6.1.9. Umsätze, die auch anderen Steuern unterliegen
6.1.9.1. Grundstücksumsätze
6.1.9.1.1. Allgemeines
773
Gemäß § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a UStG 1994 sind die Lieferungen von Grundstücken unecht von der Steuer befreit. Die Umsatzsteuerfreiheit besteht auch, wenn eine Grundstückslieferung nicht unter das GrEStG 1987 fällt, ein unter das GrEStG 1987 fallender Vorgang von der GrESt befreit ist oder wenn die GrESt nicht erhoben oder aus Billigkeitsgründen erlassen wird. Vor 1.1.2017 war für die Befreiung der Grundstücksbegriff des § 2 GrEStG 1987 maßgeblich (siehe Rz 774 ff).
6.1.9.1.1a. Begriff des Grundstückes
773a
Zum Grundstücksbegriff siehe Rz 639v.
Die Übertragung bestimmter Rechte (zB Realservitute oder Realrechte), die im Rahmen einer Grundstückslieferung erfolgt, wird in der Regel eine unselbständige Nebenleistung zur Lieferung des Grundstücks darstellen. Erfolgt die Einräumung solcher Rechte nicht im Gefolge einer Grundstückslieferung, fällt die Einräumung dieser Rechte nicht in den Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a UStG 1994.
Die Einräumung oder Übertragung eines Baurechts (siehe Rz 779 und 801) ist einer Lieferung eines Grundstücks gleichgestellt und unterliegt daher der Steuerbefreiung gemäß § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a UStG 1994.
Ist eine Betriebsvorrichtung (siehe Rz 894a) ein Grundstück, fällt die Lieferung dieser Betriebsvorrichtung ebenfalls unter die Steuerbefreiung.
Beispiele:
Ein Grundstück wird samt Rohrleitungen, Umzäunungen, Straßen- und Platzbefestigungen veräußert. Die steuerfreie Grundstückslieferung umfasst die Veräußerung als Gesamtes (zur Option zur Steuerpflicht siehe Rz 793 ff).
Ein Grundstück wird samt einer sich darauf befindlichen, mobilen, leicht entfernbaren Maschine verkauft. Die steuerfreie Grundstückslieferung erstreckt sich nicht auf den Verkauf der Maschine.
6.1.9.1.2. Begriff des Grundstücks bis 31.12.2016
774
Der Begriff Grundstück im Sinne des § 2 GrEStG 1987 bestimmt sich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes. Näheres siehe unter der nächstfolgenden Rz 775.
6.1.9.1.2.1. Grundstück im Sinne des bürgerlichen Rechts
775
Nach bürgerlichem Recht gehört zu einem Grundstück auch das Zugehör (vor allem Gebäude) einschließlich der Bestandteile (§§ 294 bis 297a ABGB). Das ABGB kennt den Begriff des Zubehör nicht, sondern spricht von Zugehör (§ 294 ABGB). Darunter versteht es:
- die Bestandteile, das sind die unselbständigen oder selbständigen Teile einer zusammengesetzten Sache,
- die Nebensachen, das sind Sachen des Grundstückseigentümers, die von diesem oder durch Gesetz dem fortdauernden Gebrauch der Hauptsache gewidmet und mit ihr in eine diesem Zweck dienende Verbindung gebracht sind.
So sind zB Bäume Bestandteile des Grundstücks, solange sie nicht vom Grund und Boden abgesondert werden.
6.1.9.1.2.2. Abgrenzungsfragen (Betriebsvorrichtungen, Gewinnungsbewilligungen, Apothekengerechtigkeiten)
776
Zum Grundstück werden nach dem GrEStG 1987 jedoch nicht gerechnet:
- Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören,
- Gewinnungsbewilligungen nach dem Berggesetz 1975 und
- Apothekengerechtigkeiten.
Das bedeutet, dass Maschinen und Vorrichtungen, auch wenn sie Bestandteile oder Zubehör eines Grundstückes sind, nicht als Grundstück im Sinne des § 2 Abs. 1 GrEStG 1987 anzusehen sind und daher auf sie auch nicht die Umsatzsteuerbefreiung angewendet werden kann. Näheres siehe unter Rz 894a.
777
Unter Gewinnungsbewilligungen versteht man die von der Berghauptmannschaft erforderliche Bewilligung zur Gewinnung grundeigener mineralischer Stoffe. Die Gewinnungsbewilligung hat dingliche Wirkung und ist übertragbar. Übertragungsvorgänge von Gewinnungsbewilligungen werden nicht als unecht befreiter Grundstücksumsatz eingestuft. Ebenso wird bei Verkauf von Apotheken (bei radizierten Apotheken) der auf die Apothekenberechtigung entfallende Kaufpreisanteil nicht als unecht befreiter Grundstücksumsatz eingestuft.
6.1.9.1.2.3. Abgrenzungsfragen (Baurecht, Gebäude auf fremden Grund und Boden)
778
Nach dem GrEStG 1987 werden wie Grundstücke behandelt:
- Baurechte,
- Gebäude auf fremdem Boden.
779
Unter Baurecht versteht man das dingliche, veräußerliche und vererbliche Recht, auf oder unter der Oberfläche eines fremden Grundstückes ein Bauwerk zu haben. Das auf Grund des Baurechts errichtete Bauwerk ist Zubehör des Baurechts; das Baurecht entsteht erst mit der bücherlichen Eintragung. Die Einräumung des Baurechts durch den Grundeigentümer ist eine sonstige Leistung; das dafür bezahlte Entgelt ist steuerfrei. Die entgeltliche Übertragung des Baurechts ist steuerfrei; die Steuerfreiheit umfasst auch das Gebäude, welches auf Grund des Baurechtes errichtet wurde.
Bauwerke, die auf fremden Grund und Boden in der Absicht aufgeführt werden, dass sie nicht stets darauf bleiben sollen (zB Superädifikate), sind nach § 435 ABGB als bewegliche Sachen anzusehen. Sie werden nicht Bestandteil der Liegenschaft. Auch der Umsatz von diesen Bauwerken ist von der USt befreit.
Randzahl 780: Derzeit frei.
6.1.9.1.3. Grundstücke im Miteigentum
6.1.9.1.3.1. Errichtung eines Gebäudes im Wohnungseigentum
781
Ist die Wohnungseigentümer-Errichtergemeinschaft Bauherr, so wird diese unternehmerisch tätig, indem sie das Gebäude errichtet und den einzelnen Miteigentümern das dingliche Nutzungsrecht an den einzelnen Wohnungen einräumt. Der Errichtergemeinschaft steht daher aus der Werklieferung des Gebäudes an sie der Vorsteuerabzug zu. Das dingliche Nutzungsrecht an der Wohnung oder sonstigen Räumlichkeit wird dem Wohnungseigentümer umsatzsteuerrechtlich mit der Übergabe der zugesagten Wohnung oder sonstigen Räumlichkeit seitens der Errichtergemeinschaft eingeräumt. Der Umsatz besteht in der Einräumung des Nutzungsrechtes, die Gegenleistung in den von den einzelnen Wohnungseigentümern zu leistenden Kosten. Die Einräumung des Nutzungsrechtes stellt eine steuerpflichtige Leistung dar, die dem Normalsteuersatz unterliegt.
6.1.9.1.3.2. Errichtung eines Gebäudes durch Miteigentümer ohne Begründung von Wohnungseigentum (im Falle Punkt c auch bei Begründung von Wohnungseigentum)
782
a) Das Gebäude als solches wird unternehmerisch genutzt (Bauherr ist die Gemeinschaft)
Wird ein Gebäude errichtet (Gemeinschaft ist Bauherr), das die Gemeinschaft selbst in der Folge unternehmerisch nutzt (zB steuerpflichtige Vermietung), hat nur die Gemeinschaft bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen den Vorsteuerabzug.
Bei schlichtem Miteigentum dienen die von den Miteigentümern aufgewendeten Beträge lediglich der Erfüllung der Gemeinschaftsaufgaben und bilden kein Entgelt für eine Leistung der Gemeinschaft an ihre Mitglieder. Die Zahlungen der Miteigentümer erfolgen somit nicht im Wege eines Leistungsaustausches.
783
b) Das Gebäude wird den Miteigentümern ohne ein besonderes Entgelt zur Nutzung überlassen (Bauherr ist die Gemeinschaft).
Im Falle der Errichtung eines Gebäudes durch eine Miteigentümergemeinschaft, die keine Unternehmereigenschaft besitzt (zB Ehegattengemeinschaft vgl. Rz 185), sind die Miteigentümer, die diese Gemeinschaft bilden, als unmittelbare Leistungsempfänger der Gebäudeerrichtung anzusehen. Nutzt ein Miteigentümer einen Teil des Gebäudes ausschließlich für eigene unternehmerische Zwecke, steht ihm der Vorsteuerabzug für die gesamten auf den unternehmerisch genutzten Gebäudeteil entfallenden Vorsteuern zu, sofern der Abzugsbetrag nicht über seinen Miteigentumsanteil hinausgeht (vgl. EuGH 21.4.2005, Rs C-25/03, HE). Eine an die Miteigentümergemeinschaft ausgestellte Rechnung ist für Zwecke des Vorsteuerabzuges anzuerkennen, wenn der Unternehmer dieser Rechnung eine leicht nachvollziehbare Darstellung der Ermittlung der auf den unternehmerisch genutzten Teil entfallenden Vorsteuern anschließt. Da nach dem Urteil „HE“ die die Gemeinschaft bildenden Miteigentümer als unmittelbare Leistungsempfänger anzusehen sind, ist in einer an die Miteigentümergemeinschaft adressierten Rechnung die UID des unternehmerisch tätigen Miteigentümers anzuführen (vgl. Rz 1554).
Beispiel:
Ein Architekt errichtet gemeinsam mit seiner Ehegattin ein Einfamilienhaus, das er zu 30% ausschließlich für unternehmerische Zwecke nutzt (Planungsbüro). Die Errichtungskosten betragen 300.000,- Euro zuzüglich 60.000 Euro (20%) USt. Die Ehegattengemeinschaft ist als solche nicht unternehmerisch tätig (keine Vermietung an Dritte). Der Miteigentümeranteil des Architekten beträgt
a) 50%
b) 25%.
Zu a)
Da der vom Unternehmer unternehmerisch genutzte Teil des Gebäudes (30%) seinen Miteigentumsanteil (50%) nicht überschreitet, kann er die gesamten, auf den unternehmerisch genutzten Teil entfallenden Vorsteuern geltend machen (30% von 60.000 Euro = 18.000 Euro).
Zu b)
Da der vom Unternehmer unternehmerisch genutzte Teil des Gebäudes (30%) seinen Miteigentumsanteil (25%) überschreitet, kann er maximal die bis zu dem seiner Miteigentumsquote entsprechenden Vorsteuern der gesamten Errichtungskosten geltend machen (25% von 60.000 Euro = 15.000 Euro).
Diese Regelung gilt auch für die laufenden Betriebskosten.
784
c) Errichtung des Gebäudes durch den einzelnen Miteigentümer/Wohnungseigentümer
Bezüglich der einzelnen Gebäudeteile hat der Miteigentümer einen getrennten Werkvertrag mit dem Bauunternehmer abgeschlossen.
Leistungsempfänger kann auch der einzelne Grundstückseigentümer (Wohnungseigentümer) sein, wenn vereinbart ist, dass jeder Eigentümer bestimmte Gebäudeteile nutzt (das dingliche Nutzungsrecht erhält) und wenn jeder Miteigentümer bezüglich dieser einen getrennten Werkvertrag mit dem Bauunternehmer abgeschlossen hat.
Auch wenn der vom schlichten Miteigentümer erworbene Grundstücksanteil („Gebäudeteil“) weiterveräußert wird, handelt es sich um einen grundsätzlich steuerfreien Grundstücksumsatz, der zu einer Änderung der Verhältnisse führen kann oder für den zur Steuerpflicht optiert werden kann.
6.1.9.1.3.3. Wechsel der Miteigentümer bei Miteigentumsgemeinschaften
785
Der Wechsel von Miteigentümern führt bei der Gemeinschaft grundsätzlich zu keiner Änderung der Unternehmereigenschaft. Wenn ein Miteigentümer wechselt, liegt kein steuerbarer Grundstücksumsatz der Gemeinschaft vor. Es könnte allenfalls ein unecht steuerfreier Umsatz des Miteigentümers vorliegen, wenn der Miteigentümer den Miteigentumsanteil ihm Rahmen seines Unternehmens hält.
6.1.9.1.3.4. Miteigentumsgemeinschaft an bestehendem, unternehmerisch genutztem Gebäude – Begründung von Wohnungseigentum
786
In der unentgeltlichen Einräumung von Wohnungseigentum durch die Miteigentumsgemeinschaft an den jeweiligen Wohnungseigentümer ist keine umsatzsteuerbare Lieferung zu erblicken (VwGH 25.6.1998, 94/15/0087). Ist die schlichte Miteigentumsgemeinschaft bisher mit dem im Miteigentum stehenden Gebäude unternehmerisch tätig gewesen (zB das im Miteigentum stehende Gebäude wurde von der Gemeinschaft vermietet), scheidet das Gebäude aus dem Unternehmensbereich aus und es liegt ein grundsätzlich steuerfreier Eigenverbrauch gemäß § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a UStG 1994 vor. Die Miteigentumsgemeinschaft kann hinsichtlich des Grundstückes (Grundstücksteiles) zur Steuerpflicht optieren. Der nunmehrige Wohnungseigentümer hat die Möglichkeit, die im Falle der Option in Rechnung gestellte USt bei Zutreffen der Voraussetzungen des § 12 UStG 1994 – insbesondere der Unternehmereigenschaft – als Vorsteuer gemäß § 12 Abs. 15 UStG 1994 in Abzug zu bringen.
6.1.9.1.3.5. Alleineigentum an bestehendem, unternehmerisch genutztem Gebäude – Begründung von Miteigentum und unternehmerische Nutzung durch die Miteigentumsgemeinschaft
787
a) Entgeltliche Begründung
Veräußert der Alleineigentümer A einer bisher von ihm vermieteten Liegenschaft einen Liegenschaftsanteil an den neuen Miteigentümer B mit nachfolgender Vermietung durch die Gemeinschaft (A und B), liegt eine entgeltliche Lieferung an den neuen Unternehmer „Miteigentumsgemeinschaft“ vor.
788
b) Schenkung eines Miteigentumsanteiles
Wird vom Alleineigentümer A schenkungsweise Miteigentum eingeräumt, so ist von einer entgeltlichen Veräußerung des gesamten Objektes an den neuen Unternehmer „Miteigentumsgemeinschaft“ auszugehen (Gegenleistung ist die Einräumung von Rechten an dieser Gemeinschaft).
6.1.9.1.3.6. Alleineigentum an bestehendem, unternehmerisch genutztem Gebäude – Begründung von Wohnungseigentum
789
Der Alleineigentümer, der bisher das Gebäude unternehmerisch genutzt hat, tätigt einen unecht steuerfreien Grundstücksumsatz hinsichtlich des aus dem Unternehmen des bisherigen Alleineigentümers ausscheidenden Grundstücksanteiles. Hinsichtlich des verbleibenden Anteils (im Wohnungseigentum oder schlichten Miteigentum) bleibt der bisherige Alleineigentümer weiterhin unternehmerisch tätigt, sodass diesbezüglich er und nicht die Gemeinschaft Unternehmer ist. Hinsichtlich der Leistungen, die das gesamte Gebäude betreffen (zB Betriebskosten), ist die Miteigentumsgemeinschaft der Leistungsempfänger. In weiterer Folge überwälzt diese die Kosten anteilig auf den bisherigen Alleineigentümer (wenn dieser nicht Wohnungseigentümer wird) und auf den Wohnungseigentümer (die Wohnungseigentumsgemeinschaft).
6.1.9.1.4. Eigenverbrauch von Grundstücken
6.1.9.1.4.1. Allgemeines
790
Der Eigenverbrauch ist nur dann steuerbar, wenn der Gegenstand oder seine Bestandteile zu einem vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben.
Beispiel:
Der Unternehmer hat im Jahre 2001 auf einem ohne Vorsteuerabzug erworbenen Grundstück ein Gebäude errichtet. Dieses wird im Jahre 2003 entnommen.
Eine Eigenverbrauchsbesteuerung erfolgt nicht hinsichtlich des nackten Grund und Bodens.
6.1.9.1.4.2. Eigenverbrauch bei Nutzung
791
Der Eigenverbrauch bei vorübergehender Nutzung des Grundstückes bestimmt sich nicht nach § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a UStG 1994.
6.1.9.1.4.3. Eigenverbrauch bei Entnahme
792
Auch beim Eigenverbrauch von Grundstücken durch Entnahme ist eine Option zur Steuerpflicht möglich (siehe nachstehenden Punkt).
6.1.9.1.5. Option zur Steuerpflicht
6.1.9.1.5.1. Zeitpunkt und Form der Optionsausübung
793
Voraussetzung für die Optionsausübung ist, dass der Unternehmer einen grundsätzlich unter § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a UStG 1994 fallenden Umsatz tätigt. Der Verzicht auf die Steuerbefreiung ist an keine besondere Form oder Frist gebunden und erfordert auch keine eigene schriftliche Erklärung an das Finanzamt. Der Verzicht (ebenso wie die Rücknahme des Verzichtes) ist bis zur Rechtskraft des Steuerbescheides möglich. Der Verzicht ist auch im wieder aufgenommenen Verfahren möglich. Maßgeblich ist nicht der offene Ausweis in einer Rechnung oder Gutschrift, sondern die Behandlung als steuerpflichtig gegenüber dem Finanzamt. Stellt der Unternehmer zwar Umsatzsteuer in Rechnung, behandelt aber den Umsatz gegenüber dem Finanzamt (Voranmeldung, Steuererklärung) steuerfrei, schuldet er den ausgewiesenen Betrag gemäß § 11 Abs. 12 UStG 1994, ausgenommen er berichtigt die Rechnung.
Bei im Zwangsversteigerungsverfahren ausgeführten Umsätzen von Grundstücken (einschließlich Gebäuden auf fremdem Boden und Baurechten) ist der Verzicht auf die Steuerbefreiung gemäß § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a UStG 1994 nur zulässig, wenn der Verpflichtete dem Gericht spätestens bis vierzehn Tage nach Bekanntgabe des Schätzwertes (§ 144 EO) ausdrücklich mitteilt, dass der Umsatz an den Ersteher gemäß § 6 Abs. 2 UStG 1994 steuerpflichtig behandelt wird. Diese gesetzliche Frist kann nicht verlängert werden (vgl. § 110 Abs. 1 BAO). Im Falle der fristgerechten Mitteilung der steuerpflichtigen Behandlung kommt es gemäß § 19 Abs. 1b lit. c UStG 1994 zum Übergang der Steuerschuld auf den Ersteher, wobei der Verpflichtete als leistender Unternehmer für diese Steuer haftet. Der Verpflichtete muss eine Rechnung gemäß § 11 Abs. 1a UStG 1994 ausstellen. Hinsichtlich des Vorsteuerabzugsrechtes des Erstehers vgl. Rz 1875 bis Rz 1876.
6.1.9.1.5.2. Berechtigung zur Option
794
Optionsberechtigt sind grundsätzlich alle Unternehmer, die Umsätze gemäß § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a UStG 1994 ausführen, ausgenommen Kleinunternehmer und pauschalierte Landwirte. Diese müssten, um optieren zu können, zusätzlich auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung verzichten (§ 6 Abs. 3 UStG 1994) bzw. erklären, dass ihre Umsätze nach den allgemeinen Vorschriften besteuert werden sollen (§ 22 Abs. 6 UStG 1994).
Beispiel:
Kleinunternehmer K veräußert seine Eigentumswohnung, die er bisher vermietete. Die Vermietungsumsätze lagen unter 35.000 Euro (bis 31.12.2019: 30.000 Euro). Die Eigentumswohnung wird um 150.000 Euro zuzüglich 20% USt veräußert.
Das Hilfsgeschäft des K (Veräußerung der Eigentumswohnung) bleibt bei der Ermittlung der Kleinunternehmergrenze von 35.000 Euro (bis 31.12.2019: 30.000 Euro) außer Ansatz. K muss, um für den Grundstücksumsatz optionsberechtigt zu sein, neben der Behandlung des Umsatzes gegenüber dem Finanzamt als steuerpflichtig zusätzlich auf die Kleinunternehmerregelung verzichten (Doppeloption). Die Inrechnungstellung der Umsatzsteuer allein würde zu einer Steuerschuld auf Grund der Rechnung führen.
Ob der leistende Unternehmer zur Besteuerung optiert, steht – aus der Sicht der Umsatzsteuer – in seinem freien Ermessen.
Der Erwerber hat umsatzsteuerlich weder Anspruch auf die Ausübung des Optionsrechtes noch muss er dieser zustimmen (vgl. VwGH 02.09.2009, 2005/15/0140).
794a
Optionsberechtigt für die Lieferung von Grundstücken im Insolvenzverfahren ist der Insolvenzverwalter als gesetzlicher Vertreter des Schuldners. Dies gilt auch im Falle des Beitritts des Insolvenzverwalters in ein gegen den (Insolvenz)Schuldner im Zuge befindliches Zwangsvollstreckungsverfahren als betreibender Gläubiger.
6.1.9.1.5.3. Umfang der Option
795
Die Option kann für jeden einzelnen Umsatz ausgeübt werden (zB können in einem Gebäude Wohnungen bzw. Geschäftsräume im Wohnungseigentum steuerfrei und steuerpflichtig veräußert werden).
Der USt unterliegt nur der Teil des Grundstückes, der zum Unternehmen gehört. Ob Lieferungen oder sonstige Leistungen im Zusammenhang mit der Anschaffung, Errichtung und Erhaltung von Gebäuden als für das Unternehmen ausgeführt gelten, richtet sich nach § 12 Abs. 2 Z 1 UStG 1994.
796
Bei der Veräußerung (Entnahme) eines Grundstückes kann die Option auf einen abgrenzbaren Teil des Grundstückes (Gebäudeteile) beschränkt werden. Eine Teiloption wird etwa bei unterschiedlichen Nutzungsarten (zB Wohnungen und Geschäftsräumlichkeiten) in Betracht kommen. Eine solche Aufteilung nach räumlichen Gesichtspunkten wird dann möglich sein, wenn an den einzelnen Grundstücksteilen grundsätzlich Wohnungseigentum begründet werden könnte.
Beispiel:
Unternehmer U veräußert ein Gebäude an den Erwerber (Käufer) E. Im Gebäude befinden sich verschiedene Geschäftsräumlichkeiten und eine Arztpraxis.
Im gegenständlichen Fall kann vom U die Option auf die veräußerten Geschäftsräumlichkeiten beschränkt werden.
6.1.9.1.5.4. Eigenverbrauch
797
Auch bei einem gemäß § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a UStG 1994 steuerfreien Entnahmeeigenverbrauch nach § 3 Abs. 2 UStG 1994 (vgl. Rz 790) ist eine Option zur Steuerpflicht möglich.
Es besteht nicht die Möglichkeit, zu berichtigende oder nicht abzugsfähige Steuern gemäß § 12 Abs. 15 UStG 1994 in Rechnung zu stellen, wohl aber im Falle der Option die für den steuerpflichtigen Eigenverbrauch geschuldete Umsatzsteuer.
Beispiel:
Unternehmer U schenkt ein vermietetes Gebäude, welches unter Inanspruchnahme des Vorsteuerabzuges errichtet wurde, seinem Sohn S, der das Gebäude weiterhin vermietet.
Durch die Schenkung bewirkt der Unternehmer einen Eigenverbrauch gemäß § 3 Abs. 2 UStG 1994. Für den Unternehmer U besteht die Möglichkeit, für den Eigenverbrauch zur Steuerpflicht zu optieren. Damit entfällt eine Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs. 10 UStG 1994.
6.1.9.1.5.5. Bemessungsgrundlage im Zusammenhang mit der Grunderwerbsteuer
798
Bei der Berechnung der Bemessungsgrundlage für steuerpflichtige Grundstücksumsätze wäre für den Fall, dass nach den vertraglichen Vereinbarungen die Grunderwerbsteuer vom Erwerber allein zu tragen ist, die Hälfte der Grunderwerbsteuer zum Nettoentgelt hinzuzurechnen . Aus Vereinfachungsgründen wird vom Erfordernis der Hinzurechnung der Hälfte der Grunderwerbsteuer abgesehen.
6.1.9.1.5.6. Vorsteuerabzug im Hinblick auf eine zukünftige Option
799
Will der Unternehmer im Hinblick auf eine künftige Optionsausübung bereits vor der Ausführung des Umsatzes den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen, ist dies nur möglich, wenn er zweifelsfrei darlegen kann (zB durch entsprechende Vorvereinbarungen mit künftigen Käufern oder anhand anderer – über eine bloße Absichtserklärung hinausgehender – Umstände), dass bei Würdigung des vorliegenden Sachverhaltes am Maßstab des allgemeinen menschlichen Erfahrungsgutes und der Denkgesetze im Zeitpunkt des Bezuges der Vorleistung die Wahrscheinlichkeit einer bevorstehenden steuerpflichtigen Veräußerung mit größerer Sicherheit anzunehmen war als der Fall einer steuerbefreiten Veräußerung oder der Fall des Unterbleibens einer Veräußerung.
§ 6 Abs. 2 vorletzter Unterabsatz UStG 1994 regelt nur den Zeitpunkt der tatsächlichen Ausübung der Option und die steuerliche Behandlung einer „bis dahin“ mangels entsprechender Optionsabsicht vom Vorsteuerabzug nach § 12 Abs. 3 UStG 1994 ausgeschlossenen oder nach § 12 Abs. 10 bis 12 UStG 1994 zu berichtigenden Vorsteuer (VwGH 20.10.2009, 2006/13/0193). Bei Absichtsänderungen ist Rz 901 sinngemäß anzuwenden.
Steht im Zeitpunkt der Vereinnahmung einer Anzahlung zweifelsfrei fest, dass der spätere Grundstücksumsatz steuerpflichtig behandelt werden wird, sind im Zusammenhang mit der späteren Grundstückslieferung vereinnahmte Anzahlungen gemäß § 19 Abs. 2 Z 1 lit. a und b UStG 1994 steuerpflichtig (Normalsteuersatz) und berechtigen den Erwerber unter den Voraussetzungen des § 12 UStG 1994 zum Vorsteuerabzug, wenn der Verkäufer in der Anzahlungsrechnung (vgl. Rz 1524) auf die spätere steuerpflichtige Behandlung des Grundstücksumsatzes hinweist.
Beispiel:
Eine Immobilien-Gesellschaft, die die Errichtung und Veräußerung von Gebäuden zum Unternehmensgegenstand hat, errichtet im Jahr 01 Vorsorge-Wohnungen und beabsichtigt diese nach Fertigstellung (voraussichtlich im Jahr 02) entsprechend ihrem Vorsorge-Wohnungs-Konzept an Anleger zu verkaufen, die die Wohnungen in der Folge an fremde Dritte für Wohnzwecke weitervermieten wollen. Die umsatzsteuerpflichtige Wohnungsvermietung und der damit verbundene Vorsteuerabzug für den Anleger sind zentraler Bestandteil der Konzeption. Noch im Jahr des Baubeginnes liegen verbindliche Kaufanbote von Anlegern vor, in denen festgelegt wird, dass der Miteigentumsanteil mit Umsatzsteuer verrechnet wird. In allen Werbeprospekten und -inseraten wird dies hervorgehoben. Auch bei vergleichbaren früheren Projekten ist die Gesellschaft nachweislich so vorgegangen. Als Voraussetzung für die Annahme des verbindlichen Kaufanbotes wird die Leistung von Anzahlungen vereinbart.
Im Hinblick auf den – durch die nach außen hin erkennbaren und verbindlichen Vereinbarungen bzw. die sonstigen Umstände – mit größter Wahrscheinlichkeit anzunehmenden Zusammenhang mit künftigen steuerpflichtigen Grundstücksveräußerungen an ihrerseits – durch Vermietung für Wohnzwecke – unternehmerisch tätige Anleger steht dem Unternehmer der Vorsteuerabzug für im Jahr 01 angefallene Errichtungs- und Planungskosten bereits im Voranmeldungs- bzw. Veranlagungszeitraum 01 zu. Gleichzeitig muss der Unternehmer im Jahr 01 (und später) vereinnahmte Anzahlungen nach Maßgabe des § 19 Abs. 2 Z 1 lit. a und b UStG 1994 versteuern. Bei Vorliegen einer ordnungsgemäßen Anzahlungsrechnung, die einen ausdrücklichen Hinweis auf die spätere steuerpflichtige Behandlung der Veräußerung enthält, kann der künftige Erwerber – unter den weiteren Voraussetzungen des § 12 UStG 1994 – die darin ausgewiesene Steuer abziehen.
6.1.9.1.5.7. Vorsteuerabzug für vor der Option empfangene Leistungen
800
Optiert der Unternehmer erst bei Lieferung des Grundstückes gemäß § 6 Abs. 2 UStG 1994 zur Steuerpflicht und war die diesbezügliche Absicht bisher zweifelhaft bzw. ändert er nachweislich bereits vorher nach außen erkennbar und zweifelsfrei seine ursprüngliche Absicht zur steuerfreien Veräußerung in Richtung steuerpflichtige Behandlung, so können – wie bei der Vermietung (vgl. Rz 901) – die bis dahin im Hinblick auf die Steuerfreiheit der Umsätze gemäß § 12 Abs. 3 UStG 1994 vom Vorsteuerabzug ausgeschlossenen Vorsteuern frühestens für den Voranmeldungs-(Veranlagungs-)zeitraum geltend gemacht werden, in dem der Unternehmer seine Absicht zur steuerpflichtigen Behandlung zweifelsfrei geändert (siehe Rz 799) bzw. in dem er den Umsatz tatsächlich gegenüber dem Finanzamt steuerpflichtig behandelt hat.
6.1.9.1.6. Einzelfälle
801
Ausscheiden des vorletzten Miteigentümers: Ist beim Ausscheiden eines Miteigentümers aus einer zweipersonalen unternehmerischen Miteigentumsgemeinschaft vertraglich „Anwachsen“ vereinbart, liegt eine nichtsteuerbare Anteilsvereinigung vor.
Bauherrnmodell – Lieferung des Grundstückes und des Gebäudes durch verschiedene Unternehmer: Nach der ständigen Judikatur des VwGH ist der Begriff des „Bauherrn“ für die Grunderwerbsteuer und die Umsatzsteuer einheitlich auszulegen. Das bedeutet jedoch umsatzsteuerrechtlich nicht, dass Leistungen des Grundstücksveräußerers und Leistungen Dritter zu einem einheitlichen Grundstückserwerb zusammengefasst werden können. Nur die Grundstückslieferung ist daher gemäß § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a UStG 1994 von der Umsatzsteuer befreit (vgl. auch EuGH 27.11.2008, C-156/08, „Vollkommer“, wonach beim Erwerb eines noch unbebauten Grundstückes künftige, umsatzsteuerpflichtige Bauleistungen in die Bemessungsgrundlage für die Berechnung von Verkehrsteuern wie die „Grunderwerbsteuer“ einbezogen werden können, sofern diese nicht den Charakter einer Umsatzsteuer besitzen).
Baurecht, Bauzins: Es ist zwischen der Einräumung (Übertragung) eines Baurechtes und der Vermietung und Verpachtung von Baurechten zu unterscheiden. Die Einräumung eines Baurechtes fällt unter § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a UStG 1994, wobei es gleichgültig ist, ob der vom Bauberechtigten entrichtete Bauzins als Einmalzahlung oder in wiederkehrenden Beträgen entrichtet wird; auch bei der Übertragung eines Baurechtes handelt es sich um ein Entgelt für die Lieferung eines Grundstücks.
Die Vermietung und Verpachtung von Baurechten (zB die Vermietung von Wohnungen in einem Gebäude, das Zugehör des Baurechts ist) ist als Vermietung und Verpachtung von Grundstücken zu beurteilen. Diesfalls kommt § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994 bzw. § 10 Abs. 2 Z 3 lit. a UStG 1994 (bis 31.12.2015: § 10 Abs. 2 Z 4 UStG 1994) zur Anwendung.
Teilzeiteigentum
Die Veräußerung von Miteigentumsanteilen mit der Nebenabrede, dass dem jeweiligen Miteigentümer das ausschließliche, auf einen bestimmten Zeitraum eines jeden Jahres beschränkte Recht auf Benutzung eines bestimmten Appartements eingeräumt wird (so genanntes „Teilzeiteigentum“), stellt eine Lieferung von Grundstücken dar und ist daher gemäß § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a UStG 1994 steuerfrei. Das Nutzungsrecht der Käufer stellt sich als Ausfluss der übertragenen ideellen Miteigentumsanteile und als zwischen den Miteigentümern getroffene „Benutzungsregelung“ im Sinne des § 828 Abs. 2 ABGB auch dann dar, wenn die Nutzungsvereinbarung schon im Kaufvertrag betreffend die Übertragung der Miteigentumsanteile erfolgt ist (vgl. VwGH 20.10.2004, 2000/14/0185). Zur Einräumung eines Teilzeitnutzungsrechtes ohne gleichzeitige Miteigentumsübertragung (Time-Sharing) siehe Rz 1374 bis Rz 1377.
Randzahlen 802 bis 845: Derzeit frei.
6.1.9.2. Umsätze von Aufsichtsratsmitgliedern
846
Steuerfrei sind die Leistungen von Mitgliedern des Aufsichtsrates oder Verwaltungsrates oder von anderen mit der Überwachung der Geschäftsführung beauftragten Personen. Die – die Überwachung der Geschäftsführung bezweckenden – Aufgaben des begünstigten Personenkreises ergeben sich aus einschlägigen gesetzlichen Vorschriften (zB §§ 95 – 97 AktG, BGBl. Nr. 98/1965 idgF; § 24e Genossenschaftsgesetz, RGBl. Nr. 70/1873 idgF; §§ 30j bis 30l GmbHG, RGBl. Nr. 58/1906 idgF; § 25 Privatstiftungsgesetz, BGBl. Nr. 694/1993 idgF) oder aus (Gesellschafts-)Verträgen. Verwaltungsräte sind gesellschaftsvertraglich geschaffene Organe, die der Überwachung der Geschäftsführung dienen.
847
Die Befreiung betrifft Vergütungen jeder Art einschließlich Reisekostenersätze (zB fixe „Gehälter“; gewinnabhängige Zuwendungen; sonstige Vorteile). Die Bezeichnung der Gegenleistung ist ohne Bedeutung, es muss sich aber inhaltlich jedenfalls um ein Entgelt für die Überwachung der Geschäftsführung handeln.
848
Nicht unter die Befreiung fallen Entgelte, die das Aufsichtsorgan für andere unternehmerische Tätigkeiten erhält, die nicht der Überwachung der Geschäftsführung dienen (zB Konsulententätigkeit).
Beispiel:
Ein dem Aufsichtsrat einer AG angehöriger Rechtsanwalt erstellt ein Rechtsgutachten für den Aufsichtsrat und erhält dafür neben seinen Aufsichtsratsvergütungen ein gesondertes Honorar. Insgesamt erzielt der Rechtsanwalt 70% seiner gesamten Umsätze aus seiner Anwaltstätigkeit und 30% aus diversen Aufsichtsratstätigkeiten.
Das Honorar für das Rechtsgutachten erhält der Rechtanwalt nicht für die Überwachung der Geschäftsführung, sondern für eine – vom Aufsichtsrat gesondert beauftragte – gutachterliche Tätigkeit. Die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Z 9 lit. b UStG 1994 sind daher diesbezüglich nicht erfüllt. Hinsichtlich des Vorsteuerabzuges muss der Rechtsanwalt eine Aufteilung nach § 12 Abs. 4 bis 6 UStG 1994 vornehmen (vgl. Rz 2013 bis Rz 2038).
Vergütungen an Stiftungsprüfer (vgl. §§ 20 und 21 Privatstiftungsgesetz, BGBl. Nr. 694/1993 idgF) sind nicht steuerfrei, weil diese keine Überwachungskompetenz gegenüber der Geschäftsführung besitzen. Ihre Tätigkeiten stellen (gutachterliche) Prüfungstätigkeiten dar, wie sie von Wirtschafts- oder Buchprüfern im Rahmen ihrer berufstypischen Tätigkeiten erbracht werden.
Randzahlen 849 bis 850: derzeit frei
6.1.9.3. Versicherungsverhältnisse
6.1.9.3.1. Versicherungsleistungen
851
Gemäß § 6 Abs. 1 Z 9 lit. c UStG 1994 sind die Umsätze steuerfrei, soweit dafür ein Versicherungsentgelt gemäß § 3 Versicherungssteuergesetz 1953 gezahlt wird. Versicherungsentgelt ist nach § 3 Versicherungssteuergesetz 1953 jede Leistung, die für die Begründung und zur Durchführung des Versicherungsverhältnisses an den Versicherer zu bewirken ist (zB Prämien, Beiträge, Vorbeiträge, Vor- und Nachschüsse, Umlagen, Unterjährigkeitszuschläge, Kosten für die Ausfertigung des Versicherungsscheines, Eintrittsgelder und sonstige Nebenkosten). Auch wenn eine Zahlung kein Versicherungsentgelt ist, unterliegt sie der Umsatzsteuer nur dann, wenn sie Entgelt für eine spezifische Leistung des Versicherers ist. Das trifft bei Mahnkosten nicht zu. Die Mahnkosten stellen nicht das Entgelt für einen selbständigen Leistungsaustausch dar und sind daher wie die Hauptleistung (Versicherungsschutz) befreit (VwGH 2.3.1992, 90/15/0143). Bei Mahngebühren sowie bei der Erstattung der Kosten eines gerichtlichen Mahnverfahrens handelt es sich grundsätzlich immer um einen nicht steuerbaren Schadenersatz.
Ein steuerfreier Versicherungsumsatz liegt vor, wenn der Versicherer sich verpflichtet, dem Versicherten gegen vorherige Zahlung einer Prämie beim Eintritt des Versicherungsfalls die bei Vertragsschluss vereinbarte Leistung zu erbringen. Er setzt seinem Wesen nach eine Vertragsbeziehung zwischen dem Erbringer der Versicherungsdienstleistung und der Person, deren Risiken von der Versicherung gedeckt werden, dh. dem Versicherten, voraus (vgl. EuGH 25.3.2021, Rs C-907/19, Q-GmbH, Rn 32, mVa EuGH 17.3.2016, Rs C-40/15, Aspiro, Rn 22 und 23). Die Gewährung einer Lizenz an einen Versicherer zur Verwendung eines Versicherungsprodukts kann demnach nicht als Versicherungsumsatz eingestuft werden, da der Lizenzgeber vertraglich nur an den Versicherer gebunden ist, der das fragliche Produkt gemäß dem Lizenzvertrag verwertet, und er im Regelfall auch nicht die Deckung der auf der Grundlage dieses Produkts versicherten Risiken übernimmt (EuGH 25.3.2021, Rs C-907/19, Q-GmbH, Rn 33).
Die entgeltliche Übertragung eines Bestands von (Rück-)Versicherungsverträgen auf ein anderes Versicherungsunternehmen, durch die dieses Unternehmen alle Rechte und Pflichten aus diesen Verträgen mit Zustimmung der Versicherungsnehmer übernommen hat, ist weder gemäß § 6 Abs. 1 Z 9 lit. c UStG 1994 (kein Versicherungs- oder Rückversicherungsumsatz) noch nach § 6 Abs. 1 Z 8 UStG 1994 (kein Finanzgeschäft) steuerfrei (EuGH 22.10.2009, Rs C-242/08, Swiss Re Germany Holding GmbH; vgl. auch Rz 991).
Umsätze, die ein Versicherungsunternehmen dadurch erzielt, dass es Unfallfahrzeugwracks aus von ihm versicherten Schadensfällen von seinen Versicherten erwirbt und anschließend an Dritte weiterveräußert, fallen nicht in den Geltungsbereich des § 6 Abs. 1 Z 9 lit. c UStG 1994 und sind daher steuerpflichtig. Die Steuerbefreiung gemäß § 6 Abs. 1 Z 26 UStG 1994 ist ebenfalls nicht anwendbar (EuGH 9.3.2023, Rs C-42/22, Generali Seguros SA). Siehe auch Rz 991.
852
Wenn durch den Erwerb einer von vornherein für eine bestimmte Zeit angelegten Mitgliedschaft bei einem Verein das Recht erworben wird, in einem medizinisch indizierten Notfall kostenlos medizinisch versorgt und mittels Flugrettung (bzw. auf sonstigen Transportwegen) nach Österreich rücktransportiert zu werden, so liegt ein umsatzsteuerlich relevantes Gegenleistungsverhältnis vor. Allerdings trägt dieses alle Merkmale eines Versicherungsverhältnisses, sodass die Steuerbefreiung für Umsätze von Versicherungsverhältnissen zum Tragen kommt (VwGH 11.9.1987, 95/15/0022).
6.1.9.3.2. Verschaffung von Versicherungsschutz
853
Die Verschaffung eines Versicherungsschutzes liegt vor, wenn der Unternehmer mit einem Versicherungsunternehmen einen Versicherungsvertrag zugunsten eines Dritten abschließt. Dies kann dadurch erfolgen, dass der Unternehmer den Versicherungsvertrag im eigenen Namen, aber für den Versicherungsberechtigten abschließt, oder die Rechte aus dem Vertrag, den er im eigenen Namen und auf eigene Rechnung mit der Versicherungsgesellschaft abgeschlossen hat, auf den Versicherungsberechtigten überträgt (vgl. EuGH 16.7.2015, Rs C-584/13, Mapfre asistencia und Mapfre warranty, Rn 38; zum Abschluss von Verträgen in fremdem Namen siehe Rz 881 f). Der Begriff Versicherungsschutz umfasst alle Versicherungsarten. Durch den Versicherungsvertrag muss der begünstigte Dritte – oder bei Lebensversicherungen auf den Todesfall der Bezugsberechtigte – das Recht erhalten, im Versicherungsfall die Versicherungsleistung zu fordern. Unerheblich ist es, ob dieses Recht unmittelbar gegenüber dem Versicherungsunternehmen oder mittelbar über den Unternehmer geltend gemacht werden kann. Bei der Frage, ob ein Versicherungsverhältnis vorliegt, ist von den Grundsätzen des Versicherungssteuergesetzes auszugehen. Ein Vertrag, der einem Dritten lediglich die Befugnis einräumt, einen Versicherungsvertrag zu günstigeren Konditionen abzuschließen, verschafft keinen unmittelbaren Anspruch des Dritten gegen das Versicherungsunternehmen und demnach keinen Versicherungsschutz, der unter diese Befreiungsbestimmung fällt.
6.1.9.4. Glücksspielumsätze – Rechtslage aufgrund der Glücksspielgesetz-Novelle 2008, BGBl. I Nr. 54/2010, ab 2011
6.1.9.4.1. Wetten und Ausspielungen
854
Unter die Befreiung des § 6 Abs. 1 Z 9 lit. d sublit. aa UStG 1994 fallen Wetten (§ 33 TP 17 Abs. 1 Z 1 GebG) und Ausspielungen (§ 2 Abs. 1 GSpG). Die Befreiung gilt auch für die mit dem Betrieb von konzessionierten Spielbanken unmittelbar verbundenen Umsätze. Die Umsätze mittels Glücksspielautomaten (§ 2 Abs. 3 GSpG) und Video-Lotterie-Terminals (VLT; § 12a Abs. 2 GSpG) sind jedoch – ungeachtet einer allfälligen Glücksspielabgabepflicht – von der Befreiung ausdrücklich ausgenommen.
855
Ausspielungen iSd § 2 Abs. 1 GSpG sind Glücksspiele,
- die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht, und
- bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und
- bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).
Beispiele für Ausspielungen:
Roulette, Beobachtungsroulette, Poker, Black Jack, Two Aces, Bingo, Keno, Baccarat und Baccarat chemin de fer und deren Spielvarianten, Lotto, Toto, Zusatzsatzspiel, Sofortlotterien, Klassenlotterie, Zahlenlotto, Nummernlotterien, elektronische Lotterien.
Die Steuerbefreiung gemäß § 6 Abs. 1 Z 9 lit. d sublit. aa UStG 1994 knüpft an den Tatbestand der Ausspielung an und nicht an die Glückspielabgabepflicht (§§ 57 bis 59 GSpG) oder an die Anwendbarkeit des Glücksspielmonopols des Bundes (§ 4 GSpG). Demnach sind auch befreit
- Umsätze aus Glückshäfen, Juxausspielungen und Tombolaspiele iSd § 4 Abs. 5 GSpG zu anderen als Erwerbszwecken (zB bei einem steuerpflichtigen Vereinsfest eines gemeinnützigen Vereines) sowie
- Ausspielungen mit Kartenspielen in Turnierform zum bloßen Zeitvertreib durch Gastwirte (§ 4 Abs. 6 GSpG).
856
Nicht steuerfrei sind insbesondere folgende Umsätze:
- Umsätze aus Glücksspielautomaten und VLT (mit oder ohne Bewilligung bzw. Konzession; legal oder illegal);
- Umsätze aus der Vermittlung von Wett- und Glücksspielumsätzen;
- Call-Center-Leistungen zugunsten eines Organisators für Telefonwetten (EuGH 13.07.2006, Rs C-89/05, United Utilities plc);
- Umsätze aus der Duldung der Aufstellung eines Glücksspielautomaten oder VLT;
- Veranstaltung von Geschicklichkeitsspielen durch einen Unternehmer (weder Ausspielung noch Wette; zB Kegel- oder Schachturniere, Videospielturniere);
- Umsätze aus der Initiierung, Organisation und Verwaltung von Lottospielgemeinschaften (VwGH 29.07.2010, 2008/15/0272).
857
Eine Ausspielung mit Glücksspielautomaten iSd § 2 Abs. 3 GSpG liegt vor, wenn die Entscheidung über das Spielergebnis nicht zentralseitig, sondern durch eine mechanische oder elektronische Vorrichtung im Glücksspielautomaten selbst erfolgt.
Nicht befreit sind auch Warenausspielungen mit Glücksspielautomaten iSd § 4 Abs. 3 GSpG, bei denen die vermögenswerte Leistung den Gegenwert von 1 Euro nicht übersteigt und bei denen es sich um Schaustellergeschäfte des „Fadenziehens“, „Stoppelziehens“, „Glücksrades“, „Blinkers“, „Fische- oder Entenangelns“, „Plattenangelns“, „Fische- oder Entenangelns mit Magneten“, „Plattenangelns mit Magneten“, „Zahlenkesselspiels“, „Zetteltopfspiels“ sowie um diesen ähnliche Spiele handelt.
858
Video-Lotterie-Terminals sind zentralseitig vernetzte Terminals an ortsfesten, öffentlich zugänglichen Betriebsstätten, durch welche dem Spieler der Zugang zu elektronischen Lotterien ermöglicht wird. Unter elektronischen Lotterien versteht man Ausspielungen, bei denen die Spielteilnahme unmittelbar durch den Spieler über elektronische Medien erfolgt und die Entscheidung über das Spielergebnis zentralseitig herbeigeführt sowie über elektronische Medien zur Verfügung gestellt wird (vgl. § 12a Abs. 1 und 2 GSpG idgF).
859
Die Umsatzsteuer schuldet der Unternehmer, der gegenüber dem Spielteilnehmer als Anbieter des Glücksspiels auftritt. Maßgeblich ist, mit wem der Spielteilnehmer den Glücksvertrag (konkludent) abschließt. Das wird idR derjenige Unternehmer sein, auf dessen Risiko Glücksspielautomaten und VLTs betrieben werden. Von einem Unternehmerrisiko ist dann auszugehen, wenn der Leistungserbringer die Möglichkeit hat, im Rahmen seiner Tätigkeit sowohl die Einnahmen- als auch die Ausgabenseite maßgeblich zu beeinflussen und solcherart den finanziellen Erfolg seiner Tätigkeit weitgehend selbst zu gestalten. Die Beurteilung, wer das Risiko tatsächlich trägt, hat in wirtschaftlicher Betrachtungsweise (§ 21 BAO) unter Berücksichtigung der maßgeblichen vertraglichen Vereinbarungen zu erfolgen.
Automatenaufsteller betreiben ihre Geräte entweder auf eigenes Risiko oder überlassen sie einem anderen Betreiber (zB Gastwirt). Liegt das Unternehmerrisiko beim Geräteaufsteller, sind diesem die Glücksspielumsätze zuzurechnen und der Lokalinhaber hat lediglich seine Provision für die Duldung der Automatenaufstellung und die Gestattung der Nutzung dieser Automaten in seinen Geschäftsräumlichkeiten zu versteuern. Liegt das Unternehmerrisiko beim Lokalinhaber, tätigt dieser die steuerpflichtigen Glücksspielumsätze und die Leistung des Geräteaufstellers beschränkt sich auf die ebenfalls steuerpflichtige Nutzungsüberlassung der Automaten an den Lokalinhaber.
860
Sowohl bei Umsätzen aus Glücksspielautomaten als auch aus Video-Lotterie-Terminals sind als Bemessungsgrundlage die Jahresbruttospieleinnahmen, d.s. die Einsätze abzüglich der ausgezahlten Gewinne eines Kalenderjahres heranzuziehen (§ 4 Abs. 5 zweiter Unterabsatz UStG 1994 idFd GSpG-Novelle 2008, BGBl. I Nr. 54/2010).
Für die Berechnung der Umsatzsteuer und der Glücksspielabgabe gelten die Jahresbruttospieleinnahmen abzüglich der darin enthaltenen Umsatzsteuer als gemeinsame Bemessungsgrundlage.
Beispiel:
Jahreseinsätze | 220.000 € | |
Ausgezahlte Gewinne | – 160.000 € | |
Jahresbruttospieleinnahmen | 60.000 € | |
abzgl. enthaltene USt (20%) | – 10.000 € | = 60.000 : 120 x 20 |
Bemessungsgrundlage für USt und GSpAbg | 50.000 € | = 60.000 : 120 x 100 |
Für die Voranmeldung, Vorauszahlung, Fälligkeit und Veranlagung der Umsatzsteuer gelten die allgemeinen Vorschriften des § 21 UStG 1994.
6.1.9.4.2. Mitwirkungsvergütungen
861
Provisionen, die vom Konzessionär nach § 14 GSpG unmittelbar an seine Vertriebspartner (wie Geschäftsstellen der Klassenlotterien, Lottokollekturen, Trafikanten) im Vertrieb von umsatzsteuerfreien Lotterieprodukten gezahlt werden, sind gemäß § 6 Abs. 1 Z 9 lit. d sublit. bb UStG 1994 steuerfrei.
Hiervon ausdrücklich ausgenommen sind Vergütungen aufgrund von Ausspielungen mittels Video-Lotterie-Terminals. Nicht steuerfrei sind Vergütungen, die von Unternehmern ohne Konzession (zB illegale Glücksspielveranstalter) für die Mitwirkung an von ihnen abgehaltenen Glücksspielen gezahlt werden sowie Abgeltungen, die nicht direkt vom Konzessionär gezahlt werden.
6.1.9.4.3. Zuwendungen im Sinne des § 27 Abs. 3 GSpG
862
Steuerfrei sind Zuwendungen, die die Spielkunden für die Gesamtheit der Arbeitnehmer des Konzessionärs in besonderen, für diesen Zweck in den Spielsälen vorgesehenen Behältern hinterlegen.
Randzahlen 863 bis 870: derzeit frei.
6.1.10. Umsätze von Blinden und dem Postwesen dienende Umsätze
6.1.10.1. Blinde
6.1.10.1.1. Allgemeines
871
Befreit sind ausschließlich als Einzelunternehmer tätige natürliche Personen.
Das Tatbestandsmerkmal „drei sehende Arbeitnehmer“ ist dahingehend auszulegen, dass es nicht auf die Anzahl der Arbeitnehmer schlechthin, sondern auf ihre zeitliche Arbeitsleistung ankommt. Dem Erfordernis ist somit Genüge getan, wenn die Summe der von allen sehenden Arbeitnehmern im Laufe eines Kalenderjahres geleisteten Arbeitsstunden insgesamt nicht höher ist als die kollektivvertragsmäßige Arbeitszeit von drei vollbeschäftigten Arbeitnehmern.
Die Steuerfreiheit gilt nicht für die Umsätze von Gegenständen, die einer Verbrauchsteuer unterliegen, wenn der Blinde Schuldner der Verbrauchsteuer ist. Ist also der Blinde zB selbst Schuldner der Mineralölsteuer, so fällt er mit seinen Umsätzen an Kraftstoffen und sonstigen der Mineralölsteuer unterliegenden Gegenständen nicht unter die Steuerbefreiung.
6.1.10.1.2. Verzichtsmöglichkeit
872
Der Unternehmer hat die Möglichkeit, jährlich bei Abgabe der Umsatzsteuererklärung auf die Befreiung zu verzichten (VfGH 23.10.1980, G 37/79). Der Verzicht hat keine Auswirkungen auf die Inanspruchnahme von einkommensteuerlichen Begünstigungen.
6.1.10.2. Postdienstleistungen
873
Nach der Judikatur des EuGH 23.04.2009, Rs C-357/07, TNT Post UK, fallen nur Universaldienstleistungen eines Universaldienstbetreibers unter die Steuerbefreiung, wobei Leistungen, deren Bedingungen individuell ausgehandelt worden sind, jedenfalls von der Befreiung ausgenommen sind. Der Begriff des Universaldienstbetreibers richtet sich in Österreich nach § 12 des Postmarktgesetzes (PMG), BGBl. I Nr. 123/2009. Danach ist derzeit nur die Österreichische Post AG als Universaldienstbetreiber bestimmt. Für andere Postdienstleister, auch wenn sie dem Grunde nach Universaldienstleistungen erbringen, kommt die Steuerbefreiung nicht zur Anwendung. Provisionen, die Postpartner für die im Namen und auf Rechnung des Universaldienstbetreibers erfolgende Erbringung von Postdienstleistungen im Rahmen der Übernahme der stationären Vertretung vor Ort erhalten, sind daher steuerpflichtig. Die im Namen und für Rechnung des Universaldienstbetreibers vereinnahmten Entgelte für Postdienste stellen beim Postpartner durchlaufende Posten dar (§ 4 Abs. 3 UStG 1994). Keine Universaldienstleister sind zB auch private Abhol-, Zustell- oder Kurierdienste, Frachtführer, Zeitungsausträger und dergleichen.
873a
Inhalt und Umfang der Universalpostdienstleistungen bestimmen sich nach § 6 PMG. Demnach ist der Universaldienst ein Mindestangebot an Postdiensten, die allgemein zur Aufrechterhaltung der Grundversorgung der Nutzer als notwendig angesehen werden, die flächendeckend im gesamten Bundesgebiet angeboten werden und zu denen alle Nutzer zu einem erschwinglichen Preis Zugang haben. Der Universaldienst umfasst folgende Leistungen:
1.Abholung, Sortierung, Transport und Zustellung von adressierten Postsendungen bis 2 kg;
2.Abholung, Sortierung, Transport und Zustellung von Postpaketen bis 10 kg sowie
3.Dienste für Einschreib- und Wertsendungen.
Vom Universaldienst mit umfasst sind entsprechende Postdienste, die Zeitungen, Zeitschriften, Bücher und Kataloge – jeweils bis 2 kg – betreffen. Auch im Inland steuerbare grenzüberschreitende Universaldienstleistungen fallen unter die Steuerbefreiung.
Nach § 6 Abs. 3 PMG zählen die genannten Leistungen jedoch nur dann zum Universaldienst, wenn die Postsendungen (Pakete) bei einer Post-Geschäftsstelle bzw. bei einem „Mobilen Postamt“ oder bei einem „Landzusteller“ aufgegeben oder in einen Postbriefkasten eingeworfen werden. Damit gelten alle Sendungen, die bei Verteilzentren eingeliefert werden, nicht als Universaldienstleistungen, ausgenommen es handelt sich um die Einlieferung von Zeitungen und Zeitschriften, da Leistungen betreffend diese Postsendungen stets Universaldienstleistungen sind.
873b
Universalpostdienstleistungen, deren Bedingungen – entsprechend den besonderen Bedürfnissen bestimmter Wirtschaftsteilnehmer – individuell ausgehandelt werden, sind nicht nach § 6 Abs. 1 Z 10 lit. b UStG 1994 steuerfrei. Werden gemäß § 21 Abs. 3 PMG mit bestimmten Nutzern des Universaldienstes individuelle Preisabsprachen getroffen, kommt die Befreiung somit nicht zur Anwendung. Die Befreiung ist auch dann ausgeschlossen, wenn in der Vereinbarung bezüglich der Bedingungen auf allgemeine Geschäftsbedingungen verwiesen wird.
873c
Erfolgt die Leistung nur aufgrund der allgemeinen Geschäftsbedingungen und sind hierin Sondertarife enthalten, die von den allgemeinen Tarifen abweichen, ist dies für die Anwendung der Steuerbefreiung gemäß § 6 Abs. 1 Z 10 lit. b UStG 1994 noch nicht schädlich, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:
- Die Rabatte werden pro einzelner Einlieferung gewährt werden (es sind somit keine Umsatzrabatte, Jahresbonifikationen und dergleichen vorgesehen),
- die Auflieferung ist österreichweit flächendeckend möglich und
- alle Bedingungen (einschließlich der Bedingungen für eine allfällige Stundungseinräumung) ergeben sich bereits aus den allgemeinen Geschäftsbedingungen.