezahlt wurden.
Der mit 1.1.2009 betraglich angehobene Freibetrag kann somit – ohne Vorliegen gesonderter Aufzeichnungen – nur dann ausgeschöpft werden, wenn schon bisher Überstunden in einem solchen Ausmaß geleistet wurden, dass die darauf entfallenden Überstundenzuschläge (maximal für 10 Stunden) den Freibetrag in Höhe von 86 Euro übersteigen.
Beispiel:
Eine Arbeitnehmerin mit einem Bruttobezug 3.300 Euro hat schon bisher 8 Überstunden pro Monat geleistet. Der Überstundenteiler laut KV beträgt 1/150, dh. der Überstundengrundlohn 22 Euro und der Überstundenzuschlag 11 Euro.
Der Überstundenzuschlag für 8 Überstunden (88 Euro) überstieg somit schon bisher den ab 1.1.2009 geltenden Freibetrag von 86 Euro; es sind daher keine gesonderten Aufzeichnungen zu führen.
Bei Beginn des Dienstverhältnisses bzw. erstmaliger Ableistung von Überstunden gemäß § 68 Abs. 2 EStG 1988 sind diese jedenfalls über einen Zeitraum von 6 Monaten aufzuzeichnen. Werden vom Arbeitgeber Aufzeichnungen aufgrund des Arbeitszeitgesetzes oder aufgrund innerbetrieblicher Regelungen geführt, sind diese auch für steuerliche Zwecke maßgeblich.
1162
Beim Herausschälen von steuerfreien Zuschlägen im Sinne des § 68 Abs. 2 EStG 1988 aus einer Gesamtgehaltsvereinbarung entfällt ebenfalls die Nachweispflicht, sofern weiter wie bisher die Anzahl der steuerbegünstigten Überstunden in diesem Ausmaß herausgerechnet und nur zehn Überstunden von der herausgerechneten Überstundenanzahl mit einem 50-prozentigen Zuschlag steuerbegünstigt behandelt werden.
Die für die Grundlohnermittlung bei Gesamtgehaltsvereinbarungen erforderliche Anzahl der 50-prozentigen Überstunden ist – sofern kein Nachweis bzw. keine zahlenmäßige Vereinbarung vorliegt – glaubhaft zu machen. In diesen Fällen sind für die Ermittlung der Zuschläge gemäß § 68 Abs. 2 EStG 1988 20 Überstunden als Durchschnittswert für die Ermittlung des Grundlohnes zu unterstellen. Unabhängig von der kollektivvertraglichen Normalarbeitszeit ist in diesen Fällen von der gesetzlichen Normalarbeitszeit von 40 Stunden pro Woche (173 Stunden monatlich zuzüglich 20 Überstunden zuzüglich 10 Stunden für Überstundenzuschläge) auszugehen, wodurch sich ein Teiler von 203 ergibt.
1162a
Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Steuerfreiheit der Überstundenzuschläge gemäß § 68 Abs. 2 EStG 1988 bei Überstundenpauschalen und Gesamtgehaltsvereinbarungen ist, dass im Jahresdurchschnitt auch tatsächlich Überstunden im erforderlichen Ausmaß (Zuschlag maximal 86 Euro) geleistet werden und keine missbräuchliche Verteilung der geleisteten Überstunden erfolgt (zB Überstunden werden regelmäßig stets nur in 6 Monaten geleistet und die Auszahlung aus steuerlichen Gründen gleichmäßig über das ganze Jahr verteilt).
Siehe auch Beispiel Rz 11162a.
1163
Überstundenzuschläge können nur dann nach § 68 Abs. 1 EStG 1988 steuerfrei behandelt werden, wenn die Ableistung dieser Überstunden durch entsprechende Aufzeichnungen nachgewiesen wird.
Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit bzw. damit zusammenhängende Überstunden können aus Überstundenpauschalen grundsätzlich nicht herausgeschält werden (vgl. VwGH 13.9.1977, 0671/77). Die Steuerfreiheit derartiger Zuschläge setzt eine konkrete Zuordnung zur Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit voraus. Auch bei einer pauschalen Abgeltung ist erforderlich, dass der Betrag den durchschnittlich geleisteten Stunden entspricht (VwGH 3.10.1984, 83/13/0054; VwGH 14.11.1984, 83/13/0002). Das Ableisten derartiger Arbeitszeiten muss in jedem einzelnen Fall ebenso konkret nachgewiesen werden wie das betriebliche Erfordernis für das Ableisten derartiger Arbeitszeiten. Den geforderten Nachweis über Anzahl und zeitliche Lagerung der Überstunden werden in aller Regel nur zeitnah erstellte Aufzeichnungen erbringen können, aus denen hervorgeht, an welchem Tag zu welchen Tagesstunden der einzelne Arbeitnehmer die Überstunden geleistet hat. Nachträgliche Rekonstruktionen der zeitlichen Lagerung der Überstunden können solche Aufzeichnungen im Allgemeinen nicht ersetzen (VwGH 30.4.2003, 99/13/0222).
Da bereits bestehende Überstundenpauschalen in der Regel nur auf Arbeitszeiten während der Werktage außerhalb der Nachtarbeit abgestellt sind, ist ein Herausschälen bzw. Abspalten in Normalüberstunden und qualifizierte Überstunden durch nachträgliche Aufzeichnungen grundsätzlich nicht zulässig (VwGH 22.1.1997, 93/15/0068). Wird für Sonntags-, Feiertags- und Nacharbeitszuschläge ein eigenes Pauschale bezahlt und werden über die tatsächliche Leistung derartiger Überstunden entsprechende Aufzeichnungen geführt, können die Überstundenzuschläge im Rahmen der Bestimmung des § 68 Abs. 1 EStG 1988 steuerfrei belassen werden. In Anbetracht der dem § 68 Abs. 1 EStG 1988 zu Grunde liegenden Intention, nur jene Arbeitnehmer steuerlich zu begünstigen, die gezwungen sind, zu den im Gesetz genannten begünstigten Zeiten Leistungen zu erbringen, muss der zwingende betriebliche Grund, gerade an diesen Tagen bestimmte Tätigkeiten auszuüben, nachgewiesen werden. Hätte es doch ansonsten etwa der Arbeitnehmer weitgehend in der Hand, eine begünstigte Besteuerung seines Arbeitslohnes, der bei einer Pauschalabgeltung in der Höhe gegenüber dem Arbeitgeber unverändert bleibt, durch Verlagerung seiner (Überstunden-)Tätigkeit in begünstigte Zeiten herbeizuführen (VwGH 25.11.1999, 97/15/0206).
Siehe Beispiel Rz 11163.
20.6 Weiterzahlung von Zulagen und Zuschlägen im Krankheitsfall und an freigestellte Mitglieder des Betriebsratsfonds (§ 68 Abs. 7 EStG 1988)
1164
Gemäß § 68 Abs. 7 EStG 1988 ist die Bestimmung des den höheren Freibetrag von 540 Euro betreffenden § 68 Abs. 6 EStG 1988 für Arbeitslöhne nicht anzuwenden, die in den an freigestellte Mitglieder des Betriebsratsfonds gewährten Entgelten enthalten sind, weiters nicht bei Fortzahlungen an Personalvertreter bzw. bei Weiterzahlungen im Krankheitsfall. Das bedeutet, dass die Begünstigung des § 68 Abs. 6 EStG 1988 nur dann zur Anwendung kommt, wenn trotz vorübergehender Erkrankung bzw. Verhinderung dennoch das erforderliche Überwiegen in dem betreffenden Lohnzahlungszeitraum gegeben ist.
20.7 Grenzgängerbestimmung (§ 68 Abs. 8 EStG 1988)
1165
Durch § 68 Abs. 8 EStG 1988 wird ermöglicht, dass Zulagen und Zuschläge, die Grenzgänger zu ihrem Arbeitslohn erhalten, bei der Veranlagung zur Einkommensteuer in gleicher Weise behandelt werden, wie derartige Lohnzuschläge bei inländischen Arbeitnehmern beim Steuerabzug vom Arbeitslohn. Dies kann aber nur dann der Fall sein, wenn zwischenstaatliche Vereinbarungen eine Kontrollmöglichkeit der österreichischen Finanzverwaltung zulassen.