9.1 Gewinnfreibetrag (§ 10 EStG 1988)
9.1.1 Allgemeines
3701
Einkommensteuerpflichtigen mit betrieblichen Einkünften steht ein Gewinnfreibetrag zu. Er setzt für Gewinne bis 30.000 Euro keine Investitionsdeckung voraus; erst die über 30.000 Euro hinausgehenden Gewinne müssen durch Investitionen in begünstigte Wirtschaftsgüter gedeckt sein.
3702
Der Gewinnfreibetrag für Gewinne bis 30.000 Euro wird als „Grundfreibetrag“ bezeichnet. Bei mehreren Betrieben mit positivem Betriebsergebnis (darunter fallen sowohl Einzelbetriebe als auch „Bündelbetriebe“ im Rahmen von Mitunternehmerschaften) werden die Gewinne für den Grundfreibetrag zusammengerechnet. Dabei werden nur positive Ergebnisse einbezogen, Verluste bleiben unberücksichtigt.
Für Gewinne über 30.000 Euro steht ein Gewinnfreibetrag insoweit zu, als er durch Anschaffungs- oder Herstellungskosten begünstigter Wirtschaftsgüter gedeckt ist. Dieser Teil des Gewinnfreibetrages wird als „investitionsbedingter Gewinnfreibetrag“ bezeichnet.
3703
Der Gewinnfreibetrag steht allen betrieblichen Einkunftsarten offen. Er ist sowohl bei Einnahmen-Ausgaben-Rechnung als auch bei Bilanzierung möglich. Die Anschaffung oder Herstellung begünstigter Wirtschaftsgüter muss in einem Wirtschaftsjahr erfolgen, das im selben Veranlagungsjahr endet.
9.1.1.1 Gewinn
3704
Bemessungsgrundlage ist der Gewinn ohne Veräußerungsgewinne im Sinne des § 24 EStG 1988 und ohne betriebliche Kapitalerträge im Sinne des § 27 Abs. 2 Z 1 und Z 2 EStG 1988, wenn sie mit einem besonderen Steuersatz gemäß § 27a Abs. 1 EStG 1988 besteuert werden. Sind im Betriebsgewinn sondersteuersatzbegünstigte Substanzgewinne oder Gewinne aus Kryptowährungen enthalten, sind diese Gewinne stets (unabhängig von einer Regelbesteuerungsoption) in die Bemessungsgrundlage für den Gewinnfreibetrag einzubeziehen.
Ein Übergangsgewinn erhöht die Bemessungsgrundlage, ein Übergangsverlust vermindert nach Maßgabe des § 4 Abs. 10 Z 1 EStG 1988 (Siebentelregelung) die Bemessungsgrundlage.
Grundstücksgewinne, die dem besonderen Steuersatz unterliegen, sind in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen, unabhängig davon, ob sie zum Tarif oder mit dem Sondersteuersatz besteuert werden.
3705
Wird bei sondersteuersatzbegünstigten Gewinnen von der Regelbesteuerung kein Gebrauch gemacht, ist eine Zuordnung des Gewinnfreibetrages vorzunehmen. Sofern auch ein investitionsbedingter Gewinnfreibetrag in Anspruch genommen wird, betrifft die Zuordnung sowohl den Grundfreibetrag als auch den investitionsbedingten Gewinnfreibetrag. Ein ausschließlicher Abzug des Gewinnfreibetrages von den Tarifeinkünften kommt jedenfalls nicht in Betracht.
Für die Zuordnung gilt:
- In einem ersten Schritt ist die Höhe des Gewinnfreibetrages auf der Grundlage des (gesamten) Betriebsgewinnes zu ermitteln. Liegt ein Gesamtverlust vor, besteht kein Anspruch auf einen (anteiligen) Gewinnfreibetrag für einen darin allenfalls enthaltenen sondersteuersatzbegünstigten Gewinn.
- Steht ein Gewinnfreibetrag auf Grund eines betrieblichen Gesamtgewinnes zu, ist der gesamte Gewinnfreibetrag in einem zweiten Schritt nach dem Verhältnis aufzuteilen, in dem der Teil der tarifsteuerpflichtigen Einkünfte und der Teil der mit Sondersteuersatz besteuerten Substanzgewinne zum Betriebsgewinn beiträgt.
Beispiele:
1.Der Verlust beträgt 2.000 €. Davon sind 10.000 € laufender Verlust und 8.000 € ein Gewinn aus dem Verkauf eines Betriebsgrundstückes, der mit 30% besteuert wird. Im Hinblick auf den Gesamtverlust steht kein GFB zu.
2.Der Gewinn beträgt 20.000 €. Davon sind 2.000 € laufender Verlust und 22.000 € ein Gewinn aus dem Verkauf eines Betriebsgrundstückes, der mit 30% besteuert wird. Bemessungsgrundlage für den Gewinnfreibetrag (Grundfreibetrag) ist der (gesamte) Betriebsgewinn, das sind 20.000 €. Der GFB beträgt daher 15% von 20.000 €, somit 3.000 €. Der gesamte GFB ist nur dem Grundstücksveräußerungsgewinn zuzuordnen, dieser beträgt daher 19.000 €.
3.Der Gewinn beträgt 50.000 €. Davon sind 40.000 € laufender Gewinn und 10.000 € ein Gewinn aus dem Verkauf eines Betriebsgrundstückes, der mit 30% besteuert wird. Bemessungsgrundlage für den GFB ist der (gesamte) Betriebsgewinn, das sind 50.000 €. Der GFB beträgt daher 15% von 30.000 € und 13% von 20.000 €, somit 7.100 €. Der gesamte GFB ist zu 80% dem laufenden Gewinn und zu 20% dem Grundstücksveräußerungsgewinn zuzuordnen. Der tarifmäßig zu berücksichtigende GFB beträgt daher 5.680 € (80% von 7.100); er gliedert sich entsprechend anteilig in einen Grundfreibetrag iHv 3.600 € (80% von 4.500) und einen investitionsbedingten Gewinnfreibetrag iHv 2.080 € (80% von 2.600). Der auf den Grundstücksgewinn entfallende GFB beträgt 1.420 € und entfällt iHv 900 € (20% von 4.500) auf den Grundfreibetrag und iHv 520 € (20% von 2.600) auf den investitionsbedingten Gewinnfreibetrag. Die Einkünfte betragen:
Gewinn vor GFB | Grund-FB | Investitionsbedingter GFB | Gewinn nach GFB | |
Tarifeinkünfte | 40.000 | 3.600 | 2.080 | 34.320 |
Sondersteuersatzeinkünfte | 10.000 | 900 | 520 | 8.580 |
Gesamt | 50.000 | 4.500 | 2.600 | 42.900 |
Eine allfällige Nachversteuerung des Gewinnfreibetrages (Rz 3735 ff) erfolgt im Rahmen des Besteuerungsregimes, in dem sich der Gewinnfreibetrag ausgewirkt hat. Die Bestimmungen, die hinsichtlich des investitionsbedingten Gewinnfreibetrags die Deckungs-, Ausweis- und Nachversteuerungsverpflichtungen betreffen, gelten auch bei Berücksichtigung des Gewinnfreibetrages im Rahmen der Besteuerung mit einem Sondersteuersatz. Dementsprechend ist erforderlichenfalls beim Deckungswirtschaftsgut danach zu differenzieren, ob dieses einen im Rahmen des Tarifs berücksichtigten Gewinnfreibetrag oder einen im Rahmen der Besteuerung mit einem Sondersteuersatz berücksichtigten Gewinnfreibetrag deckt.
3706
Gewinne, die nach Durchschnittssätzen gemäß § 17 EStG 1988 oder auf Grundlage einer darauf gestützten Verordnung durch Teil- oder Vollpauschalierung pauschal ermittelt worden sind, können ebenfalls in die Ermittlung des Grundfreibetrages einbezogen werden. Für derartige pauschal ermittelte Gewinne kann allerdings nur der Grundfreibetrag, nicht aber ein investitionsbedingter Gewinnfreibetrag geltend gemacht werden.
Bei Inanspruchnahme der Sportlerpauschalierung (BGBl. II Nr. 418/2000) kann neben dem Grundfreibetrag auch ein investitionsbedingter Gewinnfreibetrag in Anspruch genommen werden. In diesem Fall ist ein Drittel des unter Berücksichtigung der Freibeträge ermittelten Gewinnes bei Ermittlung der Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen; zwei Drittel des unter Berücksichtigung der Freibeträge ermittelten Gewinnes sind progressionserhöhend zu berücksichtigen (§ 2 und § 3 der Sportlerpauschalierungsverordnung).
9.1.1.2 Höhe
3707
Rechtslage bis Veranlagung 2021 (vor 1.1.2022 beginnende Wirtschaftsjahre)
Der Gewinnfreibetrag beträgt bis zu einer Bemessungsgrundlage von 175.000 Euro 13%. Überschreitet die Bemessungsgrundlage diesen Betrag, steht für den Überschreitungsbetrag, abhängig von der Höhe der Überschreitung, ein reduzierter Gewinnfreibetrag zu. Für einen Überschreitungsbetrag bis 175.000 Euro stehen 7% und für weitere 230.000 Euro 4,5% Gewinnfreibetrag zu. Der Gewinnfreibetrag steht somit nur für Gewinne bis zu 580.000 Euro zu. Unter Zugrundelegung der Prozentstaffelung ergibt sich damit ein Maximalausmaß von 45.350 Euro.
Enden in einem Veranlagungsjahr mehrere Wirtschaftsjahre (zB ein abweichendes Wirtschaftsjahr und ein Rumpfwirtschaftsjahr) mit einerseits positivem und andererseits negativem Ergebnis, sind diese zu saldieren. Dies gilt analog dazu auch für jene Fälle, in denen mehrere Wirtschaftsjahre zu positiven Ergebnissen in einem Veranlagungsjahr führen.
Beispiele:
Fall 1 | Fall 2 | Fall 3 | |
Bemessungsgrundlage | 190.000 | 280.000 | 650.000 |
Höchstmögliches Ausmaß GFB | 23.800 1) | 30.100 | 45.350 |
Grundfreibetrag | 3.900 | 3.900 | 3.900 |
Verbleibender möglicher investitionsbedingter GFB | 19.900 | 26.200 | 41.450 |
Investitionen in begünstigte WG | 24.000 | 25.000 | 60.000 |
Investitionsbedingter GFB | 19.900 2) | 25.000 3) | 41.450 |
GFB gesamt | 23.800 | 28.900 | 45.350 |
Gewinn endgültig | 166.200 | 251.100 | 604.650 |
1) 22.750 (175.000 x 13%) + 1.050 (15.000 x 7%) = 23.800
2) 23.800 (Zeile 2) – 3.900 (Zeile 3) = 19.900
3) Mit der Höhe der Investitionen begrenzt
Rechtslage ab Veranlagung 2022 (nach dem 31.12.2021 beginnende Wirtschaftsjahre)
Der Gewinnfreibetrag beträgt bis zu einer Bemessungsgrundlage von 30.000 Euro 15%. Überschreitet die Bemessungsgrundlage diesen Betrag, steht für den Überschreitungsbetrag, abhängig von der Höhe der Überschreitung, ein reduzierter Gewinnfreibetrag zu. Für einen Überschreitungsbetrag bis 145.000 Euro stehen 13%, für weitere 175.000 Euro 7% und für weitere 230.000 Euro 4,5% Gewinnfreibetrag zu. Der Gewinnfreibetrag steht somit nur für Gewinne bis zu 580.000 Euro zu. Unter Zugrundelegung der Prozentstaffelung ergibt sich damit ein Maximalausmaß von 45.950 Euro.
Beispiele:
Fall 1 | Fall 2 | Fall 3 | |
Bemessungsgrundlage | 190.000 | 280.000 | 650.000 |
Höchstmögliches Ausmaß GFB | 24.400 1) | 30.700 | 45.950 4) |
Grundfreibetrag | 4.500 | 4.500 | 4.500 |
Verbleibender möglicher investitionsbedingter GFB | 19.900 | 26.200 | 41.450 |
Investitionen in begünstigte WG | 24.000 | 25.000 | 60.000 |
Investitionsbedingter GFB | 19.900 2) | 25.000 3) | 41.450 |
GFB gesamt | 24.400 | 29.500 | 45.950 |
Gewinn endgültig | 165.600 | 250.500 | 604.050 |
1) 4.500 (30.000 x 15%) + 18.850 (145.000 x 13%) + 1.050 ([190.000-30.000-145.000=15.000] x 7%) = 24.400
2) 24.400 (Zeile 2) – 4.500 (Zeile 3) = 19.900
3) Mit der Höhe der Investitionen begrenzt
4) Deckel
Enden in einem Veranlagungsjahr mehrere Wirtschaftsjahre (zB ein abweichendes Wirtschaftsjahr und ein Rumpfwirtschaftsjahr), sind die Ergebnisse zu saldieren.
3708
Übersteigt bei mehreren Betrieben die Bemessungsgrundlage insgesamt 30.000 Euro (vor 1.1.2022 beginnende Wirtschaftsjahre: 175.000 Euro), ist gemäß § 10 Abs. 1 Z 7 EStG 1988 auf Basis der gestaffelten Sätze ein Durchschnittssatz zu ermitteln. Dabei ist zunächst der höchstmögliche Gewinnfreibetrag des Steuerpflichtigen auf Grundlage der Gewinne der einzelnen Betriebe an Hand der gestaffelten Sätze zu errechnen. Daraus ist ein Durchschnittssatz (Gewinnfreibetrag dividiert durch die Bemessungsgrundlage) abzuleiten. Dieser ist sodann für das Höchstausmaß des Gewinnfreibetrages für jeden einzelnen Betrieb maßgebend.
Bei mehreren Betrieben ist der Grundfreibetrag von höchstens 4.500 Euro (vor 1.1.2022 beginnende Wirtschaftsjahre: 3.900 Euro) grundsätzlich vom Steuerpflichtigen zuzuordnen, subsidiär erfolgt eine Zurechnung im Verhältnis der Gewinne. Übersteigt die Bemessungsgrundlage insgesamt 30.000 Euro, steht unter der Voraussetzung entsprechender Investitionen bei jedem Betrieb in Höhe des Durchschnittssatzes ein investitionsbedingter Gewinnfreibetrag zu, soweit diesem Betrieb nicht ohnehin schon ein Grundfreibetrag zugeordnet ist.
Beispiel:
Betrieb A | Betrieb B | Betrieb C | Gesamt | |
Bemessungsgrundlagen | 40.000 | 90.000 | 50.000 | 180.000 |
Höchstmögliches Ausmaß GFB für den Steuerpflichtigen insgesamt | 23.700 1) | |||
Durchschnittssatz | 13,16% 2) | |||
Betriebsbezogene Höchstgrenze für GFB (13,16%1) des Gewinns) | 5.267 | 11.850 | 6.583 | 23.700 |
Grundfreibetrag (Zuordnung durch Steuerpflichtigen) | – | – | 4.500 | 4.500 |
Verbleibender möglicher investitionsbedingter GFB gesamt | 19.200 | |||
Verbleibender möglicher investitionsbedingter GFB betriebsbezogen | 5.267 | 11.850 | 2.083 3) | 19.200 |
Investitionen in begünstigte WG | 6.000 | 13.000 | 2.600 | |
Berücksichtigter investitionsbedingter GFB | 5.267 | 11.850 | 2.083 | 19.200 |
Berücksichtigter GFB | 5.267 | 11.850 | 6.583 | 23.700 |
Betriebliche Einkünfte endgültig | 34.733 | 78.150 | 43.417 | 156.300 4) |
1) 4.500 (30.000 x 15%) + 18.850 (145.000 x 13%) + 350 ([180.000-30.000-145.000=5.000] x 7%) = 23.700
2) Periodisch
3) Da diesem Betrieb der Grundfreibetrag zugeordnet wurde, ist dieser vom betriebsbezogenen Höchstbetrag abzuziehen; der verbleibende Restbetrag stellt das Potenzial für den investitionsbedingten GFB dar.
4) = 180.000 (Bemessungsgrundlagen gesamt) – 23.700 (GFB gesamt)
3709
Übersteigt die Summe der Betriebsgewinne den Betrag von 580.000 Euro, beträgt der Gewinnfreibetrag höchstens 45.950 Euro (vor dem 1.1.2022 beginnende Wirtschaftsjahre: 45.350 Euro). Aus diesem Höchstbetrag ist der Durchschnittssatz abzuleiten und dieser auf die einzelnen Betriebsgewinne anzuwenden.
Beispiel:
Betrieb A | Betrieb B | Betrieb C | Gesamt | |
Bemessungsgrundlagen | 40.000 | 90.000 | 460.000 | 590.000 |
Höchstmögliches Ausmaß GFB für den Steuerpflichtigen insgesamt | 45.950 | |||
Durchschnittssatz | 7,7881% 1) | |||
Betriebsbezogene Höchstgrenze bei Anwendung des Durchschnittssatzes | 3.115 | 7.009 | 35.826 | 45.950 |
Grundfreibetrag | – | – | 4.500 | 4.500 |
Verbleibender möglicher investitionsbedingter GFB gesamt | 41.450 | |||
Verbleibender möglicher investitionsbedingter GFB betriebsbezogen | 3.115 | 7.009 | 31.326 | 41.450 |
Investitionen in begünstigte WG | 4.000 | 8.000 | 32.000 | |
Berücksichtigter investitionsbedingter GFB | 3.115 | 7.009 | 31.326 | 41.450 |
Berücksichtigter GFB | 3.115 | 7.009 | 35.826 | 45.950 |
Betriebliche Einkünfte endgültig | 36.885 | 82.991 | 424.174 | 544.050 2) |
1) (45.950: 590.000) x 100
2) Betriebsgewinne gesamt (590.000) abzüglich GFB gesamt (45.950)
3710
Bei der Ermittlung des Gewinnfreibetrages sind auch ausländische Teile einer betrieblichen Einkunftsquelle zu berücksichtigen.
Der maximal mögliche Gewinnfreibetrag wird auf Basis des gesamten Betriebsgewinnes ermittelt. Bei DBA mit Befreiungsmethode ist der Gewinnfreibetrag entsprechend dem Anteil der inländischen und der ausländischen Einkünfte aufzuteilen. Dadurch kürzt der Gewinnfreibetrag auch den ausländischen Teil des Gewinnes und wirkt sich daher beim Progressionsvorbehalt aus.
Beispiel:
Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 100, davon im Inland 30 und im Ausland 70.
Inländische Einkünfte nach GFB 25,50 (30 – 15%).
Progressionseinkünfte nach GFB 59,50 (70 – 15%).
Auch bei teilweisen Verlusten ist der gesamte Gewinn die Obergrenze hinsichtlich der Ermittlung des maximal möglichen Gewinnfreibetrages. Wird im inländischen Teil ein Gewinn und im Ausland ein Verlust erzielt, ist der Verlust nach § 2 Abs. 8 EStG 1988 in Österreich zu berücksichtigen und kürzt somit den maximal möglichen Gewinnfreibetrag.
Beispiel:
Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 80, davon im Inland 100, im Ausland -20. Da die negativen ausländischen Einkünfte in Österreich zu berücksichtigen sind, kann der GFB nur von 80 bemessen werden.
In Fällen, in denen ein Verlust im Inland und im Ausland ein diesen Verlust übersteigender Gewinnteil erzielt wird, ist ebenfalls der gesamte Gewinn die Obergrenze für die Bemessung des Gewinnfreibetrages. Dies ist jedoch nur dann relevant, wenn im Inland aus anderen nicht betrieblichen Einkunftsquellen positive Einkünfte erzielt werden.
Beispiel:
Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 80, davon im Inland -20, im Ausland 100; zusätzlich inländische Einkünfte aus VuV in Höhe von 50.
Inländische gewerbliche Einkünfte -20 (kein GFB möglich).
Progressionseinkünfte nach GFB 88 (100 – 15% von 80).
9.1.1.3 Grundfreibetrag
3711
Tätigt der Steuerpflichtige keine Investitionen, steht ihm jedenfalls ein Grundfreibetrag in Höhe von 15% (vor 1.1.2022 beginnende Wirtschaftsjahre: 13%) des Gewinnes, höchstens aber in Höhe von 15% (vor 1.1.2022 beginnende Wirtschaftsjahre: 13%) von 30.000 Euro zu. Der Grundfreibetrag kann daher höchstens 4.500 Euro (vor 1.1.2022 beginnende Wirtschaftsjahre: 3.900 Euro) betragen. Bei zwei oder mehreren betrieblichen Einkunftsquellen kann der Steuerpflichtige den Grundfreibetrag den einzelnen Betrieben (einschließlich Mitunternehmeranteilen) zuordnen, maximal jedoch in Höhe von 15% (vor 1.1.2022 beginnende Wirtschaftsjahre: 13%) des Gewinnes der jeweiligen betrieblichen Einkunftsquelle.
Der Grundfreibetrag steht dem Steuerpflichtigen pro Veranlagungsjahr nur einmal zu. Enden in einem Veranlagungsjahr mehrere Wirtschaftsjahre (zB ein abweichendes Wirtschaftsjahr und ein Rumpfwirtschaftsjahr) mit einerseits positivem und andererseits negativem Ergebnis, sind diese zu saldieren. Dies gilt analog dazu auch für jene Fälle, in denen mehrere Wirtschaftsjahre zu positiven Ergebnissen in einem Veranlagungsjahr führen.
Bei Mitunternehmerschaften steht der Grundfreibetrag entsprechend dem Gewinnanteil zu; soweit einzelne Mitunternehmer andere betriebliche Einkunftsquellen besitzen, kann sich daraus ebenfalls nur ein Grundfreibetrag von insgesamt höchstens 4.500 Euro (vor 1.1.2022 beginnende Wirtschaftsjahre: 3.900 Euro) pro Person und Veranlagungsjahr ergeben.
3712
Der Grundfreibetrag wird im Einkommensteuerverfahren (Formular E 1a) auch ohne besondere Geltendmachung automatisch zuerkannt. Dies gilt aber nicht im Feststellungsverfahren nach § 188 BAO. Bei zwei oder mehreren Betrieben erfolgt in Fällen ohne Zuordnung durch den Steuerpflichtigen eine Aufteilung nach dem Verhältnis der Gewinne.
9.1.1.4 Investitionsbedingter Gewinnfreibetrag
3713
Der Grundfreibetrag erhöht sich um einen „investitionsbedingten Gewinnfreibetrag“: Innerhalb des Höchstbetrages von 45.950 Euro (vor 1.1.2022 beginnende Wirtschaftsjahre: 45.350 Euro) berechnet sich das maximale Ausmaß der Erhöhung aus der Anwendung der gestaffelten Sätze auf die 30.000 Euro übersteigende Bemessungsgrundlage. Voraussetzung dafür ist, dass die Erhöhung zur Gänze durch Investitionen in begünstigte Wirtschaftsgüter gedeckt ist.
Das Ausmaß der Erhöhung ist somit zweifach limitiert, und zwar mit
- dem Betrag, der sich aus der Anwendung der gestaffelten Prozentsätze auf die 30.000 Euro übersteigende Bemessungsgrundlage ergibt, sowie
- der Summe der Anschaffungs- oder Herstellungskosten begünstigter Wirtschaftsgüter.
Der niedrigere Betrag stellt den investitionsbedingten Gewinnfreibetrag dar.
3714
Die COVID-19-Investitionsprämie für Unternehmen nach dem Investitionsprämiengesetz, BGBl. I Nr. 88/2020, stellt gemäß § 124b Z 365 EStG 1988 keine Betriebseinnahme dar. § 6 Z 10 und § 20 Abs. 2 EStG 1988 sowie § 12 Abs. 2 KStG 1988 sind auf sie nicht anwendbar. Somit werden die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten begünstigter Wirtschaftsgüter (§ 10 Abs. 1 Z 4 EStG 1988) durch die Investitionsprämie nicht gekürzt.
9.1.1.5 Mehrere Einkunftsquellen
3715
Bei mehreren begünstigungsfähigen Einkunftsquellen (Betrieben einschließlich Mitunternehmeranteilen) kann der Steuerpflichtige frei entscheiden, welcher betrieblichen Einkunftsquelle bzw. welchen betrieblichen Einkunftsquellen und gegebenenfalls in welchem Ausmaß er den Grundfreibetrag zuordnet (höchstens aber 15% des jeweiligen Betriebsgewinnes, maximal 4.500 Euro; vor 1.1.2022 beginnende Wirtschaftsjahre: 13%, maximal 3.900 Euro). Unterbleibt eine Zuordnung, erfolgt die Aufteilung nach dem Verhältnis der Gewinne.
Beispiel:
Ein Steuerpflichtiger erzielt im Jahr 2022 im Gewerbebetrieb A einen Gewinn von 40.000 Euro und im Gewerbebetrieb B einen Gewinn von 10.000 Euro. In Betrieb B werden begünstigte Wirtschaftsgüter in Höhe von 1.000 Euro angeschafft. Der Grundfreibetrag von insgesamt 4.500 Euro kann vom Steuerpflichtigen zB zur Gänze dem Betrieb A zugeordnet werden (siehe a). Der Steuerpflichtige könnte auch beispielsweise 3.000 Euro dem Betrieb A und 1.500 Euro (= Maximalbetrag für Betrieb B) dem Betrieb B zuordnen (siehe b); dies wäre allerdings – ebenso wie wenn er eine Zuordnung unterlässt – nachteilig (siehe c).
a) Zuordnung zur Gänze zum Betrieb A:
Betrieb A | Betrieb B | |
Gewinn vor Gewinnfreibetrag | 40.000 | 10.000 |
Maximaler Gewinnfreibetrag 1) | 5.800 | 1.300 |
Investitionen begünstigte WG | – | 1.000 |
Grundfreibetrag | 4.500 | 0 |
Investitionsbedingter Gewinnfreibetrag | 0 | 1.000 |
Gewinnfreibetrag insgesamt | 4.500 | 1.000 |
Gewinn endgültig | 35.500 | 9.000 |
Einkünfte aus Gewerbebetrieb | 44.500 |
1) Bei 50.000 € Gewinn steht insgesamt ein GFB von 7.100 € zu.
b) Zuordnung nach Wahl: Betrieb A 3.000 €, Betrieb B 1.500 €:
Betrieb A | Betrieb B | |
Gewinn vor Gewinnfreibetrag | 40.000 | 10.000 |
Maximaler Gewinnfreibetrag | 5.600 | 1.500 |
Investitionen begünstigte WG | – | 1.000 |
Grundfreibetrag | 3.000 | 1.500 |
Investitionsbedingter Gewinnfreibetrag | 0 | 0 1) |
Gewinnfreibetrag insgesamt | 3.000 | 1.500 |
Gewinn endgültig | 37.000 | 8.500 |
Einkünfte aus Gewerbebetrieb | 45.500 |
1) Kein investitionsbedingter Gewinnfreibetrag, da die Bemessungsgrundlage schon durch den Grundfreibetrag ausgeschöpft wurde.
c) Keine Zuordnung, daher Aufteilung des Grundfreibetrages nach dem Gewinnverhältnis:
Betrieb A | Betrieb B | |
Gewinn vor Gewinnfreibetrag | 40.000 | 10.000 |
Maximaler Gewinnfreibetrag 1) | 5.680 | 1.420 |
Investitionen begünstigte WG | – | 1.000 |
Grundfreibetrag 1) | 3.600 | 900 |
Investitionsbedingter Gewinnfreibetrag | 0 | 520 |
Gewinnfreibetrag insgesamt | 3.600 | 1.420 |
Gewinn endgültig | 36.400 | 8.580 |
Einkünfte aus Gewerbebetrieb | 44.980 |
1) Aufteilung im Verhältnis der Gewinne (80% : 20%).
9.1.2 Begünstigte Investitionen
9.1.2.1 Begünstigte Wirtschaftsgüter
3716
Voraussetzung für den investitionsbedingten Gewinnfreibetrag ist, dass im betreffenden Wirtschaftsjahr abnutzbare körperliche Anlagegüter mit einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von mindestens vier Jahren angeschafft oder hergestellt worden sind.
Im Fall der gemischten (teils betrieblichen, teils privaten) Nutzung ist auf die Betriebsvermögenszugehörigkeit abzustellen: Bei Überwiegen der betrieblichen Nutzung können die gesamten Anschaffungs- oder Herstellungskosten berücksichtigt werden, im Fall des Überwiegens der privaten Nutzung liegt kein betriebliches Wirtschaftsgut vor, für das ein investitionsbedingter Gewinnfreibetrag geltend gemacht werden könnte.
Ein Freibetrag steht sowohl für notwendiges, als auch für gewillkürtes Betriebsvermögen zu (vgl. dazu Rz 469, 589 ff). Nicht betriebsnotwendige abnutzbare körperliche Wirtschaftsgüter werden durch die Geltendmachung eines investitionsbedingten Gewinnfreibetrags – anders als Wertpapiere (vgl. Rz 3719) – nicht zu notwendigem Betriebsvermögen und vermitteln bei Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 1 bzw. § 4 Abs. 3 EStG 1988 keine Berechtigung für den Freibetrag.
3717
Es besteht kein Ausschluss von Gebäudeinvestitionen (einschließlich Herstellungsaufwendungen eines Mieters oder sonstigen Nutzungsberechtigten auf ein Gebäude). Kosten für die Anschaffung oder Herstellung eines Gebäudes können in jenem Ausmaß zur Deckung eines investitionsbedingten Gewinnfreibetrages beitragen, in dem das Gebäude dem Betriebsvermögen zuzurechnen ist (siehe dazu Rz 557 ff).
Beispiele:
1. Ein angeschafftes Gebäude wird zu 90% privat und zu 10% betrieblich genutzt. Die Anschaffungskosten können infolge Zuordnung des gesamten Gebäudes zum Privatvermögen nicht zur Deckung eines investitionsbedingten Gewinnfreibetrages herangezogen werden.
2. Ein angeschafftes Gebäude wird zu 85% betrieblich und zu 15% privat genutzt. Die Anschaffungskosten können infolge Zuordnung des gesamten Gebäudes zum Betriebsvermögen zur Gänze zur Deckung eines investitionsbedingten Gewinnfreibetrages herangezogen werden.
3. In einem zu 85% betrieblich und zu 15% privat genutzten Gebäude wird der Privatbereich durch einen Herstellungsaufwand vollständig umgestaltet. Dieser (private) Herstellungsaufwand kann nicht zur Deckung eines investitionsbedingten Gewinnfreibetrages herangezogen werden.
3718
Der Gewinnfreibetrag steht im Herstellungsfall (erst) im Fertigstellungszeitpunkt für die gesamten Herstellungskosten zu.
Im Fall nachträglicher Anschaffungs- oder Herstellungskosten sind diese im Jahr ihres Anfallens für Zwecke des Freibetrages zu berücksichtigen. Nachträgliche Änderungen (Erhöhungen, Verminderungen) der ursprünglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten stellen hingegen rückwirkende Ereignisse iSd § 295a BAO dar und sind folglich im Jahr der ursprünglichen Anschaffung oder Herstellung für Zwecke des Investitionsfreibetrages zu berücksichtigen. Nachträgliche Verminderungen der Anschaffungs- oder Herstellungskosten ergeben sich bspw. durch die Gewährung von Rabatten, Skonti oder auch Gewährleistungen, weiters durch einen Nachlass des Kaufpreises oder anderer Bestandteile der Anschaffungs- oder Herstellungskosten.
Beispiel 1:
Im Jahr 1 wird eine Maschine (Nutzungsdauer fünf Jahre) um 10.000 Euro an den Steuerpflichtigen geliefert. In diesem Ausmaß wird ein investitionsbedingter Gewinnfreibetrag in Anspruch genommen. Im Jahr 2 fallen Montagekosten in Höhe von 500 Euro an. Diese nachträglichen Anschaffungskosten sind im Jahr des Anfallens, also im Jahr 2 zu aktivieren und können in diesem Jahr für den Freibetrag berücksichtigt werden.
Vorauszahlungen (Anzahlungen) auf Anschaffungs- oder Herstellungskosten führen zu keinem Freibetrag, da im Zeitpunkt der Vorauszahlung noch keine Anschaffung oder Herstellung vorliegt.
Beispiel 2:
Im Jahr 1 wird für eine Maschine (Nutzungsdauer fünf Jahre) eine Anzahlung in Höhe von 1.000 Euro geleistet. Die Maschine wird im Jahr 2 geliefert. Der Kaufpreis beträgt 5.000 Euro, davon werden – nach Abzug der Anzahlung – 4.000 Euro bezahlt. Die gesamten Anschaffungskosten von 5.000 Euro sind in die Bemessung des Freibetrages des Jahres 2 einzubeziehen. Die Anzahlung des Jahres 1 darf nicht in die Bemessung des Freibetrages des Jahres 1 einbezogen werden.
3719
Der investitionsbedingte Gewinnfreibetrag steht auch zu, wenn bestimmte Wertpapiere angeschafft werden. Die Wertpapiere sind in § 14 Abs. 7 Z 4 EStG 1988 umschrieben (siehe dazu Rz 3406c ff). Rückdeckungsversicherungen, die bei der Pensionsrückstellung auf das Ausmaß der erforderlichen Wertpapierdeckung anrechenbar sind, sind für die Inanspruchnahme des investitionsbedingten Gewinnfreibetrages nicht geeignet.
Im Falle der Wertpapieranschaffung müssen die Wertpapiere dem Anlagevermögen ab dem Anschaffungszeitpunkt mindestens vier Jahre gewidmet werden. Wertpapiere mit einer (Rest)Laufzeit von weniger als vier Jahren kommen als begünstigte Wirtschaftsgüter nicht in Betracht.
Bundesschatzscheine stellen auch bei Wahl einer Laufzeitvariante von weniger als vier Jahren begünstigte Wertpapiere dar; zur Vermeidung einer Nachversteuerung dürfen sie vor Ablauf von vier Jahren nicht aus dem Betriebsvermögen ausscheiden, sodass die Laufzeit gegebenenfalls verlängert werden muss.
Eine fondsgebundene Lebensversicherung stellt kein zur Deckung des Gewinnfreibetrages taugliches Wirtschaftsgut dar.
Als Anschaffungszeitpunkt ist bei Wertpapieren – unabhängig vom Zahlungsfluss und vom Zeitpunkt der Erteilung des Kaufauftrages – jener Zeitpunkt anzusehen, zu dem das Wertpapier für den Steuerpflichtigen verfügbar ist, das ist jener Zeitpunkt, zu dem das Wertpapier auf dem Depot eingebucht wurde (vgl. BFG 10.6.2014, RV/7100104/2013; BFG 23.10.2014, RV/5101024/2011).
Der Umtausch von Anteilen an einem Kapitalanlagefonds auf Grund einer Verschmelzung gemäß §§ 114 bis 127 InvFG 2011 gilt nicht als Tausch (§ 186 Abs. 4 InvFG 2011). Die neuen Anteile treten an die Stelle der alten.
Die Widmung für den investitionsbedingten Gewinnfreibetrag geschieht bei Wertpapieren durch Aufnahme in das zu führende gesonderte Verzeichnis (§ 10 Abs. 7 Z 2 EStG 1988). In diesem ist betriebsbezogen für jedes Wertpapier der in Anspruch genommene Gewinnfreibetrag der Höhe nach auszuweisen (siehe Rz 3733). Da die Widmung für Zwecke des Gewinnfreibetrages (nur) durch den Ausweis in dem gesonderten Verzeichnis erfolgt, können Wertpapiere, die zur Inanspruchnahme des Freibetrages angeschafft wurden, auch mit privaten Wertpapieren auf einem gemeinsamen Wertpapierdepot gehalten werden. Ebenso können Wertpapiere, die in mehreren Betrieben für Zwecke des investitionsbedingten Gewinnfreibetrages angeschafft wurden, auf einem einzigen Depot gehalten werden. Lautet das Depot auf mehrere Inhaber, muss die Anschaffung nachweislich durch den Steuerpflichtigen erfolgt sein.
Erfolgt eine Gewinnerhöhung, können Wertpapiere durch Aufnahme in das Verzeichnis für den Freibetrag (nach-)gewidmet werden.
Angeschaffte und im Verzeichnis ausgewiesene Wertpapiere gemäß § 14 Abs. 7 Z 4 EStG 1988 stellen in jenem Umfang, in dem sie einen investitionsbedingten Gewinnfreibetrag vermitteln, notwendiges Betriebsvermögen dar. Für die Bemessung des Gewinnfreibetrages sind bei Wertpapieren die tatsächlichen Anschaffungskosten, die sich mit dem Nennwert bzw. Erstausgabepreis nicht decken müssen, heranzuziehen. Eingekaufte Stückzinsen zählen zu den Anschaffungskosten des Wertpapiers.
Wird die Anschaffung der im Verzeichnis ausgewiesenen Wertpapiere fremdfinanziert, können Finanzierungsaufwendungen im Hinblick darauf, dass die Wertpapiererträge endbesteuert sind, nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden (§ 20 Abs. 2 EStG 1988). Im Fall der ohne vorhergehende Entnahme erfolgenden Veräußerung der Wertpapiere sind seit der Anschaffung angefallene Finanzierungsaufwendungen insoweit abzugsfähig, als sie die gesamten Wertpapiererträge übersteigen (vgl. Rz 4863).
Eine Veräußerung von Wertpapieren, für die ein Freibetrag geltend gemacht wurde, innerhalb der Behaltefrist ist insoweit unschädlich, als im selben Wirtschaftsjahr begünstigte körperliche Wirtschaftsgüter angeschafft oder hergestellt werden (Ersatzbeschaffung, siehe Rz 3737).
Für Wirtschaftsjahre, die nach dem 30. Juni 2014 endeten und vor dem 1. Jänner 2017 begannen, waren ausschließlich Wohnbauanleihen begünstigt. Diese Einschränkung ist aufgrund des § 124b Z 252 EStG 1988 nicht mehr anwendbar.
3720
Werden Wertpapiere, für die ein investitionsbedingter Gewinnfreibetrag in Anspruch genommen wurde, vorzeitig getilgt, treten innerhalb von zwei Monaten nachbeschaffte Wertpapiere im Umfang der Anschaffungskosten der vorzeitig getilgten Wertpapiere an deren Stelle; es unterbleibt eine Nachversteuerung, in den nachbeschafften Wertpapieren setzt sich der Lauf der Behaltefrist der getilgten Wertpapiere fort (siehe Rz 3737).
Sollte eine vorzeitige Tilgung von Wertpapieren im Kalendermonat Dezember erfolgen, bestehen keine Bedenken, wenn für das Jahr der Tilgung eine Ersatzbeschaffung der getilgten Wertpapiere bis spätestens 31. Jänner des Folgejahres erfolgt; die Ersatzbeschaffung ist dann als zum 31.12. des Jahres der Tilgung erfolgt anzusehen.
3721
Auch nach Ablauf der Behaltefrist stellen Wertpapiere, die zum Zweck der Deckung eines Gewinnfreibetrages angeschafft worden sind, Betriebsvermögen dar. Dies gilt auch außerhalb der Gewinnermittlung gemäß § 5 EStG 1988. Nur durch eine Entnahme scheiden sie aus dem Betriebsvermögen aus.
3722
Wertpapiere müssen im Jahr der Geltendmachung des Freibetrages die Voraussetzungen als begünstigtes Wirtschaftsgut erfüllen. Eine Änderung der Qualifikation als begünstigtes Wertpapier während der Behaltedauer, etwa weil Anlagebestimmungen eines Investmentfonds so geändert werden, dass die entsprechenden Anteile nicht mehr den gesetzlichen Voraussetzungen entsprechen, hat keine Auswirkung und stellt keinen Grund für eine Nachversteuerung dar.
9.1.2.2 Ausgeschlossene Wirtschaftsgüter
3723
Für folgende Wirtschaftsgüter kann gemäß § 10 Abs. 4 EStG 1988 kein investitionsbedingter Gewinnfreibetrag geltend gemacht werden:
- Personen- und Kombinationskraftfahrzeuge, ausgenommen Fahrschulkraftfahrzeuge sowie Kraftfahrzeuge, die zu mindestens 80% der gewerblichen Personenbeförderung dienen. Die Begriffe „Personenkraftwagen“ und „Kombinationskraftwagen“ sind im Sinne der Verordnung BGBl. II Nr. 193/2002 auszulegen.
- Luftfahrzeuge.
- Geringwertige Wirtschaftsgüter, die gemäß § 13 EStG 1988 abgesetzt werden.
- Gebrauchte Wirtschaftsgüter.
- Im Fall der Anschaffung ist von einem gebrauchten Wirtschaftsgut auszugehen, wenn es im Zeitpunkt der Anschaffung bereits einem nutzungsbedingten Wertverzehr unterlegen ist. Vorführgeräte (zB Vorführfahrzeuge) sind ab der Veranlagung 2023 nicht als gebrauchte Wirtschaftsgüter anzusehen. Ausstellungsstücke (bspw. auf Messen) oder im Probebetrieb (VwGH 4.3.2009, 2006/15/0378) eingesetzte Wirtschaftsgüter sind als ungebrauchte Wirtschaftsgüter zu werten. Ebenso sind dem Grunde nach begünstigte Fahrzeuge, die durch den Händler für einen Tag zugelassen wurden (Tageszulassungen), als ungebrauchte Wirtschaftsgüter zu werten.
- Für hergestellte Wirtschaftsgüter gilt:
- Ein ungebrauchtes Wirtschaftsgut liegt vor, wenn durch die Herstellung ein Wirtschaftsgut entsteht, das sich in seiner Verkehrsgängigkeit von jenem unterscheidet, aus dessen Bestandteilen es zusammengesetzt ist (in diesem Sinne VwGH 20.2.2008, 2006/15/0130).
- Wird ein Wirtschaftsgut hergestellt und stammen die Bestandteile aus Wirtschaftsgütern, die zuvor dieselbe Marktgängigkeit wie das hergestellte Wirtschaftsgut aufgewiesen haben, führt nicht schon die Herstellung selbst zu einem ungebrauchten Wirtschaftsgut. Das hergestellte Wirtschaftsgut ist ungebraucht, wenn der Wertanteil ungebrauchter Bestandteile und der Eigenleistung mindestens 75% der Herstellungskosten beträgt.
- Wird ein voll abgeschriebenes Wirtschaftsgut dergestalt generalüberholt, dass die Produktivität massiv erhöht wird, stellt dies eine Änderung der Wesensart dar; es liegt daher ein ungebrauchtes Wirtschaftsgut vor (VwGH 16.12.2009, 2009/15/0079).
9.1.2.3 Vierjährige Mindestnutzungsdauer
3724
Die angeschafften oder hergestellten abnutzbaren Wirtschaftsgüter müssen eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von mindestens vier Jahren haben. Als betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer ist jene anzunehmen, die der Bemessung der AfA zu Grunde gelegt wird (Rz 3113 ff).
Eine Inanspruchnahme des Freibetrages auf Grund nachträglicher Anschaffungs- oder Herstellungskosten ist bei einer vierjährigen Nutzungsdauer auch dann möglich, wenn die restliche Nutzungsdauer im Zeitpunkt des Anfalles der nachträglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten nicht mehr vier Jahre beträgt.
3725
Wird im Zuge abgabenrechtlicher Überprüfungen die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer auf weniger als vier Jahre reduziert, bleibt ein in Anspruch genommener Freibetrag bestehen, es sei denn, die seinerzeitige Nutzungsdauer wurde willkürlich festgelegt. Die Nutzungsdauer ist jedenfalls nicht willkürlich festgelegt worden, wenn ihr allgemein übliche AfA-Werte (zB Werte laut deutschen AfA-Tabellen, vgl. Rz 3115) zu Grunde liegen.
Wird im Zuge abgabenrechtlicher Überprüfungen die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer auf mindestens vier Jahre erhöht, kann der Freibetrag für das Jahr der Anschaffung oder Herstellung in Anspruch genommen werden.
Kommt es nachträglich (nach dem Jahr der Anschaffung bzw. Herstellung) wegen einer wesentlichen und dauernden Änderung der für die Nutzungsdauer maßgeblichen Verhältnisse zu einer Änderung der einmal geschätzten Nutzungsdauer, ergeben sich daraus für den Freibetrag keine Konsequenzen. Bei Absinken der Nutzungsdauer auf unter vier Jahre (etwa durch Einführung eines Mehrschichtbetriebes) hat daher keine Auflösung des ursprünglich zu Recht geltend gemachten Freibetrages zu erfolgen; bei Verlängerung der bisher nicht mindestens vier Jahre betragenden Nutzungsdauer (etwa Einstellung des Mehrschichtbetriebes) kann jedoch keine Bildung eines Freibetrages erfolgen.
9.1.2.4 Zurechnung zu einer Betriebsstätte im Inland
3726
Die begünstigten Wirtschaftsgüter müssen einem inländischen Betrieb oder einer inländischen Betriebsstätte zuzurechnen sein, der/die der Erzielung von betrieblichen Einkünften dient. Dazu ist eine körperliche Anwesenheit des Wirtschaftsgutes in einer Betriebsstätte im Inland nicht unbedingt erforderlich (zB bei LKWs, Containern). Das Wirtschaftsgut muss dem inländischen Betrieb oder der inländischen Betriebsstätte jedoch dienen, es muss eine funktionelle Zugehörigkeit gegeben sein; das Wirtschaftsgut muss somit dem Aufgabenbereich des inländischen Betriebes oder einer inländischen Betriebsstätte zuordenbar sein. Der geforderte Bezug zum inländischen Betrieb oder einer inländischen Betriebsstätte ergibt sich zB durch Leistungen für diese oder durch die Einsatzlenkung von dieser aus.
Erfolgen sämtliche kaufmännischen und einsatzorganisatorischen Maßnahmen von einem inländischen Betrieb oder einer inländischen Betriebsstätte aus, ist das Wirtschaftsgut diesem Betrieb/dieser Betriebsstätte funktional zuzuordnen. Dies auch dann, wenn das Wirtschaftsgut ausschließlich außerhalb des inländischen Betriebes oder einer inländischen Betriebsstätte stationiert ist und die Einsätze von diesem Ort aus erfolgen. Hat ein Unternehmer in einem solchen Fall nur im Inland einen Betrieb/eine Betriebsstätte, können alle zum Betriebsvermögen gehörigen Wirtschaftsgüter nur diesem Betrieb/dieser Betriebsstätte zugerechnet werden. Der Gewinnfreibetrag steht daher unter diesen Voraussetzungen auch für außerhalb des Betriebs/der Betriebsstätte eingesetzte Wirtschaftsgüter zu.
3727
Hat der Unternehmer hingegen (auch) eine Betriebsstätte außerhalb Österreichs, ist zu prüfen, ob ein im Ausland eingesetztes Wirtschaftsgut der ausländischen Betriebsstätte zuzurechnen ist. Wird ein Wirtschaftsgut in jenem ausländischen Staat eingesetzt, in dem sich eine Betriebsstätte befindet, ist regelmäßig von einer Zurechnung zu dieser Betriebsstätte auszugehen. Die Zurechnung zu einer ausländischen Betriebsstätte ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn ein Wirtschaftsgut für einen Einsatz in dieser ausländischen Betriebsstätte angeschafft wird. Wird ein Wirtschaftsgut zunächst in einer Betriebsstätte im Inland eingesetzt und sodann vor Ablauf der Behaltefrist in eine ausländische Betriebsstätte verbracht, ist der Gewinnfreibetrag gewinnerhöhend aufzulösen (§ 10 Abs. 5 EStG 1988, Rz 3735 ff). Eine gewinnerhöhende Auflösung unterbleibt nur dann, wenn es sich um einen bloß vorübergehenden Auslandseinsatz von nicht mehr als zwölf Monaten handelt.
3728
Wirtschaftsgüter, die aufgrund einer entgeltlichen Überlassung überwiegend außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes eingesetzt werden, gelten nicht als einem inländischen Betrieb oder einer inländischen Betriebsstätte zugehörig. Von einem inländischen Betrieb oder einer inländischen Betriebsstätte verleaste Wirtschaftsgüter müssen daher in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes eingesetzt werden (vgl. EuGH 4.12.2008, Rs C-330/07, Jobra, zu § 108e EStG 1988).
9.1.3 Ausweis in der Steuererklärung, Dokumentation begünstigter Wirtschaftsgüter
3729
Für die Inanspruchnahme des investitionsbedingten Gewinnfreibetrages sieht § 10 Abs. 7 EStG 1988 – anders als für den Grundfreibetrag – als weitere Voraussetzung den Ausweis des investitionsbedingten Gewinnfreibetrages in der Steuererklärung vor, und zwar getrennt nach körperlichen Anlagegütern und Wertpapieren. Wird nur die Geltendmachung des investitionsbedingten Gewinnfreibetrages in der Steuererklärung ausgewiesen, erfolgt die Berücksichtigung des Grundfreibetrages von Amts wegen.
3730
Die Antragstellung für den investitionsbedingten Gewinnfreibetrag (einschließlich einer allfälligen gegenüber dem Gewinnverhältnis abweichenden Zuordnung des Grundfreibetrages im Falle zweier oder mehrerer Betriebe) ist bis zur Rechtskraft des entsprechenden Einkommen- oder Feststellungsbescheides möglich. Die Begrenzung der Antragstellung bis zur Rechtskraft beschränkt die Möglichkeit der Geltendmachung des investitionsbedingten Gewinnfreibetrages bis zum erstmaligen Eintritt der Rechtskraft (vgl. VwGH 1.6.2017, Ro 2016/15/0024). Damit kann ein Steuerpflichtiger, der die Geltendmachung im Rahmen der Steuererklärung unterlassen hat, dies innerhalb der Beschwerdefrist nachholen. Nachfolgende Rechtskraftbeseitigungen (etwa in Folge eines Wiederaufnahmeverfahrens) führen jedoch zu keiner Öffnung der Antragsmöglichkeiten für Nachmeldungen. Das bedeutet, dass das betragliche Ausmaß eines möglichen Gewinnfreibetrages mit den konkret zur Bedeckung herangezogenen Wirtschaftsgütern und den jeweiligen gewählten Summen beschränkt ist.
3731
Wirtschaftsgüter, die der Deckung eines investitionsbedingten Gewinnfreibetrages dienen, sind in einem Verzeichnis auszuweisen. In diesem Verzeichnis ist für jeden Betrieb jeweils getrennt für körperliche Anlagegüter gemäß § 10 Abs. 3 Z 1 EStG 1988 (siehe Rz 3732) und Wertpapiere gemäß § 10 Abs. 3 Z 2 EStG 1988 (siehe Rz 3733) auszuweisen, in welchem Umfang die Anschaffungs- oder Herstellungskosten zur Deckung des investitionsbedingten Gewinnfreibetrages beitragen. Das Verzeichnis ist der Abgabenbehörde auf Verlangen vorzulegen. Eine Berichtigung des Verzeichnisses ist bis zum erstmaligen Eintritt der Rechtskraft des betreffenden Einkommensteuerbescheides oder Feststellungsbescheides möglich. Wirtschaftsgüter, die im Verzeichnis nicht enthalten sind, können nach Eintritt der erstmaligen Rechtskraft nicht (mehr) zur Deckung eines investitionsbedingten Gewinnfreibetrages herangezogen werden.
3732
Hinsichtlich abnutzbarer Wirtschaftsgüter ist der in Anspruch genommene Freibetrag bei Einnahmen-Ausgaben-Rechnern im Anlageverzeichnis (§ 7 Abs. 3 EStG 1988) beim jeweiligen Wirtschaftsgut der Höhe nach auszuweisen. Das Anlageverzeichnis ist dem Finanzamt auf Verlangen vorzulegen. Es bestehen keine Bedenken, wenn der Ausweis in einer getrennten Beilage zum Anlageverzeichnis erfolgt.
Bei Bilanzierern kann der Ausweis im Anlagenspiegel oder in einem eigenen Verzeichnis erfolgen.
3733
Begünstigte Wertpapiere, für die der Gewinnfreibetrag in Anspruch genommen worden ist, sind in einem gesonderten Verzeichnis auszuweisen, das dem Finanzamt auf Verlangen vorzulegen ist; der Ausweis im Anlageverzeichnis gemäß § 7 Abs. 3 EStG 1988 ist für Wertpapiere nicht ausreichend. In dem Verzeichnis ist auszuweisen, in welchem Umfang die Anschaffungskosten des jeweiligen Wertpapiers zur Deckung des Freibetrages beitragen. Soweit Wertpapiere zur Deckung eines Gewinnfreibetrages nicht herangezogen worden sind, können sie ohne Nachversteuerung wieder veräußert werden.
3734
Der Freibetrag kann höchstens im Umfang der Anschaffungs- oder Herstellungskosten begünstigter Wirtschaftsgüter in Anspruch genommen werden, eine auch nur teilweise Ausschöpfung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten für den Freibetrag ist zulässig.
Unterbleibt bei den begünstigten körperlichen Wirtschaftsgütern im Anlageverzeichnis oder bei den Wertpapieren im gesonderten Verzeichnis eine genaue Darstellung, in welcher Höhe ein Freibetrag für das jeweilige Wirtschaftsgut in Anspruch genommen worden ist, ist im Fall der Verwirklichung des Nachversteuerungstatbestandes der Freibetrag im Umfang der vollen Anschaffungs- oder Herstellungskosten nachzuversteuern; dies gilt auch dann, wenn andere Wirtschaftsgüter vorhanden sind, um den gesamten in Anspruch genommenen Freibetrag durch Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu decken.
9.1.4 Behaltefrist, Nachversteuerung
3735
Scheiden Wirtschaftsgüter, für die der investitionsbedingte Gewinnfreibetrag geltend gemacht worden ist, vor Ablauf der Frist von vier Jahren aus dem Betriebsvermögen aus oder werden sie ins Ausland – ausgenommen im Falle der entgeltlichen Überlassung in einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einen Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes – verbracht, kommt es zu einer Nachversteuerung durch gewinnerhöhenden Ansatz des geltend gemachten Freibetrages. Dies hat im Wirtschaftsjahr des Ausscheidens oder des Verbringens zu erfolgen.
Wurde der investitionsbedingte Gewinnfreibetrag von sondersteuersatzbegünstigten Gewinnen geltend gemacht, erfolgt eine Nachversteuerung im Rahmen des Besteuerungsregimes, in dem sich der Gewinnfreibetrag ausgewirkt hat (siehe dazu Rz 3705).
Keine Nachversteuerung erfolgt in Fällen des Ausscheidens infolge höherer Gewalt oder wegen behördlichen Eingriffs (siehe dazu Rz 3864 ff sowie hinsichtlich Insolvenz Rz 3737).
Einem Ausscheiden durch höhere Gewalt ist eine durch den Tod des Betriebsinhabers zwangsweise ausgelöste Betriebsaufgabe gleichzuhalten; dies ist dann der Fall, wenn der Betrieb durch den Tod unmittelbar untergeht (zB bei höchstpersönlichen Tätigkeiten) oder auf Grund einer Erbausschlagung kein Betrieb auf die Erben übergeht. Gleiches gilt, wenn der Rechtsnachfolger eines Gesellschafters nach dessen Tod aufgrund von gesellschaftsrechtlichen Regelungen (Gesellschaftsvertrag) de facto zwangsweise aus der Gesellschaft ausscheidet.
Eine durch Erwerbsunfähigkeit ausgelöste Betriebsaufgabe ist als Ausscheiden durch höhere Gewalt zu betrachten. Ein Nachweis über die Krankheit und die damit einhergehende Erwerbsunfähigkeit ist zu erbringen (siehe dazu Rz 7315b).
3736
Die Behaltefrist läuft von Tag zu Tag. Sie beginnt mit dem der Anschaffung oder Herstellung folgenden Tag und endet vier Kalenderjahre nach diesem Tag.
Beispiel:
Am 12.8.2022 wird eine Maschine (Nutzungsdauer fünf Jahre) angeschafft, für die ein Freibetrag in Anspruch genommen wird. Die Behaltefrist beginnt mit dem 13.8.2022, 0.00 Uhr und endet am 12.8.2026, 24.00 Uhr.
3737
Im Falle des Ausscheidens von begünstigten Wertpapieren unterbleibt insoweit der gewinnerhöhende Ansatz, als im Jahr des Ausscheidens begünstigte körperliche Wirtschaftsgüter angeschafft oder hergestellt werden. Wertpapiere gemäß § 14 Abs. 7 Z 4 EStG 1988 kommen als Ersatzbeschaffungswirtschaftsgüter nicht in Betracht.
Der Steuerpflichtige hat im Anlageverzeichnis beim entsprechenden Ersatzbeschaffungswirtschaftsgut zu dokumentieren, in welcher Höhe ein Freibetrag aus einem ausgeschiedenen Wertpapier auf das entsprechende körperliche Wirtschaftsgut übertragen worden ist. Überdies ist der Zeitpunkt des Ausscheidens des Wertpapiers, von dem der übertragene Freibetrag stammt, zu dokumentieren (zum Fristenlauf bei Ersatzbeschaffung siehe Rz 3739 ff). Zur leichteren Lesbarkeit des Anlageverzeichnisses bestehen keine Bedenken, diese Dokumentation in einer gesonderten Beilage vorzunehmen.
Im selben Wirtschaftsjahr angeschaffte oder hergestellte begünstigungsfähige körperliche Anlagegüter sind zur Übertragung des Freibetrages jedenfalls heranzuziehen. Die ersatzbeschafften Wirtschaftsgüter dürfen im Fall eines Gewinnes in Höhe des übertragenen Freibetrages nicht in die Bemessungsgrundlage des Freibetrages im Jahr der Anschaffung oder Herstellung einbezogen werden.
Werden Wertpapiere vorzeitig getilgt, können zur Vermeidung einer Nachversteuerung an Stelle begünstigter körperlicher Wirtschaftsgüter innerhalb von zwei Monaten nach der vorzeitigen Tilgung begünstigte Wertpapiere angeschafft werden (Wertpapierersatzbeschaffung). In diesen Papieren setzt sich der Lauf der Frist unverändert fort. Derartige Ersatzpapiere sind im Verzeichnis als solche gesondert auszuweisen.
Im Fall der Insolvenz eines das Wertpapier begebenden Unternehmens gilt hinsichtlich der Nachversteuerungsverpflichtung Folgendes:
Das Wertpapier verbleibt bis zur Befriedigung der Gläubiger entsprechend der Konkursquote im Betriebsvermögen. Erst mit der Befriedigung sind die Voraussetzungen der Nachversteuerung nach § 10 Abs. 5 EStG 1988 (Ausscheiden aus dem Betriebsvermögen) erfüllt. Da es sich um eine vorzeitige Tilgung handelt, kann eine Wertpapierersatzbeschaffung vorgenommen werden. Eine Insolvenz stellt zwar ein von außen einwirkendes Ereignis dar, sie ist aber im Wirtschaftsleben als ein Fall typischer Betriebsgefahr keine höhere Gewalt im Sinne des § 10 Abs. 5 EStG 1988. Dementsprechend stellt sie keinen Grund für das Unterbleiben der Nachversteuerung dar.
3738
Ein Rückkauf von Wertpapieren im Rahmen einer Abwicklung nach dem Bundesgesetz über die Sanierung und Abwicklung von Banken (Sanierungs- und Abwicklungsgesetz – BaSAG), BGBl. I Nr. 98/2014, ist einer vorzeitigen Tilgung gleichzuhalten. Eine Nachversteuerung unterbleibt daher in Fällen, in denen sich das emittierende Institut gemäß den Bestimmungen des BaSAG in Abwicklung befindet bzw. aufgrund eines Bescheides der FMA gemäß § 162 BaSAG eine Abbaugesellschaft anstelle des Kreditinstitutes errichtet wurde und die betreffenden Wertpapiere vom Kreditinstitut oder der betreffenden Abbaugesellschaft zurückgekauft werden.
Verkäufe außerhalb des Anwendungsbereiches des BaSAG oder an Dritte sind, auch wenn es sich um „Notverkäufe“ handelt, einer vorzeitigen Tilgung nicht gleichzuhalten.
3739
Beim ersatzbeschafften Wirtschaftsgut wird der Fristenlauf des ausgeschiedenen Wertpapiers auf den Lauf der Frist von vier Jahren angerechnet. Erfolgen Wertpapierveräußerung und Wirtschaftsgutanschaffung oder -herstellung am selben Tag, wird im Ergebnis beim angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgut der ursprüngliche Fristenlauf fortgesetzt.
Beispiel:
Die Anschaffung von Wertpapieren erfolgte am 17.4.2022 unter Inanspruchnahme des Freibetrages in Höhe von 10.000 Euro. Am 12.2.2024 werden sämtliche angeschafften Wertpapiere veräußert. Am selben Tag wird eine begünstigte Maschine um 13.000 Euro angeschafft (Ersatzbeschaffung). Die Behaltefrist für diese Maschine hinsichtlich des Freibetrages von 10.000 Euro endet am 17.4.2026.
3740
Sollte die Veräußerung des Wertpapiers vor der Anschaffung/Herstellung des Ersatzwirtschaftsgutes erfolgt sein, ist die Zeitspanne zwischen Wertpapierveräußerung und Anschaffung/Herstellung des Ersatzwirtschaftsgutes dem ursprünglichen Fristenlauf des Wertpapiers hinzuzurechnen.
Beispiel:
Wertpapieranschaffung am 1.4.2022, Wertpapierveräußerung am 1.5.2023, Anschaffung der Maschine (Ersatzbeschaffung) am 1.7.2023. Die Behaltefrist für die ersatzbeschaffte Maschine endet am 1.6.2026 (1.4.2026 Ende der ursprünglichen vierjährigen Behaltefrist des Wertpapiers zuzüglich 2 Monate – Zeitspanne zwischen Wertpapierveräußerung und Maschinenanschaffung).
3741
Sollte die Anschaffung/Herstellung des Ersatzwirtschaftsgutes vor der Veräußerung des Wertpapiers erfolgt sein, ist beim angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgut der ursprüngliche Fristenlauf des Wertpapiers fortzusetzen. Es kommt zu keiner Verkürzung des Fristenlaufs, da die Anschaffung/Herstellung erst mit der Veräußerung des Wertpapiers zur „Ersatzbeschaffung“ wird.
3742
Stehen der Anschaffung eines Wirtschaftsgutes Wertpapieranschaffungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten gegenüber, erfolgt somit die Übertragung mehrerer aus Wertpapieranschaffungen stammender Freibeträge auf ein einziges Wirtschaftsgut, ist die Fortsetzung der Behaltefrist auf die einzelnen Wertpapieranschaffungen bezogen zu sehen.
Beispiel:
Wertpapieranschaffung 1 am 15.3.2022 um 200,
Wertpapieranschaffung 2 am 7.5.2023 um 500,
Wertpapieranschaffung 3 am 21.8.2024 um 300.
Veräußerung sämtlicher Wertpapiere am 14.11.2025, am selben Tag erfolgt die Anschaffung einer Maschine um 1.200. Im Umfang des Freibetrages von insgesamt 1.000 unterbleibt eine Nachversteuerung und ist keine Inanspruchnahme des Freibetrages im Jahr 2025 möglich („Übertragung“ des Freibetrages).
Hinsichtlich der Maschine endet die Behaltefrist in Bezug auf die Wertpapieranschaffung 1 am 15.3.2026, in Bezug auf die Wertpapieranschaffung 2 am 7.5.2027 und in Bezug auf die Wertpapieranschaffung 3 am 21.8.2028.
Wird die Maschine vor dem 16.3.2026 veräußert, ist der Freibetrag aus der Wertpapieranschaffung 1, 2 und 3 nachzuversteuern (1.000), da die Behaltefrist in Bezug auf sämtliche Wertpapieranschaffungen noch nicht abgelaufen ist.
Wird die Maschine nach dem 15.3.2026, aber vor dem 8.5.2027 veräußert, ist der Freibetrag aus der Wertpapieranschaffung 2 und 3 nachzuversteuern (800), da die Behaltefrist in Bezug auf diese Wertpapieranschaffungen noch nicht abgelaufen ist.
Wird die Maschine nach dem 7.5.2027, aber vor dem 22.8.2028 veräußert, ist der Freibetrag aus der Wertpapieranschaffung 3 nachzuversteuern (300), da die Behaltefrist in Bezug auf diese Wertpapieranschaffung noch nicht abgelaufen ist.
3743
Die Anpassung eines Freibetrages auf Grund nachträglicher Anschaffungs- oder Herstellungskosten löst keinen neuen Fristenlauf aus, ebenso die Anpassung des Freibetrages wegen nachträglich geänderter Anschaffungs- oder Herstellungskosten.
3744
Eine bloße Änderung in der Verwendung des Wirtschaftsgutes führt nicht zur Nachversteuerung. Wurde der Freibetrag von vornherein zu Unrecht gebildet, kann er mangels einer gesetzlichen Grundlage in einem der Folgejahre nicht aufgelöst werden. Eine Korrektur kann, unter Beachtung der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten, nur für das Jahr vorgenommen werden, in welchem die Bildung erfolgte.
3745
Bei entgeltlicher oder unentgeltlicher Übertragung des gesamten Betriebes oder bei Übertragung eines Teilbetriebes unter Mitübertragung des Wirtschaftsgutes wird die Nachversteuerungsverpflichtung auf den Erwerber überbunden. Es kommt beim Übernehmenden nur dann zur Nachversteuerung, wenn die Wirtschaftsgüter vor Ablauf der Behaltefrist aus dem Betriebsvermögen ausscheiden oder nicht mehr einer inländischen Betriebsstätte zuzurechnen sind. Wird bei Übertragung des (Teil)Betriebes das Wirtschaftsgut, für das der Freibetrag geltend gemacht worden ist, im Restbetrieb zurückbehalten, läuft die Behaltefrist beim Übertragenden weiter. Entsprechendes gilt bei Umgründungen.
Wird aus Anlass einer Betriebsveräußerung ein körperliches Wirtschaftsgut oder Wertpapier, für das der Freibetrag geltend gemacht worden ist, vor Ablauf der Behaltefrist ins Privatvermögen entnommen, kommt es zur Nachversteuerung. Der Nachversteuerungsbetrag ist Teil des Veräußerungsgewinnes (§ 24 EStG 1988).
Werden begünstigte Wirtschaftsgüter im Fall einer Betriebsaufgabe vor Ablauf der Behaltefrist ins Privatvermögen entnommen, kommt es zur Nachversteuerung. Der Nachversteuerungsbetrag ist Teil des Veräußerungsgewinnes (§ 24 EStG 1988).
3746
Der (freiwillige oder verpflichtende) Wechsel zur Bilanzierung löst noch keine Nachversteuerung aus, zu einer solchen kommt es erst, wenn die Wirtschaftsgüter nach dem Wechsel vor Ablauf der Behaltefrist ausscheiden oder nicht mehr einer inländischen Betriebsstätte zuzurechnen sind.
9.1.5 Mitunternehmerschaften
3747
Bei Mitunternehmerschaften können nur die Gesellschafter den Gewinnfreibetrag in Anspruch nehmen. Sowohl der Grundfreibetrag als auch der investitionsbedingte Gewinnfreibetrag, höchstens jedoch 45.950 Euro für die gesamte Mitunternehmerschaft (vor 1.1.2022 beginnende Wirtschaftsjahre: 45.350 Euro), sind bei den Mitunternehmern mit einem der Gewinnbeteiligung entsprechenden Teilbetrag anzusetzen. Die Aufteilung auf mehrere Gesellschafter hat nach Maßgabe des Anteils am steuerlichen Gewinn der Mitunternehmerschaft, somit nach Maßgabe des gesellschaftsvertraglich zustehenden Gewinnanteiles unter Berücksichtigung von Sonderbetriebseinnahmen und Sonderbetriebsausgaben zu erfolgen. Der Gewinnfreibetrag ist daher auf jene Gesellschafter, die positive steuerliche Beteiligungseinkünfte erzielen, entsprechend ihrer prozentuellen steuerlichen Gewinnbeteiligung aufzuteilen.
Im Fall der Beteiligung einer Körperschaft (zB GmbH & Co KG) kann der auf die Körperschaft entfallende Freibetrag (anteilige Höchstbetrag) bei dieser keine Wirkung entfalten; der auf die Körperschaft entfallende Freibetrag kann bei den anderen Gesellschaftern (natürlichen Personen) keine Erhöhung des Freibetrages bewirken.
Gehört der Mitunternehmeranteil zum Betriebsvermögen eines Betriebes eines Steuerpflichtigen, ist die Berücksichtigung des Gewinnfreibetrages nur im Rahmen der Gewinnermittlung dieses Betriebes möglich. Ergibt sich insgesamt ein Gewinn, teilt der darin enthaltene Gewinnanteil das Schicksal der betrieblichen Bemessungsgrundlage. Ergibt sich nach Verrechnung des Gewinnanteiles insgesamt ein Verlust, ist auch der Gewinnanteil vom Freibetrag ausgeschlossen.
Beispiel:
1. A ist mit 50%, B und C jeweils mit 25% am Gewinn und am Vermögen der ABC-OG (in der Folge: MU) beteiligt, die einen unternehmensrechtlichen Gewinn von 160.000 € erzielt. Von der MU werden begünstigte Wirtschaftsgüter (WG) im Wert von 8.000 € angeschafft. C hat im Sonderbetriebsvermögen begünstigte Wertpapiere in Höhe von 3.000 € angeschafft.
2. A hat zudem ein Einzelunternehmen (EU) und erzielt dort einen Gewinn von 240.000 €. Im Einzelunternehmen wurden begünstigte Wirtschaftsgüter im Wert von 35.000 € angeschafft. Er ordnet den Grundfreibetrag im Höchstausmaß dem MU-Anteil zu.
3. B hält den Mitunternehmeranteil im Betriebsvermögen seines Einzelunternehmens und erzielt in diesem Betrieb einen Gewinn von 175.000 €, insgesamt somit von 215.000 €. Im Einzelunternehmen wurden begünstigte Wirtschaftsgüter im Wert von 16.000 € angeschafft.
4. C hat neben seiner Beteiligung keine betrieblichen Einkünfte.
A | B | C | ||
Anteiliger Gewinn aus der MU | 80.000 | 40.000 | 40.000 | 160.000 |
Davon maximaler Gewinnfreibetrag aus MU | 10.700 | 5.350 | 5.350 | 21.400 |
Begünstigte WG in MU | 4.000 | 2.000 | 5.000 1) | |
MU-Anteil im Betriebsvermögen? | Nein | Ja | Nein | |
Grundfreibetrag | 2.250 2) | 0 3) | 1.125 4) | |
Investitionsbedingter Gewinnfreibetrag aus MU | 4.000 | 0 3) | 4.225 5) | |
Gewinnfreibetrag insgesamt aus MU | 6.250 | 0 | 5.350 | |
Steuerliches Ergebnis aus der MU | 73.750 | 40.000 | 34.650 | |
Gewinn des EU | 240.000 | 215.000 6) | – | |
Davon maximaler Gewinnfreibetrag | 27.900 | 26.150 | – | |
Begünstigte WG | 35.000 7) | 18.000 8) | – | |
Grundfreibetrag | 2.250 9) | 4.500 | – | |
Investitionsbedingter Gewinnfreibetrag EU | 25.650 10) | 18.000 | – | |
Gewinnfreibetrag insgesamt EU | 27.900 | 22.500 | – | |
Gewinnfreibetrag insgesamt MU + EU | 34.150 | 22.500 | 5.350 |
1) 2.000 anteilig aus MU und 3.000 im Sonderbetriebsvermögen.
2) Maximale Bemessungsgrundlage für den Grundfreibetrag aufgrund des Gewinnanspruchs 50% von 30.000 = 15.000, davon 15%.
3) MU-Anteil im Betriebsvermögen, daher Berücksichtigung auf Ebene des Einzelunternehmens.
4) Maximale Bemessungsgrundlage für den Grundfreibetrag aufgrund des Gewinnanspruchs 25% von 30.000 = 7.500, davon 15%.
5) Der Maximalbetrag errechnet sich in diesem Fall wie folgt: maximal anteiliger Gewinnfreibetrag minus anteiligem Grundfreibetrag (5.350 – 1.125).
6) einschließlich der 40.000 Gewinntangente aus der MU.
7) im EU.
8) 2.000 aus MU und 16.000 aus EU.
9) Noch nicht ausgeschöpfter Grundfreibetrag (4.500 abzüglich 2.250 aus Mitunternehmerschaft).
10) 27.900 abzüglich „verbrauchter“ Grundfreibetrag 2.250.
3748
Bei Mitunternehmerschaften ist der den einzelnen Mitunternehmern zuzuordnende Gewinnfreibetrag wie folgt zu ermitteln:
1.Aufteilung des Grundfreibetrages entsprechend dem Gewinnanteil.
2.Aufteilung des möglichen investitionsbedingten Gewinnfreibetrages nach dem Gewinnanteil.
3.Prüfung, ob der mögliche investitionsbedingte Gewinnfreibetrag vermögensmäßig durch dem jeweiligen Gesellschafter zuzurechnende Wirtschaftsgüter (im gemeinschaftlichen Vermögen und/oder Sonderbetriebsvermögen) gedeckt ist. Dabei sind im Gesellschaftsvermögen stehende Wirtschaftsgüter den Gesellschaftern entsprechend ihrer Vermögensbeteiligung zuzurechnen. Mangels Vermögensbeteiligung kann einem reinen Arbeitsgesellschafter kein Anteil an begünstigungsfähigen Investitionen des gemeinschaftlichen Betriebsvermögens zugerechnet werden; Arbeitsgesellschafter können einen Freibetrag daher nur insoweit in Anspruch nehmen, als dieser durch Investitionen im Sonderbetriebsvermögen des Arbeitsgesellschafters gedeckt ist. Ein von einem Mitunternehmer nicht ausgenützter oder ausnützbarer Freibetrag kann von den anderen Mitunternehmern nicht genutzt werden.
Beispiel:
An der ABC-OG sind A mit 25%, B mit 35% und C mit 40% gewinnbeteiligt. Die Vermögensbeteiligung beträgt: A: 10%, B: 15% und C 75%.
Im Jahr 1 wurden folgende (begünstigte) Wirtschaftsgüter (WG) angeschafft:
WG | AK in € | Anteil A | Anteil B | Anteil C |
WG 1 | 34.000 | 3.400 | 5.100 | 25.500 |
WG 2 | 27.000 | 2.700 | 4.050 | 20.250 |
WG 3 | 4.500 | 450 | 675 | 3.375 |
WG 4 | 900 | 90 | 135 | 675 |
WG 5 | 650 | 65 | 97,50 | 487,50 |
Gesamt | 67.050 | 6.705 | 10.057,50 | 50.287,50 |
Die ABC-OG erzielt einen steuerlichen Gewinn von 115.000 €, davon entfallen – entsprechend der vertraglichen Gewinnaufteilung – auf A 28.750 €, auf B 40.250 € und auf C 46.000 €.
Den Mitunternehmern sind folgende Grundfreibeträge zuzuordnen:
Gewinnanteil | Grundfreibetrag 1) | Möglicher investitionsbedingter Gewinnfreibetrag 2) | Vermögensdeckung | |
A | 28.750,00 | 1.125,00 | 2.762,50 | 6.705,00 |
B | 40.250,00 | 1.575,00 | 3.867,50 | 10.057,50 |
C | 46.000,00 | 1.800,00 | 4.420,00 | 50.287,50 |
1) 15% von 30.000 x Gewinnanteil
2) 13% vom Gewinnanteil abzüglich Grundfreibetrag
Von den Mitunternehmern werden folgende Gewinnfreibeträge in Anspruch genommen:
A | B | C | |
Grundfreibetrag | 1.125,00 | 1.575,00 | 1.800,00 |
Investitionsbedingter Gewinnfreibetrag | |||
WG 1 | – | 3.867,50 | – |
WG 2 | 2.700,00 | – | 4.420,00 |
WG 3 | 62,50 | – | – |
WG 4, 5 | – | – | – |
Gesamter investitionsbedingter Gewinnfreibetrag | 2.762,50 | 3.867,50 | 4.420,00 |
Gesamter Gewinnfreibetrag | 3.887,50 | 5.442,50 | 6.220,00 |
3749
Ergibt sich im Einkommensteuerverfahren, dass das Höchstausmaß des Grundfreibetrages überschritten wurde, weil der Grundfreibetrag im Rahmen verschiedener Gewinnfeststellungsverfahren in einem insgesamt den Betrag von 4.500 Euro (vor 1.1.2022 beginnende Wirtschaftsjahre: 3.900 Euro) übersteigenden Ausmaß berücksichtigt worden ist, muss der Grundfreibetrag auf das Höchstausmaß zurückgeführt werden. Sollte wegen der Höchstbetragsüberschreitung eine Änderung eines Gewinnfeststellungsverfahrens erforderlich sein, stellt die Tatsache, dass sich das Überschreiten des Höchstbetrages aus einem anderen Verfahren ergibt, ein rückwirkendes Ereignis gemäß § 295a BAO in Bezug auf das betreffende Feststellungsverfahren dar. Kann die Höchstbetragsüberschreitung nicht bereits im Rahmen des Einkommensteuerverfahrens durch Kürzung des geltend gemachten Grundfreibetrages berücksichtigt werden, ist dem Steuerpflichtigen mittels Vorhaltes die Höchstbetragsüberschreitung zur Kenntnis zu bringen; er ist weiters aufzufordern, bekannt zu geben, im Rahmen welchen Feststellungsverfahrens eine Minderung des Grundfreibetrages eintreten soll. Aufgrund der Entscheidung des Steuerpflichtigen ist sodann das betreffende Feststellungsverfahren gemäß § 295a BAO zu ändern. Der geänderte Gewinnanteil ist sodann der Einkommensteuerveranlagung zu Grunde zu legen.
3750
Bei einer privat gehaltenen Beteiligung ist der Freibetrag für körperliche Wirtschaftsgüter im Anlageverzeichnis gesellschafterbezogen auszuweisen, für Wertpapiere hat in dem gesonderten Verzeichnis ein gesellschafterbezogener Ausweis zu erfolgen bzw. sind im Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters angeschaffte Wertpapiere in einem eigenen Verzeichnis des Gesellschafters auszuweisen; Rz 3733 gilt entsprechend.
3751
Wird eine Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft im Betriebsvermögen halten, gilt:
- Der Mitunternehmerschaft zuzurechnende körperliche Wirtschaftsgüter, für die im Einzelunternehmen ein Freibetrag beansprucht wird, sind beim Einzelunternehmen in einem gesonderten Verzeichnis darzustellen; Rz 3731 gilt entsprechend. Im Anlageverzeichnis (Verzeichnis) der Mitunternehmerschaft hat für den betreffenden Gesellschafter der Ausweis eines Freibetrages zu unterbleiben.
- Investitionen im Einzelunternehmen (körperliche Wirtschaftsgüter und Wertpapiere) können für einen aus der Mitunternehmerschaft stammenden Freibetrag verwendet werden. Investitionen in einer Mitunternehmerschaft (körperliche Wirtschaftsgüter und Wertpapiere) können höchstens in jenem Umfang für den Freibetrag berücksichtigt werden, in dem das Ergebnis aus der Beteiligung zum gesamten Freibetrag beiträgt.
Beispiel:
Gewinnanteil aus der Mitunternehmerschaft: | 5.000 |
Gewinn des Einzelunternehmens (vor MU-Gewinntangente): | 12.000 |
Gesamt: | 17.000 |
Höchstmöglicher Freibetrag daher 2.550
Die 2.550 können zur Gänze durch Investitionen im Einzelunternehmen gedeckt werden, es können aber auch Investitionen in der Mitunternehmerschaft zur Deckung des Freibetrages herangezogen werden, höchstens jedoch in Höhe von 15% des aus der Mitunternehmerschaft stammenden Gewinnanteils. Unzulässig ist es daher in diesem Fall, aus der Mitunternehmerschaft mehr Investitionen als 750 zur Deckung heranzuziehen, das heißt, es können fehlende Investitionen im Einzelunternehmen nicht durch Investitionen in der Mitunternehmerschaft ersetzt werden.
- Für ausgeschiedene Wertpapiere der Mitunternehmerschaft kommen als Ersatzbeschaffungswirtschaftsgüter nur von der Mitunternehmerschaft angeschaffte/hergestellte körperliche Wirtschaftsgüter in Betracht. Für ausgeschiedene Wertpapiere des Einzelunternehmens kommen als Ersatzbeschaffungswirtschaftsgüter nur vom Einzelunternehmer angeschaffte/hergestellte körperliche Wirtschaftsgüter in Betracht (siehe aber Rz 3737 zur vorzeitigen Tilgung von Wertpapieren).
- Bei Vorhandensein von Sonderbetriebsvermögen gilt Folgendes: Für ausgeschiedene Wertpapiere der Mitunternehmerschaft oder aus dem Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters kommen als Ersatzbeschaffungswirtschaftsgüter von der Mitunternehmerschaft oder vom Gesellschafter im Sonderbetriebsvermögen angeschaffte/hergestellte körperliche Wirtschaftsgüter in Betracht (siehe aber Rz 3737 zur vorzeitigen Tilgung von Wertpapieren).
Randzahlen 3752 bis 3800: derzeit frei
9.2 Investitionsfreibetrag (§ 11 EStG 1988)
9.2.1 Allgemeines und Verhältnis zu anderen Investitionsbegünstigungen
3801
Bei der Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern des abnutzbaren Anlagevermögens, die einem inländischen Betrieb oder einer inländischen Betriebsstätte zuzurechnen sind und eine Mindestnutzungsdauer von vier Jahren haben (siehe näher Rz 3814), kann ein Investitionsfreibetrag als Betriebsausgabe geltend gemacht werden. Dieser wird von den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten bemessen und zusätzlich zur Absetzung für Abnutzung des Wirtschaftsgutes gewährt. Der Abgabepflichtige hat hinsichtlich der Geltendmachung dem Grunde nach ein Wahlrecht (zur Höhe siehe Rz 3806 ff). Durch einen erhöhten Freibetrag für ökologische Investitionen werden klimafreundliche Maßnahmen zusätzlich gefördert (siehe Rz 3808).
3802
Wie bei der Absetzung für Abnutzung ist auch für den Investitionsfreibetrag Voraussetzung, dass das angeschaffte oder hergestellte Wirtschaftsgut dem Steuerpflichtigen zurechenbar ist, dh., dass er zumindest wirtschaftlicher Eigentümer des Wirtschaftsgutes ist (siehe Rz 123 ff). Folglich kann auch ein Leasingnehmer den Investitionsfreibetrag für geleaste Wirtschaftsgüter in Anspruch nehmen, wenn dieser wirtschaftlicher Eigentümer ist. Zu Mieterinvestitionen vgl. Rz 3123 und 3817.
3803
Die Absetzung für Abnutzung (§§ 7 und 8 EStG 1988) wird durch den Investitionsfreibetrag nicht berührt. Allerdings ist umgekehrt zu beachten, dass der Investitionsfreibetrag für Wirtschaftsgüter ausgeschlossen ist, für die in § 8 EStG 1988 ausdrücklich eine Sonderform der Absetzung für Abnutzung vorgesehen ist (§ 11 Abs. 3 Z 2 EStG 1988; siehe Rz 3817).
Kommt es im Jahr der Anschaffung oder Herstellung zu einer Teilwertabschreibung, ist die Geltendmachung des Investitionsfreibetrages in unveränderter Höhe auch neben der Teilwertabschreibung zulässig.
3804
Die Inanspruchnahme des Investitionsfreibetrages ist nur bei den betrieblichen Einkunftsarten zulässig und setzt die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich oder vollständige Einnahmen-Ausgaben-Rechnung voraus. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Inanspruchnahme ist – unabhängig von der Bezahlung – die Anschaffung oder Herstellung (siehe Rz 3819).
Damit steht die Inanspruchnahme des Investitionsfreibetrages auch Körperschaften offen. Vermögensverwaltende Körperschaften erzielen aufgrund des § 7 Abs. 3 KStG 1988 stets betriebliche Einkünfte und können daher bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen einen Investitionsfreibetrag in Anspruch nehmen (siehe dazu auch Rz 3810).
Der Investitionsfreibetrag steht jedoch nicht zu, wenn der Gewinn nach § 17 EStG 1988 oder einer darauf gestützten Pauschalierungsverordnung ermittelt wird (§ 11 Abs. 1 Z 4 EStG 1988).
3805
Da die für Zwecke des Investitionsfreibetrages begünstigte Investitionssumme mit Anschaffungs- oder Herstellungskosten von höchstens 1.000.000 Euro im Wirtschaftsjahr betraglich gedeckelt ist (Rz 3810), ist auch die gleichzeitige Inanspruchnahme forschungsfördernder Maßnahmen (Forschungsprämie gemäß § 108c EStG 1988) zulässig.
Bei natürlichen Personen ist auch die gleichzeitige Inanspruchnahme der Übertragung stiller Reserven (§ 12 EStG 1988) zulässig, allerdings vermindern sich durch die Übertragung stiller Reserven die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des begünstigten Wirtschaftsgutes für Zwecke des Investitionsfreibetrages.
Wirtschaftsgüter, für die der investitionsbedingte Gewinnfreibetrag geltend gemacht wurde, scheiden von der Inanspruchnahme des Investitionsfreibetrages aus (siehe zum Ausschlusskatalog gemäß § 11 Abs. 3 EStG 1988 Rz 3817). Allerdings ist der Anwendungsbereich der beiden Regelungen nicht deckungsgleich; so sind zB Gebäude oder Wertpapiere von der Inanspruchnahme des Investitionsfreibetrages generell ausgenommen, nicht hingegen von der Inanspruchnahme des investitionsbedingten Gewinnfreibetrages.
Die gleichzeitige Inanspruchnahme des Investitionsfreibetrages und der (befristeten) COVID-19-Investitionsprämie schließt sich nicht aus. Die COVID-19-Investitionsprämie führt nicht zu einer Kürzung der für den Investitionsfreibetrag maßgeblichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten (siehe Rz 3714).
9.2.2 Höhe und Deckelung
3806
Der Investitionsfreibetrag beträgt 10% der Anschaffungs- oder Herstellungskosten für Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens.
Für Wirtschaftsgüter, deren Anschaffung oder Herstellung dem Bereich Ökologisierung zuzuordnen ist, erhöht sich der Investitionsfreibetrag um 5% der Anschaffungs- oder Herstellungskosten und beträgt daher insgesamt 15% der Anschaffungs- oder Herstellungskosten.
In Zusammenschau mit dem Investitionshöchstbetrag von 1.000.000 Euro (siehe Rz 3810) ergibt sich aufgrund des Investitionsfreibetrages daher höchstens ein zusätzlicher Betriebsausgabenabzug von 100.000 (10%) bzw. 150.000 Euro (15%) pro Wirtschaftsjahr.
3807
Als Bemessungsgrundlage für die Berechnung des Investitionsfreibetrages kommen die (nachträglichen) Anschaffungs- oder Herstellungskosten (siehe Rz 2188 ff) bzw. die aktivierten Teilbeträge der Anschaffungs- oder Herstellungskosten in Betracht. § 6 Z 10 und § 12 Abs. 6 EStG 1988 sind gegebenenfalls zu beachten.
3808
Die dem Bereich Ökologisierung zuzuordnenden Investitionen werden im Wege einer noch zu erlassenden Verordnung näher festgelegt.
3809
Der Investitionsfreibetrag kann – ungeachtet des anzuwendenden Prozentsatzes (siehe Rz 3806) – insgesamt höchstens von Anschaffungs- oder Herstellungskosten in Höhe von 1.000.000 Euro im Wirtschaftsjahr geltend gemacht werden (Investitionshöchstbetrag). Umfasst das Wirtschaftsjahr nicht zwölf Monate, ist für jeden angefangenen Monat ein Zwölftel des Höchstbetrages anzusetzen (§ 11 Abs. 1 Z 2 EStG 1988), dh. im Fall eines Rumpfwirtschaftsjahres ist der Betrag entsprechend zu aliquotieren (für jeden angefangenen Monat ein Zwölftel).
Zu den Auswirkungen von Umgründungen mit abweichenden Stichtagen auf den Investitionshöchstbetrag siehe näher UmgrStR 2002 Rz 122.
3810
In Bezug auf den Investitionshöchstbetrag ist keine steuersubjektbezogene, sondern eine betriebsbezogene Betrachtung maßgeblich. Vor diesem Hintergrund gilt:
- Unterhält eine natürliche Person mehrere Betriebe, kann der Investitionsfreibetrag sowie der Investitionshöchstbetrag folglich mehrfach – einmal pro Betrieb – geltend gemacht werden.
- Mitunternehmerschaften haben als eigenständiges Gewinnermittlungssubjekt im Rahmen der Gewinnermittlung den Investitionsfreibetrag in Bezug auf Wirtschaftsgüter in ihrem eigenen (und einzigen; siehe Rz 5832) Betrieb geltend zu machen. Bei Anschaffungen/Herstellungen von begünstigten Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens durch die Mitunternehmerschaft kann der Investitionsfreibetrag von dieser nur einheitlich, dh. nicht gesondert nach Gesellschaftern geltend gemacht werden. Auch für Zwecke des Investitionshöchstbetrages ist bei Personengesellschaften von einem einheitlichen Betrieb auszugehen, sodass der Investitionshöchstbetrag nur einmal pro Personengesellschaft zusteht. Auch für Sonderbetriebsvermögen kann (im Rahmen des Investitionshöchstbetrages der Gesellschaft) ein IFB geltend gemacht werden.
- Hält ein Mitunternehmer die Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft im Betriebsvermögen eines eigenständigen Betriebes, kann der Investitionsfreibetrag auf beiden Betriebsebenen – einmal bezogen auf Anschaffungen/Herstellungen im eigenen Betrieb des Mitunternehmers, einmal bezogen auf Anschaffungen/Herstellungen im Betrieb der Mitunternehmerschaft (im Rahmen des Feststellungsverfahrens) – jeweils gesondert bis zur Höhe des jeweiligen betriebsbezogenen Investitionshöchstbetrages von 1.000.000 Euro ausgeschöpft werden. Bei einer doppelstöckigen Mitunternehmerschaft kann der IFB auch auf beiden Ebenen geltend gemacht werden, sofern im jeweiligen Betrieb jeweils begünstigte Investitionen getätigt werden. Die Aufteilung von Betriebsausgaben aufgrund eines auf Ebene einer Mitunternehmerschaft in Anspruch genommenen Investitionsfreibetrages auf deren Gesellschafter erfolgt grundsätzlich entsprechend der laufenden Gewinnverteilung. Weicht jedoch die Vermögensbeteiligung der Gesellschafter von der laufenden Gewinnverteilung an die Gesellschafter ab, folgt die Aufteilung des auf Ebene der Mitunternehmerschaft in Anspruch genommenen Investitionsfreibetrages – der Aufteilung von Betriebsausgaben aufgrund der Absetzung für Abnutzung entsprechend – der Vermögensbeteiligung. Betriebsausgaben aufgrund eines auf Ebene einer Mitunternehmerschaft in Anspruch genommenen Investitionsfreibetrages für Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters (zur Geltendmachung des Investitionsfreibetrages für Sonderbetriebsvermögen durch die Mitunternehmerschaft siehe den zweiten Aufzählungspunkt) sind nur diesem Gesellschafter zuzurechnen.
- Auch bei Kapitalgesellschaften ist für Zwecke des Investitionsfreibetrages von einem einheitlichen Betrieb auszugehen, sodass der Investitionshöchstbetrag von Anschaffungs- und Herstellungskosten iHv 1.000.000 Euro einmal pro Kapitalgesellschaft zusteht. Dies ergibt sich vor dem Hintergrund des § 7 Abs. 3 KStG 1988, wonach eine Kapitalgesellschaft ausschließlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt und für sämtliche Betätigungen eine einheitliche Gewinnermittlung vornimmt (vgl. KStR 2013 Rz 402). Folglich können auch vermögensverwaltende § 7 Abs. 3 KStG 1988-Körperschaften den Investitionsfreibetrag von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von höchstens 1.000.000 Euro geltend machen.
- Ist eine § 7 Abs. 3 KStG 1988-Körperschaft Gruppenmitglied oder Gruppenträger einer Unternehmensgruppe im Sinne des § 9 KStG 1988, bleibt diese ein eigenständiges Gewinnermittlungssubjekt, weshalb auch der Investitionsfreibetrag auf Ebene der jeweiligen Körperschaft geltend zu machen ist und der Investitionshöchstbetrag von 1.000.000 Euro einmal pro Körperschaft zusteht.
- Bei unter § 7 Abs. 2 KStG 1988 fallenden Körperschaften kann der Investitionsfreibetrag bzw. der Investitionshöchstbetrag – wie bei natürlichen Personen mit mehreren Betrieben (siehe erstes Aufzählungszeichen) – mehrfach geltend gemacht werden (pro Betrieb einmal).
Zum Investitionshöchstbetrag bei Umgründungen siehe UmgrStR 2002 Rz 123.
9.2.3 Erfasste Wirtschaftsgüter
9.2.3.1 Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens
3811
Der Investitionsfreibetrag kann nur für Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens geltend gemacht werden. Zur Abgrenzung von Betriebsvermögen und Privatvermögen vgl. Rz 455 ff, 479 ff, 571.
3812
Der Investitionsfreibetrag steht nur für Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens (Rz 612 ff) zu, nicht hingegen für Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens (zur Abgrenzung Anlagevermögen – Umlaufvermögen siehe Rz 606). Wird ein Wirtschaftsgut zunächst als Umlaufvermögen angeschafft und erst in einem der Anschaffung oder Herstellung nachfolgenden Wirtschaftsjahr in das Anlagevermögen überführt, ist die Geltendmachung eines Investitionsfreibetrages nicht (nachträglich) möglich. Die Geltendmachung eines Investitionsfreibetrages ist hingegen möglich, wenn das als Umlaufvermögen angeschaffte Wirtschaftsgut noch im Jahr der Anschaffung oder Herstellung in das Anlagevermögen überführt wird.
3813
Kommt einem bilanziellen Aktivposten nicht Wirtschaftsguteigenschaft zu (zB Bilanzierungshilfen, Rechnungsabgrenzungsposten, Verteilungspositionen gemäß § 4 Abs. 6 EStG 1988), steht hierfür auch kein Investitionsfreibetrag zu. Für nicht entgeltlich erworbene unkörperliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die dem Aktivierungsverbot des § 4 Abs. 1 letzter Satz EStG 1988 unterliegen, kann – sofern sie nicht ohnehin vom Ausschlusskatalog nach Maßgabe von § 11 Abs. 3 Z 4 EStG 1988 erfasst wären – ein Investitionsfreibetrag nicht geltend gemacht werden.
9.2.3.2 Vierjährige Nutzungsdauer
3814
Der Investitionsfreibetrag kann nur für Wirtschaftsgüter geltend gemacht werden, die eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von mindestens vier Jahren haben und inländischen Betrieben oder inländischen Betriebsstätten zuzurechnen sind, wenn der Betrieb oder die Betriebsstätte der Erzielung von betrieblichen Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 EStG 1988 dient. Dabei gelten Wirtschaftsgüter, die aufgrund einer entgeltlichen Überlassung überwiegend außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes – also in Drittstaaten – eingesetzt werden, als nicht einem inländischen Betrieb oder einer inländischen Betriebsstätte zugerechnet (vgl. Rz 3726 ff).
Gestaltungen durch konzerninterne Vermietung von Wirtschaftsgütern sind darüber hinaus unter dem Blickwinkel des Missbrauchs im Sinne des § 22 BAO zu prüfen.
3815
Wird im Zuge abgabenrechtlicher Überprüfungen die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer eines Wirtschaftsgutes, für das der Investitionsfreibetrag in Anspruch genommen wurde, auf weniger als vier Jahre reduziert, bleibt der in Anspruch genommene Investitionsfreibetrag bestehen, es sei denn, die seinerzeitige Nutzungsdauer wurde willkürlich festgelegt. Die Nutzungsdauer ist jedenfalls nicht willkürlich festgelegt worden, wenn ihr allgemein übliche AfA-Werte zu Grunde liegen.
3816
Kommt es nachträglich (nach dem Jahr der Anschaffung oder Herstellung) wegen einer wesentlichen und dauernden Änderung der für die Nutzungsdauer maßgeblichen Verhältnisse zu einer Änderung der ursprünglich geschätzten Nutzungsdauer, ergeben sich daraus für den Investitionsfreibetrag keine Konsequenzen. Bei Absinken der Nutzungsdauer auf unter vier Jahre (etwa durch Einführung eines Mehrschichtbetriebes) hat daher keine Nachversteuerung des ursprünglich zu Recht geltend gemachten Investitionsfreibetrages zu erfolgen; bei Verlängerung der Nutzungsdauer (etwa Einstellung des Mehrschichtbetriebes) kann jedoch keine nachträgliche Bildung eines Investitionsfreibetrages erfolgen.
9.2.3.3 Nicht begünstigte Wirtschaftsgüter
3817
Der Katalog der vom Investitionsfreibetrag ausgenommenen Wirtschaftsgüter nach § 11 Abs. 3 EStG 1988 orientiert sich an den gemäß § 7 Abs. 1a Z 1 EStG 1988 von der degressiven Absetzung für Abnutzung ausgenommenen Wirtschaftsgütern. Für folgende Wirtschaftsgüter kann der Investitionsfreibetrag nicht geltend gemacht werden:
- Wirtschaftsgüter, die zur Deckung eines investitionsbedingten Gewinnfreibetrages (Rz 3713) herangezogen werden und bereits dadurch begünstigt sind (siehe auch schon Rz 3805; Z 1). Der Ausschluss vom Investitionsfreibetrag gilt auch dann, wenn die Inanspruchnahme des investitionsbedingten Gewinnfreibetrages lediglich einen Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsgutes umfasst.
- Wirtschaftsgüter, für die in § 8 EStG 1988 ausdrücklich eine Sonderform der Absetzung für Abnutzung vorgesehen ist, ausgenommen Kraftfahrzeuge mit einem CO2-Emissionswert von 0 Gramm pro Kilometer (Z 2):
- Gebäude sind somit von der Inanspruchnahme des neuen Investitionsfreibetrages generell ausgeschlossen. Gleiches gilt für Mieterinvestitionen, wenn sie für sich wie Wirtschaftsgüter im wirtschaftlichen Eigentum des Mieters nach den Grundsätzen des § 8 EStG 1988 abgeschrieben werden (VwGH 24.10.2019, Ro 2018/15/0013).
- Dem für die degressive Absetzung für Abnutzung geltenden Ausnahmekatalog entsprechend sind auch für Zwecke des Investitionsfreibetrages Kraftfahrzeuge iSd § 8 Abs. 6 EStG 1988 mit einem CO2-Emissionswert von 0 Gramm pro Kilometer begünstigt (Rz 3262). Dies gilt auch für Vorführwagen und Tageszulassungen mit einem CO2-Emissionswert von 0 Gramm pro Kilometer. Ebenso sind Fahrschulkraftfahrzeuge sowie Kraftfahrzeuge, die zu mindestens 80% der gewerblichen Personenbeförderung dienen, IFB-fähig. Für diese dem Investitionsfreibetrag zugänglichen PKW ist die PKW-Angemessenheitsverordnung („Luxustangente“) zu beachten, sodass der IFB höchstens von Anschaffungskosten iHv 40.000 Euro zu bemessen ist.
- Geringwertige Wirtschaftsgüter, die gemäß § 13 EStG 1988 abgesetzt werden. Wird von der Sofortabschreibungsmöglichkeit nicht Gebrauch gemacht, steht (bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen) ein Investitionsfreibetrag zu (Z 3).
- Unkörperliche Wirtschaftsgüter, die nicht den Bereichen Digitalisierung, Ökologisierung oder Gesundheit/Life-Science zuzuordnen sind; ausgenommen vom Investitionsfreibetrag bleiben jedoch stets jene unkörperlichen Wirtschaftsgüter, die zur entgeltlichen Überlassung bestimmt sind oder von einem konzernzugehörigen Unternehmen bzw. von einem einen beherrschenden Einfluss ausübenden Gesellschafter erworben werden (Z 4).
- Gebrauchte Wirtschaftsgüter (Z 5).
- Anlagen, die der Förderung, dem Transport oder der Speicherung fossiler Energieträger dienen, sowie Anlagen, die fossile Energieträger direkt nutzen (Z 6). Vgl. Rz 3818.
3818
§ 11 Abs. 3 Z 6 EStG 1988 sieht vor, die darin genannten Anlagen in einer noch zu erlassenden Verordnung näher festzulegen.