9.4 Geringwertige Wirtschaftsgüter
9.4.1 Allgemeines
3893
§ 13 EStG 1988 ermöglicht dem Abgabepflichtigen unter bestimmten Voraussetzungen die Sofortabschreibung von geringwertigen Wirtschaftsgütern. Die Bestimmung ist insoweit eine Sondervorschrift zu § 7 EStG 1988. Die Regelung gilt für alle Gewinnermittlungsarten und ist auch bei den außerbetrieblichen Einkunftsarten anwendbar (§ 16 Abs. 1 Z 8 lit. a EStG 1988).
Hinsichtlich der Anwendbarkeit bei der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen siehe Rz 4127b.
3893a
Die Sofortabschreibung erfolgt auch bei der Gewinnermittlung gemäß § 5 Abs. 1 EStG 1988 unabhängig von der Behandlung im unternehmensrechtlichen Jahresabschluss (§ 13 EStG 1988 idF RÄG 2014).
Wurde unternehmensrechtlich für Wirtschaftsjahre vor 2016 bei Vollabschreibung geringwertige Wirtschaftsgüter eine Bewertungsreserve gebildet und gemäß § 906 Abs. 31 UGB im Wirtschaftsjahr 2016 unternehmensrechtlich aufgelöst, kann diese steuerlich gemäß § 124b Z 271 EStG 1988 unabhängig vom unternehmensrechtlichen Jahresabschluss als steuerliche Rücklage weitergeführt werden (siehe dazu Rz 2475). In diesem Fall ist daher die unternehmensrechtliche Auflösung der Bewertungsreserve im Wirtschaftsjahr 2016 nicht steuerwirksam. Die steuerliche Rücklage ist allerdings über die unternehmensrechtliche Restnutzungsdauer der geringwertigen Wirtschaftsgüter im Wege der steuerlichen Mehr-Weniger-Rechnung aufzulösen.
9.4.1.1 Begünstigte Wirtschaftsgüter
3894
Geringwertige Wirtschaftsgüter im Sinne des § 13 EStG 1988 sind abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, sofern die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für das einzelne Wirtschaftsgut 1.000 Euro (bis 31.12.2022: 800 Euro; bis 31.12.2019: 400 Euro) nicht übersteigen. Erfolgt die Anschaffung oder Herstellung unter Verwendung von entsprechend gewidmeten gemäß § 6 Z 10 EStG 1988 steuerfreien Subventionen aus öffentlichen Mitteln, sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten nur die vom Steuerpflichtigen aus anderen Mitteln geleisteten Aufwendungen (siehe dazu auch Rz 2539 ff). Fallen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten durch die Übertragung stiller Reserven oder durch die Gewährung steuerfreier Zuschüsse auf 1.000 Euro (bis 31.12.2022: 800 Euro; bis 31.12.2019: 400 Euro) oder darunter, kann von der Sofortabschreibung Gebrauch gemacht werden.
Wird ein Wirtschaftsgut auch privat genutzt, kürzt der Anteil der privaten Nutzung nicht die maßgebenden Anschaffungs- oder Herstellungskosten; die private Nutzung ist lediglich als Entnahme zu werten (siehe Rz 480; vgl. auch UFS 24.7.2012, RV/1042-W/12).
Begünstigt ist die Anschaffung ungebrauchter und gebrauchter Wirtschaftsgüter.
9.4.1.2 Ausschlüsse
3895
Sind geringwertige Wirtschaftsgüter zur entgeltlichen Überlassung bestimmt (zB Kostüm-, Schiverleih), ist § 13 EStG 1988 ausdrücklich ausgeschlossen. Ist die entgeltliche Überlassung jedoch nur als völlig untergeordneter Nebenzweck anzusehen, kann § 13 EStG 1988 weiterhin in Anspruch genommen werden.
Berufs-, Hotel- und Krankenhausbettwäsche, die zur entgeltlichen Überlassung bestimmt ist, fällt nicht unter das Anwendungsverbot des § 13 letzter Satz EStG 1988, sofern nicht die Vermietung, sondern die laufend erbrachte aktive Dienstleistung des Waschens und Instandhaltens der Wäsche sowie die Abwicklung der gesamten Logistik im Vordergrund steht (VwGH 24.10.2019, Ra 2018/15/0072).
9.4.1.3 Zeitpunkt der Sofortabschreibung
3896
Bei buchführenden Steuerpflichtigen hat die Sofortabschreibung im Jahr der Anschaffung bzw. Herstellung zu erfolgen, bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 sowie bei der Geltendmachung als Werbungskosten ist das Jahr der Verausgabung maßgeblich. Auf den Zeitpunkt der Inbetriebnahme kommt es nicht an. Zur Einlage von zunächst privat erworbenen Wirtschaftsgütern siehe Rz 441.
9.4.1.4 (Aktivierungs-)Wahlrecht
3897
Die Sofortabschreibung stellt ein Wahlrecht des Abgabepflichtigen dar. Es kann für jedes Wirtschaftsgut einzeln und in jedem Wirtschaftsjahr unterschiedlich ausgeübt werden.
3898
Wird von der Sofortabschreibung Gebrauch gemacht, steht für diese Wirtschaftsgüter, auch wenn deren betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer zumindest vier Jahre beträgt, ein investitionsbedingter Gewinnfreibetrag nicht zu.
9.4.2 Mehrteilige Wirtschaftsgüter
3899
Wirtschaftsgüter, die aus Teilen bestehen, sind als Einheit aufzufassen, wenn sie nach ihrem wirtschaftlichen Zweck oder nach der Verkehrsauffassung eine Einheit bilden.
Der Austausch von (selbständigen) Wirtschaftsgütern, die aber wirtschaftlich als ein einziges Wirtschaftgut (§ 13 EStG 1988) anzusehen sind, führt nicht zu sofort abziehbaren Betriebsausgaben (VwGH 8.5.2003, 99/15/0036).
3900
Einzelfälle:
- Beleuchtungskörper: Grundsätzlich keine Einheit, außer wenn die Beleuchtungskörper im Raum auf Grund ihres Erscheinungsbildes eine Einheit ergeben;
- Bestuhlung eines Theaters bildet eine Einheit (VwGH 20.11.1964, 1671/63);
- Eine einheitliche Möbelgarnitur, die die wesentliche Einrichtung eines Zimmers bildet, kann nicht auf einzelne Wirtschaftsgüter aufgeteilt werden;
- Geschäftseinrichtung stellt grundsätzlich keine Einheit dar (VwGH 30.6.1987, 87/14/0046);
- EDV-Geräte wie PC und Drucker stellen kein einheitliches Wirtschaftsgut dar;
- Gasflaschen zur Lieferung von Gas an verschiedene Kunden kommen als geringwertige Wirtschaftsgüter in Betracht; ebenso Gaszähler (VwGH 17.2.1999, 97/14/0059);
- Schreibtischkombinationen aus Schreibtischen, Computerbeistelltischen und Rollcontainern können selbständig nutzbare Wirtschaftsgüter darstellen, wenn eine Trennung nicht zum Verlust der selbständigen Nutzbarkeit eines Teiles führt;
- Baugerüste stellen eine Einheit dar (VwGH 30.1.2014, 2011/15/0084).