6.9 Verbindlichkeiten
6.9.1 Negatives Wirtschaftsgut
2418
Eine Verpflichtung kann im bilanzrechtlichen Sinn erst dann als Verbindlichkeit angesehen werden, wenn es sich dabei um ein negatives Wirtschaftsgut handelt. Die Verpflichtung muss, um als Verbindlichkeit angesehen zu werden, sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach feststehen; der Zeitpunkt der Passivierung ist von der Fälligkeit unabhängig (VwGH 11.12.1964, 2334/63).
6.9.2 Einzelfälle
Ausweis einer Verbindlichkeit
2419
Maßgeblich für den Ausweis von Verbindlichkeiten ist das wirtschaftliche Bestehen einer konkreten Belastung (Last), wie zB die Verpflichtung eines Gastwirtes, bestimmte Produkte einer Brauerei gegen Verzicht auf sonst übliche Rabatte anzukaufen (VwGH 29.9.1987, 87/14/0086; VwGH 16.3.1989, 88/14/0055) oder die Verpflichtung zur Gebrauchsüberlassung im Falle einer Forderungsveräußerung. Eine Verbindlichkeit ist in jenem Zeitpunkt zu passivieren, in dem die betreffende Belastung dem Grunde nach auftritt (VwGH 2.6.1976, 1667/75). Auf den Zeitpunkt der Fälligkeit bzw. der Rechnungslegung kommt es dabei nicht an (VwGH 11.12.1964, 2334/63). Bei Warenlieferungen ist das der Zeitpunkt der Lieferung (Verschaffung des wirtschaftlichen Eigentums).
Verbindlichkeiten auf Grund einer Haftung
2420
Verbindlichkeiten auf Grund einer Haftung sind zu passivieren, sobald mit der Inanspruchnahme gerechnet werden muss; dasselbe gilt für eine Verpflichtung aus einer übernommenen Bürgschaft (VwGH 2.6.1976, 1667/75; die Abgrenzung zur Rückstellung ist fließend, vgl. VwGH 13.9.1988, 87/14/0132); ein etwaiger Rückforderungsanspruch ist zu aktivieren.
Verjährte Verbindlichkeit
2421
Eine verjährte Schuld ist weiterhin bilanziell als solche auszuweisen, wenn der Steuerpflichtige zB aus geschäftlichen Rücksichten von einer möglichen Verjährungseinrede nicht Gebrauch machen will (VwGH 21.12.1971, 0285/69; VwGH 18.10.1989, 88/13/0198). Diese Absicht von einer möglichen Verjährungseinrede nicht Gebrauch machen zu wollen, muss aus dem Verhalten des Steuerpflichtigen erkennbar sein (VwGH 18.10.1989, 88/13/0198). Der Wille, die verjährte Schuld nicht mehr zu tilgen, manifestiert sich erst durch die entsprechende Ausbuchung im Rechenwerk gegenüber der Außenwelt (VwGH 18.10.1989, 88/13/0198). Eine verjährte Schuld ist abzuschreiben, sobald Gewissheit besteht, dass von der Verjährungseinrede Gebrauch gemacht wird, und der Verjährungsgegner keinen Unterbrechungstatbestand geltend machen kann (VwGH 1.12.1992, 92/14/0148).
2422
Sind Nachteile in den Geschäftsbeziehungen zum Gläubiger oder eine Schädigung des wirtschaftlichen Rufs des Schuldners zu befürchten, dann kann die Verbindlichkeit trotz Verjährung weiterhin ausgewiesen bleiben. Die bloße Erwartung eines späteren Schuldnachlasses rechtfertigt keine niedere Bewertung (VwGH 27.4.1962, 1464/60).
Andererseits sind formal noch bestehende und noch nicht verjährte Verbindlichkeiten nicht mehr zu bilanzieren, wenn sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr erfüllt werden müssen (VwGH 27.9.2000, 96/14/0141).
Schadenersatzansprüche, Bereicherungsansprüche
2423
Schadenersatzansprüche Dritter und Bereicherungsansprüche Dritter sind auszuweisen, wenn sie dem Grunde nach entstanden sind. Schadenersatzansprüche aus einem von Erblasser abgeschlossenen Geschäft, die zwar die Verlassenschaft betreffen, aber erst nach dem Tod des Erblassers entstanden sind, sind den Erben zuzurechnen (VwGH 29.9.1982, 82/13/0017).
Steuerschulden
2424
Steuerschulden sind in jenem Zeitpunkt zu passivieren, in dem sie gemäß § 4 BAO entstanden sind (VwGH 29.1.1965, 1558/64; VwGH 7.5.1965, 2208/63) und zwar in Höhe des Abgabenanspruches der anspruchsberechtigten Gebietskörperschaft, der sich auf Grund der Abgabengesetze ergibt (VwGH 29.1.1965, 1558/64). Eine Betriebssteuerschuld erlischt bei Abgabennachsicht mit dem Nachsichtsbescheid (VwGH 19.6.1962, 1120/69).
Finanzierung von Betriebsvermögen
2425
Eine zur Finanzierung von Betriebsvermögen eingegangene Verbindlichkeit ist eine Betriebsschuld und daher zu bilanzieren (VwGH 26.6.1984, 83/14/0078). Hingegen werden aus Anlass eines unentgeltlichen Betriebserwerbes entstehende Verbindlichkeiten nicht zu Betriebsschulden, damit zusammenhängende Ausgaben sind keine Betriebsausgaben (VwGH 19.9.1990, 89/13/0021).
Zusammenfallen von Gläubiger- und Schuldnerstellung
2426
Grundsätzlich ist bei einem Zusammenfallen von Gläubiger- und Schuldnerstellung die Verbindlichkeit auszubuchen. Der Rückkauf von Inhaberschuldverschreibungen durch den Emittenten führt aber nur dann zu einer Tilgung der Schuld, wenn eine Wiederveräußerung ausgeschlossen ist; sofern diese Absicht nicht als ausgeschlossen anzusehen ist, bleibt es bei der Passivierung (VwGH 10.12.1985, 85/14/0078).
Aufschiebend bedingte Verbindlichkeiten
2427
Aufschiebend bedingte Verbindlichkeiten sind zu passivieren (zumindest als Rückstellung), wenn eine Inanspruchnahme wahrscheinlich ist; Gleiches gilt für auflösend bedingte Verbindlichkeiten.
Bedingter Schuldnachlass
242
Bei bedingtem Schuldnachlass ist die Verbindlichkeit solange zu passivieren, als nicht deren wirtschaftliches Erlöschen feststeht (VwGH 31.3.1976, 0517/76; VwGH 21.4.1970, 1527/69, betr. sukzessives Erlöschen von Ausgleichsverbindlichkeiten nach Maßgabe des Erfüllens der Ausgleichsquote).
Erlöschen einer Schuld
2429
Solange nicht einwandfrei feststeht, dass die Schuld tatsächlich erloschen ist, ist die Verbindlichkeit im Jahresabschluss weiterhin auszuweisen. Die Schuld ist zB dann auszubuchen, wenn die Ausgleichsquote vollständig beglichen wurde (VwGH 24.5.1993, 92/15/0041).
Bedingte Rabatte
2430
Bedingte Rabatte bei Verbindlichkeiten aus langfristigen Kaufpreisstundungen mit gleichzeitiger Warenabnahmeverpflichtung sind bei hoher Wahrscheinlichkeit der Erfüllung der Abnahmeverpflichtung sofort zu realisieren.
Unbedingter Schuldnachlass
2431
Bei unbedingten Schuldnachlässen führt der betrieblich veranlasste Wegfall der Verpflichtung zu einem Ertrag, der im vollen Umfang der Ertragsteuer unterliegt (VwGH 19.10.1983, 82/13/0190); dies gilt auch dann, wenn die erlassene Schuld uneinbringlich war (VwGH 3.6.1992, 87/13/0118).
Zuschüsse mit aufschiebend bedingter Rückzahlungsverpflichtung
2432
Bei Zuschüssen mit aufschiebend bedingter Rückzahlungsverpflichtung entsteht die Rückzahlungsverpflichtung erst mit dem Eintritt der Bedingung; sprechen mehr Umstände für als gegen die Rückzahlungsverpflichtung des Zuschusses, dann ist eine Rückstellung in Höhe des zu erwartenden Rückzahlungsbetrages zu bilden. Zuschüsse mit auflösend bedingter Rückzahlungsverpflichtung sind analog zu beurteilen.
Bestrittene Verbindlichkeit
2433
Wird eine Verbindlichkeit bestritten, so ist in jenen Fällen, in denen der Gläubiger eine Forderung anzusetzen hat, beim Schuldner eine Verbindlichkeit zu passivieren; in jenen Fällen, in denen beim Gläubiger noch keine Forderung anzusetzen ist, kann beim Schuldner eine Rückstellung zu bilden sein.
Verbindlichkeiten aus schwebenden Verträgen
2434
Verbindlichkeiten aus schwebenden Verträgen (schwebende Geschäfte, schwebende Dauerschuldverhältnisse) können (noch) nicht passiviert werden.
Echte stille Beteiligungen
2435
Echte stille Beteiligungen sind idR ebenfalls Fremdkapital und daher wie Fremdkapital zu bewerten.
Kapitalsparbücher
2435a
Die eingegangene Zinsverpflichtung führt auch in der Differenz zwischen dem garantierten Zinssatz und den niedrigeren Zinsen, die im Fall der vorzeitigen Auflösung zur Auszahlung gelangen, zu einer Verbindlichkeit (keine Rückstellung hinsichtlich des Differenzbetrages, VwGH 25.06.2008, 2006/15/0059).
6.9.3 Bewertung
6.9.3.1 Verfügungsbetrag und Rückzahlungsbetrag
2436
Verbindlichkeiten sind in aller Regel wie Umlaufvermögen zu behandeln. Sie sind daher gemäß § 6 Z 3 EStG 1988 unter sinngemäßer Anwendung des § 6 Z 2 lit. a EStG 1988 mit den Anschaffungskosten zu bewerten; als Anschaffungskosten ist der Rückzahlungsbetrag anzusetzen, den der Steuerpflichtige beim Eingehen der Schuld schuldig geworden ist (VwGH 23.11.1994, 91/13/0111; VwGH 24.5.1993, 92/15/0041). IdR stimmt dieser Betrag mit dem Verfügungsbetrag (Betrag, der dem Schuldner zugeflossen ist) überein. Ist bei einer Verbindlichkeit der Rückzahlungsbetrag höher als der Verfügungsbetrag (zB Disagio, Damnum) oder sind Geldbeschaffungskosten angefallen, so ist nach § 6 Z 3 EStG 1988 zwingend ein Aktivposten anzusetzen, der auf die Laufzeit der Verbindlichkeit verteilt abzuschreiben ist (siehe Abschnitt 6.9.7). Der Ansatz geht als zwingende steuerliche Aktivierung dem – für Wirtschaftsjahre vor 2016 geltenden -UGB-bilanziellen Wahlrecht zur Aktivierung des Disagios/Damnums gemäß § 198 Abs. 7 UGB idF vor dem RÄG 2014 vor (VwGH 10.12.1985, 85/14/0078). Für Wirtschaftsjahre ab 2016 ist das Disagio/Damnum auch unternehmensrechtlich zwingend zu aktivieren (§ 198 Abs. 7 UGB idF RÄG 2014).
2437
Verbindlichkeiten, denen kein Anschaffungsvorgang zu Grunde liegt (zB Bereicherungsansprüche oder Schadenersatzansprüche Dritter), sind ebenfalls mit dem Nennbetrag auszuweisen.
2438
Solange nicht feststeht, dass eine Schuld ganz oder teilweise erloschen ist, muss sie mindestens mit dem Betrag bewertet werden, den der Steuerpflichtige beim Eingehen der Schuld schuldig geworden ist (VwGH 30.10.1953, 0690/51; VwGH 24.11.1961, 1295/59; VwGH 10.12.1985, 85/14/0078; VwGH 18.10.1988, 88/13/0198; VwGH 24.5.1993, 92/15/0041). Der Ansatz des niedrigeren Teilwertes ist solange unzulässig, als nicht einwandfrei feststeht, dass die Verbindlichkeit ganz oder teilweise erloschen ist. Dabei kann es nicht darauf ankommen, ob eine Schuld iSd § 156 Abs. 1 und § 156a IO zunächst teilweise erlischt und mit ihrem (allenfalls aliquoten) Wiederaufleben nur für den Fall der ganzen oder teilweisen Nichterfüllung des Sanierungsplanes gerechnet werden muss, sondern darauf, ob der Unternehmer zum Bilanzstichtag, allenfalls mit seinen bis zum Tag der Erstellung der Bilanz gewonnenen Erkenntnissen mit Sicherheit damit rechnen kann, dass die Verbindlichkeit nicht mehr zur Gänze abzustatten sein wird (VwGH 21.4.1970, 1527/69).
6.9.3.2 Ansatz des Teilwertes
2439
Ist der Teilwert einer Verbindlichkeit gestiegen, so kann bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 der höhere Teilwert angesetzt werden. Bei der Gewinnermittlung gemäß § 5 Abs. 1 EStG 1988 muss im Hinblick auf § 211 Abs. 1 in Verbindung mit § 201 Abs. 2 Z 4 UGB der höhere Teilwert (Erfüllungsbetrag) im Jahr der Entstehung angesetzt werden (sogenanntes Höchstwertprinzip; zum Fall einer erneuten „Werterholung“ siehe Rz 2440). Ein höherer Wert der Verbindlichkeit kann sich vor allem aus einer Wertsicherung, bei Verbindlichkeiten in ausländischer Währung aus Kurssteigerungen sowie bei besonders hoch verzinslichen Verbindlichkeiten ergeben.
2440
Ist der Teilwert unter den Rückzahlungsbetrag gesunken, dann darf der niedrigere Betrag nicht angesetzt werden, um den Ausweis nicht realisierter Gewinne zu vermeiden (VwGH 23.11.1994, 91/13/0111).
2441
Sinkt der Teilwert der Verbindlichkeit, nachdem ein höherer Teilwert (nicht verwirklichter Verlust) ausgewiesen wurde, besteht im Rahmen der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1988 das Recht, nicht aber eine Verpflichtung, den nunmehr wieder gesunkenen Teilwert – jedenfalls begrenzt durch die ursprünglichen Anschaffungskosten – anzusetzen; siehe Rz 2143 ff. Für Wirtschaftsjahre vor 2016 gilt dieses Wahlrecht auch im Rahmen der Gewinnermittlung gemäß § 5 Abs. 1 EStG 1988.
Für Wirtschaftsjahre ab 2016 ist im Rahmen der Gewinnermittlung gemäß § 5 Abs. 1 EStG 1988 der niedrigere Teilwert von Verbindlichkeiten (zB bei Fremdwährungsverbindlichkeiten) zwingend anzusetzen.
6.9.3.3 Einzelfälle
Altersteilzeit
2441a
Nach § 27 Abs. 2 AlVG haben seit 1. Oktober 2001 Anspruch auf Altersteilzeit
- Männer, die das 55. und Frauen, die das 50. Lebensjahr vollendet haben und
- innerhalb der letzten 25 Jahre mindestens 15 Jahre arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt waren.
Die Normalarbeitszeit derartiger Personen kann dabei für einen Durchrechnungszeitraum von bis zu 6,5 Jahren (ab 1. Jänner 2004: bis zu 5 Jahren) auf 40% bis 60% der Normalarbeitszeit vor Herabsetzung reduziert werden. Vom Dienstgeber sind dabei zusätzlich 50% des Unterschiedsbetrages zwischen dem vor der Herabsetzung der Normalarbeitszeit gebührenden Bruttoentgelt und jenem für die verringerte Arbeitszeit inkl. der Dienstnehmerbeiträge zur Sozialversicherung entsprechend der Beitragsgrundlage vor Herabsetzung als Lohnausgleich (§ 27 Abs. 2 Z 3 lit. a AlVG) zu entrichten, sodass der Mitarbeiter etwa bei einer Reduzierung der Arbeitszeit um 50%, 75% seines bisherigen Entgeltes erhält. Der Arbeitgeber kann diesen Aufstockungsbetrag inkl. Dienstnehmer- und Dienstgeberbeiträge zur Sozialversicherung vom AMS als Alterteilzeitgeld zurückfordern, sofern eine zuvor arbeitslose Person über der Geringfügigkeitsgrenze versicherungspflichtig beschäftigt oder zusätzlich ein Lehrling ausgebildet und in diesem Zusammenhang kein Dienstverhältnis aufgelöst wird. Die reduzierte Arbeitszeit kann flexibel verteilt bzw. geblockt werden, das Arbeitsentgelt ist jedoch gleichmäßig verteilt über den gesamten Zeitraum zu leisten.
Liegt im Rahmen eines Blockmodells in der ersten Phase die tatsächliche Arbeitszeit des Arbeitnehmers über der reduzierten vereinbarten Arbeitszeit, leistet der Arbeitgeber aber nur jenes Entgelt (inkl. Lohnausgleich), das der vereinbarungsgemäß reduzierten entspricht, liegt in der Differenz am Bilanzstichtag ein Erfüllungsrückstand des Arbeitgebers vor (dem Erfüllungsrückstand des Arbeitgebers steht ein entsprechendes „Stundenguthaben“ des Arbeitnehmers gegenüber). Für diesen Erfüllungsrückstand ist eine Verbindlichkeit zu bilden, weil die Verpflichtung – dem Erfüllungsrückstand entsprechend – am Bilanzstichtag dem Grunde und der Höhe nach gewiss ist. Die Verbindlichkeit darf nur in jenem Ausmaß gebildet werden, in dem am Bilanzstichtag eine gewisse Verpflichtung besteht. Für Erfüllungsrückstände künftiger Perioden kann weder eine Verbindlichkeit noch eine Rückstellung gebildet werden. Ebenso können künftige Lohnerhöhungen oder Biennalsprünge in der Bewertung der Verbindlichkeit nicht berücksichtigt werden. Da der Arbeitgeber gegenüber dem AMS einen Anspruch auf Vergütung des Lohnausgleichs hat, ist die Verbindlichkeit um diesen Betrag zu vermindern. Nur dann, wenn ausnahmsweise ausreichend wahrscheinlich ist, dass dieser Vergütungsanspruch nicht geltend gemacht werden kann (es kann zB keine „Ersatzkraft“ eingestellt werden), kommt in entsprechender Höhe eine Rückstellung in Betracht.
Sollte unter Zugrundelegung der Rechtsansicht in Rz 3451b EStR 2000 idF vor dem EStR 2000-Wartungserlasses 2005 (der Erfüllungsrückstand ist bilanziell durch Bildung einer Rückstellung zu berücksichtigen) in einem vorangegangenen Wirtschaftsjahr keine Verbindlichkeit oder eine im Vergleich zur Verbindlichkeit zu niedrige Rückstellung gebildet worden sein, sind die jeweiligen Bilanzen zu berichtigen. Es bestehen keine Bedenken, wenn beantragte Änderungen bereits rechtskräftiger Veranlagungen mangels eines anderen für die Änderung in Betracht kommenden Verfahrenstitels auf § 303 BAO gestützt werden.
(Bank-)Verbindlichkeiten in ausländischer Währung
2442
Siehe Rz 2457 f.
Besserungsvereinbarungen
2443
Siehe Rz 2452.
Grunddienstbarkeit
2444
Eine Grunddienstbarkeit kann nicht passiviert werden. Ein dadurch eingetretener Wertverlust ist jedoch bei immer währender Duldung durch eine Teilwertabschreibung des Grund und Bodens zu berücksichtigen. Erfolgt die Einräumung der Grunddienstbarkeit im öffentlichen Interesse und wird für die Wertminderung durch den Servitutsberechtigten eine Abgeltung geleistet, liegen steuerfreie Einnahmen im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 33 EStG 1988 vor. Soweit die Wertminderung durch die Abgeltung ausgeglichen wird, ist eine Teilwertabschreibung steuerlich nicht wirksam.
Kauf auf Ziel oder Raten
2445
Hier enthält der Kaufpreis eine Zinskomponente, weil bei sofortiger Bezahlung die Ware billiger gewesen wäre; das Wirtschaftsgut ist mit dem Barwert zu bewerten, die Verbindlichkeit mit dem Nennwert; der Differenzbetrag ist als Zinsenkomponente wie ein Disagio auf den Stundungszeitraum zu verteilen.
Niedrig oder unverzinsliche Verbindlichkeiten
2446
Fassung bis 2014
Die Abzinsung wegen Unverzinslichkeit oder geringer Verzinslichkeit ist wegen des Realisationsprinzips nicht zulässig; dies gilt für Darlehensschulden wie für Kaufpreisschulden (VwGH 25.11.1966, 0599/66); eine Abzinsung kommt in Betracht, wenn in der Verbindlichkeit Zinskomponenten enthalten sind, die nicht zu den Anschaffungskosten der Verbindlichkeit zählen, sondern als Zinsaufwand zu erfassen sind.
Fassung ab 2015
Langfristige, formal unverzinsliche oder nicht marktüblich verzinste Verbindlichkeiten sind ab einem Wirtschaftsjahr, das im Jahr 2015 beginnt, marktüblich abzuzinsen, wenn sie in wirtschaftlicher Betrachtungsweise Zinskomponenten enthalten („verdecktes Kreditgeschäft“). Diese stellen nicht Anschaffungskosten der Verbindlichkeit, sondern laufenden Zinsaufwand dar (VwGH 23.11.1994, 91/13/0111). Siehe dazu aber näher Rz 3309c.
Nullkuponanleihen
2447
Sie sind beim Emittenten mit dem niedrigeren Ausgabebetrag zu passivieren; dem ursprünglich verbuchten Ausgabebetrag werden jährlich die aufgelaufenen Zinsen zugebucht.
Rentenverbindlichkeiten
2448
Siehe Rz 2454 ff und 7042 ff.
Überverzinslichkeit von vorzeitig nicht rückzahlbaren Verbindlichkeiten
2449
Überverzinslichkeit von vorzeitig nicht rückzahlbaren Verbindlichkeiten auf Grund gesunkenen Marktniveaus (Verbesserung der Kreditbedingungen) führt zu einem höheren Teilwert der Verbindlichkeit bzw. zu einer Rückstellung.
Verdecktes Darlehensgeschäft
2450
Dieses ist in Anwendung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise aufzudecken. Wird zB ein Wirtschaftsgut von vornherein gegen das Eingehen einer langfristigen Verbindlichkeit erworben und ist in den Kaufpreis auch die Zinsenbelastung hineinkalkuliert (zB beim so genanntem Leasingkauf), sind einerseits die Anschaffungskosten des erworbenen Wirtschaftsgutes um diese hineinkalkulierten Zinsen zu kürzen (VwGH 14.1.1986, 85/14/0134; VwGH 23.11.1994, 91/13/0111) und andererseits von der Verbindlichkeit die hineinkalkulierten Zinsen auszuscheiden (VwGH 14.1.1986, 85/14/0134; VwGH 23.11.1994, 91/13/0111); hiebei handelt es sich nicht um eine verbotene Abzinsung einer Verbindlichkeit, sondern um das Aufteilen eines verdeckten Darlehensgeschäftes in seine einzelnen wirtschaftlichen Komponenten.
Wertsicherungen
2451
Sie führen zu einem höheren Teilwert der Verbindlichkeit (VwGH 30.6.1987, 86/14/0035), jedoch erst wenn sie bis zum Bilanzstichtag schlagend geworden sind; bei Unterlassung einer Höherbewertung hat der protokollierte Gewerbetreibende (§ 5 Abs. 1 EStG 1988) die Bilanz zu berichtigen. Vorher kommt ggf. eine Rückstellung in Betracht.
6.9.4 Besserungsverpflichtungen
2452
Bei Besserungsverpflichtungen handelt es sich um zunächst erlassene oder gestundete Verbindlichkeiten, die bei Eintritt gewisser vereinbarter Voraussetzungen (anteilig) wieder aufleben bzw. zu tilgen sind (zB bei Anfallen von Gewinnen beim Schuldner). Besserungsverpflichtungen sind nach wirtschaftlichen Kriterien zu bewerten. Ist mit der vollen Inanspruchnahme nicht mehr ernsthaft zu rechnen, ist die Besserungsverpflichtung entsprechend aufzulösen. Kommt ihnen die Eigenschaft eines negativen Wirtschaftsgutes zu, so sind sie als Verbindlichkeiten auszuweisen (VwGH 27.9.2000, 95/14/0079, betr. Zuschüsse an Unternehmen mit Besserungsvereinbarung und Vereinbarung einer vorzeitigen Schuldtilgung vor Erreichen der Rückzahlungsverpflichtung). Rückzahlungen des Besserungskapitals sind ab Überschreiten des passivierten Betrages aufwandswirksam.
6.9.5 Rentenverbindlichkeiten
2453
Zur Bewertung von Renten siehe Rz 2454 ff, 7020a, 7031 ff und 7042 ff.
2454
Wurden Rentenverbindlichkeiten bereits in einem vor dem 1. Jänner 2004 endenden Wirtschaftsjahr in eine Bilanz aufgenommen, fiel die erstmalige Berechnung noch in den Anwendungsbereich des § 16 BewG 1955 idF vor dem Budgetbegleitgesetz 2003. Die Altfassung des § 16 BewG 1955 schloss eine Anwendung in der Handels- und Steuerbilanz aus. Wurden solche älteren Rentenverbindlichkeiten nach dem 1. Jänner 2000 abgeschlossen, sind die Sterbewahrscheinlichkeiten aus den im Anhang III befindlichen Sterbetafeln abzuleiten und als Diskontierungszinsfuß 5,5% anzunehmen. Beruhen Rentenverbindlichkeiten auf Vereinbarungen, die vor dem 1. Jänner 2004 abgeschlossen wurden, bestehen keine Bedenken, ab der Veranlagung 2004 die aktuellen Sterbetafeln gemäß § 16 Abs. 2 BewG 1955 in der Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2003 zu verwenden.
2455
Liegt einer Rente ein konkreter Versicherungsvertrag zu Grunde oder steht einer Rente ein konkreter Versicherungsvertrag gegenüber, ist der Rentenbarwert auf Grund der Ansprüche (ggf. Verbindlichkeit) gegenüber dem Versicherungsunternehmen zu bewerten.
2456
Weitere Sondernormen, welche die Bewertung von Rentenverbindlichkeiten gemäß § 16 BewG 1955 ausschließen, sind jene des VAG, welche jedoch nur für Versicherungsunternehmen maßgeblich sind. Eine Bewertungssonderbestimmung ist ferner § 14 EStG 1988. Betriebliche Versorgungsrenten sind hingegen überhaupt nicht zu passivieren, weil keine Gegenleistung gegenübersteht (VwGH 24.10.1978, 0243/76).
6.9.6 Verbindlichkeiten in ausländischer Währung
2457
(Bank)Verbindlichkeiten in ausländischer Währung sind grundsätzlich mit dem Rückzahlungsbetrag zu passivieren. Dabei ist der im Zeitpunkt der Kreditaufnahme maßgebliche Kurs zum Ankauf der Devisen (Briefkurs, Waren-Devisen-Kurs) zu Grunde zulegen. Ist der Briefkurs zum Bilanzstichtag höher, so kann (§ 5 Abs. 1 EStG 1988-Gewinnermittler: muss) der höhere Teilwert angesetzt werden. Zum Absinken des Teilwertes siehe Rz 2441.
2458
Ist für den Fremdwährungskredit ein Devisentermingeschäft abgeschlossen, erfolgt die Bewertung mit dem Terminkurs. Sogenannte geschlossene Positionen (den Fremdwährungsforderungen stehen Fremdwährungsverbindlichkeiten in gleicher Währung und mit gleicher Fälligkeit gegenüber) sind als solche einheitlich zu bewerten; es erfolgt insoweit ein Ausgleich des Währungsrisikos.
6.9.7 Abgeld (Damnum) und Geldbeschaffungskosten
6.9.7.1 Begriff des Abgeldes
2459
Unter Abgeld (Damnum) ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Nennbetrag (Rückzahlungsbetrag) und dem Verfügungsbetrag zu verstehen.
Für das Abgeld ist pro Verbindlichkeit ein Aktivposten im Jahr der Aufnahme der Verbindlichkeit anzusetzen und auf die Laufzeit der Verbindlichkeit verteilt abzuschreiben (§ 6 Z 3 EStG 1988).
Der Darlehensgeber kann in der Höhe des Unterschiedsbetrages von Nennwert und Auszahlungsbetrag einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten ausweisen, der planmäßig aufzulösen ist.
6.9.7.2 Begriff der Geldbeschaffungskosten
2460
Unter Geldbeschaffungskosten, die unmittelbar mit der Verbindlichkeit zusammenhängen, sind alle Nebenkosten zu verstehen, die anlässlich der Aufnahme (oder auch schon früher) des Kredites (Darlehens) anfallen, auch wenn sie lediglich der Sicherung des Kreditgebers (Darlehensgebers) dienen. Diese Nebenkosten sind als Aktivposten auf die Laufzeit der Verbindlichkeit verteilt abzuschreiben (§ 6 Z 3 EStG 1988). Wird in der UGB-Bilanz kein Aktivposten angesetzt, ist der Gewinn für steuerliche Zwecke zu adaptieren.
2461
Verteilungspflichtig sind insbesondere:
- Abschlussgebühren,
- Bearbeitungsgebühren,
- Gerichtskosten,
- Kosten der Schätzung des Belehnungsobjektes,
- Kreditgebühren,
- Notariatskosten,
- Rechtsanwaltskosten,
- Vermittlungsprovisionen,
- Verwaltungsgebühren,
- Zuteilungsgebühren.
2462
Wird das Entgelt als einmalige Kreditgebühr dem Kreditbetrag hinzugerechnet (zB bei Finanzierung von Teilzahlungsgeschäften) und dieser vom Kreditnehmer in gleichen Raten getilgt, kann dieser Anspruch vom Kreditgeber aktiviert werden. Ein passiver Rechnungsabgrenzungsposten verteilt dann bei degressiver Auflösung das Entgelt in die zutreffenden Zeiträume.
6.9.7.3 Bildung und Auflösung des Aktivpostens
2463
Der für Abgeld und Geldbeschaffungskosten ggf. gemeinsam gebildete Aktivposten ist verteilt auf die Laufzeit der Verbindlichkeit abzuschreiben. Die Verteilung hat entsprechend den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung planmäßig (linear oder degressiv) zu erfolgen. Für Einnahmen-Ausgaben-Rechner gilt grundsätzlich § 4 Abs. 6 EStG 1988; fallen jedoch nur Geldbeschaffungskosten an, dann ist § 6 Z 3 EStG 1988 anzuwenden.
Beispiel:
Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich; Darlehensaufnahme 1.10.2007, Nennbetrag: 100.000 Euro, Verfügungsbetrag: 93.000 Euro; Geldbeschaffungskosten: 5.000 Euro; Laufzeit der Verbindlichkeit bis 31.3.2010 (insgesamt 30 Monate).
Nennbetrag | 100.000 Euro |
Verfügungsbetrag | – 93.000 Euro |
Damnum | 7.000 Euro |
Geldbeschaffungskosten | + 5.000 Euro |
Aktivposten | 12.000 Euro |
Dieser Aktivposten ist bei linearer Verteilung folgendermaßen in den Jahren 2007 bis 2010 abzuschreiben:
2007 | 3/30 | 1.200 Euro |
2008 | 12/30 | 4.800 Euro |
2009 | 12/30 | 4.800 Euro |
2010 | 3/30 | 1.200 Euro |
12.000 Euro |
Unterschiedsbeträge, die sich bei der Ausgabe und der Rücknahme von Wertpapieren seitens Daueremittenten ergeben, können in Anlehnung an § 27 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 sofort in voller Höhe als Betriebsausgabe steuerlich geltend gemacht werden, wenn sie 2% des Wertpapiernominales nicht übersteigen.
6.9.7.4 Freigrenze für Geldbeschaffungskosten
2464
Entsteht bei der Aufnahme einer Verbindlichkeit kein aktivierungspflichtiges Abgeld, so braucht für Geldbeschaffungskosten, die mit dieser Verbindlichkeit unmittelbar zusammenhängen und die (ab der Veranlagung 2002) den Betrag von 900 Euro (bis einschließlich 2001: 12.000 S) nicht übersteigen (Freigrenze), kein Aktivposten angesetzt werden.
Beispiel:
Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich; Darlehensaufnahme 1.10.2002, Nennbetrag: 8.000 Euro; der Verfügungsbetrag entspricht dem Nennbetrag des Darlehens. Die Geldbeschaffungskosten in Höhe von 350 Euro können sofort gewinnmindernd abgesetzt werden.
6.9.7.5 Laufzeit und Umfang der Verbindlichkeit
2465
Die tatsächliche Laufzeit und der Umfang der Verbindlichkeit ist nicht anhand zivilrechtlicher Vereinbarungen, sondern nach der wirtschaftlichen Betrachtungsweise zu beurteilen. Wird die festgelegte Laufzeit zu einem späteren Zeitpunkt verlängert, so ist der noch nicht abgeschriebene Aktivposten auf die Restlaufzeit zu verteilen.
Beispiel 1:
In einem Darlehensvertrag wird die Laufzeit des Darlehens mit zwei Jahren begrenzt. Auf Grund einer Zusatzvereinbarung wird die Laufzeit auf insgesamt fünf Jahre verlängert. Der Aktivposten ist daher auf fünf und nicht auf zwei Jahre abzuschreiben.
Beispiel 2:
In einem Darlehensvertrag wird die Laufzeit des Darlehens mit fünf Jahren begrenzt. Die Höhe des Aktivpostens beträgt 25.000 Euro. Im dritten Jahr wird die Laufzeit auf insgesamt sieben Jahre verlängert. Der noch nicht abgeschriebene Teil des Aktivpostens (15.000 Euro) ist auf die Restlaufzeit von fünf Jahren zu verteilen.
6.9.7.6 Kontokorrentkredite
2466
Hat ein Kontokorrentkredit überwiegend den Charakter eines Darlehens (Einmalbarkredit), so ist für Damnum und Geldbeschaffungskosten ebenfalls ein Aktivposten anzusetzen und auf die Laufzeit dieses Kredites zu verteilen. Die Laufzeit ist nach der wirtschaftlichen Betrachtungsweise (insbesondere anhand eines erkennbaren Rückzahlungsplanes) zu bestimmen.
6.10 Unversteuerte Rücklagen
6.10.1 Rechtslage für Wirtschaftsjahre vor 2016
2467
Rechnungslegungspflichtige Unternehmer müssen in der UGB-Bilanz für Wirtschaftsjahre vor 2016 Bewertungsreserven und unversteuerte Rücklagen gesondert ausweisen (vgl. § 198 Abs. 1 UGB idF vor dem RÄG 2014, § 205 UGB idF vor dem RÄG 2014).
2468
Sind bilanzierende Steuerpflichtige verpflichtet, einen unternehmensrechtlichen Jahresabschluss zu erstellen, müssen folgende steuerliche Begünstigungen – unter Beachtung der besonderen steuerlichen Ausweispflichten – für Wirtschaftsjahre vor 2016 bereits in der UGB-Bilanz angesetzt werden, um überhaupt steuerwirksam zu sein (so genannte umgekehrte Maßgeblichkeit, § 205 Abs. 1 UGB idF vor dem RÄG 2014):
- § 8 Abs. 2 EStG 1988: Begünstigte Abschreibung für denkmalgeschützte Gebäude (siehe dazu Rz 3180 ff)
- § 12 Abs. 1 und Abs. 8 EStG 1988: Übertragung stiller Reserven; Bildung einer Übertragungsrücklage (siehe dazu Rz 3861 ff)
2469
Der Ausweis erfolgt unter den unversteuerten Rücklagen, aufgegliedert in Bewertungsreserve und unversteuerte Rücklagen (§ 224 UGB idF vor dem RÄG 2014).
2470
Macht das Unternehmen von dem in § 223 Abs. 6 UGB verankerten Wahlrecht Gebrauch, die Bewertungsreserve und die unversteuerten Rücklagen in der Bilanz in einer Summe zusammengefasst darzustellen, bestehen keine Bedenken, wenn die steuerlichen Begünstigungen nur im Anhang nach der Art eines „Bewertungsreservespiegels“ und eines „Spiegels der unversteuerten Rücklagen“ entsprechend den Ausweisvorschriften des EStG 1988 aufgegliedert werden.
6.10.2 Rechtslage für Wirtschaftsjahre ab 2016
2471
Mit dem RÄG 2014 entfiel § 205 UGB. Unversteuerte Rücklagen (einschließlich Bewertungsreserven) sind in der Unternehmensbilanz für Wirtschaftsjahre ab 2016 daher nicht mehr gesondert auszuweisen.
2472
Bei der Gewinnermittlung gemäß § 5 Abs. 1 EStG 1988 können die steuerlichen Begünstigungen gemäß § 8 Abs. 2, § 12 Abs. 1 und Abs. 8 sowie § 13 EStG 1988 für Wirtschaftsjahre ab 2016 unabhängig von der Behandlung im unternehmensrechtlichen Jahresabschluss ausschließlich in der Steuerbilanz – in der Praxis somit im Wege der Mehr-Weniger-Rechnung zur UGB-Bilanz – geltend gemacht werden; dies setzt eine geeignete Evidenzhaltung für steuerliche Zwecke voraus.
2473
Gemäß § 906 Abs. 31 UGB sind bereits bilanzierte unversteuerte Rücklagen – abzüglich der darin enthaltenen passiven latenten Steuern – im (ersten) Geschäftsjahr, das nach dem 31.12.2015 beginnt, in die Gewinnrücklagen (bei Kapitalgesellschaften) bzw. ins Eigenkapital (bei rechnungslegungspflichtigen Einzelunternehmen und Personengesellschaften) einzustellen.
6.10.3 Steuerliche Übergangsbestimmung
2474
Gemäß § 124b Z 271 EStG 1988 idF RÄG 2014 können bestehende unversteuerte Rücklagen (einschließlich Bewertungsreserven) iSd § 906 Abs. 31 UGB unabhängig vom unternehmensrechtlichen Jahresabschluss als steuerliche Rücklagen weitergeführt werden. Dadurch wird eine sofortige steuerwirksame Auflösung der unversteuerten Rücklagen (einschließlich Bewertungsreserven) unterdrückt.
2475
Wird dieses steuerliche Fortführungswahlrecht in Anspruch genommen, sind auf diese steuerlichen Rücklagen § 205 UGB und § 6 Z 13 erster Satz EStG 1988, jeweils idF vor RÄG 2014, sinngemäß weiter anzuwenden. Für steuerliche Zwecke werden diese steuerlichen Rücklagen somit nicht dauerhaft fortgeführt, sondern entsprechend der bisherigen Rechtslage behandelt.
Wurde daher etwa unternehmensrechtlich eine Bewertungsreserve aufgrund von § 12 EStG 1988 für ein Wirtschaftsgut gebildet und aufgrund des RÄG 2014 unternehmensrechtlich aufgelöst, ist die steuerlich fortgeführte Rücklage bei einer außerplanmäßigen Abschreibung dieses Wirtschaftsgutes oder spätestens bei dessen Ausscheiden aus dem Betriebsvermögen ertragswirksam aufzulösen bzw. bei Übertragung auf ein abnutzbares Wirtschaftsgut bereits laufend verteilt über dessen Restnutzungsdauer aufzulösen. Die Auflösung der steuerlichen Rücklage erfolgt im Wege der steuerlichen Mehr-Weniger-Rechnung.
Für steuerliche Zwecke ist der Umstand der Fortführung als steuerliche Rücklage (durch einen entsprechenden Vermerk) im Anlageverzeichnis gesondert in Evidenz zu halten.
Beispiel:
Ein Einzelunternehmer (§ 5 – Gewinnermittler, Bilanzstichtag: 31.12.) übertrug im Jahr 2015 stille Reserven in Höhe von 20.000 Euro auf eine in der ersten Jahreshälfte angeschaffte Maschine (Anschaffungskosten 120.000 Euro; Nutzungsdauer 10 Jahre).
2015:
In der UGB-Bilanz zum 31.12.2015 wurde entsprechend der Rechtslage vor dem RÄG 2014 die Maschine mit 120.000 Euro aktiviert und eine Bewertungsreserve für diese Maschine mit 20.000 Euro aufwandswirksam passiviert. Unternehmensrechtlich wird in 2015 eine planmäßige Abschreibung iHv 12.000 Euro aufwandswirksam und eine Auflösung der Bewertungsreserve iHv 2.000 Euro verbucht;
31.12.2015: Unternehmensrechtliche Buchwerte: Maschine 108.000 Euro; Bewertungsreserve 18.000 Euro.
Die steuerlichen Anschaffungskosten der Maschine betragen auf Grund von § 12 Abs. 6 EStG 1988 100.000 Euro (120.000 – 20.000); AfA 2015: 10.000 Euro; keine Mehr-Weniger-Rechnung.
2016:
Unternehmensrechtlich wird im Wirtschaftsjahr 2016 die Bewertungsreserve aufgelöst und in die Gewinnrücklagen eingestellt. Weiters wird zum 31.12.2016 eine planmäßige Abschreibung der Maschine in Höhe von 12.000 Euro aufwandswirksam vorgenommen.
Wird vom steuerlichen Fortführungswahlrecht gemäß § 124b Z 271 EStG 1988 Gebrauch gemacht, ist die unternehmensrechtlich aufgelöste Bewertungsreserve als steuerliche Rücklage fortzuführen und entsprechend § 205 Abs. 2 UGB idF vor dem RÄG 2014 zu behandeln.
Die ertragswirksame Auflösung der steuerlichen Rücklage erfolgt über die – in den Jahren 2016 bis 2024 somit jährlich vorzunehmende steuerliche Mehr-Weniger-Rechnung von + 2.000 Euro. Die steuerliche Abschreibung des Wirtschaftsgutes im Jahr 2016 beträgt somit 10.000 Euro.
6.11 Entnahmen
6.11.1 Allgemeines
2476
Für die Bewertung ist grundsätzlich der Teilwert (siehe Rz 2230 ff) im Zeitpunkt der Entnahme maßgeblich. Zur Bewertung von Grund und Boden siehe Rz 2635 ff. Werden ererbte Wirtschaftsgüter entnommen, um eine Pflichtteilsschuld abzudecken, so sind die stillen Reserven beim Erben (und nicht beim Erblasser) im Jahr der Entnahme zu versteuern (VwGH 5.8.1993, 88/14/0060).
Der Entnahmewert tritt für nachfolgende steuerrelevante Sachverhalte an die Stelle der Anschaffungs- oder Herstellungskosten.
Zur vereinfachten Bewertung siehe Rz 5926.
6.11.2 Nutzungen
2477
Werden bewegliche Wirtschaftsgüter des Betriebes für private (betriebsfremde) Zwecke verwendet, ohne dass dadurch das Wirtschaftsgut aus dem Betriebsvermögen ausscheidet (die Nutzung des Wirtschaftsgutes erfolgt in einem Ausmaß von mehr als 50% für den Betrieb, ist die Nutzung unter 50% so liegt Privatvermögen vor), so ist darin eine Nutzungsentnahme zu erblicken, die ebenfalls mit dem Teilwert zu erfolgen hat. Der Teilwert stimmt mit den durch die private Nutzung verursachten Kosten überein. Stille Reserven werden dabei nicht aufgedeckt, da keine Überführung des Wirtschaftsgutes in das Privatvermögen erfolgt. Bei der Nutzungsentnahme eines PKW sind sämtliche anteilige Kosten zu erfassen (VwGH 18.2.1999, 98/15/0192). Bei Gebäuden wird der Teilwert der Nutzungsentnahme die anteilige AfA, Kosten der Instandhaltung sowie Betriebskosten und Finanzierungsaufwendungen sein (somit nicht ein fiktiver Mietwert), bei einem angemieteten Gebäude die anteiligen Mietzinse inklusive der Betriebskosten.
6.11.3 Leistungen
2478
Wenn der Steuerpflichtige Leistungen, die im Rahmen seines Betriebes erbracht und dort im Aufwand verrechnet werden, privat nutzt, so sind diese Leistungen als Entnahme zu behandeln. Lässt sich zB der Baumeister von seinen Arbeitnehmern ein Privathaus errichten, so stellt der Teilwert der Leistung die darauf entfallene Entlohnung mit sämtlichen Lohnzuschlägen dar.
6.11.4 Wirtschaftsgüter, die in der Bilanz nicht aufscheinen
2479
Notwendiges Betriebsvermögen kann auch vorliegen, wenn es nicht in die Steuerbilanz aufzunehmen war. Somit ist ein gegenleistungsloser Übergang dieses Betriebsvermögens in die Privatsphäre des Betriebsinhabers ebenfalls als Entnahme mit dem Teilwert zu erfassen. In Betracht kommen dafür insbesondere selbstgeschaffene unkörperliche Wirtschaftsgüter sowie Mietrechte.
6.11.4.1 Mietrecht
2480
Der Teilwert des Mietrechtes kann in der Differenz zwischen vertraglicher Mietzinszahlung und Zahlung bei Neuabschluss des Mietvertrages gesehen werden (VwGH 6.4.1994, 91/13/0211).
6.11.4.2 Selbstgeschaffene Wirtschaftsgüter
2481
Bei der Entnahme von selbstgeschaffenen unkörperlichen Wirtschaftsgütern sind für den Teilwert nicht nur die angefallenen Kosten, sondern auch die zu erwartenden Ertragsaussichten zu berücksichtigen.
6.11.5 Die Entnahme von Grundstücken
Siehe Abschn. 6.21.4.
6.11.6 Fremdfinanzierte Wirtschaftsgüter
2482
Wird ein mit Fremdkapital finanziertes Wirtschaftsgut dem Betriebsvermögen für private Zwecke entzogen, gelangen auch die Verbindlichkeiten ins Privatvermögen und sind die Zinsen nach der Entnahme nicht mehr als Betriebsausgaben absetzbar (VwGH 30.9.1999, 99/15/0106, 99/15/0107). Zur Betriebsaufgabe siehe Rz 1435 ff.
6.11.7 Speisen und Getränke der Gastwirte
2483
Für die Bewertung der Entnahme von Speisen und Getränken im Gast-, Schank- und Beherbergungsgewerbe ist grundsätzlich von jenen Werten auszugehen, die für Zwecke des Steuerabzuges vom Arbeitslohn als Sachbezug anzusetzen sind. Bei einem erheblichen Abweichen der Sachbezugswerte von den tatsächlichen Kosten sind diese anzusetzen. Ein erhebliches Abweichen der Sachbezugswerte entsprechend den lohnsteuerlichen Bestimmungen ist dann anzunehmen, wenn die Sachbezugswerte weniger als 50% der tatsächlichen Kosten betragen.
6.12 Einlagen
6.12.1 Einlagen nach dem 31.3.2012
2484
Die Bewertung von Einlagen von Wirtschaftsgütern in das Betriebsvermögen wurde durch das 1. StabG 2012 und das AbgÄG 2012 mit Wirksamkeit für Einlagen nach dem 31.3.2012 neu geregelt. Die Neuregelung gilt für alle Arten der Gewinnermittlung gleichermaßen.
Grundsätzlich sind Einlagen stets mit dem Teilwert zum Zeitpunkt der Einlage zu bewerten (§ 6 Z 5 lit. d EStG 1988). Bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern stellt daher der Einlageteilwert die Basis für die Bemessung der Absetzung für Abnutzung dar.
Es bestehen aber für Kapitalanlagen und Derivate im Sinne des § 27 Abs. 3 und 4 EStG 1988 sowie für Grundstücke im Sinne des § 30 Abs. 1 EStG 1988 Ausnahmen von diesem Grundsatz.
Zur Einlage von Kapitalanlagen und Derivaten siehe Rz 799 f.
6.12.1.1 Einlagen von (bebauten) Grundstücken
2485
Grundstücke im Sinne des § 30 Abs. 1 EStG 1988 (siehe dazu Rz 6621) sind grundsätzlich mit den (historischen) Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen. Bei unentgeltlichem Erwerb des Grundstücks sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Rechtsvorgängers heranzuziehen.
Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten sind um später angefallene Herstellungsaufwendungen zu erhöhen. Wurde ein eingelegtes Grundstück bereits vor der Einlage zur Erzielung von Einkünften verwendet, sind die (erhöhten) Anschaffungs- oder Herstellungskosten um bereits bei der Ermittlung der Einkünfte steuerlich berücksichtigte Absetzungen für Abnutzungen und sonstige begünstigte Abschreibungen (zB Herstellungsfünfzehntel im Sinne des § 28 Abs. 3 EStG 1988) zu vermindern. Weiters sind diese Anschaffungs- oder Herstellungskosten auch um die in § 28 Abs. 6 EStG 1988 genannten steuerfreien Beträge zu vermindern.
Ist der Teilwert im Zeitpunkt der Einlage niedriger als die (adaptierten) Anschaffungs- oder Herstellungskosten, ist das Grundstück mit diesem Teilwert anzusetzen. Adaptierungen wie im Fall des Ansatzes der Anschaffungs- oder Herstellungskosten sind bei Ansatz des Teilwertes nicht vorzunehmen.
Beispiel:
Grund und Boden wurde 2008 um 50.000 angeschafft. 2009 wurde um 100.000 ein Gebäude darauf errichtet und mit Beginn 2010 vermietet; jährlich wird eine AfA in Höhe von 1.500 als Werbungskosten bei VuV geltend gemacht. Mit 1.1.2013 wird das Grundstück in einen Betrieb eingelegt. Der Einlagewert ermittelt sich wie folgt:
Anschaffungskosten Grund und Boden | 50.000 |
Herstellungskosten Gebäude | 100.000 |
Steuerlich geltend gemachte AfA | – 4.500 |
Einlagewert | 145.500 |
2486
Wurde ein eingelegtes Grundstück bereits vor der Einlage zur Erzielung von betrieblichen Einkünften verwendet, tritt der Wert zum Zeitpunkt der Entnahme oder Betriebsaufgabe an die Stelle der (historischen) Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Für Grundstücke ist daher im Falle der Entnahme der Teilwert zum Entnahmezeitpunkt und im Fall der Betriebsaufgabe der gemeine Wert zum Aufgabezeitpunkt heranzuziehen; für Grund und Boden ist aber bei Entnahmen und Betriebsaufgaben nach dem 31.3.2012 der Buchwert zum Zeitpunkt der Entnahme oder Betriebsaufgabe heranzuziehen.
Die nach § 6 Z 5 lit. b EStG 1988 erforderlichen Adaptierungen sind daher auf Basis dieses Wertes vorzunehmen.
Ist der Teilwert im Zeitpunkt der Einlage niedriger als der (adaptierte) historische Entnahme- oder Aufgabewert, ist das Grundstück mit diesem Teilwert anzusetzen. Adaptierungen wie im Fall des Ansatzes des historischen Entnahme- oder Aufgabewertes sind bei Ansatz des Teilwertes nicht vorzunehmen.
Beispiel:
Ein Gebäude (Anschaffungskosten 80.000) wurde mit Beginn 2007 aus dem Betriebsvermögen entnommen. Der Teilwert zum Zeitpunkt der Entnahme betrug 100.000. In weiterer Folge wurde das Gebäude vermietet (ab der ersten Jahreshälfte 2007) und 2010 wurden Herstellungsaufwendungen im Sinne des § 28 Abs. 3 EStG 1988 im Umfang von 75.000 getätigt. Diese Herstellungsaufwendungen wurden als Herstellungsfünfzehntel bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt. Mit 1.1.2015 wird das Gebäude wieder in einen Betrieb eingelegt. Der Einlagewert ermittelt sich wie folgt:
Entnahmewert Gebäude | 100.000 | |
Herstellungsaufwendungen | 75.000 | |
Steuerlich geltend gemachte AfA | -12.000 | (8*1.500) |
Steuerlich geltend gemachte Fünfzehntel | -25.000 | |
Einlagewert | 138.000 |
2487
Abweichend vom grundsätzlichen Ansatz der (historischen) Anschaffungs- oder Herstellungskosten sind Gebäude und grundstücksgleiche Rechte (siehe dazu Rz 6622) im Sinne des § 30 Abs. 1 EStG 1988, die zum 31.3.2012 nicht steuerverfangen waren (Altvermögen) stets mit dem Teilwert zu bewerten (§ 6 Z 5 lit. c EStG 1988). Der Teilwert stellt auch dann den Einlagewert dar, wenn die (historischen) Anschaffungs- oder Herstellungskosten zum Zeitpunkt der Einlage höher waren als der Teilwert im Einlagezeitpunkt. Im Privatvermögen eingetretene Wertminderungen können daher nicht in die betriebliche Sphäre verschoben werden. Zur Einlage mit dem Teilwert und einer nachfolgenden Veräußerung aus dem Betriebsvermögen siehe Rz 783.
2488
Werden nach einer Betriebsaufgabe nach § 24 Abs. 6 EStG 1988 begünstigte Gebäudeteile in einen Betrieb eingelegt, ist der maßgebliche steuerliche Wertansatz um die unversteuerte stille Reserve zu kürzen und davon die AfA zu bemessen. Im Fall einer Veräußerung innerhalb der fünfjährigen Sperrfrist ist der steuerliche Wertansatz um die versteuerten stillen Reserven rückwirkend zu erhöhen (§ 24 Abs. 6 EStG 1988, siehe auch Rz 5717a). Von diesem erhöhten Betrag ist rückwirkend die AfA zu bemessen.
Bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 sind die Vorschriften für Entnahmen und Einlagen entsprechend dem Betriebsvermögensvergleich heranzuziehen. Die Einlage von Umlaufvermögen ist als Betriebsausgabe auszuweisen, soweit nicht § 4 Abs. 3 letzter Satz EStG 1988 anzuwenden ist. Eingelegtes Anlagevermögen ist zu aktivieren.
6.12.2 Einlage eines entdeckten Bodenschatzes
2489
Ein entdeckter Bodenschatz ist steuerlich ein vom Grund und Boden getrennt zu betrachtendes Wirtschaftsgut. Ein Bodenschatz stellt allerdings, falls noch nicht mit der Verwertung des Bodenschatzes begonnen worden ist, nur dann ein eigenes Wirtschaftsgut dar, wenn dieser abbauwürdig und mit seiner Aufschließung zu rechnen ist (VwGH 29.3.2006, 2004/14/0063).
Stellt der Bodenschatz ein selbständiges Wirtschaftsgut dar, ist bei einer Veräußerung eines Grundstückes samt Bodenschatz nicht nur für Grund und Boden, sondern auch für den Bodenschatz ein Kaufpreis(anteil) anzusetzen. Erfolgt keine angemessene Aufteilung im Kaufvertrag, ist diese glaubhaft zu machen.
Ein als selbständiges Wirtschaftsgut anzusehender Bodenschatz fällt als solcher nicht unter den Begriff des Grundstücks im Sinne des § 30 Abs. 1 EStG 1988. Daher ist ein Bodenschatz im Falle der Einlage nach § 6 Z 5 lit. d EStG 1988 mit dem Teilwert im Zeitpunkt der Einlage zu bewerten. Gegenstand der Einlage ist das gesamte Schottervorkommen, eine fraktionierte Einlage des Schottervorkommens entsprechend der abgebauten Menge ist ausgeschlossen (VwGH 19.12.2013, 2012/15/0024). Für die Bewertung sind jene Verhältnisse maßgebend, die im Zeitpunkt der Einlage bekannt waren oder bekannt sein konnten. Eine fehlerhafte Bewertung zum Einlagezeitpunkt kann berichtigt werden. Im Falle einer zutreffenden Bewertung zum Einlagezeitpunkt kommt es nicht zu einer jährlichen Neubewertung, obwohl laufend die Kenntnis über das Ausmaß und die Beschaffenheit des Bodenschatzes verfeinert wird. Maßgeblich ist die seinerzeitige Teilwertermittlung, soweit sie unter sorgfältiger Beachtung aller bewertungsrelevanter Umstände, die dem Unternehmer bekannt waren oder bekannt hätten sein müssen, erfolgt ist (VwGH 29.3.2006, 2004/14/0063, betreffend Schottervorkommen).
6.12.3 Einlagen vor dem 1.4.2012
2490
Einlagen sind unabhängig vom Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung des eingelegten Wirtschaftsgutes stets mit dem Teilwert im Zeitpunkt der Einlage anzusetzen. Werden angeschaffte Wirtschaftsgüter eingelegt, sind im Fall der späteren Veräußerung (vor dem 1.4.2012 nur innerhalb der Spekulationsfrist) – neben gleichzeitig zu erfassenden betrieblichen Einkünften – in Höhe der Differenz zwischen Anschaffungskosten und dem Teilwert zum Zeitpunkt der Einlage Einkünfte nach § 30 EStG 1988 gegeben (§ 30 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 idF vor dem 1. StabG 2012 und § 4 Abs. 3a Z 4 EStG 1988, siehe Rz 783).
Eingelegte Beteiligungen im Sinne des § 31 EStG 1988 sind höchstens mit den Anschaffungskosten anzusetzen (siehe Rz 2493).
Werden nach einer Betriebsaufgabe nach § 24 Abs. 6 EStG 1988 begünstigte Gebäudeteile eingelegt, ist der maßgebliche steuerliche Wertansatz um die unversteuerte stille Reserve zu kürzen und davon die AfA zu bemessen. Im Fall einer Veräußerung innerhalb der fünfjährigen Sperrfrist ist der steuerliche Wertansatz um die versteuerten stillen Reserven rückwirkend zu erhöhen (§ 24 Abs. 6 EStG 1988 idF des AbgÄG 2004, siehe auch Rz 5717a). Von diesem erhöhten Betrag ist rückwirkend die AfA zu bemessen.
Bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 sind die Vorschriften für Entnahmen und Einlagen entsprechend dem Betriebsvermögensvergleich heranzuziehen. Die Einlage von Umlaufvermögen ist als Betriebsausgabe auszuweisen, eingelegtes Anlagevermögen ist grundsätzlich zu aktivieren.
Randzahlen 2491 und 2492: entfallen
6.12.4 Einlage von Beteiligungen vor dem 1.4.2012
6.12.4.1 Beteiligungen, deren Veräußerung nach § 31 EStG 1988 zu erfassen wären, sind:
2493
- Beteiligungen von mindestens 1% am Grund- oder Stammkapital von Kapitalgesellschaften. Dieses Beteiligungsausmaß muss beim Steuerpflichtigen oder – im Falle des unentgeltlichen Erwerbes – beim Rechtsvorgänger irgendwann innerhalb der letzten fünf Jahre bestanden haben.
- Gesellschaftsanteile iSd § 5 Abs. 3 und 4 UmgrStG, § 20 Abs. 5 und 6 UmgrStG, § 37 Abs. 2 UmgrStG.
Diese Beteiligungen sind gemäß § 6 Z 5 letzter Satz EStG 1988 stets mit den Anschaffungskosten zu bewerten. Dies gilt nur in Fällen, in denen der Teilwert höher als die Anschaffungskosten ist. Zur Vermeidung der Verlagerung eines außerbetrieblichen Wertverlustes in den Betrieb sind jedoch Beteiligungen, deren Teilwert unter den Anschaffungskosten liegt, mit dem niedrigeren Teilwert anzusetzen. (VwGH 23.9.2005, 2002/15/0028, teleologische Reduktion des § 6 Z 5 EStG 1988 letzter Satz; ab 2007 § 6 Z 5 EStG 1988 idF StruktAnpG 2006).
6.12.4.2 Beteiligungen, deren Veräußerung nicht nach § 31 EStG 1988 zu erfassen wäre
2494
Rechtslage bis 2006:
Alle Beteiligungen, die innerhalb eines Jahres nach der Anschaffung eingelegt werden, sind mit dem Teilwert, höchstens jedoch mit den Anschaffungskosten zu bewerten.
Rechtslage ab 2007:
Alle Beteiligungen, deren Veräußerung nicht nach § 31 EStG 1988 zu erfassen wäre, sind mit dem Teilwert im Einlagezeitpunkt zu bewerten.
2495
Rechtslage bis 2006:
Beteiligungen, deren Anschaffung mehr als ein Jahr zurückliegt und die entweder das Beteiligungsausmaß von mindestens 1% innerhalb der letzten fünf Jahre nicht erreichen bzw. nicht erreicht haben und die keine Gesellschaftsanteile iSd § 5 Abs. 3 und 4 UmgrStG (UmgrStR 2002 Rz 270 ff), § 20 Abs. 5 und 6 UmgrStG (UmgrStR 2002 Rz 1134 ff), § 37 Abs. 2 UmgrStG (UmgrStR 2002 Rz 1736) sind oder bei denen es sich nicht um Beteiligungen an Kapitalgesellschaften handelt (Beteiligung als echter stiller Gesellschafter), sind immer mit dem Teilwert anzusetzen.
Rechtslage ab 2007:
Beteiligungen, die entweder das Beteiligungsausmaß von mindestens 1% innerhalb der letzten fünf Jahre nicht erreichen bzw. nicht erreicht haben und die keine Gesellschaftsanteile iSd § 5 Abs. 3 und 4 UmgrStG (UmgrStR 2002 Rz 270 ff), § 20 Abs. 5 und 6 UmgrStG (UmgrStR 2002 Rz 1134 ff), § 37 Abs. 2 UmgrStG (UmgrStR 2002 Rz 1736) sind oder bei denen es sich nicht um Beteiligungen an Kapitalgesellschaften handelt (Beteiligung als echter stiller Gesellschafter), sind immer mit dem Teilwert anzusetzen.
6.12.5 Nutzungseinlagen
2496
Bloße Nutzungen sind nicht als einlagefähige Wirtschaftsgüter anzusehen, weshalb die Bewertung gemäß § 6 Z 5 lit. d EStG 1988 nicht anzuwenden ist (siehe auch Rz 632 f). Nutzungseinlagen in ein Einzelunternehmen oder in eine Personengesellschaft sind in Form der Einlage einer AfA (für nicht überwiegend betrieblich genutzte bewegliche Wirtschaftsgüter oder für untergeordnet betrieblich genutzte Gebäude) möglich. Die Regelung für die als Entnahmewert anzusetzenden anteiligen Kosten für die Privatnutzung ist sinngemäß für Nutzungseinlagen anzuwenden.
2497
Unternehmer, deren Kraftfahrzeug nicht Bestandteil des Betriebsvermögens ist, können die auf die betriebliche Nutzung entfallenden tatsächlich nachgewiesenen Aufwendungen – zu denen auch die aliquote AfA gehört – geltend machen. Zur Geltendmachung des Kilometergeldes siehe Rz 1615 unter „Personenkraftwagen im Privatvermögen“.
2498
Zu Nutzungseinlagen kommt es insbesondere dann, wenn ein im Privatvermögen befindliches Gebäude untergeordnet (weniger als 20%) betrieblich genutzt wird. Anzusetzen sind die anteiligen – dem Umfang der betrieblichen Nutzung entsprechenden – Kosten. Zu den anteiligen Aufwendungen zählen nicht nur die auf den betrieblich genutzten Anteil entfallende AfA, sondern auch die anteiligen Finanzierungskosten. Als Bewertungsgrundlage für die Nutzungseinlage ist nicht der Mietwert anzusetzen (VwGH 18.2.1999, 98/15/0192). Die Bewertungsvorschriften des § 6 Z 5 EStG 1988 (Bewertungsmaßstab, bis 2006 Fristenberechnung) sind heranzuziehen.
Beispiel:
Anschaffung eines Gebäudes im Jahre 01 (Wert des Gebäudes 250.000 Euro; Grund und Boden 500.000 Euro). Das gesamte Gebäude wird von 01 – 04 vermietet. Ab dem Jahr 06 eigenbetriebliche Nutzung 10%, AfA gemäß § 8 Abs. 1 EStG 1988 3%. 90% des Gebäudes werden weiter fremdvermietet (Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung).
Betriebskosten des gesamten Gebäudes: 10.000 Euro/Jahr. Zinsen für Gebäudekredit: 300.000 S/Jahr. Teilwert des Gebäudes im Zeitpunkt der Einlage: 270.000 Euro)
Die Nutzungseinlage erfolgt innerhalb von 10 Jahren seit Anschaffung. Der Bewertungsmaßstab für die Berechnung der AfA von 3% für die betriebliche Nutzung sind in diesem Fall die Anschaffungs- oder Herstellungskosten.
Anschaffungskosten Gebäudewert: | 250.000 |
AfA außerbetriebliche Nutzung (1,5%) | -15.000 |
Bemessungsgrundlage | 235.000 |
Davon 10% betriebliche Nutzung | 23.500 |
Nutzungseinlage: | |
3% AfA von 23.500 | 705 |
Anteil Betriebskosten | 1.000 |
Anteil Zinsen | 3.000 |
Nutzungseinlage gesamt | 3.000 |
Ist ein im Alleineigentum stehendes Gebäude im Sinne des 20/80%-Regel teils Betriebsvermögen und teils Privatvermögen bewirkt eine innerhalb des 20/80%-Rahmens stattfindende nachhaltige Nutzungsänderung idR entweder eine Entnahme oder Einlage.
6.12.6 Einlage von (selbstgeschaffenen) unkörperlichen Wirtschaftsgütern
2499
Für die Einlage von entgeltlich erworbenen unkörperlichen Wirtschaftsgütern gilt prinzipiell die Regelung wie bei sonstigen Wirtschaftsgütern.
2500
Werden unkörperliche Wirtschaftsgüter in das Betriebsvermögen eines Einzelunternehmers oder einer Mitunternehmerschaft eingelegt, so sind sie unabhängig davon, ob sie vor der Einlage vom Steuerpflichtigen entgeltlich erworben wurden oder nicht, stets nach den allgemein für Einlagen geltenden Bewertungsgrundsätzen zu aktivieren (§ 6 Z 5 lit. d EStG 1988 geht vor § 4 Abs. 1 letzter Satz EStG 1988).
Unkörperliche Wirtschaftsgüter, die in das Umlaufvermögen eingelegt werden, sind jedenfalls anzusetzen und nach § 6 Z 5 lit. d EStG 1988 zu bewerten.
Beispiel
Ein Angestellter hat im Privatbereich eine Erfindung gemacht. In der Folge gründet er einen Gewerbebetrieb und verwendet die Erfindung im Rahmen dieses Betriebes als Anlagegut. Die Erfindung ist mit dem Teilwert bzw. im Falle der Fertigstellung innerhalb des letzten Jahres mit den Herstellungskosten in der Eröffnungsbilanz (ins Anlagenverzeichnis) aufzunehmen.
2501
Der Begriff der unkörperlichen Wirtschaftsgüter umfasst sowohl immaterielle Wirtschaftsgüter als auch Finanzanlagen (siehe Rz 624 ff). Zu den Finanzanlagen zählen beispielsweise Beteiligungen an Kapitalgesellschaften, echte stille Gesellschaftsanteile und Wertpapiere. Finanzanlagen werden idR entgeltlich erworben, sodass das Aktivierungsverbot kaum eingreifen kann.
2502
Zur Mitunternehmerschaft siehe Rz 5874 ff und 5920 f. Bei der Schätzung des Teilwertes von selbstgeschaffenen unkörperlichen Wirtschaftsgütern sind nicht nur die angefallenen Kosten, sondern auch die zu erwartende Ertragsaussichten zu berücksichtigen, wie zB Barwert der kapitalisierten (prognostizierten) Netto-Jahreserträge unter Annahme einer bestimmten Nutzungsdauer in Zusammenhang mit der Verwertung von Lizenzen.
6.12.7 Einlage von Wirtschaftsgütern, deren Veräußerung nach § 31 EStG 1988 zu erfassen wäre
2503
Wirtschaftsgüter, deren Veräußerung nach § 31 EStG 1988 als Spekulationsgeschäft zu erfassen wäre, sind mit dem Teilwert im Einlagezeitpunkt zu bewerten. Für Wertveränderungen ist in analoger Anwendung von § 4 Abs. 3a Z 4 EStG 1988 vor dem Einlagezeitpunkt zu unterscheiden:
- Erfolgt die Veräußerung innerhalb eines Jahres nach der Anschaffung, ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Teilwert im Einlagezeitpunkt und den Anschaffungskosten noch als Einkünfte im Sinne des § 31 EStG 1988 zu erfassen.
- Erfolgt die Veräußerung nicht innerhalb eines Jahres nach der Anschaffung, sind die bis zur Einlage entstandenen Wertveränderungen nicht steuerbar.
Wertveränderungen, die nach der Einlage erfolgen, sind in beiden Fällen im Rahmen der betrieblichen Einkünfte zu erfassen.
Randzahl 2504: derzeit frei
6.13 Entstrickungs- und Verstrickungsbesteuerung
6.13.1 Allgemeines
2505
§ 6 Z 6 EStG 1988 dient der Abgrenzung der Besteuerungshoheit der Republik Österreich im Zusammenhang mit Gewinnverlagerungen ins Ausland und vom Ausland ins Inland. Sinn und Zweck der Bestimmung ist es, in Österreich entstandene stille Reserven bei der Überführung von Wirtschaftsgütern, Teilbetrieben oder ganzen Betrieben ins Ausland steuerlich zu erfassen bzw. ausländische stille Reserven bei Überführung ins Inland zu neutralisieren. Die Wirkungen des § 6 Z 6 lit. a EStG 1988 erstrecken sich auch auf sonstige Leistungen (siehe Rz 2510).
§ 6 Z 6 EStG 1988 ist auf natürliche Personen und auf Körperschaften anzuwenden. Als allgemeine Norm hat § 6 Z 6 EStG 1988 Nachrang gegenüber den speziellen Entstrickungsbestimmungen des Umgründungssteuerrechtes.
Mit dem Abgabenänderungsgesetz 2015 wurde § 6 Z 6 EStG 1988 neu geregelt. Die Bestimmung wurde um eine allgemeine Entstrickungsregelung für sonstige Umstände erweitert, die zu einer Einschränkung des Besteuerungsrechtes der Republik Österreich im Verhältnis zu anderen Staaten führen (§ 6 Z 6 lit. b EStG 1988 idF AbgÄG 2015; siehe dazu Rz 2518).
Das bisher in § 6 Z 6 EStG 1988 im Verhältnis zu EU/EWR-Staaten mit umfassender Amts- und Vollstreckungshilfe vorgesehene Nichtfestsetzungskonzept wurde durch ein Ratenzahlungskonzept für die in § 6 Z 6 lit. c EStG 1988 abschließend geregelten Entstrickungsfälle der lit. a und lit. b im Verhältnis zu diesen Staaten ersetzt (siehe dazu Rz 2518).
Mit dem Jahressteuergesetz 2018 wurde das Ratenzahlungskonzept an Art. 5 der Richtlinie 2016/1164/EU (ATAD) angepasst, indem der Ratenzahlungszeitraum für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens von 7 auf 5 Jahre verkürzt wurde (siehe dazu Rz 2518f) und die Fälligstellungstatbestände erweitert wurden (siehe dazu Rz 2518g).
Zur bisherigen Nichtfestsetzung der entstandenen Steuerschuld bei Überführung bzw. Verlegung gemäß § 6 Z 6 lit. b EStG 1988 idF vor AbgÄG 2015 in den EU-/EWR-Raum, die vor dem 1. Jänner 2016 erfolgte, siehe Rz 2517a ff.
6.13.2 Grenzüberschreitende Überführung von Wirtschaftsgütern
6.13.2.1 Tatbestand
2506
§ 6 Z 6 lit. a EStG 1988 ist für nachfolgende Falltypen der Überführung von Wirtschaftsgütern anwendbar:
- Von Betrieben in Betriebe.
- Von Betriebsstätten in Betriebe und umgekehrt.
- Von Betriebsstätten in Betriebsstätten desselben Betriebes.
- Verlegung ganzer Betriebe oder Teilbetriebe ins Ausland.
§ 6 Z 6 lit. a EStG 1988 erfasst auch alle Fälle, bei denen
- der Steuerpflichtige Mitunternehmer des ausländischen und/oder des inländischen Betriebes ist (siehe Rz 2514),
- der Steuerpflichtige an einer ausländischen Kapitalgesellschaft oder die ausländische Kapitalgesellschaft an der inländischen Kapitalgesellschaft zu mehr als 25% beteiligt ist (siehe Rz 2515) oder
- bei beiden Betrieben dieselben Personen die Geschäftsleitung oder die Kontrolle ausüben oder darauf Einfluss haben.
§ 6 Z 6 lit. a EStG 1988 kommt auch bei Überführung von Wirtschaftsgütern oder Verlegung von Betrieben (Betriebsstätten) in einen Staat zur Anwendung, mit dem Österreich kein Doppelbesteuerungsabkommen oder abkommensrechtlich die Anrechnungsmethode für spätere Gewinne aus der Veräußerung der überführten Wirtschaftsgüter vereinbart hat (zB Italien). Grenzüberschreitende Überführungen von Wirtschaftsgütern zwischen ausländischen Betriebsstätten sind von § 6 Z 6 lit. a EStG 1988 nicht erfasst. Insoweit damit jedoch die Einschränkung von österreichischen Besteuerungsrechten verbunden ist, sind derartige Vorgänge von § 6 Z 6 lit. b EStG 1988 erfasst (siehe Rz 2518).
6.13.2.2 Begriff „Überführen“
2507
Das Überführen von Wirtschaftsgütern zur betrieblichen Verwendung in einen anderen Betrieb/ eine andere Betriebsstätte geschieht durch Verbringen. Der Begriff Überführen iSd § 6 Z 6 erfasst Tatbestände, die entweder als Lieferung oder sonstige Leistung gelten oder als Entnahme/Einlage – Vorgang anzusehen sind.
2508
Im Verhältnis zwischen Stammhaus und Betriebsstätte können Wirtschaftsgüter nur dem Stammhaus oder einer Betriebsstätte zugeordnet werden. Das Überführen geht in diesem Fall einher mit einer geänderten Zuordnung des Wirtschaftsgutes (zB vom Stammhaus zur Betriebsstätte).
2509
Einer Betriebsstätte sind alle Wirtschaftsgüter zuzuordnen, die der Erfüllung ihrer Betriebsstättenfunktion dienen (VwGH 23.4.1985, 84/14/0160; zur funktionalen Zuordnung von Beteiligungen und Wertpapieren aus abkommensrechtlicher Sicht: VwGH 18.10.2017, Ro 2016/13/0014, VwGH 15.10.2020, Ro 2019/13/0007; siehe auch VPR 2021 Rz 288 ff; KStR 2013 Rz 433). Dies gilt vor allem für Wirtschaftsgüter, welche zur ausschließlichen Verwertung und Nutzung für diese Betriebsstätte bestimmt sind. Ausschlaggebend für die Zuordnung sind die tatsächlichen und objektiven Verhältnisse und die jeweiligen Funktionen der Betriebsstätte.
2510
Keine Überführung iSd § 6 Z 6 lit. a EStG 1988 ist anzunehmen, wenn das Wirtschaftsgut nur vorübergehend in einem anderen Betrieb/einer anderen Betriebsstätte verwendet wird. Als vorübergehende Verwendung ist ein Zeitraum von nicht mehr als zwölf Monaten anzusehen (siehe auch Rz 3727). Bei Baugerät, das bei Bau- und Montagetätigkeiten zum Einsatz gelangt, wird regelmäßig auch dann keine Wirtschaftsgutüberführung in die Bau- oder Montagebetriebsstätte vorliegen, wenn der Einsatz länger als zwölf Monate dauert (siehe auch VPR 2021 Rz 326).
Die Bestimmungen des § 6 Z 6 lit. a EStG 1988 sind auch auf sonstige Leistungen zwischen den in Rz 2506 genannten verbundenen wirtschaftlichen Einheiten anzuwenden (siehe auch schon EAS 1090 vom 19. Juni 1997), nicht jedoch im außerbetrieblichen Bereich (BFG 18.7.2019, RV/1100628/2016).
6.13.2.3 Ermittlung des fremdüblichen Verrechnungspreises – OECD-Verrechnungspreisgrundsätze
2511
Gemäß § 6 Z 6 EStG 1988 ist jener Wert anzusetzen, der im Falle einer Lieferung oder sonstigen Leistung an einen vom Steuerpflichtigen völlig unabhängigen Betrieb angesetzt worden wäre, was dem sog. Fremdvergleichswert entspricht.
§ 6 Z 6 EStG 1988 bildet auch die primäre innerstaatliche Rechtsgrundlage für Gewinnerhöhungen zur Wahrnehmung des in Art. 9 der DBA verankerten Fremdvergleichsgrundsatzes (siehe dazu Rz 2512 f und VPR 2021 Rz 14 ff).
Im Verhältnis zu Staaten, mit denen ein Doppelbesteuerungsabkommen besteht, unterliegt die Ermittlung des fremdvergleichskonformen Wertes des § 6 Z 6 EStG 1988 auch den gleichlaufenden Regeln der den Artikeln 7 und 9 des OECD-Musterabkommens nachgebildeten Abkommensvorschriften (sowie im EU-Raum den Artikeln 4 Abs. 1 und 2 der Schiedskonvention). Dies hat zur Folge, dass die auf österreichischer Seite als Ausgangsland angesetzten fremdvergleichskonformen Preise mit jenen übereinstimmen müssen, die auf ausländischer Seite als Eingangsland des Wirtschaftsgut- oder Leistungstransfers angesetzt werden. Findet im Ausland keine den internationalen Verrechnungspreisgrundsätzen entsprechende Bewertung statt und führt dies zum Eintritt des Risikos einer internationalen Doppelbesteuerung, kann durch Antrag auf Einleitung eines Verständigungsverfahrens eine grenzüberschreitende Konfliktlösung herbeigeführt werden. Dieser Antrag ist im Ansässigkeitsstaat des Unternehmers zu stellen bzw. sollte bei verbundenen Kapitalgesellschaften grundsätzlich im Staat der Muttergesellschaft gestellt werden.
2512
Die laufend erfolgenden Kommentarrevisionen sind insofern zu berücksichtigen, als der revidierte OECD – Kommentar (in seiner jeweils geltenden Fassung) auch auf (vor der jeweiligen Revision) abgeschlossene Doppelbesteuerungsabkommen anzuwenden ist. Dies setzt voraus, dass der aktuelle Kommentar – unter Beachtung des Gesamtzusammenhanges der Abkommensbestimmung – in der jeweils geltenden Fassung mit dem Wortlaut der vergleichbaren Bestimmung des betroffenen bilateralen österreichischen Doppelbesteuerungsabkommens zumindest sinngemäß übereinstimmt.
2513
In Verständigungsverfahren getroffene Abkommensauslegungen bleiben davon unberührt. (Erlass BMF 27.10.1995, 04 0610/286-IV/4/95, AÖF Nr. 284/1995).
Weiters sind die von der OECD überarbeiteten und ergänzten „Verrechnungspreisgrundsätze für multinationale Unternehmungen und Steuerverwaltungen“ zu berücksichtigen (siehe dazu VPR 2021 Rz 1 ff).
6.13.2.4 Personenidentität
2514
Werden Wirtschaftsgüter eines inländischen (ausländischen) Betriebes in einen anderen ausländischen (inländischen) Betrieb desselben Steuerpflichtigen überführt, liegt eine Entnahme und nachfolgende Einlage vor. Werden Wirtschaftsgüter einer inländischen Personengesellschaft in eine andere (ausländische) Personengesellschaft überführt, gilt dieser Vorgang ebenfalls als Entnahme und nachfolgende Einlage, wenn an beiden Personengesellschaften die gleichen Gesellschafter mit dem gleichen Anteilsverhältnis beteiligt sind.
Für beide Fälle gilt, dass Geschäftsbeziehungen nur zwischen verschiedenen Vertragspartnern möglich sind. Daraus folgt, dass in diesen Überführungen unbeschadet der im § 6 Z 6 lit. a EStG 1988 vorgesehenen Wertansätze keine Anschaffungs- oder Veräußerungsvorgänge iSd §§ 10 und 12 EStG 1988 erblickt werden können.
2515
§ 6 Z 6 lit. a EStG 1988 ist auch dann anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige an einer ausländischen Kapitalgesellschaft oder die ausländische Kapitalgesellschaft an der inländischen Kapitalgesellschaft wesentlich, das ist zu mehr als 25%, beteiligt ist. Für die Beurteilung der Frage, ob eine mehr als 25-prozentige Beteiligung vorliegt, sind auch mittelbare Beteiligungen miteinzubeziehen. Die ausländische Kapitalgesellschaft muss zudem mit einer inländischen Kapitalgesellschaft vergleichbar sein (KStR 2013 Rz 133 und 1204).
2516
Die Anwendung des § 6 Z 6 lit. a EStG 1988 erfasst auch Betriebe, an denen dieselben Personen die Geschäftsleitung oder die Kontrolle ausüben oder darauf Einfluss haben. Ob diese Kriterien vorliegen, ist von der Behörde in freier Beweiswürdigung gemäß § 167 Abs. 2 BAO zu überprüfen, wobei der Abgabepflichtige auf Grund des Vorliegens von Auslandsbeziehungen im Rahmen der erhöhten Mitwirkungspflicht an der Beweismittelbeschaffung mitzuwirken hat. Die Beurteilung erfolgt im Einklang mit den dem Artikel 9 des OECD-Musterabkommens nachgebildeten Vorschriften des jeweiligen DBA.
6.13.2.5 Verlegung von Betrieben (Betriebsstätten)
2517
Der Fremdvergleichswert gemäß § 6 Z 6 lit. a EStG 1988 ist auch bei der Verlegung von Betrieben oder Betriebsstätten ins Ausland anzusetzen; dies betrifft auch die Verlegung des Ortes der Geschäftsleitung einer bislang unbeschränkt steuerpflichtigen betrieblich tätigen Körperschaft vom Inland in das Ausland, weil der Ort der Geschäftsleitung eine Betriebsstätte gemäß § 29 Abs. 2 lit. a BAO darstellt. Dabei ist der Wert des gesamten Betriebes (Betriebsstätte) einschließlich eines Firmenwertes zu ermitteln. Die Ermittlung dieses Werts hat nach einer betriebswirtschaftlich anerkannten Methode zu erfolgen.
6.13.3 Nichtfestsetzung der entstandenen Steuerschuld für Überführung bzw. Verlegung in den EU-/EWR-Raum vor dem 1.1.2016
2517a
Für Überführungen von Wirtschaftsgütern und Verlegungen von Betrieben/Betriebsstätten, die vor dem 1.1.2016 aus dem Inland in einen EU-Staat oder EWR-Staat erfolgen, mit dem eine umfassende Amts- und Vollstreckungshilfe besteht, ist das bisherige Nichtfestsetzungskonzept (§ 6 Z 6 EStG 1988 idF vor AbgÄG 2015) weiterhin anwendbar. Danach ist auf Grund eines in der Steuererklärung gestellten Antrages über die durch Überführung bzw. Verlegung entstandene Steuerschuld im Abgabenbescheid nur abzusprechen, die Steuerschuld jedoch bis zur tatsächlichen Veräußerung oder dem sonstigen Ausscheiden aus dem Betriebsvermögen nicht festzusetzen. Das Ausscheiden eines EU/EWR-Staates aus dem EU/EWR-Raum (zB „Brexit“) bewirkt keine Festsetzung (siehe dazu auch Rz 2518a).
Überführt der Steuerpflichtige in einem Wirtschaftsjahr mehrere Wirtschaftsgüter (Betriebe, Betriebsstätten), kann er sein Antragsrecht für jedes einzelne Wirtschaftsgut (jeden Betrieb, jede Betriebsstätte) unabhängig ausüben.
2517b
Die Möglichkeit der Nichtfestsetzung der durch Überführung von Wirtschaftsgütern bzw. Verlegung von Betrieben oder Betriebsstätten entstandenen Steuerschuld gilt nur bei Überführung bzw. Verlegung in einen Staat
- der Europäischen Union,
- des Europäischen Wirtschaftsraumes, mit dem eine umfassende Amts- und Vollstreckungshilfe besteht (siehe dazu Rz 2518).
2517c
Die Möglichkeit der Nichtfestsetzung ist bei der Überführung von Wirtschaftsgütern oder Betriebsstätten auf Überführungen innerhalb eines einheitlichen Betriebes desselben Steuerpflichtigen (einschließlich der grenzüberschreitenden Verlegung des einheitlichen Betriebes als solchem) eingeschränkt. Entsprechend kommt es auch im Inland bei Überführungen zwischen Betrieben zu einer Erfassung der stillen Reserve. Zum einheitlichen Betrieb siehe Rz 411 ff.
2517d
Der Antrag auf Nichtfestsetzung der Steuerschuld kann nur mit der Steuererklärung des Jahres der Überführung bzw. der Verlegung gestellt werden, die vor Ergehen des Einkommensteuerbescheides eingebracht wurde. Wurde in dieser Steuererklärung kein Antrag gestellt, kann ein solcher in einer nach Ergehen des Einkommensteuerbescheides (zB in einem Berufungsverfahren oder einem wieder aufgenommenen Verfahren) eingereichten Steuererklärung nicht nachgeholt werden. Dies gilt auch in Fällen, in denen der Einkommensteuerbescheid nicht auf Grundlage einer vom Steuerpflichtigen eingereichten Steuererklärung erging; denn wird im Zuge einer Berufung gegen einen derartigen Einkommensteuerbescheid erstmalig eine Steuererklärung mit Antrag auf Nichtfestsetzung der Steuerschuld eingebracht, wurde der Antrag im Berufungsverfahren und nicht in der Steuererklärung gestellt.
2517e
Die nach der Überführung oder Verlegung erfolgte Veräußerung oder das sonstige Ausscheiden aus dem Betriebsvermögen gilt als rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 295a BAO, das die Steuerfestsetzung im Wege der Abänderung des Bescheides des Jahres der Überführung bzw. der Verlegung nach sich zieht. Der Eintritt des rückwirkenden Ereignisses ist dem zuständigen Finanzamt anzuzeigen, wenn das rückwirkende Ereignis in der Begründung des Bescheides angeführt ist (§ 120 Abs. 3 BAO).
Sollte es zwischen der Überführung oder Verlegung und der tatsächlichen Veräußerung oder dem sonstigen Ausscheiden aus dem Betriebsvermögen zu einer Wertminderung des Wirtschaftsgutes oder des Vermögens kommen, reduziert diese die Bemessungsgrundlage bis auf maximal Null. Damit ist sichergestellt, dass nur tatsächlich realisierte Wertsteigerungen der Besteuerung unterliegen (zur steuertechnischen Ermittlung des Nichtfestsetzungsbetrages siehe Rz 6156d).
Wird die Wertminderung aber bereits im Zuzugstaat berücksichtigt, kann es – ab der Veranlagung für das Kalenderjahr 2007 – zu keiner Reduzierung der Bemessungsgrundlage kommen. Damit wird eine Doppelberücksichtigung von Wertminderungen der überführten Wirtschaftsgüter vermieden.
Beispiel:
Ein Steuerpflichtiger überführt im Jahr 2010 ein Wirtschaftsgut von seinem Betrieb in Wien in seine Betriebsstätte nach München; der Buchwert des Wirtschaftsgutes bei Überführung beträgt 200, der fremdübliche Verrechnungspreis beträgt 300. Der Steuerpflichtige beantragt die Nichtfestsetzung der stillen Reserve iHv 100. Im Jahr 2011 veräußert der Steuerpflichtige das Wirtschaftsgut um
a) 350,
b) 250,
c) 150.
Im Fall a) ist die stille Reserve bei Überführung iHv 100 voll zu berücksichtigen; die in Deutschland eingetretene Wertsteigerung von 300 auf 350 bleibt unberücksichtigt.
Im Fall b) sind von der stillen Reserve bei Überführung nur 50 zu berücksichtigen, weil nachträgliche Wertminderungen im Ausland den zu berücksichtigenden Betrag bis auf 50 reduzieren. Wird die Wertminderung von 50 jedoch im Ausland berücksichtigt, ist die stille Reserve bei Überführung iHv 100 voll anzusetzen.
Im Fall c) ist von der stillen Reserve bei Überführung Null zu berücksichtigen, weil nachträgliche Wertminderungen im Ausland den zu berücksichtigenden Betrag bis auf maximal Null reduzieren. Wird die Wertminderung von 150 jedoch im Ausland berücksichtigt, ist die stille Reserve bei Überführung iHv 100 voll anzusetzen.
2517f
Um zu verhindern, dass in den Fällen der Nichtfestsetzung durch einen weiteren Vermögenstransfer in einen nicht der EU angehörenden Staat oder in einen EWR-Staat, mit dem keine dem EU-Bereich vergleichbare umfassende Amtshilfe besteht, die Erfassung der stillen Reserve unterbleibt, gilt auch die spätere Überführung bzw Verlegung als Veräußerung, die die Festsetzung der Steuer im Wege der Abänderung des Bescheides des Wegzugjahres nach sich zieht (siehe Rz 2517e).
2517g
Für rückwirkende Ereignisse iSd § 295a BAO richtet sich der Verjährungsbeginn nach § 208 Abs. 1 lit. e BAO. Nach § 208 Abs. 1 lit. e BAO beginnt die Verjährung in den Fällen des § 295a BAO mit Ablauf des Jahres, in dem das Ereignis eingetreten ist. Abänderungen gemäß § 295a BAO sind daher auch dann zulässig, wenn die vom Jahr des Entstehens des Abgabenanspruches abgeleitete (fünfjährige oder bei hinterzogenen Abgaben zehnjährige) Bemessungsverjährungsfrist (§ 208 Abs. 1 lit. a BAO) bereits abgelaufen ist.
Dies gilt gemäß § 209 Abs. 5 BAO auch für die absolute Verjährung, die somit ebenfalls mit Eintritt des rückwirkenden Ereignisses beginnt. Dadurch ist es möglich, auch in jenen Nichtfestsetzungsfällen noch eine Festsetzung vorzunehmen, in denen das die Festsetzung auslösende (rückwirkende) Ereignis außerhalb der absoluten Verjährungsfrist nach § 209 Abs. 3 BAO eintritt.
§ 209 Abs. 5 BAO trat mit 1. Jänner 2016 in Kraft. Die Durchbrechung der absoluten Verjährung ist somit auch in jenen Fällen anzuwenden, in denen die Steuerschuld nach § 6 Z 6 lit. b EStG 1988 idF vor AbgÄG 2015 bereits vor dem Inkrafttreten der geänderten Verjährungsbestimmungen nicht festgesetzt worden ist. Dies gilt allerdings nur dann, wenn der Abgabenanspruch nach dem 31.12.2005 entstanden ist, da „Wegzüge“ vor diesem Zeitpunkt aufgrund der absoluten Verjährung nicht mehr erfasst werden können.
Beispiel:
Ein Steuerpflichtiger überführte
a) im Jahr 2005,
b) im Jahr 2006
ein Wirtschaftsgut von seinem Betrieb in Wien in seine Betriebsstätte nach Bratislava und beantragte die Nichtfestsetzung der Steuerschuld.
Im Jahr 2017 veräußert der Steuerpflichtige das Wirtschaftsgut.
Im Fall a) ist die Steuerfestsetzung im Weg der Abänderung des Bescheides 2005 nicht mehr möglich, weil der Abgabenanspruch bereits mit dem 31.12.2005 entstanden ist und somit die absolute Verjährung nach § 209 Abs. 3 BAO bereits mit Ablauf des 31.12.2015 eingetreten ist.
Im Fall b) ist die Steuerfestsetzung im Wege der Abänderung des Bescheides des Jahres 2006 hingegen noch möglich. Die Verjährung beginnt mit Ablauf des Jahres 2017 (Eintritt des rückwirkenden Ereignisses); die Festsetzung hat daher bis Ende des Jahres 2022 (bei hinterzogenen Abgaben bis Ende 2027) zu erfolgen. Spätestens mit Ablauf des Jahres 2027 tritt die absolute Verjährung nach § 209 Abs. 5 BAO ein.
2517h
Erfolgt in den Fällen nicht festgesetzter Steuerschuld tatsächlich oder umgründungsveranlasst eine Rücküberführung von Wirtschaftsgütern oder eine Rückverlegung von Betrieben (Betriebsstätten) aus dem Ausland ins Inland, sind unverändert zur bisherigen Rechtslage die fortgeschriebenen Buchwerte vor Überführung bzw. Verlegung anzusetzen (§ 6 Z 6 lit. h EStG 1988). Die Bewertung mit den fortgeschriebenen Buchwerten kommt ab 1.1.2016 auch zur Anwendung, wenn hinsichtlich dieser Wirtschaftsgüter sonstige Umstände eintreten, die (wieder) zu einer Entstehung des Besteuerungsrechtes der Republik Österreich im Verhältnis zu anderen Staaten führen. Die Rücküberführung, Rückverlegung oder der Wiedereintritt in das Besteuerungsrecht der Republik Österreich löst daher einerseits keine Festsetzung der im Jahr der Überführung bzw. Verlegung nicht festgesetzten Steuer aus. Andererseits sind bei Rücküberführung, bei Rückverlegung oder bei Wiedereintritt in das Besteuerungsrecht der Republik Österreich die fortgeschriebenen Buchwerte bei Überführung bzw. Verlegung anzusetzen. Mit dem gesetzlichen Erfordernis der „fortgeschriebenen Buchwerte“ sollen Mehrfachabschreibungen im Ausland und im Inland verhindert werden. Daher sind bei Rücküberführung bzw. bei Rückverlegung alle Abschreibungen, die zwischenzeitlich im Inland (nach inländischem Steuerrecht) vorzunehmen gewesen wären, vom Buchwert bei Überführung bzw. Verlegung abzuziehen. Dies gilt für die AfA und für Teilwertabschreibungen gleichermaßen.
Beispiel:
Eine Anfang 2011 angeschaffte Maschine mit Anschaffungskosten iHv 400 wird im Inland jährlich mit 50 abgeschrieben (Nutzungsdauer 8 Jahre). Nach Ablauf des Jahres 2014 wird die Maschine in die Betriebsstätte nach München überführt; der Buchwert bei Überführung beträgt 200, der fremdübliche Verrechnungspreis beträgt 220. Die darauf entfallende Steuer wurde antraggemäß nicht festgesetzt. Die Maschine wird zwei Jahre in München genutzt und sodann Anfang 2016 nach Österreich rücküberführt. In Österreich ist die Maschine mit 100 anzusetzen, weil die fortgeschriebenen Buchwerte bei Überführung maßgebend sind; das bedeutet, dass vom Buchwert bei Überführung (200) zwei Jahresabschreibungsbeträge (100) abzuziehen sind.
Abweichend vom § 6 Z 6 lit. c EStG 1988 idF vor AbgÄG 2015 gilt jedoch ab dem 1.1.2016 gemäß § 6 Z 6 lit. h EStG 1988 iVm § 27 Abs. 6 Z 1 lit. e EStG 1988 idF AbgÄG 2015 der gemeine Wert als Bewertungsobergrenze. Damit sollen im Ausland eingetretene und berücksichtigte Wertminderungen nicht durch Ansatz der ursprünglich höheren fortgeschriebenen Buchwerte ein weiteres Mal steuerlich berücksichtigt werden können.
2517i
Sollte nach Rücküberführung von Wirtschaftsgütern oder Rückverlegung von Betrieben (Betriebsstätten) nach Österreich eine Veräußerung (Entnahme) erfolgen, kann vom Veräußerungserlös (Entnahmenwert) eine im ausländischen EU-/EWR-Raum eingetretene Wertsteigerung abgezogen werden, wenn der Steuerpflichtige die Wertsteigerung im ausländischen EU-/EWR-Raum nachweist (§ 6 Z 6 lit. h EStG 1988 iVm § 27 Abs. 6 Z 1 lit. e EStG 1988 idF AbgÄG 2015).
Beispiel:
Ein nicht abnutzbares Wirtschaftsgut wird im Jahr 2015 vom Betrieb in Wien in die Betriebsstätte in München überführt. Der Buchwert bei Überführung beträgt 200, der fremdübliche Verrechnungspreis 250. Zwei Jahre später wird das Wirtschaftsgut nach Österreich rücküberführt, wobei das Wirtschaftsgut im Ausland eine Wertsteigerung auf 300 erfahren hat; in Österreich ist für das Wirtschaftsgut der Buchwert bei Überführung maßgebend. Sodann wird das Wirtschaftsgut in Österreich um 320 veräußert. Vom Veräußerungsgewinn iHv 120 kann die Wertsteigerung im Ausland iHv 50 abgezogen werden, sofern sie vom Steuerpflichtigen nachgewiesen wird.
2517j
Im Falle der Verlegung von Betrieben (Betriebsstätten) ist die stille Reserve des Betriebes (der Betriebsstätte) zu ermitteln (siehe Rz 2517) und auf die einzelnen Wirtschaftsgüter des Betriebes (der Betriebsstätte) aufzuteilen.
Es bestehen keine Bedenken, von einer Aufteilung auf Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens in folgenden Fällen abzusehen:
- Der Steuerpflichtige gibt im Zuge der Antragstellung auf Nichtfestsetzung die auf das gesamte Umlaufvermögen entfallenden stillen Reserven bekannt und
- erteilt gleichzeitig seine Einwilligung, dass der die Besteuerung der stillen Reserven des Umlaufvermögens im bekannt gegebenen Ausmaß vornehmende Änderungsbescheid erst nach Ablauf eines Jahres nach Rechtskraft des Bescheides des Jahres der Verlegung erlassen wird.
2517k
Auf die durch Überführung von Wirtschaftsgütern bzw. Verlegung von Betrieben (Betriebsstätten) entstandene, aber zunächst nicht festgesetzte Steuerschuld sind im Fall der nachträglichen Festsetzung keine Anspruchszinsen (§ 205 BAO) zu entrichten (§ 6 Z 6 lit. b EStG 1988 idF vor AbgÄG 2015 iVm § 124b Z 300 EStG 1988).
2517l
Für nicht entgeltlich erworbene unkörperliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, für die nach der Überführung oder Verlegung ins Ausland ein Aktivposten angesetzt wird, war in § 6 Z 6 lit. b EStG 1988 idF vor AbgÄG 2015 eine Ausnahme vom Steueraufschub vorgesehen. Im Rahmen des Ratenzahlungskonzeptes entfiel diese Sonderregelung für unkörperliche Wirtschaftsgüter, da diese ohnedies für sämtliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens zur Anwendung kommt. Die bisherige Bestimmung ist letztmalig auf Überführungen bzw. auf Verlegungen von Betrieben (Betriebsstätten) vor dem 1.1.2016 anzuwenden.
Für nicht entgeltlich erworbene unkörperliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens darf nach § 4 Abs. 1 letzter Satz EStG 1988 kein Aktivposten angesetzt werden; Aufwendungen für diese Wirtschaftsgüter sind damit im Inland sofort aufwandswirksam. Werden sie in den EU/EWR-Raum überführt oder werden Betriebe/Betriebsstätten mit solchen Wirtschaftsgütern in den EU/EWR-Raum verlegt und wird für sie im Ausland ein Aktivposten angesetzt, käme es jedenfalls zu einer Doppelberücksichtigung dieser Aufwendungen, und zwar grundsätzlich in Form der Absetzung für Abnutzung oder spätestens beim Ausscheiden aus dem Betriebsvermögen in Form der Absetzung des Restbuchwertes. Eine Vermeidung der Doppelberücksichtigung von Aufwendungen steht im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH (zB EuGH 07.09.2006, Rs C-470/04).
Eine Aktivierung unkörperlicher Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens soll erst nach Manifestierung ihres Wertes erfolgen. Durch Ansatz des Aktivpostens im Ausland ist der Wert insoweit manifestiert, sodass kein Grund mehr für eine Fortführung der Ausnahme von der Aktivierungspflicht besteht. Die bisher erfolgte Sofortberücksichtigung der Aufwendungen, die im Wert des unkörperlichen Wirtschaftsgutes jedoch weiterhin enthalten bleiben, wird damit im Überführungszeitpunkt rückgängig gemacht. Die Nichtfestsetzung erstreckt sich damit im Ergebnis nur auf die stillen Reserven der überführten unkörperlichen Wirtschaftsgüter.
2517m
Die Ausnahme von der Steuer-Nichtfestsetzung erfasst unkörperliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die nicht entgeltlich erworben wurden, wie zB EDV-Programme (Individual- und Standardsoftware), gewerbliche Schutzrechte wie Patente, Lizenzen, Marken-, Urheber- und Verlagsrechte, Warenzeichen, Erfindungen, Rezepturen oder Know-How. Da aber § 6 Z 6 lit. a EStG 1988 nicht nur die Überführung von Wirtschaftsgütern, sondern auch die Verlegung von (gesamten) Betrieben oder Betriebsstätten betrifft, ist die Ausnahme von der Steuer-Nichtfestsetzung gemäß § 6 Z 6 lit. b EStG 1988 idF vor AbgÄG 2015 auch auf einen selbst geschaffenen (originären) Firmenwert anzuwenden. Mangels konkret zuordenbaren Aufwendungen kommt für den überführten originären Firmenwert hinsichtlich der Nichtfestsetzung wohl nur die 65%-Pauschalregelung zur Anwendung.
2517n
Die nachträgliche Zuordnung von Aufwendungen zu unkörperlichen Wirtschaftsgütern kann in der Praxis schwierig sein. Es ist daher ein pauschaler Wert von 65% des Fremdvergleichswertes als Basis für die jedenfalls festzusetzende Steuerschuld vorgesehen. Der Steuerpflichtige kann niedrigere Aufwendungen nachweisen, dabei sind – dem Herstellungskostenbegriff entsprechend – auch angemessene Teile der Gemeinkosten einzurechnen. Bei Anwendung der Pauschalbewertung stellen daher 35% des Fremdvergleichswertes die von einer beantragten Nichtfestsetzung umfassten stillen Reserven dar, die erst bei Veräußerung oder sonstigem Ausscheiden aus dem Betriebsvermögen im Wege des § 295a BAO zu versteuern sind (siehe Rz 2517e).
Beispiel:
Selbst erstellte Software des Anlagevermögens wird im Jahr 2015 von Österreich in eine Betriebsstätte im EU-Raum überführt. Der Fremdvergleichswert im Überführungszeitpunkt beträgt 500. Mit diesem Wert erfolgt auch die Aktivierung im Ausland. Werden die sofort abgesetzten Aufwendungen nicht nachgewiesen, sind 325 (65% von 500) sofort zu versteuern.
Würde die Aktivierung im Ausland nur mit 300 vorzunehmen sein, sind auch nur diese 300 sofort zu versteuern, da nur in diesem Umfang eine Doppelberücksichtigung von Aufwendungen erfolgt.
Weist der Steuerpflichtige auf Grund fundierter Unterlagen (zB Kostenrechnung) nach, dass die Herstellungskosten der Software insgesamt nur 200 betragen haben, sind auch nur diese 200 sofort zu versteuern.
Die jeweilige Differenz zum Fremdvergleichswert (175/200/300) ist erst bei Ausscheiden oder Überführung aus dem EU/EWR-Raum im Wege des § 295a BAO zu erfassen.
6.13.4 Einschränkung des Besteuerungsrechtes (§ 6 Z 6 lit. b EStG 1988 idF AbgÄG 2015)
2518
Nach § 6 Z 6 lit. b EStG 1988 idF AbgÄG 2015 sind Wirtschaftsgüter ebenfalls mit dem Fremdvergleichswert gemäß § 6 Z 6 lit. a EStG 1988 anzusetzen, wenn sonstige Umstände eintreten, die zu einer Einschränkung des Besteuerungsrechtes der Republik Österreich im Verhältnis zu anderen Staaten hinsichtlich dieser Wirtschaftsgüter führen. Damit sind sämtliche sonstige – nicht bereits von § 6 Z 6 lit. a EStG 1988 erfasste – Umstände, welcher Art auch immer, gemeint. Eine aktive Handlung des Steuerpflichtigen ist für den Eintritt von Umständen iSd lit. b nicht erforderlich (siehe auch Rz 6148a); daher sind davon auch Handlungen anderer Personen oder rechtliche Vorgänge erfasst.
§ 6 Z 6 lit. b EStG 1988 ist daher insbesondere auf folgende Umstände anwendbar:
- Die Verlegung des Ortes der Geschäftsleitung einer bislang unbeschränkt steuerpflichtigen betrieblich tätigen Körperschaft vom Inland in das Ausland in Bezug auf Wirtschaftsgüter, die keinem inländischen Betriebsvermögen zuzurechnen waren (zB Betriebsstättenvermögen bzw. Immobilienvermögen in Staaten, mit denen im DBA die Anrechnungsmethode verankert ist);
- Die Verlegung des Ortes der Geschäftsleitung einer bislang unbeschränkt steuerpflichtigen Holdinggesellschaft vom Inland in das Ausland in Bezug auf Wirtschaftsgüter, für deren Veräußerung nach einem DBA ausschließlich dem Ansässigkeitsstaat der Holdinggesellschaft das Besteuerungsrecht zukommt (zB für Beteiligungen an Kapitalgesellschaften);
- Die unentgeltliche Übertragung von Wirtschaftsgütern, die keinem inländischen Betriebsvermögen zuzurechnen sind, an eine im Ausland ansässige Person;
- Die grenzüberschreitende Überführung von Wirtschaftsgütern zwischen ausländischen Betriebsstätten bei Einschränkung von österreichischem Besteuerungssubstrat;
- Die Änderung oder der Neuabschluss eines DBA, wenn hierdurch Österreich in seinem Recht auf Besteuerung jener stillen Reserven in Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens eingeschränkt wird, die bis zum Inkrafttreten des Abkommens entstanden sind, zB durch
- die Erweiterung des Betriebsstättenbegriffs, durch welchen ein Zurechnungswechsel von Wirtschaftsgütern vom inländischen Betrieb zur ausländischen Betriebsstätte erfolgt;
- den Wechsel von der Anrechnungs- zur Befreiungsmethode in Bezug auf die Veräußerung von ausländischem Immobilienvermögen oder von Beteiligungen an Kapitalgesellschaften.
Eine Einschränkung des Besteuerungsrechts durch ein neues oder geändertes DBA liegt allerdings nicht vor, wenn der DBA-Partnerstaat der Abkommensauslegung Österreichs folgt, die in der Bemerkung Österreichs zum OECD-Musterkommentar Ausdruck findet, wonach der Neuabschluss eines Abkommens einen Vertragsstaat nicht in der Ausübung des Rechts auf Besteuerung jener stillen Reserven hindert, die vor Inkrafttreten des Abkommens entstanden sind (OECD-MK Art. 13 Rz 32.1). Siehe zB im Verhältnis zu Japan EAS 3402 und EAS 3424, im Verhältnis zu Argentinien EAS 3434.
6.13.5 Ratenzahlungskonzept ab dem 1.1.2016 (§ 6 Z 6 lit. c bis e EStG 1988 idF JStG 2018)
2518a
Wird die Steuerschuld aufgrund der in § 6 Z 6 lit. a oder lit. b EStG 1988 normierten Tatbestände festgesetzt, kann der Steuerpflichtige im Rahmen der Steuererklärung beantragen, die Steuerschuld gemäß lit. a oder lit. b in Raten zu entrichten, wenn
- die Überführung von Wirtschaftsgütern bzw. die Verlegung von Betrieben oder Betriebsstätten in einen EU/EWR-Staat, oder
- die Einschränkung des Besteuerungsrechts in Bezug auf Wirtschaftsgüter aufgrund sonstiger Umstände gegenüber einem EU/EWR-Staat
erfolgt.
Das Ratenzahlungskonzept kommt mit sämtlichen EU-Staaten und EWR-Staaten zur Anwendung, weil eine umfassende Amts- und Vollstreckungshilfe sowohl mit Norwegen als auch seit 2014 mit Liechtenstein und seit 2017 mit Island besteht.
Scheidet ein EU/EWR-Staat aus dem EU/EWR-Raum aus (zB „Brexit“), kann für nach dessen Ausscheiden verwirklichte Entstrickungsfälle im Verhältnis zu diesem Staat keine Ratenzahlung der Steuer mehr beantragt werden. Wurde allerdings bereits ein Entstrickungstatbestand im Verhältnis zu diesem Staat vor dessen Ausscheiden aus dem EU/EWR-Raum verwirklicht und hierfür ab 2016 eine Ratenzahlung oder vor 2016 die Nichtfestsetzung der Steuer beantragt, führt das spätere Ausscheiden dieses Staates aus dem EU/EWR-Raum zu keiner sofortigen Fälligstellung offener Raten (siehe dazu auch Rz 2518f) oder Festsetzung der Steuer (siehe dazu auch Rz 2517a). Im Hinblick auf das Ausscheiden des Vereinigten Königreiches aus der EU („Brexit“) ist zu beachten: Der Austritt des Vereinigten Königreiches aus der EU erfolgte mit Ablauf des 31.1.2020. Nahtlos daran anschließend begann eine Übergangsfrist (Dauer bis 31.12.2020), innerhalb der das Vereinigte Königreich in jeglicher Hinsicht – und somit auch für ertragsteuerliche Zwecke – nach wie vor wie ein Mitgliedstaat zu behandeln ist (vgl. Art. 127 des Austrittsabkommens).
2518b
Entsprechend der bisherigen Rechtslage (siehe Rz 2517c) ist die Möglichkeit der Entrichtung der Steuerschuld in Raten bei der Überführung von Wirtschaftsgütern oder Betriebsstätten auf Überführungen innerhalb eines einheitlichen Betriebes desselben Steuerpflichtigen (einschließlich der grenzüberschreitenden Verlegung des einheitlichen Betriebes als solchem) eingeschränkt.
2518c
Überführt der Steuerpflichtige in einem Wirtschaftsjahr mehrere Wirtschaftsgüter (Betriebe, Betriebsstätten) oder kommt es in Bezug auf mehrere Wirtschaftsgüter (Betriebe, Betriebsstätten) zu einer Einschränkung des Besteuerungsrechts, kann er sein Antragsrecht auf Ratenzahlung für jedes einzelne Wirtschaftsgut (jeden Betrieb, jede Betriebsstätte) gesondert ausüben.
2518d
Entsprechend der bisherigen Rechtslage kann der Antrag auf Entrichtung der Steuerschuld in Raten nur mit der Steuererklärung des Jahres der Überführung/Verlegung oder Einschränkung des Besteuerungsrechts gestellt werden, die vor Ergehen des Einkommen-/Körperschaftsteuerbescheides eingebracht wurde; zu den verfahrensrechtlichen Aspekten siehe bereits Rz 2517d.
2518e
Bei der Ratenzahlung wird zwischen Wirtschaftsgütern des Anlage- und Umlaufvermögens unterschieden; zur Abgrenzung siehe Rz 606. Beim Anlagevermögen wird nicht danach unterschieden, ob es sich um abnutzbares oder nicht abnutzbares bzw. um körperliches oder unkörperliches Anlagevermögen handelt.
2518f
Die auf die Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens entfallende Steuerschuld kann auf Antrag in fünf Jahresraten entrichtet werden (§ 6 Z 6 lit. d EStG 1988 idF JStG 2018). Dies gilt für Überführungen, Verlegungen und Einschränkungen des Besteuerungsrechts der Republik Österreich, die ab dem 1.1.2019 erfolgen.
Bei Überführungen, Verlegungen und Einschränkungen des Besteuerungsrechts der Republik Österreich, die bereits vor dem 1.1.2019 erfolgten, kann die Steuerschuld für das Anlagevermögen nach § 6 Z 6 lit. d EStG 1988 idF AbgÄG 2015 auf sieben Jahre verteilt entrichtet werden. Dieser auf § 6 Z 6 lit. d EStG 1988 idF AbgÄG 2015 basierende Ratenzahlungszeitraum von sieben Jahren läuft unverändert weiter.
Abweichend vom Anlagevermögen ist für Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens gemäß § 6 Z 6 lit. e EStG 1988 ein gesonderter Ratenzahlungszeitraum von zwei Jahren vorgesehen.
Die erste Rate wird mit Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe des Abgabenbescheides fällig; somit zum gleichen Zeitpunkt wie die restliche (nicht von der Ratenzahlung betroffene) Steuerschuld (§ 210 Abs. 1 BAO).
Die folgenden vier Raten für das Anlagevermögen sowie die zweite Rate für das Umlaufvermögen werden aus Vereinfachungsgründen jeweils am 30. Juni der (des) Folgejahre(s) fällig (§ 6 Z 6 lit. d und e EStG 1988 idF JStG 2018).
Bei Überführungen, Verlegungen und Einschränkungen des Besteuerungsrechts der Republik Österreich, die bereits vor dem 1.1.2019 erfolgten, ist der Fälligkeitstermin der 30.9. Dieser auf § 6 Z 6 lit. d und e EStG 1988 idF AbgÄG 2015 basierende Fälligkeitstermin gilt unverändert weiter.
Das erste Folgejahr bezieht sich nicht auf das Jahr des Ergehens des Abgabenbescheides, sondern auf das Jahr, in dem die 1. Rate fällig gestellt wird.
Beispiel:
Der Abgabenbescheid 2019 ergeht am 20.12.2020; die 1. Rate der Steuerschuld gemäß § 6 Z 6 EStG 1988 wird gemeinsam mit der restlichen Steuerschuld am 20.1.2021 fällig, 2022 ist somit das Folgejahr. Die 2. Rate wird daher am 30.6.2022 fällig; die Raten 3 bis 5 hinsichtlich des Anlagevermögens werden jeweils am 30.6. der Jahre 2023 bis 2025 fällig.
2518g
Über die in § 6 Z 6 lit. d und lit. e EStG 1988 geregelten Fälligkeitstermine ist im Abgabenbescheid abzusprechen. Es sind weder Stundungs- noch Anspruchszinsen für die in Raten zu zahlenden Beträge zu entrichten.
2518h
Werden Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, Betriebe oder Betriebsstätten vor Eintritt der Fälligkeit sämtlicher Raten
- veräußert oder
- scheiden diese auf sonstige Weise aus dem Betriebsvermögen aus oder
- werden in einen Staat außerhalb des EU/EWR-Raumes überführt oder verlegt,
kommt es gemäß § 6 Z 6 lit. d EStG 1988 zu einer vorzeitigen Fälligstellung noch offener Raten.
Für Überführungen, Verlegungen und Einschränkungen des Besteuerungsrechts der Republik Österreich, die ab dem 1.1.2019 erfolgen, führen zudem folgende Umstände zu einer vorzeitigen Fälligstellung der offenen Raten (§ 6 Z 6 lit. d TS 2 bis 4 EStG 1988 idF JStG 2018):
- Verlegung des (abkommensrechtlichen) Ortes der Geschäftsleitung der die Raten schuldenden Körperschaft in einen Staat außerhalb des EU/EWR-Raumes,
- Anmeldung der Insolvenz des die Raten schuldenden Steuerpflichtigen oder dessen Abwicklung,
- die Nichtentrichtung einer Rate binnen zwölf Monaten ab Eintritt der Fälligkeit oder die Entrichtung in zu geringer Höhe.
Das Ausscheiden eines EU/EWR- Staates aus dem EU/EWR-Raum (zB „Brexit“) stellt keinen Umstand im Sinne der lit. d dar (siehe dazu auch Rz 2518a).
Der Steuerpflichtige hat den Eintritt eines in lit. d genannten Umstandes der zuständigen Abgabenbehörde innerhalb von drei Monaten anzuzeigen.
2518i
Die gesonderte Fälligstellung einzelner Raten erfolgt auf Grundlage des § 6 Z 6 lit. d EStG 1988 durch einen eigenen Abänderungsbescheid, der neben den ursprünglichen Abgabenbescheid des Entstrickungsjahres tritt und lediglich die zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung noch offene Steuerschuld fällig stellt, für die die weitere Ratenentrichtung nicht mehr zulässig ist. Die Fälligstellung erfolgt gemäß § 210 Abs. 1 BAO mit Ablauf eines Monates nach Bekanntgabe des Abänderungsbescheides.
- Betrifft die Fälligstellung die gesamte von der Ratenzahlung erfasste noch offene Steuerschuld, bleibt für weitere Raten kein Raum.
- Betrifft die Fälligstellung nicht die gesamte von der Ratenzahlung erfasste noch offene Steuerschuld, vermindert sich die Gesamthöhe der verbleibenden Raten um den fällig gestellten Betrag; die noch offenen Raten sind daher entsprechend zu vermindern. Das ist zB der Fall, wenn – bei gleichzeitiger Übertragung von mehreren dem Ratenzahlungskonzept unterliegenden Wirtschaftsgütern – ein die Fälligstellung auslösender Tatbestand nicht in Bezug auf alle Wirtschaftsgüter verwirklicht wird, zB nur ein einzelnes Wirtschaftsgut veräußert wird. Im Abänderungsbescheid sind dann die noch offenen Raten bezogen auf das veräußerte Wirtschaftsgut sofort fällig zu stellen; die verbleibenden Raten, welche die Steuerschuld in Bezug auf die anderen Wirtschaftsgüter betreffen, sind der Höhe nach abzuändern; an der Fälligkeit der verbleibenden Raten zum 30.6. für Entstrickungstatbestände ab 2019 (§ 6 Z 6 lit. d EStG 1988 idF JStG 2018) oder zum 30.9. für Entstrickungstatbestände vor 2019 (§ 6 Z 6 lit. d EStG 1988 idF vor JStG 2018) ändert sich nichts.
Beispiel:
Die Wirtschaftsgüter A und B wurden 2016 in eine ausländische Betriebsstätte verbracht. Gemäß § 6 Z 6 EStG 1988 wurde hinsichtlich der Steuerschuld in Bezug auf das Wirtschaftsgut A (70.000 €) und in Bezug auf das Wirtschaftsgut B (21.000 €) im Abgabenbescheid 2016 die Ratenzahlung bewilligt. Dieser Abgabenbescheid erging am 1.10.2017. Es werden daher in den Jahren 2017 (1 Monat nach Bescheidbekanntgabe) sowie jeweils am 30.9. der Jahre 2018 bis 2023 jeweils 13.000 € fällig.
Am 1.3.2020 werden die Wirtschaftsgüter A und B veräußert und dies dem Finanzamt am 30.5.2020 fristgerecht mitgeteilt. Das Finanzamt erlässt am 2.8.2020 den Abänderungsbescheid, in dem der zu diesem Zeitpunkt noch offene Betrag fällig gestellt wird. Dieser Betrag ist wie folgt zu ermitteln:
Gesamte von der Ratenzahlung betroffene Steuerschuld | 91.000 |
Bisher fällig gewordene Raten der Jahre 2017 bis 2019 | 39.000 |
Differenz: Mit Bescheid vom 2.8.2020 fällig zu stellender Betrag *) | 52.000 |
*) Entspricht den Raten der Jahre 2020 bis 2023
Variante:
Am 1.3.2020 wird (bei gleichbleibendem sonstigem Sachverhalt) nur das Wirtschaftsgut A veräußert.
Gesamte von der Ratenzahlung betroffene Steuerschuld | 91.000 |
Bisher fällig gewordene Raten der Jahre 2017 bis 2019 | 39.000 |
Mit Bescheid vom 2.8.2020 fällig zu stellender Betrag (entspricht den Raten der Jahre 2020 bis 2023 in Bezug auf das Wirtschaftsgut A) | 40.000 |
Verbleibende Rate 2020 zum 30.9.2020 *) | 3.000 |
Verbleibende Rate 2021 zum 30.9.2021 *) | 3.000 |
Verbleibende Rate 2022 zum 30.9.2022 *) | 3.000 |
Verbleibende Rate 2023 zum 30.9.2023 *) | 3.000 |
*) Ursprünglicher Ratenbetrag von 13.000 abzüglich des 2020 fällig gestellten Anteils von 10.000.
2518j
Der Abänderungsbescheid spricht (nur) über die Fälligkeit ab und ergänzt insoweit den die Raten vorsehenden Ursprungsbescheid. Der Spruch umfasst die sofortige Fälligstellung und eine allfällige Betragsverminderung, die sich daraus für noch verbleibende Raten ergibt. Da der ursprüngliche Abgabenfestsetzungsbescheid nur hinsichtlich der Fälligkeit abgeändert wird, können im Rahmen der Erlassung des Abänderungsbescheides nur Umstände berücksichtigt werden, die den Tatbestand des § 6 Z 6 lit. c EStG 1988 betreffen. Nur dahingehend ist der Bescheid mit Beschwerde bekämpfbar und einer sonstigen Änderung zugänglich. Dementsprechend kann der Festsetzungsbescheid des Entstrickungsjahres hinsichtlich des gesamten der Entrichtung in Raten unterliegenden Steuerbetrages durch den Abänderungsbescheid keine Änderung erfahren.
2518k
Abweichend vom Anlagevermögen erfolgt beim Umlaufvermögen keine gesonderte vorzeitige Fälligstellung der noch offenen – auf das Umlaufvermögen entfallenden – Raten vor Ablauf des zweijährigen Verteilungszeitraums. Eine frühere Veräußerung von Umlaufvermögen führt daher zu keiner vorzeitigen Fälligstellung noch offener Raten; diese muss daher auch nicht beim zuständigen Finanzamt angezeigt werden.
2518l
Der Fremdvergleichswert gemäß § 6 Z 6 lit. a EStG 1988 ist auch für passive Wirtschaftsgüter anzusetzen. Liegt dieser unter dem steuerlichen Buchwert, kommt es daher gemäß § 6 Z 6 EStG 1988 zur Aufdeckung stiller Reserven. Es bestehen keine Bedenken, das Ratenzahlungskonzept gemäß § 6 Z 6 lit. c und lit. d EStG 1988 auch analog für Wirtschaftsgüter der Passivseite anzuwenden. Entsprechend der Unterscheidung zwischen Umlaufvermögen und Anlagevermögen sind daher Wirtschaftsgüter der Passivseite, die eine Laufzeit von mehr als einem Jahr aufweisen, entsprechend dem Ratenzahlungskonzept für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens zu behandeln. Dahingegen sind Wirtschaftsgüter der Passivseite, die eine Laufzeit von bis zu einem Jahr aufweisen, hinsichtlich des Ratenzahlungskonzeptes wie das Umlaufvermögen zu behandeln.
2518m
Liegt der Fremdvergleichswert eines passiven Wirtschaftsgutes über dem steuerlichen Buchwert, kommt es gemäß § 6 Z 6 EStG 1988 zu einer steuerwirksamen Aufdeckung stiller Lasten (zB in einer Sozialkapitalrückstellung). Diese negativen Beträge sind bei der Einkünfteermittlung in voller Höhe zu berücksichtigen; zur Kürzung mit stillen Reserven anderer Wirtschaftsgüter bei einer Verlegung von Betrieben/Betriebsstätten siehe Rz 2518n.
2518n
Im Falle der Verlegung von Betrieben (Betriebsstätten) ist die stille Reserve des Betriebes (der Betriebsstätte) zu ermitteln; diese ergibt sich aus der Differenz aus den stillen Reserven und den stillen Lasten (saldierter Betrag). Diese saldierte stille Reserve des Betriebes (der Betriebsstätte) ist in weiterer Folge auf die einzelnen Wirtschaftsgüter aufzuteilen. Entsprechend diesem Aufteilungsverhältnis ist sodann bei Inanspruchnahme des Ratenzahlungskonzepts die gemäß § 6 Z 6 lit. a EStG 1988 entstandene Steuerschuld den einzelnen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, dem etwaigen Firmenwert und dem Umlaufvermögen zuzuordnen. Diese Aufteilung ist im Hinblick auf eine spätere vorzeitige Fälligstellung (zB aufgrund einer späteren Veräußerung einzelner Wirtschaftsgüter) von Bedeutung.
Die Aufteilung der stillen Lasten auf die einzelnen Wirtschaftsgüter des Anlage- bzw. Umlaufvermögens kann dabei entsprechend dem Verhältnis der in den Wirtschaftsgütern enthaltenen stillen Reserven erfolgen. Es bestehen keine Bedenken, aus Vereinfachungsgründen die stillen Lasten ausschließlich mit einem etwaigen Firmenwert zu saldieren.
Beispiel:
Im Jahr 2016 wird ein Betrieb mit einem Buchwert von 30 und einem Fremdvergleichswert gemäß § 6 Z 6 lit. a EStG 1988 von 70 ins EU-Ausland überführt. Die stille Reserve des gesamten Betriebes beträgt somit 40; die stillen Reserven in den Aktiva betragen jedoch 50 (stille Reserven in einem nicht abnutzbaren immateriellen Wirtschaftsgut des Anlagevermögens 30, im Firmenwert 15 und im Umlaufvermögen 5), die stillen Lasten in den Passiva betragen 10.
Entsprechend dem Verhältnis der stillen Reserven sind daher die stillen Lasten zu 60% dem nicht abnutzbaren immateriellen Wirtschaftsgut des Anlagevermögens, zu 30% dem Firmenwert und zu 10% dem Umlaufvermögen zuzuordnen. Folglich beträgt die saldierte stille Reserve im nicht abnutzbaren immateriellen Wirtschaftsgut des Anlagevermögens 24, im Firmenwert 12 und im Umlaufvermögen 4.
Alternativ dazu bestehen keine Bedenken, die stillen Lasten ausschließlich von den stillen Reserven des Firmenwertes abzuziehen. Diesfalls ergibt sich folgende Aufteilung der saldierten stillen Reserve: nicht abnutzbares immaterielles Wirtschaftsgut des Anlagevermögens 30, Firmenwert 5, Umlaufvermögen 5.
2518o
Die positiven Beträge gemäß § 6 Z 6 EStG 1988 erhöhen die Einkünfte jenes Betriebes, dem die betreffenden entstrickten Wirtschaftsgüter zugeordnet sind. Steht dem Steuerpflichtigen für die auf diese Beträge entfallende Steuerschuld die Inanspruchnahme des Ratenzahlungskonzepts gemäß § 6 Z 6 lit. c EStG 1988 offen, ist im Rahmen der Einkünfteermittlung bei der Verrechnung dieser Beträge mit laufenden Verlusten wie folgt vorzugehen:
- Zunächst sind bei der Ermittlung der Einkünfte des betreffenden Betriebes laufende Verluste mit positiven Beträgen gemäß § 6 Z 6 EStG 1988 zu verrechnen.
- Insoweit danach noch positive Beträge gemäß § 6 Z 6 EStG 1988 im Gewinn des Betriebes enthalten sind und Verluste aus anderen Betrieben oder anderen Einkunftsarten vorhanden sind, kann der Steuerpflichtige sowohl im Rahmen des horizontalen Verlustausgleiches als auch im anschließenden vertikalen Verlustausgleich die für ihn günstigste Verlustverrechnungsmöglichkeit wählen, um die vom Gesetzgeber vorgesehene Begünstigung in Form einer Ratenzahlung in höchstmöglichem Ausmaß auszunützen (siehe dazu Rz 152 und Rz 153).
- Entfallen positive Entstrickungsbeträge sowohl auf Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens als auch des Umlaufvermögens, kürzen entsprechend dem Günstigkeitsprinzip die laufenden Verluste primär die auf die Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens entfallenden Entstrickungsbeträge.
Durch den Verlustausgleich mit laufenden Verlusten aus demselben Betrieb, innerhalb derselben Einkunftsart oder mit anderen Einkunftsarten kann es daher dazu kommen, dass Beträge gemäß § 6 Z 6 EStG 1988 nicht in voller Höhe oder gar nicht mehr im Gesamtbetrag der Einkünfte enthalten sind, sodass für eine Ratenzahlung (insoweit) kein Anwendungsbereich verbleibt.
2518p
Darüber hinaus kann es auch durch den Verlustabzug gemäß § 18 Abs. 6 EStG 1988 zu einer Kürzung von im Gesamtbetrag der Einkünfte noch enthaltenen Beträgen gemäß § 6 Z 6 EStG 1988 kommen, sodass diese Beträge nicht mehr in voller Höhe oder gar nicht im Einkommen des Steuerpflichtigen enthalten sind. Der Verlustabzug kann im Bereich der Einkommensteuer ebenfalls vorrangig mit anderen im Einkommen enthaltenen Einkünften erfolgen, um die vom Gesetzgeber für diese Beträge vorgesehene Begünstigung in Form einer Ratenzahlung gemäß § 6 Z 6 lit. c EStG 1988 in größtmöglichem Ausmaß auszunützen.
Beispiel:
Ein Steuerpflichtiger überführt im Jahr 2019 ein Wirtschaftsgut des Anlagevermögens von seinem inländischen Betrieb 1 in seine Betriebsstätte in München. Die gemäß § 6 Z 6 lit. a EStG 1988 aufgedeckte stille Reserve beträgt 300. Der laufende Verlust aus Betrieb 1 beträgt jedoch 100, weiters erzielt der Steuerpflichtige aus Betrieb 2 einen laufenden Gewinn von 500 und aus Betrieb 3 einen laufenden Verlust von 300. Es liegen Verluste aus Vermietung und Verpachtung iHv 50 vor. Der Verlustvortrag beträgt 250. Es wird gemäß § 6 Z 6 lit. c EStG 1988 eine Ratenzahlung der Steuerschuld über 5 Jahre beantragt.
Der positive Betrag gemäß § 6 Z 6 lit. a EStG 1988 ist zunächst mit dem laufenden Verlust aus Betrieb 1 zu verrechnen, sodass Betrieb 1 einen Gewinn iHv 200 erzielt. In weiterer Folge können im Rahmen des horizontalen Verlustausgleiches die Verluste von Betrieb 3 vorrangig mit dem Gewinn aus Betrieb 2 verrechnet werden. Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb betragen daher 400; darin sind somit noch Beträge gemäß § 6 Z 6 lit. a EStG 1988 iHv 200 enthalten.
Im Rahmen des vertikalen Verlustausgleichs können sodann die Verluste aus Vermietung und Verpachtung iHv 50 vorrangig mit den – nicht dem Ratenzahlungskonzept zugänglichen – Beträgen verrechnet werden. Im Gesamtbetrag der Einkünfte von 350 sind daher weiterhin positive Beträge gemäß § 6 Z 6 lit. a EStG 1988 iHv 200 enthalten.
Der Verlustabzug von 250 kann wiederum vorrangig von den im Gesamtbetrag der Einkünfte enthaltenen anderen Einkünften aus Betrieb 2 vorgenommen werden (somit in Höhe von 150); erst danach ist der verbleibende Verlustvortrag von 100 von den 200 aus Betrieb 1 abzuziehen.
Das Einkommen des Steuerpflichtigen (unter Außerachtlassung von anderen Sonderausgaben oder außergewöhnlichen Belastungen) beträgt daher 100. Darin enthalten sind ausschließlich positive Beträge gemäß § 6 Z 6 lit. a EStG 1988.
Der Steuerpflichtige kann daher die gesamte Steuerschuld auf das Einkommen 2019 in Form einer Ratenzahlung über 5 Jahre verteilt entrichten.
2518q
Für Zwecke der Ermittlung der in Raten zu entrichtenden Steuerschuld ist zunächst die Steuerschuld auf das gesamte Einkommen gemäß den Vorschriften des § 33 EStG 1988 zu ermitteln.
Der dabei ermittelte Durchschnittsteuersatz ist sodann auf die im Einkommen enthaltenen Beträge gemäß § 6 Z 6 EStG 1988 anzuwenden; diese ermittelte Steuerschuld unterliegt sodann dem Ratenzahlungskonzept.
Dies gilt nicht für entstrickte Wirtschaftsgüter und Derivate iSd § 27 Abs. 3 und 4 EStG 1988 im Betriebsvermögen, wenn diese nicht zum allgemeinen Tarifsteuersatz, sondern mit einem besonderen Steuersatz gemäß § 27a Abs. 1 EStG 1988 besteuert werden (siehe dazu Rz 787).
2518r
Beziehen sich die Beträge gemäß § 6 Z 6 EStG 1988 auf mehrere Wirtschaftsgüter, muss die in Raten zu entrichtende Steuerschuld zunächst anteilig auf die Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens und die Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens aufgeteilt werden, weil die Steuerschuld für Anlagevermögen auf 5 Jahre (für Entstrickungstatbestände ab 2019) oder 7 Jahre (für Entstrickungstatbestände vor 2019) und für Umlaufvermögen auf 2 Jahre verteilt zu entrichten ist.
Darüber hinaus ist es notwendig, die in Raten zu entrichtende Steuerschuld für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens im Verhältnis der stillen Reserven der einzelnen Wirtschaftsgüter zueinander aufzuteilen (siehe dazu bereits Rz 2518i), weil es bei vorzeitiger Veräußerung einzelner Wirtschaftsgüter insoweit zu einer Fälligstellung der das jeweilige Wirtschaftsgut betreffenden anteiligen Steuerschuld kommt. Da für das Umlaufvermögen jedenfalls eine Verteilung über 2 Jahre erfolgt, ist eine Aufteilung der auf das Umlaufvermögen entfallenden Steuerschuld im Verhältnis der stillen Reserven der einzelnen Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens nicht erforderlich und hat daher zu unterbleiben.
Beispiel:
Ein Steuerpflichtiger überführt im Jahr 2016 zwei Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens in seine in München gelegene Betriebsstätte. Die gemäß § 6 Z 6 lit. a EStG 1988 aufzudeckende stille Reserve beträgt hinsichtlich des ersten Wirtschaftsgutes 7.000 Euro, hinsichtlich des zweiten Wirtschaftsgutes 14.000 Euro. Der Steuerpflichtige beantragt, die auf die Beträge gemäß § 6 Z 6 lit. a EStG 1988 entfallende Steuerschuld in 7 Jahresraten zu entrichten.
Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb betragen insgesamt 70.000 Euro; es sind weder andere Einkünfte noch Verlustvorträge vorhanden; weitere Sonderausgaben gemäß § 18 EStG 1988 und außergewöhnliche Belastungen gemäß § 34 EStG 1988 werden aus Vereinfachungsgründen nicht berücksichtigt.
Das Einkommen 2016 beträgt 70.000 Euro; darin enthalten sind somit Beträge gemäß § 6 Z 6 lit. a EStG 1988 iHv 21.000 Euro. Der Einkommensteuerbescheid ergeht am 15.10.2017. Es wurde für 2016 keine Vorauszahlung geleistet.
Die Einkommensteuerschuld beträgt 23.280 Euro (ohne Berücksichtigung von Absetzbeträgen). Der Durchschnittsteuersatz beträgt 33,26%. Auf die Beträge gemäß § 6 Z 6 lit. a EStG 1988 entfällt daher eine anteilige Steuerschuld von 6.984 Euro; davon entsprechend dem Verhältnis der stillen Reserven auf das erste Wirtschaftsgut 2.328 Euro, auf das zweite Wirtschaftsgut 4.656 Euro.
Die 1. Rate der in 7 Raten zu entrichtenden Steuerschuld wird einen Monat nach Bescheidzustellung fällig; diese beträgt 997,71 Euro. Die restlichen 6 Raten sind jeweils am 30.9. der Folgejahre 2018 bis 2023 fällig zu stellen.
Fortsetzung Beispiel:
Am 2.1.2019 wird das erste Wirtschaftsgut veräußert. Dieser Vorgang wird vom Steuerpflichtigen fristgerecht dem zuständigen Finanzamt angezeigt, das am 5.2.2019 einen Abänderungsbescheid zum Einkommensteuerbescheid 2016 vom 15.10.2017 erlässt. Bislang wurden 2 Raten zu 997,71 Euro entrichtet. Hinsichtlich des ersten Wirtschaftsgutes sind die 5 noch nicht entrichteten Jahresraten insoweit fällig zu stellen. Der ein Monat nach Bekanntgabe des Abänderungsbescheides fällig zu stellende Betrag beträgt daher 1.662,86 Euro (= 5 x 332,57 Euro). Die noch offenen 5 Jahresraten sind daher im Abänderungsbescheid auf einen Betrag von 665,14 Euro abzuändern.
2518s
Bei der Aufdeckung stiller Reserven aufgrund von § 6 Z 6 lit. a EStG 1988 bei Überführung von Wirtschaftsgütern oder Verlegung von Betrieben (Betriebsstätten) in einen Staat, mit dem abkommensrechtlich für die späteren Gewinne aus der Veräußerung der überführten Wirtschaftsgüter die Anrechnungsmethode vorgesehen ist (zB Italien, Großbritannien), kann die ausländische Quellensteuer auf die späteren Einkünfte aus der Veräußerung der überführten Wirtschaftsgüter lediglich auf jene österreichische Einkommensteuer des Veräußerungsjahres angerechnet werden, die im späteren Jahr der Veräußerung auf diese ausländischen Einkünfte entfällt (siehe dazu auch Rz 7586).
Beispiel:
Ein Einzelunternehmer überführt ein Patent in seine Betriebsstätte, die in einem Staat, mit dem Österreich die Anrechnungsmethode vereinbart hat, gelegen ist. Die Anschaffungskosten des Patentes betrugen 1.000 Euro, der Wert gemäß § 6 Z 6 lit. a EStG 1988 im Zeitpunkt der Überführung beträgt 10.000 Euro. Der Betriebsstättenstaat gewährt keinen step-up. Der Steuerpflichtige beantragt, die auf die Beträge gemäß § 6 Z 6 lit. a EStG 1988 entfallende Steuerschuld in 5 Jahresraten zu entrichten. 8 Jahre später wird das Patent um 15.000 Euro veräußert. Der Betriebsstättenstaat versteuert einen Gewinn in Höhe von 14.000 Euro; Österreich versteuert lediglich einen Gewinn in Höhe von 5.000 Euro. Die ausländischen Steuern sind lediglich auf jene österreichische Einkommensteuer anzurechnen, die auf den Veräußerungsgewinn in Höhe von 5.000 Euro entfällt.
6.13.6 Verstrickungsbesteuerung (§ 6 Z 6 lit. f bis h EStG 1988)
2519
Im Falle eines Vermögenstransfers (Wirtschaftsgüter bzw. Betriebe oder Betriebsstätten) aus dem Ausland ins Inland kommt es – unabhängig davon, ob das Vermögen aus dem EU- oder EWR-Raum oder aus anderen Staaten transferiert wird – unverändert zur Rechtslage vor dem AbgÄG 2015 – zu einer Neubewertung des transferierten Vermögens mit dem fremdüblichen Wert zum Transferzeitpunkt (§ 6 Z 6 lit. f EStG 1988). Dies gilt im Allgemeinen unverändert zur Rechtslage vor dem AbgÄG 2015 sinngemäß auch für nicht fremdüblich abgerechnete sonstige Leistungen im Wege des Ansatzes der fremdüblichen Verbindlichkeit in jenem Zeitpunkt, zu dem unter Fremden die Gegenleistungsschuld entstünde. Sollte die im Inland gewinnmindernd berücksichtigte Verbindlichkeit im ausländischen Staat zu keiner korrespondierend besteuerten Gewinnerhöhung führen, ist – gegebenenfalls unter Inanspruchnahme internationaler Amtshilfemöglichkeiten – zu prüfen, ob möglicherweise ein Fall von Steuerumgehung vorliegt.
Der Fremdvergleichswert ist ebenfalls anzusetzen, wenn sonstige Umstände eintreten, die das Besteuerungsrecht Österreichs an Wirtschaftsgütern begründen (§ 6 Z 6 lit. g EStG 1988).
Diese beiden Bewertungsbestimmungen gelten sowohl für den erstmaligen Import sowie für den Reimport von Wirtschaftsgütern aus dem Ausland nach Österreich. Sie gelten daher auch für den Reimport von Wirtschaftsgütern, für die bei einer vorherigen Entstrickung ab dem 1.1.2016 bereits das neue Ratenzahlungskonzept zur Anwendung kam. Für Fälle des Reimports ist bedeutsam, dass die Ratenzahlung durch den Reimport weder abgeändert noch aufgehoben wird, sondern unverändert weiterläuft. Dies entspricht dem nunmehrigen System der Festsetzung der Steuerschuld mit anschließender Entrichtung der Steuerschuld in Form einer Ratenzahlung, da die Steuerschuld bereits durch die Entstrickung ausgelöst wurde und insofern nicht mehr rückgängig gemacht wird. Entsprechend diesem Konzept werden auch nachträglich im Ausland eingetretene Wertminderungen nicht berücksichtigt, hierfür besteht auch unionsrechtlich keine Notwendigkeit (EuGH 29.11.2011, C-371/10, National Grid Indus, Rn 56 ff). Die Veräußerung eines rücküberführten Wirtschaftsgutes oder dessen Ausscheiden aus dem Betriebsvermögen vor Ablauf des Ratenzahlungszeitraumes führt jedoch sodann zu einer Fälligstellung der noch offenen Raten gemäß § 6 Z 6 lit. d EStG 1988 (siehe dazu bereits Rz 2518h).
Abweichend von § 6 Z 6 lit. f und lit. g EStG 1988 sind jedoch für den Reimport von Wirtschaftsgütern, die bei ihrem vorherigen Wegzug in den EU-/EWR-Raum mit umfassender Amts- und Vollstreckungshilfe
- im betrieblichen Bereich noch dem bisherigen Nichtfestsetzungskonzept unterlagen oder
- im außerbetrieblichen Bereich noch dem Nichtfestsetzungskonzept unterlagen bzw. weiter unterliegen,
weiterhin die fortgeschriebenen Buchwerte maßgebend (§ 6 Z 6 lit. h EStG 1988; siehe Rz 2517h).
6.14 Betriebseröffnung, entgeltlicher Betriebserwerb
6.14.1 Allgemeines
2520
Eröffnung eines Betriebes liegt vor, wenn ein vollkommen neuer Betrieb oder Teilbetrieb geschaffen wird.
2521
Entgeltlicher Erwerb eines Betriebes liegt vor, wenn ein bereits bestehender Betrieb, Teilbetrieb, Mitunternehmeranteil oder eine Quote eines Mitunternehmeranteiles (VwGH 8.3.1994, 91/14/0173) als funktionsfähige Sachgesamtheit übernommen wird.
6.14.2 Eröffnung
6.14.2.1 Bewertung
2522
Werden für die Gründung eines Betriebes Wirtschaftsgüter angeschafft oder hergestellt, so sind diese mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen. Die Zuführung bereits vorhandener Wirtschaftsgüter stellt eine Einlage dar, die nach § 6 Z 5 EStG 1988 zu bewerten ist (siehe Rz 2484).
6.14.2.2 Eröffnungsbilanz
2523
Bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG 1988 sind diese Werte als Aktiva in der Eröffnungsbilanz zu erfassen und die mit dem erworbenen Wirtschaftsgütern zusammenhängenden Verbindlichkeiten als Passiva einzustellen. Der Differenzbetrag auf die Summe der Aktiva ist als Eigenkapital anzusetzen.
6.14.3 Entgeltlicher Betriebserwerb
6.14.3.1 Bewertung
2524
Wird ein Betrieb entgeltlich erworben, sind die Wirtschaftsgüter einschließlich Firmenwert stets mit den Anschaffungskosten zu bewerten. Die Aufteilung der Gesamtanschaffungskosten auf die erworbenen Wirtschaftsgüter ist nach objektiven Wertregeln und sachverständig vorzunehmen. Es kommt weder auf die durch den Veräußerer vorgenommene Aufteilung des erzielten Erlöses auf die Einzelwirtschaftsgüter noch auf eine vertraglich im Veräußerungsgeschäft vereinbarte Wertzuordnung an (VwGH 15.9.1993, 91/13/0053).
2525
Der Firmenwert ist von den übrigen selbständig bewertbaren körperlichen und unkörperlichen Wirtschaftsgütern abzugrenzen. Der Ansatz eines Firmenwertes kommt nur dann in Frage, wenn die für die Übernahme des Unternehmens bewirkte Gegenleistung die tatsächlichen Werte der einzelnen übernommen Wirtschaftsgüter übersteigt bzw. der Kaufpreis nicht nachweislich für bestimmte einzelne Wirtschaftsgüter aufgewendet wird. Die Aufteilung der Gegenleistung auf die erworbenen Wirtschaftsgüter hat idR im Wege einer Verhältnisrechnung zu erfolgen: Zunächst werden alle Wirtschaftsgüter einschließlich Firmenwert mit dem Teilwert bewertet. Sodann wird die Gegenleistung nach dem Verhältnis der Teilwerte auf die Wirtschaftsgüter verteilt.
6.14.3.2 Negativer Firmenwert
2526
Erfolgt der entgeltliche Erwerb zu einem Kaufpreis, der unter der Summe der Teilwerte der einzelnen Wirtschaftsgüter liegt, so sind die tatsächlichen niedrigeren Anschaffungskosten anzusetzen. Der Ansatz eines negativen Firmenwertes kommt nicht in Betracht (VwGH 29.1.1974, 1945/73).
2527
Liegt der Kaufpreis aus betrieblichen Motiven unter dem vom Veräußerer ausgewiesenen Kapitalkonto, wobei der Wert des Betriebes dem Buchwert entspricht, sind ebenfalls die tatsächlichen niedrigeren Anschaffungskosten anzusetzen. Der Ansatz eines negativen Firmenwertes kommt auch hier nicht in Betracht. Der unterpreisige Erwerb führt auch nicht dazu, dass der Erwerber den Differenzbetrag zwischen dem Kapitalkonto und dem Kaufpreis sofort im Zeitpunkt des Betriebserwerbes als Erwerbergewinn zu versteuern hat (VwGH 24.11.1999, 97/13/0022).
6.14.3.3 Erwerb gegen Kaufpreisrenten
2528
Der Rentenbarwert (Rz 7020 ff und 2453 ff) einschließlich Zuzahlungen stellt die tatsächlichen Anschaffungskosten dar und ist zu passivieren. Weichen die Rentenleistungen durch früheres oder späteres Ableben des Rentenberechtigten vom ursprünglichen Rentenbarwert ab, führt dies zu keiner Änderung der Anschaffungskosten (VwGH 21.4.1961, 2966/58); siehe Rz 7042.
6.15 Buchwertfortführung, fiktive Anschaffungskosten
6.15.1 Unentgeltlicher Betriebs- und Mitunternehmeranteilserwerb
6.15.1.1 Betriebserwerb
2529
Die unentgeltliche Übertragung eines Betriebes (Teilbetriebes) setzt voraus, dass die wesentlichen Betriebsgrundlagen durch einen einheitlichen Übertragungsakt überführt werden. Die Rückbehaltung einzelner unwesentlicher Wirtschaftsgüter anlässlich des Übertragungsaktes hindert die Annahme eines unentgeltlichen Betriebserwerbes nicht. Die Rückbehaltung der Wirtschaftsgüter ist eine Entnahme (VwGH 29.06.1995, 93/15/0134). Die Rückbehaltung einzelner unwesentlicher Wirtschaftsgüter (zB Forstparzellen oder einzelner Klienten eines Klientenstocks) im Zuge einer unentgeltlichen Betriebsübertragung stellt dann keine Entnahme dar, wenn trotz unentgeltlicher Übertragung die zurückbehaltenen Wirtschaftsgüter einen eigenständig lebensfähigen Betrieb begründen. Wird ein Betrieb jedoch in Teilen auf mehrere Übernehmer unentgeltlich übertragen, liegt eine Betriebsaufgabe vor (siehe Rz 5631); die Zurückbehaltung einzelner Wirtschaftsgüter ist bei der Ermittlung des Aufgabegewinnes entsprechend zu berücksichtigen. Bleibt durch die zurückbehaltenen Wirtschaftsgüter jedoch weiterhin ein lebensfähiger Betrieb bestehen, stellt die unentgeltliche Übertragung der Betriebsteile eine Entnahme der betroffenen Wirtschaftsgüter mit anschließender Übertragung aus dem Privatvermögen dar.
2530
In der Beendigung eines Fruchtgenussverhältnisses ist keine unentgeltliche Betriebsübertragung, sondern eine Einstellung der betrieblichen Tätigkeit des Fruchtgenussberechtigten zu erblicken (VwGH 21.7.1998, 98/14/0029). Die unentgeltliche Übertragung eines Anteiles an einem Einzelunternehmen (Schenkung der Quote eines Einzelunternehmens) wird der unentgeltlichen Übertragung eines Mitunternehmeranteiles gleichgestellt.
Zur unentgeltlichen Übertragung auf eine Privatstiftung siehe StiftR 2009 Rz 194 ff.
Zur weiteren Abgrenzung unentgeltliche/entgeltliche Übertragung siehe Rz 5564 ff.
Zur Aufteilung der Einkünfte zwischen Geschenkgeber und Geschenknehmer siehe Rz 104 ff.
6.15.1.2 Übertragung von Mitunternehmeranteilen und Sonderbetriebsvermögen
Siehe Rz 5926 ff.
6.15.1.3 Buchwertfortführung
2531
Bei der unentgeltlichen Übernahme von Betrieben, von Teilbetrieben oder von Anteilen eines Gesellschafters ist der neue Betriebs- bzw. Anteilsinhaber bei der Bewertung der Wirtschaftsgüter an die Buchwerte des Rechtsvorgängers gebunden.
2532
Wird ein Betrieb oder Teilbetrieb durch Legat übertragen, so hat der Vermächtnisnehmer die Buchwerte seines Vorgängers (das ist der Erbe) fortzuführen, der seinerseits die Buchwerte des Erblassers übernimmt (VwGH 20.11.1990, 89/14/0156).
2533
Wird im Zuge der unentgeltlichen Übertragung die Gewinnermittlungsart gewechselt, ist der Übergangsgewinn/-verlust im ersten Wirtschaftsjahr des Übernehmers zu erfassen, wobei bei Übergang von § 5 EStG 1988 Gewinnermittlung auf § 4 Abs. 1 bzw. 3 EStG 1988 auch die stillen Reserven des gewillkürten Betriebsvermögens anzusetzen sind (siehe auch Rz 690); bei einem Übergang von der Gewinnermittlung nach § 5 Abs. 1 EStG 1988 auf eine andere Art der Gewinnermittlung vor dem 1.4.2012 sind auch die stillen Reserven des Grund und Bodens zu erfassen.
2534
Aus Anlass der unentgeltlichen Betriebsübertragung entstehende Verbindlichkeiten (zB Pflichtteilsschulden) werden nicht zu Betriebsschulden (VwGH 19.09.1990, 89/13/0021; VwGH 21.10.1986, 86/14/0124). Der Privatsphäre zuzuordnen sind auch die bei unentgeltlichen Betriebsübertragungen nach dem 31. Juli 2008 anfallende Grunderwerbsteuer (siehe auch Rz 1666) sowie damit zusammenhängende Einverleibungskosten. Gleiches gilt für Privatschulden des Rechtsvorgängers, welche im Zuge einer unentgeltlichen Betriebsübertragung auf Grund der getroffenen Vereinbarung vom Erwerber übernommen werden (VwGH 04.11.1980, 0804/80).
6.15.2 Unentgeltlicher Einzelwirtschaftsgütererwerb
2535
Die fiktiven Anschaffungskosten sind nur dann anzusetzen, wenn ein betrieblich veranlasster unentgeltlicher Erwerb einzelner Wirtschaftsgüter vorliegt. Wird aus privaten Gründen ein Wirtschaftsgut unentgeltlich übertragen und sofort dem Betrieb zugeführt, so sind die Bestimmungen des § 6 Z 5 EStG 1988 über die Einlagenbewertung anzuwenden.
2536
Die fiktiven Anschaffungskosten (siehe Rz 6440a ff) sind sowohl Bewertungsmaßstab für die anzusetzende Betriebseinnahme als auch für den Buchwertansatz des Anlage- oder Umlaufvermögens.
2537
Bei unentgeltlichen Übertragungen unter Fremden ist eine betriebliche Veranlassung zu vermuten. Aus betrieblichem Anlass werden zB Sachgeschenke von Geschäftspartnern übertragen. Incentive-Reisen, die von einem Geschäftspartner zugewendet werden, sind mit den in den Prospekten angegebenen Preisen anzusetzen.
2538
Steht der Sachzuwendung aus betrieblichem Anlass jedoch eine Verpflichtungsübernahme gegenüber, ist von einem entgeltlichen Erwerb zu Anschaffungskosten auszugehen (VwGH 16.3.1989, 88/14/0055, betreffend Inventar gegen Bierbezugsverpflichtung).