31.1 Allgemeines
8201
Zuziehende Wissenschaftler und Forscher (seit 31.7.1992), Künstler (seit 1.6.2000) sowie Sportler (seit 30.12.2000) können die Zuzugsbegünstigung in Form der Beseitigung steuerlicher Mehrbelastungen (siehe Rz 8201d ff) beantragen. Für Zuzüge ab dem 15.8.2015 (Steuerreformgesetz 2015/2016, BGBl. I Nr. 118/2015) besteht gemäß § 103 Abs. 1a EStG 1988 auch die Möglichkeit der Zuerkennung eines Zuzugsfreibetrages (siehe Rz 8201i ff), der jedoch Wissenschaftlern und Forschern vorbehalten ist.
Eine Kombination dieser beiden Formen ist möglich (Beseitigung der steuerlichen Mehrbelastungen mit Zuzugsfreibetrag).
Die ZBV 2016, BGBl. II Nr. 261/2016, löste mit Wirkung 15.8.2015 die Zuzugsbegünstigungsverordnung, BGBl. II Nr. 102/2005, ab. Die Beseitigung der steuerlichen Mehrbelastungen (§ 103 Abs. 1 EStG 1988) erfolgt daher gemäß § 5 Abs. 1 ZBV 2016 durch Anwendung eines pauschalen Durchschnittssteuersatzes (siehe Rz 8201d). Für „Altfälle“ (Zuzüge vor dem 15.8.2015) gelten gemäß § 10 Abs. 3 ZBV 2016 Übergangsbestimmungen (siehe Rz 8207).
31.2 Zuzug und Wegzug
8201a
Die Zuzugsbegünstigung nach § 103 Abs. 1 und Abs. 1a EStG 1988 knüpft an den Zuzug aus dem Ausland an. Neben der Begründung eines inländischen Wohnsitzes (siehe Rz 21 ff) setzt der Zuzug aus dem Ausland auch die Verlagerung des Mittelpunktes der Lebensinteressen (siehe Rz 7593, 7596 und 7597) nach Österreich voraus (vgl. VwGH 26.2.2020, Ro 2017/13/0018; BFG 18.7.2017, RV/7100774/2017).
Beispiel:
Frau F lebt in Bulgarien. Verlagern sich sowohl der Wohnsitz als auch der Mittelpunkt der Lebensinteressen nach Österreich, so liegt ein Zuzug vor.
Ausländische Wohnsitze und die unbeschränkte Steuerpflicht in anderen Staaten sind unschädlich.
Beispiel:
Herr A hat in der Schweiz und in Österreich jeweils einen Wohnsitz. Seinen Mittelpunkt der Lebensinteressen verlagert er nach Österreich. In Folge der Verlagerung des Mittelpunkts der Lebensinteressen tritt ein Zuzug ein.
8201b
Die Verlagerung des Mittelpunkts der Lebensinteressen von Österreich ins Ausland führt zu einem Wegzug.
8201c
Die Rückverlegungsklausel (§ 103 Abs. 2 EStG 1988) sieht vor, dass ein Wegzug innerhalb der letzten zehn Jahre (120 Monate) vor dem Zuzug schädlich ist. Ist die Person nach dem 31.12.2016 (§ 124b Z 319 EStG 1988) zugezogen, verkürzt sich für den Zuzugsfreibetrag dieser Zeitraum auf fünf Jahre (60 Monate).
31.3 Beseitigung steuerlicher Mehrbelastungen (§ 103 Abs. 1 EStG 1988)
8201d
Die Beseitigung der steuerlichen Mehrbelastungen erfolgt gemäß § 5 Abs. 1 ZBV 2016 durch Anwendung eines pauschalen Durchschnittssteuersatzes auf die nicht unter § 98 EStG 1988 fallenden Einkünfte (Auslandseinkünfte). Inlandseinkünfte sind gemäß § 103 Abs. 1 EStG 1988 nicht begünstigbar.
8201e
Der pauschale Steuersatz ergibt sich aus dem Verhältnis zwischen der ausländischen Steuer der letzten drei Kalenderjahre und dem im Ausland erwirtschafteten Einkommen im selben Zeitraum. Bei der Ermittlung der ausländischen Steuern sind gemäß § 5 Abs. 1 Z 1 ZBV 2016 auch ausländische Steuern anzusetzen, die das Einkommen mittelbar belasten (zB Solidaritätszuschlag). Die Höhe der ausländischen Einkünfte richtet sich nach österreichischem Steuerrecht, wobei gemäß § 5 Abs. 1 Z 2 ZBV 2016 auch endbesteuerte Einkünfte zu berücksichtigen sind. Der pauschale Steuersatz beträgt jedoch mindestens 15%.
Beispiel:
Frau O ist Opernsängerin. Bis 31. Dezember 2014 lebt sie im Staat A. 2015 übersiedelt sie in den Staat B. Mit 1. Jänner 2016 zieht sie nach Österreich zu. Frau O tritt in allen Jahren in den Staaten A, B und C sowie in Österreich auf. Von den Veranstaltern erhält sie in den Staaten A, B und C sowie in Österreich jährlich jeweils 100.000 Euro für ihre Auftritte. Aus Staat D erhält Frau O jährlich 100.000 Euro aus Dividenden. Die einzigen Ausgaben sind 10% Managementgebühr von den Bruttoeinnahmen und 5.000 Euro Reisekosten für Auftritte außerhalb des jeweiligen Wohnsitzstaates je Staat und Jahr. Auf die Konzerte (selbständige Arbeit) entfallen jährlich Sozialversicherungsbeiträge in der Gesamthöhe von 20.800 Euro.
Unter Berücksichtigung der Managementgebühren (A, B, C und Ö je 10.000 Euro) und Reisekosten (A/B, C und Ö je 5.000 Euro) ergibt sich folgendes Bild:
Einnahmen abzgl. direkt zurechenbare Ausgaben | |||||
KJ | Staat A | Staat B | Staat C | Staat D | Ö |
2013 | 90.000 | 85.000 | 85.000 | 100.000 | 85.000 |
2014 | 90.000 | 85.000 | 85.000 | 100.000 | 85.000 |
2015 | 85.000 | 90.000 | 85.000 | 100.000 | 85.000 |
Das Auslandseinkommen (§ 5 Abs. 1 Z 2 ZBV 2016) in der Höhe von 341.385,51 Euro ermittelt sich in den Jahren 2013 bis 2015 jeweils folgendermaßen: Einnahmen abzüglich direkt zurechenbare Ausgaben (90.000 Euro + 85.000 Euro + 85.000 Euro + 100.000 Euro) minus aliquoten Sozialversicherungsanwendungen (75,36% von 20.800 Euro = 15.675,36 Euro) minus aliquotem Gewinnfreibetrag gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 (75,36% von 3.900 Euro = 2.939,13 Euro) minus aliquoten Sonderausgaben gemäß § 18 Abs. 2 EStG 1988 (75,36% von 60 Euro = 45,22 Euro). Das Auslandseinkommen beträgt also in den drei Jahren insgesamt 1.024.156,53 Euro (341.385,51 Euro + 341.385,51 Euro + 341.385,51 Euro).
Die Aliquotierung (75,36%) erfolgt dabei im Verhältnis zwischen den direkt dem Ausland zurechenbaren Einkünften aus selbständiger Arbeit (90.000 Euro + 85.000 Euro + 85.000 Euro) und den Gesamteinkünften aus selbständiger Arbeit (90.000 Euro + 85.000 Euro + 85.000 Euro + 85.000 Euro).
Auf Grund innerstaatlicher Gesetze und Doppelbesteuerungsabkommen heben die Staaten A, B, C und D folgende Steuern ein, was Frau O durch Einkommensteuerbescheide und Belege zu einbehaltenen Quellensteuern nachweist:
Steuern | |||||
KJ | Staat A | Staat B | Staat C | Staat D | Σ |
2013 | 43.765 | 0 | 25.000 | 10.000 | 78.765 |
2014 | 43.765 | 0 | 25.000 | 10.000 | 78.765 |
2015 | 10.000 | 0 | 25.000 | 26.375 | 61.375 |
Σ | 97.530 | 0 | 75.000 | 46.375 | 218.905 |
Die Auslandssteuern (§ 5 Abs. 1 Z 1 ZBV 2016) summieren sich in den drei Jahren auf 218.905 Euro.
Gemäß § 5 Abs. 1 Z 3 ZBV 2016 ergibt sich ein Steuersatz von 21,37% (218.905 : 1.024.156,53). Dieser liegt über dem pauschalen Mindeststeuersatz in der Höhe von 15% und ist daher maßgebend.
8201f
Nach dem zehnten Kalenderjahr beginnt die Zuzugsbegünstigung gemäß § 5 Abs. 3 ZBV 2016 auszuschleifen. Der pauschale Steuersatz erhöht sich dann jährlich um 2 Prozentpunkte.
Beispiel:
Frau R zieht am 1. Februar 2016 nach Österreich. Der pauschale Durchschnittssteuersatz iSd Abs. 1 beträgt 15%. Nach dem zehnten Kalenderjahr, also mit dem 1. Jänner 2026, beginnt die Ausschleifregel zu wirken. Der pauschale Steuersatz erhöht sich gemäß Abs. 3 im Jahr 2026 auf 17% (15% + 2%), 2027 auf 19% (17% + 2%), …, 2041 auf 47% (45% + 2%) und 2042 auf 49% (47% + 2%). Mit Ablauf des Kalenderjahres 2042 – also bevor ein Steuersatz von 50% erreicht wird – läuft die Begünstigung gemäß § 6 Abs. 1 ZBV 2016 automatisch aus.
8201g
Der pauschale Durchschnittssteuersatz wird ausschließlich auf Auslandseinkünfte (auch endbesteuerte Einkünfte) angewendet. Im ersten Schritt werden die Auslandseinkünfte mit diesem Steuersatz multipliziert. Im zweiten Schritt werden zu diesem Zwischenergebnis 4.500 Euro (Hälfte des in § 102 Abs. 3 EStG 1988 genannten Betrags) hinzuaddiert. Mit diesem Betrag sind die Auslandseinkünfte gemäß § 5 Abs. 2 ZBV 2016 abschließend besteuert, dh. die Auslandseinkünfte wirken nicht progressionserhöhend auf die Inlandseinkünfte.
Beispiel:
Frau Z wurde ab 1.1.2017 ein pauschaler Durchschnittssteuersatz in der Höhe von 20% zuerkannt. 2017 erzielt sie mit ausländischen Aktien Einkünfte in der Höhe von 10.000 Euro und mit der Vermietung einer ausländischen Immobilie 15.000 Euro. Sonst liegen keine Auslandeinkünfte vor. Ob das Aktiendepot in Österreich oder im Ausland liegt, ist im Ergebnis unerheblich. Die Auslandseinkünfte betragen 25.000 Euro (10.000 Euro + 15.000 Euro). Vor Anrechnung ausländischer Steuern beträgt die Steuer für diese Einkünfte 9.500 Euro (25.000 Euro x 20 : 100 + 4.500 Euro). Bei der Ermittlung der Steuer auf die Inlandseinkünfte sind die Auslandseinkünfte nicht mehr zu berücksichtigen.
8201h
Ausländische Steuern können gemäß § 5 Abs. 1 zweiter Satz ZBV 2016 ohne „per country limitation“ (siehe Rz 7585) angerechnet werden; dh. die Anrechnung ausländischer Steuern ist im Ergebnis durch die österreichische Steuer auf die Auslandseinkünfte begrenzt. Allfällige durch Doppelbesteuerungsabkommen vermittelte Begünstigungen gelten als durch den pauschalen Steuersatz berücksichtigt. Ein allfälliger Günstigkeitsvergleich obliegt dem Steuerpflichtigen. Sollte sich etwa das österreichische Netzwerk an Doppelbesteuerungsabkommen im Vergleich zur gewährten Zuzugsbegünstigung als steuerlich günstiger erweisen, so kann der Begünstigte gemäß § 6 Abs. 3 Z 6 ZBV 2016 freiwillig auf die weitere Anwendung der Begünstigung verzichten.
31.4 Zuzugsfreibetrag (§ 103 Abs. 1a EStG 1988)
8201i
Der Zuzugsfreibetrag beträgt gemäß § 103 Abs. 1a EStG 1988 30% der Einkünfte aus in- und ausländischer wissenschaftlicher Tätigkeit, insoweit diese nach dem Tarif (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) versteuert werden.
Beispiel:
Frau M ist Forscherin und arbeitet nach dem 2016 erfolgten Zuzug in einem österreichischen High-Tech-Betrieb. Bescheidmäßig wurde ihr ab 2016 ein Zuzugsfreibetrag zuerkannt. Neben ihren Inlandseinkünften aus nicht selbständiger Arbeit hat sie in Österreich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Die Tarifeinkünfte aus ihrer nicht selbständigen Forschungstätigkeit in Österreich bilden die Bemessungsgrundlage für den Zuzugsfreibetrag. Die Sonderzahlungen (13. und 14. Monatsgehalt) unterliegen nicht dem Tarifsteuersatz; sie fließen daher nicht in die Bemessungsgrundlage für den Zuzugsfreibetrag ein. Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind keine Einkünfte aus einer wissenschaftlichen Tätigkeit und sind daher für die Höhe des Zuzugsfreibetrags unerheblich.
8201j
Der Begriff der wissenschaftlichen Tätigkeit des § 103 EStG 1988 ist ein eigenständiger. Er ist in § 2 Abs. 1 Z 1 ZBV 2016 definiert (siehe Rz 8202b).
8201k
Auslandseinkünfte, die gemäß § 5 ZBV 2016 einem pauschalen Durchschnittssteuersatz unterliegen, fließen auf Grund des Ausschlusses von nicht dem Tarif unterliegenden Einkünften nicht in die Bemessungsgrundlage für den Zuzugsfreibetrag ein.
Beispiel:
Herr K ist wegen einer Stelle als Universitätsprofessor nach Österreich übersiedelt. Ihm wird bescheidmäßig die Beseitigung steuerlicher Mehrbelastungen (pauschaler Steuersatz 24,75%) wie auch ein Zuzugsfreibetrag zuerkannt. Herr K bezieht Lizenzzahlungen aus Frankreich für die Nutzung eines wissenschaftlichen Patents, das er vor seinem Zuzug angemeldet hat. Die ausländischen Lizenzeinkünfte, für die der pauschale Durchschnittssteuersatz von 24,75% geltend gemacht wird, fließen nicht in die Bemessungsgrundlage für den Zuzugsfreibetrag ein, weil sie nicht dem Tarifsteuersatz unterliegen.
8201l
Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für den Zuzugsfreibetrag sind prinzipiell sowohl die in- als auch die ausländischen Einkünfte aus wissenschaftlicher Tätigkeit heranzuziehen. Bei korrekter Anwendung der 3-Stufen-Methode (siehe Rz 33) vermitteln jedoch allfällige Befreiungen (ohne Progressionsvorbehalt) in Doppelbesteuerungsabkommen im Ergebnis keinen Zuzugsfreibetrag; in der Theorie liegt jedoch eine DBA-Befreiung (2. Schritt) der um den Zuzugsbetrag gekürzten Einkünfte aus wissenschaftlicher Tätigkeit (1. Schritt) vor. Sieht das Doppelbesteuerungsabkommen für Auslandseinkünfte aus wissenschaftlicher Tätigkeit die Befreiungsmethode unter Progressionsvorbehalt vor, so verkürzt sich dadurch der Progressionsvorbehalt um den darauf entfallenden Zuzugsfreibetrag.
Beispiel:
Frau V arbeitet für ein Vorarlberger Forschungsunternehmen. In Deutschland besteht eine Betriebsstätte, das eigene Forschungsprojekte durchführt. Aufgrund ihrer speziellen Kenntnisse arbeitet sie ausnahmsweise eine Woche lang in Deutschland an einem Forschungsprojekt der deutschen Betriebsstätte mit. Die Vergütung dafür (2.000 Euro ohne Sonderzahlung) sind von der deutschen Betriebsstätte zu tragen, sodass die Gehaltsbestandteile für ihre Tätigkeit in Deutschland gemäß Art. 15 Abs. 1 iVm Art. 23 Abs. 2 DBA-Deutschland in Österreich unter Progressionsvorbehalt zu befreien sind. Nach Anwendung des Zuzugsfreibetrags reduzieren sich im ersten Schritte diese Einkünfte nach österreichischem innerstaatlichem Steuerrecht auf 1.400 Euro (2.000 Euro – 2.000 Euro x 30 : 100). Wie bereits dargestellt, sind diese Auslandseinkünfte (1.400 Euro) im zweiten Schritt nach dem DBA-Deutschland unter Progressionsvorbehalt zu befreien.
8201m
Für die Bemessungsgrundlage des Zuzugsfreibetrags ist das berufliche Gesamtbild maßgeblich. Bei der Tätigkeit muss die Förderung von Wissenschaft und Forschung im Mittelpunkt stehen. Insoweit ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang mit der aktiven Tätigkeit als Wissenschaftler oder Forscher besteht, sind abgesehen von Ruhegehältern auch Passiveinkünfte als Einkünfte aus wissenschaftlicher Tätigkeit anzusehen (zB Lizenzeinnahmen aus eigenen Erfindungen).
Beispiel 1:
Im Rahmen einer Universitätsprofessur ist ein „Herausschälen“ einer gutachterlichen Tätigkeit nicht erforderlich.
Beispiel 2:
Hat eine Universitätsprofessorin noch Einkünfte aus einer anderen, nicht wissenschaftlichen Tätigkeit (zB Mediziner mit Privatordination), bezieht sich der Zuzugsfreibetrag nur auf die Einkünfte aus der wissenschaftlichen Tätigkeit. Bei einer Medizinerin mit Patienten an einer Universitätsklinik wird jedoch zu prüfen sein, ob Behandlungen, Operationen udgl. in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der wissenschaftlichen Tätigkeit stehen (zB wissenschaftliche Studien).
8201n
Wird der Freibetrag gewährt, können daneben keine weiteren Betriebsausgaben, Werbungskosten oder außergewöhnliche Belastungen, die im Zusammenhang mit dem Zuzug stehen, geltend gemacht werden.
Der Zuzugsmehraufwand umfasst Unterschiede im Preisniveau, Kosten für den Umzug im weiteren Sinne (Wohnungssuche, Beantragung und Änderung von Dokumenten, medizinische Überprüfungen usw.), Kosten für zwei Haushalte einschließlich Fahrtkosten, Kosten für Sprachkurse zum Erlernen der deutschen Sprache usw. Die in Zusammenhang mit dem Zuzug stehenden tatsächlichen Betriebsausgaben, Werbungskosten oder außergewöhnlichen Belastungen sind mit dem Zuzugsfreibetrag abgegolten. Dies gilt insbesondere auch für pauschalierte Aufwendungen (zB Werbungskostenpauschale für Expatriates iSd § 1 Z 11 VO BGBl. II Nr. 382/2001).
8201o
Der Freibetrag ist auf fünf Jahre (60 Monate) ab dem Zuzugszeitpunkt beschränkt.
31.5 Öffentliches Interesse
8201p
Ein begünstigter Zuzug kann gemäß § 103 EStG 1988 unter dem Titel der Förderung von Wissenschaft und Forschung, der Förderung von Kunst oder der Förderung des Sports stehen. Der Zuzug muss aus diesem Grund im öffentlichen Interesse gelegen sein. Da der Zuzugsfreibetrag gemäß § 103 Abs. 1a EStG 1988 nur Wissenschaftlern und Forschern gewährt werden kann, ergeben sich folgende Szenarien:
Zuzuziehende Person | Förderung | Beseitigung steuerlicher Mehrbelastungen | Zuzugsfreibetrag |
Wissenschaftler und Forscher | Wissenschaft und Forschung | Ja, möglich | Ja, möglich |
Künstler | Kunst | Ja, möglich | Nein, nicht möglich |
Sportler | Sport | Ja, möglich | Nein, nicht möglich |
31.5.1 Wissenschaft und Forschung
8202
Der Zuzug von Wissenschaftlern oder Forschern aus dem Ausland dient gemäß § 2 Abs. 1 ZBV 2016 der Förderung von Wissenschaft und Forschung und ist aus diesem Grund im öffentlichen Interesse gelegen, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:
- Die Tätigkeit des zuziehenden Wissenschaftlers oder Forschers besteht überwiegend in einer wissenschaftlichen Tätigkeit.
- Die Tätigkeit im Bereich der Wissenschaft und Forschung liegt maßgeblich im öffentlichen Interesse Österreichs.
- Die Förderung von Wissenschaft und Forschung würde ohne Zuzug nicht in diesem Ausmaß eintreten und erfolgt unmittelbar.
- Die hohe wissenschaftliche Qualifikation des Antragstellers ist hinreichend dokumentiert.
8202a
Eine Tätigkeit ist gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 ZBV 2016 als wissenschaftlich anzusehen, wenn sie auf systematische Weise unter Verwendung wissenschaftlicher Methoden mit dem Ziel durchgeführt wird, den Stand des Wissens zu vermehren sowie neue Anwendungen dieses Wissens zu erarbeiten. Diese Definition deckt sich mit den Ausdruck „Forschung und experimentelle Entwicklung“ (siehe Anhang I zur Forschungsprämienverordnung, BGBl. II Nr. 515/2012).
Als gleichwertiges Pendant zur Universitätsforschung gilt die universitäre Erschließung und Entwicklung der Künste jedenfalls als wissenschaftliche Tätigkeit iSd § 2 Abs. 1 Z 1 ZBV 2016.
8202b
Die Lehre (einschließlich der Lehre der Kunst) gilt nicht als wissenschaftliche Tätigkeit iSd § 2 Abs. 1 Z 1 ZBV 2016.
8202c
Die Tätigkeit im Bereich der Wissenschaft und Forschung muss maßgeblich im öffentlichen Interesse Österreichs liegen. Die Maßgeblichkeit richtet sich nach dem Gesamtbild, insbesondere nach dem Tätigkeitsumfang und -inhalt sowie deren Wirkung auf den Forschungs- und Wirtschaftsstandort Österreich. Wissenschaft und Forschung können durch Tätigkeiten im universitären wie auch im außeruniversitären Bereich (zB Forschungsunternehmen) gefördert werden.
8202d
Ein maßgebliches Interesse am Zuzug liegt nicht vor, wenn die Förderung von Wissenschaft und Forschung auch ohne Zuzug erfolgen könnte. Die Beurteilung der zuzugskausalen Förderung richtet sich ausschließlich nach der Gesamtheit der objektiven, äußeren Umstände.
Beispiel:
Ein deutscher Grenzgänger arbeitet seit zehn Jahren in einem österreichischen Unternehmen, das 30 km von seinem Wohnort entfernt liegt. Er zieht nach Österreich und erklärt, dass er des Pendelns überdrüssig sei. Ohne Zuzug hätte er die Tätigkeit in Österreich beendet. Auf die Behauptung kommt es nicht an. Es widerspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass eine Distanz zum Arbeitsort von 30 km ein Hindernis darstellt. Zudem spricht die jahrelange Ausübung der Tätigkeit objektiv dafür, dass der Grenzgänger die Tätigkeit auch ohne Zuzug ausführen würde. Daher ist davon auszugehen, dass die Förderung von Wissenschaft mehr oder weniger im selben Ausmaß eintreten würde.
§ 2 Abs. 1 Z 3 ZBV 2016 fordert einen starken – nämliche einen direkten – Zusammenhang zwischen Zuzug und Förderung von Wissenschaft und Forschung. Mittelbare Effekte sind nicht maßgeblich.
Beispiel 1:
Eine Wissenschaftlerin zieht nach Vorarlberg, um im benachbarten Liechtenstein zu arbeiten. Die liechtensteinische Arbeitgeberin wird allfällige Forschungsergebnisse über Lizenzverträge auch für das österreichische Tochterunternehmen zugänglich machen. Die Forschungstätigkeit fördert unmittelbar den Wirtschaftsstandort Liechtenstein. Die mittelbare Nutzung der Forschungsresultate durch die österreichische Tochtergesellschaft stellt keine unmittelbare Förderung von Wissenschaft und Forschung in Österreich dar.
Beispiel 2:
Frau S arbeitet nach ihrem Zuzug als Forschungscontrollerin in einem österreichischen Betrieb. Da ausschließlich eine Forschungstätigkeit unmittelbar die Forschung fördern kann, liegt keine unmittelbare Förderung von Wissenschaft und Forschung vor.
8202e
Die Begünstigung darf gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 ZBV 2016 nur wissenschaftlich hochqualifizierten Wissenschaftlern und Forschern gewährt werden. Das sind Personen, deren wissenschaftliche Qualifikation durch entsprechende Leistungen (zB durch Publikationen, Peer-Reviews oder Mitarbeit an Forschungsprojekten) dokumentiert ist. Wissenschaftlich hochqualifizierte Leistungen kommen in einer wissenschaftlich besonders verantwortungsvollen Tätigkeit (zB hoher inhaltlicher Verantwortungsgrad, wichtige Projektleitungsfunktion) zum Ausdruck (BFG 25.2.2019, RV/7100556/2019).
Die Zuzugsbegünstigung ist auf den Zuzug von Spitzenkräften beschränkt (BFG 10.12.2018, RV/7100488/2017; 10.1.2019, RV/7100448/2018; 25.2.2019, RV/7103382/2018; 25.2.2019, RV/7100556/2019; 11.10.2019, RV/7104784/2019). Aus der Schwierigkeit, geeignetes Personal zu finden, kann nicht auf eine hohe wissenschaftliche Qualifikation geschlossen werden (BFG 25.2.2019, RV/7100556/2019). Angehende Wissenschaftler ohne Habilitation, wie beispielsweise Universitätsassistenten, erfüllen das Tatbestandsmerkmal des Vorliegens des öffentlichen Interesses am Zuzug im Allgemeinen nicht. Auch bei einer internationalen und mit ausgezeichnetem Erfolg abgeschlossenen Universitätsausbildung ist ein Doktorratsstudium alleine noch keine hinreichend „hohe wissenschaftliche Qualifikation“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 4 ZBV 2016 (BFG 10.12.2018, RV/7100488/2017; 10.1.2019, RV/7100448/2018; 25.2.2019, RV/7103382/2018).
8202f
Während § 2 Abs. 1 ZBV 2016 alle Zuzugsfälle in den Bereichen Wissenschaft und Forschung regelt („materielle Prüfung“, siehe Rz 8202 ff), dient Abs. 2 lediglich der Verfahrensvereinfachung in bestimmten Fällen („formelle Prüfung“). Ein der Förderung der Wissenschaft und Forschung dienender Zuzug liegt jedenfalls in den Fällen vor, die in § 2 Abs. 2 ZBV 2016 genannt werden:
- Universitätsprofessoren nach § 94 Abs. 2 UG (insbesondere Assoziierte Professoren, nicht jedoch Ehrenprofessoren)
- Professoren des Institute of Science and Technology – Austria (inoffizielle Stellenbezeichnung „Professor“ oder „Assistent Professor“)
- Habilitierte Wissenschaftler und Forscher, deren Tätigkeit überwiegend in Forschung und Entwicklung sowie in der universitären Erschließung und Entwicklung der Künste liegt, an bestimmten Forschungseinrichtungen, falls die Tätigkeit unmittelbar in einem inländischen Betrieb (siehe Rz 409), einer inländischen Betriebsstätte (§ 29 BAO) oder einer anderen wirtschaftlich selbständigen (vgl. KStR 2013 Rz 61) Einheit (vgl. Rz 411) dieser Forschungseinrichtung erfolgt:
- Universitäten nach § 4 UG
- Donau Universität Krems
- Fachhochschulen nach § 8 FHG
- Wissenschaftliche Einrichtungen iSd FOG (zB Österreichische Akademie der Wissenschaften)
- EU- und EWR-Körperschaften, deren überwiegender (mindestens 75%) Forschungsauftrag gesetzlich verankert ist (zB Landesforschungsgesellschaften mit entsprechendem Auftrag)
- Forschungseinrichtungen nach § 71 NAG (https://www.bmi.gv.at/312/50/start.aspx#Zertifizierte_Forschungseinrichtungen)
- Wissenschaftler und Forscher, deren Tätigkeit überwiegend in Forschung und Entwicklung liegt, falls die Vergütungen (Löhne, Gehälter, Honorare) nach § 103 EStG 1988 prämienbegünstigte Forschungsaufwendungen oder -ausgaben darstellen und mindestens das gemäß § 12c AuslBG für die Blaue Karte EU erforderliche Bruttojahresgehalt (2015: 57.405 Euro; 2016: 58.434 Euro; 2017: 59.718 Euro; 2018: 60.948 Euro; 2019: 62.265 Euro; 2020: 63.672 Euro; 2021: 65.579 Euro; http://www.migration.gv.at/de/formen-der-zuwanderung/dauerhafte-zuwanderung/blauekarteeu/) betragen. Das Bruttojahresgehalt nach § 12c AuslBG ist keine steuerliche Größe. Maßgeblich sind demnach nur fixe Gehaltsbestandteile (zB laufendes Gehalt, Urlaubs- und Weihnachtsremuneration, Überstundenpauschale, keine unregelmäßigen Zahlungen).
8202g
Eine Habilitation nach österreichischem Vorbild (§ 103 UG), also die Erteilung der Lehrbefugnis (venia docendi), ist länderspezifisch. Wesentlich für die venia docendi ist die Befugnis zur Betreuung von Doktoranden. Eine reguläre Universitätsprofessur im Ausland ist daher als faktischer Nachweis einer ausländischen Habilitation anzusehen. Im Hinblick auf interdisziplinäre Forschung kann die wissenschaftliche Tätigkeit im Rahmen des § 2 Abs. 2 Z 2 ZBV 2016 auch in einem angrenzenden Fach erfolgen. Wissenschaftliche Tätigkeiten in einem fremden Fach (zB Habilitationsfach vergleichende Religionswissenschaft und Forschung im Bereich Halbleiterphysik) sind nur nach Maßgabe des § 2 Abs. 1 ZBV 2016 begünstigt.
8202h
Die formellen Anknüpfungskriterien in § 2 Abs. 2 Z 1 bis Z 3 ZBV 2016 dienen einem ökonomischen Vollzug. Sollten die Voraussetzungen (zB Mindestverdienst, Habilitation) für eine formelle Prüfung nicht vorliegen, ist die Zuerkennung der Begünstigung nicht ausgeschlossen, sondern es bedarf dann einer Einzelfallbeurteilung iSd § 2 Abs. 1 ZBV 2016, wobei im Ergebnis kein strengerer Maßstab als in Abs. 2 zur Anwendung kommen soll. Wesentlich sind die Tätigkeit und die Qualifikation des Antragstellers. Dies gilt insbesondere auch für zugezogene Mitarbeiter von Organisationen, die nicht von § 2 Abs. 2 Z 2 ZBV 2016 erfasst sind (zB Competence Centers for Excellent Technologies, Ludwig-Boltzmann-Institute).
8202i
Neben einer Habilitation dienen etwa auch Postdoc-„Exzellenzstipendien“ als Indizien für eine außergewöhnliche wissenschaftlichen Qualifikation iSd § 2 Abs. 1 Z 4 ZBV 2016.
Ein Exzellenzstipendium liegt vor, wenn folgende Kriterien erfüllt sind:
- Der Hauptzweck des Stipendiums liegt in der Förderung exzellenter Forschung. Nebenzwecke (zB Mobilitätsförderung, soziale Aspekte) sind unschädlich.
- Es besteht kein Austauschverhältnis in Zusammenhang mit der Stipendienvergabe (zB Auftragsforschung). Leistungsnachweise über die zweckmäßige Verwendung des Stipendiums sind zulässig. Ebenso ist die Verpflichtung zur Veröffentlichung der Forschungsergebnisse unschädlich.
- Der Stipendiat kann den Staat und allfällige Forschungskooperationspartner frei wählen. Zwischen der stipendienvergebenden Stelle und dem Forschungskooperationspartner darf keine Nahebeziehung (zB Konzernunternehmen) bestehen.
- Das Stipendium ist der Höhe nach geeignet, die typischen Lebensunterhaltskosten in Österreich zu decken (nach Reisekosten, Steuern, selbst zu tragenden Forschungsausgaben usw.).
- Das Stipendium muss mindestens für zwölf Monate garantiert sein (zur Dauer des Forschungsaufenthaltes s. nachstehende Ausführungen).
Der Zuzug von „High Potentials“, die Exzellenzstipendien erhalten, ist daher jedenfalls begünstigt, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
- Der Exzellenzstipendiat hat in seinem Forschungsfach oder einem verwandten Fach promoviert oder eine gleichwertige Ausbildung abgeschlossen. Der Zuzug erfolgt spätestens sieben Jahre nach Abschluss der Promotion.
- Die wissenschaftliche Exzellenz wurde bereits durch frühere Leistungen glaubhaft gemacht.
- Die allgemeinen Voraussetzungen für eine Zuzugsbegünstigung (zB inländischer Wohnsitz, Verlagerung des Mittelpunktes der Lebensinteressen) sind erfüllt. Der Forschungsaufenthalt in Österreich ist nachweislich mindestens für drei Jahre geplant, und es besteht keine institutionelle Bindung an eine ausländische Forschungsinstitution (Anstellung, Karenzierung usw.) oder Rückkehrverpflichtung (zB Pönalzahlungen bei Verbleib in Österreich).
Nach Ablauf des Exzellenzstipendiums ist erneut zu evaluieren, ob die ursprüngliche Annahme einer besonders hohen Qualifikation des Wissenschaftlers oder Forschers weiterhin aufrechterhalten werden kann. Wie auch in anderen Fällen sind die Voraussetzungen für den Bezug der Zuzugsbegünstigung laufend zu überprüfen (siehe Rz 8205m).
31.5.2 Kunst
8202j
Der Zuzug von Künstlern aus dem Ausland dient gemäß § 3 Abs. 1 ZBV 2016 der Förderung der Kunst und ist aus diesem Grund im öffentlichen Interesse gelegen, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:
- Die Tätigkeit des zuziehenden Künstlers besteht überwiegend in einer künstlerischen Tätigkeit.
- Die Tätigkeit im Bereich Kunst liegt maßgeblich im öffentlichen Interesse Österreichs.
- Die Förderung der Kunst würde ohne Zuzug nicht in diesem Ausmaß eintreten und erfolgt unmittelbar.
- Der Antragsteller ist Künstler von herausragender internationaler Bedeutung.
8202k
Dem Ausdruck der künstlerischen Tätigkeit kommt gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 ZBV 2016 unabhängig vom Vorliegen selbständiger Arbeit dieselbe Bedeutung wie in § 22 Z 1 lit. a EStG 1988 zu (siehe Rz 5237 ff).
8202l
Literaten können künstlerisch tätig werden, was auf Sachbuchautoren nicht zutrifft (siehe UStR 2000 Rz 1390 iVm Rz 1386).
8202m
Die Maßgeblichkeit des in § 3 Abs. 1 Z 2 ZBV 2016 normierten öffentlichen Interesses richtet sich nach dem Gesamtbild, insbesondere nach dem Tätigkeitsumfang und -inhalt sowie deren Wirkung auf die Kulturszene und den Tourismus in Österreich. Das öffentliche Interesse Österreichs erfordert, dass zB Sänger in Österreich auftreten oder Schriftsteller ihre Werke im Rahmen von Lesungen dem österreichischen Publikum näherbringen müssen.
Die Zuzugsbegünstigung hat analog zu § 1 Abs. 2 Kunstförderungsgesetz insbesondere die zeitgenössische Kunst, ihre geistigen Wandlungen und ihre Vielfalt im Geiste von Freiheit und Toleranz zu berücksichtigen. Die Förderung der Kunst hat danach zu trachten, die Kunst allen Bevölkerungskreisen zugänglich zu machen und die materiellen Voraussetzungen für die Entwicklung des künstlerischen Lebens in Österreich zu verbessern. Begünstigt ist insbesondere das künstlerische Schaffen der Literatur, der darstellenden Kunst, der Musik, der bildenden Künste, der Fotografie, des Films und der Videokunst sowie neuer experimenteller oder die Grenzen der genannten Kunstsparten überschreitender Kunstformen.
8202n
Ein maßgebliches Interesse am Zuzug liegt nicht vor, wenn die Förderung von Kunst auch ohne Zuzug erfolgen könnte. Die Beurteilung der zuzugskausalen Förderung richtet sich ausschließlich nach der Gesamtheit der objektiven, äußeren Umstände.
Beispiel:
Eine Violinistin zieht von Mexiko nach Österreich zu. Sie organisiert eine neue Sommerkonzertreihe in einem österreichischen Schloss, bei der sie jährlich auftritt. Statt eines Auftritts pro Jahr in Österreich tritt sie nunmehr neunmal jährlich auf. Das künstlerische Wirken in Österreich hat sich objektiv erhöht. Offensichtlich wäre dies ohne Zuzug nicht möglich gewesen. Eine zuzugskausale Förderung der Kunst in Österreich liegt vor.
§ 3 Abs. 1 Z 3 ZBV 2016 fordert einen starken – nämlichen einen direkten – Zusammenhang zwischen Zuzug und Förderung der Kunst. Mittelbare Effekte sind nicht maßgeblich.
Beispiel 1:
Eine Sängerin zieht nach Österreich zu. Sie behauptet, dass bloß durch ihren Zuzug und ihren Ruhm die heimische Kulturszene gestärkt würde. Zudem würde sie bei ihren Konzerten im Ausland Österreich als Kulturnation bewerben. Es liegen lediglich mittelbare Effekte vor.
Beispiel 2:
Frau R war erfolgreiche Schauspielerin. Sie übernimmt die Geschäftsführung eines großen Theaters in Österreich. Da sie nicht mehr als Schauspielerin auftritt, liegt keine unmittelbare Förderung von Kunst vor.
8202o
Die herausragende internationale Bedeutung als Künstler bedingt, dass der Person grenzüberschreitend eine außergewöhnliche Aufmerksamkeit und Anerkennung zuteilwird. Eine weltweite Bedeutung des Künstlers wird nicht vorausgesetzt; es reicht auch eine herausragende europäische Bedeutung.
8202p
Während § 3 Abs. 1 ZBV 2016 alle Zuzugsfälle im Bereich Kunst regelt („materielle Prüfung“), dient Abs. 2 lediglich der Verfahrensvereinfachung in bestimmten Fällen („formelle Prüfung“). Ein der Förderung der Kunst dienender Zuzug liegt jedenfalls in den Fällen vor, die in § 3 Abs. 2 ZBV 2016 genannt werden:
- Kammersänger bei mindestens zehn öffentlichen gesanglichen Auftritten in Österreich pro Jahr
- Kammerschauspieler bei mindestens zehn öffentlichen schauspielerischen Auftritten in Österreich pro Jahr
8202q
In in Rz 8202p nicht genannten Fällen bedarf es einer materiellen Einzelfallbeurteilung nach § 3 Abs. 1 ZBV 2016 (siehe Rz 8202j ff).
31.5.3 Sport
8202r
Der Zuzug von Sportlern aus dem Ausland dient gemäß § 4 ZBV 2016 der Förderung des Sports und ist aus diesem Grund im öffentlichen Interesse gelegen, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:
- Der Sportler ist Spitzensportler.
- Die sportliche Tätigkeit liegt maßgeblich im öffentlichen Interesse Österreichs.
- Der Sportler vertritt Österreich offiziell bei internationalen Wettkampfveranstaltungen.
- Der Sport wird unmittelbar gefördert.
8202s
Spitzensportler sind gemäß § 3 Z 11 BSFG 2013 (§ 3 Z 8 BSFG 2017) Sportler, die Sport mit dem ausdrücklichen Ziel betreiben, Spitzenleistungen im internationalen Maßstab zu erzielen. Sport iSd BSFG 2013 umfasst folgende Aktivitäten:
- Disziplinen, die im Programm der Olympischen Spiele stehen.
- Disziplinen, die durch eine eigenmotorische Aktivität eines jeden, der sie betreibt, bestimmt sind. Diese eigenmotorische Aktivität liegt insbesondere nicht vor bei Denkspielen, Bastel- und Modellbautätigkeiten, Zucht von Tieren, Dressur von Tieren ohne Einbeziehung der Bewegung des Menschen und Bewältigung technischen Geräts ohne Einbeziehung der Bewegung des Menschen.
- Disziplinen, die durch die in § 50 BSFG 2013 (§ 3 Z 10 lit. c BSFG 2017) genannten Bundes-Sportfachverbände vertreten werden.
Beispiel 1:
Der Zuzug eines Formel 1-Fahrers ist nicht begünstigt, da es sich um die Bewältigung technischen Geräts ohne Einbeziehung der Bewegung des Menschen handelt.
Beispiel 2:
Der Zuzug einer BMX-Fahrerin ist begünstigungsfähig. Erstens handelt es sich um eine olympische Disziplin. Zweitens wird bei der Bewältigung des technischen Geräts (Fahrrad) die Bewegung des Menschen (Antrieb durch Muskelkraft) einbezogen.
8202t
Leistungssportler (zB im Bereich des Jugendsports oder des Sports im Rahmen bloß nationaler Wettkämpfe) oder Ex-Sportler sind keine Spitzensportler.
8202u
Bei der Beurteilung der Maßgeblichkeit der sportlichen Tätigkeit kommt es auf das Gesamtbild an. Randsportarten sind nicht per se von einer Zuzugsbegünstigung ausgeschlossen. Die zu erwartenden sportlichen Erfolge müssen jedoch dazu geeignet sein, die ausgeübte Sportart angemessen ins Licht der Öffentlichkeit zu rücken.
Grundsätzlich wird im Hinblick auf die Bedeutung zumindest die Teilnahme an weltweiten Wettbewerben (zB Weltmeisterschaft, Olympische Spiele, Weltcup) vorauszusetzen sein. Die bloße Teilnahme an von kontinentalen Sportverbänden organisierten Wettkämpfen, wie etwa Europameisterschaften, kann in Einzelfällen (zB Europameisterin in Leichtathletik) jedoch einen Anspruch auf eine Zuzugsbegünstigung vermitteln.
8202v
Wie etwa bei der Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft an Sportler kommt es auf das aktive Tätigsein für Österreich (als Repräsentant Österreichs) an. Der Zuzug von Personen, die für eine andere Nation antreten, liegt nicht im öffentlichen Interesse Österreichs.
Beispiel:
Eine aktuelle Olympiasiegerin zieht nach Österreich, um gemeinsam mit österreichischen Athletinnen zu trainieren. Durch das gemeinsame Training mit den Österreicherinnen entsteht ein Know-How-Transfer, von dem beide Seiten profitieren. Die Olympiasiegerin tritt bei internationalen Wettkampfveranstaltungen weiterhin für ihren Herkunftsstaat an. Da sie nicht als offizielle Repräsentantin Österreichs antritt, liegt der Zuzug nicht im öffentlichen Interesse.
Der zuziehende Spitzensportler hat Österreich bei internationalen Wettkampfveranstaltungen (Internationale Meisterschaften) zu vertreten. Das sind Wettkampfveranstaltungen, die im Rahmen der Bestimmungen des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) oder des Internationalen Paralympischen Komitees (IPC) oder des Europäischen Olympischen Komitees (EOC) oder einer Organisation der International Organisations of Sports for Disabled (IOSD) oder eines internationalen Sportfachverbands stattfinden oder bei welchen technische Funktionäre der Wettkampfveranstaltung von diesen benannt werden.
8202w
Anders als in den Bereichen Kunst, Wissenschaft und Forschung kommt es bei Sportlern nicht auf die inländischen Aktivitäten an.
8202x
Die mittelbare Förderung des Sports (Sportmäzenatentum, Trainertätigkeit, Sportfunktionäre, Testimonials usw.) ist gemäß § 4 Z 4 ZBV 2016 nicht begünstigt. Die Bedeutung des Spitzensportlers muss sich also ausschließlich und ohne Berücksichtigung allfälliger Ausstrahleffekte aus dessen sportlichen Aktivitäten ergeben.
Beispiel:
Herr G war früher erfolgreicher Tennisspieler. Nach früheren Erfolgen ist er inzwischen auf Platz 2.000 der Weltrangliste gerutscht. Seinen Ruhm möchte er nutzen, um Kinder und Jugendliche zu mehr Bewegung zu animieren. Auf die mittelbare Förderung des Sports (Bewerbung des Sports auf Grund der eigenen Bekanntheit) kommt es nicht an. Eine maßgebliche unmittelbare Förderung des Sports liegt mangels aktueller sportlicher Erfolge nicht vor.
Randzahl 8203: derzeit frei