Für die steuerliche Geltendmachung von Kosten als außergewöhnliche Belastung gilt, dass die Belastung außergewöhnlich sein muss, zwangläufig erwächst und dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen wesentlich beeinträchtigt wird. Von Zwangsläufigkeit ist auszugehen, wenn man sich der Belastung aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Keine Zwangsläufigkeit ist beispielsweise bei der Abgabe einer unbedingten Erbserklärung oder der Einwilligung in eine einvernehmliche Scheidung anzunehmen. Die in Frage stehenden Kosten dürfen überdies nicht bereits Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Sonderausgaben darstellen.
Zwangsläufigkeit der Unterhaltsverpflichtung entscheidend
Der VwGH hatte sich unlängst (GZ Ro 2018/15/0024 vom 20.11.2019) damit auseinanderzusetzen, ob die Pflegeheimkosten für den Vater bei dem Sohn als außergewöhnliche Belastung steuerlich berücksichtigt werden können. Wie auch in ähnlich gelagerten Fällen wurde die Zwangsläufigkeit mit der Unterhaltsverpflichtung eines Kindes gegenüber seinen Eltern argumentiert. Bevor die Pflegeheimkosten bei dem Sohn steuerlich anerkannt werden können, ist jedoch für die Deckung der Kosten vorwiegend das Einkommen wie auch das Vermögen der betroffenen Person selbst zu verwenden. In dem konkreten Fall ist auch bedeutsam, dass der zweite Sohn Jahre zuvor eine Liegenschaft vom Vater geschenkt bekommen hatte. Fraglich ist daher, ob nicht auch der zweite Sohn seiner Unterhaltspflicht gegenüber seinem Vater nachkommen müsse – dies hätte zur Folge, dass der Sohn, welcher tatsächlich Pflegeheimkosten für den Vater übernommen hat, nur einen geringeren Teil davon steuerlich als außergewöhnliche Belastung absetzen kann, weil der darüber hinausgehende Betrag als freiwillig bezahlt anzusehen ist und folglich steuerlich unbeachtlich ist.
Im Einzelfall müssen also viele Aspekte bei der Frage, ob eine außergewöhnliche Belastung vorliegt, beachtet werden. Zuallererst ist die Selbsterhaltungsfähigkeit der unterhaltsberechtigten Eltern zu berücksichtigen – hier hätte der Vater jährlich gesetzliche Zinsen von dem mit der Liegenschaft beschenkten Sohn fordern können, sofern er sich selbst in einer finanziellen Notlage befunden hat und dies nicht auch für den Sohn gegolten hat. Für den danach verbleibenden Betrag an Pflegeheimkosten („Bedarfslücke“) gilt, dass mehrere Nachkommen (gleichen Grades) den Unterhalt anteilig nach Kräften schulden. Der VwGH betonte dabei, dass für die Beurteilung der (finanziellen) Leistungskraft eine Mehrjahresbetrachtung durchzuführen ist und nicht bloß das Einkommen eines einzelnen Jahres herangezogen werden kann.
Im konkreten Fall wurde also eine außergewöhnliche Belastung beim Sohn vorerst verneint und das BFG mit der genaueren Ermittlung der finanziellen Leistungskraft (des zweiten Sohnes) beauftragt.