19a.4 Verrechnung (Aktivierung) von Wartetastenverlusten
19a.4.1 Allgemeines
6042
Wartetastenverluste können auf zwei Arten genutzt werden, nämlich durch Verrechnung
- mit Gewinnanteilen und
- Einlagen (Einlageüberhängen) ins Gesellschaftsvermögen.
Die Verrechnung mit späteren Gewinnen bewirkt, dass diese im Umfang der Wartetastenverluste nicht steuerpflichtig sind. Da der Saldo aus Sonderbetriebseinnahmen und Sonderbetriebsausgaben schon bei der Entstehung des Wartetastenverlustes ausgeblendet wird, ist er auch hier nicht zu berücksichtigen.
Durch Einlagen(überhänge) ins Gesellschaftsvermögen werden Wartetastenverluste im Einlagenjahr „aktiviert“, das heißt, sie werden mit anderen Einkünften ausgleichs- und – soweit dies nicht möglich ist – vortragsfähig und zwar auch dann, wenn in diesem Jahr weitere Verlustanteile auf Wartetaste zu legen sind. Zum Begriff der Einlagen siehe unten Rz 6044 ff.
6043
Die Verrechnung erfolgt ehestmöglich. Liegen in einem Jahr sowohl ein Gewinnanteil als auch ein Einlagenüberhang vor, ist der Gewinnanteil vorrangig mit Wartetastenverlusten zu verrechnen.
Beispiel:
Es besteht ein Wartetastenverlust aus 2016 von -5.000. Der Ergebnisanteil aus der Mitunternehmerschaft (Sonderbetriebseinnahmen oder -ausgaben liegen nicht vor) für 2017 beträgt +3.000.
Dieser Gewinnanteil ist (unabhängig vom Kapitalkontenstand) mit dem Wartetastenverlust zu verrechnen und ist daher nicht steuerpflichtig. Es verbleibt ein Verlust von -2.000 auf Wartetaste.
Leistet der Mitunternehmer im Jahr 2018 Einlagen (Nachschüsse) von 3.000 (=Einlagenüberhang), werden 2018 auch die restlichen -2.000 ausgleichs- und vortragsfähig. Die zur Wartetastenaktivierung nicht mehr benötigten 1.000 füllen das Kapitalkonto auf, bei positivem Kapitalstand erhöhen sie das Verlustausgleichspotenzial für 2018.
19a.4.2 Relevante Einlagen iSd § 23a EStG 1988
6044
Einlagen sind nur insoweit relevant, als sie ins Gesellschaftsvermögen (Gesamthandvermögen der KG) erfolgen und tatsächlich geleistet werden. Ausstehende Einlagen erweitern den Stand des KapK I und damit des Verlustausgleichspotenzials von kapitalistischen Mitunternehmern nicht.
Gleichgültig ist, ob und wann Gewinnanteile oder Vergütungen iSd § 23 Z 2 EStG 1988 vom Gesellschafter entnommen werden. Entnahmen sind vielmehr nur dann iSd § 23a Abs. 3 EStG 1988 kapitalkontenrelevant, wenn sie außerhalb solcher Vergütungen Gesellschaftsvermögen (also KapK I) betreffen. Gleiches gilt – wie im vorstehenden Absatz gesagt – für Einlagen.
Für Zwecke des § 23a EStG 1988 ist vom unternehmensrechtlichen Einlagetatbestand auszugehen; das bedeutet, dass Forderungen aus Leistungsbeziehungen zwischen Gesellschafter und Gesellschaft nur dann das KapK I erhöhen, wenn auf diese ausdrücklich verzichtet wird (und damit auch gesellschaftsrechtlich eine Einlage vorliegt).
Beispiel:
Der kap. MU C überlässt der AC KG einen im SBV befindlichen G+B für jährlich 10. In der Regel werden die 10 tatsächlich geleistet, im Jahr 2016 wird jedoch bloß eine Forderung eingestellt.
Im Jahr 2017 verzichtet C auf diese Forderung.
Im Jahr 2016 liegt unternehmensrechtlich eine Forderung vor; steuerlich wird aufgrund § 23 Z 2 EStG 1988 die Leistungsbeziehung negiert und dementsprechend ist die Forderung von 10 Teil des steuerlichen Eigenkapitals. Da Sonderbetriebseinnahmen gemäß § 23a Abs. 3 Z 2 EStG 1988 nicht zu berücksichtigen sind, sind die 10 im KapK II zu erfassen.
Der Verzicht bewirkt im Jahr 2017 unternehmensrechtlich eine Einlage; es erhöht sich damit auch der Haftungsfonds. Dementsprechend sind sie aus dem KapK II auszuscheiden und erhöhen die 10 das KapK I.
6045
Wird eine Einlage lediglich vor dem Bilanzstichtag offenkundig deshalb geleistet, um die Ausgleichsfähigkeit von Verlusten zu erreichen, und bald darauf wieder entnommen, gilt sie nicht als dem Betriebsvermögen zugeführt, zumal sie auch nur kurzfristig die Haftung des kapitalistischen Mitunternehmers ganz oder teilweise ausschließt. Die Rechtsprechung des VwGH zu § 11 EStG 1972 und zu § 11a EStG 1988 (VwGH 11.05.1983, 82/13/0239; VwGH 09.11.1994, 92/13/0305; VwGH 24.06.2010, 2007/15/0261) ist sinngemäß anzuwenden.
6046
Als Einlage gilt auch eine tatsächliche Haftungsinanspruchnahme des Gesellschafters. Bloße Haftungszusagen oder ähnliche interne und auch externe Haftungsverpflichtungen reichen für eine Erweiterung des KapK I (oder für eine Aktivierung von bestehenden Wartetastenverlusten) nicht aus.
19a.5 Änderung der Rechtsstellung des Mitunternehmers
6047
Wird der kapitalistische Mitunternehmer zu einem unbeschränkt haftenden Mitunternehmer nach § 128 UGB (Komplementär, Offener Gesellschafter), löst dies eine Verrechenbarkeit der Wartetastenverluste aus, weil nunmehr eine unbeschränkte Haftung auch für Altschulden eintritt. Maßgebend ist die Stellung zum Schluss des Wirtschaftsjahres.
Wandelt sich die Stellung bloß auf Grund einer erhöhten Mitunternehmerinitiative, löst dies hingegen keine Verrechenbarkeit von bisherigen Wartetastenverlusten aus. Lediglich die ab diesem Zeitpunkt neu entstehenden Verluste unterliegen nicht mehr dem § 23a EStG 1988. Maßgeblich ist das Überwiegen im Wirtschaftsjahr.
19a.6 Ausscheiden des Mitunternehmers
6048
Bei der entgeltlichen Übertragung des Mitunternehmeranteils kommt es zu einer Verrechnung des restlichen Wartetastenverlustes mit dem Veräußerungsgewinn, der jedenfalls in Höhe des negativen Kapitalkontos, das nicht aufgefüllt werden muss (§ 24 Abs. 2 letzter Satz EStG 1988), anzusetzen ist. In der Regel werden damit die Wartetastenverluste aufgebraucht sein.
Sollten noch Wartetastenverluste verbleiben, wandeln sich diese – anders als bei § 2 Abs. 2a EStG 1988 – nicht in ausgleichs- oder vortragsfähige Verluste. Eine Aktivierung durch bspw. eine spätere Haftungsinanspruchnahme ist möglich.
Wird der Mitunternehmeranteil unentgeltlich übertragen, gehen die Wartetastenverluste auf den Übernehmer über und können vom Rechtsnachfolger weiterhin im Regime des § 23a EStG 1988 verrechnet werden.
19a.7 Sonderthemen zu § 23a EStG 1988
6049
Mehrstöckige Mitunternehmerschaften:
Bei mehrstöckigen Mitunternehmerschaften, bei denen den Beteiligten an der Obergesellschaft Einkünfte aus der Beteiligung der Obergesellschaft an der Untergesellschaft zuzurechnen sind, wirkt § 23a EStG 1988 bei den Gesellschaftern der Obergesellschaft, wenn diese von der Bestimmung erfasst sind. Da § 23a EStG 1988 nur natürliche Personen betrifft, besteht daher für eine an der Obergesellschaft beteiligte Kapitalgesellschaft keine Verlustausgleichsbeschränkung, wenn die Obergesellschaft in Bezug auf die Untergesellschaft die Stellung eines kapitalistischen Mitunternehmers hat.
Beispiel:
An der X-KG (Untergesellschaft) ist die Y-KG (Obergesellschaft) als Kommanditistin zu 30% kapitalistisch iSd § 23a EStG 1988 beteiligt. An der Y-KG sind die A-GmbH und Herr B jeweils zu 50% beteiligt.
Ein Verlust aus der X-KG ist zu 30% der Y-KG und in weiterer Folge zu je 15% der A-GmbH und Herrn B zurechnen. Der auf die A-GmbH entfallende anteilige Verlust aus der X-KG unterliegt nicht dem § 23a EStG 1988 und kann daher mit einem positiven eigenen Ergebnisanteil der Y-KG, der auf die A-GmbH entfällt, verrechnet werden. Erzielt die Y-KG selbst einen Verlust, ist bei der A-GmbH sowohl anteilig dieser als auch der anteilige Verlust aus der (mittelbaren) Beteiligung an der X-KG zu berücksichtigen.
Für natürliche Personen als Beteiligte an der Obergesellschaft ist § 23a EStG 1988 anzuwenden. Je nach Beteiligung der Obergesellschaft an der Untergesellschaft (erste Beteiligungsebene) und der Beteiligung der natürlichen Person an der Obergesellschaft (zweite Beteiligungsebene) ergeben sich unterschiedliche Rechtsfolgen:
1.Keine kapitalistische Beteiligung auf beiden Beteiligungsebenen
Die Verlustausgleichsbeschränkung des § 23a EStG 1988 kommt nicht zur Anwendung.
Beispiel 1:
An der X-KG (Untergesellschaft) ist die Y-KG (Obergesellschaft) zu 50% als Komplementärin beteiligt (erste Beteiligungsebene). An der Y-KG ist die natürliche Person A zu 50% als Komplementär beteiligt (zweite Beteiligungsebene).
Die X-KG erzielt einen Verlust von 1.000, der der Y-KG zu 50% iHv 500 und in weiterer Folge A zu 50% iHv 250 zuzurechnen ist. Die Y-KG erzielt einen (eigenen) Verlust von 1.400, der A zu 50% iHv 700 zuzurechnen ist.
Bei A sind weder der anteilige Verlust aus der mittelbaren Beteiligung an der X-KG (250) noch der Verlust aus der unmittelbaren Beteiligung an der Y-KG (700) von § 23a EStG 1988 betroffen. Daher ist bei ihm der gesamte Verlust von 950 ausgleichs- und vortragsfähig.
2.Kapitalistische Beteiligung auf beiden Beteiligungsebenen
Die Verlustausgleichsbeschränkung des § 23a EStG 1988 kommt jeweils auf beiden Beteiligungsebenen zur Anwendung.
Beispiel 2:
An der X-KG (Untergesellschaft) ist die Y-KG (Obergesellschaft) zu 50% als Kommanditistin kapitalistisch beteiligt (erste Beteiligungsebene). An der Y-KG ist die natürliche Person B zu 50% als Kommanditist kapitalistisch beteiligt (zweite Beteiligungsebene).
Die X-KG erzielt einen Verlust von 1.000, der der Y-KG zu 50% iHv 500 und in weiterer Folge B zu 50% iHv 250 zuzurechnen ist. Die Y-KG erzielt einen (eigenen) Verlust von 1.400, der B zu 50% iHv 700 zuzurechnen ist.
Bei B sind sowohl der anteilige Verlust aus der mittelbaren Beteiligung an der X-KG als auch der Verlust aus der unmittelbaren Beteiligung an der Y-KG von § 23a EStG 1988 betroffen. Daher ist bei ihm der gesamte Verlust von 950 weder ausgleichs- noch vortragsfähig. Der anteilige Verlust aus der Beteiligung an der X-KG (250) ist mit Gewinnen aus der X-KG auszugleichen; der anteilige Verlust aus der Beteiligung an der Y-KG ist mit Gewinnen aus der Y-KG und solchen aus der X-KG, die nach Verrechnung mit Wartetastenverlusten aus der X-KG in das Ergebnis der Y-KG einfließen, auszugleichen.
3.Kapitalistische Beteiligung auf der ersten Beteiligungsebene, keine kapitalistische Beteiligung auf der zweiten Beteiligungsebene
Die Verlustausgleichsbeschränkung des § 23a EStG 1988 kommt nur auf der ersten Beteiligungsebene zur Anwendung.
Beispiel 3:
An der X-KG (Untergesellschaft) ist die Y-KG (Obergesellschaft) zu 50% als Kommanditistin kapitalistisch beteiligt (erste Beteiligungsebene). An der Y-KG ist die natürliche Person C zu 50% als Komplementär beteiligt (zweite Beteiligungsebene).
Die X-KG erzielt einen Verlust von 1.000, der der Y-KG zu 50% iHv 500 und in weiterer Folge C zu 50% iHv 250 zuzurechnen ist. Die Y-KG erzielt einen (eigenen) Verlust von 1.400, der C zu 50% iHv 700 zuzurechnen ist.
Bei C ist der anteilige Verlust aus der mittelbaren Beteiligung an der X-KG von § 23a EStG 1988 betroffen, nicht aber der anteilige Verlust aus der unmittelbaren Beteiligung an der Y-KG. Daher ist bei ihm vom gesamten Verlust von 950 der Betrag von 250, der aus der mittelbaren Beteiligung stammt, nicht ausgleichs- und vortragsfähig, sodass der Betrag von 700 als ausgleichs- und vortragsfähig verbleibt. Der anteilige Verlust aus der Beteiligung an der X-KG (250) ist mit Gewinnen aus der X-KG auszugleichen.
4.Keine kapitalistische Beteiligung auf der ersten Beteiligungsebene, kapitalistische Beteiligung auf der zweiten Beteiligungsebene
Die Verlustausgleichsbeschränkung des § 23a EStG 1988 kommt auf der zweiten Beteiligungsebene für das Gesamtergebnis zur Anwendung.
Beispiel 4:
An der X-KG (Untergesellschaft) ist die Y-KG (Obergesellschaft) zu 50% als Komplementärin beteiligt (erste Beteiligungsebene). An der Y-KG ist die natürliche Person D zu 50% als Kommanditistin kapitalistisch beteiligt (zweite Beteiligungsebene).
Die X-KG erzielt einen Verlust von 1.000, der der Y-KG zu 50% iHv 500 und in weiterer Folge D zu 50% iHv 250 zuzurechnen ist. Die Y-KG erzielt einen (eigenen) Verlust von 1.400, der D zu 50% iHv 700 zuzurechnen ist.
Bei D ist der anteilige Verlust aus der mittelbaren Beteiligung an der X-KG von § 23a EStG 1988 nicht betroffen. Der anteilige Verlust iHv 250 ist somit dem anteiligen eigenen Verlust der Y-KG hinzuzurechnen (950). Da auf der zweiten Beteiligungsebene das Verlustausgleichsverbot des § 23a EStG 1988 greift, unterliegt das Gesamtergebnis von 950 dem Verlustausgleichsverbot. Dementsprechend sind bei D die gesamten Verluste aus der Beteiligung an der Y-KG mit Gewinnen aus der Beteiligung an der Y-KG zu verrechnen.
6049a
§ 23a EStG 1988 ist nur auf natürliche Personen, nicht aber auf Körperschaften anzuwenden. Ist im Fall einer doppelstöckigen Mitunternehmerschaft die Obergesellschaft kapitalistischer Mitunternehmer, gilt für die Obergesellschaft in Bezug auf § 23a EStG 1988 Folgendes:
1.§ 23a EStG 1988 ist im Feststellungsverfahren der Untergesellschaft anzuwenden, wenn in diesem Verfahren feststeht, dass § 23a EStG 1988 für alle an der Obergesellschaft Beteiligten wirkt. Das ist der Fall, wenn an der kapitalistisch beteiligten Obergesellschaft nur natürliche Personen beteiligt sind. In diesem Fall kommt § 23a EStG 1988 im Feststellungsverfahren der Obergesellschaft nicht zur Anwendung.
Beispiel 1:
An der ABC-KG sind die natürliche Person A als Komplementär und die natürliche Person B und die CDE-KG jeweils als Kommanditisten (kapitalistische Mitunternehmer) zu je einem Drittel beteiligt. An der CDE-KG sind die natürlichen Personen C, D und E zu je einem Drittel beteiligt. Die ABC-KG erzielt einen Verlust von 600.
a) Feststellungsverfahren der ABC-KG (Untergesellschaft):
-
- A: Der anteilige Verlust ist mit 200 festzustellen, § 23a EStG 1988 ist nicht anzuwenden.
- B: Im gegenständlichen Fall erhöht der dem B zuzurechnende Verlustanteil von 200 sein negatives steuerliches Kapitalkonto. § 23a EStG 1988 ist daher in Bezug auf den Anteil von B anzuwenden. Sein für die Berücksichtigung im Einkommensteuerverfahren maßgeblicher Ergebnisanteil ist daher unter Berücksichtigung des § 23a EStG 1988 mit Null festzustellen; der Verlust von 200 wird der Wartetaste zur späteren Verrechnung zugeführt.
- CDE-KG: Im gegenständlichen Fall erhöht der der CDE-KG zuzurechnende Verlustanteil von 200 ihr negatives steuerliches Kapitalkonto an der ABC-KG. Auf den (gesamten) Verlustanteil von 200 aus der CDE-KG, der in weiterer Folge anteilig den natürlichen Personen C, D und E zuzurechnen ist, ist § 23a EStG 1988 anzuwenden. Für die CDE-KG ist daher ein Verlust von Null festzustellen; der Verlust von 200 wird im Feststellungsverfahren der ABC-KG der Wartetaste zugeführt.
b) Feststellungsverfahren der CDE-KG (Obergesellschaft):
-
- Aus der Beteiligung an der ABC-KG resultiert nach Berücksichtigung des § 23a EStG 1988 im Feststellungsverfahren der ABC-KG ein Verlustanteil von Null. Die Gesellschafter C, D und E können daher in ihrem Einkommensteuerverfahren den aus der (mittelbaren) kapitalistischen Beteiligung an der CDE-KG stammenden Verlust nicht verrechnen. Der im Feststellungsverfahren bei der ABC-KG auf Wartetaste gelegte anteilige Verlust der CDE-KG ist im Feststellungsverfahren der ABC-KG mit künftigen anteiligen Gewinnen der CDE-KG (oder einer Einlage der CDE-KG in die ABC-KG) auszugleichen.
2.§ 23a EStG 1988 ist im Feststellungsverfahren der Untergesellschaft für den Kommanditanteil der Obergesellschaft nicht anzuwenden, wenn in diesem Verfahren feststeht, dass § 23a EStG 1988 für alle an der Obergesellschaft Beteiligten, die alle Körperschaften sind, nicht wirkt. In diesem Fall kommt § 23a EStG 1988 auch im Feststellungsverfahren der Obergesellschaft nicht zur Anwendung.
Beispiel 2:
An der DEF-KG sind die natürliche Person D als Komplementär und die natürliche Person E und die F-GmbH u Co KG jeweils als Kommanditisten (kapitalistische Mitunternehmer) zu je einem Drittel beteiligt. An der F-GmbH u Co KG sind die F-GmbH und G-GmbH je zur Hälfte beteiligt. Die DEF-KG erzielt einen Verlust von 1.200.
a) Feststellungsverfahren der DEF-KG (Untergesellschaft):
-
- D: Der anteilige Verlust ist mit 400 festzustellen, § 23a EStG 1988 ist nicht anzuwenden.
- E: Im gegenständlichen Fall erhöht der dem E zuzurechnende Verlustanteil von 400 sein negatives steuerliches Kapitalkonto. § 23a EStG 1988 ist daher in Bezug auf den Anteil von E anzuwenden. Sein für die Berücksichtigung im Einkommensteuerverfahren maßgeblicher Ergebnisanteil ist daher unter Berücksichtigung des § 23a EStG 1988 mit Null festzustellen; der Verlust von 400 wird der Wartetaste zur späteren Verrechnung zugeführt.
- F-GmbH u Co KG: Der anteilige Verlust beträgt 400, davon entfallen jeweils 200 auf die F-GmbH und G-GmbH. § 23a EStG 1988 wirkt für die Beteiligten an der F-GmbH u Co KG nicht, der Verlust ist daher mit 400 festzustellen.
b) Feststellungsverfahren der F-GmbH u Co KG (Obergesellschaft):
Der aus der Beteiligung an der DEF-KG resultierende Verlust von 400 ist im Rahmen der Einkünfteermittlung bei der F-GmbH und Co KG mit zu berücksichtigen.
3.§ 23a EStG 1988 ist nur im Feststellungsverfahren der Obergesellschaft anzuwenden, wenn an der Obergesellschaft eine natürliche Person und eine Körperschaft beteiligt sind. Der auf die Beteiligten an der Obergesellschaft entfallende Anteil am Ergebnis aus der Untergesellschaft ist in derartigen Fällen in Bezug auf § 23a EStG 1988 unterschiedlich zu behandeln. § 23a EStG 1988 ist in einem solchen Fall im (übergeordneten) Feststellungsverfahren der Obergesellschaft
- in Bezug auf den einer natürlichen Personen zuzurechnenden Anteil anzuwenden sowie
- in Bezug auf den einer Körperschaft zurechnenden Anteil nicht anzuwenden.
In diesem Fall kommt § 23a EStG 1988 im Feststellungsverfahren der Untergesellschaft für die Obergesellschaft nicht zur Anwendung. Die Berücksichtigung nur im Feststellungsverfahren der Obergesellschaft entspricht der Zielsetzung des Feststellungsverfahrens in Bezug auf eine ökonomische Abgabenerhebung (vgl. Rz 6028a).
Beispiel 3:
An der H-KG sind die natürliche Person A als Komplementär und die natürliche Person B und die C-GmbH u Co KG jeweils als Kommanditisten (kapitalistische Mitunternehmer) zu je einem Drittel beteiligt. An der C-GmbH u Co KG sind die C-GmbH als Komplementärin und die natürlichen Personen D und E jeweils als Kommanditisten (kapitalistische Mitunternehmer) zu je einem Drittel beteiligt. Die H-KG erzielt einen Verlust von 900.
a) Feststellungsverfahren der H-KG (Untergesellschaft):
-
- A: Der anteilige Verlust ist mit 300 festzustellen, § 23a EStG 1988 ist nicht anzuwenden.
- B: Im gegenständlichen Fall erhöht der dem B zuzurechnende Verlustanteil von 300 sein negatives steuerliches Kapitalkonto. § 23a EStG 1988 ist daher in Bezug auf den Anteil von B anzuwenden. Sein für die Berücksichtigung im Einkommensteuerverfahren maßgeblicher Ergebnisanteil ist daher unter Berücksichtigung des § 23a EStG 1988 mit Null festzustellen; der Verlust von 300 wird der Wartetaste zur späteren Verrechnung zugeführt.
- C-GmbH u Co KG: Der Verlustanteil von 300 ist zu je 100 der C-GmbH und den natürlichen Personen D und E zuzurechnen. § 23a EStG 1988 entfaltet nur für D und E Wirkung. Da § 23a EStG 1988 für den auf die C-GmbH u Co KG entfallenden Verlustanteil von 300 nicht einheitlich angewendet werden kann, ist er im Feststellungsverfahren der H-KG nicht anzuwenden. Für die C-GmbH u Co KG ist daher ein Verlust von 300 festzustellen.
b) Feststellungsverfahren der C-GmbH u Co KG (Obergesellschaft):
Im Feststellungsverfahren der C-GmbH u Co KG ist der Verlust von 300 aus der Beteiligung an der H-KG zu erfassen. Er ist zu je einem Drittel der C-GmbH, sowie D und E zuzurechnen.
-
- C-GmbH: Da die C-GmbH dem § 23a EStG 1988 nicht unterliegt, ist der anteilige Verlust von 100 aus der Untergesellschaft in dem auf die C-GmbH entfallenden Beteiligungsergebnis der C GmbH u Co KG mit zu erfassen.
- D und E: Im gegenständlichen Fall erhöht der den natürlichen Personen D und E zuzurechnende Verlustanteil von jeweils 100 (anteilig) das negative steuerliche Kapitalkonto der C-GmbH u Co KG an der H-KG. § 23a EStG 1988 ist daher in Bezug auf den Verlustanteil aus der Untergesellschaft zu berücksichtigen und bei D und E auf Wartetaste zu legen. Der auf Wartetaste gelegte Verlust ist daher mit dem anteilig auf D und E entfallenden künftigen Gewinnen aus der Beteiligung an der H-KG (oder im Umfang der ihnen zuzurechnenden Einlage der C-GmbH u Co KG in die H-KG) auszugleichen.
6050
Mitunternehmerschaften mit Auslandsbezug:
Auch Mitunternehmerschaften mit Auslandsbezug fallen unter § 23a EStG 1988. Betroffen können sein
- Inländische Beteiligte an ausländischen Mitunternehmerschaften
- Ausländische Beteiligte an inländischen Mitunternehmerschaften
- Ausländische Mitunternehmerschaften mit inländischer Betriebsstätte
Ob eine ausländische Mitunternehmerbeteiligung als kapitalistische Beteiligung iSd § 23a EStG 1988 einzustufen ist, richtet sich dabei danach, ob eine ausgeprägte Mitunternehmerinitiative und nach ausländischem Recht eine unbeschränkte Haftung vorliegt. Bei Einkünften aus ausländischen Mitunternehmerschaften hat eine entsprechende Darstellung in einer Beilage zur Einkommensteuererklärung des Beteiligten zu erfolgen.
6051
Umgründungen:
Wird eine kapitalistische Mitunternehmerbeteiligung gemäß Art. III UmgrStG eingebracht, geht ein verbleibender Wartetastenverlust nach Maßgabe der Bestimmungen des § 21 UmgrStG iVm § 4 UmgrStG auf die übernehmende Körperschaft über. Kraft ausdrücklicher Regelung des § 21 letzter Satz UmgrStG idF AbgÄG 2015 kommen bei der übernehmenden Körperschaft weiterhin die Beschränkungen des § 23a EStG 1988 sinngemäß zur Anwendung, obwohl § 23a EStG 1988 grundsätzlich nur für natürliche Personen gilt (siehe auch UmgrStR 2002 Rz 1177 und 1190).
Randzahlen 6052 bis 6100: derzeit frei
20 Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 27 EStG 1988)
20.1 Allgemeines
20.1.1 Wesen der Kapitaleinkünfte
20.1.1.1 Rechtslage bis zum Budgetbegleitgesetz 2011
6101
Bis zum Budgetbegleitgesetz 2011 (BBG 2011) wurden unter den Einkünften aus Kapitalvermögen nur die Früchte aus der entgeltlichen Überlassung von Kapital und die damit zusammenhängenden Aufwendungen erfasst. Werterhöhungen, Wertminderungen und der gänzliche Verlust des Kapitalstammes waren dementsprechend im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen grundsätzlich unerheblich und allenfalls im Rahmen der sonstigen Einkünfte (§ 30 und § 31 EStG 1988) steuerrelevant.
20.1.1.2 Neuordnung durch das BBG 2011
6102
Die Besteuerung von Kapitalvermögen wurde mit dem BBG 2011 neu geordnet, systematisiert und ausgedehnt:
- § 27 EStG 1988 umfasst neben den Früchten aus der Überlassung von Kapital auch Wertänderungen des Kapitalstammes („Substanzgewinne“ bzw. „Substanzverluste“) sowie Einkünfte aus Derivaten. Wertänderungen des Kapitalstammes sind unabhängig von der Behaltedauer und der Beteiligungshöhe stets steuerpflichtig.
- Einkünfte aus Kapitalvermögen unterliegen – unabhängig von der Erhebungsart – grundsätzlich einem besonderen Steuersatz von 25% bzw. seit Inkrafttreten des StRefG 2015/2016 einem besonderen Steuersatz von 25% oder 27,5% (siehe dazu Abschnitt 20.1.1.4 bzw. Abschnitt 20.3)
- Auch Substanzgewinne sowie Einkünfte aus Derivaten unterliegen der Kapitalertragsteuer (siehe dazu Abschnitt 29.2.2). Dazu wurden die §§ 27 sowie 93 bis 97 EStG 1988 neu konzipiert.
- Im Ergebnis werden somit Früchte und Substanz gleich behandelt.
6102a
Fließen anlässlich der Veräußerung von Kapitalvermögen anteilig Einkünfte aus der Überlassung von Kapital („Stückzinsen“) zu, werden diese nicht als Einkünfte aus der Überlassung von Kapital erfasst, sondern wie der veräußerte Kapitalstamm behandelt: Gemäß § 27a Abs. 3 Z 2 lit. a EStG 1988 sind sie beim Veräußerer Teil des Veräußerungserlöses, beim Erwerber Teil der Anschaffungskosten. Der Einkauf von Stückzinsen führt daher nicht mehr zur Gewährung einer KESt-Gutschrift, sondern zu erhöhten Anschaffungskosten. Entsprechendes gilt, wenn die Veräußerung lediglich fingiert wird; somit sind Stückzinsen bei einer Depotübertragung oder einer Entstrickung im Sinne des § 27 Abs. 6 EStG 1988 Bestandteil des gemeinen Werts im Sinne des § 27a Abs. 3 Z 2 lit. b EStG 1988.
Beispiele:
1. A erwirbt eine Nullkuponanleihe (Ausgabewert 100, Einlösungswert 110) um 106 (darin sind Stückzinsen in Höhe von 4 enthalten) und veräußert sie zwei Monate später um 108 weiter (darin sind Stückzinsen in Höhe von 5 enthalten).
Nach der Rechtslage vor dem BBG 2011 bekäme A beim Erwerb eine KESt-Gutschrift iHv 1 (= 25% von 4); seine Anschaffungskosten würden 102 betragen. Bei der Veräußerung würde ein Veräußerungsgewinn in Höhe von 1 anfallen (= 103-102), gleichzeitig würde Kapitalertragsteuer in Höhe von 1,25 anfallen (= 25% von 5). Im Ergebnis hätte A daher Kapitalertragsteuer von 0,25 geleistet und einen Veräußerungsgewinn von 1 versteuert.
Nach dem BBG 2011 hat A Anschaffungskosten in Höhe von 106. Im Zuge der Veräußerung sind diese einem Veräußerungserlös von 108 gegenüberzustellen; die Differenz in Höhe von 2 unterliegt der 27,5-prozentigen Besteuerung (bzw. 25-prozentigen Besteuerung bis zum 1.1.2016).
2. A erwirbt eine Nullkuponanleihe (Ausgabewert 100, Einlösungswert 110) um 106 (darin sind Stückzinsen in Höhe von 4 enthalten) und hält sie bis zur Einlösung.
Nach der Rechtslage vor dem BBG 2011 bekäme A beim Erwerb eine KESt-Gutschrift iHv 1 (= 25% von 4); seine Anschaffungskosten würden 102 betragen. Bei der Einlösung würde Kapitalertragsteuer in Höhe von 2,5 anfallen. Im Ergebnis hätte A daher Kapitalertragsteuer von 1,5 geleistet. Der Untergang der Anschaffungskosten wäre steuerneutral.
Nach dem BBG 2011 hat A Anschaffungskosten in Höhe von 106. Im Zuge der Einlösung sind diese einem Einlösungsbetrag von 110 gegenüberzustellen; die Differenz in Höhe von 4 unterliegt der 27,5-prozentigen Besteuerung (bzw. 25-prozentigen Besteuerung bis zum 1.1.2016).
3. A erwirbt eine Nullkuponanleihe (Ausgabewert 100, Einlösungswert 110) um 104 (darin sind Stückzinsen in Höhe von 4 enthalten) und veräußert sie zwei Monate später um 104 weiter (darin sind Stückzinsen in Höhe von 5 enthalten).
Nach der Rechtslage vor dem BBG 2011 bekäme A beim Erwerb eine KESt-Gutschrift iHv 1 (= 25% von 4); seine Anschaffungskosten würden 100 betragen. Bei der Veräußerung würde ein Veräußerungsverlust in Höhe von 1 anfallen (= 99-100), gleichzeitig würde Kapitalertragsteuer in Höhe von 1,25 anfallen (= 25% von 5). Im Ergebnis hätte A daher Kapitalertragsteuer von 0,25 geleistet und einen Veräußerungsverlust in Höhe von 1, der nur gegen andere Spekulationseinkünfte ausgleichsfähig ist.
Nach dem BBG 2011 hat A Anschaffungskosten in Höhe von 104. Im Zuge der Veräußerung sind diese einem Veräußerungserlös von 104 gegenüberzustellen; es fällt keine Steuer an.
20.1.1.3 Abgrenzung Alt- und Neuvermögen
6103
§ 27 EStG 1988 sowie die darauf aufbauenden §§ 27a und 93 bis 97 EStG 1988 in der Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2011 bzw. des Abgabenänderungsgesetzes 2011 treten grundsätzlich mit 1. April 2012 in Kraft. Zu beachten ist jedoch, dass die generelle Besteuerung von Substanzgewinnen und Derivaten nur nach einem bestimmten Stichtag entgeltlich erworbenes „Neuvermögen“ betrifft.
Für die Abgrenzung von Alt- und Neuvermögen ist nach der Vermögensart zu unterscheiden:
Vermögensart | AltvermögenEntgeltlicher Erwerb bis | NeuvermögenEntgeltlicher Erwerb ab |
Anteile an Körperschaften | 31.12.2010 | 1.1.2011 |
Nach Maßgabe des § 30 EStG 1988 steuerpflichtig. | Bei Veräußerung vor dem 1.4.2012 stets2) nach § 30 EStG 1988 steuerpflichtig, ab 1.4.2012 nach § 27 Abs. 3 EStG 1988 steuerpflichtig. | |
Sonderregelung für Beteiligungen gemäß § 31 EStG 19881) | Bei Veräußerung ab 1.4.2012 generell nach § 27 Abs. 3 EStG 1988 steuerpflichtig. | |
Beträgt die Beteiligung am 31.3.2012 weniger als 1%, ist sie nur bei Veräußerung innerhalb der Frist des § 31 Abs. 1 EStG 1988 (Fünfjahresfrist) oder einer durch das UmgrStG verlängerten Frist steuerhängig. | ||
Anteilscheine an Investmentfonds und Immobilieninvestmentfonds | 31.12.2010 | 1.1.2011 |
Nach Maßgabe des § 30 EStG 1988 steuerpflichtig. | Bei Veräußerung vor dem 1.4.2012 stets2) nach § 30 EStG 1988 steuerpflichtig, ab 1.4.2012 nach § 27 Abs. 3 EStG 1988 steuerpflichtig. | |
Sonstiges Kapitalvermögen (Anleihen, Derivate,) | 31.3.2012 | 1.4.2012 |
Nach Maßgabe des § 30 EStG 1988 steuerpflichtig.Bei entgeltlichem Erwerb ab 1.10.2011 stets3) nach § 30 EStG 1988 steuerpflichtig. | Nach § 27 Abs. 3 bzw. Abs. 4 EStG 1988 steuerpflichtig. |
1) Beteiligungen, die am 31.3.2012 die Voraussetzungen des § 31 EStG 1988 erfüllen; dies umfasst auch Beteiligungen, deren Veräußerung zum 31.3.2011 aufgrund der Behaltedauer noch nach § 30 EStG 1988 zu erfassen wäre, sowie Beteiligungen, die nach dem UmgrStG als Beteiligungen nach § 31 EStG 1988 gelten.
2) Die Spekulationsfrist läuft gemäß § 124b Z 184 erster TS EStG 1988 bei diesen Anteilen stets bis zum 31.3.2012.
3) Die Veräußerung oder sonstige Abwicklung gilt gemäß § 124b Z 184 zweiter TS EStG 1988 bei diesen Anteilen ewig als Spekulationsgeschäft.
6103a
Auf in einem Betriebsvermögen gehaltenes Altvermögen ist ab 1.4.2012 grundsätzlich bereits die neue Rechtslage (nach dem BBG 2011) anzuwenden, da dieses auch schon vor dem BBG 2011 generell steuerhängig war. Wird in einem Betriebsvermögen gehaltenes Altvermögen ab dem 1.4.2012 veräußert, kommt unter den Voraussetzungen des § 27a Abs. 1 und 2 EStG 1988 bereits der besondere Steuersatz von 25% zur Anwendung (§ 124b Z 192 EStG 1988). Bei Veräußerungen ab dem 1.1.2016 kommt der besondere Steuersatz von 27,5% gemäß § 27a Abs. 1 Z 2 EStG 1988 idF StRefG 2015/2016 zur Anwendung (Inkrafttreten: § 124b Z 281 EStG 1988). Eine KESt-Abzugsverpflichtung besteht diesfalls allerdings nicht.
Für die Unterscheidung von Alt- und Neuvermögen nach den dargestellten Stichtagen ist im Depotgeschäft für diesen Zweck grundsätzlich auf den Schlusstag abzustellen.
6103b
Die im Zuge einer Umgründung neu erworbenen Anteile gelten zwar mit Beginn des dem Umgründungsstichtag folgenden Tages als erworben (§ 5 Abs. 1 Z 1 UmgrStG), jedoch sind die Anschaffungszeitpunkte der alten Anteile maßgeblich (§ 5 Abs. 2 UmgrStG). Dies ist Ausdruck des Gedankens, dass für die Steuerhängigkeit der im Zuge der Umgründung erworbenen Anteile auf die übertragenen bzw. untergegangenen Anteile abzustellen ist. Somit ist dies auch für die Frage maßgeblich, ob im Zuge einer Umgründung erworbene Anteile generell Neuvermögen darstellen oder ob sie den Status der übertragenen bzw. untergegangenen Anteile fortführen. Das bedeutet:
- Alle steuerlich maßgeblichen Fristen laufen beim Anteilsinhaber unverändert weiter (vgl. UmgrStR 2002 Rz 265). Ordnet das Umgründungssteuergesetz an, dass für im Zuge von Umgründungen neu erworbene Anteile die Anschaffungszeitpunkte der alten Anteile maßgeblich sind, ist dies auch für die Abgrenzung von Alt- und Neuvermögen bei § 27 EStG 1988 maßgeblich:
- Werden die neuen Anteile als Gegenleistung für nicht steuerhängigen Altbestand gewährt, stellen folglich auch die Gegenleistungsanteile nicht steuerhängigen Altbestand dar. Waren die untergegangenen Anteile nach § 31 EStG 1988 idF vor dem BBG 2011 bzw. § 124b Z 185 lit. a Teilstrich 1 EStG 1988 (befristet) steuerhängig, setzt sich diese (befristete) Steuerhängigkeit auch in den neu gewährten Gegenleistungsanteilen fort; dies unabhängig von deren Höhe.
Beispiel 1:
A erwirbt am 15.06.2009 einen 3-prozentigen Anteil an der X-AG. Zum Stichtag 31.12.2012 wird die X-AG auf die Y-AG verschmolzen, Art. I UmgrStG ist anwendbar. A erhält im Zuge der Verschmelzung Anteile an der Y-AG im Ausmaß von 0,5%.
Diese verschmelzungsbedingt erworbenen Anteile gelten zwar aufgrund von § 5 Abs. 1 Z 1 UmgrStG als zum 01.01.2013 erworben; § 5 Abs. 2 UmgrStG sieht aber vor, dass für die neuen Anteile die Anschaffungszeitpunkte der alten Anteile maßgeblich sind.
§ 27 Abs. 3 EStG 1988 ist auf die neuen Anteile anwendbar, weil es sich bei den untergegangenen Anteilen, für die die Gegenleistung gewährt wurde, um Neubestand iSd § 124b Z 185 lit. a Teilstrich 1 EStG 1988 gehandelt hat (Beteiligungen, die am 31. März 2012 die Voraussetzungen des § 31 EStG 1988 idF vor dem BBG 2011 erfüllen).
Beispiel 2:
A erwirbt am 15.6.2008 einen 4-prozentigen Anteil an der X-AG um 10.000. Am 31.12.2010 findet eine Kapitalerhöhung statt, an der A nicht teilnimmt; seine Beteiligung sinkt daher auf 0,8%. Zum Stichtag 31.12.2012 wird die X-AG auf die Y-AG verschmolzen. A erhält von den bisherigen Anteilsinhabern der Y-AG als Gegenleistung Anteile. Die fünfjährige Frist des § 31 EStG 1988 idF vor dem BBG 2011 läuft für die verschmelzungsbedingt erworbenen Anteile des A an der Y-AG am 31.12.2015 ab.
Beispiel 3:
A hat am 1.4.2009 100 Aktien (im Ausmaß von weniger als 1%) an der börsennotierten X-AG erworben. Die X-AG wird zum 31.12.2012 auf die Y-AG verschmolzen; Art. I UmgrStG ist anwendbar. A erhält für seine im Zuge der Verschmelzung untergegangenen Aktien an der X-AG neue Aktien der Y-AG. Die verschmelzungsbedingt erhaltenen Aktien an der Y-AG gelten nach § 5 Abs. 1 Z 1 Satz 2 UmgrStG grundsätzlich als am 1.1.2013 erworben; § 5 Abs. 2 UmgrStG sieht jedoch vor, dass für die neuen Anteile die Anschaffungszeitpunkte der alten Anteile maßgeblich sind. Da es sich bei den untergegangenen Anteilen auch nicht um Neubestand iSd § 124b Z 185 lit. a EStG 1988 handelt, liegt hinsichtlich der verschmelzungsbedingt erworbenen Aktien an der Y-AG kein unter das neue Kapitalbesteuerungssystem fallendes Neuvermögen vor.
Beispiel 4:
A bringt seinen seit Jahren im Privatvermögen gehaltenen 0,5-prozentigen Kapitalanteil an der X-AG zum Stichtag 31.12.2012 in die Y-AG ein und erhält dafür Aktien an der Y-AG; Art. III ist anwendbar. In diesem Fall ist § 20 Abs. 6 UmgrStG anwendbar, weil hinsichtlich des eingebrachten Kapitalanteils am Einbringungsstichtag keine Besteuerungsmöglichkeit nach den Regelungen des EStG bestehen würde (siehe § 124b Z 185 lit. a EStG 1988). Es kommt daher zu einer sinngemäßen Anwendung von § 5 Abs. 2 UmgrStG, wonach für die neuen Anteile die Anschaffungszeitpunkte der alten Anteile maßgeblich sind. Hinsichtlich der neuen Anteile liegt daher kein Neuvermögen iSd § 124b Z 185 lit. a EStG 1988 vor.
- Die Steuerhängigkeit der übertragenen bzw. untergegangenen Anteile wird den verschmelzungsbedingt erworbenen Anteilen im entsprechenden Ausmaß zugeordnet: Von den neu erworbenen Anteilen sind daher ebenso viele – im selben prozentuellen Ausmaß – (zeitlich begrenzt oder zeitlich unbegrenzt) steuerhängig bzw. nicht steuerhängig wie jene Anteile an der übertragenen Gesellschaft. Handelt es sich bei den erworbenen Anteilen um Aktien, muss allerdings immer eine Aktie zur Gänze (zeitlich begrenzt oder zeitlich unbegrenzt) steuerhängig oder nicht steuerhängig sein. Es bestehen in solchen Fällen keine Bedenken, kaufmännisch zu runden.
Beispiel 5:
Bei einer Verschmelzung zweier Aktiengesellschaften, die unter Artikel I des UmgrStG fällt, ergibt sich ein Umtauschverhältnis von 40:26. Für 40 Aktien der (untergehenden) X-AG erhalten daher deren Gesellschafter 26 Aktien an der übernehmenden Y-AG.
Z hält 39 Aktien an der (untergehenden) X-AG; diese Aktien stellen bei ihm Altbestand dar. Um Spitzenausgleichszahlungen zu vermeiden, erwirbt Z vor der Verschmelzung eine zusätzliche Aktie an der X-AG; die zusätzlich erworbene Aktie stellt bei ihm Neubestand dar. Z hält somit insgesamt 40 Aktien, von denen 39 (97,5%) Altbestand und 1 (2,5%) Neubestand darstellen.
Die im Zuge der Verschmelzung erworbenen 26 Aktien der übernehmenden Y-AG stellen daher ebenso zu 97,5% (25,35 Aktien) Altbestand und zu 2,5% (0,65 Aktie) Neubestand dar. Da immer eine ganze Aktie entweder Alt- oder Neubestand sein muss, muss in diesem Fall kaufmännisch gerundet werden, womit 25 Aktien der Y-AG Altbestand und eine Aktie für Z Neubestand darstellt.
- Werden im Zuge einer Umgründung unterschiedliche Anteilstypen – wie etwa Stammaktien oder Vorzugsaktien – übertragen (bzw. gehen sie unter), die zum Teil Alt- und zum Teil Neubestand darstellen, stellen entsprechend dem Verhältnis des Alt- zum Neubestand auch die neu erhaltenen Anteile – und zwar jeweils jeder Aktientyp – Alt- und Neubestand dar.
Beispiel 6:
Bei einer Verschmelzung zweier Aktiengesellschaften, die unter Artikel I des UmgrStG fällt, ergibt sich für Stammaktien ein Umtauschverhältnis von 1:2 und für Vorzugsaktien ein Umtauschverhältnis von 5:7. Das heißt für 1 Stammaktie der (untergehenden) X-AG erhalten deren Gesellschafter 2 Aktien an der übernehmenden Y-AG und für 5 Vorzugsaktien der (untergehenden) X-AG erhalten deren Gesellschafter 7 Aktien an der übernehmenden Y-AG.
Z hält an der (untergehenden) X-AG 30 Stammaktien, von denen 20 Altbestand darstellen (2/3) und 50 Vorzugsaktien, von denen 25 Altbestand darstellen (1/2). Z erhält im Zuge der Verschmelzung 60 Stammaktien und 70 Vorzugsaktien an der übernehmenden Y-AG; von diesen stellen 40 Stammaktien (2/3) und 35 Vorzugsaktien (1/2) ebenfalls Altbestand dar.
- In allen anderen Fällen stellen die im Zuge der Umgründung erworbenen Anteile an Körperschaften bereits Neuvermögen dar, wenn sie nach dem 31.12.2010 entgeltlich erworben werden (siehe § 124b Z 185 lit. a EStG 1988).
Beispiel 7:
A bringt zum 31.12.2012 seinen seit Jahren bestehenden 30-prozentigen Kapitalanteil an der X-AG in die Y-AG ein und erhält dafür 5% der Aktien an der Y-AG. Der Vorgang fällt unter Art. III UmgrStG.
Die Aktien an der Y-AG gelten gemäß § 20 Abs. 1 UmgrStG als am 1.1.2013 erworben. § 20 Abs. 6 UmgrStG ist nicht anwendbar, weil für die Beteiligung eine Besteuerungsmöglichkeit nach den Regelungen des EStG bestehen würde (siehe § 124b Z 185 lit. a EStG 1988). Folglich ist § 5 Abs. 2 UmgrStG nicht sinngemäß anzuwenden; es liegt daher hinsichtlich der neuen Anteile an der Y-AG Neuvermögen vor.
Beispiel 8:
A bringt zum 31.12.2012 den Betrieb seines Einzelunternehmens in die Y-AG ein; Art. III UmgrStG ist anwendbar; A erhält einbringungsbedingt 5% der Aktien an der Y-AG.
Die erhaltenen Aktien an der Y-AG gelten gemäß § 20 Abs. 1 UmgrStG als am 1.1.2013 erworben. § 20 Abs. 6 UmgrStG ist nicht anwendbar, es liegt daher Neuvermögen vor.
6103c
Bei Kapitalmaßnahmen ist zu unterscheiden:
- Fällt eine Kapitalmaßnahme in den Anwendungsbereich des UmgrStG, gelten die oben dargestellten Grundsätze. Für Zwecke des KESt-Abzugs ist stets davon auszugehen, dass
- bei Vorgängen, die vom Typus her im UmgrStG geregelt sind (Verschmelzung, Einbringung, Spaltung), auch die Anwendungsvoraussetzungen des UmgrStG erfüllt sind und somit kein Tausch vorliegt (vgl. § 2 Abs. 2 Z 2 und § 3 Kapitalmaßnahmen-VO); ist dies tatsächlich nicht der Fall, besteht für den Steuerpflichtigen Veranlagungspflicht (zB nicht vergleichbare Verschmelzung ausländischer Körperschaften);
- die im Zuge der Umgründung erworbenen Anteile den Status der übertragenen bzw. untergegangenen Anteile fortführen (vgl. zB § 2 Abs. 2 Z 2 Kapitalmaßnahmen-VO); dabei sind im Rahmen von Spaltungen die Anschaffungskosten im Verkehrswertverhältnis aufzuteilen. Sind die Anwendungsvoraussetzungen des UmgrStG nicht erfüllt, besteht für den Steuerpflichtigen Veranlagungspflicht (zB Einbringung eines nicht unter § 31 EStG 1988 fallenden Anteils).
- Stellt eine Kapitalmaßnahme außerhalb des UmgrStG eine rein gesellschaftsrechtliche Maßnahme dar, die aus steuerlicher Sicht zu keinem Tausch und zu keinem entgeltlichen Erwerb führt, bleibt ein allfälliger Status als Altvermögen erhalten (zB Aktiensplit, Aktienzusammenlegung; vgl. § 2 Abs. 2 Z 2 und § 6 Kapitalmaßnahmen-VO). Dasselbe gilt für die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln (vgl. auch § 30 Abs. 6 EStG 1988 idF vor dem Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl. I Nr. 111/2010 iVm § 6 Z 15 EStG 1988; § 4 Kapitalmaßnahmen-VO). Stammen die Freianteile aus Altvermögen, stellen daher auch die im Zuge der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln erworbenen Anteile Altvermögen dar.
- Bei einer effektiven Kapitalerhöhung stellen die erworbenen Anteile bei Erwerb nach 31.12.2010 Neuvermögen dar. Hinsichtlich des Bezugsrechts ist zu differenzieren:
- Stammt das Bezugsrecht aus Altvermögen, stellt auch das Bezugsrecht selbst Altvermögen dar. Unabhängig davon stellt die Ausübung eines solchen Bezugsrechts eine Anschaffung dar, weshalb die dabei erhaltenen neuen Anteile jedenfalls Neubestand sind.
- Stammt das Bezugsrecht aus Neuvermögen, stellt auch das Bezugsrecht selbst Neuvermögen dar. Wird das Bezugsrecht veräußert, sind die Anschaffungskosten mit Null anzusetzen und der volle Veräußerungserlös ist steuerpflichtig.
- Stellt eine Kapitalmaßnahme außerhalb des UmgrStG aus steuerlicher Sicht einen Tausch dar, sind die im Zuge der Kapitalmaßnahme erworbenen Anteile bei entgeltlichem Erwerb nach 31. Dezember 2010 bereits Neuvermögen. Für Zwecke des KESt-Abzuges ist allerdings § 2 Abs. 2 Z 2 Kapitalmaßnahmen-VO zu beachten.
- Bei Wandel- und Aktienanleihen kommt die Kapitalmaßnahmen-VO nur bei Neuvermögen zur Anwendung. Bei Altvermögen stellt die Wandlung bzw. Andienung der Aktien nach bisheriger Sichtweise einen Tauschvorgang dar, es liegt damit ein Anschaffungsvorgang hinsichtlich der für die Anleihe erhaltenen Aktien vor. Die erhaltenen Aktien stellen somit bei Anschaffung nach dem 31.12.2010 Neuvermögen dar (siehe Abschnitt 20.2.4.2 und 20.2.4.3). Bei Optionsanleihen führt die Ausübung der Option nach dem 31.12.2010 stets zu Neuvermögen hinsichtlich der erworbenen Aktien (siehe Abschnitt 20.2.4.1). Da die Kapitalmaßnahmen-VO ausschließlich auf Wertpapiere abstellt, kommt § 7 Kapitalmaßnahmen-VO für nicht verbriefte sonstige Forderungen (ua. Wandeldarlehen) nicht zur Anwendung, weshalb die Wandlung einer solchen Forderung unabhängig von Alt- oder Neuvermögen einen Tauschvorgang darstellt.
- Geht im Zuge einer Kapitalmaßnahme das Besteuerungsrecht der Republik Österreich an den übertragenen Anteilen verloren, kommt der Entstrickungstatbestand des § 27 Abs. 6 Z 1 EStG 1988 bei Anwendbarkeit der speziellen Bestimmungen des UmgrStG nicht zur Anwendung.
- Ausbuchungen von Wertpapieren im Zuge von (steuerrelevanten und nicht steuerrelevanten) Kapitalmaßnahmen im Sinne der Kapitalmaßnahmen-VO stellen keine Depotentnahme gemäß § 27 Abs. 6 Z 2 EStG 1988 dar.
6103d
Werden Investmentfonds gemäß §§ 114 bis 127 InvFG 2011 verschmolzen, gilt gemäß § 186 Abs. 4 InvFG 2011 der Umtausch von Anteilen nicht als Realisierung und die erhöhten Anschaffungskosten der Anteile des übertragenden Fonds sind als Anschaffungskosten der Anteile des übernehmenden Fonds fortzuführen. Stellten die Anteile am übertragenden Investmentfonds daher beim Steuerpflichtigen Altvermögen dar, bleibt dieser Status für die im Zuge der Fondsverschmelzung erworbenen Anteile am übernehmenden Investmentfonds erhalten.
6103e
Werden einzelne, sukzessiv erworbene Wertpapiere verkauft, ist für Zwecke der Abgrenzung von Alt- und Neuvermögen grundsätzlich davon auszugehen, dass die früher erworbenen Wertpapiere zuerst veräußert werden (FIFO-Verfahren). Kann der Steuerpflichtige dagegen den Bestand an Wertpapieren
- am 31.12.2010 bei Aktien und Anteilen an Investmentfonds
- am 31.3.2012 bei sonstigen Wirtschaftsgütern und Derivaten iSd § 27 Abs. 3 und 4 EStG 1988
anhand geeigneter Dokumente (insbesondere Depotauszug) dokumentieren, kann eine Zuordnung durch den Steuerpflichtigen erfolgen. Auch die Abgrenzung der ab dem 1.10.2011 entgeltlich erworbenen sonstigen Wirtschaftsgüter und Derivate, die gemäß § 124b Z 184 zweiter TS EStG 1988 ewig spekulationsverfangen sind, vom zuvor erworbenen Kapitalvermögen kann anhand der Dokumentation des Bestandes am 30.9.2011 erfolgen.
6103f
Werden Anteile an einer GmbH zu verschiedenen Zeitpunkten und zu unterschiedlichen Preisen sukzessiv erworben, stellen alle erworbenen Anteile ein einheitliches Wirtschaftsgut dar (§ 75 Abs. 2 GmbHG). Ein Steuerpflichtiger kann daher nicht selbst bestimmen, welcher der zu verschiedenen Zeitpunkten erworbenen Anteile veräußert wird. Dementsprechend ist bei der Veräußerung von GmbH-Anteilen stets davon auszugehen, dass eine anteilige Veräußerung von Alt- und Neuvermögen erfolgt (vgl. VwGH 2.10.2014, 2012/15/0083).
20.1.1.4. Änderungen durch das StRefG 2015/2016
20.1.1.4.1. Allgemeines
6103g
Mit dem StRefG 2015/2016 wurde die Höhe des besonderen Steuersatzes für Kapitalerträge von 25% auf 27,5% angehoben. Mit einem besonderen Steuersatz in Höhe von 25% werden weiterhin Einkünfte aus Geldeinlagen und nicht verbrieften sonstigen Geldforderungen bei Kreditinstituten besteuert, wenn es sich nicht um Ausgleichszahlungen und Leihgebühren gemäß § 27 Abs. 5 Z 4 EStG 1988 handelt (siehe auch Abschnitt 20.3).
20.1.1.4.2. Inkrafttreten
6103h
Hinsichtlich des Inkrafttretens der Änderungen durch das StRefG 2015/2016 (§ 124b Z 281 EStG 1988) ist nach Art der Gewinn- bzw. Einkünfteermittlung zu differenzieren:
- Zufluss-/Abflussprinzip
Der neue besondere Steuersatz kommt erstmals für Zuflüsse ab dem 1. Jänner 2016 zum Tragen. Eine Abgrenzung der Einkünfte hinsichtlich ihres wirtschaftlichen Entstehungszeitpunktes ist nicht vorzunehmen.
Bei Veräußerungen und sonstigen Realisierungen von Wirtschaftsgütern und Derivaten iSd § 27 Abs. 3 und 4 EStG 1988 vor dem 1. Jänner 2016 bestehen keine Bedenken, ungeachtet des tatsächlichen Zuflusses der Einkünfte nach dem 31. Dezember 2015 noch den besonderen Steuersatz in Höhe von 25% anzuwenden. - Betriebsvermögensvergleich bei Regelwirtschaftsjahr
Erstmalig ist der neue besondere Steuersatz für die Veranlagung 2016 anzuwenden. Aus den Grundsätzen der Bilanzierung entstehende Abgrenzungen der Einkünfte nach deren wirtschaftlichem Entstehungszeitpunkt sind – trotz fehlendem Zufluss – im Rahmen des Betriebsvermögensvergleichs beachtlich. - Betriebsvermögensvergleich bei abweichendem Wirtschaftsjahr
Grundsätzlich entsteht der Abgabenanspruch für das Wirtschaftsjahr 2015/2016 mit Ablauf des Kalenderjahres 2016, weshalb der neue besondere Steuersatz iHv 27,5% zur Anwendung gelangt. Ausgenommen davon sind jedoch Einkünfte aus der Veräußerung oder sonstigen Realisierung von Wirtschaftsgütern und Derivaten vor dem 1. Jänner 2016 (§ 124b Z 281 letzter Satz EStG 1988). Unter sonstiger Realisierung sind die in den Grundtatbeständen genannten Realisierungsarten zu verstehen. Sofern die Steuererhebung mittels Kapitalertragsteuerabzug erfolgt, entsteht der Abgabenanspruch zu diesem Zeitpunkt, weshalb vor dem 1. Jänner 2016 ebenfalls der Sondersteuersatz in Höhe von 25% zur Anwendung gelangt.
6103i
Mit dem AbgÄG 2015 werden auch Kapitalerträge aus vor dem 1. April 2012 erworbenen Forderungswertpapieren im Sinne des § 93 Abs. 3 Z 1 bis 3 EStG 1988 idF vor dem BudBG 2011 mit einem Kapitalertragsteuerabzug bzw. einem besonderen Steuersatz iSd § 37 Abs. 8 EStG 1988 in Höhe von 27,5% besteuert. Diese Änderung tritt ebenso wie die Änderungen des StRefG 2015/2016 am 1. Jänner 2016 in Kraft, weshalb die unter Rz 6103h getroffenen Aussagen zum Inkrafttreten ebenfalls zur Anwendung gelangen.
20.1.1.5 Änderungen durch das ÖkoStRefG 2022 Teil I
20.1.1.5.1 Allgemeines
6103j
Mit dem Ökosozialen Steuerreformgesetz 2022 Teil I, BGBl. I Nr. 10/2022, wurden die Einkünfte aus Kapitalvermögen um Einkünfte aus Kryptowährungen erweitert:
- § 27b EStG 1988 umfasst sämtliche Einkünfte aus Kryptowährungen, nämlich sowohl laufende Einkünfte aus Kryptowährungen als auch Wertänderungen des Kapitalstammes („Substanzgewinne“ bzw. „Substanzverluste“). Wertänderungen des Kapitalstammes sind unabhängig von der Behaltedauer und der Beteiligungshöhe stets steuerpflichtig.
- Einkünfte aus Kryptowährungen unterliegen ab 1. März 2022 – unabhängig von der Erhebungsart – grundsätzlich einem besonderen Steuersatz von 27,5%.
- Verluste aus Kryptowährungen können im Rahmen des § 27 Abs. 8 EStG 1988 mit anderen Einkünften aus Kapitalvermögen ausgeglichen werden.
- Sämtliche Einkünfte aus Kryptowährungen unterliegen zudem ab 1. Jänner 2024 der Kapitalertragsteuer.
20.1.1.5.2 Abgrenzung Alt- und Neuvermögen
6103k
Die Besteuerung von Kryptowährungen in der Fassung ÖkoStRefG 2022 Teil I tritt grundsätzlich mit 1. März 2022 in Kraft. Zu beachten ist jedoch, dass die generelle Besteuerung von Substanzgewinnen nur nach einem bestimmten Stichtag entgeltlich erworbenes „Neuvermögen“ betrifft. Die Bestimmung ist erstmals auf Kryptowährungen anzuwenden, die nach dem 28. Februar 2021 angeschafft wurden. Kryptowährungen, die davor angeschafft wurden, unterliegen als „Altvermögen“ nicht dem neuen Besteuerungsregime. Dabei gilt:
- Gemäß § 124b Z 384 lit. b EStG 1988 führt die Nutzung von Kryptowährungen, die vor dem 1. März 2021 angeschafft wurden („Altvermögen“), nach dem Inkrafttreten der Neuregelung bereits zur Erzielung laufender Einkünfte aus Kryptowährungen gemäß § 27b Abs. 2 EStG 1988 oder zum Erwerb von Kryptowährungen gemäß § 27b Abs. 2 zweiter Satz (im Rahmen von Staking, Airdrops oder Bounties bzw. Hardforks; siehe dazu Abschnitt 20.2.3a.2.1.5); die erworbenen Kryptowährungen stellen Neuvermögen dar. Die Altvermögenseigenschaft der bisherigen Kryptowährungen bleibt erhalten.
- Da ab dem 1. März 2022 eine Kryptowährung nicht mehr zur Erzielung von Einkünften im Sinne des § 27 Abs. 2 EStG 1988 genutzt werden kann, kann die Veräußerung von vor dem 1. März 2021 erworbenen Kryptowährungen („Altvermögen“) ab diesem Zeitpunkt ausschließlich zu Einkünften im Sinne des § 31 EStG 1988 führen; eine Besteuerung im Rahmen der Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen gemäß § 27 Abs. 3 EStG 1988 ist nicht mehr möglich. Werden im Betriebsvermögen gehaltene, vor dem 1. März 2021 erworbene Kryptowährungen (betriebliches Altvermögen) veräußert, ist der besondere Steuersatz nicht anzuwenden.
- Werden Kryptowährungen nach dem 31. Dezember 2021 und vor dem 1. März 2022 steuerpflichtig realisiert (insbesondere durch Veräußerung oder Tausch), können die daraus resultierenden positiven oder negativen Einkünfte auf Antrag des Steuerpflichtigen bereits als Einkünfte im Sinne des § 27b EStG 1988 behandelt werden. Dadurch soll einerseits der Sondersteuersatz bereits zur Anwendung gelangen und andererseits eine Verrechnung im Rahmen des Verlustausgleichs mit anderen Einkünften aus Kapitalvermögen ermöglicht werden, die im Kalenderjahr 2022 erzielt werden. Die Optionsmöglichkeit gilt dabei gleichermaßen für Kryptowährungen des Alt- und des Neuvermögens.
Die Frage, ob ein steuerpflichtiger Realisationsvorgang vorliegt, ist jedoch stets nach der alten Rechtslage (§ 31 EStG 1988) zu beurteilen. Kommt es nach der alten Rechtslage im Jänner 2022 oder Februar 2022 zu steuerpflichtigen Einkünften, kann auf diese (nach der alten Rechtslage ermittelten) Einkünfte bereits die Neuregelung hinsichtlich Sondersteuersatz bzw. Verlustausgleich zur Anwendung gelangen. Damit kommt die Tauschausnahme für den Tausch von Kryptowährungen gegen Kryptowährungen auch bei Inanspruchnahme der Option gemäß § 124b Z 384 lit. c EStG 1988 nicht zur Anwendung.
Beispiel 1:
A kauft am 1.6.2021 (Neuvermögen) A-Coins um 100. Am 15.1.2022 tauscht A seine A-Coins gegen B-Coins (gemeiner Wert A-Coins: 150).
Es wird ein Veräußerungsgewinn in Höhe von 50 steuerpflichtig realisiert, weil die Veräußerung innerhalb der Spekulationsfrist des § 31 EStG 1988 erfolgt; in die Bestimmung zur Steuerneutralität des Tausches Kryptowährung gegen Kryptowährung kann nicht hineinoptiert werden. Es kommt der progressive Einkommensteuertarif zur Anwendung. Es besteht jedoch die Möglichkeit (Option), die Einkünfte nach § 27b EStG 1988 mit dem Sondersteuersatz zu besteuern (27,5% von 50).
Beispiel 2:
A kauft am 1.2.2021 (Altvermögen) A-Coins um 100. Am 15.1.2022 tauscht A seine A-Coins gegen B-Coins (gemeiner Wert A-Coins: 150).
Es wird ein Veräußerungsgewinn in Höhe von 50 steuerpflichtig realisiert, weil die Veräußerung innerhalb der Spekulationsfrist des § 31 EStG 1988 erfolgt. Es kommt der progressive Einkommensteuertarif zu Anwendung. Es besteht jedoch die Möglichkeit (Option), die Einkünfte nach § 27b EStG 1988 mit dem Sondersteuersatz zu besteuern (27,5% von 50). Der Tausch führt zur Anschaffung von Neuvermögen (B-Coins) um 150.
- Auch laufende Einkünfte aus Kryptowährungen sind von der Optionsmöglichkeit des § 124b Z 384 lit. c EStG 1988 umfasst. Werden daher nach dem 31. Dezember 2021 und vor dem 1. März 2022 Einkünfte aus der Überlassung von Kryptowährungen oder Einkünfte aus Leistungen zur Transaktionsverarbeitung (nach der alten Rechtslage) steuerpflichtig realisiert, kann auf diese (nach der alten Rechtslage ermittelten) Einkünfte bereits die Neuregelung hinsichtlich Sondersteuersatz bzw. Verlustausgleich zur Anwendung gelangen. Die Ausnahmebestimmung des § 27b Abs. 2 zweiter Satz EStG 1988 (Erwerb von Kryptowährungen im Rahmen von Staking, Airdrops oder Bounties bzw. Hardforks) kommt auch bei Inanspruchnahme der Option gemäß § 124b Z 384 lit. c EStG 1988 nicht zur Anwendung.
- Da bis zum Inkrafttreten von § 27b Abs. 3 EStG 1988 auch der Tausch von Kryptowährungen gegen Kryptowährungen im Rahmen der Steuerpflicht des § 31 EStG 1988 eine (gegebenenfalls nicht steuerbare) Veräußerung und korrespondierend eine Anschaffung dargestellt haben, stellt auch weiterhin der Tausch von Kryptowährungen des Altvermögens gegen Kryptowährungen einen Anschaffungsvorgang dar, weshalb die erhaltene Kryptowährung künftig als Neuvermögen zu qualifizieren ist.
- Ab dem 1. Jänner 2024 sind Einkünfte aus Kryptowährungen zwingend im Rahmen der Kapitalertragsteuerpflicht zu erfassen. Die Abzugsverpflichteten nach § 95 Abs. 2 Z 3 EStG 1988 haben jedoch ein Wahlrecht, für in den Kalenderjahren 2022 und 2023 anfallende Kapitalerträge bereits freiwillig eine Kapitalertragsteuer einzubehalten. Dabei sind die §§ 93 bis 97 EStG 1988 sinngemäß anzuwenden.
6103l
Befinden sich auf einer Kryptowährungs- bzw. Walletadresse (zum Begriff siehe Rz 6178h) Einheiten derselben Kryptowährung, wobei nicht alle nach dem 28. Februar 2021 angeschafft worden sind (Altbestand), kann der Steuerpflichtige gemäß § 3 KryptowährungsVO ab 1. Jänner 2023 wählen, welche Einheiten der Kryptowährung zuerst veräußert bzw. auf eine andere Kryptowährungsadresse oder -wallet übertragen werden. Jedoch kann auch der Abzugsverpflichtete vom Steuerpflichtigen dazu ermächtigt werden, die Auswahl vorzunehmen.
Wird insbesondere bei Kryptowährungen, die keinem Kapitalertragsteuerabzug unterliegen, keine Auswahl vorgenommen, soll die früher erworbene Einheit der Kryptowährung als zuerst veräußert gelten (FIFO-Verfahren).
Eine im Rahmen des Kapitalertragsteuerabzuges vorgenommene Reihung ist, unabhängig davon, ob sie vom Steuerpflichtigen oder vom Abzugsverpflichteten vorgenommen wurde, auch stets für die Veranlagung maßgeblich.
Für Realisationen vor dem 1. Jänner 2023 gilt die früher erworbene Einheit der Kryptowährung als zuerst veräußert, sofern der Steuerpflichtige keine abweichende Zuordnung nachweisen kann.