10.5.4 Verhältnis von Nächtigungsgeldern gemäß § 26 Z 4 EStG 1988 zu Reiseaufwandsentschädigungen gemäß § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988
741
Nächtigungsgeld ist gemäß § 26 Z 4 lit. c und e EStG 1988 der Betrag, der bei Vorliegen eines Nächtigungsaufwandes im Rahmen einer Dienstreise anstelle der tatsächlichen Kosten ersetzt werden kann (bei Inlandsreisen 15 Euro, bei Auslandsreisen die entsprechenden Sätze der RGV).
Nächtigungsgeld setzt voraus, dass
- tatsächlich eine Nächtigung erfolgt und
- dem Arbeitnehmer Kosten für die Nächtigung entstehen, die vom Arbeitgeber nicht in tatsächlicher Höhe ersetzt werden.
Stellt der Arbeitgeber eine Nächtigungsmöglichkeit inkl. Frühstück zur Verfügung, kann kein nicht steuerbares Nächtigungsgeld ausgezahlt werden. Wird nur die Nächtigungsmöglichkeit ohne Frühstück bereitgestellt, kann das pauschale Nächtigungsgeld nicht steuerbar ausgezahlt werden.
Diese pauschalen Nächtigungsgelder sind vorrangig nach § 26 Z 4 EStG 1988 nicht steuerbar zu behandeln (Rz 730 bis Rz 733). Nach § 26 Z 4 EStG 1988 können diese nur für einen Zeitraum von sechs Monaten nicht steuerbar ausgezahlt werden.
Ab 1. Jänner 2009 kann der Arbeitgeber die pauschalen Nächtigungsgelder nach § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 bei Vorliegen aller anderen Voraussetzungen für eine
- Außendiensttätigkeit (zB Kundenbesuche, Patrouillendienste, Servicedienste),
- Fahrtätigkeit (zB Zustelldienste, Taxifahrten, Linienverkehr, Transportfahrten außerhalb des Werksgeländes des Arbeitgebers),
- Baustellen- und Montagetätigkeit außerhalb des Werksgeländes des Arbeitgebers oder
- Arbeitskräfteüberlassung nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz BGBl. Nr. 196/1988
steuerfrei auszahlen.
Bei einer vorübergehenden Tätigkeit an einem Einsatzort in einer anderen politischen Gemeinde nach § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 letzter Teilstrich kann Nächtigungsgeld nur für sechs Monate steuerfrei ausgezahlt werden. Daraus folgt, dass für jene Tage, für die gemäß § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 steuerfreies Taggeld zusteht, bei Vorliegen der Voraussetzungen auch ein pauschales Nächtigungsgeld steuerfrei ausgezahlt werden kann.
10.6 Werkverkehr (§ 26 Z 5 EStG 1988)
10.6.1 Begriff des Werkverkehrs
742
Werkverkehr liegt vor, wenn der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer zwischen Wohnung und Arbeitsstätte befördern lässt, und zwar entweder mit Fahrzeugen in der Art eines Massenbeförderungsmittels oder mit Massenbeförderungsmitteln. Der Vorteil des Arbeitnehmers aus der Beförderung im Werkverkehr stellt keinen steuerpflichtigen Sachbezug dar.
10.6.2 Werkverkehr mit Fahrzeugen in der Art eines Massenbeförderungsmittels
743
Werkverkehr mit Fahrzeugen in der Art eines Massenbeförderungsmittels ist dann anzunehmen, wenn die Beförderung der Arbeitnehmer mit größeren Bussen, mit arbeitgebereigenen oder angemieteten Kleinbussen bzw. mit Massenverkehrsmitteln oder mit anderen Fahrzeugen nach Art eines Linienverkehrs, die im Unternehmen des Arbeitgebers zur Beförderung eingesetzt werden, erfolgt.
Siehe auch Beispiel Rz 10743.
744
Werkverkehr ist auch dann anzunehmen, wenn es sich um Spezialfahrzeuge handelt, die auf Grund ihrer Ausstattung eine andere private Nutzung praktisch ausschließen, wie Einsatzfahrzeuge, Pannenfahrzeuge. Der bloße Umstand, dass ein Klein-LKW durch den Arbeitgeber eingesetzt wird, führt nicht zu einem Werkverkehr.
745
Bei Berufschauffeuren ist Werkverkehr auch dann anzunehmen, wenn das verwendete Fahrzeug nach Dienstverrichtung mit nach Hause genommen wird, aber für Privatfahrten nicht verwendet werden darf.
746
Werkverkehr nach Art eines Linienverkehrs ist anzunehmen, wenn der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer mit arbeitgebereigenen Fahrzeugen (auch PKW, Kombi) oder durch angemietete Fahrzeuge (einschließlich Taxi) nach Art eines Linienverkehrs befördern lässt. Voraussetzung ist, dass eine Mehrzahl von Arbeitnehmern gemeinsam und regelmäßig befördert wird. Die Beförderungskapazität eines eingesetzten PKW`s oder Kombis muss in der Regel zu 80% ausgeschöpft sein. (Bei fünfsitzigem PKW müssen somit zumindest Fahrer und drei Beifahrer das KFZ benützen.) Bei Zutreffen dieser Voraussetzungen ist ein Werkverkehr bei Arbeitnehmern anzunehmen, die über Auftrag des Arbeitgebers von einem Arbeitnehmer mit dem Arbeitgeberfahrzeug mitgenommen werden.
10.6.3 Werkverkehr mit Massenbeförderungsmitteln (Jobticket)
747
Werkverkehr mit Massenbeförderungsmitteln liegt dann vor, wenn der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer ausschließlich auf der Strecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bzw. retour mit einem öffentlichen Verkehrsmittel befördern lässt.
Für Lohnzahlungszeiträume bis 31.12.2012 gilt dies nur, sofern der Arbeitnehmer dem Grunde nach die Voraussetzungen für die Gewährung des Pendlerpauschales nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b oder c EStG 1988 erfüllt.
Ein Werkverkehr ist nur dann anzunehmen, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für die Strecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte eine Streckenkarte zur Verfügung stellt. Die Zurverfügungstellung einer Netzkarte ist nur dann zulässig, wenn vom Träger des öffentlichen Verkehrsmittels keine Streckenkarte angeboten wird oder die Netzkarte höchstens den Kosten einer Streckenkarte entspricht.
Die Rechnung muss auf den Arbeitgeber lauten und hat insbesondere den Namen des Arbeitnehmers zu beinhalten. Kein Werkverkehr liegt vor, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Kosten für Fahrtausweise zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ersetzt. Der Kostenersatz des Arbeitgebers stellt steuerpflichtigen Arbeitslohn dar.
747a
Bei Beendigung des Dienstverhältnisses (bzw. bei Karenzierung) vor Ablauf der Gültigkeit der Strecken- bzw. Netzkarte hat der Arbeitnehmer diese dem Arbeitgeber zurückzugeben, andernfalls liegt für Zeiträume außerhalb des Dienstverhältnisses (bzw. für Zeiträume der Karenzierung) ein steuerpflichtiger Sachbezug vor. Dieser ist als sonstiger Bezug zu versteuern. In Fällen der Karenzierung kann aber, um eine Erfassung als steuerpflichtigen Sachbezug zu vermeiden, die Fahrkarte während dieser Zeiträume nachweislich beim Arbeitgeber hinterlegt werden (vgl. Rz 222c).
Ein steuerpflichtiger Sachbezug (laufender Bezug) liegt bis 31.12.2012 in jenen Lohnzahlungszeiträumen vor, in denen dem Grunde nach kein Anspruch auf ein Pendlerpauschale vorliegt.
747b
Rechtslage bis 31.12.2012
Damit der Arbeitgeber die Voraussetzung feststellen kann, dass dem Grunde nach ein Pendlerpauschale gewährt werden könnte, hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber auf dem amtlichen Vordruck L 34 das Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen zu erklären. Die Erklärung ist zum Lohnkonto zu nehmen. Die Rz 273 bis Rz 275 sind mit der Maßgabe anzuwenden, dass bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen ein steuerpflichtiger Sachbezug anzusetzen ist.
Beispiel:
Der Arbeitgeber stellt den Arbeitnehmern A, B, C und D im Mai 2011 jeweils Streckenkarten für die Strecke zwischen Wohnort und Arbeitsstätte zur Verfügung.
Arbeitnehmer A hat ein L 34 abgegeben, wonach ihm dem Grunde nach das kleine Pendlerpauschale zusteht (keine offensichtlich unrichtigen Angaben). Der Arbeitnehmer A fährt im Mai an 18 Tagen die Strecke Wohnung – Arbeitsstätte und retour. Der Wert der Streckenkarte stellt keinen steuerpflichtigen Sachbezug dar.
Arbeitnehmer B hat ein L 34 abgegeben, wonach ihm dem Grunde nach das kleine Pendlerpauschale zusteht (keine offensichtlich unrichtigen Angaben). Im Mai sucht der Arbeitnehmer B die Arbeitsstätte nur an 5 Tagen auf, die restlichen Arbeitstage befindet er sich mit seinem privaten PKW auf Dienstreise zu verschiedenen Einsatzorten. Der Wert der Streckenkarte stellt einen steuerpflichtigen Sachbezug dar, weil im Monat Mai die Voraussetzungen für die Gewährung des Pendlerpauschales nicht erfüllt sind.
Arbeitnehmer C hat ein L 34 abgegeben, wonach ihm dem Grunde nach das kleine Pendlerpauschale zusteht (keine offensichtlich unrichtigen Angaben). Im Mai sucht der Arbeitnehmer C die Arbeitsstätte nur an 5 Tagen auf, die restlichen Arbeitstage befindet er sich im Krankenstand. Der Wert der Streckenkarte stellt keinen steuerpflichtigen Sachbezug dar, weil im Monat Mai die Voraussetzungen für die Gewährung des Pendlerpauschales erfüllt sind (siehe Rz 250 und Rz 273).
Arbeitnehmer D hat ein L 34 abgegeben, wonach ihm dem Grunde nach das kleine Pendlerpauschale zusteht; dem Arbeitgeber ist jedoch bekannt, dass der Arbeitnehmer in unmittelbarer Nähe der Arbeitsstätte einen Wohnsitz hat (offensichtlich unrichtige Angaben). Der Wert der Streckenkarte stellt einen steuerpflichtigen Sachbezug dar, weil die Voraussetzungen für die Gewährung des Pendlerpauschales nicht erfüllt sind.
747c
Wird die Beförderung anstelle des bisher gezahlten steuerpflichtigen Arbeitslohns oder der Lohnerhöhungen, auf die jeweils ein arbeitsrechtlicher Anspruch besteht, geleistet (Bezugsumwandlung), liegt ein steuerpflichtiger Arbeitslohn vor. Der umgewandelte Bezug ist als laufender Bezug zu erfassen. Als Zeitpunkt des Zuflusses gilt der Zeitpunkt, in dem der umgewandelte Bezug zugeflossen wäre.
Wurde vom Arbeitgeber bisher ein Fahrtkostenzuschuss auf Basis der Kosten für ein öffentliches Verkehrsmittels für die Strecke Wohnung – Arbeitsstätte gezahlt und wird an dessen Stelle eine Streckenkarte zur Verfügung gestellt, liegt insoweit keine Gehaltsumwandlung vor.
10.6.4 Gemeinsame Regelungen betreffend Werkverkehr
748
Wenn ein Arbeitnehmer überwiegend im nicht steuerbaren Werkverkehr befördert wird, steht dem Arbeitnehmer das Pendlerpauschale nicht zu. Eine überwiegende Beförderung im Werkverkehr ist dann gegeben, wenn der Arbeitnehmer an mehr als der Hälfte der Arbeitstage im Lohnzahlungszeitraum (im Werkverkehr) befördert wird. Muss ein Arbeitnehmer für den Werkverkehr bezahlen, sind diese Kosten bis maximal zur Höhe des in seinem konkreten Fall in Frage kommenden Pendlerpauschales als Werbungskosten abzugsfähig. In diesem Fall steht kein Pendlereuro zu.
749
Wenn auf einer Wegstrecke ein Werkverkehr eingerichtet ist, den der Arbeitnehmer trotz Zumutbarkeit der Benützung nachweislich nicht benützt, dann kann für die Wegstrecke, auf der Werkverkehr eingerichtet ist, ein Pendlerpauschale zustehen (vgl. VwGH 27.07.2016, 2013/13/0088).
Erhält der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber eine Strecken- oder Netzkarte, steht ebenfalls kein Pendlerpauschale zu.
750
Muss ein Arbeitnehmer trotz bestehenden Werkverkehrs bestimmte Wegstrecken zwischen Wohnung und Einstiegstelle des Werkverkehrs bzw. des öffentlichen Verkehrsmittels zurücklegen, ist die Wegstrecke zwischen Wohnung und Einstiegstelle so zu behandeln wie die Wegstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Die Einstiegstelle des Werkverkehrs wird somit für Belange des Pendlerpauschales mit der Arbeitsstätte gleichgesetzt (VwGH 29.07.2010, 2010/15/0013). Die Höhe des Pendlerpauschales für die Teilstrecke ist jedoch mit dem fiktiven Pendlerpauschale für die Gesamtstrecke (inklusive Werkverkehr) begrenzt.
Beispiel:
Die Gesamtstrecke Wohnung – Arbeitsstätte beträgt 52 km. Der Arbeitnehmer wird auf einer Teilstrecke von 31 km im Werkverkehr befördert.
Für eine Teilstrecke von 21 km (auf dieser Teilstrecke verkehrt kein öffentliches Verkehrsmittel) würde ein (großes) Pendlerpauschale in Höhe von 1.476 Euro zustehen. Allerdings ist das Pendlerpauschale mit dem fiktiven Pendlerpauschale für die Gesamtstrecke iHv 1.356 Euro (kleines Pendlerpauschale für eine Wegstrecke von 40 bis 60 Kilometer) begrenzt.
750a
Im Lohnkonto und im Lohnzettel sind die Kalendermonate einzutragen, in denen ein Arbeitnehmer im Rahmen des Werkverkehrs befördert wird (§ 1 Abs. 1 Z 13 der Lohnkontenverordnung 2006, BGBl. II Nr. 256/2005 idF BGBl. II Nr. 92/2011).