7.1 Allgemeines
429
Sonderausgaben stellen Einkommensverwendung dar (vgl. VwGH 28.10.1981, 3698/80). Nur die im § 18 EStG 1988 erschöpfend aufgezählten Aufwendungen können steuerlich berücksichtigt werden. Sie sind grundsätzlich von Amts wegen wahrzunehmen, sofern das FA davon Kenntnis erlangt hat.
430
Anbringen des Steuerpflichtigen sind auch dahingehend zu überprüfen, ob geltend gemachte Aufwendungen zwar nicht unter diese, wohl aber unter eine andere als die beantragte Begünstigung fallen.
Beispiel 1:
Ein Arbeitnehmer beantragt, Beiträge zu einer freiwilligen Unfallversicherung als Werbungskosten abzusetzen. Diese Prämien sind nicht als Werbungskosten, sondern als Sonderausgaben zu gewähren.
Beispiel 2:
Ein Steuerpflichtiger beantragt, Aufwendungen für eine Eigentumswohnung als Wohnraumschaffung abzusetzen. Mangels Vorliegens der Errichtereigenschaft wird dieser Antrag abgewiesen. Es ist jedoch zu überprüfen, ob die Voraussetzungen eines achtjährig gebundenen Betrages vorliegen (VwGH 18.1.1989, 88/13/0025).
431
Sonderausgaben sind auch bei beschränkt Steuerpflichtigen unter bestimmten Voraussetzungen abzugsfähig (siehe Rz 578).
7.2 Zeitpunkt des Sonderausgabenabzuges allgemein
432
Sonderausgaben sind grundsätzlich in dem Kalender(Veranlagungs)jahr zu berücksichtigen, in dem sie entrichtet worden sind. Sie sind daher im Jahr der Bezahlung abzuziehen, unabhängig davon, ob die Bezahlung mit Eigen- oder Fremdmitteln erfolgt ist (Ausnahmen siehe die folgenden Absätze und Rz 437 ff).
433
So weit der Steuerpflichtige für seine Aufwendungen steuerfreie Subventionen, Zuschüsse oder Beihilfen von öffentlichen Stellen erhält, können diese Aufwendungen nicht als Sonderausgaben abgesetzt werden.
Beispiel:
Der Steuerpflichtige erhält für einen achtjährig gebundenen Betrag einen steuerfreien Zuschuss aus Mitteln der Wohnbauförderung als Wohnbeihilfe. Die Aufwendungen für den achtjährig gebundenen Betrag sind in der Höhe des Zuschusses nicht abzugsfähig (VwGH 14.6.1988, 85/14/0150).
434
Werden Beiträge oder Versicherungsprämien in Form einer Einmalprämie bezahlt, können sie über Antrag auf zehn Jahre verteilt werden (siehe Rz 483 ff), wenn der der Zahlung zugrundeliegende Vertrag vor dem 1. Jänner 2016 abgeschlossen worden ist. Derartige Beiträge und Versicherungsprämien, außer Beiträge im Sinne des § 18 Abs. 1 Z 1a EStG 1988, können im Jahr 2020 letztmalig geltend gemacht werden.
435
Fallen Sonderausgaben unter die Verteilungsvorschrift des § 19 Abs. 3 EStG 1988 (zB Vorauszahlung von Steuerberatungskosten), sind nur die auf das jeweilige Jahr entfallenden Aufwendungen abzugsfähig.
436
Regelmäßig wiederkehrende Sonderausgaben sind gemäß § 19 Abs. 1 EStG 1988 zweiter Satz bei Zahlung in einem Zeitraum bis zu 15 Tagen vor oder nach dem Jahresende dem Jahr zuzurechnen, zu dem sie wirtschaftlich gehören (vgl. VwGH 8.4.1986, 85/14/0160). Voraussetzung ist, dass diese Beträge grundsätzlich zu Beginn oder zum Ende des Jahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, fällig waren.
Beispiel:
Eine Versicherungsprämie mit Fälligkeit Jänner 2002 wurde bereits am 27. Dezember 2001 bezahlt. Solche Prämien können erst im Jahr 2002 als Sonderausgaben abgezogen werden.
7.3 Fremdfinanzierung von Sonderausgaben bei Wohnraumschaffung und Wohnraumsanierung
437
Werden Aufwendungen für die Wohnraumschaffung und Wohnraumsanierung nicht mit Eigenmitteln, sondern mit Fremdmitteln bezahlt, dann steht der Sonderausgabenabzug erst im Zeitpunkt der Darlehensrückzahlungen zu; dabei stellen auch die Zinsen Sonderausgaben dar. Die Ansparung der Gelder für die Darlehensrückzahlung, zB in Form einer Versicherung führt erst im Kalenderjahr der Kapitalrückzahlung – nicht hingegen bereits bei Prämienzahlung an die Versicherung – zu Sonderausgaben nach § 18 Abs. 1 Z 3 lit. d EStG 1988. Maßgebend für die Sonderausgabeneigenschaft der Rückzahlung derartiger Darlehen ist, dass der Steuerpflichtige oder ein Angehöriger des begünstigten Personenkreises im Sinne des § 18 Abs. 3 Z 1 EStG 1988 zur Rückzahlung des Darlehens verpflichtet ist, oder dass der Steuerpflichtige von seinem Rechtsvorgänger, der seinerzeit das Darlehen zur Wohnraumschaffung bzw. Wohnraumsanierung aufgenommen und verwendet hat, die Rückzahlungsverpflichtung übernommen hat (VwGH 29.11.1994, 94/14/0093).
438
Darlehensrückzahlungen im Zusammenhang mit achtjährig gebundenen Beträgen können solange als Sonderausgaben abgesetzt werden, als der achtjährig gebundene Betrag nicht rückgefordert wird.
439
Nimmt der Steuerpflichtige ein Darlehen mit günstigeren Konditionen auf und zahlt er damit nachweislich unmittelbar die bisher bestehenden Verbindlichkeiten zurück, dann sind erst die Rückzahlungen des neuen umgeschuldeten Darlehens Sonderausgaben.
440
Wird ein Darlehen, das seinerzeit im Zusammenhang mit einer sonderausgabenbegünstigten Wohnraumschaffung aufgenommen wurde, auf den Erwerber des Eigenheimes (der Eigentumswohnung) übertragen, so kann dieser die Darlehensrückzahlung (einschließlich Zinsen) als Sonderausgaben geltend machen, wenn die Voraussetzungen für die begünstigte Wohnraumschaffung auch bei ihm erfüllt sind. Behält sich derjenige, der das Darlehen zur Wohnraumschaffung aufgenommen hat, die Darlehensverpflichtung zurück, so können die von ihm weiterhin geleisteten Darlehensrückzahlungen nicht als Sonderausgaben abgesetzt werden.
441
Darlehensrückzahlungen können bis 31.12.2020 nur solange als Sonderausgaben abgesetzt werden, als tatsächlich ein begünstigter Wohnraum (siehe Rz 504) vorliegt und mit der tatsächlichen Bauausführung (erster Spatenstich) oder Sanierung vor dem 1. Jänner 2016 begonnen worden ist oder der der Zahlung zugrundeliegende Vertrag (Darlehensvertrag, Vertrag über achtjährig gebundene Beträge) vor dem 1. Jänner 2016 abgeschlossen worden ist.
7.4 Renten und dauernde Lasten (§ 18 Abs. 1 Z 1 EStG 1988)
Siehe dazu EStR 2000 Rz 7001 bis 7056.
Randzahlen 442 bis 457: derzeit frei
7.5 Beiträge und Versicherungsprämien (§ 18 Abs. 1 Z 1a und Z 2 EStG 1988)
7.5.1 Begriff der Beiträge und Versicherungsprämien
458
Als Sonderausgaben absetzbar sind Beiträge und Prämien für:
- freiwillige Krankenversicherung mit Ausnahme der als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzugsfähigen Beiträge zu einer inländischen gesetzlichen Krankenversicherung einschließlich der Beiträge zu einer Krankenversicherung auf Grund einer in- oder ausländischen gesetzlichen Versicherungspflicht (§ 4 Abs. 4 Z 1 lit. b EStG 1988 bzw. § 16 Abs. 1 Z 4 lit. e EStG 1988),
- freiwillige Unfallversicherung,
- freiwillige Pensionsversicherung, soweit nicht für die Beiträge zur freiwilligen Höherversicherung in der gesetzlichen Pensionsversicherung eine Prämie nach § 108a EStG 1988 in Anspruch genommen worden ist,
- Lebensversicherung auf Ableben,
- Kapitalversicherung auf Er- und Ableben, wenn der Versicherungsvertrag vor dem 1. Juni 1996 abgeschlossen worden ist,
- Rentenversicherung mit einer mindestens auf die Lebensdauer zahlbaren Rente,
- freiwillige Witwen-, Waisen-, Versorgungs- und Sterbekassen,
- Pensionskassen, soweit nicht für die Beiträge eine Prämie nach § 108a EStG 1988 in Anspruch genommen worden ist,
- betriebliche Kollektivversicherung im Sinne des § 93 des Versicherungsaufsichtsgesetzes 2016 sowie
- ausländische Einrichtungen im Sinne des § 5 Z 4 PKG.
- Siehe auch Beispiel Rz 10458.
Bis 31.12.2020 als Sonderausgaben absetzbar sind derartige Beiträge und Versicherungsprämien nur dann, wenn der der Zahlung zugrundeliegende Vertrag vor dem 1. Jänner 2016 abgeschlossen worden ist.
Da Beiträgen zur freiwilligen Höherversicherung in der gesetzlichen Pensionsversicherung kein Vertragsverhältnis zu Grunde liegt, ist in diesen Fällen maßgebend, dass der entsprechende Antrag vor dem 1. Jänner 2016 gestellt worden ist.
458a
- Beiträge und Prämien zu so genannten Pflegeversicherungen sind dann als Sonderausgaben abzugsfähig, wenn sie entweder den Charakter einer Krankenversicherung (Ersatz von Sachleistungen oder Taggeld) oder einer Rentenversicherung (lebenslängliche Rentenzahlung ab dem Eintritt der Pflegebedürftigkeit) haben. Nicht abzugsfähig sind Beiträge und Prämien zu Versicherungen, die primär Kapitalabfindungen vorsehen.
459
Maßgebend für die Abgrenzung zwischen Pflichtbeiträgen im Sinne des § 4 Abs. 4 Z 1 EStG 1988, § 16 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 und freiwilligen Beiträgen im Sinne des § 18 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 ist grundsätzlich, ob die Beitragsleistungen Zwangscharakter haben oder ob sie auf einem freiwilligen Entschluss des Steuerpflichtigen – insbesondere im Interesse seiner Zukunftssicherung – beruhen. Dieser freiwillige Entschluss ist zB bei Abschluss eines Vertrages oder Stellung eines Antrages zu unterstellen (vgl. VwGH 26.06.1990, 89/14/0172; VwGH 02.03.1993, 93/14/0003). Zur Abgrenzung zwischen Werbungskosten und Sonderausgaben bei freiwillig geleisteten Pensions- und Krankenversicherungsbeiträgen siehe die Übersicht in Rz 243.
Betreffend Beiträge an ein ausländisches ärztliches Versorgungswerk siehe ebenfalls Rz 243.
460
Diese Beiträge und Versicherungsprämien sind nur insoweit als Sonderausgaben abzugsfähig, als sie nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten darstellen. Ein Abzug freiwilliger Personenversicherungen als Betriebsausgabe ist nur in Ausnahmefällen möglich (zB bei Abschluss einer kurzen Ablebensversicherung zwecks Sicherung betrieblicher Kredite; VwGH 3.12.1986, 86/13/0098). Seit 1. Jänner 1994 sind freiwillige Beiträge zu einer inländischen gesetzlichen Krankenversicherung als Betriebsausgaben oder Werbungskosten anzuerkennen, allerdings (seit 1995) nur insoweit, als sie der Höhe nach insgesamt Pflichtbeiträgen in der gesetzlichen Sozialversicherung entsprechen. Darüber hinaus liegen Sonderausgaben vor. Hinsichtlich der seit 1. Jänner 1997 geleisteten Beiträge von Arbeitnehmern an ausländische Pensionskassen, siehe Rz 682.
461
Es ist zwischen folgenden am Versicherungsverhältnis beteiligten Personen zu unterscheiden:
- Versicherungsnehmer: das ist jene Person, die den Versicherungsvertrag abgeschlossen hat, hinsichtlich der Versicherungsleistung verfügungsberechtigt und aus dem Vertrag verpflichtet ist;
- versicherte Person: das ist jene Person, bei der der Versicherungsfall eintritt;
- begünstigte Person: das ist jene Person, die im Versicherungsfall die Versicherungsleistung erhalten soll;
- Versicherer (Versicherungsunternehmen).