6.1 Bestandsaufnahme
6.1.1 Allgemeines
6.1.1.1 Ordnungsmäßigkeit der Inventur
6.2.1 Allgemeines
Für die Bewertung haben Steuerpflichtige, die den Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 ermitteln, auf den allgemeinen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung aufzubauen (siehe Rz 419 ff). Des Weiteren sind die allgemeinen Bewertungsgrundsätze zu beachten. Dazu gehören insbesondere:
- der Grundsatz der Bewertungsstetigkeit,
- der Grundsatz der Periodisierung,
- das Stichtagsprinzip,
- der Grundsatz der Unternehmensfortführung,
- der Grundsatz der Einzelbewertung,
- das Realisationsprinzip,
- der Grundsatz des Wertzusammenhanges.
Steuerpflichtige, die den Gewinn gemäß § 5 Abs. 1 EStG 1988 ermitteln, sind zusätzlich an die speziellen Bewertungsgrundsätze des Unternehmensrechts gebunden. Dazu zählt insbesondere das Imparitätsprinzip als ein aus dem Vorsichtsprinzip abgeleiteter Grundsatz.
6.2.2 Allgemeine Bewertungsgrundsätze
6.2.2.1 Grundsatz der Bewertungsstetigkeit
Ein Wechsel der in den Vorjahren angewendeten Methoden und Grundsätze bei der Bewertung ist für dieselben und gleichartige Wirtschaftsgüter grundsätzlich nicht zulässig. Beizubehalten sind insbesondere:
- Abschreibungszeiträume (VwGH 24.6.2003, 99/14/0015),
- Abzinsungssätze (VwGH 11.4.1978, 2705/77),
- Festwertmethode (VwGH 29.4.1963, 1974/62),
- Wahlrechte bei den Herstellungskosten (beispielsweise Einbeziehung des freiwilligen Sozialaufwands),
- die Bildung von Rechnungsabgrenzungsposten (VwGH 26.2.1975, 1125/74),
- die Bildung einer Rückstellung (zB Gewährleistungsrückstellung eines Baumeisters).
Ändern sich die für die Bewertung maßgeblichen Verhältnisse wesentlich, ist ein Wechsel der Bewertungsmethoden zulässig (VwGH 11.4.1978, 2705/77).
Der Grundsatz der Bewertungsstetigkeit kommt insbesondere in folgenden Fällen nicht zur Anwendung:
- Erstmalige Inanspruchnahme eines Wahlrechts (VwGH 26.2.1975, 1125/74; VwGH 7.2.1990, 88/13/0241),
- Steuerbegünstigungen (zB Freibeträge, Übertragung stiller Reserven) ,
- Wechsel von Inventurmethoden,
- Wechsel von Bewertungsvereinfachungsverfahren,
- Wechsel von Verbrauchsabfolgeverfahren.
6.2.2.2 Grundsatz der Periodisierung
Der Grundsatz der periodengerechten Gewinnermittlung als Grundlage der Abschnittsbesteuerung ist auch bei der Bewertung zu beachten (siehe Rz 650 ff). Durch Abschreibungen und Zuschreibungen dürfen keine Ergebnisauswirkungen, die andere Wirtschaftsjahre betreffen, in den aktuellen Abrechnungszeitraum verlagert werden.
Besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang dem Zeitpunkt der Gewinnverwirklichung zu (siehe Rz 2153 ff).
Erfolgsabgrenzungen, die die Periodenrichtigkeit des Ergebnisses erhöhen, sind zulässig (siehe Rz 2395 ff und 3327 ff).
6.2.2.3 Stichtagsprinzip
Die Bewertung in der Bilanz hat sich nach den Verhältnissen zu richten, wie sie sich am Bilanzstichtag dem Unternehmer darstellen (VwGH 13.12.1995, 92/13/0081). Wertänderungen nach dem Bilanzstichtag, die dem Steuerpflichtigen vor dem Bilanzerstellungszeitpunkt bekannt werden, sind nicht zu berücksichtigen.
Zu diesen wertbeeinflussenden Umständen zählen beispielsweise:
- Abschreibungen von Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens, die Wertschwankungen der nächsten Zukunft nach dem Bilanzstichtag berücksichtigen,
- Gewinnansprüche gegenüber Kapitalgesellschaften (VwGH 18.1.1994, 93/14/0169),
- Schuldnachlass im Rahmen eines Zwangsausgleichs nach dem Bilanzstichtag (VwGH 24.5.1993, 92/15/0041),
- Substanzmindernde Ausschüttungen nach dem Bilanzstichtag (VwGH 29.4.1992, 90/13/0031),
- Vertragsänderungen nach dem Bilanzstichtag (VwGH 29.4.1992, 90/13/0228).
Wertänderungen, die sich lediglich während des Wirtschaftsjahres, also zwischen den Bilanzstichtagen, ergeben, dürfen nicht berücksichtigt werden.
Beispiel:
Der Wert einer im Jahr 1999 um 1,000.000 S angeschafften Beteiligung sinkt während des Jahres 2000 auf 800.000 S. Am Bilanzstichtag 31.12.2000 beträgt der wieder gestiegene Wert 1,100.000 S. Eine Abwertung der Beteiligung kommt nicht in Betracht.
Nach dem Bilanzstichtag eingetretene Wertminderungen sind steuerlich nicht zu berücksichtigen. Hingegen sind für die Bilanzansätze Umstände zu berücksichtigen, die objektiv bereits am Bilanzstichtag tatsächlich bestanden haben, dem Steuerpflichtigen jedoch erst zwischen Bilanzstichtag und Bilanzerstellungszeitpunkt (Zeitraum der Bilanzerstellung) bekannt wurden (werterhellende Umstände, VwGH 16.12.1999, 95/15/0027; VwGH 26.9.1984, 82/13/0051). Der Bilanzerstellungszeitraum, in dem besseres Wissen bei der Bilanzerstellung zu berücksichtigen ist, endet mit der der jeweiligen Rechtsform entsprechenden, unternehmensrechtlich ordnungsmäßigen Feststellung des Jahresabschlusses.
6.2.2.4 Grundsatz der Unternehmensfortführung (Going-Concern-Prinzip)
Bei der Bewertung der Wirtschaftsgüter im Rahmen der Bilanzierung ist grundsätzlich von der Fortführung des Unternehmens auszugehen. Dieser aus dem Teilwertbegriff abgeleitete Grundsatz entspricht dem unternehmensrechtlichen „Going-Concern-Prinzip“.
Für die Bewertung der einzelnen Wirtschaftsgüter ist ihre bestimmungsgemäße Verwendung im Betrieb zu berücksichtigen.
Ein Abgehen vom Grundsatz der Unternehmensfortführung ist dann zulässig, wenn tatsächliche oder rechtliche Gründe am Bilanzstichtag vorliegen, die dies rechtfertigen. Tatsächliche Gründe werden dann angenommen werden können, wenn zB Umweltschutzauflagen die Schließung des Unternehmens in absehbarer Zeit erzwingen. Rechtliche Gründe liegen vor, wenn die Fortführung oder Inbetriebnahme des Unternehmens auf Grund von Gesetzen untersagt wird. Die Person des Betriebsinhabers und seine persönlichen Fähigkeiten sind für die Frage, ob das Unternehmen fortgeführt werden kann, nicht von Bedeutung. Eine rein rechnerische Überschuldung zu Liquidationswerten zwingt nicht zur Eröffnung des Konkurses und widerlegt daher nicht die Annahme der Fortführung (OGH 3.12.1986, 1 Ob 655/86).
6.2.2.5 Grundsatz der Einzelbewertung
6.2.2.5.1 Saldierungsverbot
Die Bewertung der einzelnen Wirtschaftsgüter hat unabhängig von den Wertverhältnissen anderer Wirtschaftsgüter zu erfolgen (VwGH 15.2.1983, 82/14/0067). Eine Saldierung ist nicht zulässig; insbesondere ist ein Wertausgleich durch die Verrechnung von Wertminderungen und Wertsteigerungen verschiedener Wirtschaftsgüter zu vermeiden.
Was als Wirtschaftsgut den Bewertungsgegenstand darstellt, ist den Rz 452 f zu entnehmen.
Dem Grundsatz der Einzelbewertung entspricht in erster Linie das Identitätspreisverfahren (siehe Rz 2313 f).
Nicht vom Saldierungsverbot umfasst sind positive und negative Wirtschaftsgüter dann, wenn sie als Bewertungseinheit angesehen werden können. Liegt eine nachvollziehbare, sachliche und kausale Verknüpfung vor, ist für diese geschlossenen Positionen eine gemeinsame Bewertung geboten. Als Beispiele dafür gelten:
- zinsenabhängige Forderungen und Verbindlichkeiten (insbesondere bei Banken),
- (gleichartige) Fremdwährungsforderungen und -verbindlichkeiten, die der Kurssicherung dienen,
- durch Devisentermingeschäfte abgesicherte Fremdwährungsforderungen und -verbindlichkeiten,
- versicherte Forderungen,
- Verbindlichkeiten (zB aus Haftungsverhältnissen) mit vollwertigen Regressansprüchen und
- risikoausgleichende Optionsgeschäfte.
6.2.2.5.2 Gruppenbewertung
Ausnahmen vom Grundsatz der Einzelbewertung stellen die zulässigen Gruppenbewertungsverfahren dar. Dazu zählen:
- das Festwertverfahren (siehe Rz 2277 und 2324),
- die Durchschnittspreisverfahren,
- gewogene Durchschnittspreisbewertung (siehe Rz 2264 ff und 2315),
- gleitende Durchschnittspreisbewertung (siehe Rz 2316 f),
- die Verbrauchsabfolgeverfahren,
- FIFO-Bewertung („first-in-first-out“) (siehe Rz 2318 f),
- LIFO-Bewertung („last-in-first-out“) (siehe Rz 2320 f).
Wirtschaftsgüter des Sachanlagevermögens sowie Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe können unter der Voraussetzung, dass
- sie regelmäßig ersetzt werden,
- ihr Gesamtwert von untergeordneter Bedeutung ist,
- ihr Bestand voraussichtlich nach Größe, Wert und Zusammensetzung nur geringen Schwankungen unterliegt,
mit einem gleich bleibenden Wert (Festwert) angesetzt werden. Dieser Wert ist zumindest alle fünf Jahre durch eine körperliche Bestandsaufnahme zu überprüfen. Bei wesentlichen Mengenänderungen ist der Wert entsprechend anzupassen.
Die Durchschnittspreisverfahren können auf Gruppen gleichartiger Wirtschaftsgüter des Finanzanlage- und Vorratsvermögens, des Weiteren auf Umlaufwertpapiere angewendet werden. Für andere bewegliche Wirtschaftsgüter sind die Durchschnittspreisverfahren nur bei Gleichartigkeit oder annähernder Gleichwertigkeit zulässig. Die Verbrauchsabfolgeverfahren betreffen Gruppen gleichartiger Wirtschaftsgüter des Vorratsvermögens. Hinsichtlich der Unzulässigkeit von Sammelabschreibungen und Sammelwertberichtigungen siehe Rz 2372 f. Zur Unzulässigkeit der Bildung von Pauschalrückstellungen gemäß § 9 Abs. 3 EStG 1988 idF vor COVID-19-StMG bzw. zu deren Zulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 EStG 1988 idF COVID-19-StMG siehe Rz 3319.
6.2.2.6 Realisationsprinzip
Dem Zeitpunkt der Gewinnverwirklichung kommt im Hinblick auf das Wesen der Abschnittsbesteuerung eine besondere Bedeutung zu. Es gilt, dass Wirtschaftsgüter solange mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten bzw. dem (niedrigeren) Teilwert anzusetzen sind, bis durch einen Umsatzakt der Mehrwert realisiert wird (VwGH 18.1.1994, 90/14/0124). Dies ist regelmäßig der Fall, wenn das Wirtschaftsgut durch Übergang des wirtschaftlichen Eigentums aus dem Betriebsvermögen ausscheidet.
Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben für Wirtschaftsgüter mit biologischem Wachstum (siehe Rz 2301 ff).
Ohne Umsatzakt kommt es hinsichtlich von Wirtschaftsgütern durch die Entnahme (ua. bei Betriebsveräußerung), die Überführung ins Ausland und ggf. durch den Wechsel der Gewinnermittlungsart zur Gewinnrealisierung.
Bezüglich des Zeitpunkts der Gewinnverwirklichung siehe Rz 2153 ff.
6.2.2.7 Grundsatz des Wertzusammenhangs
Es ist zwischen
- dem eingeschränkten Wertzusammenhang und
- dem uneingeschränkten Wertzusammenhang
zu unterscheiden.
Dem eingeschränkten Wertzusammenhang zufolge darf eine in den Vorjahren vorgenommene Teilwertabschreibung wieder rückgängig gemacht werden (Zuschreibungswahlrecht). Diese Aufwertung ist mit den ursprünglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten bzw. dem ursprünglichen Einlagewert des jeweiligen Wirtschaftsguts begrenzt. Dieser Grundsatz ist bei der Bewertung des nicht abnutzbaren Anlagevermögens und des Umlaufvermögens zu beachten. Bei der Bewertung von Verbindlichkeiten gilt dieser Grundsatz sinngemäß.
Die Aufwertung ist nur in jenem Jahr zulässig, in dem der Teilwert gestiegen ist. Damit können bilanzmäßig ausgewiesene, nicht verwirklichte Verluste wieder rückgängig gemacht werden (VwGH 18.5.1971, 1582/69). Die Aufwertung ist nur in der Schlussbilanz, also erfolgswirksam zulässig (VwGH 30.10.1951, 1168/49).
Der Ansatz von Zwischenwerten ist nicht zulässig, weil die ansonsten unbeschränkte Anzahl möglicher Wertausweise eine Verletzung des Grundsatzes der Bilanzwahrheit darstellt. Auch hinsichtlich des Grundsatzes der Periodisierung besteht das Wahlrecht nur darin, den niedrigeren Wert beizubehalten oder den höheren Teilwert, höchstens die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten anzusetzen.
Rechtslage für Wirtschaftsjahre vor 2016:
Ausnahmen vom Zuschreibungswahlrecht bestehen in folgenden Fällen:
- Beteiligungen gemäß § 228 Abs. 1 UGB: Diese sind mit dem höheren Teilwert anzusetzen, soweit unternehmensrechtlich eine Zuschreibung geboten ist (§ 6 Z 13 EStG 1988; siehe Rz 2574 ff).
- Im Rahmen der Gewinnermittlung gemäß § 5 Abs. 1 EStG 1988 gilt für Verbindlichkeiten das Wahlrecht zur Wertbeibehaltung.
Zu Passivposten siehe Rz 2439 ff.
Rechtslage für Wirtschaftsjahre ab 2016:
Im Rahmen der Gewinnermittlung gemäß § 5 Abs. 1 EStG 1988 sind Zuschreibungen sowohl für das Anlagevermögen als auch das Umlaufvermögen zwingend vorzunehmen (siehe dazu näher Rz 2574 ff). Gleichermaßen sind Wertaufholungen von Verbindlichkeiten zwingend vorzunehmen (siehe dazu Rz 2441).
Der uneingeschränkte Wertzusammenhang normiert ein Zuschreibungsverbot für Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens. Der letzte Bilanzansatz darf nicht überschritten werden. Ein Verharren auf dem Wert des letzten Bilanzansatzes bis zur Wertangleichung durch Gebrauch oder Zeitablauf ist im Hinblick auf die Verpflichtung zur Vornahme der AfA nicht zulässig (VwGH 30.9.1960, 0262/58).
Eine Ausnahme von der Anwendung des uneingeschränkten Wertzusammenhangs besteht für gemäß § 208 Abs. 1 UGB gebotene Zuschreibungen (abnutzbares Anlagevermögen). Diese erhöhen den steuerlichen Wertansatz und den steuerlichen Gewinn im jeweiligen Jahr.
Im Hinblick auf § 208 Abs. 2 UGB idF vor dem RÄG 2014 ist für Wirtschaftsjahre vor 2016 in diesem Fall sowie bei unternehmensrechtlich zulässigen Zuschreibungen (beispielsweise gemäß § 13 EStG 1988 gebildete Bewertungsreserven nach § 205 UGB idF vor dem RÄG 2014) von einem Zuschreibungswahlrecht in der UGB-Bilanz auszugehen. Es gilt der Grundsatz der Maßgeblichkeit (siehe Rz 433 f). Beanspruchen dürfen dieses Wahlrecht alle Steuerpflichtigen, die unternehmensrechtliche Jahresabschlüsse legen, unabhängig von der Art der betrieblichen Einkünfte (siehe dazu Rz 430e ff).
6.2.3 Unternehmensrechtliche Bewertungsgrundsätze
6.2.3.1 Verhältnis zum Steuerrecht
Neben den steuerrechtlichen Bewertungsgrundsätzen (siehe Rz 2126 ff) gelten im Rahmen der Gewinnermittlung gemäß § 5 Abs. 1 EStG 1988 zusätzlich die Bewertungsgrundsätze des Unternehmensrechts. Sie sind unbedingt bei der steuerlichen Gewinnermittlung zu beachten, soweit ihnen nicht zwingende steuerliche Vorschriften entgegenstehen. Damit werden in vielen Bereichen die Wahlrechte, die bei der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1988 gelten, durch die engeren Regeln des Unternehmensrechts für die Gewinnermittlung gemäß § 5 Abs. 1 EStG 1988 eingeschränkt. Der Unterschied betrifft im Wesentlichen:
- Rechnungsabgrenzungen,
- Rückstellungen,
- Teilwertabschreibungen,
- Zuschreibungen.
6.2.3.2 Imparitätsprinzip
Erkennbare Risken und drohende Verluste, die im jeweiligen oder in einem vorangegangenen Wirtschaftsjahr entstanden sind, müssen bereits vor ihrer Realisierung berücksichtigt werden. Dies drückt sich aus durch
- das unbedingte Niederstwertprinzip im Bereich des Umlaufvermögens,
- das bedingte Niederstwertprinzip im Bereich des Anlagevermögens,
- das unbedingte Höchstwertprinzip bei den Verbindlichkeiten und
- das Ansatzgebot für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften.
Ein gegenüber den Anschaffungs- oder Herstellungskosten gesunkener Teilwert ist bei der Bewertung von Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens ohne Einschränkung anzusetzen (unbedingtes Niederstwertprinzip).
Eine Teilwertabschreibung bei Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens hängt von der voraussichtlichen Dauerhaftigkeit der Wertminderung ab. Unter dieser Voraussetzung ist sie jedoch zwingend vorzunehmen (bedingtes Niederstwertprinzip). Für das Finanzanlagevermögen darf ein niedrigerer Teilwert auch dann gewählt werden, wenn die Wertminderung voraussichtlich nur vorübergehend ist (gemildertes Niederstwertprinzip).
Verbindlichkeiten sind zwingend mit dem höchsten von mehreren zulässigen Werten anzusetzen (unbedingtes Höchstwertprinzip).
Drohende Verluste aus schwebenden Geschäften sind als Rückstellung auszuweisen, soweit diese nicht bereits bei der Bewertung anderer Wirtschaftsgüter eingeflossen sind (zB durch retrograde Bewertung).
6.3.1 Zeitpunkt der Gewinnverwirklichung
Aus § 6 EStG 1988 ergibt sich, dass nur verwirklichte Gewinne der Besteuerung unterliegen. Die Gewinnverwirklichung tritt grundsätzlich bei der Veräußerung oder dem sonstigen Ausscheiden eines Wirtschaftsgutes aus dem Betriebsvermögen ein.
Gewinnrealisierung tritt ein, wenn der Abnehmer das wirtschaftliche Eigentum erwirbt (VwGH 8.3.1994, 93/14/0179).
Einzelfälle:
Abgrenzbare Teilleistungen
Die allgemeinen Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung umfassen auch die Bewertungsgrundsätze, wozu auch das Realisationsprinzip zählt. Danach dürfen Gewinne erst ausgewiesen werden, wenn sie realisiert sind. Gewinnrealisierung darf erst angenommen werden, wenn der Gewinn durch einen Umsatz verwirklicht, also die Leistung erbracht ist. Bei Dauerschuldverhältnissen erfolgt sie pro rata temporis; die Gewinne werden bei solchen durch kontinuierliche Leistungserbringung gekennzeichneten Vertragsverhältnissen laufend nach Maßgabe der Leistungserbringung realisiert und sind daher jedenfalls zum jeweiligen Bilanzstichtag auszuweisen (VwGH 29.04.2003, 99/14/0112, VwGH 06.07.2006, 2003/15/0123).
Bei Erbringung abgrenzbarer Teilleistungen wird mit dem Abschluss jeder einzelnen Teilleistung der darauf entfallende Gewinnanteil verwirklicht.
Die von einem Wirtschaftstreuhänder besorgte laufende Führung von Büchern, die Lohnverrechnung und die Errechnung monatlich abzuführender Abgaben stellen abgrenzbare Teilleistungen dar; dies selbst dann, wenn sich an diese Tätigkeiten die Erstellung des Jahresabschlusses und die Ausfertigung der Abgabenerklärungen anschließen. Der auf die genannten Teilleistungen entfallende Gewinnanteil ist bei buchführenden Wirtschaftstreuhändern ungeachtet des Zeitpunktes der Ausstellung der Honorarnote jeweils am Ende des betreffenden Kalenderjahres zu aktivieren (VwGH 1.12.1981, 81/14/0017).
Dies gilt sinngemäß für abgrenzbare und abrechenbare Teilleistungen anderer buchführender Freiberufler (zB VwGH 16.2.1962, 0005/59).
Abgrenzbare und abrechenbare Teilleistungen sind auch bei Wiederkehrschuldverhältnissen, Sukzessivlieferungsverträgen und Dauerwartungsverträgen anzunehmen.
Bei Bauleistungen ist für die Gewinnrealisierung auf den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums in Form der Übertragung der faktischen Verfügungsmöglichkeit abzustellen. Der Zeitpunkt der Legung der Schlussrechnung ist nicht maßgeblich. Vielmehr ist aus dem Gesamtbild der Verhältnisse der Zeitpunkt der Verschaffung der Verfügungsmacht zu ermitteln (VwGH 6.7.2006, 2003/15/0123).
Werden im Rahmen langfristiger Fertigungen (insbesondere Bauleistungen, die in mehrere Wirtschaftsjahre fallen) keine abgrenzbaren Teilleistungen erbracht, ist im Rahmen der Gewinnermittlung gemäß § 5 Abs. 1 EStG 1988 eine Gewinnrealisierung erst im Zeitpunkt der Lieferung (Abnahme) vorzunehmen.
Eine abgrenzbare Teilleistung liegt bspw. bei der Fertigstellung eines von mehreren herzustellenden Reihenhäusern vor. Vor der Fertigstellung sind unvollendete, nicht abgerechnete Bauvorhaben mit den Herstellungskosten der teilfertigen Bauten anzusetzen. Von einer Fertigstellung kann nur ausgegangen werden, wenn im Gesamtgefüge des Geschäfts den ausstehenden Arbeiten eine zu vernachlässigende Bedeutung zukommt und der auf die ausstehenden Arbeiten entfallende Betrag eine zu vernachlässigende Höhe ausmacht (VwGH 15.2.1994, 93/14/0175). Der tatsächlichen Abrechnung kommt für die Realisation keine besondere Bedeutung zu (VwGH 19.9.1989, 89/14/0119).
Die ausständige Montageüberwachung über den Zeitpunkt des Eigentumsüberganges hinaus rechtfertigt ein Hinausschieben des Realisierungszeitpunkts nicht. Dafür ist durch eine Rückstellung vorzusorgen.
Annahmeverweigerung durch den Abnehmer
Im Fall der Annahmeverweigerung durch den Abnehmer tritt keine Gewinnrealisierung ein.
Ergebnisse aus Mitunternehmeranteilen
Ergebnisse aus Anteilen an Mitunternehmerschaften, die in einem Betriebsvermögen gehalten werden, sind dem Mitunternehmer unmittelbar zuzurechnen und beeinflussen in der jeweiligen Höhe den Beteiligungsansatz im Jahresabschluss (Spiegelbildtheorie); siehe Rz 2249 und 2341.
Kauf unter aufschiebender Bedingung
Beim Kauf unter aufschiebender Bedingung (bspw. Kauf auf Probe) tritt Gewinnrealisierung erst mit Eintritt der Bedingung ein (VwGH 28.4.1967, 1818/66), es sei denn, das wirtschaftliche Eigentum ist schon vorher auf den Käufer übergegangen (VwGH 26.3.2003, 97/13/0052; VwGH 22.9.1981, 0217/80).
Kaufvertrag
Bei Kaufverträgen ist der Zeitpunkt der Realisierung im Regelfall jener der Übertragung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht. Dies gilt auch für den Kauf unter auflösender Bedingung (VwGH 3.5.1983, 82/14/0243, betr. Kauf unter Eigentumsvorbehalt).
Realisierung der Gewinne aus Kapitalgesellschaften
Siehe Rz 2339.
Tausch
Der Tausch eines Wirtschaftsgutes gegen ein anderes stellt steuerlich eine Veräußerung des hingegebenen und eine Anschaffung des im Tauschwege erworbenen Wirtschaftsgutes dar. Das erworbene Wirtschaftsgut ist gemäß § 6 EStG 1988 mit den Anschaffungskosten zu bewerten, wobei die Anschaffungskosten gleich sind dem gemeinen Wert des hingegebenen Wirtschaftsgutes (siehe Rz 2588 ff). Durch den Tausch wird in der Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen dem Buchwert des hingegebenen Wirtschaftsgutes und seinem gemeinen Wert ein Gewinn realisiert (VwGH 22.6.1976, 0529/74).
Zuschüsse von dritter Seite, Subventionen
Zuschüsse von dritter Seite (zB Subventionen) sind bei Vorliegen aller Voraussetzungen zu realisieren. Dies gilt auch für Zuschüsse in Form von Wirtschaftsgütern. Sind Zuschüsse an eine Leistungserbringung geknüpft, wird mit der Leistungserfüllung auch der Zuschuss realisiert (zB Zuschüsse zur Preisauffüllung). Dienen Zuschüsse zur Deckung eines bestimmten Aufwandes, ist der Zuschuss im Aufwandsentstehungszeitpunkt zu realisieren (zB Zinsenzuschüsse). Werden Zuschüsse ohne Rückzahlungsverpflichtungen für bestimmte Zwecke gewährt, fallen Zufluss- und Realisierungszeitpunkt zusammen (VwGH 29.10.1974, 1141/74). Private Zuschüsse (zB Baukostenzuschüsse, Investitionszuschüsse einer Getränkefirma, Umzugskostenvergütungen) sind unabhängig von ihrer unternehmensrechtlichen Beurteilung steuerlich als Ertrag auszuweisen (VwGH 18.1.1994, 90/14/0124; VwGH 6.5.1975, 1703/74; VwGH 25.10.1994, 94/14/0080).
6.3.2 Schwebende Rechtsverhältnisse
Bei zweiseitig verbindlichen Verträgen, die noch von keiner Seite erfüllt wurden (schwebende Geschäfte), gilt der Grundsatz, dass sich die gegenseitigen Forderungen und Verbindlichkeiten wechselseitig ausgleichen und daher buch- und bilanzmäßig nicht zu berücksichtigen sind (VwGH 6.11.1968, 1637/66; VwGH 28.4.1970, 1296/68). Die bilanzmäßige Erfassung der Anzahlungen hat keinen Einfluss auf den Schwebezustand (siehe Rz 2327 f).
6.3.3 Dauerschuldverhältnisse
Im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen erfolgt die Gewinnrealisierung im Umfang der anteiligen Leistungserbringung. Es ist daher wesentlich, ob Leistungen zeitpunkt- oder zeitraumbezogen erbracht werden (VwGH 18.1.1994, 90/14/0124).
Mieterträge sind unabhängig vom Abrechnungs- und Zahlungszeitpunkt zeitanteilig zu realisieren.
Wird das Entgelt leistungsabhängig berechnet (zB nach den gefahrenen Kilometern), sind bei der Bilanzierung Kenntnisse über das Ausmaß der Nutzung durch den Mieter zu verwerten.
6.4 Anschaffungs- und Herstellungskosten, Teilwert
6.4.1 Anschaffungskosten
6.4.1.1 Allgemeines
Das EStG 1988 enthält keine gesetzliche Umschreibung des Begriffes. Da die allgemeinen und die unternehmensrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung im Bereich der Anschaffungskosten nicht voneinander abweichen, gilt der unternehmensrechtliche Anschaffungskostenbegriff (§ 203 Abs. 2 UGB) für sämtliche Gewinnermittlungsarten und auch für die außerbetrieblichen Einkunftsarten (VwGH 23.11.1994, 91/13/0111). Unterschiede können sich ua. aus der steuerlichen Angemessenheitsprüfung gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG 1988 (VwGH 21.10.1986, 84/14/0054) oder durch das Unterbleiben der Namensnennung des Vermittlungsprovisionsempfängers gemäß § 162 BAO ergeben.
Anschaffungskosten sind jene Aufwendungen, die geleistet werden, um ein Wirtschaftsgut zu erwerben und in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Wirtschaftsgut einzeln zugeordnet werden können, wobei zu den Anschaffungskosten auch die Nebenkosten sowie die nachträglichen Anschaffungskosten gehören. Anschaffungspreisminderungen sind abzusetzen (§ 203 Abs. 2 UGB).
6.4.1.2 Anschaffungszeitpunkt, Anschaffungszeitraum
6.4.1.2.1 Anschaffungszeitpunkt
Der Anschaffungszeitpunkt entspricht dem Zeitpunkt der Erlangung des wirtschaftlichen Eigentums. Das ist jener Zeitpunkt, zu dem die Möglichkeit, ein Wirtschaftsgut wirtschaftlich zu beherrschen und den Nutzen aus ihm zu ziehen, übergeht (Übergang der wirtschaftlichen Verfügungsmacht). Es entscheidet die tatsächliche betriebliche Nutzungsmöglichkeit und nicht nur der rechtliche Übergang von Besitz, Preisgefahr, Nutzen und Lasten (VwGH 12.6.1991, 90/13/0028; VwGH 11.3.1992, 90/13/0230; VwGH 8.3.1994, 93/14/0179, VwGH 25.2.1997, 97/14/0006).
Der Anschaffungszeitpunkt ist für die Bilanzierung dem Grunde nach und für den Diskontierungszeitpunkt des Barwertes einer Renten- oder Ratenverpflichtung und somit auch für die Höhe der Anschaffungskosten (Bilanzierung der Höhe nach bzw. Bewertung) der auf diese Weise finanzierten Wirtschaftsgüter maßgebend.
6.4.1.2.2 Anschaffungszeitraum
Die Ermittlung der Anschaffungskosten eines Wirtschaftsgutes erfolgt nicht zeitpunkt-, sondern zeitraumbezogen (VwGH 23.2.2017, Ro 2016/15/0006, zur Anschaffung einer Beteiligung). Nur jene Aufwendungen, welche innerhalb dieses Zeitraumes anfallen, kommen als Anschaffungskosten in Frage. Der Anschaffungsvorgang ist bedeutsam vor allem für die Ermittlung der Anschaffungsnebenkosten und der nachträglichen Anschaffungskosten.
Als Anschaffungskosten kommen nur jene Aufwendungen in Frage, die auf Tätigkeiten zurückzuführen sind, die zur erstmaligen bestimmungsgemäßen Nutzbarmachung des Wirtschaftsgutes führen. Der Anschaffungszeitraum erfasst dabei nicht nur jene Aufwendungen ab der endgültigen Erwerbsentscheidung, sondern alle auf den Erwerb gerichteten Aufwendungen ab der Dokumentation der Absicht, ein bestimmtes Wirtschaftsgut erwerben zu wollen; dazu zählen auch Aufwendungen in Zusammenhang mit der Bestimmung der Beschaffenheit und des Wertes des zu erwerbenden Wirtschaftsgutes (VwGH 23.2.2017, Ro 2016/15/0006). Das Ende des Anschaffungszeitraumes ist nicht bereits mit der Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht erreicht, sondern erst dann, wenn der erworbene Gegenstand einen Zustand erreicht hat, der seine bestimmungsgemäße Nutzung am geplanten Einsatzort ermöglicht (objektive Betriebsbereitschaft).
Beispiel 1:
Ein defekt erworbener Lastkraftwagen ist für eine Reparaturwerkstätte oder einen Schrotthändler „betriebsbereit“, nicht jedoch für ein Transportunternehmen.
Beispiel 2:
Die Betriebsbereitschaft einer Anlage, für die der Verkäufer eine bestimmte während eines Garantielaufes zu erreichende Anlagenleistung verspricht, ist mit der Beendigung der mechanischen Fertigstellung und der Eignung zum Probebetrieb gegeben (VwGH 8.3.1994, 93/14/0179).
Zu den anschaffungsnahen Erhaltungsaufwendungen siehe Rz 2620 ff.
6.4.1.3 Anschaffungspreisprinzip
Anschaffungskosten müssen auf tatsächlich am Markt realisierte Zahlungs- oder Austauschvorgänge zurückführbar sein. Anschaffungskosten können daher teilweise oder zur Gänze etwa durch Hingabe von Sachgütern oder durch Überlassung von Nutzungsmöglichkeiten erbracht werden, wenn diesen im wirtschaftlichen Verkehr ein Geldwert beigemessen wird.
6.4.1.4 Finanzierungsaufwendungen
Die Aktivierung von Fremdkapitalzinsen ist grundsätzlich unzulässig (Aktivierungsverbot). Ausnahmsweise ist im Falle von kreditfinanzierten Anzahlungen oder Vorauszahlungen im Zusammenhang mit der Anschaffung von Neuanlagen mit längerer Bauzeit von einem unternehmensrechtlichen Aktivierungswahlrecht der bis zum Anschaffungszeitpunkt anfallenden Zinsen auszugehen. Wird dieses Wahlrecht in Anspruch genommen, dann ist dem auch steuerlich zu folgen.
Eine Abzinsung einer Verbindlichkeit im Zusammenhalt mit der Ermittlung von Anschaffungskosten ist dann notwendig, wenn im Rückzahlungsbetrag Zinskomponenten enthalten sind, die nicht Bestandteil der Anschaffungskosten des fremdfinanzierten Wirtschaftsgutes sind (VwGH 23.11.1994, 91/13/0111).
Eigenkapitalzinsen kommen nicht als Teil der Anschaffungsneben- oder als nachträgliche Anschaffungskosten in Frage, da diese zu keiner Zeit zu Ausgaben, aber auch nicht zum Verzicht auf ein geldwertes Recht führen.
6.4.1.5 Bestandteile der Anschaffungskosten
6.4.1.5.1 Kaufpreis
Der Kaufpreis gilt als Anschaffungskosten im engeren Sinn und entspricht jenen Aufwendungen, die gegenüber dem Veräußerer oder einem Dritten getätigt werden, um das wirtschaftliche Eigentum an einem Wirtschaftsgut zu erwerben.
6.4.1.5.1.1 Einzelfälle
Anschaffung, Einlage
Wird ein Wirtschaftsgut aus dem Privatvermögen verkauft und zugleich für den Betrieb rückgekauft, liegt tatsächlich keine Veräußerung und Anschaffung vor. Es handelt sich vielmehr um eine Einlage in das Betriebsvermögen (VwGH 14.5.1991, 89/14/0012).
Barzahlung, Übernahme von Verbindlichkeiten und Verpflichtungen
Dem Kaufpreis entspricht das vertraglich vereinbarte Entgelt (Barzahlung) für die Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums einschließlich übernommener Verbindlichkeiten und Verpflichtungen gegenüber dem Verkäufer oder Dritten.
Leasing
Die Ermittlung der Anschaffungskosten im Falle der Zurechnung zum Leasingnehmer siehe Rz 135 ff.
Rentenverpflichtungen
Werden Wirtschaftsgüter gegen eine Rentenverpflichtung angeschafft, dann ergeben sich die Anschaffungskosten aus dem Barwert der Rentenverpflichtung im Anschaffungszeitpunkt; siehe Rz 2454 ff, 7031 ff, 7042 f.
Skontoabzug
Gewährt ein Lieferant eines Wirtschaftsgutes dem Abnehmer Skonti, so liegen bei diesem in Höhe der Skonti keine Anschaffungskosten vor, da er insoweit keine Aufwendungen getätigt hat.
Überhöhter Kaufpreis
Der Kaufpreis gilt auch dann in unverminderter Höhe als Teil der Anschaffungskosten, wenn dieser unbestrittener Maßen weit überhöht ist. Es ist anzunehmen, dass die Anschaffungskosten und der Teilwert im Zeitpunkt der Anschaffung übereinstimmen; diese Teilwertvermutung ist widerlegbar (VwGH 11.8.1993, 92/13/0096, VwGH 10.9.1998, 93/15/0051).
Unrentable Investitionen
Anders als bei unverzinslichen Forderungen dürfen die Anschaffungskosten eines von einem Kreditinstitut zur Vermeidung höherer Forderungsausfälle ersteigerten unrentablen Grundstücks nicht abgezinst werden. Die möglicherweise nicht Gewinn bringende Investition ist ein in den Geschäftswert eingehender Faktor.
Unverzinste Verbindlichkeiten und Verbindlichkeiten inklusive Zinsen
Die Anschaffungskosten eines fremdfinanzierten Wirtschaftsgutes decken sich auch dann mit dem nominellen Rückzahlungsbetrag der Verbindlichkeit, wenn diese unverzinst ist. Eine Abzinsung einer unverzinsten Verbindlichkeit auch zur Ermittlung der Anschaffungskosten ist nur zulässig, wenn im Rückzahlungsbetrag der Verbindlichkeit Zinskomponenten enthalten sind, die nicht Bestandteil der Anschaffungskosten des fremdfinanzierten Wirtschaftsgutes sind (VwGH 23.11.1994, 91/13/0111).
Verzicht auf ein Recht, Hingabe von Wirtschaftsgütern jeder Art
Der Kaufpreis kann auch durch Verzicht auf ein Recht erbracht werden (VwGH 5.8.1992, 90/13/0138).
Währung
Der Kaufpreis in ausländischer Währung ist zum Zwecke der Bilanzierung stets in die nationale Währungseinheit unter Verwendung des höheren Briefkurses umzurechnen (vgl. § 193 Abs. 4 UGB).
Bei Anzahlungen und Barzahlungen entspricht der Anschaffungspreis dem tatsächlich entrichteten Devisenbetrag, umgerechnet mit dem Tagesbriefkurs im Zeitpunkt der Bezahlung. Das gilt selbst dann, wenn die erforderlichen Devisen bereits kürzere oder längere Zeit vor ihrem Bedarf zu einem gegenüber dem Tagesbriefkurs niedrigeren oder höheren Wechselkurs ohne Zusammenhang mit der Anschaffung gekauft wurden und daher mit der Ausbuchung der Fremdwährungsposition eine Gewinn- bzw. Verlustrealisierung in Höhe der Kursdifferenz eintritt. Die Aufbringung der zur Bewirkung des Rechnungsausgleichs erforderlichen Devisen ist als eigenständiger von der Anschaffung losgelöster Geschäftsfall zu betrachten.
Der Anschaffungswert eines auf Ziel in fremder Währung gekauften Wirtschaftsgutes entspricht nicht nur wegen der fehlenden Vorhersehbarkeit künftiger Wechselkursänderungen der Fremdwährungsschuld, umgerechnet mit dem Briefkurs im Anschaffungszeitpunkt. Kommt es zwischen dem Anschaffungszeitpunkt und dem späteren Termin der Devisentransaktion zu Änderungen des Wechselkurses, so bleiben die Anschaffungskosten davon unberührt.
Wertsicherungsbeträge
Wertsicherungsbeträge, die auf ein Darlehen zur Anschaffung eines Wirtschaftsgutes entfallen, stellen keine nachträglichen Anschaffungskosten dar. Soweit sie auf den Anschaffungszeitraum entfallen, erhöhen sie den Kaufpreis und sind sie zu aktivieren.
6.4.1.5.2 Anschaffungsnebenkosten
Dazu zählen zB:
- Abgaben auf Grund des Abschlusses des Rechtsgeschäftes
- beispielsweise: Grunderwerbsteuer, NoVA, nicht als Vorsteuer abzugsfähige Umsatzsteuer, gerichtliche Eintragungsgebühren (VwGH 17.3.1961, 0207/58), Zölle, Anmeldekosten für Kraftfahrzeuge, Börsenumsatzsteuer; zu Umgründungskosten siehe Rz 1662.
- Anschlusskosten
- Sind Anschlusskosten speziell für den Betrieb einer Anlage erforderlich, zählen sie zu den Anschaffungskosten dieser Anlage (VwGH 20.05.2010, 2007/15/0153 zu einer Windenergieanlage). Zu Anschlusskosten allgemein siehe Rz 3125.
- Behördliche Genehmigung
- Ist die Aufnahme des Betriebes einer Anlage von einer behördlichen Genehmigung abhängig, sind die dadurch veranlassten Aufwendungen aktivierungspflichtig.
- Honorare auf Grund des Abschlusses des Rechtsgeschäftes.
- Vermittlungsprovisionen (VwGH 20.11.1990, 89/14/0090), Anwalts- und Notarhonorare (VwGH 7.1.1955, 3195/53), Übersetzerhonorare, Maklergebühren.
- Montage- und Anschlusskosten (auch dann wenn sie im Unternehmen durch Eigenleistungen anfallen).
- Der Begriff der Montagekosten ist weit zu fassen. Er schließt alle Aufwendungen ein, die bei der Aufstellung einer Anlage erforderlich werden, wie bspw. Kosten für notwendige Zubehörteile, für Veränderungen an anderen Maschinen sowie alle baulichen Maßnahmen die damit verbunden sind. Daher sind bspw. auch Aufwendungen für das Niederreißen und Wiederherstellen von Mauern aktivierungspflichtig.
- Reise- und Besichtigungskosten oder Kosten der Begutachtung der Beschaffenheit und des Wertes des anzuschaffenden Gegenstandes.
- Derartige Kosten sind zu aktivieren, wenn diese zu einem Vertragsabschluss führen. Nicht zu aktivieren sind hingegen die Personalkosten des Einkäufers.
- Transaktionsentgelte und Bankspesen für an den Terminbörsen erworbene Optionsrechte sind zu aktivieren.
- Transportkosten
- Derartige Kosten sind zu aktivieren, gleichgültig ob sie durch Dritte oder betriebseigene Arbeitskräfte erbracht werden. Dazu zählen nur Aufwendungen der Überführung des Wirtschaftsgutes von der fremden in die eigene Verfügungsmacht. Kosten für innerbetriebliche Transporte – etwa vom Rohstofflager in ein Produktionslager – oder die Einsortierung von Handelswaren in die Verkaufsregale sind nicht zu aktivieren.
- Transportversicherung
- Die Aufwendungen sind zu aktivieren, wenn sie vom Erwerber zu bezahlen sind.
- Umladung und Entladung
- Derartige Kosten sind zu aktivieren, gleichgültig ob sie durch Dritte oder betriebseigene Arbeitskräfte erbracht werden.
- Umrüstkosten
- Werden gebraucht erworbene Gegenstände erst nach einer entsprechenden Umrüstung im Unternehmen bestimmungsgemäß einsatzfähig, sind die Umrüstkosten als Kosten der erstmaligen Inbetriebnahme den Anschaffungskosten zuzuordnen.
- Verluste aus der Veräußerung notwendig mitangeschaffter Wirtschaftsgüter
- Als Anschaffungsnebenkosten eines Wirtschaftsgutes und nicht als Aufwand der laufenden Periode gelten auch die Verluste aus der Veräußerung notwendig mitangeschaffter Wirtschaftsgüter (VwGH 22.1.1960, 0714/59: Erwerb einer Liegenschaft im Rahmen einer Zwangsversteigerung; die miterworbenen Anlagen werden später mit Verlust veräußert).
- Vertragserrichtungskosten gehören zu den Anschaffungskosten (VwGH 22.9.1971, 0406/71; VwGH 24.10.1978, 1006/76).
- Vorperiodische Anschaffungsnebenkosten
- Entstehen die Anschaffungsnebenkosten spätestens zum Bilanzstichtag und erfolgt die Anschaffung erst danach, so sind diese zu aktivieren.
- Zwischenlagerung
- Kosten der Zwischenlagerung auf dem Weg vom Lieferanten zum Erwerber sind zu aktivieren.
Nicht aktivierungspflichtig sind zB:
- Devisenbeschaffungskosten
- Wird der Kaufpreis eines Wirtschaftsgutes in ausländischer Währung vereinbart, so sind die durch die notwendige Devisenbeschaffung veranlassten Nebenkosten (zB Bankgebühren) nicht in die Anschaffungskosten einzurechnen.
- Entscheidungsvorbereitung und Entscheidungsfindung
- Derartige Kosten (zB eine Investitionsrechnung) dürfen nicht aktiviert werden, wurde die endgültige Erwerbsentscheidung jedoch getroffen, sind diese Aufwendungen zu aktivieren (siehe Rz 2168 f).
- Finanzierungsaufwendungen
- Zinsen in Zusammenhang mit der Finanzierung des Kaufpreises gehören grundsätzlich nicht zu den Anschaffungsnebenkosten; zur Ausnahme siehe Rz 2171 ff.
- Lagerkosten
- Bei Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen und bei Handelswaren endet der Anschaffungsvorgang mit der erstmaligen Aufnahme in das Material- bzw. Warenlager. Die Lagerkosten selbst zählen nicht mehr zu den Anschaffungsnebenkosten.
- Planungskosten
- Diese zählen nicht zu den Anschaffungskosten, wenn sie allgemeiner Natur sind und der Ermittlung von Beschaffungsalternativen dienen. Demgegenüber sind sie Teil der Anschaffungsnebenkosten, wenn sie nach der Entscheidung für eine bestimmte Beschaffungsalternative anfallen.
- Qualitätskontrolle
- Sind die Kosten der Qualitätskontrolle durch Herstellungs- bzw. Absatzmaßnahmen veranlasst, gehören sie nicht mehr zu den Anschaffungsnebenkosten.
- Rechtsstreitigkeiten
- Kosten auf Grund von Rechtsstreitigkeiten über die Zahlung des Kaufpreises, über Gewährleistungs- und Garantieansprüche sowie Anfechtung eines Vertrages wegen Verletzung des Hälftewertes gemäß § 934 ABGB gehören nicht zu den Anschaffungskosten.
- Testläufe
- Die mit Testläufen verbundenen Aufwendungen gehören nicht zu den Anschaffungsnebenkosten, und zwar unabhängig davon, ob der Probebetrieb vom Hersteller der Anlage selbst oder von betriebseigenen Arbeitskräften überwacht wird (VwGH 8.3.1994, 93/14/0179). Sie sind ausnahmsweise dann zu den Anschaffungsnebenkosten zu rechnen, wenn die Durchführung einer Vielzahl von Testläufen unabdingbar für die Herstellung der Betriebsbereitschaft ist.
- Wertsicherungsbeträge für gestundete Kaufpreisschulden sind keine Anschaffungsnebenkosten (VwGH 13.5.1986, 83/14/0089).
6.4.1.5.3 Nachträgliche Anschaffungskosten
6.4.1.5.3.1 Allgemeines
Nachträgliche Anschaffungskosten sind Bestandteil der Anschaffungskosten. Dabei handelt es sich um Erhöhungen der einzelnen Anschaffungskostenkomponenten (Kaufpreis, Nebenkosten, Kosten der Herstellung der erstmaligen Betriebsbereitschaft). Aufwendungen, die nach erstmaliger Erreichung der Betriebsbereitschaft entstehen, sind nicht zu aktivieren.
6.4.1.5.3.2 Einzelfälle
- Kaufpreiserhöhungen
Diese können bspw. aus der Neufestlegung des Kaufpreises auf Grund eines Urteils oder (gerichtlichen) Vergleichs oder aus Nachzahlungen auf Grund einer Verletzung des § 934 ABGB resultieren. Weiters führen aufschiebend bedingte Verbindlichkeiten erst im Zeitpunkt ihres Feststehens zu nachträglichen Anschaffungskosten. - Erhöhung der Anschaffungsnebenkosten und Kosten für die Herstellung der Betriebsbereitschaft.
- Die nachträgliche Rückzahlung steuerfreier Subventionen (Anschaffungskostenerhöhung).
- Rentenzahlungen, Rentenwagnis,
Ergibt der Verlauf der Rentenzahlungen, dass die tatsächlich erbrachten Teilzahlungen ohne den in ihnen enthaltenen Zinsanteil die Höhe der passivierten Rentenlast übersteigen, so liegen keine nachträglichen Anschaffungskosten vor. - Kosten in unmittelbarem Zusammenhang mit der nachträglichen Errichtung von Wohnungseigentum (Vertragserrichtungskosten, Eintragungsgebühr usw.)
6.4.1.5.4 Anschaffungskostenminderungen
Anschaffungspreisminderungen kürzen die Anschaffungskosten (§ 203 Abs. 2 UGB).
6.4.1.5.4.1 Einzelfälle
Beispiele für eine Minderung der Anschaffungskosten:
- Kaufpreisreduktion wegen Inanspruchnahme der Gewährleistung.
- Kaufpreisreduktionen wegen Verletzung des Hälftewertes gemäß § 934 ABGB.
- Kaufpreisstreitigkeiten
- Werden nachträglich die Anschaffungskosten (Kaufpreis, Anschaffungsnebenkosten) gesenkt, zB durch Nachverhandlungen, im Prozessweg oder aus ähnlichen Gründen, so führen diese Umstände zu einer Verminderung der Anschaffungskosten.
- Rabatte
- Skonti bewirken eine Anschaffungskostenminderung, wenn diese auch tatsächlich ausgenützt werden. Erfolgt die Zahlung erst nach dem Bilanzstichtag, dann sind die Anschaffungskosten ungekürzt auszuweisen.
- Zuschüsse und Subventionen
- Siehe Rz 2539 ff.
Beispiele, die zu einer Minderung führen können
- Ein Bonus darf grundsätzlich nicht als Anschaffungskostenminderung berücksichtigt werden. Steht die Höhe des Bonus in der Weise fest, dass er sich im Voraus als Preisermäßigung für eine Lieferung exakt ermitteln lässt, liegt kein Bonus, sondern vielmehr ein Rabatt vor. Um diesen Rabatt sind die Anschaffungskosten zu kürzen. Gleiches gilt, wenn bei Erstellung des Jahresabschlusses für die am Abschlussstichtag vorhandenen Wirtschaftsgüter der Bonus bekannt ist.
- Der Forderungsnachlass bewirkt keine Anschaffungskostenminderung, wenn dieser mit der seinerzeitigen Anschaffung in keinem wirtschaftlichen Zusammenhang mehr steht (VwGH 29.10.1974, 1293/73). Hingegen liegt eine Anschaffungskostenminderung vor, wenn der Verkäufer des Wirtschaftsguts die Kaufpreisschuld erlässt.
Beispiele, die zu keiner Minderung führen:
- Erlass einer gegenüber Dritten bestehenden Darlehensverbindlichkeit zur Finanzierung einer Anschaffung.
- Keine Anschaffungskostenminderung, sondern ein gewinnerhöhender Schulderlass liegt vor, wenn eine Darlehensverbindlichkeit, die gegenüber Dritten zur Finanzierung einer Anschaffung eingegangen wurde, erlassen wird (VwGH 19.10.1983, 82/13/0190).
- Wegfall einer anschaffungsbedingten Rentenschuld.
- Wird ein Wirtschaftsgut gegen Rente erworben, dann führt der Wegfall der Rente nicht zur Minderung der Anschaffungskosten, sondern ist als Ertrag auszuweisen (VwGH 24.11.1980, 0716/79).
- Wegfall einer vertraglich zugesicherten Steuerersparnis auf Grund einer Investitionsbegünstigung.
- Es liegt keine Anschaffungskostenminderung vor, wenn eine Steuerersparnis auf Grund einer Investitionsbegünstigung vertraglich zugesagt wurde, diese jedoch nicht zum Zuge kommt und deshalb der Veräußerer die Einkommensteuer zu ersetzen hat (VwGH 15.12.1982, 81/13/0025).
6.4.1.5.5 Umsatzsteuer
Soweit die Vorsteuer abgezogen werden kann (§ 12 Abs. 1 und Art. 12 UStG 1994), gehört sie nicht zu den Anschaffungskosten des Wirtschaftsgutes und ist als Forderung auszuweisen. Soweit die Vorsteuer nicht abgezogen werden kann, gehört sie zu den Anschaffungskosten.
6.4.2 Herstellungskosten
6.4.2.1 Allgemeines
Herstellungskosten sind im Sinne von Herstellungsaufwendungen zu verstehen. Sie haben im Falle der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich (§§ 5 und 4 Abs. 1 EStG 1988) Bedeutung für das Anlage- und Umlaufvermögen. Im Bereich des Sachanlagevermögens sind dies vor allem die selbst erstellten Anlagen, Maschinen und Gebäude. Im Bereich des Umlaufvermögens sind die Herstellungskosten nur für die unfertigen und fertigen Erzeugnisse, sowie für die noch nicht abrechenbaren Leistungen von Bedeutung. Keine Bedeutung haben die Herstellungskosten für unkörperliche Wirtschaftsgüter bzw. immaterielle Gegenstände des Anlagevermögens; für diese darf ein Aktivposten nur im Falle ihres entgeltlichen Erwerbs angesetzt werden (siehe Rz 623 ff).
6.4.2.2 Steuerrecht, Unternehmensrecht
6.4.2.2.1 Einkommensteuergesetz
Nach § 6 Z 1 und Z 2 lit a EStG 1988 ist das abnutzbare und das nicht abnutzbare Anlagevermögen sowie das Umlaufvermögen mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen. Zu den Herstellungskosten des abnutzbaren und nicht abnutzbaren Anlagevermögens sowie des Umlaufvermögens gehören auch angemessene Teile der Material- und Fertigungsgemeinkosten (Aktivierungspflicht, § 6 Z 2 lit a EStG 1988). Ist der Teilwert niedriger, kann dieser angesetzt werden.
6.4.2.2.2 Maßgeblichkeit der UGB-Bilanz
Im Rahmen des § 5 EStG 1988 ist grundsätzlich der unternehmensrechtliche Begriff der Herstellungskosten maßgeblich. Die Bewertung hat den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung zu entsprechen, wobei die auf den vorhergehenden Jahresabschluss angewendeten Bewertungsmethoden beizubehalten sind; ein Abweichen ist nur bei Vorliegen besonderer Umstände zulässig (§ 201 Abs. 1 und 2 UGB).
6.4.2.3 Herstellungskosten
Herstellungskosten sind jene Aufwendungen, die für die Herstellung eines Wirtschaftsgutes, seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen. Bei der Berechnung der Herstellungskosten sind auch angemessene Teile dem einzelnen Erzeugnis nur mittelbar zurechenbarer fixer und variabler Gemeinkosten in dem Ausmaß, wie sie auf den Zeitraum der Herstellung entfallen, einzurechnen (§ 203 Abs. 3 UGB idF RÄG 2014; für Herstellungsvorgänge ab 2016). Dies entspricht dem steuerlichen Herstellungskostenbegriff, demzufolge gemäß § 6 Z 2 lit. a EStG 1988 ebenfalls angemessene Teile der Materialgemeinkosten oder Fertigungsgemeinkosten aktivierungspflichtig sind.
Für Herstellungsvorgänge, die vor dem 1. Jänner 2016 begonnen wurden, sieht § 203 Abs. 3 UGB idF vor dem RÄG 2014 jedoch keine zwingende Aktivierung der Materialgemeinkosten und der Fertigungsgemeinkosten vor; diesbezüglich kommt es daher bei unternehmensrechtlicher Nichtaktivierung zur Durchbrechung der Maßgeblichkeit.
Aufwendungen, die unter Beibehaltung der Wesensart lediglich den Nutzwert und/oder die Nutzungsdauer verändern, sind nicht zu den Herstellungskosten zu zählen (VwGH 24.09.2007, 2006/15/0333 zur Wasserleitung einer Brauerei; siehe auch Rz 3178).
Fassung für Herstellungsvorgänge, die vor 2005 begonnen wurden:
Sind die Gemeinkosten durch offenbare Unterbeschäftigung überhöht, so dürfen nur die einer durchschnittlichen Beschäftigung entsprechenden Teile dieser Kosten eingerechnet werden. Aufwendungen für Sozialeinrichtungen des Betriebes, für freiwillige Sozialleistungen, für betriebliche Altersversorgung und Abfertigungen dürfen eingerechnet werden. Kosten der allgemeinen Verwaltung und des Vertriebes dürfen nicht in die Herstellungskosten einbezogen werden (§ 203 Abs. 3 UGB). Nur bei Aufträgen, deren Ausführung sich über mehr als 12 Monate erstreckt, dürfen angemessene Teile der Verwaltungs- und Vertriebskosten angesetzt werden, falls eine verlässliche Kostenrechnung vorliegt und soweit aus der weiteren Auftragsabwicklung keine Verluste drohen (Aktivierungswahlrecht, § 206 Abs. 3 UGB).
Fassung für Herstellungsvorgänge, die nach 2004 begonnen werden:
Sind die Gemeinkosten durch offenbare Unterbeschäftigung überhöht, so dürfen nur die einer durchschnittlichen Beschäftigung entsprechenden Teile dieser Kosten eingerechnet werden. Aufwendungen für Sozialeinrichtungen des Betriebes, für freiwillige Sozialleistungen, für betriebliche Altersversorgung und Abfertigungen dürfen eingerechnet werden. Kosten der allgemeinen Verwaltung und des Vertriebes dürfen nicht in die Herstellungskosten einbezogen werden (§ 203 Abs. 3 UGB). Da der steuerliche Herstellungskostenbegriff Verwaltungs- und Vertriebskosten nicht umfasst, besteht zum Unterschied vom Unternehmensrecht (§ 206 Abs. 3 UGB) für langfristige Aufträge steuerlich keine Möglichkeit zur Aktivierung von Verwaltungs- und Vertriebskosten bzw. zum Ausweis der Selbstkosten.
Zu den Kosten der allgemeinen Verwaltung gehören ua. die Aufwendungen für Geschäftsleitung, Einkauf und Wareneingang, Betriebsrat, Personalbüro, Nachrichtenwesen, Ausbildungswesen, Rechnungswesen(zB Buchführung, Betriebsabrechnung, Statistik und Kalkulation), Feuerwehr, Werkschutz, allgemeine Fürsorge einschließlich Betriebskrankenkasse.
Zinsen für Fremdkapital, das zur Finanzierung der Herstellung eines Wirtschaftsgutes verwendet wird, dürfen im Rahmen der Herstellungskosten angesetzt werden, soweit sie auf den Zeitraum der Herstellung entfallen (so genannte Bauzeitzinsen, § 203 Abs. 4 UGB). Das Wahlrecht bezieht sich auf direkt zurechenbare Zinsen und auf Zinsen, die aus der gesamten Fremdfinanzierung des Unternehmens herausgeschlüsselt werden. Davon abgesehen unterliegen Zinsen einem Aktivierungsverbot. Kalkulatorische Eigenkapitalzinsen dürfen nicht in die Herstellungskosten eingerechnet werden. Zinsersetzende Aufwendungen (Wertsicherungsbeträge, Damnum) sind wie Zinsen zu behandeln.
6.4.2.4 Herstellung
Herstellung bedeutet in erster Linie die Produktion oder die Verarbeitung der zum Verkauf bestimmten Erzeugnisse. Zur Herstellung gehört auch die Fertigung von Anlagen, die im eigenen Unternehmen eingesetzt werden sollen. Auch die Errichtung von Gegenständen (insbesondere Gebäuden), bei der die Leistung ausschließlich von anderen Unternehmern erbracht wird, wird zur Herstellung gerechnet, wenn der Hersteller (Bauherr) das wirtschaftliche Risiko während der Bauzeit trägt. Wird dagegen ein fertiges Gebäude erworben, so liegt Anschaffung vor.
Auch ein Lagerungsprozess zählt zur Herstellung, wenn es dadurch zu einer Änderung der Verkehrsgängigkeit kommt, beispielsweise bei der Lagerung von Wein oder Holz zur Erreichung einer bestimmten Produktqualität. Die Verbindung von Vermögensgegenständen zu einem in der Verkehrsauffassung als neu anerkannten Gegenstand ist eine Herstellung. Hingegen ist die Zusammenstellung eines neuen Sortiments keine Herstellung eines neuen Wirtschaftsgutes. Unter den Begriff der Herstellung fällt auch die Erstellung unfertiger Leistungen (noch nicht abrechenbare Leistungen); es handelt sich dabei um vorbereitete, aber noch nicht abgeschlossene Dienstleistungen, zB die Erstellung von EDV-Programmen, Gutachten oder Zeichnungen.
Unter Erweiterung ist eine Vermehrung der Substanz, die zumeist auch eine weiter gehende Nutzungsmöglichkeit zulässt, zu verstehen.
Über den ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung bedeutet, dass der Gegenstand durch Aufwendungen in seiner wirtschaftlichen oder technischen Nutzungsmöglichkeit erweitert wird. Die Verlängerung der Nutzungsdauer kann ein Indiz für die wesentliche Verbesserung sein. Erforderlich ist aber eine Änderung der Wesensart. Sofern die Wesensart des Wirtschaftsgutes nicht geändert wird, führen Aufwendungen, die lediglich den Nutzungswert erhöhen oder die Nutzungsdauer verlängern, zu Erhaltungsaufwendungen (VwGH 24.09.2007, 2006/15/0333).
Herstellungsvorgänge verlaufen innerhalb eines Zeitabschnittes (Herstellungszeitraum). Dieser beginnt in dem Zeitpunkt, in dem durch Handlungen (zB Planung) die Absicht, einen neuen Gegenstand herzustellen oder ein bestehendes Wirtschaftsgut zu ändern, zu verwirklichen begonnen wird.
Das Ende des Herstellungszeitraumes entspricht jenem Zeitpunkt, zu dem der Gegenstand in den Zustand versetzt ist, der seine beabsichtigte bestimmungsgemäße Verwendung ermöglicht. Das ist bspw. der Fall, wenn der technische Herstellungsprozess abgeschlossen ist und die Erzeugnisse Absatzreife erlangt haben bzw. die selbsterstellten Anlagen sich in betriebsbereitem Zustand befinden. Alle Aufwendungen, die nach dem Zeitpunkt der Absatzreife entstehen sind nicht mehr aktivierbar.
6.4.2.5 Funktionale Beziehung der aktivierbaren Kosten zum hergestellten Wirtschaftsgut
Nur jene Kosten, welche der Herstellung eines Wirtschaftsgutes dienen, kommen zur Aktivierung im Rahmen der Herstellungskosten in Frage. Das gilt für die Material- und Fertigungskosten, welche entweder als Einzel- oder Gemeinkosten in Erscheinung treten. Für diese Kosten besteht sowohl im Unternehmens- als auch im Steuerrecht Aktivierungspflicht (§ 203 Abs. 3 UGB idF RÄG 2014; § 6 Z 2 lit. a EStG 1988).
6.4.2.5.1 Einzelfälle
Abstandszahlungen
Zahlungen an Nachbarn für die Zustimmung zur Herstellung eines Gebäudes sind nicht zu dessen Herstellungskosten, sondern zum aktivierungspflichtigen Aufwand für Grund und Boden zu zählen.
Auftragsfertigung
Führen im Falle der Auftragsfertigung der Höhe nach unübliche Kosten der Geschäftsanbahnung zu Selbstkosten und nach Berücksichtigung eines angemessenen Gewinnaufschlages letztlich zu einem Bar- oder Nettokassapreis, der vom Auftraggeber akzeptiert wird, handelt es sich bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht um Vertriebskosten, welche einem unternehmens- und steuerrechtlichen Aktivierungsverbot unterliegen. Werden derartige Geschäftsanbahnungskosten in einer Periode vor der Gewinnrealisierung vom Auftragnehmer an den Auftraggeber oder an mit dem Auftraggeber in Verbindung stehende Personen bezahlt, so sind diese Zahlungen beim Auftragnehmer im Zeitpunkt ihrer Verausgabung nicht betriebsausgabenwirksam zu behandeln. Es entsteht auf diese Weise eine Zwischenfinanzierung des Auftraggebers durch den Auftragnehmer. Eine entsprechende Forderung des Auftragnehmers gegenüber dem Auftraggeber auf Rückzahlung der Geschäftsanbahnungskosten ist daher zu bilanzieren.
Bereitschaftskosten
Nur die Kosten, die zur Produktion der im abgelaufenen Jahr hergestellten Güter notwendig waren, stehen in einem funktionalen Zusammenhang mit diesen Gütern. Wurden darüber hinaus Teile des Produktionsapparates mit Rücksicht auf künftige Zeitabschnitte in einem Bereitschaftsgrad gehalten, der für die Durchführung des Produktionsprogramms der abgelaufenen Periode nicht erforderlich war, so stehen die dadurch bedingten Leerkosten in keinem Zusammenhang mit der Produktion des abgelaufenen Geschäftsjahres.
Entwicklung oder Verbesserung volkswirtschaftlich wertvoller Erfindungen
Führen die Entwicklungstätigkeiten zu erfolglosen Erfindungen oder überhaupt zu keinen Erfindungen, so fehlt der für die Aktivierbarkeit im Rahmen der Herstellungskosten notwendige funktionale Zusammenhang zu einem hergestellten Wirtschaftsgut. Eine Aktivierung ist daher nicht zulässig. Gleiches gilt für jene zum Teil erfolglosen Bemühungen, die mit der Entwicklung oder Verbesserung einer volkswirtschaftlich wertvollen Erfindung nahezu zwangsläufig verbunden sind.
Aktivierbare Entwicklungsaufwendungen treten je nach Sachlage entweder in der Form von Sondereinzelkosten der Fertigung oder als Gemeinkosten in Erscheinung. Für ihre Aktivierung als Teil der Herstellungskosten ist es erforderlich, dass sie gleichzeitig in der Periode ihrer technischen Ausführung anfallen.
Als aktivierbare Herstellungskosten kommen auch die Abschreibungen der bei der Entwicklungstätigkeit eingesetzten Maschinen in Frage. Auch die dabei verwendeten geringwertigen Wirtschaftsgüter (§ 13 EStG 1988) sind zu berücksichtigen. Weiters gelten bspw. Entwicklungskosten für Software, sofern sie nicht ohnehin bereits integrierender Bestandteil der gemäß § 4 Abs. 4 Z 4 EStG 1988 begünstigten Entwicklungskosten sind, als aktivierbare Herstellungskosten.
Firmenwert
Abschreibungen auf den derivativen Firmenwert sind bei der Ermittlung der Herstellungskosten nicht zu berücksichtigen.
Grundlagenforschung
Dieser fehlt das Verhältnis der Funktionalität zu einzelnen hergestellten Wirtschaftsgütern; die damit in Zusammenhang stehenden Kosten sind daher nicht aktivierbar.
Insolvent gewordene Lieferanten, Zahlungen an
Stehen Zahlungen an (insolvent gewordene) Bauunternehmen keine Gegenleistungen gegenüber, so liegen zwar grundsätzlich Herstellungskosten vor. Diesen kann aber eine Teilwertabschreibung folgen.
Planungskosten
Folgt der Planung keine Herstellung oder ist der folgende Herstellungsvorgang von dieser Planung völlig losgelöst, sind die Planungskosten nicht als Herstellungskosten zu aktivieren. Anderes gilt, wenn die Planung zwar als solche nicht verwirklicht wird aber ein Durchgangsstadium für eine sodann perfektionierte Planung darstellt.
Sozialeinrichtungen des Betriebes, freiwillige Sozialleistungen, betriebliche Altersversorgung und Abfertigungen
Das unternehmensrechtliche Aktivierungswahlrecht für diese Aufwendungen (§ 203 Abs. 3 UGB) gilt auch für die Steuerbilanz, vorausgesetzt, in der UGB-Bilanz wird entsprechend verfahren.
Zu den Aufwendungen für Sozialeinrichtungen gehören zB Aufwendungen für Kantine einschließlich der Essenszuschüsse sowie für Freizeitgestaltung der Arbeitnehmer.
Freiwillige Sozialleistungen sind nur Aufwendungen, die nicht arbeitsvertraglich oder tarifvertraglich vereinbart worden sind; hierzu können zB Jubiläumsgeschenke, Wohnungs- und andere freiwillige Beihilfen, Weihnachtszuwendungen oder Aufwendungen für die Beteiligung der Arbeitnehmer am Ergebnis des Unternehmens gehören.
Aufwendungen für die betriebliche Altersversorgung sind Beiträge zu Direktversicherungen, Zuwendungen an Pensions- und Unterstützungskassen sowie Zuführungen zu Pensionsrückstellungen.
Steuern (Abgaben)
Für Abgaben, welche den Charakter betrieblicher Kosten haben, besteht Aktivierungspflicht. Es kommen ausschließlich Betriebssteuern in Frage (nicht abzugsfähige Vorsteuer und Normverbrauchsabgabe als Teil der Anschaffungskosten, Kommunalsteuer als Teil der Lohn- und Gehaltskosten, Grundsteuer und Bodenwertabgabe bei betrieblich genutztem Grundbesitz, Grunderwerbsteuer als Teil der nicht abschreibbaren Anschaffungskosten und Teil der Abschreibungen, Kraftfahrzeugsteuer, Straßenbenützungsabgabe, Verbrauchsteuern wie Mineralölsteuer als Teil der Treibstoffkosten, Energieabgaben auf Erdgas und elektrische Energie, soweit keine Rückvergütungsmöglichkeit besteht, Gebühren, soweit sie Schriften und Rechtsgeschäfte für das Unternehmen betreffen (zB Mietverträge), Beiträge, Eingangszölle, Sozialabgaben).
Die Erfassung hat entweder in Form von Einzel- oder Gemeinkosten zu erfolgen (zB Erfassung der Kommunalsteuer bei Akkordlohn als Lohneinzelkosten im Fertigungsbereich und im Falle von Zeitlohn als Teil der Gemeinkosten in den Material- und Fertigungskostenstellen).
Steuern vom Einkommen
Sie gehören nicht zu den steuerlich abziehbaren Betriebsausgaben und damit auch nicht zu den Herstellungskosten.
Unterbeschäftigung
Sind die Gemeinkosten durch offenbare Unterbeschäftigung überhöht, so dürfen nur die einer durchschnittlichen Beschäftigung entsprechenden Teile dieser Kosten in die Herstellungskosten eingerechnet werden (§ 203 Abs. 3 UGB). Das Ausmaß der offenbaren Unterbeschäftigung ist nicht auf Basis der durchschnittlichen, sondern der gerade noch zulässigen Beschäftigung zu ermitteln.
Schwankungen der Kapazitätsausnutzung, die innerhalb eines Wirtschaftsjahres häufig bei Saisonbetrieben vorkommen (zB Zuckerfabrik), führen zwar zu einer zeitweisen Unterbeschäftigung, nicht jedoch zu Kosten der Unterbeschäftigung iSd § 203 Abs. 3 UGB. Die in den einzelnen Perioden jeweils erreichte Beschäftigung ist bei diesen Betrieben aus dem gesamten Saisonverlauf zu ermitteln, in den sowohl die Stillstands- als auch die Produktionszeiten einbezogen werden müssen.
Verlorene Anzahlungen
Diese sind keine Herstellungskosten.
Vertrieb
Vertriebskosten dienen nicht der Herstellung, Erweiterung oder der über den ursprünglichen Zustand hinausgehenden wesentlichen Verbesserung eines Wirtschaftsgutes (§ 203 Abs. 3 UGB).
6.4.2.6 Istkosten
Werden die bilanziellen Herstellungskosten nicht aus den tatsächlichen Istkosten, sondern aus den aus der Kostenrechnung hervorgehenden Sollkosten abgeleitet, so sind diese unter Berücksichtigung der kostenarten- und kostenstellenweise verfügbaren Abweichungen auf die tatsächlichen Herstellungskosten, dh. auf Istkosten umzurechnen. Gleiches gilt für Standard- oder Verrechnungspreise; diese sind ebenfalls auf die idR davon abweichenden höheren oder niedrigeren effektiven Faktorpreise (Istkosten) umzurechnen.
Als Wertverzehr des Anlagevermögens, soweit er der Fertigung der Erzeugnisse gedient hat, ist grundsätzlich der Betrag anzusetzen, der bei der Bilanzierung des Anlagevermögens als AfA berücksichtigt wird. Der Wertverzehr des der Fertigung dienenden Anlagevermögens ist bei der Berechnung der Herstellungskosten der Erzeugnisse auch dann in Höhe der sich nach den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Anlagevermögens ergebenden AfA in gleichen Jahresbeträgen zu berücksichtigen, wenn der Steuerpflichtige Bewertungswahlrechte (zB §§ 12, 13 EStG 1988) oder erhöhte Absetzungen in Anspruch genommen und diese nicht in die Herstellungskosten der Erzeugnisse einbezogen hat. Teilwertabschreibungen auf das Anlagevermögen iSd § 6 Z 2 lit. b EStG 1988 sind bei der Berechnung der Herstellungskosten der Erzeugnisse nicht zu berücksichtigen.
Kalkulatorische Kosten, welche zwar als betriebliche Kosten iSd Kostenrechnung gelten, denen aber keine Ausgaben und demnach auch keine buchhalterischen Aufwendungen zu Grunde liegen, kommen für eine Aktivierung im Rahmen der bilanziellen Herstellungskosten nicht in Frage. Zu diesen Kosten zählen bspw. kalkulatorische Eigenkapitalzinsen, kalkulatorischer Unternehmerlohn, kalkulatorische Mieten, Überschuss der kalkulatorischen Abschreibungen auf Basis der Wiederbeschaffungskosten gegenüber buchhalterischer Abschreibung, Überschuss der kalkulatorischen Fremdkapitalzinsen gegenüber den buchhalterischen Fremdkapitalzinsen, kalkulatorische Wagniszuschläge für Anlagen-, Lagerbestands-, Entwicklungs- und Konstruktions- und Produktionswagnis.
Die Inanspruchnahme eines IFB, Forschungs- oder Bildungsfreibetrages ist nicht nur bei der Ermittlung der Herstellungskosten, sondern auch bei der Ermittlung der betriebswirtschaftlichen Herstellkosten nicht zu berücksichtigen. Diesen Aufwendungen (Betriebsausgaben) liegen weder Ausgaben noch betriebliche Kosten zu Grunde.
6.4.2.6.1 Einzel- und Gemeinkosten
Die unternehmensrechtliche Abgrenzung zwischen Einzel- und Gemeinkosten hat für die Ermittlung der steuerlichen Herstellungskosten auf Grund der in § 6 Z 2 lit. a EStG 1988 ausdrücklich enthaltenen Aktivierungspflicht für angemessene Teile der Materialgemein- und Fertigungsgemeinkosten keine Bedeutung. Das gilt nicht nur für das Umlaufvermögen, sondern auch für das abnutzbare und nicht abnutzbare Anlagevermögen (selbsterstellte Wirtschaftsgüter). Zu den Einzelkosten gehören das Fertigungsmaterial, die Fertigungslöhne und die Sonderkosten der Fertigung.
Zu den Materialgemein- und Fertigungsgemeinkosten gehören ua. auch die Aufwendungen für folgende Kostenstellen:
- Lagerhaltung, Transport und Prüfung des Fertigungsmaterials, Vorbereitung und Kontrolle der Fertigung, Werkzeuglager, Betriebsleitung, Raumkosten, Sachversicherungen, Unfallstationen und Unfallverhütungseinrichtungen der Fertigungsstätten,
- Lohnbüro, soweit in ihm die Löhne und Gehälter der in der Fertigung tätigen Arbeitnehmer abgerechnet werden.
6.4.2.6.2 Variable und fixe Kosten
Aus dem Erfordernis der Aktivierung auch der angemessenen Teile der Materialgemein- und Fertigungsgemeinkosten (§ 6 Z 2 lit. a EStG 1988) folgt, dass – wie auch im Unternehmensrecht (§ 203 Abs. 3 UGB idF RÄG 2014) – davon auch die fixen Kosten betroffen sind. Eine Ausnahme bilden sowohl im Unternehmensrecht als auch im Steuerrecht die Kosten der offensichtlichen Unterbeschäftigung bzw. Leerkosten.
6.4.2.7 Materielle Bewertungskontinuität
Die Bewertungskontinuität gilt für jedes einzelne Wirtschaftsgut und für gleichartige Wirtschaftsgüter. Wird die Aktivierung von Bauzeitzinsen unterlassen, so muss auch im Folgejahr dabei geblieben werden.