32.1 Allgemeines
Die Zurverfügungstellung von Grund und Boden für Infrastrukturprojekte ist essentiell für deren Umsetzung und daher volkswirtschaftlich von besonderem Interesse. Im Hinblick darauf wurde mit dem Jahressteuergesetz 2018 – JStG 2018, BGBl. I Nr. 62/2018, in § 107 EStG 1988 eine Abzugsteuer mit Abgeltungswirkung eingeführt, die schon bei Ausmessung der Entschädigungssumme die Steuerbelastung festlegt und damit für die Beteiligten Rechts- und Planungssicherheit schafft.
§ 107 EStG 1988 sieht vor, dass Einkünfte gemäß § 21, § 22, § 23, § 27, § 28 oder § 29 Z 3 EStG 1988 in Zusammenhang mit dem einem Infrastrukturbetreiber (Rz 8207c) eingeräumten Recht, Grund und Boden zur Errichtung und zum Betrieb von ober- oder unterirdischen Leitungen im öffentlichen Interesse (Rz 8207b) zu nutzen, einer Abzugsteuer unterliegen. Sie sind bei der Berechnung der Einkommensteuer des von der Rechtseinräumung unmittelbar betroffenen Grundstückseigentümers oder -bewirtschafters weder beim Gesamtbetrag der Einkünfte noch beim Einkommen zu berücksichtigen, sofern nicht die Regelbesteuerung (Rz 8207p) beantragt wird.
§ 107 EStG 1988 ist auch anwendbar, wenn die Gegenleistung für die Rechtseinräumung in einem geldwerten Vorteil (Sachbezug) besteht. Es macht für die Geltung des § 107 EStG 1988 keinen Unterschied, ob die Gegenleistung in Geld oder in einem geldwerten Vorteil (zB Gratisstrom) besteht. Ein zugewendeter geldwerter Vorteil ist mit dem um übliche Preisnachlässe verminderten üblichen Endpreis des Abgabeortes zu bewerten (§ 15 Abs. 1 EStG 1988).
Die Abzugsteuer kommt für Auszahlungen zur Anwendung, die nach dem 31.12.2018 erfolgen. Zum Inkrafttreten des § 107 EStG 1988 siehe Rz 8207r. Zu den Auswirkungen des § 107 EStG 1988 auf die Steuerveranlagung siehe Rz 5173.
Die Nutzung von Grund und Boden liegt bei allen Maßnahmen im öffentlichen Interesse, die von Infrastrukturbetreibern zur Errichtung und zum Betrieb von ober- oder unterirdischen Leitungen insbesondere nach Maßgabe der Bestimmungen des Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetzes 2010, des Gaswirtschaftsgesetzes 2011 und des Mineralrohstoffgesetzes durchgeführt werden (§ 107 Abs. 3 EStG 1988). Damit wird klargestellt, dass die Errichtung und der Betrieb von ober- oder unterirdischen Leitungen, die auf Grundlage der für den betroffenen Infrastrukturbetreiber jeweils maßgeblichen Rechtsgrundlagen durchgeführt werden, den Tatbestand des „öffentlichen Interesses“ im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 33 EStG 1988 jedenfalls erfüllen.
32.2 Abzugspflichtige Unternehmen
Die Verpflichtung zur Einbehaltung und Abfuhr der Abzugsteuer sowie zur Übermittlung einer Anmeldung betrifft „Infrastrukturbetreiber“, die in § 107 Abs. 2 EStG 1988 taxativ aufgezählt werden. Es handelt sich dabei um Unternehmen im Bereich der Versorgung mit Elektrizität, Gas, Erdöl und Fernwärme. Erfasst sind:
- Elektrizitätsunternehmen im Sinne des § 7 Abs. 1 Z 11 des Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetzes 2010 – ElWOG 2010, BGBl. I Nr. 110/2010. Ein „Elektrizitätsunternehmen“ ist danach eine natürliche oder juristische Person oder eine eingetragene Personengesellschaft, die in Gewinnabsicht von den Funktionen der Erzeugung, der Übertragung, der Verteilung, der Lieferung oder des Kaufs von elektrischer Energie mindestens eine wahrnimmt und die kommerzielle, technische oder wartungsbezogene Aufgaben im Zusammenhang mit diesen Funktionen wahrnimmt, mit Ausnahme der Endverbraucher. Reine Projektentwicklungsgesellschaften, das sind Gesellschaften, die ein Energieerzeugungsprojekt entwickeln und die damit verbundenen Rechte sodann an ein anderes Unternehmen übertragen, werden nicht iSd § 7 Abs. 1 Z 11 ElWOG 2010 tätig und sind daher keine Elektrizitätsunternehmen.
- Erdgasunternehmen im Sinne des § 7 Abs. 1 Z 16 des Gaswirtschaftsgesetzes 2011, BGBl. I Nr. 107/2011. Ein „Erdgasunternehmen“ ist danach eine natürliche oder juristische Person oder eingetragene Personengesellschaft, die in Gewinnabsicht von den Funktionen Fernleitung, Verteilung, Lieferung, Verkauf, Kauf oder Speicherung von Erdgas, einschließlich verflüssigtes Erdgas mindestens eine wahrnimmt und für die kommerziellen, technischen oder wartungsbezogenen Aufgaben im Zusammenhang mit diesen Funktionen verantwortlich ist, mit Ausnahme der Endverbraucher; Unternehmen gemäß § 7 Abs. 1 Z 58 („Speicherunternehmen“), § 13 („Marktgebietsmanager“) und § 17 („Verteilergebietsmanager“) des Gaswirtschaftsgesetzes 2011 sind Erdgasunternehmen.
- Erdölunternehmen, nämlich dem Mineralrohstoffgesetz, BGBl. I Nr. 38/1999, unterliegende Unternehmen, die Leitungsanlagen zum Zwecke des Transportes gasförmiger oder flüssiger Kohlenwasserstoffe betreiben.
- Fernwärmeversorgungsunternehmen, das sind Unternehmen, die zum Zwecke der entgeltlichen Versorgung Dritter Anlagen zur Erzeugung, Leitung und Verteilung von Fernwärme (Fernwärmeanlagen) betreiben.
Gebietskörperschaften (zB Gemeinden) sind keine Infrastrukturbetreiber iSd § 107 Abs. 2 EStG 1988, sodass für sie keine Verpflichtung zur Einbehaltung und Abfuhr einer Abzugsteuer besteht.
Zahlungen, die nicht von einem der in Rz 8207c genannten Unternehmen geleistet werden, unterliegen nicht der Verpflichtung zum Steuerabzug und sind in der Veranlagung zu erfassen. Siehe dazu Rz 5173. Dies trifft insbesondere auf Zahlungen zu, die von Telekomunternehmen stammen oder die aus Anlass der Verlegung von Wasserleitungen durch Gemeinden erfolgen.
32.3 Erfasste Zahlungen, Bemessungsgrundlage
Dem Steuerabzug unterliegen alle regelmäßig aus Anlass der Einräumung des Leitungsrechtes anfallenden Zahlungen an Grundstückseigentümer oder Grundstücksbewirtschafter, die von der Rechtseinräumung unmittelbar betroffen sind. Zahlungen, die dafür erfolgen, dass ein Arbeitsstreifen genutzt werden darf, sind von der Abzugsteuer auch dann erfasst, wenn sie nicht dem Eigentümer oder Bewirtschafter des Grundstückes zufließen, das mit dem Recht zum Betrieb und zur Nutzung der Leitung belastet ist (zB Arbeitsstreifen auf dem Nachbargrundstück).
Es ist unerheblich, ob und in welchem Umfang die Zahlung die Rechtseinräumung, die Abgeltung einer gemäß § 3 Abs. 1 Z 33 EStG 1988 steuerfreien Wertminderung oder sonstige Umstände betrifft, zB Entschädigungen für Ertragsausfälle, Wirtschaftserschwernisse, Wegebenützung oder für eine temporäre Nutzung einer Liegenschaft als Lagerplatz, die dem von der Rechtseinräumung unmittelbar betroffenen Grundstückseigentümer oder Grundstücksbewirtschafter zufließt.
Erfasst sind auch Optionsentgelte aus der Einräumung einer Option auf Abschluss eines Leitungsvertrages sowie Zahlungen für das Recht zur Grundstücksinanspruchnahme für eine Bachumleitung und die Errichtung einer Fischwanderhilfe aus Anlass der Errichtung eines (Wasser)Stollens für ein Wasserkraftwerk.
Die Umsatzsteuer ist nicht Teil der Bemessungsgrundlage.
Erfasst sind insbesondere Zahlungen aus Anlass der Einräumung eines Leitungsrechtes, die Folgendes betreffen:
- Randschäden
- Hiebsunreife, Bestandsentschädigung
- Schlägerung zur Unzeit/Nutzung zur Unzeit
- Jagdbeeinträchtigung/Jagdentschädigung
- vorübergehende und dauernde Bewirtschaftungserschwernisse, Mehraufwand
- (erhöhte) Schlägerungs- und Räumungskosten, Bringungs- oder Rückungskosten
- einen Notzaun (vorübergehende Abgrenzung für Weidevieh oder Behelfszäune gegen Wild)
- vorübergehender oder dauernder Nutzungsentgang
- Flur- und Folgeschäden
- Verlust von Arbeitseinkommen
- Abgeltung eines Überhanges von Gebäuden und Maschinen
- Ersatz von Aufforstungskosten
- Abgeltung von (Bau-)Schäden
- Aufwandsersatz, Mühewaltung
- Lichtwellenleiter, Datenkabel
- Leitungsmaste, Marker, Messsäulen, (Mast-)Trafostationen, Schieberstationen, Gasdruckregelanlagen, Schaltkästen, Zugangs- und Kontrollschächte
- besondere Belastungen (Masthäufung, Hanglage, Grenznähe usw.)
- Wegebenützungsübereinkommen, Verträge für den Wegebau
- Zahlungen für Baulagerplätze an den Grundstückseigentümer oder -bewirtschafter
- Ersatzaufforstung durch den Grundstückseigentümer oder -bewirtschafter auf Grund eines entsprechenden Übereinkommens
Bei Wind- und Wasserkraftanlagen sind nur Entgelte erfasst, die die Leitung betreffen. Zahlungen, die die Anlage selbst betreffen, inklusive Zahlungen für Luftraumnutzungsrechte, unterliegen nicht der Abzugsteuer. Als Leitung ist sowohl eine Zu- als auch eine Ableitung zu verstehen; daher sind bei Windkraftanlagen auch Zahlungen für die Stromzufuhr zu Eiswarnleuchten erfasst. Auch eine Mobilfunksendeeinrichtung (Datenfunkantenne) stellt eine Leitung iSd § 107 EStG 1988 dar. Einkünfte für das einem Infrastukturbetreiber iSd § 107 Abs. 2 EStG 1988 eingeräumte Recht, Grund und Boden für eine Datenfunkantenne zu nutzen, sind daher von § 107 EStG 1988 erfasst.
Nicht erfasst sind Zahlungen im Zusammenhang mit einer Leitungserrichtung, die an Dritte erfolgen, die von der Rechtseinräumung selbst nicht unmittelbar betroffen sind. Das betrifft zB Grundstückseigentümer, die von der Leitung selbst nicht betroffen sind und nur einen Lagerplatz im Zusammenhang mit der Leitungserrichtung zur Verfügung stellen oder Grundstückseigentümer, die Zahlungen aus einem Ersatzaufforstungsübereinkommen erhalten.
32.4 Höhe der Abzugsteuer
Die Abzugsteuer beträgt bei der Einkommensteuer unterliegenden Zahlungsempfängern 10%, bei der Körperschaftssteuer unterliegenden Zahlungsempfängern 7,5% (bis 2022: 8,25%; § 24 Abs. 7 KStG 1988). Bei Personengesellschaften mit Beteiligung von natürlichen und juristischen Personen, ist die Höhe der Abzugsteuer auf die Beteiligten bezogen zu ermitteln.
Beispiel:
An der ABC-GmbH & Co KG sind die A-GmbH mit 10% als Komplementärin und die natürlichen Personen B und C als Kommanditisten mit je 45% beteiligt. Ein Infrastrukturbetreiber bezahlt an die KG für die Einräumung eines Leitungsrechtes an ihrem Grundstück 10.000 Euro. Die Abzugsteuer beträgt:
Beteiligter | Zuzurechnender Anteil an der Zahlung | Steuersatz | Abzugsteuer |
A-GmbH | 1.000 (10%) | 7,5% | 75 |
B | 4.500 (45%) | 10% | 450 |
C | 4.500 (45%) | 10% | 450 |
Abzugsteuer gesamt | 975 |
Sind auf die Beteiligten bezogen unterschiedliche Steuersätze anzuwenden, muss dem Abzugsverpflichteten von der Personengesellschaft offengelegt werden, wie die Höhe der einzubehaltenden Abzugsteuer zu ermitteln ist. Wird auf Grund dieser Angaben die Abzugsteuer zu niedrig einbehalten, kommt eine Haftung des Abzugsverpflichteten nicht in Betracht; der/die betroffenen Beteiligten sind gemäß § 107 Abs. 10 Z 1 EStG 1988 als Steuerschuldner in Anspruch zu nehmen (siehe Rz 8207l).
Bei ausschließlicher Zuwendung eines geldwerten Vorteils ist die Höhe der Abzugsteuer davon abhängig, wer die Abzugsteuer trägt:
Wird sie vom Steuerschuldner (Empfänger des Sachbezuges) getragen, beträgt sie 10% (7,5% für Körperschaften). Der Steuerschuldner muss in diesem Fall dem Infrastrukturbetreiber fristgerecht vor dem gesetzlichen Abfuhrtermin einen Ersatz in Höhe der Abzugsteuer leisten.
Wird sie vom Infrastrukturbetreiber getragen, beträgt sie 11,11% (8,11% ab 2023; 9% bis 2022 für Körperschaften).
Wird vereinbart, dass neben einem Sachbezug auch Geld in einer Höhe zugewendet wird, die ausreicht, um die Abzugsteuer zu decken, kann davon die Abzugsteuer einbehalten und abgeführt werden.
Es empfiehlt sich, in Fällen, bei denen nur ein geldwerter Vorteil zugewendet wird, ausdrücklich zu vereinbaren, wer die Abzugsteuer trägt; sollte das der Vertragspartner des Infrastrukturbetreibers sein, sollte dieser zusätzlich ausdrücklich verpflichtet werden, einen Ersatz in Höhe der Abzugsteuer fristgerecht zu leisten.
32.5 Einbehaltung und Abfuhr, Anmeldung, Haftung
Schuldner der Abzugsteuer ist der Empfänger der Einkünfte. Der Schuldner der Einkünfte ist zum Steuerabzug verpflichtet und haftet für die Entrichtung. Auch bei einem zugewendeten geldwerten Vorteil besteht die Verpflichtung des Infrastrukturbetreibers, die Abzugsteuer fristgerecht abzuführen. Er haftet in gleicher Weise für die Entrichtung wie im Fall der Zuwendung von Geld.
Die Abzugsteuer ist – analog zu § 95 Abs. 4 EStG 1988 hinsichtlich der Kapitalertragsteuer – dem Einkünfteempfänger vorzuschreiben, wenn
- der Schuldner die geschuldeten Beträge nicht vorschriftsmäßig gekürzt hat und die Haftung nicht oder nur erschwert durchsetzbar wäre (§ 107 Abs. 10 Z 1 EStG 1988) oder wenn
- der Empfänger weiß, dass der Schuldner die einbehaltene Abzugsteuer nicht vorschriftsmäßig abgeführt hat, und dies dem Finanzamt nicht unverzüglich mitteilt (§ 107 Abs. 10 Z 2 EStG 1988).
Die ausnahmsweise Vorschreibung der Abzugsteuer an den Empfänger der Einkünfte (§ 107 Abs. 10 EStG 1988) obliegt stets dem Finanzamt, das für die Erhebung der Einkommen- oder Körperschaftsteuer des Empfängers der Einkünfte zuständig ist (vgl. ZustRL Rz 103).
Der Abzugsverpflichtete hat die Abzugsteuer bei jeder Zahlung einzubehalten. Bei Teilzahlungen ist die Abzugsteuer bei jeder Teilzahlung einzubehalten. Es ist unerheblich, ob der Zahlung ein Vertrag oder eine zwangsweise Rechtseinräumung zu Grunde liegt.
Die in einem Kalenderjahr einbehaltenen Steuerbeträge sind in einem Gesamtbetrag spätestens am 15. Februar des Folgejahres an das Finanzamt des Abzugsverpflichteten abzuführen.
Bis 15. Februar des Folgejahres ist für alle Auszahlungen des Vorjahres eine elektronische Anmeldung über FinanzOnline zu übermitteln. Anzugeben sind die jeweiligen Einkünfteempfänger und der auf diese entfallende Steuerbetrag. Werden mehrere Zahlungen an denselben Empfänger geleistet, kann der Steuerbetrag für jede einzelne Zahlung getrennt oder für alle Zahlungen des Kalenderjahres zusammengefasst übermittelt werden.
Der Einkünfteempfänger hat dem Abzugsverpflichteten für Zwecke der Anmeldung folgende Daten bekannt zu geben:
- Vor- und Familienname, Firma bzw. sonstige Bezeichnung
- Wohnsitz oder Sitz
- Falls vorhanden: Abgabenkontonummer
- Bei natürlichen Personen: Die Versicherungsnummer (§ 31 ASVG), wenn keine Abgabenkontonummer angegeben wird. Besteht keine Versicherungsnummer, ist das Geburtsdatum anzugeben.
Modalitäten für die Verpflichtung zum Einbehalt und der Abfuhr der Abzugsteuer sind in der Leitungsrechte-Datenübermittlungsverordnung – Leitungsrechte-DÜV, BGBl. II Nr. 321/2018, geregelt.
Der Abzugsverpflichtete hat in einer Anmeldung die Daten und den Steuerbetrag für jene Personen oder Einrichtungen zu übermitteln, gegenüber denen er zahlungsverpflichtet ist. Damit ist klargestellt, dass für das abzugsverpflichtete Unternehmen in Bezug auf die Anmeldung jene Person(en) oder sonstige Einrichtung(en) maßgeblich ist/sind, gegenüber der/denen er zahlungsverpflichtet ist. Der Abzugsverpflichtete braucht keine Erhebungen darüber anstellen, ob die Person, der gegenüber er zahlungsverpflichtet ist, steuerlich Zurechnungsempfänger der Einkünfte ist. Das ist insbesondere in Fällen von Bedeutung, in denen mehrere Personen Zurechnungsempfänger (zB Miteigentümer, Bewirtschafter) sind, aber nur eine Person dem Abzugsverpflichteten gegenüber auftritt und die Zahlungsabwicklung übernimmt.
Die Verordnung sieht eine besondere Informationspflicht für Fälle vor, in denen mehrere Personen oder Einrichtungen als Empfänger der Einkünfte in Betracht kommen und der Abzugsverpflichtete nicht gegenüber jeder einzelnen von ihnen zahlungsverpflichtet ist, insbesondere weil erhaltene Zahlungen vom Empfänger weitergegeben werden. In derartigen Fällen muss der Abzugsverpflichtete von der Person oder Einrichtung, der gegenüber er zahlungsverpflichtet ist, über diesen Umstand informiert werden. Der Abzugsverpflichtete hat die erhaltene Information in der Anmeldung bei der Person oder Einrichtung anzuführen, deren Daten er übermittelt. Die konkreten Empfänger brauchen dabei nicht offen gelegt zu werden.
Beispiel:
Ein von einem Leitungsrecht betroffenes Grundstück steht im Miteigentum der Personen A, B, C, D, E und F. Die Zahlung aus Anlass der Einräumung des Leitungsrechtes betrifft Einkünfte, die diesen Personen zuzuordnen sind. Dem abzugsverpflichteten Energieversorgungsunternehmen gegenüber tritt aber nur A als Vertragspartner auf. A gibt die auf die übrigen Miteigentümer entfallenden Anteile der Zahlung an diese weiter.
A muss das abzugsverpflichtete Energieversorgungsunternehmen darüber informieren, dass noch andere Personen als Einkünfteempfänger in Betracht kommen. Er braucht ihre Namen nicht zu nennen. Das Energieversorgungsunternehmen übermittelt für A die einbehaltene Abzugsteuer mit dem Vermerk, dass A gemeldet hat, dass noch andere Personen als Einkünfteempfänger in Betracht kommen.
Sollte A die Regelbesteuerung beantragen, ist für das Finanzamt erkennbar, dass A nicht allein Einkünfteempfänger ist und dementsprechend die einbehaltene Abzugsteuer auch nicht zur Gänze bei ihm anzurechnen ist.
Sollte E die Regelbesteuerung beantragen, ist für das Finanzamt erkennbar, dass E keine Abzugsteuer zugeordnet ist, weil E in der Anmeldung nicht erfasst ist. Im Verfahren vor dem Finanzamt ist daher zu klären, wie hoch der auf E entfallende Anteil der Einkünfte und der auf diese Einkünfte entfallenden Abzugsteuer ist, die in der Anmeldung dem A zugeordnet ist.
Der Abzugsverpflichtete haftet nur für die Entrichtung (§ 107 Abs. 6 EStG 1988). Im Gegensatz zur KESt, bei der der Abzugsverpflichtete für die Einbehaltung und Abfuhr haftet (§ 95 Abs. 1 EStG 1988), ist die Haftung auf die Abfuhr einer einbehaltenen Abzugsteuer beschränkt. Eine Festsetzung mittels Haftungsbescheid gegenüber dem Abzugsverpflichteten kommt daher nur insoweit in Betracht, als Abzugsteuer einbehalten, aber nicht abgeführt wurde.
Beispiel:
Der Infrastrukturbetreiber A entschädigt B für die Einräumung eines Leitungsrechtes mit 5.000 Euro (exklusive USt). Unter Einbehalt der Abzugsteuer (500 Euro) werden 4.500 Euro an B ausbezahlt. Der Infrastrukturbetreiber führt in Bezug auf die von A einbehaltene Abzugsteuer nur 300 Euro ab. Die unmittelbare Inanspruchnahme des B gemäß § 107 Abs. 10 Z 1 EStG 1988 kommt sachverhaltsbezogen nicht in Betracht. Für den nicht entrichteten Betrag von 200 Euro haftet der Infrastrukturbetreiber.
Wird Abzugsteuer in einem zu niedrigen Betrag einbehalten, kommt insoweit die Geltendmachung einer Haftung nicht in Betracht; Gleiches gilt, wenn die Einbehaltung zu Unrecht unterblieben ist. In derartigen Fällen ist der Steuerschuldner mit Abgabenbescheid in Anspruch zu nehmen (§ 198 BAO iVm § 107 Abs. 10 Z 1 EStG 1988).
Beispiel:
Der Infrastrukturbetreiber C entschädigt die natürliche Person D für die Einräumung eines Leitungsrechtes mit 10.000 Euro (exklusive USt). Durch einen Fehler des C wird die Abzugsteuer nicht in Höhe von 10%, sondern in Höhe von 8,25% einbehalten (825 Euro). An D werden somit 9.175 Euro ausbezahlt. C führt 825 Euro an Abzugsteuer für D ab.
Eine Haftungsinanspruchnahme des C für den nicht eingehobenen Betrag von 125 Euro kommt nicht in Betracht. Dieser Betrag ist D gemäß § 107 Abs. 10 Z 1 EStG 1988 vorzuschreiben. Da C für die richtige Einbehaltung nicht haftet, ist die Haftung ihm gegenüber rechtlich nicht durchsetzbar, sodass der Steuerschuldner D in Anspruch genommen werden kann. Mit der Entrichtung dieses Betrages ist für D die Abgeltungswirkung verbunden (entsprechend § 107 Abs. 9 EStG 1988).
Fehler iZm der Umsatzsteuer haben auf den Steuerabzug keine Auswirkung. Solange die Abzugsteuer nicht abgeführt wurde, führt eine Gutschrifts- bzw. Rechnungsberichtigung dazu, dass die Abzugsteuer in richtiger Höhe abgeführt werden kann.
Nach Abfuhr der Abzugsteuer ist eine zu niedrige Abzugsteuer dem Einkünfteempfänger gemäß § 198 BAO iVm § 107 Abs. 10 Z 1 EStG 1988 vorzuschreiben. Einen zu hohen Steuerabzug kann (nur) der Einkünfteempfänger im Wege der Steuerveranlagung oder eines Antrages gemäß § 240 BAO ausgleichen.
Beispiele:
1.Die Entschädigung beträgt 10.000 Euro, die USt wird mit 0% angegeben. Es werden 9.000 Euro ausbezahlt und Abzugsteuer (10%) in Höhe von 1.000 Euro einbehalten und abgeführt.
Danach stellt sich heraus, dass der richtige USt-Satz 20% beträgt.
a.Wird bei einer Nettopreisvereinbarung von 10.000 Euro die Rechnung nachträglich berichtigt und die nicht einbehaltene USt (2.000 Euro) nachbezahlt, ändert sich die Höhe der Bemessungsgrundlage (Nettobetrag von 10.000 Euro) und der Abzugsteuer nicht.
b.Wird bei einer Bruttopreisvereinbarung von 10.000 Euro die Rechnung nachträglich berichtigt und die nicht einbehaltene USt nicht nachbezahlt oder unterbleibt eine Rechnungsberichtigung, ändert sich die Höhe der Bemessungsgrundlage und der Abzugsteuer. Die Bemessungsgrundlage für die Abzugsteuer beträgt 8.333,33 Euro; die USt beträgt 1.666,67 Euro. Die Höhe der Abzugsteuer beträgt richtig 833,33 Euro, sodass auf Grund des Fehlers 166,67 Euro zu viel Abzugsteuer einbehalten wurde.
Die Einbehaltung der zu hohen Abzugsteuer belastet allein den Einkünfteempfänger. Es besteht kein Raum für eine Entrichtungshaftung des Abzugsverpflichteten. Der Einkünfteempfänger kann die Refundierung der zu hohen Abzugsteuer entweder im Wege einer Antragsveranlagung (Regelbesteuerungsoption gemäß § 107 Abs. 11 EStG 1988) oder im Wege eines Antrages gemäß § 240 Abs. 3 BAO beanspruchen, soweit die zu viel einbehaltene Abzugsteuer im Veranlagungsverfahren durch Anrechnung aus Gründen der Tarifbesteuerung (bei einem Einkommen, das einen Durchschnittssteuersatz von mehr als 30,30% bewirkt) nicht refundiert werden kann.
2.Die Bruttoentschädigung beträgt 12.000 Euro, die USt wird mit 20% angegeben. Es werden 11.000 Euro ausbezahlt und Abzugsteuer (10% vom Nettobetrag) in Höhe von 1.000 Euro einbehalten und abgeführt. Danach stellt sich heraus, dass der richtige USt-Satz 13% beträgt.
a.Unterbleibt eine Rechnungsberichtigung, ändern sich die Höhe der Bemessungsgrundlage und der Abzugsteuer nicht, weil die USt aufgrund der Rechnung geschuldet wird (§ 11 Abs. 12 UStG 1994).
b.Wird bei einer Nettopreisvereinbarung von 10.000 Euro die Rechnung nachträglich berichtigt und die zu viel einbehaltene USt (700 Euro) refundiert, ändert sich die Höhe der Bemessungsgrundlage und der Abzugsteuer ebenfalls nicht.
c.Wird bei einer Bruttopreisvereinbarung von 12.000 Euro die Rechnung berichtigt und die zu viel einbehaltene USt nicht refundiert, ändert sich die Bemessungsgrundlage für die Abzugsteuer auf 10.619,47 Euro, die USt beträgt 1.380,53 Euro.
Die Höhe der Abzugsteuer beträgt richtig 1.061,95 Euro, sodass auf Grund des Fehlers 61,95 Euro zu wenig Abzugsteuer einbehalten wurde. Diesbezüglich kommt eine Haftungsinanspruchnahme des Abzugsverpflichteten nicht in Betracht. Dieser Betrag ist dem Empfänger gemäß § 107 Abs. 10 Z 1 EStG 1988 vorzuschreiben. Mit der Entrichtung dieses Betrages ist die Abgeltungswirkung verbunden (siehe Rz 8207l).
32.6 Abgeltungswirkung
Mit der Abzugsteuer ist die Einkommensteuer auf die erfassten Einkünfte (Geld oder Sachbezug) abgegolten, sofern nicht die Regelbesteuerung gemäß § 107 Abs. 11 EStG 1988 beantragt wird. Die Abgeltungswirkung gilt bei Teilzahlungen auch in Bezug auf die in Raten enthaltenen Zinsen, die zu Einkünften aus Kapitalvermögen gemäß § 27 EStG 1988 zählen. Die Abgeltungswirkung entspricht den verfassungsrechtlichen Anforderungen, die sich aus dem Erkenntnis des VfGH vom 30.11.2017, G 183/2017, ableiten lassen, weil die erfassten Einkünfte regelmäßig einmalig anfallen und kein laufendes Erwerbseinkommen darstellen.
§ 107 EStG 1988 bezieht sich auf Einkünfte (Nettogröße). Im Fall der Endbesteuerung mit der Abzugsteuer sind bei Anwendung bei Gewinnermittlung durch Einnahmen-Ausgaben-Rechnung und Bilanzierung die mit den Erträgen/Einnahmen wirtschaftlich verbundenen Aufwendungen aus der in der Veranlagung maßgebenden Bemessungsgrundlage auszuscheiden. Dies gilt unabhängig davon, dass die Abzugsteuer in § 20 Abs. 2 EStG 1988 (§ 12 Abs. 2 KStG 1988) nicht genannt ist. Bei Voll- und Teilpauschalierung kommt ein Abzug tatsächlicher Aufwendungen nicht in Betracht, weshalb auch keine Ausgabenkürzung zu erfolgen hat.
Von einer Kürzung sind dem Grunde nach nur folgende Aufwandskategorien betroffen:
- Vorübergehende Bewirtschaftungserschwernis
- Erhöhte Schlägerungskosten
- Aufwand für Ersatzaufforstung oder für einen Notzaun
- Aufwand für Schadensbehebung an Anlagen im Zusammenhang mit der Leitung
- Verfahrenskosten, Rechtsvertretungskosten (Aufwandsersatz, Mühewaltung)
Eine Aufwandskürzung hat nur zu erfolgen, wenn derartige Mehraufwendungen im Rahmen der Vereinbarung mit dem Infrastrukturunternehmen betraglich ausdrücklich abgegolten werden. Der Aufwand ist grundsätzlich in der tatsächlich angefallenen Höhe auszuscheiden. Vereinfachend kann im Wirtschaftsjahr der Zahlung der Betrag als Kürzungsbetrag berücksichtigt werden, der vom Infrastrukturbetreiber als Abgeltungszahlung geleistet wird.
Beispiel:
A ist Einnahmen-Ausgaben-Rechner und erhält vom Infrastrukturbetreiber X 12.000 Euro aus Anlass der Einräumung eines Leitungsrechtes auf seinem Grundstück. Gemäß der Vereinbarung mit dem Infrastrukturbetreiber sind in dieser Zahlung betraglich enthalten:
-
- Abgeltung einer vorübergehenden Bewirtschaftungserschwernis: 200 Euro
- Abgeltung der Aufwendungen für Ersatzaufforstung: 1.000 Euro
- Abgeltung von Schäden an einem Waldweg: 500 Euro
X behält 1.200 Euro Abzugsteuer ein.
In der Veranlagung hat A folgende Möglichkeiten:
-
- Endbesteuerung mit der Abzugsteuer: Es erfolgt keine steuerliche Erfassung der Einkünfte aus der Einräumung des Leitungsrechtes in der Veranlagung. Bei Ermittlung des Gewinnes ist die Zahlung von 12.000 Euro nicht als Betriebseinnahme zu erfassen; Im Rahmen der Ermittlung der tarifsteuerpflichtigen Einkünfte sind die Aufwendungen um 1.700 Euro zu kürzen.
- Regelbesteuerung mit pauschaler Bemessungsgrundlage (33% des Nettoauszahlungsbetrages): Die dem § 107 EStG 1988 zuzuordnenden Einkünfte sind im Rahmen der Gewinnermittlung mit 3.960 Euro anzusetzen, die Abzugsteuer von 1.200 Euro ist anzurechnen. Im Rahmen der Ermittlung der tarifsteuerpflichtigen Einkünfte sind die Aufwendungen um 1.700 Euro zu kürzen.
- Regelbesteuerung mit nachgewiesener Bemessungsgrundlage: Es ist auf Grund eines Gutachtens nachzuweisen, wie hoch die steuerfreie Wertminderung ist. Der Rest der Zahlung ist steuerpflichtig.
32.7 Regelbesteuerung
Anstelle der Belastung mit der Abzugsteuer kann in der Veranlagung die Regelbesteuerung beantragt werden. Damit bleibt gewährleistet, dass die Einkünfte stets nach dem Einkommensteuertarif, aber auch nach den auf Basis eines Gutachtens dargelegten tatsächlichen Verhältnissen besteuert werden können, wenn dies vom Betroffenen gewünscht wird. Die Bemessungsgrundlage ist dabei (siehe auch Rz 5173):
- 33% der Bemessungsgrundlage der Abzugsteuer als pauschale Bemessungsgrundlage.
- Die tatsächlich vom Steuerpflichtigen durch ein Gutachten nachzuweisende Bemessungsgrundlage. Das Gutachten hat der Steuerpflichtige vorzulegen. Anhang VI ist zu beachten.
Eine allfällige Neutralisierung von Aufwendungen (Rz 8207o) hat im Fall der Ausübung der Regelbesteuerungsoption zu erfolgen, wenn die pauschale Bemessungsgrundlage von 33% zur Anwendung kommt. Die 33% des Auszahlungsbetrages stellen die maßgebliche Höhe der Einkünfte dar, sodass ein zusätzlicher Abzug von Aufwendungen nicht mehr in Betracht kommt.
Auch bei Zuwendung eines geldwerten Vorteils (Sachbezuges) kann die Regelbesteuerung beantragt werden. Ein zugewendeter geldwerter Vorteil ist mit dem um übliche Preisnachlässe verminderten üblichen Endpreis des Abgabeortes zu bewerten (§ 15 Abs. 1 EStG 1988). Wird die Abzugsteuer vom Infrastrukturbetreiber übernommen, ist die übernommene Abzugsteuer als zusätzlicher Vorteil im Rahmen der Veranlagung in der Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen (siehe auch Rz 8207g).
32.8 Anrechnung der Abzugsteuer
Die entrichtete Abzugsteuer ist auf die Steuerschuld der davon erfassten Einkünfte anzurechnen. Erfolgt bei einem Bilanzierer die Entrichtung der Abzugsteuer nach Ablauf des Jahres, in dem die Einkünfte im Rahmen der Veranlagung zu erfassen sind, hat eine allfällige Steueranrechnung in der Veranlagung des Jahres zu erfolgen, dem die Einkünfte zuzurechnen sind.
Beispiel:
Der zum 31.12. gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1988 bilanzierende Einzelunternehmer A räumt dem Infrastrukturbetreiber X auf seinem Betriebsgrundstück ein Leitungsrecht gegen ein Entgelt von 10.000 Euro ein. Der Vertragsabschluss erfolgt am 18.12.01, die Auszahlung am 12.1.02. Es werden 1.000 Euro Abzugsteuer einbehalten, die von X am 15.2.03 abgeführt werden.
Die Einkünfte aus der Einräumung des Leitungsrechtes sind dem Wirtschaftsjahr 01 zuzuordnen. Da die Einkünfte mit der Abzugsteuer abgegolten sind, bestehen für A folgende Möglichkeiten:
1.Inanspruchnahme der Abgeltungswirkung: Mit dem Einbehalt der Abzugsteuer sind die Einkünfte abgegolten und daher in der Gewinnermittlung des Wirtschaftsjahres 01 nicht zu erfassen.
2.Inanspruchnahme der Regelbesteuerung: Die Einkünfte sind in der Gewinnermittlung des Wirtschaftsjahres 01 entweder in Höhe von 3.300 Euro (33% von 10.000 Euro) oder in der nachgewiesenen Höhe zu erfassen. Die Abzugsteuer ist anzurechnen, sobald sie einbehalten wurde. Das ist am 12.1.02 der Fall.
Das gilt entsprechend, wenn die Abzugsteuer veranlagungspflichtige Einkünfte betrifft, die der Abzugsteuer noch nicht unterliegen. Das betrifft Einkünfte, die einem Wirtschaftsjahr zuzuordnen sind, das vor 2019 zu veranlagen ist. Die Anrechnung der Abzugsteuer in der Veranlagung des jeweiligen Jahres verhindert eine doppelte steuerliche Erfassung.
Beispiel:
Mit Vertrag vom 25.4.2017 hat der zum 31.12. gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1988 bilanzierende Einzelunternehmer B dem Infrastrukturbetreiber Y ein Leitungsrecht auf seinem Betriebsgrundstück gegen ein Entgelt von 27.000 Euro eingeräumt. Dieser Betrag ist jeweils zum 1.7.2017, zum 1.7.2018 und zum 1.7.2019 zu je einem Drittel zu entrichten.
Die Zahlung am 1.7.2019 in Höhe von 9.000 Euro unterliegt der Abzugsteuer (siehe Rz 8207r). Y behält 10% von 9.000 Euro (900 Euro) ein und zahlt 8.100 Euro aus. Am 15.2.2020 führt Y die für B einbehaltene Abzugsteuer an das Finanzamt ab.
B hat den Ertrag von 27.000 Euro abzüglich der steuerfreien Bodenwertminderung in der Gewinnermittlung 2017 erfasst. Der Einkommensteuerbescheid 2017 ist am 2.4.2018 ergangen und rechtskräftig geworden.
Die von der Teilzahlung 2019 einbehaltene Abzugsteuer ist nach der Einbehaltung auf die Einkommensteuer 2017 anzurechnen. Dafür kommt eine Bescheidänderung gemäß § 295a BAO in Betracht.
Ist der Ertrag aus dem Entgelt für die Einräumung des Leitungsrechtes passiv abzugrenzen (vgl. Rz 2404), hat die Anrechnung anteilig zu erfolgen.
Beispiel:
Die C-GmbH räumt dem Infrastrukturbetreiber Z auf ihrem Betriebsgrundstück ein Leitungsrecht gegen ein Entgelt von 80.000 Euro ein. Der Vertragsabschluss erfolgt am 10.3.01, die Auszahlung am 21.3.01. Es werden 8,25% von 80.000 Euro (6.600 Euro) an Abzugsteuer einbehalten, die von Z am 15.2.02 abgeführt werden.
Da die Einkünfte mit der Abzugsteuer abgegolten sind, bestehen für die C-GmbH folgende Möglichkeiten:
1.Inanspruchnahme der Abgeltungswirkung: Mit dem Einbehalt der Abzugsteuer sind die Einkünfte abgegolten und daher in der Gewinnermittlung nicht zu erfassen.
2.Inanspruchnahme der Regelbesteuerung: Die Einkünfte sind in der Gewinnermittlung entweder in Höhe von 26.400 Euro (33% von 80.000 Euro) oder in der nachgewiesenen Höhe zu berücksichtigen. Da der Ertrag auf 20 Jahre passiv abzugrenzen ist, sind bei Inanspruchnahme der pauschalen Bemessungsgrundlage von 33% in den Jahren 01 bis 20 jeweils 1.320 Euro (26.400 [=33% von 80.000] / 20) zu erfassen; darauf ist jeweils Abzugsteuer in Höhe von 330 Euro (6.600 / 20) anzurechnen.
32.9 Inkrafttreten
32.9.1 Anwendung des Steuerabzuges
Der Steuerabzug ist auf Zahlungen anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2018 erfolgen. Der Vertragsabschluss ist nicht maßgebend; dementsprechend unterliegen Zahlungen, die nach dem 31. Dezember 2018 erfolgen, auch dann der Abzugsteuer, wenn ihnen ein Vertrag zugrunde liegt, der vor dem 1. Jänner 2019 abgeschlossen worden ist.
32.9.2 Anwendung des § 107 EStG 1988 auf Veranlagungsfälle, die zum 14.8.2018 nicht rechtskräftig veranlagt waren
Nach § 124b Z 334 EStG 1988 ist § 107 Abs. 11 EStG 1988 in Bezug auf die Höhe der in der Veranlagung anzusetzenden Einkünfte (entweder 33% der Bemessungsgrundlage der Abzugsteuer oder die durch Gutachten nachgewiesene Höhe) auf alle zum Zeitpunkt der Kundmachung des Jahressteuergesetz 2018 – JStG 2018, BGBl. I Nr. 62/2018, nicht rechtskräftig veranlagten Fälle mit Einkünften aus der Einräumung von Leitungsrechten anzuwenden. Die Kundmachung des JStG 2018 erfolgte am 14. August 2018.
Dementsprechend sind alle am 14. August 2018 nicht rechtskräftig veranlagten Fälle, in denen Zahlungen von in den Anwendungsbereich fallenden Unternehmen (Infrastrukturbetreiber iSd Rz 8207c) erfolgt sind, nach Maßgabe des § 107 Abs. 11 Satz 2 EStG 1988 zu veranlagen.
Betroffen sind alle Veranlagungsfälle, in denen zum 14. August 2018 keine rechtskräftige Veranlagung vorliegt. Dabei ist nicht bedeutsam, um welches Veranlagungsjahr es sich handelt oder ob eine Erklärung schon eingebracht wurde oder nicht. Das bedeutet:
- Werden bzw. wurden Einkünfte für ein Jahr vor 2018 erklärt und lag am 14. August 2018 noch keine rechtskräftige Veranlagung für das betreffende Jahr vor, ist § 107 Abs. 11 zweiter Satz EStG 1988 anzuwenden.
- Zahlungen des Jahres 2018, unterliegen im Rahmen der Veranlagung 2018 bereits dem § 107 Abs. 11 zweiter Satz EStG 1988.
Die Bemessungsgrundlage ist gemäß § 107 Abs. 11 Satz 2 EStG 1988 in derartigen Fällen:
- 33% des (Netto)Auszahlungsbetrages als pauschale Bemessungsgrundlage oder
- die tatsächlich vom Steuerpflichtigen durch ein Gutachten nachzuweisende Bemessungsgrundlage.
Siehe dazu auch Rz 8207p und Rz 5173.
Die Änderung der Rechtslage stellt keinen Grund für eine Wiederaufnahme oder eine Bescheidänderung gemäß § 299 BAO dar. Erfolgt eine Wiederaufnahme oder eine Bescheidänderung gemäß § 299 BAO in Bezug auf einen Veranlagungsfall, der am 14. August 2018 rechtskräftig war, kommt die Anwendung des § 107 Abs. 11 Satz 2 EStG 1988 nicht in Betracht.