30.1 Einkünfte bei beschränkter Steuerpflicht (§ 98 EStG 1988)
30.1.1 Steuerpflicht von Einkünften nach dem EStG 1988
7901
Einkommensteuerpflicht von Einkünften, welche von einer Person ohne Wohnsitz und ohne gewöhnlichen Aufenthalt im Inland erzielt werden, liegt vor, wenn ein Tatbestand des § 98 EStG 1988 erfüllt ist. § 99 EStG 1988 erweitert nicht den Kreis der der Besteuerung unterliegenden Einkünfte, sondern setzt solche voraus und normiert, in welchen Fällen die Einkommensteuer für Einkünfte iSd § 98 EStG 1988 durch Steuerabzug erhoben wird (VwGH 20.2.1997, 95/15/0135). § 98 EStG 1988 normiert keine neuen Einkunftsarten, sondern knüpft durch Verweis an die Einkünfte im Sinne der §§ 21 bis 28 und § 30 EStG 1988 an.
7902
Die Einkunftsarten des § 98 EStG 1988 bestehen aus einem aus den §§ 21 bis 28 und § 30 EStG 1988 übernommenen Grundtatbestand und einem inländischen Anknüpfungspunkt (zB Betriebsstätte im Inland), der die Einkünfte als inländische qualifiziert und sie von im Ausland erzielten Einkünften abgrenzt. Eine – im Vergleich zur unbeschränkten Steuerpflicht bestehende – Einschränkung im Umfang der Steuerpflicht ergibt sich erst durch die Bezugnahme auf einen (zur Rechtfertigung der Besteuerung notwendigen) inländischen Anknüpfungspunkt (VwGH 19.3.1997, 94/13/0220).
Beispiel:
Der unbeschränkt Steuerpflichtige A ist mit seinen Einkünften aus Gewerbebetrieb steuerpflichtig. Die Steuerpflicht des beschränkt Steuerpflichtigen B erstreckt sich (eingeschränkt) nur auf jene Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die er im Rahmen einer inländischen Betriebsstätte erzielt.
7903
§ 98 EStG 1988 soll sicherstellen, dass beschränkt Steuerpflichtige mit ihren Einkünften aus inländischen Quellen der inländischen Einkommensbesteuerung unterliegen. Der in § 98 EStG 1988 festgelegte Umfang der beschränkten Steuerpflicht ist keiner engen Auslegung zugänglich. Daher ist beispielsweise auch eine isolierende Betrachtungsweise bei der Beurteilung, ob inländische Steuerpflicht besteht, zulässig (VwGH 19.6.1968, 1561/67).
7904
Die Einkünftequalifikation im Rahmen des § 98 EStG 1988 (Zurechnung zu einer Einkunftsart) wird durch die Einkünftezuordnung in den verwiesenen Normen (§§ 21 bis 28 und § 30 EStG 1988) bestimmt (VwGH 19.3.1997, 94/13/0220). Die Subsidiaritätsklausel der §§ 27 Abs. 1, 28 Abs. 1 und 30 Abs. 1 EStG 1988 gelten auch für die Einkünfte iSd § 98 EStG 1988 (VwGH 22.9.1992, 88/14/0244). Für die Zurechnung von Einkünften zu einer Einkunftsart ist maßgebend, wie sie sich bei Betrachtung des gesamten Sachverhaltes, somit der in- und ausländischen Verhältnisse, darstellen. Führt diese Betrachtung jedoch dazu, dass inländische Einkünfte aus einer der Haupteinkunftsarten mangels Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 98 Abs. 1 Z 1 bis 4 EStG 1988 (zB bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb keine inländische Betriebsstätte oder bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit keine Verwertung, weil der wirtschaftliche Erfolg einer Tätigkeit der inländischen Volkswirtschaft nicht unmittelbar zu dienen bestimmt ist) nicht besteuert würden, so ist darauf abzustellen, wie sich die Einkünfte bei ausschließlicher Betrachtung des im Inland verwirklichten Sachverhaltes darstellen (Isolationstheorie, isolierende Betrachtungsweise).
Beispiel:
1. Der im Ausland ansässige A erzielt im Rahmen seines ausländischen Betriebes Lizenzeinkünfte. Bei Gesamtbetrachtung stellen die Lizenzeinkünfte Betriebseinnahmen dar. Da A in Österreich keine Betriebsstätte unterhält, können die Lizenzeinkünfte nicht als Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 98 Abs. 1 Z 3 EStG 1988) besteuert werden. Isoliert betrachtet stellen sie allerdings Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung dar und sind nach § 98 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 zu besteuern.
2. Der im Ausland ansässige B unterhält im Rahmen seines ausländischen Betriebes (Bilanzstichtag 31.12.) ein Erholungsheim für seine Arbeitnehmer in Österreich. Das Erholungsheim wird verkauft.
Es liegen ab der Veranlagung 2006 hinsichtlich des Gebäudes Einkünfte aus Gewerbebetrieb vor (§ 98 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 idF des AbgÄG 2005; somit keine isolierende Betrachtungsweise; zur Übergangsregelung des § 124b Z 131 EStG 1988 siehe Rz 7936b).
7905
Können subsidiäre Einkünfte auf Grund der isolierenden Betrachtungsweise keiner anderen Einkunftsart zugerechnet werden, so wird das Besteuerungsrecht nach § 98 EStG 1988 dadurch nicht berührt; denn die Subsidiaritätsklauseln bezwecken nicht die Freistellung von Einkünften von der Einkommensteuer, sondern lediglich die allfällige Zurechnung solcher Einkünfte zu einer anderen Einkunftsart (VwGH 13.11.1959, 2374/58).
7906
Einkünfte iSd § 98 EStG 1988 unterliegen nicht der beschränkten Steuerpflicht, wenn sie wirtschaftlich bereits bei einer anderen Person bei einer anderen Einkunftsart erfasst wurden. Dieses Prinzip der Vermeidung einer (wirtschaftlichen) Doppelbesteuerung bei tatbestandlichen Überschneidungen von Einkünften nach § 98 EStG 1988 ist in § 98 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 (klarstellend) ausdrücklich ersichtlich gemacht; es gilt aber nicht nur im Bereich der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (siehe dazu das Beispiel in Rz 7963 f), sondern für alle Einkünfte.
7907
Personengesellschaften als solche unterliegen nicht der beschränkten Einkommensteuerpflicht. Die beschränkte Steuerpflicht bezieht sich auf die ausländischen Gesellschafter von Personengesellschaften, wenn die Personengesellschaft zB bei Einkünften aus Gewerbebetrieb über eine österreichische Betriebsstätte oder einen ständigen Vertreter verfügt. Auch die Gesellschafter von ausländischen Personengesellschaften, die ihrerseits an solchen österreichischen Personengesellschaften beteiligt sind, unterliegen der beschränkten Steuerpflicht (VwGH 3.3.1987, 86/14/0128).
7908
Die Besteuerung erfolgt unmittelbar durch Veranlagung der beschränkt steuerpflichtigen Gesellschafter; dies allerdings auf der Grundlage einer gegenüber der Personengesellschaft durchgeführten Einkünftefeststellung der Gesellschafter. Beteiligen sich Personen an einem österreichischen Unternehmen als atypisch stille Gesellschafter, dann gilt als Grundsatz, dass die inländische Betriebsstätte des Unternehmens auch Betriebsstätten der ausländischen stillen Gesellschafter darstellt. Liegt eine Beteiligung als echter stiller Gesellschafter vor, dann knüpft die inländische beschränkte Steuerpflicht nicht an den Bestand einer inländischen Betriebsstätte, sondern an die Verpflichtung zur Einbehaltung der Abzugsteuer gemäß § 99 EStG 1988 (§ 98 Abs. 1 Z 5 lit. c EStG 1988).
7908a
Der mit dem Budgetbegleitgesetz 2007 angefügte § 98 Abs. 3 EStG 1988 stellt sicher, dass steuerrelevante nachträgliche Ereignisse, die ihre Wurzel in Zeiträumen des Bestehens der unbeschränkten Steuerpflicht haben und sich als Besteuerungskorrekturen darstellen, auch dann zu berücksichtigen sind, wenn sie in Zeiträumen eintreten, in denen der Steuerpflichtige nicht mehr unbeschränkt steuerpflichtig ist. Gleiches gilt, wenn die beschränkte Steuerpflicht nach § 98 Abs. 1 EStG 1988 zB durch Schließung der inländischen Betriebsstätte weggefallen ist. Durch die zentrale Regelung im § 98 Abs. 3 EStG 1988 konnte die bisher nur für einzelne Bereiche bestehende Spezialvorschrift des Abs. 1 Z 5 lit. c entfallen.
Einerseits betroffen sind nachträgliche Einkünfte iSd § 32 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 wie zB der nach Betriebsbeendigung unter Aufgabe des inländischen Wohnsitzes erfolgende Eingang abgeschriebener Forderungen. Andererseits sehen die Abgabenvorschriften in bestimmten Fällen Nachversteuerungen von Vorjahresbeträgen vor; insbesondere sind im Jahr der Verwirklichung des Nachversteuerungstatbestandes nachzuversteuern:
- in Vorjahren mit inländischen Einkünften ausgeglichene Auslandsverluste im Fall ihrer späteren Verwertung im Ausland (§ 2 Abs. 8 Z 3 EStG 1988),
- Freibeträge für investierte Gewinne gemäß § 10 EStG 1988 im Fall der Nachversteuerungspflicht wegen Nichteinhaltung der Behaltefrist von vier Jahren,
- gemäß § 11a EStG 1988 begünstigt besteuerte nicht entnommene Gewinne im Fall von späteren Überentnahmen,
- zu Unrecht erstattete Einkommensteuer (Lohnsteuer) im Rahmen des Bausparens (§ 108 Abs. 6 EStG 1988), der prämienbegünstigten Pensionsvorsorge (§ 108a Abs. 5 EStG 1988) oder der prämienbegünstigten Zukunftsvorsorge (§ 108g Abs. 5 EStG 1988).
Rückzuzahlen sind insbesondere Bildungsprämien im Fall ihrer nachträglichen Vergütung (§ 108c Abs. 4 EStG 1988 idF vor BGBl. I Nr. 118/2015). Hat der Steuerpflichtige den Bildungsfreibetrag nach § 4 Abs. 4 Z 8 und/oder Z 10 EStG 1988 idF vor BGBl. I Nr. 118/2015) geltend gemacht, liegen im Vergütungsfall gegebenenfalls nachträgliche Einkünfte vor.
30.1.2 Einfluss des zwischenstaatlichen Rechtes (DBA) auf § 98 EStG 1988
7909
Besteht nach § 98 EStG 1988 ein Besteuerungsrecht an Einkünften, kann deren Besteuerung dennoch ausgeschlossen sein, wenn das anzuwendende DBA das Besteuerungsrecht an diesen Einkünften dem anderen Staat zuweist. Ob dies der Fall ist, muss im Verhältnis zu jedem Vertragsstaat Österreichs auf Grund der jeweiligen Abkommensbestimmungen und nach allenfalls im Rahmen von Verständigungsverfahren getroffenen Vereinbarungen beurteilt werden. Die nachstehenden Aussagen beziehen sich im Allgemeinen nur auf jene Abkommensrechtslage, wie sie durch DBA herbeigeführt wird, die auf dem Musterabkommen der OECD beruhen (OECD-konforme DBA). Voraussetzung für die Anwendbarkeit eines DBA ist idR die Ansässigkeit des Steuerpflichtigen in einem oder in beiden Vertragsstaaten (Art. 1 OECD-Musterabkommen).
7910
DBA zeitigen allerdings auch dann Wirkungen, wenn der Steuerpflichtige weder in Österreich noch im anderen Vertragsstaat ansässig ist. Die Diskriminierungsverbote des Art. 24 OECD-konformer DBA sind auch auf in Drittstaaten ansässige Steuerpflichtige anwendbar. Diese verlangen ua., dass die inländische Betriebsstätte einer ausländischen Gesellschaft nicht ungünstiger als ein inländisches Unternehmen besteuert werden darf (Art. 24 Abs. 3 OECD-konformer DBA). Dabei werden in Österreich auch Drittstaatseinkünfte einer Betriebsstätte aufgrund des Betriebsstättendiskriminierungsverbotes von der Doppelbesteuerung entlastet (siehe auch Z 70 des OECD-Kommentars zu Art. 24 OECD-MA).
Beispiel:
Das Unternehmen A ist im Staat B ansässig und unterhält eine Betriebsstätte in Österreich. Die Betriebsstätte erzielt in einem anderen Staat C Zinsen. Das DBA zwischen Österreich und Staat B ist anwendbar und sieht in Art. 24 Abs. 3 ein Betriebsstättendiskriminierungsverbot vor. Dieses ist so auszulegen, dass Österreich als Betriebsstättenstaat die im Staat C erhobene Quellensteuer auf Zinsen anrechnet.
Das DBA zwischen Österreich und dem Staat C ist für das Unternehmen A nicht anwendbar, da dieses weder im Staat C noch in Österreich ansässig ist. Der darin vorgeschriebene Quellensteuersatz für Zinsen ist jedoch bei der Bemessung des Höchstbetrags für die Anrechnung zu berücksichtigen, da das Betriebsstättendiskriminierungsverbot des Art. 24 Abs. 3 OECD-MA den Betriebsstättenstaat verpflichtet, den Betrag an Quellensteuern bis zu jenem Ausmaß bei der Besteuerung des Betriebsstättengewinns im Wege der Steueranrechnung zu berücksichtigen, als die im Betriebsstättenstaat ansässigen Steuerpflichtigen nach dem DBA mit dem Quellenstaat (DBA Österreich – C) dazu berechtigt wären.
Der Betriebsstättenstaat ist jedoch nicht verpflichtet, eine höhere Quellensteuer anzurechnen als jene, die im Abkommen zwischen dem Ansässigkeitsstaat des Steuerpflichtigen und dem Quellenstaat vereinbart ist (DBA B – C). Sollte darin ein niedrigerer Quellensteuersatz für Zinsen als im DBA zwischen Österreich und Staat C vorgesehen sein, so rechnet Österreich nur diesen, niedrigeren, Betrag an.
Zudem sind im Verhältnis zu EU- bzw. EWR-Mitgliedstaaten die grundfreiheitsrechtlichen Diskriminierungsverbote anwendbar. Hinsichtlich der Steueranrechnung bei Drittstaatseinkünften einer inländischen Betriebsstätte (siehe Beispiel) ergibt sich auch aus grundfreiheitsrechtlicher Sicht ein Anrechnungsgebot (EuGH 21.9.1999, Rs C-307/97, Saint Gobain). Die unionsrechtlichen Verpflichtungen gehen jedoch über die DBA-rechtlichen Verpflichtungen zur Gleichbehandlung hinaus und erfassen auch Steuerfreistellungsverpflichtungen, die sich zB für internationale Schachteldividenden ergeben, wie dies im Fall Saint Gobain in Streit stand. Dieser zur Vermeidung der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung im körperschaftsteuerlichen Bereich bestehenden Steuerfreistellungsverpflichtung kommt auch in anderen Fällen der Betriebsstättengewinnbesteuerung Bedeutung zu. Im Falle von in der EU bzw. im EWR ansässigen Steuerpflichtigen müsste Österreich einer inländischen Betriebsstätte daher auch eine etwaige sich aus einem anderen österreichischen DBA ergebende Freistellung zugutekommen lassen, wobei sich diese Freiststellungsverpflichtung aber bei europarechtskonformer DBA-Auslegung grundsätzlich auch bereits aus dem DBA-Diskriminierungsverbot ableiten lässt.
30.1.3 Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§ 98 Abs. 1 Z 1 EStG 1988)
7911
Verwendet ein beschränkt Steuerpflichtiger inländische Grundstücke zur Einkünfteerzielung im Rahmen seines ausländischen land- und forstwirtschaftlichen Betriebes, dann erzielt er mit den inländischen Grundstücken Einkünfte aus einer inländischen land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit. Dabei kann es offen bleiben, ob die inländische Tätigkeit einen eigenen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb begründet oder Teil eines ausländischen Betriebes ist. Maßgeblich ist die Belegenheit der bewirtschafteten Grundstücke im Inland. Der Ort der Geschäftsleitung ist unmaßgeblich.
7912
Auf Abkommensebene gelten Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft als Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen und werden dem Belegenheitsstaat zur Besteuerung zugewiesen (Art. 6 OECD-Musterabkommen bzw. Art. 13 Abs. 1 OECD-Musterabkommen, wenn das unbewegliche Vermögen verkauft wird).
7913
Veräußerungsgewinne iSd § 24 EStG 1988 unterliegen der beschränkten Steuerpflicht nach § 98 Abs. 1 Z 1 EStG 1988, sofern es sich um die Veräußerung oder Aufgabe eines inländischen Betriebes (Teilbetriebes) oder um die Veräußerung eines Mitunternehmeranteiles an einem inländischen Betrieb handelt, wenn in diesem Betrieb eine land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt wurde. Ist das anzuwendende DBA diesbezüglich dem OECD-Musterabkommen nachgebildet, ist für die Zuteilung des Besteuerungsrechtes die Art sowie die Belegenheit des Betriebsvermögens maßgeblich (Art. 13 OECD-Musterabkommen).
30.1.4 Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 98 Abs. 1 Z 2 EStG 1988)
7914
Das Vorliegen einer Betriebsstätte ist nach innerstaatlichem Recht keine Voraussetzung für die Steuerpflicht (VwGH 6.12.1957, 2843/54); maßgeblich ist die Ausübung oder Verwertung der selbständigen Arbeit im Inland.
7915
Veräußerungsgewinne iSd § 24 EStG 1988 unterliegen der beschränkten Steuerpflicht, sofern es sich um die Veräußerung oder Aufgabe eines inländischen Betriebes (Teilbetriebes) oder um die Veräußerung eines Mitunternehmeranteiles an einem inländischen Betrieb handelt, wenn in diesem Betrieb eine selbständige Arbeit ausgeübt wurde. Ist das anzuwendende DBA diesbezüglich dem OECD-Musterabkommen nachgebildet, ist für die Zuteilung des Besteuerungsrechtes an den Einkünften aus der Veräußerung die Belegenheit der festen Einrichtung maßgeblich (Art. 13 OECD-Musterabkommen).
30.1.4.1 Ausübung
7916
Ausübung im Inland liegt vor, wenn der Steuerpflichtige im Inland persönlich tätig geworden ist. Nicht jede Ausübung selbständiger Tätigkeit im Inland löst die Steuerpflicht aus. Maßgeblich ist, dass die Einkünfte unmittelbar und schwerpunktmäßig auf eine im Inland ausgeübte Tätigkeit zurückzuführen sind. Eine untergeordnete Nebentätigkeit, die sich bloß als Mittel zu einem im Ausland verwirklichten Hauptzweck darstellt, hat außer Betracht zu bleiben. Ist dies nicht der Fall und entfaltet eine im Inland persönlich ausgeübte Tätigkeit Fernwirkung im Ausland, kann eine Aufteilung der Entgelte stattfinden.
Beispiele:
Ausübung iSd § 98 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 liegt vor: ein ausländischer Wissenschafter hält im Inland einen Vortrag, ein ausländischer Rechtsanwalt wird in einer Rechtssache im Inland tätig.
Ausübung iSd § 98 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 liegt nicht vor: ein ausländischer Wissenschafter tätigt zur Vorbereitung einer Vortragsreihe Studien im Inland, ein ausländischer Rechtsanwalt nimmt lediglich an einer eine ausländische Rechtssache betreffende Besprechung im Inland teil.
Ein Aufteilungserfordernis besteht, wenn das von einem ausländischen Auftraggeber an einen freiberuflichen ausländischen Unternehmensberater gezahlte Honorar teilweise auch auf Inlandstätigkeiten zugunsten einer inländischen Niederlassung des ausländischen Auftraggebers erfolgt.
7917
Dem Art. 14 OECD-Musterabkommen idF vor dem Update 2000 nachgebildete DBA setzen für die Zuteilung des Besteuerungsrechtes an den Tätigkeitsstaat voraus, dass für die Tätigkeit gewöhnlich eine inländische feste Einrichtung zur Verfügung steht und die Einkünfte dieser zuzurechnen sind. Der Begriff „freier Beruf“ umfasst nach diesem Abkommen insbesondere die selbständig ausgeübte wissenschaftliche, literarische, künstlerische, erzieherische oder unterrichtende Tätigkeit sowie die selbständige Tätigkeit der Ärzte, Rechtsanwälte, Ingenieure, Architekten, Zahnärzte und Buchsachverständigen. In einzelnen Fällen auftauchende Auslegungsschwierigkeiten können im Verständigungsverfahren zwischen den zuständigen Behörden der Vertragsstaaten gelöst werden.
Bei dem OECD-Musterabkommen idF nach dem Update 2000 nachgebildeten DBA fallen die Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit unter Art. 7. Dieser Artikel setzt für die Zuteilung des Besteuerungsrechtes an den Tätigkeitsstaat voraus, dass die selbständige Arbeit durch eine feste Geschäftseinrichtung iSd Art. 5 OECD-Musterabkommen ausgeführt wird. Die Art der Tätigkeit ist dabei irrelevant. Sie kann aber für die Beurteilung, ob überhaupt eine Betriebstätte vorliegt, von Relevanz sein. Im Fall reiner Vermögensverwaltung läge keine Betriebsstätte vor.
7918
Enthält das anzuwendende DBA eine dem Art. 17 Abs. 1 OECD-Musterabkommen nachgebildete Bestimmung (Künstlerklausel), werden Einkünfte aus einer Tätigkeit als Künstler unabhängig vom Vorliegen einer festen Einrichtung dann in Österreich besteuert, wenn die Tätigkeit hier persönlich ausgeübt wird (gewerblicher Künstler; nähere Ausführungen zu Art. 17 OECD-Musterabkommen siehe Rz 7937 ff).
Beispiel:
Die schauspielerische Mitwirkung eines als Künstler anerkannten Schauspielers an einem inländischen Werbespot, der von einer inländischen Werbeagentur im Inland produziert wird, stellt eine künstlerische Tätigkeit dar, die nach § 98 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 der beschränkten Steuerpflicht unterliegt. Ist ein DBA anzuwenden und ist es hinsichtlich der Besteuerung von Künstlern dem Art. 17 Abs. 1 OECD-Musterabkommen nachgebildet, ist bei persönlicher Ausübung keine feste Einrichtung erforderlich.
7919
Ausländische Seminarvortragende aus Staaten, mit denen OECD-konforme DBA bestehen, unterliegen mangels inländischer fester Einrichtung keiner inländischen Besteuerung. Eine dem Art. 17 Abs. 1 OECD-Musterabkommen nachgebildete Abkommensbestimmung gilt nicht für Gastredner einer Tagung.
30.1.4.2 Verwertung
7920
Die Verwertung ist bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit im Verhältnis zur Ausübung subsidiär. Der Verwertungstatbestand nach § 98 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 setzt – im Gegensatz zur Verwertung nach § 98 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 – zur Begründung der Steuerpflicht voraus, dass der wirtschaftliche Erfolg der Tätigkeit der inländischen Volkswirtschaft unmittelbar zu dienen bestimmt ist. Die Vermutung spricht für eine Verwertung im Inland, wenn eine Leistung im Ausland für einen inländischen Auftraggeber erbracht wird (VwGH 20.10.1982, 81/13/0083). Die Tätigkeit eines Vorstandes bzw. Geschäftsführers einer Kapitalgesellschaft, die ihren Sitz im Inland hat, stellt stets eine Verwertung im Inland dar (VwGH 20.9.2001, 2000/15/0039). Zum Verwertungstatbestand siehe im Übrigen Rz 7951 ff.
30.1.5 Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 98 Abs. 1 Z 3 EStG 1988)
7921
Anknüpfungspunkt für ein Besteuerungsrecht aus innerstaatlicher Sicht ist das Vorhandensein einer Betriebsstätte, eines ständigen Vertreters im Inland oder – ab der Veranlagung 2006 – das Vorhandensein inländischen unbeweglichen (Betriebs)Vermögens. Bei Einkünften aus kaufmännischer oder technischer Beratung, aus der Gestellung von Arbeitskräften zur inländischen Arbeitsausübung und aus der gewerblichen Tätigkeit als Sportler, Artist oder Mitwirkender an Unterhaltungsdarbietungen ist dies nicht erforderlich; ausreichend ist die Beratung, Gestellung oder Tätigkeit im Inland.
7922
Abkommensrechtlich ist für die Zuteilung des Besteuerungsrechtes an Österreich idR eine Betriebsstätte erforderlich (Art. 7 OECD-Musterabkommen). Bei Einkünften als gewerblicher Künstler oder Sportler liegt ein österreichisches Besteuerungsrecht vor, wenn die Tätigkeit im Inland ausgeübt wird (siehe Art. 17 OECD-Musterabkommen).
7923
Veräußerungsgewinne iSd § 24 EStG 1988 unterliegen der beschränkten Steuerpflicht nach § 98 Abs. 1 Z 3 EStG 1988, sofern es sich um die Veräußerung oder Aufgabe eines inländischen Betriebes bzw. einer inländischen Betriebsstätte handelt. Ist das anzuwendende DBA diesbezüglich dem OECD-Musterabkommen nachgebildet, ist für die Zuteilung des Besteuerungsrechtes die Belegenheit des Betriebsvermögens maßgeblich (Art. 13 OECD-Musterabkommen). Nachträgliche positive oder negative Einkünfte nach Aufgabe der Betriebsstätte sind dem ehemaligen Betriebsstättenstaat zur steuerlichen Erfassung zu überlassen (VwGH 6.3.1984, 83/14/0107).
30.1.5.1 Betriebsstätte
7924
Maßgeblicher Anknüpfungspunkt bei den Einkünften nach § 98 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 ist eine inländische Betriebsstätte. Der Betriebsstättenbegriff richtet sich nach § 29 BAO, dh. jede feste örtliche Anlage oder Einrichtung, die der Ausübung eines Betriebes oder wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes (§ 31 BAO) dient. Als Betriebsstätten gelten insbesondere
- die Stätte, an der sich die Geschäftsleitung befindet,
- Zweigniederlassungen, Fabrikationsstätten, Warenlager, Ein- und Verkaufsstellen, Landungsbrücken (Anlegestellen von Schifffahrtsgesellschaften), Geschäftsstellen und sonstige Geschäftseinrichtungen, die dem Unternehmer oder seinem ständigen Vertreter zur Ausübung des Betriebes dienen,
- Bauausführungen, deren Dauer sechs Monate überstiegen hat oder voraussichtlich übersteigen wird.
7925
Für die Qualifikation als Betriebsstätte genügt es, dass eine Einrichtung vorliegt, in der dauernd eine Tätigkeit ausgeübt wird, die den Zweck des Unternehmens unmittelbar zu fördern bestimmt ist. Dabei ist es nicht erforderlich, dass in der Betriebsstätte Geschäftsabschlüsse getätigt oder Inkassi vorgenommen werden (VwGH 14.12.1955, 2286/52). Die Anforderungen an den Umfang der betrieblichen Handlungen, die zur Begründung einer Betriebsstätte erforderlich sind, sind umso geringer, je mehr sich die eigentliche gewerbliche Tätigkeit außerhalb einer festen örtlichen Anlage vollzieht (VwGH 1.10.1991, 90/14/0257).
7926
Mangels betrieblich genutzter Räumlichkeiten kann in Einzelfällen auch die Wohnung des Steuerpflichtigen, von der aus er seine gewerbliche Tätigkeit entfaltet und die ihm im Rahmen dieser Tätigkeit als Kontaktadresse dient, als Betriebsstätte angesehen werden. Es genügt, dass sich in der Wohnung eine, wenn auch nur geringfügige Tätigkeit für den Gewerbebetrieb abspielt (VwGH 12.12.1995, 94/14/0060). Eine Betriebsstätte kann für ein ausländisches Unternehmen durchaus in der inländischen Wohnung eines Dienstnehmers gegeben sein; denn auch vom Dienstnehmer angemietete Räumlichkeiten begründen für den Arbeitgeber eine Betriebsstätte, wenn sie für Zwecke des Unternehmes verwendet werden (vgl. dazu im Detail EAS 3415 mwN). Bei einem selbständigen Fernfahrer kann – wie bei einem selbständigen Handelsvertreter (VwGH 25.2.1987, 84/13/0053, vgl. auch VwGH 12.6.1985, 83/13/0158) – eine Betriebsstätte auch durch eine Wohnung begründet sein. Es genügt, dass sich in der Wohnung eine, wenn auch nur geringfügige Tätigkeit für den Gewerbebetrieb abspielt (VwGH 1.10.1991, 90/14/0257).
7927
Übt ein Abgabepflichtiger eine beratende Tätigkeit bzw. die Tätigkeit eines selbständigen Handelsvertreters im Inland aus und verfügt er am Ort seiner Tätigkeit über eine Wohnung, ist – wird nicht Gegenteiliges nachgewiesen bzw. glaubhaft gemacht – die Annahme berechtigt, dass die Wohnung in Bezug auf die im Inland ausgeübte Tätigkeit als Betriebsstätte anzusehen ist (VwGH 24.10.1990, 86/13/0032). Die Frage, bei welcher Aktivitätsstruktur bzw. ab welcher Aktivitätsintensität ein von der Wohnung aus agierender Außendienstmitarbeiter (Vertreter) ohne formelle Abschlussvollmacht für ein ausländisches Unternehmen betriebsstättenbegründend wirkt, ist primär eine Sachverhaltsfrage, die nicht in generalisierender Weise entschieden werden kann. In Fällen der gegenständlichen Art kann sowohl die berufliche Nutzung der Wohnung als auch ein mit dem wirtschaftlichen Produktverkauf verbundener standardisierter Bestellvorgang zum Vorliegen einer inländischen Betriebsstätte führen.
7927a
Nach herrschender Auffassung wird im Fall der bloßen Vergabe von Heimarbeit im Sinne des Heimarbeitsgesetzes 1960 in der Wohnung des Heimarbeiters keine Betriebstätte für den Arbeitgeber begründet (vgl LStR 2002 Rz 405; EAS 3415 mwN). Damit ist aber auch auf der Ebene des DBA die Voraussetzung des Bestandes einer „festen Geschäftseinrichtung“, nicht erfüllt, sodass korrespondierend nationales und internationales Steuerrecht keine beschränkte Steuerpflicht des ausländischen Unternehmens aufleben lassen.
7928
Zu den Merkmalen einer Betriebsstätte gehört auch, dass sich die feste Geschäftseinrichtung dauerhaft in der Verfügungsmacht des Unternehmers befindet. Im Allgemeinen wird eine Verfügungsdauer von sechs Monaten hiefür ausreichen. Die bloße Mitbenutzung einer Geschäftseinrichtung (zB die bloßen Mitbenutzungsrechte an einem Schreibtisch, VwGH 25.11.1992, 91/13/0144) reichen für die Annahme einer Betriebsstätte nicht aus. Wird allerdings in einem Großraumbüro ein Arbeitsplatz einem ausländischen Unternehmen dauerhaft und ausschließlich überlassen, dann begründet dieser Arbeitsplatz eine Betriebsstätte für das ausländische Unternehmen. Überlässt ein inländisches Unternehmen einem ausländischen Unternehmen einen ihrer Geschäftsräume und findet in untergeordnetem Ausmaß ein Betreten des Raumes durch Mitarbeiter des inländischen Unternehmens statt, so liegt die für die Annahme einer Betriebsstätte erforderliche Verfügungsmacht über die Geschäftseinrichtungen vor (VwGH 21.5.1997, 96/14/0084).
Betriebsstättenbegründend kann bei maßgebender Stellung in der Führung der betrieblichen Tätigkeit auch ein zur Verfügung gestellter Bürocontainer sein, selbst wenn auf Grund der Eigenart der Tätigkeit dieser nur für kürzerer Zeiträume in mehreren aufeinander folgenden Jahren benutzt wird und betriebliche Handlungen auch außerhalb desselben erfolgen (VwGH 18.3.2004, 2000/15/0118).
7929
Die betriebliche Tätigkeit in Anlagen und Einrichtungen iSd § 29 BAO muss nicht durch Menschen ausgeübt werden, auch bloße Verkaufsautomaten, Bräunungsanlagen und Geldspielautomaten werden daher bereits als Betriebsstätten angesehen (soweit nicht eine bloße Vermietung der Geräte an einen Betreiber vorliegt). In diesem Sinne kann auch ein Server (Computer), über den der Unternehmer Verfügungsmacht hat und über den er seine Tätigkeit zumindest teilweise ausübt, für ihn eine Betriebsstätte darstellen; ein bloßes Mitbenutzungsrecht im Sinne des Nutzens von am Server zur Verfügung gestelltem Speicherplatz reicht hingegen als Betriebsstätte nicht aus. Ein Lastkraftwagen auf Geschäftsfahrt ist keine Betriebsstätte im Sinne der steuerlichen Vorschriften (VwGH 10.9.1962, 1948/60).
7930
Dem Art. 5 OECD-Musterabkommen nachgebildete DBA definieren die Betriebsstätte als feste Geschäftseinrichtung, durch die die Tätigkeit eines Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird. Die Abkommensdefinition entspricht grundsätzlich der Begriffsumschreibung des § 29 BAO, unterscheidet sich jedoch in einigen Aspekten. Bspw. sind Ausnahmen vorgesehen (insbesondere für verschiedene Geschäftseinrichtungen mit bloß unterstützendem Hilfscharakter). In der internationalen Praxis wird idR ab einer mehr als 6-monatigen Ausübung der Geschäftstätigkeit in einer festen Einrichtung von einer Betriebsstätte ausgegangen (siehe Rz 6 des OECD-Kommentars zu Art. 5). Aus der Verkehrsanschauung zum Begriff der festen Geschäftseinrichtung, in welcher ganz oder teilweise die Tätigkeit eines Unternehmens ausgeübt wird, hat der VwGH abgeleitet, dass dieser Begriff bereits Einrichtungen von einer ein halbes Jahr übersteigenden Dauer erfassen könnte (VwGH 21.5.1997, 96/14/0084). Die abweichende Abkommensauslegung im Verhältnis zur Schweiz (12 Monate, Erlass AÖF Nr. 34/2000) ist zu beachten. Ist das anzuwendende DBA diesbezüglich dem Art. 5 OECD-Musterabkommen nachgebildet, so ist eine Bauausführung oder Montage nur dann eine Betriebsstätte, wenn ihre Dauer zwölf Monate überschreitet.
7931
Das Vorliegen einer Betriebsstätte ist vom zuständigen Finanzamt zu beurteilen. In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, ob der Sachverhalt auf österreichischer und auf Seite des Ansässigkeitsstaates des beschränkt Steuerpflichtigen korrespondierend beurteilt wird. Ein Besteuerungsnachweis der ausländischen Steuerverwaltung kann dabei als Indiz für deren Beurteilung des Vorliegens einer festen Einrichtung dienen. Im Interesse der Sicherung des inländischen Steueraufkommens, aber auch zur Vermeidung von internationaler „Doppelnichtbesteuerung“ ist der Betriebsstättenbegriff im Zweifel keiner restriktiven Auslegung zugänglich.
30.1.5.2 Ständiger Vertreter
7932
Der beschränkten Steuerpflicht unterliegen nach § 98 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 auch Einkünfte aus Gewerbebetrieb, für den im Inland ein ständiger Vertreter bestellt ist. Die Anknüpfung an einen ständigen Vertreter ist gegenüber der Anknüpfung an eine Betriebsstätte subsidiär. Unter ständiger Vertreter ist ein nicht nur vorübergehend für eine bestimmte Tätigkeit bestellter Vertreter anzusehen. Der Vertreter seinerseits muss über keine Betriebsstätte im Inland verfügen. Der ständige Vertreter kann sowohl nichtselbständig als auch selbständig tätig sein (zB Angestellter, selbständiger Handelsvertreter), ebenso kann eine juristische Person ständiger Vertreter sein. Unter Umständen kann auch ein Pächter die beschränkte Steuerpflicht für den Verpächter begründen. Maßgeblich ist das Vorliegen einer Art von persönlichem Abhängigkeitsverhältnis zwischen dem ständigen Vertreter im Inland und dem beschränkt Steuerpflichtigen. Personen, die im eigenen Namen Geschäfte abschließen, können ebenfalls ständige Vertreter iSd § 98 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 sein (vgl. dazu VPR 2021 Rz 172).
7933
Im zwischenstaatlichen Recht wird der abhängige Vertreter iSd Art. 5 Abs. 5 der OECD-konformen DBA ebenfalls einer inländischen Betriebsstätte gleichgestellt, und zwar unabhängig davon, ob er selbst eine Betriebsstätte begründet. Unter einem abhängigen Vertreter iSd Art. 5 Abs. 5 OECD-MA ist dabei grundsätzlich eine Person zu verstehen, die für ein Unternehmen tätig ist und in einem Vertragsstaat die Vollmacht besitzt, im Namen des Unternehmens Verträge abzuschließen und die Vollmacht dort gewöhnlich ausübt (Art. 5 Abs. 5 OECD-Musterabkommen vor dem Update 2017). Der abkommensrechtliche Begriff des „abhängigen Verkaufsvertreters“ findet im innerstaatliche Begriff des „ständigen Vertreters“ iSd § 98 EStG 1988 vollinhaltlich Deckung.
7934
Schließt der abhängige Vertreter Verträge mit rechtsverbindlicher Wirkung für das ausländische Unternehmen, liegt eine Betriebsstätte iSd Art. 5 OECD-Musterabkommen vor, auch wenn diese Verträge nicht im Namen des Unternehmens abgeschlossen werden. Ist eine Person bevollmächtigt, alle Einzelheiten eines Vertrages verbindlich für ein ausländisches Unternehmen auszuhandeln, kann davon ausgegangen werden, dass sie die Vollmacht im Inland ausübt, auch wenn der Vertrag von einer anderen Person in dem Staat unterzeichnet wird, in dem sich das ausländische Unternehmen befindet.
Beispiel 1:
Der in Österreich ansässige Außendienstmitarbeiter A eines ausländischen Unternehmens ist im Inland ohne formelle Abschlussvollmacht tätig. Kann der Kunde nicht wirklich davon ausgehen, dass er mit Unterfertigung des Bestellscheines die Ware bzw. Dienstleistung bereits gekauft hat und hat der Kunde für das finale Zustandekommen des Kaufvertrages noch weitere, nicht bloß formelle, Schritte im unmittelbaren Kontakt mit dem ausländischen Unternehmen zu setzen, dann kann keine Abschlussvollmacht unterstellt werden.
Beispiel 2:
Der in Österreich ansässige Außendienstmitarbeiter A eines ausländischen Unternehmens ist im Inland ohne formelle Abschlussvollmacht tätig. Die inländische Geschäftstätigkeit des Unternehmens wird über ein standardisiertes Bestellverfahren abgewickelt, bei dem der Kunde mit seiner Unterschrift auf dem Bestellschein davon ausgehen kann, dass er damit die Ware bzw. Dienstleistung erworben und er nur mehr auf die Auslieferung bzw. Leistungserbringung zu warten hat. Werden daher von einem ausländischen Unternehmen (zB Handel mit Fenstern und Türen) im Inland Vertreter eingesetzt, die auf Grund der vorgegebenen Bestellkataloge, Musterkollektionen, Produktpreislisten, Rabattstaffeln, Liefer- und Zahlungsbedingungen und der Formulare Einigung mit dem Kunden über Beschaffenheit und Preis von Ware bzw. Dienstleistung herstellen und sind die Vertragsbedingungen sonach mit dem ausländischen Unternehmen im allgemeinen nicht mehr weiter verhandelbar, dann ist vom Vorliegen einer inländischen Betriebsstätte iSd dem Art. 5 OECD-Musterabkommen nachgebildeten Abkommensbestimmung auszugehen; das wirtschaftliche Schwergewicht der Tätigkeit des Außendienstmitarbeiters liegt nämlich im inländischen Verkauf der Ware bzw. Dienstleistung, die bloß formale „Annahme“ des Vertrages im Ausland (bzw. die potentielle Gefahr der Nichtannahme) rechtfertigt nichts Gegenteiliges.
7935
Ein Unternehmen wird nach zwischenstaatlichem Recht nicht schon deshalb so behandelt, als habe es eine Betriebsstätte in einem Vertragsstaat, weil es dort seine Geschäftstätigkeit durch einen Makler, Kommissionär oder einen anderen unabhängigen Vertreter ausübt, sofern diese Personen im Rahmen ihrer ordentlichen Geschäftstätigkeit handeln (Art. 5 Abs. 6 OECD-Musterabkommen vor dem Update 2017). Demgemäß ist eine Person dann nicht betriebsstättenbegründend, wenn sie vom ausländischen Unternehmen sowohl rechtlich als auch wirtschaftlich unabhängig ist und bei der Tätigkeit für das ausländische Unternehmen im Rahmen ihrer ordentlichen Geschäftstätigkeit handelt.
7936
Unterliegen die geschäftlichen Tätigkeiten für das ausländische Unternehmen eingehenden Anweisungen oder einer umfassenden Aufsicht durch dieses, kann der Vertreter nicht als vom Unternehmen unabhängig gelten. Ein weiteres wichtiges Merkmal ist, ob das Unternehmerrisiko vom Vertreter oder vom vertretenen Unternehmen zu tragen ist. Übt der Vertreter anstelle des ausländischen Unternehmens eine inländische Tätigkeit aus, die wirtschaftlich in den Tätigkeitsbereich des Unternehmens, nicht mehr aber in den des eigenen Geschäftsbetriebes fällt, kann nicht unterstellt werden, der Vertreter handle im Rahmen seiner ordentlichen Geschäftstätigkeit.
Beispiel:
Der in Österreich ansässige A hat mit einem ausländischen Unternehmen einen Werkvertrag geschlossen, wonach er die Waren bzw. Dienstleistungen des Unternehmens im Inland vertreibt. Dafür erhält A vom Unternehmen ein fixes Honorar und Provisionen. Weitere Tätigkeiten, insbesondere für andere Unternehmen, entwickelt A nicht. Er trägt auch kein Unternehmerrisiko. Bestellungen erfolgen nach einem standardisierten Bestellungsverfahren durch A oder durch den Kunden selbst beim ausländischen Unternehmen. A begründet für das ausländische Unternehmen eine inländische Betriebsstätte, weil ein entsprechendes Abhängigkeitsverhältnis des A vom Unternehmen vorliegt.
30.1.5.3 Unbewegliches Vermögen
7936a
Wird im Ausland ein Betrieb geführt und im Rahmen dieses Betriebes unbewegliches Vermögen, das nicht bereits eine Betriebsstätte darstellt, in Österreich gehalten, stellen die Einkünfte daraus ab der Veranlagung 2006 Einkünfte aus Gewerbebetrieb dar (§ 98 Abs. 1 Z 3 Teilstrich 3 EStG 1988).
Beispiel:
Der in Deutschland ansässiger Inhaber einer deutschen Maschinenfabrik erwirbt in Österreich ein Mietwohngrundstück, das als Betriebserholungsheim für die Mitarbeiter seines Betriebes genutzt wird und daher zum notwendigen Betriebsvermögen der Maschinenfabrik zählt. Dieses Gebäude stellt daher inländisches Betriebsvermögen des deutschen Gewerbebetriebes dar, bildet aber keine Betriebstätte, weil es nicht der Betriebsausübung dient. Wird dieses Gebäude später verkauft, liegen ab der Veranlagung 2006 Einkünfte aus Gewerbebetrieb vor.
§ 98 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 erfasst unbewegliches Vermögen, das nach dem Maßstab des österreichischen Steuerrechts – ungeachtet der Qualifikation nach ausländischem Recht – Betriebsvermögen darstellt.
Beispiel:
Ein in Deutschland ansässiger Inhaber eines Handwerksbetriebes, der seinen Gewinn durch Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ermittelt, erwirbt in Österreich eine Eigentumswohnung, die er an Dritte vermietet. Auch wenn die Wohnung in Deutschland zu Recht als gewillkürtes Betriebsvermögen behandelt wird, stellt sie nach österreichischem Steuerrecht Privatvermögen dar und fällt nicht unter § 98 Abs. 1 Z 3 EStG 1988.
Ist der ausländische Gewerbebetrieb nach Maßgabe des § 189 UGB rechnungslegungspflichtig, hat die Gewinnermittlung nach § 5 EStG 1988 zu erfolgen (§ 2 Abs. 8 Z 2 EStG 1988, siehe dazu Rz 194).
7936b
Da nur die ab Inkrafttreten der Neuregelung (Veranlagung 2006) entstandenen stillen Reserven im Rahmen der Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu erfassen waren, ist in Bezug auf Gebäude und Grundstücke, die bei Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen ebenfalls mit ihren stillen Reserven steuerpflichtig werden, in § 124b Z 131 EStG 1988 vorgesehen:
Wäre die stille Reserve bei gedanklicher Weitergeltung der Rechtslage vor dem 1.1.2006 dem Grunde nach nicht (als Spekulationsgeschäft) steuerpflichtig, werden als Einkünfte aus Gewerbebetrieb iSd § 98 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 nur die seit Inkrafttreten der Neuregelung entstandenen stillen Reserven erfasst, da die bis zum Inkrafttreten angewachsene stille Reserve vom Veräußerungsgewinn abzuziehen ist. Der Abzug kann aber höchstens in Höhe der gesamten stillen Reserve erfolgen (§ 124b Z 131 lit. a EStG 1988).
Erfolgt die Veräußerung nach dem 31.3.2012 ist aber die stille Reserve, die vor dem 1.6.2006 angewachsen ist, als Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen nach § 98 Abs. 1 Z 7 EStG 1988 zu erfassen (soweit diese zum Zeitpunkt der Veräußerung noch vorhanden sind).
Beispiel 1:
Fall | Anschaffungskosten des zum Anlagevermögen gehörenden Grundstücks | Gemeiner Wert zum 1.1.2006 | Veräußerungserlös zum 1.1.2015 | Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Wertzuwachs des Gebäudes ab 1.1.2006) | Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen(Wertzuwachs vor 1.1.2006) |
1 | 100 | 250 | 270 | 20 (=270 – 250) | 150 (=250 – 100) |
2 | 120 | 210 | 180 | 0 | 60 (=180 – 120) |
Wäre die vor dem 1.1.2006 angewachsene stille Reserve bei gedanklicher Veräußerung zum 31.3.2012 nicht steuerhängig (außerhalb der Spekulationsfrist), können die Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen pauschal nach § 30 Abs. 4 EStG 1988 ermittelt werden. Als Basis für die Berechnung der fiktiven Anschaffungskosten ist der gemeine Wert zum 1.1.2006 heranzuziehen.
Hinsichtlich des Grund und Bodens ist zu unterscheiden, ob dieser zum 31.3.2012 im Betriebsvermögen steuerverfangen war oder nicht (siehe dazu Rz 769 ff und 779 ff).
Beispiel 2:
Anschaffungskosten des zum Anlagevermögen gehörenden(§ 4 Abs. 1-Ermittler) | Gemeiner Wert zum 1.1.2006 | Veräußerungserlös zum 1.1.2015 | Einkünfte aus Gewerbebetrieb | Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen |
Gebäude 100 | 250 | 270 | 20 (=270 – 250) | 35 (250*0,14) |
Grund und Boden 120 | 160 | 200 | 28 (200*0,14) | 0 |
Im Fall einer Entnahme eines Gebäudes sind nur die bei einer gedanklichen Veräußerung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 98 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 zu erfassen. Die vor dem 1.1.2006 angewachsene stille Reserve ist erst bei der Veräußerung aus dem Privatvermögen bzw. im Falle einer späteren neuerlichen Einlage aus dem Betriebsvermögen, als Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen nach § 30 EStG 1988 zu erfassen.
7936c
Mietzinsforderungen aus Zeiträumen, die nach Inkrafttreten der Neuregelung entstanden aber erst später eingehen, sind auch ab der Veranlagung 2006 als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 98 Abs. 1 Z 6 zu erfassen.
Die Behaltefrist des § 12 Abs. 3 EStG 1988 beginnt ab dem bei der Veranlagung 2006 zu erfassenden Wirtschaftsjahr neu zu laufen.
30.1.5.4. Kaufmännische und technische Beratung
7937
Kaufmännische Beratung liegt zB vor bei der Tätigkeit von Marktforschern, Unternehmensberatern, Rationalisierungsfachleuten. Der Einkauf von Waren bzw. die Entgegennahme von Bestellungen fällt auch dann nicht unter den Begriff der kaufmännischen Beratung, wenn mit diesen eine gewisse beratende Tätigkeit verbunden ist.
7938
Technische Beratung steht häufig in Zusammenhang mit einer Lizenzvergabe oder einer Überlassung von gewerblichen Erfahrungen (Know-how). Ist die Beratungstätigkeit eine untergeordnete und unselbständige Nebentätigkeit zu einem Handelsgeschäft, so hat keine Aufteilung des Entgeltes auf den Handelsgegenstand (eventuell inklusive Montage) und Beratung zu erfolgen.
7939
Unabhängig davon, dass in diesen Fällen innerstaatlich ein Besteuerungsanspruch ohne Vorliegen einer inländischen Betriebsstätte begründet wird, ist zu prüfen, ob zwischenstaatlich das Besteuerungsrecht an diesen Einkünften Österreich zugewiesen ist. Folgt das anzuwendende DBA diesbezüglich dem OECD-Musterabkommen, so ist für ein inländisches Besteuerungsrecht an Einkünften aus solcher Beratungstätigkeit eine Betriebsstätte bzw. feste Einrichtung erforderlich (Art. 7 und 14 OECD-Musterabkommen idF vor dem Update 2000).
30.1.5.5. Gestellung von Arbeitskräften zur inländischen Arbeitsausübung
7940
Gestellung von Arbeitskräften iSd § 99 Abs. 1 Z 5 EStG 1988 liegt vor, wenn ein Unternehmer (Gesteller) seine Dienstnehmer einem anderen Unternehmer (Gestellungsnehmer) zur Verfügung stellt, ohne dass zwischen dem Gestellungsnehmer und den Dienstnehmern des Gestellers ein Dienstverhältnis begründet wird. Beim Gestellungsvertrag handelt es sich um einen Vertrag eigener Art. Im Unterschied zum Werkvertrag liegt das Gefahrenrisiko ausschließlich beim Gestellungsnehmer. Der Gesteller haftet sohin nicht für die tatsächlichen Leistungen der von ihm gestellten Arbeitnehmer, sondern nur für ihre grundsätzliche Qualifizierung. Für die Subsumtion einer Gestellung von Arbeitskräften unter § 98 Abs. 1 Z 3 und § 99 Abs. 1 Z 5 EStG 1988 kommt es somit nur darauf an, dass der Gesteller dem Gestellungsnehmer gegen Entgelt Personen (Arbeitskräfte) überlässt. Keine Rolle spielt, welcher Art das Rechtsverhältnis zwischen dem Gesteller und der zur Arbeitsleistung überlassenen Person ist (zB Dienstvertrag, freier Dienstvertrag, Rechtsverhältnis nach kanonischem Recht; VwGH 17.7.2019, Ro 2017/13/0007). Diese steuerrechtliche Definition ist nicht deckungsgleich mit jener des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988 (VwGH 27.9.2000, 96/14/0126).
Aus abkommensrechtlicher Sicht ist bzgl. der Steuerpflicht für die Löhne bzw. Gehälter der gestellten Arbeitnehmer zu prüfen, ob der Gestellungsnehmer Arbeitgeber der gestellten Dienstnehmer iSd Art. 15 Abs. 2 OECD-konformer DBA geworden ist. Laut VwGH ist unter Arbeitgeber iSd Art. 15 OECD-MA der „wirtschaftliche Arbeitgeber“ zu verstehen (VwGH 22.05.2013, 2009/13/0031). Sollte der Gestellungsnehmer als Arbeitgeber einzustufen sein, dann hat der Tätigkeitsstaat laut Art. 15 OECD-MA das Besteuerungsrecht für die Löhne bzw. Gehälter des gestellten Personals, unabhängig von der Dauer der Gestellung. Für die Beurteilung der Arbeitgebereigenschaft ist zu prüfen, ob der Gesteller nur „Passivleistungen“ erbringt („echte“ Arbeitskräfteüberlassung). Zudem ist im Verhältnis zu Deutschland zu beachten, ob es sich um eine gewerbliche oder eine konzerninterne Arbeitskräftegestellung handelt (siehe im Detail den Arbeitskräftegestellungserlass des BMF vom 12.06.2014, BMF-010221/0362-VI/8/2014). Hinsichtlich der Steuerpflicht des Gestellers ist auf Abkommensebene eine Betriebsstätte iSd Art. 5 OECD-Musterabkommen anspruchsbegründend. Im Fall einer Arbeitskräftegestellung (Passivleistung) kann jedoch der Ort, an dem die gestellten Arbeitskräfte zum Einsatz kommen, nur eine Betriebsstätte für den Gestellungsnehmer, nicht aber für den Gesteller begründen.
7940a
Mit der Bruttoabzugsteuer vom Gestellungsentgelt wird nicht nur die Besteuerung der Einkünfte des beschränkt steuerpflichtigen Arbeitskräftegestellers, sondern auch die Besteuerung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit der von diesem gestellten Arbeitnehmer sichergestellt (vgl. VwGH 23.4.2021, Ra 2020/13/0089). § 1 Arbeitskräftegestellungsverordnung (BGBl. II Nr. 318/2022) legt den auf die Löhne entfallenden Anteil der Abzugsteuer pauschal mit 70% des Gestellungsentgelts fest. Steht dem Gesteller eine DBA-Entlastung im Hinblick auf seine Einkünfte zu, so wird die Abzugsteuer dementsprechend effektiv auf 14% (20% von 70%) des Gestellungsentgelts reduziert. Alternativ dazu kann eine vollständige Entlastung von der Abzugsteuer stattfinden, wenn die Besteuerung der gestellten Arbeitnehmer im Wege eines freiwilligen Lohnsteuerabzugs sichergestellt wird.
30.1.5.6. Sportler, Artisten und Mitwirkende an Unterhaltungsdarbietungen
7941
Die „Tätigkeit als Sportler“ umfasst alle Tätigkeiten, die dem steuerlich relevanten Gewerbebetrieb des Sportlers zuzurechnen sind; mithin nicht nur die aus den reinen Sportwettkämpfen erzielten Einkünfte, sondern auch alle anderen Vergütungen für Tätigkeiten, die in der betrieblichen Einheit des für die Sportausübung unterhaltenen (steuerlichen) Gewerbebetriebes zu erfassen sind. Im Ausland ansässige Sportler unterliegen insbesondere auch mit Einkünften aus der Überlassung des Rechtes, den Namen, die Persönlichkeit und das äußere Erscheinungsbild in Wort und Bild kommerziell im Inland zu nutzen (zB inländische Plakat- und Fernsehwerbung) der beschränkten Steuerpflicht gemäß § 98 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 (siehe jedoch unter dem Gesichtspunkt der isolierenden Betrachtungsweise das Beispiel unter Rz 7978).
Enthält das anzuwendende DBA eine dem Art. 17 OECD-Musterabkommen nachgebildete Bestimmung (Sportlerklausel), so können die Einkünfte auch ohne Betriebsstätte in Österreich besteuert werden.
7942
„Mitwirkende an Unterhaltungsdarbietungen“ sind Künstler, gewerblich tätige Musiker, Artisten, Beleuchtungstechniker, Regisseure, Kostümbildner, Berufs- und Amateursportler sowie die mitwirkenden Trägerorganisationen von Orchestern und Theatern. Zwischen Künstler und Veranstalter tretende Unternehmen, die reine Managementaufgaben erfüllen, wie Künstleragenturen, sind hingegen keine Mitwirkenden an der inländischen Unterhaltungsdarbietung (VwGH 27.11.2003, 2000/15/0033; siehe aber Rz 7950 zum „Künstlerdurchgriff“).
7943
Erst anhand des konkret festgestellten Ablaufes einer vom beschränkt Steuerpflichtigen organisierten Veranstaltung kann abschließend beurteilt werden, ob diese Unterhaltungsdarbietungen iSd § 98 EStG 1988 darstellen und die vom ihm beauftragten Personen als Mitwirkende an solchen Unterhaltungsdarbietungen anzusehen sind. Der Begriff „Unterhaltung“ weist keinen klar umrissenen Inhalt auf; „Unterhaltung“ wird definiert als singulär oder gemeinsam betriebener angenehmer Zeitvertreib oder Art der Geselligkeit zur physisch-psychischen Entspannung bzw. Erholung, der unvermittelt verschafft werden kann durch Eigenaktion oder vermittelt wird durch Rezeption von organisierten Darbietungen (VwGH 28.5.1998, 96/15/0122). Der Unterhaltungscharakter einer Darbietung geht nicht dadurch verloren, dass damit Werbezwecke verbunden sind (VwGH 24.6.2009, 2009/15/0090).
Beispiel:
Ist eine Verkaufswerbung wie im Fall einer Modeschau in ein „unterhaltsames Präsentieren“ gekleidet, so erhält die Veranstaltung den Aspekt der Unterhaltung. Diese Zuordnung bleibt aufrecht, solange nicht der Unterhaltungswert völlig in den Hintergrund tritt. Eine generalisierende Betrachtung ist unzulässig, weil es auch eine Modeschau ohne Unterhaltungswert geben kann, die ein einfaches Vorzeigen der Modelle zum Inhalt hat.
7944
Der Charakter einer Unterhaltungsdarbietung geht auch nicht dadurch verloren, dass im Augenblick der Darbietung kein Publikum anwesend ist. Daher ist eine Darbietung von Studiomusikern aus Anlass einer Schallplattenaufnahme als eine solche Mitwirkung an einer inländischen Unterhaltungsdarbietung gewertet. Der Begriff der „Darbietung“ setzt aber doch eine in sich geschlossene und daher als solche für die Unterhaltung geeignete Aktivität voraus.
7945
Eine Mitwirkung an bloßen Darbietungsfragmenten, wie dies bei einzelnen Szenenaufnahmen im Zuge von Filmdreharbeiten der Fall ist, verwirklicht nicht den Tatbestand der „Mitwirkung an einer Unterhaltungsdarbietung“. Denn die einzelnen Darbietungsfragmente erlangen erst durch den nachfolgenden Filmzusammenschnitt und durch professionelle Nachbearbeitung in den Studioeinrichtungen jene Reife, die sie für die Publikumsunterhaltung (im weiten Wortsinn) geeignet macht. Daraus folgt, dass Steuerausländer, die an inländischen Filmdrehaufnahmen mitwirken und die nicht als Arbeitnehmer der inländischen Produktionsgesellschaft anzusehen sind, nur dann gemäß § 98 EStG 1988 der beschränkten Steuerpflicht in Österreich unterliegen, wenn sie Einkünfte als Künstler, als Sportler oder Artist oder als kaufmännischer oder technischer Berater erzielen.
Die auf gewerblicher Basis an Filmdrehaufnahmen mitwirkenden ausländischen Kameraleute, Tontechniker, sonstigen Techniker sowie Models werden demnach idR nicht der beschränkten Steuerpflicht in Österreich unterliegen. Es ist jedoch mit dem Finanzamt Österreich (bis 31.12.2020: mit dem örtlich zuständigen Finanzamt) das Einvernehmen über das Nichtvorliegen der Arbeitnehmereigenschaft dieser Personen (beschränkte Steuerpflicht nach § 98 Abs. 1 Z 4 EStG 1988) herzustellen. Hierbei wird auch auf die bestehenden DBA und vor allem darauf Bedacht zu nehmen sein, wie die Ansässigkeitsstaaten der ausländischen Mitwirkenden die vertraglichen Beziehungen zur inländischen Produktionsgesellschaft werten. Denn wenn im Ansässigkeitsstaat die Vergütungen von der Besteuerung freigestellt werden, weil man annimmt, es habe sich um eine auf österreichischem Staatsgebiet ausgeübte unselbständige Arbeit gehandelt, wobei auf österreichischer Seite aufgrund desselben DBA ebenfalls Steuerfreistellung gewährt wird, weil Gewerblichkeit der Betätigung angenommen wird, dann wäre eine solche Vorgangsweise jedenfalls nicht abkommenskonform.
7946
Ist das anzuwendende DBA diesbezüglich dem Art. 17 Abs. 1 OECD-Musterabkommen nachgebildet, so ist für die Zuteilung des Besteuerungsrechts der Ort maßgeblich, an dem die Tätigkeit persönlich ausgeübt wird. Der Begriff „Künstler“ ist für Zwecke der Abkommensanwendung weit auszulegen; grundsätzlich alle Auftritte von Personen in der Öffentlichkeit, die zu Unterhaltungszwecken erfolgen, werden von Art. 17 Abs. 1 OECD-Musterabkommen erfaßt. Einkünfte anderer Personen, die an Unterhaltungsdarbietungen mitwirken ohne selbst aufzutreten, zB Personen mit verwaltungsmäßiger oder unterstützender Funktion (zB Kameraleute bei der Filmproduktion, Produzenten, Regisseure, Choreografen, technisches Personal, Begleittroß, Beleuchtungstechniker und Kostümbildner, aber auch Konzertagenturgesellschaften und Showproduzenten) werden von Art. 17 Abs. 1 OECD-Musterabkommen nicht erfaßt. Stehen Einkünfte nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit einer öffentlichen Darbietung des Auftretenden im Inland (zB Lizenzgebühren), kommt die dem Art. 17 Abs. 1 OECD-Musterabkommen nachgebildete Bestimmung nicht zur Anwendung.
7948
Enthält das zwischen dem Tätigkeitsstaat und dem Ansässigkeitsstaat einer ausländischen Person, die dem inländischen Auftraggeber (Veranstalter) und dem Sportler, Artisten oder Mitwirkenden an Unterhaltungsdarbietungen zwischengeschaltet ist, bestehende DBA eine dem Art. 17 Abs. 2 OECD-Musterabkommen („internationaler Künstlerdurchgriff“) entsprechende Abkommensbestimmung, ist das Besteuerungsrecht an den Einkünften dieser Person dem Tätigkeitsstaat zugeteilt. Diese Einkünfte unterliegen gemäß § 98 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 der beschränkten Steuerpflicht, sofern diese ausländische Person ebenfalls als „Mitwirkender an Unterhaltungsdarbietungen“ gilt. Dies ist nur dann der Fall, wenn diese unmittelbar auf die inhaltliche Gestaltung der Unterhaltungsdarbietung Einfluss nimmt. Das ist bei einer Theater-AG, bei einer Filmproduktionsgesellschaft, die wie eine Theater-AG Unterhaltungsdarbietungen produziert und bei der Trägervereinigung eines Orchesters der Fall, nicht aber bei einer nur Managementleistungen erbringenden Künstleragentur (vgl. VwGH 27.11.2003, 2000/15/0033 und 11.12.2003, 2000/14/0165). In den Fällen der Besteuerung der ausländischen Person nach Art. 17 Abs. 2 OECD-Musterabkommen hat eine auf Art. 17 Abs. 1 OECD-Musterabkommen gestützte gesonderte Besteuerung des Künstlers oder Sportlers zu unterbleiben (vgl. Rz 11.5 des OECD-Kommentars zu Art. 17 OECD-Musterabkommen). Die ausländische Person darf allerdings nicht bloß als Vermittler auftreten, sondern muss die Verträge sowohl mit dem inländischen Auftraggeber (Veranstalter) als auch mit den ausländischen Sportlern, Artisten oder sonstigen Mitwirkenden an Unterhaltungsdarbietungen jeweils im eigenen Namen und auf eigene Rechnung abschließen; zwischen dem inländischen Auftraggeber und den ausländischen Sportlern, Artisten oder sonstigen Mitwirkenden an Unterhaltungsdarbietungen dürfen keine steuerlich relevanten Leistungsbeziehungen bestehen.
7949
Sind die ausländischen Sportler, Artisten oder Mitwirkenden an Unterhaltungsdarbietungen im Rahmen einer ausländischen Personengesellschaft (zB Orchester, Musikgruppe) tätig, die mit einer österreichischen Personengesellschaft vergleichbar ist, gilt diese nicht als „ansässige Person“ iSd Art. 17 Abs. 2 OECD-Musterabkommen; die Sportler, Artisten oder Mitwirkenden an Unterhaltungsdarbietungen sind gemäß § 98 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 in Verbindung mit einer dem Art. 17 Abs. 1 OECD-Musterabkommen nachgebildeten Abkommensbestimmung in Österreich mit ihren Einkünften einkommensteuerpflichtig (Einkommensteuerpflicht von Personengesellschaften siehe Rz 7907 f).
7950
Fehlt eine dem Art. 17 Abs. 2 OECD-Musterabkommen nachgebildete Abkommensbestimmung (zB Abkommen mit Belgien, Irland, Luxemburg, Portugal), besteht – unbesehen einer Einkommensteuerpflicht der Einkünfte des Sportlers, Artisten oder Mitwirkenden an Unterhaltungsdarbietungen – auf abkommensrechtlicher Ebene kein Anrecht auf Besteuerung der ohne inländische Betriebsstätte erzielten Einkünfte der zwischengeschalteten ausländischen Person (zB Konzertagenturgesellschaft, Showproduzent). Dies bedeutet jedoch nicht, dass der inländische Veranstalter durch das Abkommen von den Folgen der nach inländischem Recht gegebenen Abzugspflicht befreit wird. Z 8 letzter Satz des OECD-Kommentars zu Art. 17 OECD-MA gestattet eine Auslegung von Art. 17 Abs. 1, derzufolge durch eine im Zahlungsfluss an den Künstler zwischengeschaltete dritte Person (zB ausländische Agentur) direkt auf den Künstler durchgegriffen werden kann („echter Künstlerdurchgriff“). In jenen Fällen, in denen die vom Veranstalter geleisteten Zahlungen an eine ausländische Agentur gezahlt werden, die entsprechend der VwGH-Judikatur zum Begriff des „Mitwirkenden“ nicht mehr als Steuerpflichtiger angesehen werden kann und eine als „unechter Künstlerdurchgriff“ bezeichnete Besteuerung der Agentur nicht mehr erfolgen darf, ergibt sich aus § 5 Abs. 2 der DBA-Entlastungsverordnung, BGBl. III Nr. 92/2005 idF BGBl. II Nr. 44/2006, mit Wirkung ab 1.7.2005, dass der Steuerabzug auf den an den Erbringer der Tätigkeit weiter fließenden Teil der Vergütungen eingeschränkt werden kann. Für diesen Teil ist eine Entlastung an der Quelle auf Grund von Doppelbesteuerungsabkommen unzulässig und wird somit dem Vergütungsschuldner die Freistellung des Künstleranteils von der Besteuerung untersagt.
Beispiel:
Ein inländischer Konzertveranstalter engagiert über eine ausländische Künstleragentur einen nicht im Inland ansässigen Künstler für inländische Gastauftritte. Die Künstleragentur ist ausschließlicher Vertragspartner des österreichischen Veranstalters; sie tritt daher nicht als bloßer Vermittler auf, stellt aber auch keinen Mitwirkenden an einer Unterhaltungsdarbietung iSd § 98 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 dar. Die Einkünfte des Künstlers, die er von der Künstleragentur für diese inländischen Gastauftritte erhält, sind jedoch solche iSd § 98 Abs. 1 Z 2, Z 3 oder Z 4 EStG 1988 (und sind Österreich aufgrund einer dem Art. 17 Abs. 1 OECD-Musterabkommen nachgebildeten Bestimmung des DBA zur Besteuerung zugewiesen). Auf der Grundlage des Durchgriffstatbestands des § 99 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 kann hinsichtlich des an den Künstler fließenden Anteils auf den Künstler durchgegriffen werden („echter“ Künstlerdurchgriff). Für die Frage, nach welchem Doppelbesteuerungsabkommen Österreich ein Besteuerungsrecht eingeräumt wird, ist in dieser Konstellation nicht auf den Ansässigkeitsstaat der Künstleragentur, sondern auf jenen des betroffenen Künstlers abzustellen.
In jenen Fällen, in denen die Zahlungen jedoch an eine als „Mitwirkende“ in Betracht kommende juristische Person fließen (zB Orchester- oder Theater-AG) kann das Fehlen von Abs. 2 in Art. 17, welches die Besteuerung dieser juristischen Personen im Wege des „unechten“ Künstlerdurchgriffs explizit ausschließt, unterschiedliche Rechtsfolgen zeitigen, je nachdem ob die auftretenden Künstler vom Rechtsträger im Rahmen von Dienst- oder von Werkverträgen beschäftigt werden (siehe dazu ausführlich den Durchführungserlass zur DBA-Entlastungsverordnung, Erlass des BMF vom 10.03.2006, BMF-010221/0101-IV/4/2006 Abschnitt 3, AÖF Nr. 127/2006 idF des Erlasses des BMF vom 12.06.2014, BMF-010221/0362-VI/8/2014, BMF-AV Nr. 102/2014). Zur Erhebung der Einkommensteuer des Sportlers, Artisten oder Mitwirkenden an Unterhaltungsdarbietungen in einem solchen Fall siehe Rz 7995 ff).