8.7 Vorsorge für Jubiläumsgelder
8.7.1 Jubiläumsgeldzusagelder
3422
Eine Jubiläumsgeldrückstellung ist mit steuerlicher Wirkung dann (und nur dann) zu bilden, wenn die Auszahlung eines Geldes anlässlich eines Dienstjubiläums kollektivvertraglich vereinbart wurde, in einer Betriebsvereinbarung enthalten ist oder – im Einzelfall – schriftlich, rechtsverbindlich und unwiderruflich zugesagt wurde. Unverbindliche oder unter Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs gemachte Zusagen rechtfertigen deren steuerliche Anerkennung nicht. Hinsichtlich des Erfordernisses einer schriftlichen, rechtsverbindlichen und unwiderruflichen Zusage gelten die Ausführungen in Rz 3372 ff gleichermaßen.
3423
Liegt keine formelle Zusage vor, sondern werden Jubiläumsgelder lediglich tatsächlich gewährt, so ist eine Rückstellung keinesfalls zulässig. Anders als für Veranlagungszeiträume bis einschließlich 1993 darf daher ab dem Wirtschaftsjahr 1999 (1998/1999) eine Rückstellung auch dann nicht gebildet werden, wenn der Charakter der Freiwilligkeit durch lange Übung verloren gegangen ist.
8.7.2 Bildung und Fortführung der Jubiläumsgeldrückstellung
8.7.2.1 Sinngemäße Anwendung der Vorschriften für die Pensionsrückstellung
3424
Die Rückstellung ist unter sinngemäßer Anwendung des § 14 Abs. 7 Z 1 bis 3, Abs. 7 Z 6 und Abs. 8 und 9 EStG 1988 zu bilden; eine Bildung nach den Regeln der Finanzmathematik ist zulässig (§ 14 Abs. 12 letzter Satz EStG 1988).
Die sinngemäße Anwendung führt zu folgenden Erfordernissen:
- Die Jubiläumsgeldrückstellung ist nach den anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik zu bilden; eine Bildung nach den Regeln der Finanzmathematik ist zulässig.
- Die Jubiläumsgeldrückstellung ist erstmals im Wirtschaftsjahr der Jubiläumsgeldzusage zu bilden, wobei Veränderungen der Jubiläumsgeldzusage wie neue Zusagen zu behandeln sind. Als neue Zusagen gelten auch Änderungen der Jubiläumsgeldbemessungsgrundlage und Indexanpassungen von Jubiläumsgeldzusagen.
- Der Rückstellung ist im jeweiligen Wirtschaftsjahr so viel zuzuführen, als bei Verteilung des Gesamtaufwandes auf die Zeit zwischen Jubiläumsgeldzusage und dem vorgesehenen Zeitpunkt der Leistung des Jubiläumsgeldes auf das einzelne Wirtschaftsjahr entfällt.
- Der Bildung der Jubiläumsgeldrückstellung ist ein Rechnungszinsfuß von 6% zu Grunde zu legen.
- § 14 Abs. 7 EStG 1988 gilt auch für Rückstellungen, die für Zusagen von Kostenersätzen für Jubiläumsgeldverpflichtungen eines Dritten gebildet werden.
- Wird ein Jubiläumsgeld zugesagt, für das von einem früheren Arbeitgeber (Vertragspartner) des Leistungsberechtigten Vergütungen gewährt werden, ist bei der Bildung der Jubiläumsgeldrückstellung von der Höhe dieser Vergütungen, höchstens jedoch von dem nach § 14 Abs. 7 EStG 1988 ermittelten Ausmaß auszugehen.
- Anders als bei der Vorsorge für Abfertigungen und Pensionen ist die Jubiläumsgeldrückstellung nicht durch Wertpapiere zu decken.
8.7.2.2 Berechnung der Jubiläumsgeldrückstellung
3425
Nach § 14 Abs. 12 EStG 1988 besteht für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. Dezember 1998 enden, ein Passivierungswahlrecht, solange der Steuerpflichtige nicht mit der Bildung von Jubiläumsgeldrückstellungen begonnen hat. Eine abgabenrechtliche Passivierungspflicht ergibt sich aus § 198 Abs. 8 UGB. Dieser Passivierungspflicht unterliegen die nach dem Unternehmensgesetzbuch zur Buchführung verpflichteten Personen, die auf Grund anderer Bestimmungen zur Buchführungspflicht nach den Grundsätzen des Unternehmensrechtes verpflichteten Personen (zB nach § 13 Genossenschaftsgesetz) sowie sonstige unter § 5 EStG 1988 fallende Steuerpflichtige (zB Scheinkaufmann, eingetragene Erwerbsgesellschaften bei Buchführungspflicht gemäß § 125 BAO).
3426
Werden Jubiläumsgeldrückstellungen gebildet, so besteht hinsichtlich der Bewertungsmethode ein Wahlrecht zwischen der versicherungs- und der finanzmathematischen Berechnung. Im Hinblick auf den Grundsatz der Bewertungsstetigkeit ist der Abgabepflichtige an die einmal gewählte Bewertungsmethode gebunden; ein Abweichen von der im vorhergehenden Jahresabschluss angewendeten Methode ist nur bei Vorliegen besonderer Umstände zulässig (§ 201 Abs. 2 UGB).
8.7.2.3 Rechnungszinsfuß
3427
Sowohl bei der versicherungsmathematischen als auch bei der vereinfachten finanzmathematischen Berechnungsmethode ist ein Rechnungszinssatz von 6% zu Grunde zu legen.
8.7.2.4 Fluktuationsabschlag
3428
Bei der Berechnung der Rückstellung ist auch die zu erwartende Fluktuation der Belegschaft (einschließlich des Verlustes von Arbeitnehmern durch Invalidität und Todesfälle) zu berücksichtigen. Soweit zugesagte Jubiläumsgelder durch eine zu erwartende Fluktuation voraussichtlich nicht ausbezahlt werden müssen, dürfen die Zusagen zu keiner Rückstellung führen. Die zu erwartende Fluktuation ist aus den im Unternehmen in der Vergangenheit (in den letzten Jahren) gegebenen Verhältnissen abzuleiten. Dabei sind außerordentliche Verhältnisse in der Vergangenheit (zB Ausgliederungen, Sozialpläne) für zukünftige Prognosen nicht zu berücksichtigen. Werden seitens des Steuerpflichtigen die maßgeblichen Verhältnisse nicht dokumentiert, bestehen keine Bedenken, bei Berechnung nach der reinen finanzmathematischen Methode den Fluktuationsabschlag mit 25% anzunehmen. Werden bei Anwendung einer versicherungsmathematischen Methode bestimmte Fluktuationsgründe nicht erfasst, ist der Abschlag entsprechend geringer. Auf Grund der Maßgeblichkeit der Unternehmensbilanz und des Fehlens von zwingendem Steuerrecht hat sich der Fluktuationsabschlag in der Steuerbilanz mit dem in der Unternehmensbilanz zu decken. Zur Anwendung des Fluktuationsabschlages in Verbindung mit der Ableitung des Gegenwartswertverfahrens aus dem Teilwertverfahren siehe Rz 3431).
8.7.2.5 Erstmalige Bildung der Jubiläumsgeldrückstellung
3429
Eine Jubiläumsgeldrückstellung kann erstmals für jenes Wirtschaftsjahr steuerwirksam gebildet werden, in dem die Jubiläumsgeldleistung schriftlich, rechtsverbindlich und unwiderruflich zugesagt wird. Dies wird regelmäßig das Wirtschaftsjahr des Beginns des Dienstverhältnisses sein. Eine Änderung der künftigen, rechtverbindlich zugesagten Jubiläumsgeldleistungen über das Ausmaß der bisher zugesagten Leistungen hinaus (zB durch eine Gehaltserhöhung) ist stets wie eine neue Zusage zu behandeln (siehe Rz 3422 f).
8.7.2.6 Ansammlungsverfahren
3430
Die Rückstellung ist nach dem für Pensionsrückstellungen maßgeblichen Ansammlungsverfahren zu bilden. Der Rückstellung (pro Arbeitnehmer) ist daher im Wirtschaftsjahr so viel zuzuführen, als bei Verteilung des zukünftigen Jubiläumsgeldanspruches auf die Zeit zwischen dem jeweiligen Beginn der Rückstellungsbildung und der Auszahlung des Jubiläumsgeldes auf dieses Wirtschaftsjahr entfällt. Daraus resultiert, dass „Mehrleistungen“ auf Grund späterer Änderungen, die wie eine neue Zusage zu behandeln sind, nur auf die restliche Laufzeit bis zur Auszahlung des Jubiläumsgeldes verteilt werden können (Gegenwartswertverfahren).
3431
Ebenso wie bei der Pensionsrückstellung kommt auch bei der Jubiläumsgeldrückstellung das Teilwertverfahren nicht zur Anwendung. Beim Teilwertverfahren werden sämtliche Bezugsveränderungen auf die gesamte Laufzeit und nicht nur auf die verbleibende Laufzeit verteilt, wodurch das Ausmaß der Rückstellung über jener nach dem Gegenwartswertverfahren liegt. Aus Gründen einer vereinfachten Berechnung der Jubiläumsgeldrückstellung (durch Vermeiden eines sich jährlich vervielfachenden Berechnungsaufwandes) ist es jedoch zulässig, das Gegenwartswertverfahren aus dem Teilwertverfahren abzuleiten. Dabei kann von dem nach dem Teilwertverfahren errechneten Rückstellungsbetrag ein gleich bleibender Abschlag von 10% vorgenommen werden. Voraussetzung für diese vereinfachte Berechnungsmethode ist, dass beim Teilwertverfahren ein Rechnungszinsfuß von 6% zu Grunde gelegt wurde bzw. vor dem Abschlag die mit einem anderen Rechnungszinsfuß ermittelte „Teilwertrückstellung“ auf einen Rechnungszinsfuß von 6% umgerechnet wurde.
Der Fluktuationsabschlag (siehe Rz 3428) kann entweder bereits bei der Ermittlung der Rückstellung nach dem Teilwertverfahren Berücksichtigung finden (der 10-prozentige Gegenwartswertverfahren-Abschlag wird in diesem Fall von einem bereits um den Fluktuationsabschlag gekürzten Betrag vorgenommen) oder erst nach der Ableitung aus dem Teilwertverfahren vorgenommen werden (der nach dem Teilwertverfahren berechnete und um den Fluktuationsabschlag nicht gekürzte Rückstellungsbetrag ist zunächst um 10%, der danach verbleibende Betrag um den prozentuellen Fluktuationsabschlag zu vermindern). Wurde beim Teilwertverfahren ein Fluktuationsabschlag von weniger als 25% angenommen, obwohl die maßgeblichen Verhältnisse, die für die Annahme eines unter 25% liegenden Fluktuationsabschlages sprechen, nicht dokumentiert wurden, so ist der gleich bleibende „Gegenwartswertverfahren-Abschlag“ entsprechend zu erhöhen.
Beispiel:
Mangels Dokumentation der in der Vergangenheit herrschenden maßgeblichen Verhältnisse kommt der Fluktuationsabschlag von 25% zum Tragen. Die nach dem Teilwertverfahren berechnete Rückstellung beträgt
a) bei einem (zunächst angenommenen) 25-prozentigen Fluktuationsabschlag 750.000 S,
b) bei einem (zunächst angenommenen) 20-prozentigen Fluktuationsabschlag 800.000 S,
c) ohne Fluktuationsabschlag 1,000.000 S.
Im Fall a) ist der Betrag von 750.000 S um 10% zu vermindern. Die steuerliche Jubiläumsgeldrückstellung beträgt somit 675.000 S.
Im Fall b) ist der Betrag von 800.000 S entweder zunächst um die „fehlenden“ 5% (das sind 50.000 S bezogen auf 1,000.000 S) auf 750.000 S zu vermindern und davon die 10-prozentige Kürzung vorzunehmen oder es kann sofort ein auf den Betrag von 800.000 S bezogener „kombinierter Gegenwartswertverfahren-Abschlag“ von 15,625% (das sind 125.000 S) vorgenommen werden. In beiden Fällen beträgt die steuerliche Rückstellung 675.000 S.
Im Fall c) beträgt der „kombinierte Gegenwartswertverfahren-Abschlag“ 32,5%. Die steuerliche Jubiläumsgeldrückstellung ergibt ebenfalls 675.000 S.
8.7.2.7 Kostenersätze durch Dritte
3432
Rückstellungen für Zusagen an Dritte, für deren Jubiläumsgeldverpflichtungen bei Leistungseintritt Kostenersätze zu entrichten sind, sind nach den für Jubiläumsgeldrückstellungen geltenden Kriterien zu bilden. Rz 3397 ist sinngemäß anzuwenden.
8.7.2.8 Übernahme von Jubiläumsgeldverpflichtungen
8.7.2.8.1 Entgeltliche Übernahme von Jubiläumsgeldverpflichtungen
3433
Bei der gänzlichen oder teilweisen entgeltlichen Übernahme von Jubiläumsgeldverpflichtungen aus Anlass einer Betriebsübertragung, der Überstellung von Arbeitnehmern oder eines sonstigen Arbeitsplatzwechsels darf der neue Arbeitgeber mit der Rückstellungsbildung für den (die) übernommenen Arbeitnehmer nicht neu beginnen, sondern hat die Jubiläumsgeldrückstellung in Höhe der erhaltenen (geschuldeten) Vergütungen, maximal in der nach § 14 Abs. 12 EStG 1988 zulässigen Rückstellungshöhe weiterzuführen (so genanntes „Rucksackprinzip“). Der frühere Arbeitgeber hat die von ihm gebildete Rückstellung für den (die) Arbeitnehmer zur Gänze aufzulösen; diesem Ertrag steht die geleistete (geschuldete) Vergütung als Aufwand gegenüber. Der neue Arbeitgeber hat die erhaltene (geschuldete) Vergütung als Ertrag anzusetzen, dem die zu bildende Jubiläumsgeldrückstellung als Aufwand gegenübersteht.
3434
Übersteigt die erhaltene (geschuldete) Vergütung die nach § 14 Abs. 12 EStG 1988 zulässige Rückstellungshöhe, so ist für den übersteigenden Betrag zum Übernahmszeitpunkt ein Passivposten einzustellen und mit späteren Zuführungen zur Jubiläumsgeldrückstellung gewinnneutral zu verrechnen. Entfällt die Jubiläumsgeldverpflichtung, dann ist der Passivposten gemeinsam mit der Jubiläumsgeldrückstellung gewinnerhöhend aufzulösen.
8.7.2.8.2 Unentgeltliche Übernahme von Jubiläumsgeldverpflichtungen
3435
Übernimmt im Falle einer Buchwertfortführung der Rechtsnachfolger die Jubiläumsgeldverpflichtungen, ist die vom früheren Arbeitgeber gebildete Jubiläumsgeldrückstellung fortzuführen. Hinsichtlich des Grundsatzes der Bewertungsstetigkeit darf der Rechtsnachfolger bei Vorliegen besonderer Umstände von der vom Rechtsvorgänger angewendeten Bewertungsmethode abweichen.
8.7.3 Übergangsbestimmungen
8.7.3.1 Allgemeines
3436
§ 14 Abs. 12 EStG 1988 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 28/1999 ist erstmals bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 1999 anzuwenden. Es darf dabei nur jener Betrag der Rückstellung zugeführt werden, der bei der Verteilung des Gesamtaufwandes auf das einzelne Wirtschaftsjahr entfällt (§ 124b Z 33 lit. a EStG 1988).
8.7.3.2 Nachholverbot
3437
§ 124b Z 33 lit. a EStG 1988 sieht bei der Bildung von Jubiläumsgeldrückstellungen im Bereich der steuerlichen Gewinnermittlung das so genannte Nachholverbot vor. Dieses Nachholverbot bewirkt, dass die Zuführung zur Rückstellung nur insoweit den steuerlichen Gewinn mindern darf, als die Zuführung wirtschaftlich auf das betreffende Wirtschaftsjahr entfällt. Rückstellungszuführungen, die im Rückstellungsstand zum Beginn des Wirtschaftsjahres 1999 (1998/1999) enthalten sind und die in der Vergangenheit nicht steuerwirksam dotiert wurden, können daher nicht gewinnmindernd nachgeholt werden. Bei (teilweiser) Auflösung der Jubiläumsgeldrückstellung wegen (teilweisen) Wegfalls der Zahlungsverpflichtung erhöht nur jener Teil des aufgelösten Betrages den Gewinn, dessen Zuführung sich bereits gewinnmindernd auswirkte. Die Auflösung des steuerunwirksam gebildeten Rückstellungsanteiles hat keinerlei steuerliche Auswirkungen.
Beispiel:
Für die Arbeitnehmer A und B wurden bisher keine Jubiläumsgeldrückstellungen gebildet. Der fiktive Rückstellungsstand zum 1.Jänner 1999 beträgt für A 28.295 S, für B 104.156 S. A verlässt das Unternehmen im Jänner 2001, B erhält das Jubiläumsgeld mit Ablauf des Jahres 2003.
Arbeitnehmer A | Arbeitnehmer B | Summe | ||||
Dotierung 1999 | 4.559 | 13.563 | 18.122 | |||
Stand 31.12.1999 | 32.854 | 117.719 | 150.573 | |||
steuerwirksam | 4.559 | 13.563 | 18.122 | |||
steuerunwirksam | 28.295 | 104.156 | 132.451 | |||
Zuführung 2000 | +5.023 | +15.615 | +20.638 | |||
Stand 31.12.2000 | 37.877 | 133.334 | 171.211 | |||
steuerwirksam | 9.582 | 29.178 | 38.760 | |||
steuerunwirksam | 28.295 | 104.156 | 132.451 | |||
Zuführung 2001 für B | +18.305 | +18.305 | ||||
Auflösung A | -37.877 | -37.877 | ||||
steuerwirksam | 9.582 | 9.582 | ||||
steuerunwirksam | 28.295 | 28.295 | ||||
Stand 31.12.2001 | 0 | 151.639 | 151.639 | |||
steuerwirksam | 47.483 | |||||
steuerunwirksam | 104.156 | |||||
Zuführung 2002 | +22.194 | |||||
Stand 31.12.2002 | 173.833 | |||||
steuerwirksam | 69.677 | |||||
steuerunwirksam | 104.156 | |||||
Auflösung 2003 | -173.833 | |||||
steuerwirksam | 69.677 | |||||
steuerunwirksam | 104.156 | |||||
Stand 31.12.2003 | 0 |
8.7.3.3 Steuerwirksame und steuerunwirksame Rückstellungsteile
3438
Die folgende Tabelle zeigt einen Überblick über jene steuerwirksamen und steuerunwirksamen Rückstellungsdotierungen, aus denen sich der Stand der Rückstellung zum Ende des Wirtschaftsjahres 1999 (1998/1999) zusammensetzen kann:
Steuerwirksam | Steuerunwirksam | |
Rückstellungsbildung bis 1993; keine Auflösung vorgenommen (= fortgeschriebener Rückstellungsstand 31. Dezember 1993) | X | |
Rückstellungsbildung bis 1993; Auflösung vorgenommen, keine Wiederaufnahme durchgeführt | X | |
Rückstellungsbildung bis 1993; Auflösung vorgenommen, im Zuge der Wiederaufnahme wieder rückgängig gemacht (= fortgeschriebener Rückstellungsstand 31. Dezember 1993) | X | |
Dotierungen der Jahre 1994 bis 1998 (einschließlich der Nachholung gemäß Art. X Abs. 1 RLG)x) | X | |
Dotierung des Jahres 1999 | X |
x)ausgenommen Dotierungen bei den Anlassfällen des VfGH-Verfahrens
3439
Für die Berechnung des steuerwirksamen und des steuerunwirksamen Anteiles der zum Ende des Wirtschaftsjahres 1999 (1998/1999) bestehenden Jubiläumsgeldrückstellung(en) ist von folgender vereinfachter Formel auszugehen:
Summe der Rückstellungsstände zum Ende des Wirtschaftsjahres 1999 (1998/1999)
abzüglich der steuerwirksamen Dotierungen des Jahres 1999 (1998/1999)
abzüglich Summe der fortgeschriebenen Rückstellungsstände zum Ende des Wirtschaftsjahres 1993 (1992/1993)
Ergebnis höher als 0 = steuerunwirksamer Sockelbetrag (siehe Rz 3440 ff)
Ergebnis niedriger als 0 = steuerwirksamer Mehrbetrag (siehe Rz 3444)
Beispiel 1:
Der Rückstellungsstand zum 31.12.1993 von 400.000 S wird fortgeschrieben; der Rückstellungsstand zum 31.12.1999 beträgt 650.000 S. Im Jahr 1999 wären (fiktiv) 100.000 S zu dotieren.
Der steuerwirksame bzw. steuerunwirksame Anteil an dieser Rückstellung beträgt daher:
Stand 31.12.1999 | 650.000 |
minus Dotierung 1999 | 100.000 |
minus Stand 31.12.1993 | 400.000 |
steuerunwirksamer Sockelbetrag | +150.000 |
Beispiel 2:
Der Rückstellungsstand zum 31.12.1993 von 400.000 S wird fortgeschrieben; der Rückstellungsstand zum 31.12.1999 beträgt 350.000 S. Im Jahr 1999 wären (fiktiv) 50.000 S zu dotieren.
Der steuerwirksame bzw. steuerunwirksame Anteil an dieser Rückstellung beträgt daher:
Stand 31.12.1999 | 350.000 |
minus Dotierung 1999 | 50.000 |
minus Stand 31.12.1993 | 400.000 |
steuerwirksamer Mehrbetrag | -100.000 |
8.7.3.4 Verteilung des steuerunwirksamen Rückstellungsteiles
3440
Grundsätzlich ist ein steuerneutral gebildeter Rückstellungsteil auch steuerneutral aufzulösen. Zur vereinfachten (Fort-)Führung des nicht gewinnwirksam gebildeten Rückstellungsteiles bestehen keine Bedenken, den zum Ende des Wirtschaftsjahres 1999 (1998/1999) für alle Jubiläumsgeldverpflichtungen in Summe bestehenden steuerunwirksamen Sockelbetrag beginnend ab dem Veranlagungsjahr 1999 auf einen angenommenen durchschnittlichen Zeitraum der Jubiläumsgeldzahlungen von mindestens 15 Jahren gleichmäßig verteilt abzuschreiben. Die gewinnmindernde Verteilung des Sockelbetrages ist losgelöst von der (weiteren) Entwicklung der Jubiläumsgeldrückstellungen vorzunehmen.
3441
Im Falle einer Betriebsaufgabe oder einer entgeltlichen Betriebsübergabe sind die noch offenen Fünfzehntelbeträge im Rahmen des laufenden Gewinnes sofort abzusetzen. Bei einer Teilbetriebsaufgabe bzw. -veräußerung kommt es insoweit zu einem Sofortabzug der offenen Fünfzehntelbeträge, als sie auf Arbeitnehmer entfallen, die von der Teilbetriebsaufgabe bzw. -veräußerung erfasst werden.
3442
Wird der Betrieb unentgeltlich oder nach dem Umgründungssteuergesetz mit Buchwertfortführung übertragen, dann sind die Fünfzehntelabsetzungen vom Rechtsnachfolger fortzuführen.
3443
Auf Grund der Steuerwirksamkeit der Auflösung des Sockelbetrages sind im Gegenzug auch die Rückstellungsauflösungen zur Gänze steuerwirksam. Fällt daher ein Rückstellungsgrund (teilweise) weg, sind die (entsprechenden) Rückstellungsbeträge zur Gänze gewinnerhöhend aufzulösen (zB bei Ausscheiden eines Arbeitnehmers oder bei Absinken des Jubiläumsgeldes durch Verringerung der Arbeitszeit).
Beispiel:
Siehe Beispiel 1 in Rz 3439: Der steuerunwirksame Sockelbetrag kann auf die Veranlagungsjahre 1999 bis 2013 verteilt mit jährlich 10.000 S gewinnmindernd abgeschrieben werden.
8.7.3.5 Auflösung des „steuerwirksamen Mehrbetrages“
3444
Liegt zum Ende des Wirtschaftsjahres 1999 (1998/1999) ein steuerwirksamer Mehrbetrag vor, so ist die Auflösung dieses Mehrbetrages zu diesem Zeitpunkt „nachzuholen“.
Beispiel:
Siehe Beispiel 2 in Rz 3439: Der steuerwirksame Mehrbetrag von 100.000 S ist zum 31.12.1999 gewinnerhöhend aufzulösen.
8.7.3.6 Auflösung der zum Ende des Wirtschaftsjahres 1993 (1992/1993) bestehenden Jubiläumsgeldrückstellungen
3445
Nach Art. I Z 64 Steuerreformgesetz 1993 (StRefG 1993), BGBl. Nr. 818/1993, waren Rückstellungen, die für Zwecke der steuerlichen Gewinnermittlung gebildet worden waren und § 9 EStG 1988 idF StRefG 1993 nicht entsprachen, mit jenem Betrag aufzulösen, mit dem die Rückstellungen im Jahresabschluss für das letzte vor dem 1.Jänner 1994 endende Wirtschaftsjahr angesetzt wurden. Die gewinnerhöhende Auflösung war in jenen Wirtschaftsjahren vorzunehmen, die auf das letzte vor dem 1.Jänner 1994 endende Wirtschaftsjahr folgen, somit in den Jahren 1994 bis 1997. In dem nach dem 31. Dezember 1995 endenden Wirtschaftsjahr waren mindestens 50% des zu Beginn dieses Wirtschaftsjahres noch vorhandenen Rückstellungsbetrages aufzulösen.
3446
Im Hinblick auf die Möglichkeit der Bildung von Jubiläumsgeldrückstellungen ab der Veranlagung 1999 wurde mit dem AbgÄG 1998 (§ 124b Z 33 lit. b EStG 1988) die zwingende Auflösung früher gebildeter Jubiläumsgeldrückstellungen wiederum aufgehoben. Wurde in endgültig rechtskräftig veranlagten Fällen eine Auflösung derartiger Rückstellungen vorgenommen, so sind diese auf Antrag des Steuerpflichtigen wieder aufzunehmen. Dieser Antrag war bis zum 30. Juni 1999 zu stellen.
Für den Wiederaufnahmeantrag im Sinne des § 124b Z 33 lit. b EStG 1988 gelten – abgesehen von der besonderen Antragsfrist – die allgemeinen Voraussetzungen der §§ 303 bis 307 BAO. § 303a BAO verlangt, dass ein Wiederaufnahmeantrag das (die) Verfahren zu bezeichnen hat, dessen (deren) Wiederaufnahme beantragt wird, die Umstände anzugeben hat, auf die der Antrag gestützt wird, sowie jene Angaben zu machen hat, die für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit notwendig sind; andernfalls ist die Abgabenbehörde verpflichtet, die Behebung der Mängel unter Setzung einer angemessenen Frist aufzutragen.
Gründete sich ein Wiederaufnahmeantrag auf § 124b Z 33 lit. b EStG 1988, so kann er – auch ohne spezifische Erwähnung – nur das Ziel verfolgen, die in bestimmten Jahren vorgenommenen Auflösungen früher gebildeter Jubiläumsgeldrückstellungen zur Gänze zurückzunehmen. Es ist (war) daher ausreichend, in diesem Antrag lediglich die Verfahren zu bezeichnen, die wieder aufgenommen werden sollen. Die Beurteilung der Rechtzeitigkeit des Anbringens beschränkt sich auf die Beachtung der nicht verlängerbaren Fallfrist 30. Juni 1999. Ein Mängelbehebungsauftrag darf daher nur dann erlassen werden, wenn die Verfahren, deren Wiederaufnahme beantragt wird, nicht genannt sind. Dieser Antrag kann – wie jeder andere Wiederaufnahmeantrag – bis zur Rechtskraft der Entscheidung zurückgezogen werden.
8.7.3.7 Ausgliederung von Jubiläumsgeldverpflichtungen
3446a
Zur Ausgliederung von Jubiläumsgeldverpflichtungen siehe Rz 3369a.
8.8 ABC der Rückstellungen
Abbruchkosten
3447
Für konkret erwartete Aufwendungen (zB auf Grund öffentlich-rechtlicher Verpflichtung) sind Rückstellungen zu bilden (vgl. Entfernungspflicht, Miet- und Pachtverhältnis, Abschnitt 8.2.1). Nicht umfasst von der Höhe der Rückstellung ist der Wertverlust der abgebrochenen (entfernten) Anlagen, sondern lediglich die Höhe der zu erwartenden Aufwendungen für den Abbruch und die Beseitigung (vgl. Baustellenräumung, Rz 3458). Wird die Verpflichtung übernommen, bei Einstellung des Liftbetriebes eines Seilbahnunternehmens die Liftanlagen abzutragen und den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen, ist eine Ansammlungsrückstellung gerechtfertigt (VwGH 30.4.2015, 2011/15/0198).
Die Ansammlung hat über die Betriebszeit bis zum „voraussichtlichen Abbau der Anlagen“ zu erfolgen; der Ansammlungszeitraum hängt somit vom Konzessionszeitraum ab. Sollte im Zeitpunkt der Dotierung der Rückstellung eine Verlängerung der Konzession für eine Seilbahn aber wahrscheinlicher sein als eine Nichtverlängerung, ist von einer Verlängerung auszugehen, wodurch sich der Ansammlungszeitraum auch entsprechend verlängert.
Abfertigungen
3448
Rückstellungen für gesetzliche oder kollektivvertragliche Abfertigungsansprüche sind ausschließlich im Rahmen des § 14 EStG zulässig (siehe Rz 3330 ff).
Abraumarbeiten
3449
Rückstellungen, die nach Art einer Rechnungsabgrenzung sowohl zu aktiv- als auch zu passivseitigen Positionen führen können, zählen nicht zu den steuerunwirksamen Aufwandsrückstellungen. Darunter fallen auch Rückstellungen für rückständige Abraumbeseitigung. Hängen die Abräumarbeiten wirtschaftlich mit der Erzielung künftiger Erträge zusammen (Beseitigung unbrauchbarer Gesteinsschichten, um an darunter liegende Schichten zu gelangen), scheidet eine Rückstellung aus (vgl. VwGH 26.5.2004, 2000/14/0181; siehe auch Umweltschäden, Rz 3519).
Abschlussprüfung einer Kapitalgesellschaft oder einer Genossenschaft
3450
Aufwände für die gesetzliche Verpflichtung zur Erstellung eines Jahresabschlusses (einschließlich der Kosten der gesetzlichen Pflichtprüfung des Jahresabschlusses und seiner Veröffentlichung sowie Pensionsgutachten) sind rückstellungsfähig, soweit sie das abeglaufene Wirtschaftsjahr betreffen (vgl. VwGH 15.12.1961, 2321/60; VwGH 9.12.1992, 89/13/0048). Kosten einer freiwilligen Prüfung sind nicht rückstellbar. Für die Höhe der Rückstellung sind die internen „Zusatzkosten“ (zB Überstundenentlohnung uÄ, maximal im Ausmaß vergleichbarer Fremdkosten) und externen Kosten heranzuziehen. Nicht zu berücksichtigen sind laufende interne Kosten, die allgemeine Geschäftskosten darstellen (VwGH 13.4.2005, 2001/13/0122).
Absiedlungsbeihilfen
3451
Von Gebietskörperschaften auf Grund einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung (Gesetz, Verordnung, Bescheid) an Bestandnehmer geleistete Beihilfen für die vorzeitige Aufgabe von Bestandrechten sind in gleicher Höhe als Rückstellung für vorbelastete Einnahmen zu berücksichtigen. Die Höhe der Rückstellung umfasst auch die Umsiedlungskosten.
Altfahrzeuge, Rücknahme und Verwertung
3451a
Für Verpflichtungen der Hersteller oder Importeure zur Rücknahme und Verwertung von Altfahrzeugen gemäß § 5 der auf Grund von § 14 Abs. 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 102/2002, erlassenen Altfahrzeugeverordnung vom 6.11.2002, BGBl. II Nr. 407/2002, sind erstmals für das nach dem 5. November 2002 endende Wirtschaftsjahr Rückstellungen zu bilden.
Das Jahr der wirtschaftlichen Verursachung und somit das Jahr der Rückstellungsbildung ist bei künftigen Neufahrzeugen regelmäßig jenes Jahr, in dem jener Tatbestand erfüllt wird, der zur späteren Rücknahme bzw. Kostenübernahmeverpflichtung führt. Dies wird in der Regel der Zeitpunkt sein, in dem Fahrzeuge gegen Entgelt in den Verkehr gebracht werden.
Soweit sich diese Verpflichtungen auf Fahrzeuge beziehen, die vor dem 1. Juli 2002 in Verkehr gebracht wurden, ist der Unterschiedsbetrag zwischen der Rückstellung und dem Betrag, der sich bei Ansammlung der Rückstellung in gleichmäßig bemessenen Jahresraten ergibt, als gesonderter Aktivposten in der Bilanz auszuweisen. Dabei ist ein Ansammlungszeitraum zugrunde zulegen, der mit dem nach dem 5. November 2002 endenden Wirtschaftsjahr beginnt und mit dem letzten vor dem 1.Jänner 2007 endenden Wirtschaftsjahr endet (§ 124b Z 86 EStG 1988).
Die Rückstellung kann in Höhe der in Zukunft voraussichtlich anfallenden Kosten der zu erwartenden Rücklaufquote ermittelt werden.
Hersteller oder Importeure können die Verpflichtungen je Marke gesamthaft an ein Sammel- und Verwertungssystem für Altfahrzeuge vertraglich überbinden, wodurch diese Verpflichtungen auf den Betreiber dieses Systems übergehen (§ 5 Abs. 2 Altfahrzeugeverordnung, BGBl. II Nr. 407/2002).
Randzahl 3451b: entfällt
Altlastensanierung
3452
Siehe Umweltschäden, Rz 3519
Arbeitgeberhaftung
3453
Nicht rückstellungsfähig – auch bei hoher Wahrscheinlichkeit des Schadenseintrittes – ist gemäß § 9 Abs. 3 EStG 1988 idF vor COVID-19-StMG die mögliche Haftung des Arbeitgebers dem Arbeitnehmer gegenüber für Schäden, die dieser beim Einsatz von eigenen Arbeitsmitteln erleidet (zB Unfallschäden), da es sich dabei um eine Pauschalrückstellung handelt. Erst bei Eintritt des Schadensfalles ist die Bildung einer Rückstellung bzw. das Passivieren der Verbindlichkeit vorzunehmen. Zur Möglichkeit der pauschalen Rückstellungsbildung gemäß § 9 Abs. 3 EStG 1988 idF COVID-19-StMG für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2020 beginnen, siehe jedoch Rz 3315 und 3319.
Aufwandsrückstellungen
3454
Siehe Rz 3327 ff.
Ausgleichsansprüche der Konzerngesellschaft
3455
Zwischen Konzernbetrieben (Produktionsgesellschaft und Vertriebsgesellschaft) vertraglich vereinbarte Ausgleichsansprüche für Verluste infolge hoher Produktentwicklungskosten sind rückstellungsfähig, weil am Stichtag ein rechtlicher Leistungszwang besteht. Ein faktischer Leistungszwang reicht für die Bildung einer Rückstellung nicht aus.
Ausschüttungsvorbehaltene Genussrechtsverbindlichkeiten
3456
Im Falle der Beteiligung am Ergebnis und an der Substanz eines Wirtschaftsgutes der die Genussrechte emittierenden Körperschaft ist kein Substanzgenussrecht iSd § 8 Abs. 3 Z 1 KStG 1988 gegeben. Der Anspruch der Genussberechtigten ist als steuerlich abzugsfähiger Aufwand zu behandeln und führt bei den Empfängern, soweit er natürliche Personen oder Körperschaften mit steuerpflichtigen Kapitaleinkünften betrifft, zur Endbesteuerung.
Die Beteiligung an einem Wirtschaftsgut ändert dem Grunde nach nichts an der Eigentümerstellung der die Genussrechte emittierenden Körperschaft. Sie hat das Wirtschaftsgut zu aktivieren, sämtliche mit dem Wirtschaftsgut zusammenhängenden Vermögensveränderungen, Aufwendungen und Erträge sind nach allgemeinem Ertragsteuerrecht zu beurteilen. Es ist ihr daher das Engagement steuerlich so zuzurechnen, als ob es keine Genussberechtigten gäbe.
Getrennt davon ist die Beziehung zu den Genussberechtigten zu beurteilen. Das aufgebrachte Genussrechtskapital ist als Fremdkapital anzusehen, die Verzinsung dieses Kapitals führt nach Maßgabe der Genussrechtsbedingungen jährlich zu einer steuerwirksamen Verbindlichkeit gegenüber den Genussberechtigten in Höhe des ihnen zustehenden Beteiligungsergebnisses. Sollten die Bedingungen einen Ausschüttungsvorbehalt vorsehen, kommt es im Jahr einer späteren Fälligstellung zu einer entsprechenden Erhöhung der Verbindlichkeit. Ob und wieweit demgegenüber eine vorherige Berücksichtigung im Wege einer Verbindlichkeit oder Rückstellung in Betracht kommt, hängt von den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung und einkommensteuerlichen Vorschriften ab.
Batterienrecycling
3456a
Stehen mit der Verpflichtung, für die eine Rückstellung zu bilden ist, künftige wirtschaftsgutähnliche Vorteile in einem unmittelbaren Kausalzusammenhang, gebietet die vernünftige unternehmerische Beurteilung eine verlustkompensierende Berücksichtigung dieser Vorteile bei der Rückstellungsbewertung. Nimmt ein Batteriehersteller die gelieferten Batterien zum Recycling zurück, entsteht mit der Lieferung an die Recyclinggesellschaft ein Anspruch auf den Kaufpreis für die Altbatterien. In den Altbatterien ist Blei enthalten, das recycelt wird. Der daraus resultierende Vorteil steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Rücknahmeverpflichtung und ist verlustkompensierend zu berücksichtigen (VwGH 20.12.2016, Ro 2014/15/0012).
Bausparkassen
3457
Die Bildung einer Rückstellung wegen Einschränkungen der staatlichen Förderungen bei bestehenden niedrig verzinsten Anleihen ist ebenso unzulässig wie die Bildung einer Rückstellung für Verwaltungskosten bei der Darlehensvergabe (VwGH 27.6.1989, 88/14/0126).
Baustellenräumung
3458
Für die Verpflichtung der Baustellenräumung nach Beendigung der Fertigstellung ist im Ausmaß der voraussichtlichen Räumungskosten eine Rückstellung zu bilden.
Betriebsbereitschaft bzw. Baukostenzuschuss
3459
Verpflichtungen eines Elektrizitätsunternehmens zur Aufrechterhaltung der Betriebsbereitschaft und der Stromlieferungsverpflichtung gegen Leistung eines Baukostenzuschusses sind nicht rückstellungsfähig. Zum Ausweis eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens siehe Rz 2404.
Betriebsprüfung
3460
Kosten der Betriebsprüfung sind mangels Konkretisierbarkeit ebenso wenig rückstellungsfähig wie Steuernachforderungen im Zuge einer Betriebsprüfung. Die Bildung einer Rückstellung für die Mehraufwendungen, die allenfalls durch die Administration einer (ungewissen) Betriebsprüfung in einem zukünftigen Jahr verursacht werden könnten, ist unzulässig, da sowohl der Grund als auch die Höhe der Schuld ungewiss ist.
Betriebsübergang
3461
Wenn bei Bemessung des Kaufpreises dem Grunde nach betrieblich veranlasste Rückstellungen berücksichtigt werden, die zwar unternehmensrechtlich, nicht aber steuerrechtlich anerkannt werden (etwa Aufwandsrückstellungen), hat der Betriebserwerber in Höhe des übernommenen Rückstellungsbetrages einen Passivposten anzusetzen. Dieser ist mit den entsprechenden Aufwendungen erfolgsneutral zu verrechnen, andernfalls erfolgswirksam aufzulösen. Beim Veräußerer ergibt sich ein um den Rückstellungsbetrag geringerer Veräußerungsgewinn.
Hinsichtlich des Übergangs von Abfertigungs-, Pensions- und Jubiläumsgeldverpflichtungen siehe Rz 3345 ff, 3398 ff und 3433 ff.
Betriebsübersiedlung
3462
Aufwendungen einer zukünftigen Betriebsübersiedlung sowie die dafür erforderlichen Kosten sind auch im Falle der betrieblichen Notwendigkeit der Übersiedelung nicht rückstellungsfähig (vgl. Umzugskosten, Rz 3521).
Brandmeldeanlagen
3462a
Für den behördlich auferlegten Einbau einer Brandmeldeanlage darf keine Rückstellung gebildet werden, weil die Kosten für die Brandmeldeanlage aktivierungspflichtigen Herstellungsaufwand darstellen (VwGH 26.5.2004, 99/14/0261).
Bürgschaften
3463
Droht (ernstlich) die Inanspruchnahme aus einer Bürgschaftserklärung und besteht keine ausreichende Regressmöglichkeit des Bürgen beim Schuldner, so ist dafür eine Rückstellung zu bilden. Das Geltendmachen der Schuld durch den Gläubiger bzw. die Fälligkeit stellt keine Voraussetzung für die Bildung der Rückstellung dar. Ist die Inanspruchnahme aus der Bürgschaft hingegen (absolut) sicher, so ist eine Verbindlichkeit auszuweisen (VwGH 24.11.1987, 87/14/0154). Eine Inanspruchnahme droht nicht, wenn der Hauptschuldner zahlungskräftig ist und dem Bürgen die rechtzeitige Erfüllung seiner Verbindlichkeit in einer objektiv ernst zu nehmenden Weise zugesichert hat (VwGH 13.9.1988, 87/14/0132).
Wenn aber ein Abgabepflichtiger im Falle der Bildung einer Rückstellung wegen einer drohenden Inanspruchnahme (zB aus dem Titel einer bestehenden Bürgschaft) gegen einen Dritten einen Regressanspruch hat, dann ist dieser zu aktivieren. Ist die Einbringlichkeit der Regressforderung nicht gefährdet, wirkt sich die Bildung der Rückstellung nicht gewinnmindernd aus, weil deren Auswirkungen durch die Aktivierung der Regressforderung kompensiert werden (VwGH 30.9.1987, 86/13/0153).
Ist ein Gesellschafter im Zusammenhang mit seiner Gesellschafterstellung eine Bürgschaftsverpflichtung für Schulden der Gesellschaft eingegangen und erbringt er auf Grund dieser Verpflichtung eine Leistung, so ist darin eine Einlage iSd § 4 Abs. 1 EStG 1988 zu erblicken (VwGH 20.11.1996, 96/15/0004). Die Inanspruchnahme des Gesellschafters aus dieser Bürgschaft führt sohin nicht zu Betriebsausgaben, sondern zu Einlagen. Daher darf die drohende Inanspruchnahme nicht durch eine – im Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters auszuweisende – steuerliche Rückstellung berücksichtigt werden. Die bevorstehende Verpflichtung zur Leistung einer Einlage iSd § 4 Abs. 1 EStG 1988 ist nicht rückstellungsfähig (VwGH 17.12.1998, 97/15/0122).
Einsatzverpflichtung
3464
Für Verpflichtung, gegen Einsatz überlassene Wirtschaftsgüter (Paletten, Gebinde, Flaschen usw.) wieder zurückzulösen, sind Rückstellungen in der Höhe zu bilden, in der die Inanspruchnahme tatsächlich droht, dh. im Ausmaß zwischen der Rücknahmeverpflichtung und dem Wert der übernommenen Wirtschaftsgüter.
Emissionszertifikate
3464a
Zur Rückstellungsbildung für den im abgelaufenen Wirtschaftsjahr nicht durch Emissionszertifikate gedeckten CO2-Ausstoß oder wegen einer drohenden Sanktionszahlung siehe Rz 2394d.
Entfernungspflicht
3465
Für Entfernungsaufwendungen (zB auf Grund öffentlich-rechtlicher Verpflichtung) sind Rückstellungen in dem Wirtschaftsjahr zu bilden, in dem die Inanspruchnahme nachweislich konkret wird. Nicht umfasst von der Höhe der Rückstellung ist der Wertverlust der entfernten Anlagen, sondern lediglich die Höhe der zu erwartenden Aufwendungen für die Beseitigung. Zu Abbruchkosten siehe Rz 3447.
Entsorgungspflicht
3466
Eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung kann Gegenstand einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten sein, wenn die Verpflichtung nach ihrem Inhalt und insbesondere ihrem Entstehungszeitpunkt hinreichend konkretisiert ist. Dies ist anzunehmen, wenn die Verpflichtung unmittelbar auf dem Gesetz oder auf einem besonderen Verwaltungsakt beruht und wenn an die Verletzung der öffentlich-rechtlichen Verpflichtung Sanktionen geknüpft sind. Die Rückstellung ist zu bilden, wenn die Leistungspflicht dem Entstehungsgrund und der Leistungsart gesetzlich in dem Maße vorgezeichnet ist, dass sie absehbar und abschätzbar, sowie ihre bescheidmäßige Anforderung zufolge Tatbestandsverwirklichung zulässig und geboten ist.
Erdölbevorratung
3467
Für die allfälligen Kosten der Erdölbevorratung auf Grund des Erdölbevorratungsgesetzes sind Rückstellungen zu bilden (§ 3 Abs. 1 ErdölbevorratungsG). Davon ausgeschlossen sind die Anschaffungskosten der Vorräte selbst.
Ergebnisabführungsvertrag
3468
Für künftig zu tragende Verluste der Organgesellschaft ist beim Organträger die Bildung einer Rückstellung unzulässig.
Erneuerungspflicht des Mieters
3469
Die Zulässigkeit der Rückstellung liegt im Bestandsverhältnis begründet. Ist bei dessen Beendigung der Bestandnehmer verpflichtet, den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen, so ist eine Rückstellung hiefür zu bilden (vgl. analog Miet- und Pachtverhältnisse, Rz 3489).
Randzahl 3470: derzeit frei
Forderungsüberwachung
3471
Nicht rückstellungsfähig sind Aufwände der Forderungskontrolle, Einziehung und Verbuchung, weil diese allgemeine Geschäftskosten darstellen und ausschließlich jenes Jahr betreffen, in dem sie entstanden sind.
Forderungsverzicht
3472
Ein auflösend bedingter Forderungsverzicht des Gläubigers berechtigt den Schuldner zur Bildung einer Rückstellung, sobald mit dem Eintritt der Bedingung zu rechnen ist.
Funktionsprüfungen – Wartungsintervalle
3473
Kosten für in regelmäßigen Zeitabständen notwendige öffentlich-rechtliche Kontrollen, sind als künftiger Aufwand nicht rückstellungsfähig. Dies gilt auch dann, wenn die Verpflichtung dazu im vergangenen Wirtschaftsjahr entstanden ist, die Frist dagegen erst im folgenden Jahr abläuft; Gegenstand der Prüfung ist nicht die Funktionsfähigkeit im abgelaufenen Wirtschaftsjahr, sondern die Funktionsfähigkeit im Zeitpunkt der Kontrolle. Ist die Frist abgelaufen, ohne dass die Anlage geprüft wurde, dann wird eine Rückstellung zu bilden sein.
Garantie- und Gewährleistungsrückstellung
3474
Rückstellungen für Garantie- und Gewährleistungsverpflichtungen dürfen gemäß § 9 Abs. 3 EStG 1988 idF vor COVID-19-StMG ausschließlich für den Einzelfall und nur in Höhe der ernstlich, mit größter Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Haftung gebildet werden. Die bloße Möglichkeit der Inanspruchnahme aus einem Garantiefall kann nicht mit seiner Wahrscheinlichkeit gleichgesetzt werden. Die Bildung von Pauschalrückstellungen ist unzulässig (siehe Rz 3319); zur Möglichkeit der pauschalen Rückstellungsbildung gemäß § 9 Abs. 3 EStG 1988 idF COVID-19-StMG für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2020 beginnen, siehe jedoch Rz 3315 und 3319.
Genussrechtsverpflichtungen
3475
Vgl. Ausschüttungsvorbehaltene Genussrechtsverbindlichkeiten, Rz 3456.
Gestionsrisiken
3476
Allfällige (Schadenersatz-)Ansprüche, die der Gesellschaft durch ihre Gesellschaftsorgane (Geschäftsführer, Vorstandsmitglieder) aus Verletzung der Sorgfaltspflicht bei der Besorgung ihrer Aufgaben verursacht werden können, sind nicht rückstellungsfähig, da es sich um gemäß § 9 Abs. 3 EStG 1988 idF vor COVID-19-StMG unzulässige Pauschalrückstellungen handelt; zur Möglichkeit der pauschalen Rückstellungsbildung gemäß § 9 Abs. 3 EStG 1988 idF COVID-19-StMG für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2020 beginnen, siehe jedoch Rz 3315 und 3319.
Gewinnbeteiligungszusagen und Leistungsprämienzusagen
3477
Derartige Zusagen sind rückstellungsfähig, wenn am Bilanzstichtag eine rechtliche Verpflichtung gegenüber den Mitarbeitern bestand. Wird erst im Zuge der Bilanzerstellung die Auszahlung von Gewinnbeteiligung bzw. Leistungsprämien beschlossen, ist die Bildung einer Rückstellung ausgeschlossen (VwGH 11.12.1990, 89/14/0109), da ein wertändernder und nicht werterhellender Umstand vorliegt.
Gleitzeitüberlänge
3478
Siehe Urlaubsrückstellung, Rz 3523 (sinngemäß).
GSVG-Beiträge
3478a
Rückstellungen können nach § 9 Abs. 1 EStG 1988 nur gebildet werden für Anwartschaften auf Abfertigungen, laufende Pensionen und Anwartschaften auf Pensionen, sonstige ungewisse Verbindlichkeiten und drohende Verluste aus schwebenden Geschäften. Was unter das Tatbestandselement „sonstige ungewisse Verbindlichkeiten“ fällt, richtet sich nach dem Steuerrecht und nicht nach dem Unternehmensrecht, da es keinen Verweis auf eine unternehmensrechtliche Norm gibt. Zu den Betriebsausgaben gemäß § 4 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 zählen unter anderem Beiträge des Versicherten zur Pflichtversicherung in der gesetzlichen Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung. Bei der Nachentrichtung von GSVG-Beiträgen handelt es sich somit um eine Drittverpflichtung, bei der das Bestehen konkreter Umstände am Bilanzstichtag nachgewiesen werden kann, nach denen mit dem Vorliegen oder dem Entstehen dieser Verbindlichkeit zu rechnen ist. Die Voraussetzungen für die Bildung einer Rückstellung iSd § 9 Abs. 3 EStG 1988 sind daher erfüllt.
Unternehmensrechtlich dürften die GSVG-Beiträge hingegen weder abzugs- noch rückstellungsfähig sein, da es sich um Aufwendungen des Unternehmers und nicht des Unternehmens handelt. Dem unternehmensrechtlichen Abzugsverbot steht somit eine steuerrechtliche Abzugspflicht gegenüber, weswegen kein Fall einer Maßgeblichkeit der UGB-Bilanz für die Steuerbilanz vorliegt. Sowohl der § 5 als auch der § 4 Abs. 1 EStG 1988 – Ermittler kann daher von einem Passivierungswahlrecht Gebrauch machen; eine Passivierungspflicht besteht dann, wenn der Steuerpflichtige mit der Rückstellungsbildung für GSVG-Beiträge begonnen hat (EStR 2000 Rz 3305).
Gutscheinmünzen
3479
Die Einlöseverpflichtung für umlaufende Gutscheinmünzen begründet eine „echte“ Verbindlichkeit im Ausmaß der drohenden Belastung und keine Rückstellung.
Handelsvertreter
3480
Ausgleichsansprüche des Handelsvertreters nach § 24 HVertrG 1993 entstehen erst mit Beendigung des Vertretungsverhältnisses. Eine Rückstellung für Ausgleichsansprüche vor Lösung des Vertretungsverhältnisses ist nicht möglich. Die Ausgleichsansprüche gelten künftig entgehende Provisionen ab und betreffen nicht in der Vergangenheit entstandene Ansprüche (VwGH 27.11.2001, 2001/14/0081; VwGH 29.3.2006, 2001/14/0214).
Heimfallsrechte
3481
Diese Rückstellung kommt nur für Aufwendungen anlässlich des Heimfalls, nicht hingegen für die Vermögensrückstellung, in Betracht. Bei Mieterinvestitionen, die nach Ablauf des (zeitlich begrenzten) Bestandsvertrages dem Vermieter heimfallen, kommt es beim abnutzbaren Anlagevermögen gegebenenfalls zu einer Verkürzung der Nutzungsdauer. Gleiches gilt für den Heimfall eines auf Grund eines (zeitlich begrenzten) Baurechtes errichteten Gebäudes nach Ablauf der Baurechtszeit an den Grundstückseigentümer.
Investitionszuschüsse
3482
Ist die Rückzahlung eines Investitionszuschusses vertraglich vereinbart, so liegt keine Rückstellung, sondern eine Verbindlichkeit vor. Ist ungeachtet des Fehlens einer diesbezüglichen Vereinbarung mit der Rückforderung ernsthaft zu rechnen, muss eine Rückstellung in der Bilanz ausgewiesen werden. Ist am Bilanzstichtag (noch) nicht sicher, ob der Zuschuss als solcher nicht rückzahlbar ist oder in ein Darlehen umgewandelt wird, ist dafür ebenfalls eine Rückstellung zu bilden.
Jahresabschlusskosten
3483
Siehe Abschlussprüfung, Rz 3450.
Jubiläumsgelder
3484
Zuwendungen anlässlich eines Dienstjubiläums dürfen lediglich nach Maßgabe des § 14 Abs. 12 EStG 1988 gebildet werden. Unzulässig ist die Bildung einer Rückstellung für Firmenjubiläen (§ 9 Abs. 4 EStG 1988). Im Übrigen siehe Rz 3422.
Konventionalstrafe
3484a
Eine Rückstellung für Aufwendungen aus der drohenden Inanspruchnahme aus einer Konventionalstrafe setzt voraus, dass die Verwirklichung des Sachverhaltes, an den eine Konventionalstrafe geknüpft ist, vor dem Bilanzstichtag gesetzt wurde. Erst nach dem Bilanzstichtag gesetzte Schadenersatztatbestände eignen sich nicht als rechtliche Grundlage für die Bildung einer Rückstellung schon für diese Besteuerungsperiode (VwGH 29.11.2006, 2002/13/0176). Siehe auch „Schadenersatzansprüche“, Rz 3510.
Koppelungsgeschäfte
3485
Für drohende Verluste aus Koppelungsgeschäften ist ebenfalls eine Rückstellung anzusetzen (VwGH 7.2.1958, 2177/54). Auch für Nebenverpflichtungen aus Kompensationsgeschäften ist eine Rückstellung zulässig (VwGH 18.2.1954, 3018/52).
Kulanzleistungen
3486
Siehe Rz 3313 und 3319.
Leasing
3487
Eine Rückstellung des Leasinggebers für eine Beteiligung des Leasingnehmers am Verwertungserlös aus der Veräußerung des Leasinggutes nach erfolgter Beendigung des Leasingvertrages ist unzulässig.
Lehrlingsausbildung
3488
Schließt ein Unternehmer Lehrverträge unter üblichen Voraussetzungen ab, so kann davon ausgegangen werden, dass der Wert der Gegenleistung des Unternehmers nicht hinter den von ihm erwarteten Vorteilen zurückbleibt. Lehrverhältnisse werden nicht im allgemeinen oder auch nur überwiegenden Interesse des Lehrlings abgeschlossen, was sich schon aus der Lehrlingsbeschäftigung ohne gesetzliche Verpflichtung ergibt. Eine Rückstellung für drohende Verluste wäre nur dann anzuerkennen, wenn sich im Einzelfall nachweisen lässt, dass die dem Unternehmen zufließenden Vorteile hinter denen aus dem Vertrag erfließenden Verpflichtungen zurückbleiben (VwGH 17.3.1994, 91/14/0001; VwGH 27.6.2000, 97/14/0057).
Masseverwalter
3488a
Kosten für die Entlohnung des Masseverwalters sind beim Gemeinschuldner rückstellungsfähig (VwGH 16.2.2006, 2005/14/0033).
Miet- und Pachtverhältnis
3489
Die Zulässigkeit der Rückstellung liegt im Bestandsverhältnis begründet, wenn darin die Verpflichtung des Bestandnehmers statuiert ist, bei dessen Beendigung Inventar in gleicher Qualität und Höhe wieder zurückzustellen. Für die Vereinbarung der Zurückgabe von Umlaufvermögen ist eine Rückstellung zu Wiederbeschaffungskosten einzustellen. Rückstellungen für die bloße Möglichkeit einer Inanspruchnahme zur Räumung des Grundstückes – nach Ablauf des Mietvertrages auf Verlangen des Vermieters – reichen für die Passivierung künftiger Verbindlichkeiten nicht aus. Die Inanspruchnahme muss nach objektiv belegbaren Gesichtspunkten wahrscheinlich sein, es müssen also nach erkennbaren Tatsachen mehr Gründe dafür als dagegen sprechen.
Mietmehrkosten
3490
Bezahlt der Vermieter eine höhere Miete als er dem Untermieter weiterverrechnen kann, kommt der Differenzbetrag für eine Rückstellung in Betracht.
Mietzinsreserve
3491
Eine Rückstellung für eine Mietzinsreserve, selbst bei bestimmungsgemäßer Verwendung für notwendige Reparaturen, ist unzulässig, zumal allenfalls eine Aufwandsrückstellung vorliegen würde.
Montageüberwachung
3492
Im Zeitpunkt der Lieferung der Anlagen (Eigentumsübergang an den Abnehmer) ist der Gewinn in jedem Fall auszuweisen. Ein Hinausschieben der Gewinnverwirklichung wegen der noch ausstehenden Montageüberwachung über den Zeitpunkt des Eigentumsübergangs hinaus ist unzulässig. Für eine ausstehende Montageüberwachung ist bilanziell durch eine Rückstellung vorzusorgen.
Nachbetreuungskosten
3493
Nach Art der Gewährleistungsrückstellungen (im Einzelfall) sind Rückstellungen für vertragliche Verpflichtungen zur Nachbetreuung zu bilden. Dies trifft nicht zu, wenn die Nachbetreuungskosten Abnutzung und Verschleiß des Wirtschaftgutes betreffen.
Nachschusspflicht
3494
Wird zwischen einer GmbH und ihren Gesellschaftern vereinbart, dass die Gesellschafter bei ihrem Ausscheiden aus der GmbH dieser eine Vergütung in Höhe der hypothetischen Liquidationskosten zu leisten haben, so sind die Gesellschafter während ihrer Gesellschafterstellung mangels konkret drohender Verpflichtung nicht berechtigt, für diese künftige Belastung eine Rückstellung zu bilden (VwGH 22.4.1986, 84/14/0056).
Nachschusspflicht an Pensionskassen
3494a
Für mögliche Nachschussverpflichtungen an Pensionskassen aus leistungsorientierten Verträgen darf grundsätzlich keine Rückstellung gebildet werden, weil zum Bilanzstichtag die Verpflichtung im Einzelfall noch nicht hinreichend konkretisiert ist. Sollte bei Bilanzerstellung feststehen, dass eine Unterdeckung für das abgelaufene Wirtschaftsjahr weder aus der Schwankungsrückstellung der Pensionskasse bedient noch über höhere laufende Beiträge ausgeglichen werden kann, sodass eine Nachschussverpflichtung für das abgelaufene Wirtschaftsjahr konkret droht, kann auf Grundlage eines versicherungsmathematischen Gutachtens im betreffenden Ausmaß eine Rückstellung gebildet werden (VwGH 27.6.2012, 2008/13/0064).
Optionsgeschäfte
3495
Für den Stillhalter eines Optionsgeschäftes ist eine Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften zu bilden,
- wenn und so weit bei einer Call-Option der Kurs des Optionsgegenstandes am Bilanzstichtag über dem Basispreis liegt (Stillhalter verpflichtet sich, gegen eine Optionsprämie an den Optionsberechtigten zum vereinbarten Basispreis zu liefern),
- wenn und so weit bei einer Put-Option der Kurs des Optionsgegenstandes am Bilanzstichtag unter dem Basispreis liegt (Stillhalter verpflichtet sich, gegen eine Optionsprämie vom Optionsberechtigten zum vereinbarten Basispreis zu kaufen).
Die Höhe der Rückstellung bemisst sich als Unterschiedsbetrag zwischen Basispreis und Tagespreis abzüglich der Optionsprämie. Liegen Deckungsgeschäfte oder geschlossene Positionen vor, ist die Bildung einer Rückstellung nicht zulässig.
Patentrechtsverletzung
3496
Ist bei einer Patentverletzung die Geltendmachung des Anspruchs durch den Patentinhaber wahrscheinlich, kann eine Rückstellung gebildet werden (VwGH 15.6.1983, 1409/79).
Patronatserklärung
3496a
Erbringt ein Gesellschafter einer Mitunternehmerschaft aufgrund der Bürgschaftsverpflichtung für Schulden der Gesellschaft eine Leistung, ist darin eine Einlage iSd § 4 Abs. 1 EStG 1988 zu erblicken. Die bevorstehende Verpflichtung zur Leistung einer Einlage eignet sich nicht für eine Rückstellung (VwGH 22.10.2015, Ro 2014/15/0049).
Pauschalrückstellungen
3497
Siehe Rz 3319.
Pensionszusagen
3498
Rückstellungen für Pensionszusagen sind ausschließlich im Rahmen des § 14 EStG 1988 zulässig. Siehe Rz 3370 ff.
Produkthaftung
3499
Pauschalrückstellungen für Produkthaftungsrisiken sind gemäß § 9 Abs. 3 EStG 1988 idF vor COVID-19-StMG nicht gestattet. Einzelrückstellungen sind steuerlich anzuerkennen, wenn
- gegen den Hersteller (Importeur) bereits dem Grunde nach Ansprüche nach dem PHG geltend gemacht wurden, oder
- Fehlleistungen im Produktionsprozess in Verkehr gebrachter Produkte festgestellt werden und deshalb eine Produkthaftung wahrscheinlich ist.
Schließt der Unternehmer eine Produkthaftpflichtversicherung ab, ist die Rückstellung nur im Verhältnis der versicherten Summe zu der dem Produkthaftpflichtrisiko angemessenen Versicherungssumme zulässig. Bei vollem Versicherungsschutz des Unternehmers sowie bei einem durchsetzbaren Regressanspruch des Haftenden gegenüber dem „Vormann“ besteht keine Möglichkeit der Bildung einer Rückstellung.
Nach § 1 PHG haftet der Hersteller und Importeur. Der Händler haftet nur, wenn er dem Geschädigten den Hersteller bzw. den Importeur nicht nennt. Der Händler ist daher zur Bildung der Rückstellung nicht berechtigt, weil er sich im Regelfall von der Haftung befreien kann.
Zur Möglichkeit der pauschalen Rückstellungsbildung gemäß § 9 Abs. 3 EStG 1988 idF COVID-19-StMG für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2020 beginnen, siehe jedoch Rz 3315 und 3319.
Produktionsausschuss
3500
Der bei der Herstellung von Wirtschaftsgütern erfahrungsgemäß auftretende Ausschuss erhöht die Herstellungskosten für die funktionsfähigen Produkte und ist daher nicht rückstellungsfähig.
Provisionsverpflichtungen
3501
Rückstellungen für Provisionsverpflichtungen werden erst dann zulässig, wenn der Gewinn aus dem vermittelten Geschäft (Hauptgeschäft) realisiert wird. Droht aus dem Hauptgeschäft vor Gewinnrealisierung ein Gesamtverlust, so ist eine Rückstellung wegen drohender Verluste aus schwebenden Geschäften unter Einschluss der Provisionsverpflichtung zu bilden.
Prozesskosten
3502
Eine Rückstellung für Prozesskosten kann nur gebildet werden, wenn am Bilanzstichtag bereits ein Prozess anhängig und ernsthaft damit zu rechnen ist, dass dem Steuerpflichtigen durch den Ausgang des Prozesses besondere Aufwendungen (zB Gerichtskosten, Rechtsanwaltskosten) erwachsen, soweit sie auf das entsprechende Jahr entfallen (VwGH 30.9.1987, 86/13/0153; VwGH 26.4.2012, 2009/15/0158).
Rabatte, Skonti, Boni
3503
Werden nach dem Bilanzstichtag für am Bilanzstichtag bestehende Warenforderungen Rabatte, Skonti oder Boni geltend gemacht, sind die Forderungen am Bilanzstichtag entsprechend niedriger (um Rabatte, Boni und Skonti reduziert) zu bewerten.
Rechtsanwalts- und Beratungskosten
3504
Im abgelaufenen Wirtschaftsjahr erbrachte Beratungsleistungen sind als Verbindlichkeiten (allenfalls in geschätzter Höhe) auszuweisen, wenn es sich zumindest um abrechenbare Teilleistungen handelt; andernfalls sind Rückstellungen zu bilden.
Rechtsgeschäftsgebühren
3505
Vorgeschriebene Rechtsgeschäftsgebühren (zB Gesellschaftsverträge, Zessionsgebühren) sind Verbindlichkeiten.
Refinanzierungskosten
3506
Der Aufwand aus einer teureren Refinanzierung künftiger Darlehensforderungen ist nicht rückstellungsfähig (VwGH 27.6.1989, 88/14/0126), da Rückstellungen einen bereits entstandenen Aufwand ausweisen. Refinanzierungskosten, die die eigenen Zinseinnahmen übersteigen, sind erst dann rückstellungsfähig, wenn eine Unterdeckung vorliegt oder ernstlich droht.
Registrierungsverfahren
3507
Eine konkrete Verpflichtung zur Abdeckung von Kosten, die mit einem Registrierungsverfahren (zB Arzneimittel) verbunden sind, kann frühestens mit dem Zeitpunkt der Antragstellung auf Zulassung eintreten. Der Umstand, dass die Registrierungskosten im Jahr der Antragstellung noch nicht vorgeschrieben wurden, steht der Bildung einer entsprechenden Rückstellung grundsätzlich nicht entgegen, wohl aber eine allfällige Aktivierungspflicht der Registrierungskosten als Anschaffungs- oder Herstellungskosten.
Rekultivierung
3508
Aufwendungen für die (privat- oder öffentlich-rechtliche) Verpflichtung der Rekultivierung (zB Wiederauffüllung, Planierung) des eigenen oder eines fremden Grundstückes nach Abbau von Bodenschätzen (zB Schottergrube) sind rückstellungsfähig (zu Aufwendungen im Zusammenhang mit vorbelasteten Einnahmen siehe Rz 3303).
Rücktrittsrecht
3509
Verpflichtungen des Verkäufers zur Rückabwicklung des Kaufvertrages sind rückstellungsfähig, wenn die konkreten Umstände, nach denen die Rückabwicklung zu genau bestimmten Bedingungen und bis zu einem exakt bestimmten Zeitpunkt ernsthaft droht, nachweislich vorliegen.
Schadenersatzansprüche
3510
Ist der die vertragliche oder deliktische Schadenersatzpflicht auslösende Sachverhalt dem betrieblichen Bereich zuzuordnen und bis zum Bilanzstichtag gesetzt worden, bestehen aber noch Ungewissheiten über die Ersatzpflicht, sind die Voraussetzungen für eine Rückstellung gegeben, wenn die Ersatzpflicht ernsthaft droht. Pauschalrückstellungen dürfen gemäß § 9 Abs. 3 EStG 1988 idF vor COVID-19-StMG jedenfalls nicht gebildet werden; zur Möglichkeit der pauschalen Rückstellungsbildung gemäß § 9 Abs. 3 EStG 1988 idF COVID-19-StMG für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2020 beginnen, siehe jedoch Rz 3315 und 3319.
Im Fall eines Versicherungsschutzes ist die Rückstellung nur in Höhe des Selbstbehaltes zulässig. Eine Rückstellung wegen eines bereits gerichtlich geltend gemachten Schadenersatzanspruches ist bis zum Ergehen der rechtskräftigen Entscheidung (Urteil, Vergleich) in der Bilanz fortzuführen. Nicht zu berücksichtigen sind nach dem Bilanzstichtag gesetzte Schadenersatztatbestände. Zur Rückstellung für drohende Inanspruchnahme aus Konventionalstrafen siehe Rz 3484a.
Schadensrückstellungen
3511
Für noch nicht abgewickelte Schadensfälle haben Versicherungsunternehmen gemäß § 15 Abs. 1 KStG 1988 Rückstellungen zu bilden. Diese Bestimmung geht § 9 EStG 1988 vor.
Sonderzahlungen
3512
Siehe Urlaubsentgelt, Rz 3523.
Sozialplan
3513
Zukünftige Kosten eines Sozialplanes sind nicht als Rückstellung sondern als Verbindlichkeit anzusetzen, wenn für den Unternehmer die rechtliche Verpflichtung aus dem Sozialplan entstanden ist.
Rechtslage ab 1.3.2014:
Gemäß § 124b Z 254 EStG 1988 sind nur Zahlungen auf Grund von Sozialplänen, die vor dem 1. März 2014 abgeschlossen wurden, abzugsfähig. Zahlungen von später abgeschlossenen Sozialplänen unterliegen dem Abzugsverbot des § 20 Abs. 1 Z 8 EStG 1988 idF AbgÄG 2014, soweit sie dem Grunde nach sonstige Bezüge nach § 67 Abs. 6 EStG 1988 darstellen (VwGH 1.9.2015, 2012/15/0122; VwGH 21.9.2016, 2013/13/0102).
Steuerberatungskosten
3514
Im abgelaufenen Wirtschaftsjahr erbrachte Steuerberatungsleistungen sind als Verbindlichkeiten (allenfalls in geschätzter Höhe) auszuweisen, wenn es sich zumindest um abrechenbare Teilleistungen handelt; andernfalls sind Rückstellungen zu bilden. Künftige Steuerberatungskosten für das abgelaufene Jahr (Aufwände der Bilanzerstellung) sind ebenfalls rückstellungsfähig.
Im Gegensatz zur Abschlussprüfung sind Aufwendungen für Betriebsprüfungen nicht rückstellbar, da der Grund für den Aufwand nicht im abgelaufenen, sondern im Jahr der Betriebsprüfung liegt. Eine Rückstellung für Steuerberatungskosten für eine Bilanzberichtigung ist nicht möglich, sie sind dem Jahr anzulasten, in dem die Bilanzberichtigung erfolgt.
Steuerlasten, Steuerrückstellungen
3515
Rückstellungsfähig sind Aufwände für Betriebssteuern, sowie Rückstellungen für Betriebssteuern in Zusammenhang mit Betriebsprüfungen und Rechtsmittelverfahren.
Für Betriebssteuerschulden, die (noch) nicht als Verbindlichkeiten ausgewiesen werden können, besteht ertragsteuerrechtlich für Steuerpflichtige, die den Gewinn gemäß § 5 EStG 1988 ermitteln, Passivierungspflicht. Rückstellungen für Personensteuern (Körperschaftsteuer) – für Kapitalgesellschaften unternehmensrechtlich unerlässlich – sind ertragsteuerrechtlich gemäß § 12 Abs. 1 Z 6 KStG 1988 nicht abzugsfähig (Rz 4847 bis Rz 4852 und KStR 2013 Rz 1199).
Rückstellungen für Steuernachforderungen kommen vor allem bei schwebenden Rechtsmittelverfahren in Betracht.
Der betriebsinterne Aufwand für die Abrechnung von Steuern (zB Umsatzsteuer für November und Dezember des laufenden Jahres, die erst am 15. Jänner bzw. 15. Februar des Folgejahres zu entrichten ist), darf nicht rückgestellt werden, da allgemeine Geschäftskosten vorliegen.
Strafbare Handlungen
3516
Strafen und Geldbußen, die von Gerichten, Verwaltungsbehörden oder Organen der Europäischen Union verhängt werden, sind generell nicht abzugsfähig (siehe Rz 4846a ff). Eine Rückstellung der Geldstrafe ist unabhängig vom Verschulden nicht zulässig.
Rückstellungen wegen der Inanspruchnahme aus strafbaren Handlungen (zB Schadenswiedergutmachungen) kommen dann in Betracht, wenn dieses Fehlverhalten und die sich daraus ergebenden Folgen der betrieblichen Sphäre zurechenbar sind und die Inanspruchnahme wahrscheinlich ist; von einer wahrscheinlichen Inanspruchnahme kann jedenfalls solange nicht ausgegangen werden, als das strafbare Verhalten nicht entdeckt wird; die Kenntnis der Tatbegehung durch den Täter alleine ist somit nicht ausreichend (VwGH 18.10.2018, Ra 2017/15/0085, VwGH 23.2.2017, Ra 2015/15/0023).
Rückstellungen wegen der Inanspruchnahme aus strafbaren Handlungen durch Abschöpfung der Bereicherung (§ 20 StGB) kommen in Betracht, sobald von der Entdeckung des strafbaren Verhaltens ausgegangen werden muss.
Zur Abzugsfähigkeit von Verfahrenskosten siehe Rz 1621.
Subvention
3517
Subventionen, die unter der aufschiebenden oder auflösenden Bedingung der Rückzahlungspflicht erteilt werden, sind nur unter Rückstellungsgesichtspunkten – Drohen des Eintritts der Rückzahlungsverpflichtung – zu passivieren. Gemäß § 6 Z 10 EStG 1988 gewährte steuerfreie Subventionen sind nicht rückstellungsfähig, wenn sie nachträglich rückgezahlt werden müssen. Sie erhöhen nachträglich die Herstellungs- oder Anschaffungskosten. Bei steuerfreien Subventionen kommt die Bildung einer Rückstellung ausschließlich nur dann in Betracht, so weit die Subvention gemäß § 20 Abs. 2 EStG 1988 oder § 12 Abs. 2 KStG 1988 zu einer Kürzung von Aufwänden geführt hat.
Tantiemen
3518
Ist die Erfolgsbeteiligung (Tantieme) eines Geschäftsführers dem Grunde nach eindeutig festgelegt, so verhindert die Bildung einer Rückstellung nicht, wenn die Höhe der einzelnen (jährlichen) Erfolgsbeteiligungen nicht von vornherein eindeutig bestimmt ist, sofern eine ernsthafte Abmachung vorliegt, diese Vereinbarung den Interessen der Gesellschaft entspricht und die jährlich ausbezahlten Erfolgsbeteiligungen auf ihre Angemessenheit (vgl. Fremdüblichkeitskriterien) hin überprüfbar sind (VwGH 19.3.1985, 84/14/0174). Liegt somit keine verdeckte Gewinnausschüttung vor, ist die Erfolgsbeteiligung rückstellungsfähig.
Umweltschäden, Sanierungskosten
3519
Rückstellungen für Aufwendungen im Zusammenhang mit entstandenen Umweltschäden und Altlastenbeseitigung sind nur zulässig, wenn
- ein behördlicher Auftrag zur Beseitigung ergangen ist oder
- der Umweltschaden nachgewiesen und ein behördliches Eingreifen konkret zu erwarten ist (VwGH 26.6.1990, 89/14/0266) oder
- der Umweltschaden und das behördliche Eingreifen in einem hohen Maße wahrscheinlich sind (VwGH 26.6.1990, 89/14/0266).
Neben der objektiven hohen Wahrscheinlichkeit eines Umweltschadens muss sich der Unternehmer der Umweltbeeinträchtigung auch (zB auf Grund von Untersuchungen, Messungen, Labortests) subjektiv bewusst sein. Keinesfalls darf über ein „latentes Umweltschaden-Risiko“, zB bloß wegen Betätigung in einer bestimmten umweltgefährlichen Branche (Lackfabrik uÄ), eine Rückstellung gebildet werden oder wegen bloßer Vermutungen über das Vorhandensein von Umweltschäden.
Geht eine Verpflichtung zur Beseitigung eines Umweltschadens unmittelbar vom Gesetz aus, so ist eine Rückstellung nur zulässig, wenn
- das Gesetz ein inhaltlich genau bestimmtes Handeln vorsieht und
- innerhalb eines bestimmten Zeitraumes gehandelt werden muss und
- eine Sanktion vorgesehen ist.
Die Forderung von Nachbarn und der Druck der öffentlichen Meinung ohne rechtliche Verpflichtung ist alleine keine Rechtfertigung für die Bildung einer Rückstellung.
Beziehen sich gesetzliche Verpflichtungen bzw. behördliche Auflagen auf die Vermeidung von Umweltbelastungen beim künftigen Betrieb einer Anlage, liegt die Verwendung der entsprechenden Aufwendungen in der Zukunft; es kann daher keine Rückstellung gebildet werden.
Umweltschutzanlagen
3520
Aufwendungen für die Errichtung von Umweltschutzanlagen sind – auch im Falle einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung – nicht rückzustellen. Es handelt sich dabei ausnahmslos um (auf Anschaffungs- oder Herstellungsaufwand) aktivierungspflichtige Wirtschaftsgüter.
Umzugskosten
3521
Verpflichtet sich der Veräußerer eines Grundstückes bis zu einem vereinbarten Termin zu dessen Räumung, sind die zu erwartenden Umzugskosten im Jahr der Grundstücksveräußerung rückstellungsfähig.
Unterlassene Reparaturen
3522
Für Instandsetzungsarbeiten, die erst in späteren Jahren durchzuführen sein werden, kann eine Rückstellung nicht gebildet werden (VwGH 22.11.1957, 1301/54; vgl. Rz 3327 ff, Aufwandsrückstellung).
Urlaubsansprüche, Urlaubsentgelt
3523
Nach dem Urlaubsgesetz behält der Arbeitnehmer den Anspruch auf Fortzahlung des Lohnes auch während des Urlaubes. Das Urlaubsentgelt geht auch dann nicht verloren, wenn das Dienstverhältnis vor Verbrauch des Urlaubes endet. In diesem Fall gebührt dem Dienstnehmer eine Urlaubsentschädigung. Das Urlaubsentgelt ist somit Bestandteil des Entgeltes für die während des Jahres erbrachte Arbeitsleistung.
Rückstellungen für Lasten aus nicht konsumiertem Urlaub sind im Interesse einer periodengerechten Gewinnabgrenzung nur für jene nicht konsumierten Urlaubsanteile vorzunehmen, für die innerhalb des betreffenden Wirtschaftsjahres ein Urlaubsanspruch entstand, weil die Urlaubsgelder wirtschaftlich gesehen einen Teil des Entgelts für die während des Jahres erbrachte Arbeitsleistung des einzelnen Arbeitnehmers darstellen (VwGH 14.11.1990, 90/13/0091). Der Rückstellung darf somit nur der auf das Jahr entfallende anteilige offene Urlaubsanspruch zu Grunde gelegt werden.
Hat der Dienstnehmer mehr Urlaubstage verbraucht, als ihm für das Wirtschaftsjahr zustehen, dann ist der Anspruch des in Vorleistung getretenen Dienstgebers aktiv abzugrenzen.
Ein steuerneutral gebildeter Rückstellungsteil ist auch steuerneutral aufzulösen.
Versicherungstechnische Rückstellungen
3524
Steuerwirksam sind die im § 15 KStG 1988 genannten Rückstellungen zu bilden. Diese Vorschrift geht § 9 EStG 1988 vor.
Vorsteuer-Berichtigungsbeträge
3525
Im Fall einer Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs. 10 UStG 1994 kann von einer ungewissen Verbindlichkeit keine Rede sein. Die Verbindlichkeiten aus der Vorsteuerberichtigung entstehen erst in Zukunft bei Vorliegen der im Umsatzsteuergesetz genannten Voraussetzungen.
Innerhalb eines Beobachtungszeitraumes von neunzehn Jahren (bei Grundstücken) bzw. vier Jahren (bei anderen Wirtschaftsgütern) nach dem Jahr der erstmaligen Verwendung als Anlagevermögen muss für jedes Jahr gesondert beurteilt werden, ob sich die für den Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse geändert haben. Die wirtschaftliche Verursachung der jeweiligen Jahresbeträge an Vorsteuerberichtigung liegt somit in jedem Jahr, in dem sich die Verhältnisse für den Vorsteuerabzug geändert haben. Die Jahresbeträge können nur für das jeweilige Jahr, für das sie zu entrichten sind, aufwandswirksam werden. Es ist daher nicht zulässig, den Aufwand sämtlicher Jahresbeträge durch die Bildung einer Rückstellung für das Jahr des erstmaligen Wirksamwerdens der unechten Steuerbefreiung (hier des § 6 Abs. 1 Z 25 UStG 1994) vorzuziehen.
Warenvorrat, Wertverlust
3526
Die Berücksichtigung drohender Wertverluste am Betriebsvermögen (zB wegen Überalterung) durch Dotierung einer Rückstellung ist unzulässig (VwGH 23.4.1965, 0768/68).
Wartungsintervalle
3527
Siehe „Funktionsprüfungen“, Rz 3473.
Wechselobligo
3528
Droht dem Indossanten die Inanspruchnahme aus dem Wechsel, so hat er unter Bedachtnahme auf seine Regressmöglichkeiten dafür eine Rückstellung zu bilden.
Werbeaufwendungen
3529
Unterlassene bzw. rückständige Werbeaufwendungen auf Grund von Franchise- oder Lizenzvertragsverpflichtungen sind rückstellungsfähig.
Wiederaufforstung
3530
Aufwendungen für Wiederaufforstung gehören zu den Herstellungs- und Anschaffungskosten (VwGH 21.10.1986, 86/14/0021). Wird auf den Ansatz des höheren Teilwertes nach § 6 Z 2 lit. b EStG 1988 verzichtet, dann sind diese Aufwendungen nach § 4 Abs. 8 EStG 1988 als Betriebsausgaben abzusetzen. In diesem Fall ist bei Vorliegen von mit einem Wiederaufforstungsbedarf vorbelasteten Einnahmen eine Rückstellung zu bilden (siehe auch Rz 3303).
Randzahl 3531: derzeit frei
Zeitausgleichsguthaben
3532
Verpflichtungen aus Zeitguthaben sind – ähnlich der Rückstellung für nicht konsumierte Urlaube – rückstellungsfähig.
Randzahlen 3533 bis 3700: derzeit frei