20.1.2 Verhältnis zu anderen Einkunftsarten
6104
Einkünfte aus Kapitalvermögen liegen vor, wenn sie weder zu den betrieblichen Einkünften noch zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören. Zu beachten ist, dass auch bei Erfassung unter diesen Einkunftsarten die Besteuerung zu den besonderen Steuersätzen gemäß § 27a Abs. 6 EStG 1988 erhalten bleibt. Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und die sonstigen Einkünfte gemäß § 29 Z 1 und § 30 EStG 1988 sind subsidiär gegenüber den Einkünften aus Kapitalvermögen. Einkünfte aus Derivaten, die unmittelbar zur Zinssicherung im Zusammenhang mit einem Anschaffungskredit im Rahmen der Vermietung und Verpachtung verwendet werden, sind jedoch im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erfassen (siehe Pkt. 5 der Ergebnisunterlage ESt, Salzburger Steuerdialog 2011, Erlass des BMF vom 06.10.2011, BMF-010203/0464-VI/6/2011). Die sonstigen Einkünfte gemäß § 29 Z 3 EStG 1988 sind gegenüber den Einkünften aus Kapitalvermögen subsidiär.
6104a
Einkünfte aus Kapitalvermögen, das sich im Betriebsvermögen befindet, sind der jeweiligen betrieblichen Einkunftsart zuzurechnen. Die bloße Nutzung eigenen Kapitalvermögens, zB durch Darlehensvergabe, stellt grundsätzlich keinen Gewerbebetrieb dar (VwGH 21.11.1972, 2096/71). Auch das bloße Optimieren eines Wertpapierportefeuilles (ohne Fremdfinanzierung oder ohne konkretes planmäßiges Handeln) führt für sich allein nicht zur Gewerblichkeit. Ein Gewerbebetrieb liegt jedoch vor, wenn durch die Entfaltung einer berufsmäßigen, nach außen hin hervortretenden und den Beteiligten erkennbaren Tätigkeit die Erzielung eines besonderen Gewinnes beabsichtigt wird (zB Ausleihen eigener Gelder gegen Zinsen im Rahmen eines bankmäßigen oder ähnlichen Betriebes, Aufnahme beträchtlicher Fremdgelder und Weitergabe an Darlehensnehmer, VwGH 21.11.1972, 2096/71, VwGH 10.06.1981, 2509/80).
20.1.3 Werbungskosten und Anschaffungsnebenkosten
20.1.3.1 Allgemeines
6105
Gemäß § 20 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 dürfen Aufwendungen und Ausgaben nicht abgezogen werden, die mit Einkünften im Sinne des § 27 Abs. 2 bis 4 EStG 1988 in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, auf die die besonderen Steuersätze gemäß § 27a EStG 1988 anwendbar sind. Das Abzugsverbot umfasst somit Aufwendungen und Ausgaben im Zusammenhang sowohl mit den Früchten aus der Überlassung von Kapital als auch im Zusammenhang mit Substanzgewinnen und Einkünften aus verbrieften Derivaten. Das Abzugsverbot gilt auch
- bei in einem Betriebsvermögen gehaltenem Kapitalvermögen;
- im Rahmen der Veranlagung;
- bei Aufwendungen für unverbriefte Derivate, bei denen gemäß § 27a Abs. 2 Z 7 EStG 1988 eine der Kapitalertragsteuer entsprechende Steuer einbehalten wird (Rz 7752a);
- wenn die Regelbesteuerungsoption (§ 27a Abs. 5 EStG 1988) ausgeübt wird.
Hingegen dürfen Aufwendungen und Ausgaben, die mit Einkünften aus Kryptowährungen (§ 27 Abs. 4a EStG 1988) in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, nur dann nicht abgezogen werden, wenn der besondere Steuersatz tatsächlich angewendet wird. Daher greift das Abzugsverbot nicht, sofern die Regelbesteuerungsoption ausgeübt wird oder der besondere Steuersatz aufgrund von § 27a Abs. 6 EStG 1988 nicht angewendet wird.
Kapitalvermögen, dessen Erträge stets dem progressiven Tarif unterliegen, sind nicht vom Abzugsverbot betroffen (zB Einkünfte aus echter stiller Gesellschaft). Zu „negativen Zinsen“ siehe Rz 6121h.
Rückerstattete (zurückgezahlte) Einnahmen stellen gemäß § 16 Abs. 2 EStG 1988 grundsätzlich Werbungskosten dar, womit bei Einkünften im Sinne des § 27 EStG 1988, sofern ein Sondersteuersatz gemäß § 27a Abs. 1 EStG 1988 anwendbar ist bzw. bei Einkünften aus Kryptowährungen angewendet wird, das Abzugsverbot gemäß § 20 Abs. 2 EStG 1988 zur Anwendung käme. Die Bestimmung des § 20 Abs. 2 EStG 1988 muss allerdings bei zurückgezahlten Kapitaleinkünften aus verfassungsrechtlichen Gründen teleologisch reduziert werden, weshalb die als Werbungskosten geltenden Rückzahlungen bei der Ermittlung dieser Einkünfte abgezogen werden können. Zur Abzugsfähigkeit zurückgezahlter Kapitaleinkünfte im Rahmen der Einkünfteermittlung bei anderen Einkunftsarten siehe Rz 6231.
6105a
Um eine Umgehung des Abzugsverbotes für Aufwendungen und Ausgaben im Zusammenhang mit Einkünften, die einem der beiden besonderen Steuersätze (25% bzw. 27,5%) unterliegen, zu verhindern (zB Verlagerung von Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten auf Anschaffungsnebenkosten, etwa durch höhere Gebühren bei Kauf und Verkauf anstatt einer fixen Depotgebühr), sieht § 27a Abs. 4 Z 2 EStG 1988 vor, dass außerbetrieblich gehaltenes Vermögen im Sinne des § 27 Abs. 3 und 4 EStG 1988 stets ohne Anschaffungsnebenkosten anzusetzen ist. Aufwendungen im Zusammenhang mit der Anschaffung von Kapitalvermögen dürfen daher im außerbetrieblichen Bereich weder unmittelbar als Werbungskosten noch im Zuge der Realisierung als Anschaffungsnebenkosten steuerlich berücksichtigt werden.
§ 27a Abs. 4 Z 2 EStG 1988 gilt nicht für Kryptowährungen im Sinne des § 27b Abs. 4 EStG 1988. Daher können Kryptowährungen inklusive Anschaffungsnebenkosten angesetzt werden.
20.1.3.2 Einzelfälle
6106
Agrargemeinschaftskosten
Wegaufschließungskosten, Wegerhaltungskosten, Reparaturkosten sowie die Kosten für die Errichtung einer Almhütte und der Zäune stellen keine Anschaffungs(neben)kosten für den Erwerb der Agrargemeinschaftsanteile dar und können daher bei der Veräußerung der Anteile nicht vom Veräußerungserlös abgezogen werden. Sie stellen auch keinen Herstellungsaufwand bezüglich der Anteile dar, weil sich durch diese Aufwendungen die Anteile nicht wesentlich ändern oder erweitern. Vielmehr stellen diese Aufwendungen laufenden Aufwand des Anteilsinhabers iZm mit den Agrargemeinschaftsanteilen dar. Da die Ausschüttungen der Agrargemeinschaft der KESt unterliegen und damit endbesteuert sind, unterliegt der damit im Zusammenhang stehende Aufwand dem Abzugsverbot nach § 20 Abs. 2 EStG 1988.
Anschaffungskosten
Anschaffungskosten für die Kapitalanlage selbst können im Zuge der Realisierung steuerlich geltend gemacht werden (§ 27a Abs. 3 Z 2 EStG 1988). Die Anschaffungskosten umfassen auch die anlässlich der Anschaffung bezahlten Stückzinsen. Anschaffungsnebenkosten sind dagegen im außerbetrieblichen Bereich nicht umfasst und daher bei der Veräußerung nicht zu berücksichtigen.
Anwaltskosten
Anwalts- und Prozesskosten zur Hereinbringung der Kapitalerträge sind nicht abzugsfähige Werbungskosten (VwGH 10.09.1998, 93/15/0051), solche im Zusammenhang mit der Anschaffung oder Veräußerung der Kapitalanlage sind Anschaffungsnebenkosten. Im außerbetrieblichen Bereich können Anwaltskosten daher in beiden Fällen nicht abgezogen werden. Siehe auch „Prozesskosten“.
Ausgabeaufschlag
Der Ausgabeaufschlag, insbesondere bei Investmentfonds, stellt Anschaffungsnebenkosten dar und ist daher im außerbetrieblichen Bereich bei der Veräußerung nicht zu berücksichtigen.
Bankspesen
Bankspesen im Zusammenhang mit der Verwahrung und Verwaltung der Kapitalschulden (zB Depotgebühren) stellen nicht abzugsfähige Werbungskosten dar. Bankmäßige Transaktionskosten sind hingegen beim Veräußerer nicht abzugsfähige Werbungskosten, beim Erwerber Anschaffungsnebenkosten. Im außerbetrieblichen Bereich können Bankspesen daher generell nicht abgezogen werden.
Siehe auch „Festpreis“.
Beurkundungskosten
Beurkundungskosten sind als Teil der Anschaffungsnebenkosten für die Gesellschaftsanteile bei der Veräußerung nicht zu berücksichtigen.
Bonitätsprüfung des Schuldners
Ausgaben im Zusammenhang mit einer Bonitätsprüfung sind nicht abzugsfähige Werbungskosten.
Broker-Gebühren
Zählen zu den Anschaffungsnebenkosten und sind daher im außerbetrieblichen Bereich bei der Veräußerung nicht zu berücksichtigen.
Bürgschaft
Kosten aus der Übernahme einer Bürgschaft bzw. Inanspruchnahme hieraus sind keine Werbungskosten (VwGH 20.06.1990, 90/13/0064).
Depotgebühren
Siehe „Bankspesen“.
Emissionsphase
Es bestehen keine Bedenken, wenn die depotführenden Stellen für Zwecke der Abgrenzung von Anschaffungsnebenkosten während der Emissionsphase eines Wertpapieres wie folgt vorgehen:
- Kauf in der offiziellen Zeichnungsfrist:
Eine Vertriebsprovision, die der Kunde trägt, ist dem Emissionsprospekt zu entnehmen und steuerlich als nicht zu berücksichtigende Anschaffungsnebenkosten zu qualifizieren. Der Re-Offer-Preis (Emissionskurs-Vertriebsprovision) wird als steuerlicher Anschaffungskurs während der gesamten offiziellen Zeichnungsfrist je Emission zentral vom Datenprovider eingespielt. Sofern eine tägliche Anpassung des Emissionskurses erfolgt, ist eine entsprechende tägliche Anpassung des Re-Offer-Preises erforderlich. Erfolgt während dieser Frist ein Verkauf unter dem Re-Offer-Preis ist der tatsächliche Kaufkurs als steuerlicher Anschaffungswert anzusetzen (damit ist klargestellt, dass die Anschaffungsnebenkosten bereits abgezogen worden sind). Erfolgt während dieser Frist ein Verkauf über dem offiziellen Emissionskurs, ist immer der Re-Offer-Preis als steuerlicher Anschaffungswert anzusetzen.
Es bestehen keine Bedenken, bei der Ermittlung der Anschaffungsnebenkosten für Zwecke des KESt-Abzuges bei Daueremissionen von einer 5-tägigen Zeichnungsfrist auszugehen, sofern es der depotführenden Stelle aus organisatorischen Gründen nicht möglich ist, zwischen Primärerwerben und Käufen vom Sekundärmarkt zu unterscheiden. - Kauf am Sekundärmarkt:
Von der depotführenden Bank ausgewiesene Konditionen und Spesen (Transaktionsspesen) sind als Anschaffungsnebenkosten zu qualifizieren.
Festpreis
Werden Wertpapiere zu einem „Festpreis“ erworben, so stellt dieser Festpreis die Anschaffungskosten des Wertpapieres dar, sofern sich eine allfällige Spanne überwiegend aus Änderungen des Zinsniveaus oder der Bonität des Schuldners ergibt (und nicht überwiegend Transaktionskosten abgegolten werden).
Fremdwährungsdarlehen
Fremdwährungsdarlehen stellen keine Wirtschaftsgüter nach § 27 Abs. 3 EStG 1988 dar (VwGH 18.12.2017, Ro 2016/15/0026). Damit liegt im Falle einer Realisierung (Wechsel in Euro oder in zum Euro wechselkursstabile Währung) kein steuerwirksamer Verlust oder Überschuss iSd § 27 EStG 1988 vor. Ein Abwertungsverlust infolge einer Änderung des Wechselkurses zählt somit auch nicht zu den Werbungskosten.
Kapitalverlust
Ein Kapitalverlust stellt bei Realisation negative Einkünfte aus § 27 Abs. 3 EStG 1988 dar und ist als solcher im Rahmen des § 27 Abs. 8 EStG 1988 ausgleichsfähig.
Maklerprovision
Zählt zu den Anschaffungsnebenkosten und ist daher im außerbetrieblichen Bereich bei der Veräußerung nicht zu berücksichtigen.
Prozesskosten
Prozesskosten, die zur Abwendung der Auflösung einer Kapitalgesellschaft von einem Gesellschafter aufgewendet werden, stehen mit dem Bestand und Wert der Kapitalanlage (Gesellschaftsanteil) im Zusammenhang und stellen nicht abzugsfähige Werbungskosten dar. Im Übrigen siehe „Anwaltskosten“.
Reisekosten
Reisekosten zur Haupt- oder Generalversammlung sind nicht abzugsfähige Werbungskosten.
Rücknahmeabschlag
Ein Rücknahmeabschlag stellt nicht abzugsfähige Werbungskosten dar.
Rückzahlungen von Einnahmen
Siehe Rz 6105.
Steuerberatungskosten
Können ungeachtet § 20 Abs. 2 EStG 1988 als Sonderausgaben abgezogen werden (vgl. VwGH 24.10.2002, 98/15/0145).
Veräußerungskosten
Stellen nicht abzugsfähige Werbungskosten dar.
Verwahrungs- und Verwaltungskosten
Siehe „Bankspesen“.
Vermittlungsprovision
Eine vom Erwerber zu leistende Vermittlungsprovision zählt zu den Anschaffungsnebenkosten und ist daher im außerbetrieblichen Bereich bei der späteren Veräußerung nicht zu berücksichtigen. Eine vom Veräußerer zu leistende Vermittlungsprovision stellt nicht abzugsfähige Werbungskosten dar.
Versicherungssteuer
Bei steuerpflichtigen Unterschiedsbeträgen zwischen der eingezahlten Versicherungsprämie und der Versicherungsleistung im Sinne des § 27 Abs. 5 Z 3 EStG 1988 zählt die Versicherungssteuer zu den Anschaffungsnebenkosten und mindert als solche die steuerliche Bemessungsgrundlage, weil der besondere Steuersatz nicht anzuwenden ist (§ 27a Abs. 2 Z 6 EStG 1988).
Zinsen
Zinsen für Fremdmittel zur Anschaffung der Kapitalanlagen sind nicht abzugsfähige Werbungskosten.
20.1.4 Zeitpunkt der Anschaffung von Kapitalanlagen/Derivaten
6106a
Anschaffungszeitpunkt bei Kapitalanlagen und Derivaten ist im Allgemeinen der Zeitpunkt des Erwerbs des wirtschaftlichen Eigentums.
Im Bereich des Depotgeschäfts ist dies der Zeitpunkt, zu dem das Wertpapier für den Steuerpflichtigen verfügbar ist; dabei ist zu vermuten, dass dies grundsätzlich jenem Zeitpunkt entspricht, zu dem das Wertpapier auf dem Depot als zugegangen ausgewiesen ist (Einbuchung). Siehe dazu auch die Info des BMF vom 18.9.2014, BMF-010203/0314-VI/1/2014.
Für Zwecke der Bestimmung der Anschaffungskosten und für Zwecke des KESt-Abzugs ist jedoch auf den Kurs abzustellen, zu dem ein Kaufauftrag zustande kommt (Schlusskurs).
6106b
Sollte in Ausnahmefällen aufgrund der technischen Abwicklung der Depoteinlieferung eine Situation entstehen, bei der ein Wertpapier weder beim Veräußerer bzw. Übertragenden, noch beim Empfänger eingebucht ist, so ist der Nachweis des Vorliegens des wirtschaftlichen Eigentums im Einzelfall möglich.
20.2 Steuerpflichtige Kapitaleinkünfte
6107
Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören:
- Einkünfte aus der Überlassung von Kapital (§ 27 Abs. 2 und 5 EStG 1988; siehe Abschnitt 20.2.1)
- Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen (§ 27 Abs. 3 und 6 EStG 1988; siehe Abschnitt 20.2.2)
- Einkünfte aus Derivaten (§ 27 Abs. 4 EStG 1988; siehe Abschnitt 20.2.3)
- Einkünfte aus Kryptowährungen (§ 27 Abs. 4a EStG 1988; siehe Abschnitt 20.2.3a)
20.2.1 Einkünfte aus der Überlassung von Kapital
20.2.1.1 Allgemeines und Aufbau
6108
Unter dem Oberbegriff „Einkünfte aus der Überlassung von Kapital“ werden grundsätzlich die schon vor dem BBG 2011 als Einkünfte aus Kapitalvermögen besteuerten Früchte aus Finanzvermögen erfasst. § 27 Abs. 2 EStG 1988 ist wie folgt aufgebaut:
- § 27 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 enthält Dividenden und vergleichbare Bezüge; er entspricht weitestgehend § 27 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 in der Fassung vor dem BBG 2011, wobei einerseits in lit. a die – im österreichischen Gesellschaftsrecht nicht mehr zulässigen – Zinsen aus Aktien entfallen sind, andererseits in lit. c klargestellt wurde, dass Bezüge aus Partizipationskapital im Sinne des Bankwesen- oder Versicherungsaufsichtsgesetzes stets unter diesen Tatbestand fallen.
- § 27 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 enthält Zinsen und vergleichbare Erträgnisse; hier wurden die Abs. 1 Z 3 und 4 des § 27 EStG 1988 in der Fassung vor dem BBG 2011 zusammengefasst.
- § 27 Abs. 2 Z 3 EStG 1988 enthält Diskontbeträge von Wechseln und Anweisungen und entspricht § 27 Abs. 1 Z 5 EStG 1988 in der Fassung vor dem BBG 2011.
- § 27 Abs. 2 Z 4 EStG 1988 enthält Gewinnanteile aus der Beteiligung als bzw. nach der Art eines stillen Gesellschafters, soweit sie nicht zur Auffüllung einer durch Verluste herabgeminderten Einlage zu verwenden sind, und entspricht somit § 27 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 in der Fassung vor dem BBG 2011. Allerdings sind Abschichtungsüberschüsse nicht unter den Einkünften aus der Überlassung von Kapital zu erfassen, sondern als Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen.
6108a
Abs. 5 enthält Ergänzungstatbestände, die ebenfalls zu Einkünften aus der Überlassung von Kapital führen:
- In § 27 Abs. 5 Z 1 EStG 1988 wurden die bis zum BBG 2011 in § 27 Abs. 2 EStG 1988 enthaltenen besonderen Entgelte und Vorteile übernommen.
- Überdies werden einige bis zum BBG 2011 lediglich in § 93 EStG 1988 explizit angesprochenen Kapitalerträge nun bereits in § 27 Abs. 5 EStG 1988 genannt: Die bis zum BBG 2011 in § 93 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 enthaltenen übernommenen Kapitalertragsteuerbeträge finden sich in § 27 Abs. 5 Z 2 EStG 1988, Ausgleichszahlungen (bis zum BBG 2011 § 93 Abs. 4 Z 4 EStG 1988) wurden in § 27 Abs. 5 Z 4 EStG 1988 übernommen und auch auf Leihgebühren, Leihegeschäfte ohne Kreditinstitut und Pensionsgeschäfte ausgeweitet.
- Die bis zum BBG 2011 in § 27 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 (Versicherungen) und Z 7 bis 9 (Stiftungen) enthaltenen Regelungen wurden in § 27 Abs. 5 Z 3 EStG 1988 (Versicherungen) bzw. § 27 Abs. 5 Z 7 bis 9 EStG 1988 (Stiftungen) verschoben. Im Bereich der Versicherungen wurde die Mindestlaufzeit für die Ertragsteuerfreiheit auf 15 Jahre erhöht. Bei den Privatstiftungen erfolgte eine Klarstellung dahingehend, dass Z 8 lit. g – ebenso wie lit. f, auf die Bezug genommen wird – nur auf Zuwendungen an Substiftungen angewendet werden kann.
- § 27 Abs. 5 Z 5 und 6 EStG 1988 sind im Zuge des AbgÄG 2011 entfallen, weil künftig Stückzinsen und anteilige Kapitalerträge bzw. Zinserträge, die auf den Zeitraum vom letzten Zufließen gemäß § 19 EStG 1988 bis zur Meldung gemäß § 95 Abs. 3 Z 2 EStG 1988 entfallen, auch im Entstrickungsfall als Teil der Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen erfasst werden (dazu näher Abschnitt 20.2.2.4.4).
20.2.1.2 Anteilsrechte
6109
Unter den Einkünften aus Anteilsrechten sind solche zu verstehen, die eine Beteiligung am Gewinn des Beteiligungsunternehmens vorsehen.
20.2.1.2.1 Gewinnanteile (Dividenden) und sonstige Bezüge aus Aktien und aus Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung
6110
Unter Gewinnanteile fallen alle Anteile am Gewinn von inländischen Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung und von ausländischen Kapitalgesellschaften, die den inländischen vergleichbar sind. Zu den Gewinnanteilen zählen daher offene Ausschüttungen auf Grund eines Gewinnverteilungsbeschlusses (Dividenden und Gewinne der GmbH), Gratisaktien und Freianteile (befreit nach § 3 Abs. 1 Z 29 EStG 1988) und garantierte Dividenden. Gewinnanteile von ausländischen Kapitalgesellschaften, die weder Aktiengesellschaften noch GmbHs vergleichbar sind, zählen zu den anderen Erträgnissen aus sonstigen Kapitalforderungen gemäß § 27 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 (siehe Abschnitt 20.2.1.6).
Die Prämienrückgewähr (das ist die Rückgewährung von Prämien durch ein Versicherungsunternehmen an den Versicherungsnehmer) stellt grundsätzlich keinen Gewinnanteil dar, auch wenn das Versicherungsunternehmen die Rückgewähr so bezeichnet (zu einer möglichen Steuerpflicht siehe Abschnitt 20.2.1.10.1).
Werden Gewinne nicht ausgeschüttet, sondern thesauriert und erst im Wege der Veräußerung der Anteilsrechte realisiert, dann liegen keine Einkünfte aus der Überlassung von Kapital, sondern aus realisierten Wertsteigerungen vor.
Zu Ausschüttungen aus Investmentfonds siehe InvFR 2018.
Sonstige Bezüge sind andere geldwerte Vorteile, die sich aus der Gesellschafterstellung ergeben; dazu zählen vor allem die verdeckten Ausschüttungen (siehe Abschnitt 20.2.1.5).
6110a
Für die steuerliche Zurechnung von Gewinnanteilen ist – unabhängig von abweichenden Börsenusancen – entscheidend, wer zum Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses wirtschaftlicher Eigentümer des Gesellschaftsanteils ist (VwGH 28.6.2022, Ro 2022/13/0002). Für die Frage der Zurechnung kommt es somit nicht darauf an, wer im Zeitpunkt des Zuflusses über die Einkunftsquelle (Gesellschaftsanteil) verfügt.
Die Gesellschaftsanteile müssen somit vor dem Zeitpunkt der Beschlussfassung der Gewinnverteilung erworben werden; soweit es sich um börsenotierte Aktien handelt, müssen diese vor dem Tag der Beschlussfassung der Gewinnverteilung (Hauptversammlung) am Depot des Steuerpflichtigen eingeliefert sein, damit eine steuerliche Zurechnung der Dividende vorliegt. Das Datum der Einlieferung ist grundsätzlich das Datum, an dem der Kaufauftrag ausgeführt wird. Werden erworbene Aktien nicht spätestens am Ende des letzten Börsentages vor der Hauptversammlung (HV-Tag minus eins) am Depot eingeliefert, wird davon auszugehen sein, dass das wirtschaftliche Eigentum noch dem Veräußerer der Aktien zusteht.
Wird der Gesellschaftsanteil nach dem Zeitpunkt der Beschlussfassung der Gewinnverteilung, aber vor dem Ausschüttungstag veräußert, tritt der Veräußerer lediglich eine vermögensrechtliche Forderung auf Dividendenausschüttung an den Erwerber ab, was beim Veräußerer zum Zufluss der Gewinnanteile führt. Der Erwerber erwirbt nur eine Forderung auf die Nettogewinnanteile (Nettodividende) und es obliegt diesem lediglich, die angekaufte Forderung (auf Gewinnanteils- bzw. Dividendenbezug) einzuziehen.
20.2.1.2.2 Anteile an Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften
6111
Zu den Einkünften aus der Überlassung von Kapital gehören auch Bezüge und Rückvergütungen aus Anteilen an Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, die den Gewinnanteilen, Zinsen und sonstigen Bezügen aus Anteilen an Aktiengesellschaften und GmbHs entsprechen:
- Gewinnausschüttungen;
- Verzinsungen der Geschäftsanteile;
- Nicht ausgeschüttete Gewinne, die zur Abdeckung der Geschäftseinlagen der Genossenschafter verwendet werden, wenn der Genossenschaftsanteil rückgezahlt wird;
- Kaufpreisrückvergütungen, die den Genossenschaftsmitgliedern als Teil des Kaufpreises der von ihnen erworbenen Waren oder Leistungen rückerstattet werden,
- Kaufpreisnachzahlungen, wenn den Genossenschaftsmitgliedern für die von ihnen an die Genossenschaft gelieferten Waren oder Leistungen nachträglich ein höherer Kaufpreis bezahlt wird;
- Nachzahlungen und Unkostenvergütungen, wenn die Genossenschaftsmitglieder zu wenig Leistungsentgelt bekommen oder der Genossenschaft zu hohe Unkostenbeiträge bezahlt haben.
20.2.1.3 Genussrechte und Partizipationskapital
20.2.1.3.1 Allgemeines
6112
Unter Genuss- oder Partizipationskapital fallen
- Partizipationsscheine im Sinne des § 23 Abs. 4 BWG idF vor BGBl. I Nr. 184/2013 oder § 73c VAG idF vor BGBl. I Nr. 34/2015,
- Genussscheine im Sinne des § 174 Abs. 3 AktG sowie
- sonstige Genussrechte.
6112a
Genussrechte im Sinne des § 174 AktG sind zivilrechtlich ein Darlehen an die Kapitalgesellschaft, welches durch Begebung eines Wertpapiers (Genussschein) verbrieft werden kann. Dieses Wertpapier ist ohne Vorliegen besonderer Umstände (Beteiligung am gesamten Gewinn und Verlust, Vermögen und Liquidationsgewinn – Substanzgenussrecht siehe weiter unten) stets ein Forderungswertpapier (obligationenähnliche Genussrechte). Derartige Genussrechte sind Kapitalforderungen iSd § 27 Abs. 2 Z 2 EStG 1988. Die Ausgestaltung des Darlehens bleibt der freien Vertragsdisposition überlassen.
6112b
Kapitalerträge sind sämtliche Ansprüche des Genussrechtsinhabers, die er neben dem Anspruch auf die Rückzahlung des ursprünglich einbezahlten Kapitals auf Rechtsgrundlage der Genussscheinbedingungen gegen den Emittenten hat. So kann etwa vorgesehen werden, dass eine Verzinsung vom Gewinn der Gesellschaft abhängt. Das Darlehen hat dann lediglich eine variable Verzinsung. Es kann umgekehrt auch vorgesehen werden, von einer laufenden Verzinsung abzusehen und die Höhe des Rückzahlungspreises von der Wertentwicklung bestimmter Wirtschaftsgüter der Kapitalgesellschaft abhängig zu machen. In einem solchen Fall liegt ein Wertpapier mit variablen Zinsen vor.
Beispiel:
Für einen eigens eingerichteten Rechnungskreis einer Aktiengesellschaft werden bestimmte Immobilien im Gesamtwert von 100 Mio. erworben. Die Finanzierung erfolgt durch die Ausgabe von Genussscheinen im Wert von je 1.000 Euro. Der Rückzahlungspreis erhöht sich jedoch im Verhältnis der Wertsteigerung der Wirtschaftsgüter. Der Genussscheininhaber hat Anspruch auf die Mieterträge. Gleichzeitig hat er Anspruch auf die anteilige Wertsteigerung der Immobilien.
Da wirtschaftlich keine Beteiligung am gesamten Betriebsvermögen vorliegt, handelt es sich um obligationenähnliche Genussrechte. Die laufend ausbezahlten anteiligen Mieterträge haben die Genussscheininhaber, welche die Papiere im Privatvermögen halten, oder betriebliche Anleger mit Einnahmen-Ausgaben-Rechnung im Zeitpunkt der Auszahlung zu versteuern. Im Zeitpunkt der Einlösung versteuern sie die anteilige Differenz zwischen Einlöse- und Ausgabepreis bzw. den Anschaffungskosten. Wird der Genussschein vorzeitig veräußert, bildet die Differenz zwischen den Anschaffungskosten (Ausgabepreis) und dem Verkaufserlös Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen.
6112c
Es ist im Einzelfall zu prüfen, ob in wirtschaftlicher Betrachtungsweise steuerlich eine Beteiligung vorliegt, die einer Aktie vergleichbar ist. Von einer solchen Beteiligung (Substanzgenussrecht) ist insbesondere dann auszugehen, wenn wirtschaftlich in Bezug auf das gesamte Gesellschaftsvermögen eine Beteiligung
- am Gewinn und Verlust,
- am Vermögen und
- am Liquidationsgewinn
einer Körperschaft vorliegt. Ausschüttungen solcher Substanzgenussrechte sind gemäß § 27 Abs. 2 Z 1 lit. c EStG 1988 steuerpflichtig.
Die Qualifikation als Substanzgenussrecht hat weiters folgende Konsequenzen:
- Die Ausschüttungen auf Genussrechte sind bei der Körperschaft Einkommensverwendung und keine Betriebsausgaben (§ 8 Abs. 3 Z 1 KStG 1988).
- Von der emittierenden Körperschaft ist für die Ausschüttungen Kapitalertragsteuer einzubehalten (§ 93 Abs. 2 Z 1 iVm § 95 Abs. 2 Z 1 lit. a EStG 1988).
20.2.1.3.2 Besondere Formen von Genussrechten
6113
Partizipationsscheine
Partizipationsscheine im Sinne des Bankwesengesetzes in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 184/2013 und des Versicherungsaufsichtsgesetzes in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 34/2015 sind Genussrechte, die von Banken oder Versicherungsunternehmen als Mittel zur Aufbringung von Eigenkapital ausgegeben werden konnten. Diese Partizipationsscheine stellen – soweit noch im Umlauf – jedenfalls Substanzgenussrechte dar.
Vielfach werden auch von anderen Kapitalgesellschaften Genussrechte unter der Bezeichnung „Partizipationsscheine“ ausgegeben. Dabei handelt es sich jedoch um bloße Genussscheine, und es ist im Einzelfall zu prüfen, ob ein Substanzgenussrecht oder obligationenähnliches Genussrecht vorliegt.
6114
Besserungsscheine
Besserungsscheine, die einen Anspruch auf Gewinn und Liquidationserlös verbriefen, zählen je nach Ausgestaltung zu den obligationenähnlichen Genussrechten oder zu den Substanzgenussrechten.
20.2.1.4 Agrargemeinschaften
6115
Zur Rechtsnatur von Agrargemeinschaften siehe Rz 5030 ff und KStR 2013 Rz 52.
Bezüge aus Anteilen an körperschaftlich organisierten Agrargemeinschaften stellen gemäß § 27 Abs. 2 Z 1 lit. d EStG 1988 Einkünfte aus Kapitalvermögen dar, wenn sie nicht zum Betriebsvermögen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes gehören. Näheres siehe Rz 5030 ff. Hinsichtlich der Kapitalertragsteuer siehe Abschnitt 20.2.4.17.2.
20.2.1.5 Verdeckte Ausschüttungen
6116
Zu den sonstigen Bezügen iSd § 27 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 zählen auch die verdeckten Ausschüttungen. Verdeckte Ausschüttungen sind alle im Gesellschafts- bzw. Genossenschaftsverhältnis wurzelnden unmittelbaren oder mittelbaren, nicht ohne weiteres als Ausschüttungen von Gewinnanteilen erkennbaren Zuwendungen aus dem Vermögen einer Körperschaft an die an ihr beteiligten Personen, die sich als Zuwendungen von Teilen des Einkommens der Körperschaft darstellen und die die Körperschaft dritten, ihr fremd gegenüberstehenden Personen nicht zuwenden würde (zB VwGH 24.04.1996, 94/13/0124). Unter die verdeckte Ausschüttung fällt somit jeder Vorteil, den eine Körperschaft außerhalb der offenen Gewinnverteilung und der Einlagenrückzahlung (§ 4 Abs. 12 EStG 1988) ihren Gesellschaftern mit Rücksicht auf deren Eigenschaft als Gesellschafter zuwendet. Siehe auch Rz 1202 ff.
Die für die Annahme einer verdeckten Ausschüttung erforderliche Absicht der Vorteilsgewährung an den Gesellschafter kann auch aus (objektiven) Sachverhaltselementen erschlossen werden (VwGH 24.09.1996, 94/13/0129; VwGH 03.07.1991, 90/14/0221). Werden verdeckte Ausschüttungen aufgrund einer Entscheidung des Gesellschafters einem Dritten ausgezahlt, erfolgt die einkommensteuerliche Zurechnung an den Gesellschafter (VwGH 28.05.1998, 96/15/0114).
6116a
Formen der verdeckten Ausschüttung:
- Die Körperschaft entrichtet zu hohes Entgelt für Leistungen des Gesellschafters (überhöhte Aufwendungen, Vermögensminderung).
Beispiel:
GmbH erwirbt oder nutzt ein Wirtschaftsgut überpreisig vom Gesellschafter (zu hoher Kaufpreis, zu hohe Miete oder Zinsen).
- Erhält ein Gesellschafter von der Kapitalgesellschaft Bezüge oder Vorteile auf Grund eines Dienstvertrages, stellen diese Zuwendungen (laufende und sonstige Bezüge) verdeckte Ausschüttungen und damit Einkünfte aus Kapitalvermögen dar, soweit sie unangemessen hoch sind. Der der Tätigkeit angemessene Teil der Entlohnung bildet je nach der Höhe der Beteiligung des Gesellschafters Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit (§ 22 Z 2 EStG 1988) oder Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Zur Pensionszusage siehe Rz 3391 ff.
- Die Körperschaft erhält für ihre Leistungen kein oder ein ungenügendes Entgelt vom Gesellschafter (vorenthaltene Erträge, verhinderte Vermögensvermehrung).
Beispiel:
GmbH veräußert oder vermietet unterpreisig an Gesellschafter, gewährt ein unverzinsliches/zu niedrig verzinstes Darlehen, erhält für Dienstleistungen kein oder ein zu geringes Entgelt.
- Die Körperschaft übernimmt Belastungen.
Beispiele:
GmbH gewährt ein Darlehen an Gesellschafter, obwohl mit der Uneinbringlichkeit gerechnet werden muss (VwGH 05.10.1993, 93/14/0115).
GmbH übernimmt Aufwendungen des Gesellschafters (VwGH 26.05.1993, 90/13/0155; VwGH 26.03.1985, 82/14/0166).
- Verletzung von Wettbewerbsverboten durch Gesellschafter.
Beispiel:
Entfaltet der Gesellschafter-Geschäftsführer eine eigenbetriebliche Tätigkeit in der Branche der GmbH, kann sie ihm nur dann persönlich zugerechnet werden, wenn die Funktionsteilung eindeutig und zweifelsfrei festgelegt ist. Im Zweifel wird angenommen, dass die Tätigkeit für die GmbH besorgt wird (VwGH 17.12.1996, 95/14/0074).
6117
Mehrgewinne einer Körperschaft aus berechtigten Gewinnzuschätzungen sind idR nach Maßgabe der Beteiligungsverhältnisse als den Gesellschaftern zugeflossen zu werten (VwGH 24.03.1998, 97/14/0118; VwGH 06.04.1995, 93/15/0060), es sei denn,
- sie sind abweichend vom allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel nur einem (oder einigen der) Gesellschafter zugeflossen oder
- die Körperschaft kann die Nichtausschüttung beweisen (VwGH 10.12.1985, 85/14/0080, GmbH verwendet Schwarzeinnahmen zu Schwarzeinkäufen; Veranlagung der Schwarzeinnahmen auf nicht bekannten Bankkonten der GmbH) oder
- sie sind einem Dritten, bspw. einem untreuen oder diebischen Arbeitnehmer zugeflossen (VwGH 10.03.1982, 81/13/0072).
6118
Gewinne aus Schwarzgeschäften einer Körperschaft können, soweit sie nicht in deren Betriebsvermögen verblieben sind, nur dann als verdeckte Ausschüttung den Gesellschaftern anteilsmäßig zugerechnet werden, wenn die durchgeführten Ermittlungen geeignet sind, eine solche Annahme als der Wahrscheinlichkeit entsprechend oder ihr am nächsten kommend zu rechtfertigen (VwGH 15.03.1988, 86/14/0161).
6119
Zur GmbH & Co KG siehe Rz 5888 ff.
6120
Zum Erwerb von Anteilsrechten auf Grund einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln gemäß § 3 Abs. 1 Z 29 EStG 1988 siehe Rz 306 ff und zur allfälligen Nachversteuerung siehe Rz 6907.
20.2.1.6 Zinsen und andere Erträgnisse aus Kapitalforderungen jeder Art
20.2.1.6.1 Definition der Zinsen und anderen Erträgnisse
6121
Zinsen sind von der Laufzeit abhängige Vergütungen für den Gebrauch eines auf Zeit überlassenen Geld- und Sachkapitals (Wirtschaftsgüter iSd § 27 EStG 1988). Unbeachtlich ist die Häufigkeit des Zuflusses (laufende oder nicht laufende Entrichtung). Da unter Fremden von der Verzinslichkeit von Forderungen auszugehen ist, stellen Einkünfte aus der Einlösung bzw. Realisierung von Forderungen stets Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen dar. Dies gilt unabhängig davon, worauf die Wertsteigerung zurückzuführen ist (zB Werterholung bei notleidenden Forderungen, Erwerb zu einem abgezinsten Betrag vor Fälligkeit).
Zu den Zinsen zählen sowohl vertragliche als auch gesetzliche Zinsen (wie zB Verzugszinsen). Verzugszinsen stellen – auch wenn sie zivilrechtlich Schadenersatz darstellen – Einkünfte aus Kapitalvermögen dar (zu Schadenersatz bei Substanzschaden siehe Rz 6143). Zu den Einkünften aus der Überlassung von Kapital gehören alle Vermögensmehrungen, die bei wirtschaftlicher Betrachtung Entgelt für eine Kapitalnutzung darstellen. Unerheblich ist es, ob der Überlassung von Kapital ein Darlehensvertrag oder ein anderer Titel zu Grunde liegt (VwGH 20.09.2007, 2007/14/0015 zur Wertsicherung einer gemischten Schenkung). Selbst eine vom Schuldner erzwungene Kapitalüberlassung führt zu Einkünften aus der Überlassung von Kapital. Verzugszinsen werden wie „normale“ Zinsen dafür bezahlt, dass dem Gläubiger die Möglichkeit der Kapitalnutzung entzogen ist, weswegen die Abgeltung der Kapitalnutzung im Vordergrund steht (VwGH 19.03.2002, 96/14/0087).
6121a
Bei einem Zinsswapgeschäft (Tausch von Zinsansprüchen) ist in wirtschaftlicher Betrachtungsweise lediglich von einem Wechsel in der Art der Verzinsung auszugehen. Es liegen daher in Höhe der letztlich erhaltenen Zinsen Einkünfte aus der Überlassung von Kapital vor; eine Aufspaltung in Einkünfte aus der Überlassung von Kapital (in Höhe der ursprünglich vereinbarten Zinsen) und Einkünfte aus Derivaten (in Höhe der Zahlung aus dem Zinsswap) hat nicht zu erfolgen.
Beispiel:
A tauscht die variable Verzinsung seines Kapitalprodukts mittels Zins-Swap gegen eine fixe Verzinsung von 4%.
Wenn A tatsächlich Zinsen in Höhe von 4% erhält (also tatsächlich die Zinszahlungsströme getauscht werden), liegen Einkünfte aus der Überlassung von Kapital in Höhe der 4-prozentigen Zinszahlung vor.
6121b
Bei der Abgrenzung Kapitaltilgung und Zinseneinkünfte ist Folgendes zu beachten:
Hinsichtlich der Abgrenzung von Zinseinkünften und anderen Zahlungen (etwa Kapitaltilgung) ist primär auf das jeweilige Vertragsverhältnis abzustellen (etwa im Fall eines vorzeitigen Rückkaufs durch den Emittenten). Im Zweifel ist zu unterstellen, dass Zahlungen zuerst auf Zinsen entfallen.
6121c
Ebenso gehören bei der Veräußerung privater Wirtschaftsgüter gegen Ratenzahlungen die in den Raten enthaltenen Zinsenanteile zu den Einkünften aus Kapitalvermögen (VwGH 28.11.2007, 2007/15/0145, zur Abtretung von GmbH-Anteilen gegen Ratenzahlung). Eine solche Zinskomponente kann in einer fremdüblichen Wertsicherungsvereinbarung (VwGH 20.09.2007, 2007/14/0015) oder einer explizit vereinbarten fremdüblichen Verzinsung liegen. Wurde keine Vereinbarung getroffen oder explizit Zinslosigkeit vereinbart, ist unter fremden Dritten in wirtschaftlicher Betrachtung dennoch vom Vorhandensein einer Zinskomponente in den Raten auszugehen (siehe auch Rz 5678).
Zur Nichtanwendbarkeit des besonderen Steuersatzes siehe Rz 6225a.
6121d
Guthabenszinsen und Kreditzinsen dürfen selbst bei einem engen wirtschaftlichen Zusammenhang nicht aufgerechnet werden (§ 20 Abs. 2 EStG 1988).
6121e
Steuerpflichtig sind auch Erträgnisse in Geld, die nicht als Zinsen angesehen werden können, aber ebenfalls für die Überlassung des Kapitals geleistet werden („andere Erträgnisse“). Beispiele dafür stellen die Erträgnisse aus partiarischen Darlehen sowie aus ausländischen Körperschaften dar, die weder Aktiengesellschaften noch GmbHs vergleichbar sind. Entgelt für die Überlassung von Kapital sind auch Wertsicherungsbeträge (VwGH 20.09.2007, 2007/14/0015). Ebenso zählen als „Renten“ bezeichnete Zahlungen, die gegen Einmalerlag eines Geldbetrages geleistet werden, ohne die Substanz aufzuzehren, zu den Einkünften aus Kapitalvermögen (keine wiederkehrenden Bezüge iSd § 29 Z 1 EStG 1988).
6121f
Gutschriftszinsen (§ 205 BAO) sind wie die gutgeschriebene Einkommensteuer (Körperschaftsteuer) zu beurteilen und sind nicht steuerpflichtig (siehe Rz 4852).
6121g
Zu beachten ist, dass Stückzinsen nicht als Einkünfte aus der Überlassung von Kapital erfasst, sondern wie der veräußerte Kapitalstamm behandelt und somit als Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen besteuert werden (§ 27 Abs. 6 Z 4 EStG 1988 vgl. Abschnitt 20.2.2.4.4). Entsprechendes gilt auch für anteilige Kapitalerträge bzw. Zinserträge, die auf den Zeitraum vom letzten Zufließen gemäß § 19 EStG 1988 bis zur Meldung gemäß § 95 Abs. 3 Z 2 EStG 1988 entfallen, wenn die Abgrenzung aufgrund einer Entstrickung bzw. einer Depotentnahme (siehe Abschnitt 20.2.2.5 und 29.4) erfolgt.
6121h
Werden im Zusammenhang mit (Bank-)Guthaben sogenannte „negative Zinsen“ verrechnet, handelt es sich dabei um Aufwendungen, die nur dann den Charakter von Werbungskosten (bzw. Betriebsausgaben) haben, wenn sie zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung von Einnahmen getätigt werden.
Werden über die gesamte Besteuerungsperiode (Kalenderjahr) aus dem betreffenden Guthaben keine Einnahmen erzielt, liegt keine Einkunftsquelle vor, weshalb die getätigten Aufwendungen keine Werbungskosten im Zusammenhang mit dem Guthaben darstellen. Stehen diese Aufwendungen hingegen im Zusammenhang mit einer anderen Einkunftsquelle (beispielsweise bei betrieblichen Einkünften), können diese dennoch allgemeine Werbungskosten (bzw. Betriebsausgaben) darstellen.
20.2.1.6.2 Zinsen aus Darlehen
6122
Ein Darlehen ist gemäß § 984 ABGB die Übertragung einer vertretbaren Sache ins Eigentum des Darlehensnehmers durch den Darlehensgeber. § 27 EStG 1988 erfasst Zinsen für die Überlassung von Geld- oder Sachkapital (Wirtschaftsgüter iSd § 27 EStG 1988), zB Zinsen aus Kreditverträgen im Sinne des § 988 ABGB. Auch die Vereinbarung einer bedingten Verzinsung für die Überlassung von Kapital führt zu Zinsen aus Darlehen.
Wird ein Darlehen durch ein Wertpapier verbrieft, ändert dies nichts am Darlehenscharakter an sich. Im Übrigen siehe Abschnitt 20.2.1.6.4 (zu Wertpapieren).
20.2.1.6.3 Zinsen aus Hypotheken
6123
Zinsen aus Hypotheken sind Zinsen aus Forderungen, die durch ein Pfandrecht an einer Liegenschaft sichergestellt sind (§ 448 ABGB). Bei den sogenannten Tilgungshypotheken handelt es sich um Hypotheken mit Rückzahlung in Annuitätenform; dabei unterliegt der Zinsenanteil der Steuerpflicht, der Tilgungsanteil jedoch nur, soweit eine realisierte Wertsteigerung vorliegt.
20.2.1.6.4 Zinsen aus Anleihen und aus Wertpapieren, die ein Forderungsrecht verbriefen
20.2.1.6.4.1 Wertpapiere, die ein Forderungsrecht verbriefen
6124
Unter einem Wertpapier, das ein Forderungsrecht verbrieft, ist iSd „weiten“ Wertpapierbegriffs grundsätzlich jede Urkunde zu verstehen, in der ein Forderungsrecht in der Weise verbrieft ist, dass zur Geltendmachung des Rechts die Innehabung der Urkunde erforderlich ist („das Recht aus dem Papier folgt dem Recht am Papier“).
Eine Verbriefung liegt auch dann vor, wenn Wertpapiere hinterlegt werden und über diese im Wege des Effektengiros durch bloße Anweisungen und Buchungen verfügt werden kann (Girosammelverwahrung) bzw. wenn einzelne Wertpapiere nur in einer Sammelurkunde verbrieft sind (§ 24 Depotgesetz). Dies gilt auch, wenn nur eine „digitale Sammelurkunde“ vorliegt (§ 24 lit. e Depotgesetz idF BGBl. I Nr. 51/2021). Eine Verbriefung liegt auch bei Bundesschuldbuchforderungen vor (§ 24 lit. c Depotgesetz).
Umfasst sind alle Wertpapiere im Sinne des Depotgesetzes. Die Einstufung als Wertpapier, das ein Forderungsrecht verbrieft, bedeutet jedoch nicht zwingend, dass damit eine „Anleihe“ im Sinne von Doppelbesteuerungsabkommen vorliegt. Der Begriff Anleihe ist vielmehr eigenständig zu interpretieren. Es handelt sich dabei um ein Instrument der mittel- und langfristigen Kapitalaufbringung. Diesem Erfordernis wird idR eine Laufzeit von mindestens fünf Jahren entsprechen. Andere Wertpapiere, die ein Forderungsrecht verbriefen, sind insbesondere auf Namen sowie auf Inhaber lautende (Teil-)Schuldverschreibungen, Pfandbriefe, Kommunalschuldverschreibungen, Schatzscheine, Kassenobligationen sowie Wertpapiere über Schuldscheindarlehen, weiters sogenannte „Certificates of Deposit“, die ihrer Rechtsnatur nach als (Inhaber-)Schuldverschreibungen ausgestattet sind. Wandel- und Gewinnschuldverschreibungen werden ebenfalls den Wertpapieren, die ein Forderungsrecht verbriefen, zugeordnet.
20.2.1.6.4.2 Unterschiedsbeträge zwischen Ausgabe- und Einlösungswert
6125
Zu den Kapitalerträgen aus Wertpapieren zählen nicht nur die periodischen Zinsen, sondern auch der jeweilige Unterschiedsbetrag zwischen dem Ausgabewert bzw. den Anschaffungskosten und dem im Wertpapier festgelegten Einlösungswert bzw. dem Veräußerungserlös. Ausgabewert ist der prospektmäßige Emissionskurs, Einlösungswert ist der in den Anleihebedingungen festgelegte Tilgungsbetrag.
Solche Unterschiedsbeträge sind sowohl im Falle der Einlösung als auch im Falle des vorzeitigen Rückkaufes oder Verkaufes als Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen zu erfassen (siehe Abschnitt 20.2.2.2).