33 Auskunftspflicht der Behörde (§ 90 EStG 1988)
1240
Auskünfte nach § 90 EStG 1988 werden im Einzelfall zu konkreten Fragen des Lohnsteuerabzuges erteilt (VwGH 14.10.1992, 90/13/0009). Zuständig für die Auskunftspflicht ist das für die Prüfung zuständige Finanzamt der Betriebsstätte im Sinne des § 81 EStG 1988 (siehe Rz 1205 ff). Da die Auskünfte des Finanzamtes eine unmittelbare Auswirkung auf die Sozialversicherungspflicht haben können (zB zur Frage, ob selbständige oder nichtselbständige Einkünfte vorliegen), sind Auskünfte tunlichst innerhalb von 14 Tagen zu erteilen.
Antragsberechtigt ist jede Partei, dh. der Arbeitgeber oder – soweit es um eine Auskunft zu dem ihn konkret betreffenden Lohnsteuerabzug geht – auch der Arbeitnehmer.
1241
Auskünfte, die gemäß § 90 EStG 1988 erteilt werden, haben nicht den Charakter eines Bescheides (VwGH 14.10.1992, 90/13/0009; VwGH 24.5.1993, 92/15/0037). Die erteilte Auskunft kann mangels Bescheidcharakter weder den Steuerpflichtigen noch die Abgabenbehörde binden. Weicht die Abgabenbehörde von der erteilten Auskunft im Zuge des weiteren Verfahrens ab, so ist diese gesetzwidrige Vorgangsweise nach den zum Grundsatz von Treu und Glauben entwickelten Kriterien zu beurteilen (siehe dazu zB VwGH 16.9.1982, 82/16/0022; VwGH 25.6.1985, 85/14/0040; VwGH 24.5.1993, 92/15/0037). Der Umstand, dass eine gesetzwidrige Vorgansweise nicht mehr aufrechterhalten wird, stellt weder Willkür noch eine Verletzung von Treu und Glauben dar (vgl. VwGH 16.3.1993, 93/14/0029).
Eine Bindung nach dem Grundsatz von Treu und Glauben tritt nur unter folgenden Bedingungen ein:
- Auf eine konkrete Anfrage ergeht eine ausdrücklich als solche bezeichnete Auskunft (daher keine Bindung auf Grund eines Aktenvermerkes eines Lohnsteuerprüfers in dessen Arbeitsbogen, VwGH 26.7.2000, 97/14/0040),
- die Auskunft wird durch die zuständige Behörde erteilt,
- die erteilte Auskunft verstößt nicht offenkundig gegen gesetzliche Bestimmungen (VwGH 5.10.1993, 93/14/0101),
- der Empfänger der Auskunft hat sein steuerliches Verhalten (zB Unterlassung des Lohnsteuerabzuges von bestimmten Lohnbestandteilen wegen vermeintlicher Steuerbefreiung usw.) auf der Grundlage der ihm erteilten Auskunft eingerichtet.
33A Veranlagung beschränkt steuerpflichtiger Arbeitnehmer
33a.1 Veranlagung (§ 102 EStG 1988)
1241a
Beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer, deren Bezüge einem Lohnsteuerabzug gem. § 70 Abs. 2 Z 1 und 2 EStG 1988 (Rz 1178 bis Rz 1182) unterliegen, können eine (Arbeitnehmer-)Veranlagung beantragen. Der Antrag kann innerhalb von fünf Jahren ab dem Ende des Veranlagungszeitraumes gestellt werden.
1241b
Bezieht ein beschränkt steuerpflichtiger Arbeitnehmer Einkünfte im Sinne des § 98 Abs. 1 Z 4 EStG 1988, bei denen kein Lohnsteuerabzug erfolgt, da der Arbeitgeber nicht über eine Betriebsstätte gemäß § 81 EStG 1988 verfügt, dann ist die Einkommensteuer im Veranlagungsweg zu erheben.
Die Begünstigungen für sonstige Bezüge des § 67 Abs. 1, 2, 6, 7 und 8 EStG 1988 sind auch bei der Veranlagung von beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmern anzuwenden.
1241c
Ob unbeschränkte oder beschränkte Steuerpflicht vorliegt, ist nach den Verhältnissen im Zeitpunkt des Erzielens der Einkünfte zu beurteilen. Bei unterjährigem Wechsel von der beschränkten zur unbeschränkten Steuerpflicht sowie im umgekehrten Fall sind zwei getrennte Veranlagungsverfahren durchzuführen. Diese können zu zwei Veranlagungsbescheiden für ein Kalenderjahr führen. Bei den jeweiligen Veranlagungsverfahren sind die Einkünfte zu erfassen, welche in dem entsprechenden Zeitraum erzielt wurden.
Beispiel:
Ein Arbeitnehmer ist bis Ende März 2005 in Österreich beschäftigt und hat seinen Wohnsitz ebenfalls in Österreich. Ab April 2005 verlässt der Arbeitnehmer Österreich und gibt seinen österreichischen Wohnsitz auf, er erzielt aber weiterhin Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Österreich, von denen Lohnsteuer einbehalten wird. Für die Monate Jänner bis März liegt unbeschränkte Steuerpflicht, ab April beschränkte Steuerpflicht vor.
Der Zeitraum der unbeschränkten Steuerpflicht und jener der beschränkten Steuerpflicht sind zwei getrennte Besteuerungszeiträume, für die jeweils gesondert eine Arbeitnehmerveranlagung beantragt werden kann:
- Wird für den Zeitraum der unbeschränkten Steuerpflicht (Jänner bis März 2005) eine Arbeitnehmerveranlagung beantragt, kommt es zu einem Einkommensteuerbescheid, der nur die Einkünfte für diesen Zeitraum umfasst.
- Wird für den Zeitraum der beschränkten Steuerpflicht (April bis Dezember 2005) eine Arbeitnehmerveranlagung beantragt, kommt es zu einem Einkommensteuerbescheid, der nur die Einkünfte für diesen Zeitraum umfasst.
In diesem Fall kann es also im Jahr 2005 zu zwei Einkommensteuerbescheiden kommen, einen für den Zeitraum der unbeschränkten Steuerpflicht und einen für den Zeitraum der beschränkten Steuerpflicht.
1241d
Für beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer ist kein Freibetragsbescheid zu erstellen (siehe auch Rz 1042).
1241e
Da auf Grund des § 102 Abs. 2 Z 3 EStG 1988 bei der Veranlagung beschränkt Steuerpflichtiger der § 41 EStG 1988 nicht anwendbar ist, kommt es bei Vorliegen von ausschließlich lohnsteuerpflichtigen Einkünften nicht zu einer Pflichtveranlagung. Bezieht ein beschränkt steuerpflichtiger Arbeitnehmer von mehreren Arbeitgebern lohnsteuerpflichtige Einkünfte, erfolgt eine Veranlagung daher nur auf Antrag. Dieser Antrag kann im Rechtsmittelverfahren zurückgezogen werden.
Werden neben den lohnsteuerpflichtigen Einkünften andere Einkünfte im Sinne des § 98 EStG 1988 erzielt, hat eine (Pflicht-)Veranlagung gemäß § 102 Abs. 1 Z 1 und 2 EStG 1988 zu erfolgen. Der Veranlagungsfreibetrag gemäß § 41 Abs. 3 EStG 1988 ist nicht zu berücksichtigen.
1241f
Kehrt ein Arbeitnehmer täglich zu seinem Wohnsitz im Ausland zurück, hat er keinen österreichischen Aufenthalt und unterliegt lediglich der beschränkten Steuerpflicht. Übernachtet er hingegen an den Arbeitstagen am Arbeitsort und begründet dadurch einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt, unterliegt er der unbeschränkten Steuerpflicht.