18. Aufzeichnungspflichten und buchmäßiger Nachweis
18.1. Allgemeines
2521
Die umsatzsteuerrechtlichen Aufzeichnungspflichten sind eine lex specialis zu den Bestimmungen der BAO und es sind bei der Führung der Aufzeichnungen auch die Formvorschriften des § 131 BAO und die Aufbewahrungsvorschriften des § 132 BAO zu beachten.
2522
Nicht aufzuzeichnen sind
- die Umsätze ausländischer Unternehmer, die nach der VO des BMF über die umsatzsteuerliche Behandlung der Lieferungen und des Vorsteuerabzuges (Einfuhrumsatzsteuer) ausländischer Unternehmer, BGBl. II Nr. 584/2003, ihre Umsätze umsatzsteuerfrei belassen,
- Vorsteuern, wenn ein Unternehmer die Vorsteuerbeträge nach § 14 Abs. 1 Z 1 und 2 UStG 1994 nach Durchschnittssätzen ermittelt,
- der Eigenverbrauch, wenn er nach der VO des BMF über die Aufstellung von Schätzungsrichtlinien für die Ermittlung der Höhe des Eigenverbrauchs bei bestimmten Unternehmern und über die Fälligkeit der auf den Eigenverbrauch entfallenden Umsatzsteuer, BGBl. Nr. 628/1983 idF BGBl. Nr. 499/1985, ermittelt wird, und
- die Umsätze und Vorsteuern nicht buchführungspflichtiger Land- und Forstwirte, die nach § 22 Abs. 1 UStG 1994 versteuern. Diese Land- und Forstwirte haben jedoch die Umsätze, nach denen sich eine zusätzliche Steuer nach § 22 Abs. 2 letzter Satz UStG 1994 ergibt, die geschuldeten Steuerbeträge nach § 11 Abs. 12 und 14 UStG 1994 sowie nach § 16 Abs. 2 UStG 1994, die Bemessungsgrundlagen für Leistungen, für die die Steuerschuld auf den Land- und Forstwirt übergeht, sowie die innergemeinschaftlichen Lieferungen und innergemeinschaftlichen Erwerbe aufzuzeichnen.
Randzahlen 2523 bis 2533: derzeit frei.
18.2. Aufzeichnungspflichten
18.2.1. Erleichterungen für Spediteure und Beförderungsunternehmer
2534
Spediteuren und Beförderungsunternehmen kann vom Finanzamt gestattet werden, dass durchlaufende Posten, nichtsteuerbare Umsätze und die gemäß § 6 Abs. 1 Z 3 UStG 1994 umsatzsteuerfreien Umsätze nicht getrennt aufgezeichnet werden. Alle übrigen Umsätze sind nach § 18 Abs. 2 UStG 1994 aufzuzeichnen. Voraussetzung für die Genehmigung der Erleichterung ist für Unternehmer, die auch unecht umsatzsteuerbefreite Umsätze ausführen, dass die Vorsteuerbeträge den Umsätzen, die zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führen, und den übrigen Umsätzen gemäß § 12 Abs. 4 UStG 1994 direkt zugeordnet werden.
18.2.2. Erleichterungen für unecht befreite Unternehmen
2535
Bewirkt der Unternehmer nur Umsätze, für die nach § 12 Abs. 3 UStG 1994 der Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist, so entfällt die Aufzeichnung der Entgelte und Steuerbeträge für die an das Unternehmen ausgeführten Leistungen.
Randzahlen 2536 bis 2546: derzeit frei.
18.3. Aufzeichnung der vereinbarten bzw. vereinnahmten Entgelte in einer Summe
Randzahlen 2547 bis 2550: derzeit frei.
18.4. Aufzeichnung der geleisteten bzw. geschuldeten Entgelte in einer Summe
Randzahlen 2551 bis 2555: derzeit frei.
18.5. Aufzeichnungen der Vorsteuern
Randzahlen 2556 bis 2562: derzeit frei.
18.6. Gesonderte Aufzeichnungen für jeden Betrieb
Randzahlen 2563 bis 2568: derzeit frei.
18.7. Trennung der Entgelte nach dem Wareneingang
18.7.1. Allgemeines
2569
Der Unternehmer kann eine erleichterte Trennung der Entgelte nach dem Wareneingang nur nach vorheriger Genehmigung durch das Finanzamt vornehmen. Das Finanzamt hat die Genehmigung unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufes schriftlich zu erteilen. Die zugelassenen Erleichterungen sind genau zu bezeichnen.
Randzahlen 2570 und 2571: derzeit frei
2572
Die Zulassung zur Trennung der Entgelte unter Berücksichtigung des Wareneinganges setzt voraus, dass dem Unternehmer nach Art und Umfang seines Unternehmens eine genaue Trennung der Entgelte nach Steuersätzen nicht zumutbar ist. Dies wird dann der Fall sein, wenn entsprechende Einrichtungen, die eine Trennung der Entgelte nach Steuersätzen möglich machen, fehlen. Dies wird insbesondere auf Einzelhandelsgeschäfte zutreffen, die über keine entsprechend ausgestattete Registrierkasse verfügen oder keine entsprechenden Abrechnungen in Form von Paragonblocks vornehmen und die idR auch nur Inklusivpreise (Entgelt einschließlich Umsatzsteuer) verrechnen.
Ist eine Scannerkasse vorhanden, ist die ordnungsgemäße Trennung der Entgelte nach Steuersätzen jedenfalls zumutbar.
18.7.2. Verfahren zur erleichterten Trennung der Entgelte
2573
Die unecht umsatzsteuerfreien Umsätze oder die mit dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 10% oder mit dem Normalsteuersatz zu versteuernden Umsätze sind aufgrund des Wareneinganges zu ermitteln. Eine Umsatzgruppe (unecht steuerbefreite Umsätze oder Umsätze mit einem ermäßigten Steuersatz oder Umsätze mit dem Normalsteuersatz zu versteuern) ist rechnerisch zu ermitteln.
Beispiel:
Die Einnahmen eines Trafikanten für einen Voranmeldungszeitraum betragen 56.000 Euro. Aufgrund des Wareneinganges wurde ermittelt, dass die unecht umsatzsteuerbefreiten Umsätze Brief- und Stempelmarken 10.000 Euro und die Einnahmen für den Verkauf von Gegenständen, die dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterliegen, 22.000 Euro betragen.
Einnahmen | 56.000 | |
unecht steuerfreie Umsätze | -10.000 | 10.000 |
– Umsätze zu 10% | -22.000 | 20.000 |
= Umsätze zu 20% | 24.000 | 20.000 |
Steuerbare Umsätze | 50.000 |
2574
Zur Ermittlung der Umsätze für einzelne Umsatzgruppen sind folgende Verfahren zugelassen:
- Ermittlung der Umsätze auf Grund der Wareneingänge unter Heranziehung der tatsächlichen oder üblichen Aufschläge:
- Die erworbenen Gegenstände einer Umsatzgruppe sind im Wareneingangsbuch oder auf dem Wareneinkaufskonto getrennt von den übrigen Waren aufzuzeichnen. Auf der Grundlage der Wareneingänge sind entweder die Umsätze der Gegenstände unter Heranziehung des Verkaufspreises oder der tatsächlichen oder üblichen Aufschläge zu ermitteln.
- Ermittlung der Umsätze auf Grund der Wareneingänge unter Heranziehung eines gewogenen Durchschnittsaufschlages.
- Die erworbenen Gegenstände einer Umsatzgruppe sind im Wareneingangsbuch, auf dem Wareneinkaufskonto oder in einem besonderen Buch getrennt von den übrigen Waren aufzuzeichnen. Die Umsätze der Gegenstände sind unter Berücksichtigung des gewogenen Durchschnittsaufschlagssatzes für die betreffende Umsatzgruppe rechnerisch zu ermitteln.
- Der gewogene Durchschnittsaufschlagssatz ist vom Unternehmer zu ermitteln. Bei der Feststellung des gewogenen Durchschnittsaufschlagssatzes ist von den tatsächlichen Verhältnissen eines Kalendervierteljahres auszugehen. Der Unternehmer ist – sofern sich die Umsatzstruktur seines Unternehmens nicht ändert und das Finanzamt in der Bewilligung keinen kürzeren Zeitraum festlegt – berechtigt, nach dem ermittelten gewogenen Durchschnittsaufschlagssatz für die Dauer von drei Jahren die Trennung der Entgelte vorzunehmen. Nach Ablauf dieser Frist oder im Falle einer Änderung der Umsatzstruktur des Unternehmens ist der Durchschnittsaufschlagssatz neu zu ermitteln.
- Die FÄ sind berechtigt, neben den in diesem Abschnitt aufgezeigten Verfahren auf Antrag auch andere Verfahren zuzulassen, wenn deren steuerliches Ergebnis nicht wesentlich von dem Ergebnis einer Aufzeichnung der Entgelte, getrennt nach Steuersätzen, abweicht.
2575
Die Aufzeichnungen können nach einem Brutto- oder Nettosystem erfolgen.
Eine Berücksichtigung der Warenbestände hat weder bei der Aufteilung für den einzelnen Voranmeldungszeitraum noch bei der Aufteilung für die Jahressteuererklärung zu erfolgen.
2576
Die Verfahren zur erleichterten Trennung der Entgelte nach Steuersätzen können vor allem von Unternehmern beantragt werden, die nur erworbene Waren liefern, wie zB Lebensmitteleinzelhändler, Milchhändler, Drogisten, Buchhändler, Tabaktrafiken. Sie können aber auch von Unternehmern geltend gemacht werden, die neben erworbenen Waren auch hergestellte Erzeugnisse liefern (zB Fleischhauer). Voraussetzung ist jedoch, dass diese Unternehmer, sofern sie für die von ihnen hergestellten Waren die Verkaufsentgelte oder die Verkaufspreise rechnerisch ermitteln, darüber entsprechende Aufzeichnungen führen.
18.7.3. Erleichterte Trennung nachträglicher Entgeltsminderungen
2577
Unternehmer, für die gemäß § 18 Abs. 7 UStG 1994 ein Verfahren zur erleichterten Trennung der Entgelte nach Steuersätzen zugelassen worden ist, sind berechtigt, nachträgliche Entgeltsminderungen (zB durch Skonti, Rabatte und sonstige Preisnachlässe) für umsatzsteuerliche Zwecke nach dem Verhältnis zwischen den Umsätzen, die verschiedenen Steuersätzen unterliegen, aufzuteilen. Einer besonderen Bewilligung durch das Finanzamt bedarf es in diesen Fällen nicht.
Randzahlen 2578 bis 2580: derzeit frei.
18.8. Buchmäßiger Nachweis
18.8.1. Allgemeines
2581
Nach dem UStG 1994 ist ein buchmäßiger Nachweis in folgenden Fällen vorgesehen:
- § 6 Abs. 1 Z 3 lit. a bis c UStG 1994: Die Beförderung von Gegenständen und sonstige Leistungen, die sich auf die eingeführten Gegenstände beziehen;
- § 6 Abs. 1 Z 5 UStG 1994: Steuerfreie Vermittlung von steuerfreien Umsätzen;
- § 7 Abs. 1 UStG 1994 : Steuerfreie Ausfuhrlieferung;
- § 8 Abs. 1 UStG 1994: Steuerfreie Lohnveredlung an Gegenständen der Ausfuhr;
- § 9 Abs. 3 UStG 1994: Steuerfreie Umsätze für die Seeschifffahrt und für die Luftfahrt;
- § 12 Abs. 17 UStG 1994: Vorsteuerabzug bei Lieferung von gebrauchten Fahrzeugen ins Drittland;
- § 23 Abs. 6 UStG 1994: Steuerfreie Reiseleistungen ins Drittland;
- Art. 6 Abs. 3 UStG 1994: Steuerfreie Einfuhr von Gegenständen mit anschließender innergemeinschaftlicher Lieferung;
- Art. 7 Abs. 3 UStG 1994: Steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung.
2582
Der buchmäßige Nachweis ist Voraussetzung für die Steuerfreiheit.
Im Erkenntnis vom 12. Dezember 2003, B 916/02, ist der Verfassungsgerichtshof jedoch zu der Auffassung gelangt, dass die strenge Erfüllung des buchmäßigen Nachweises im Einzelfall überschießend sein kann. Das traf zB auf den Anlassfall zu, in dem der Unternehmer in zwei Jahren überhaupt nur drei Ausfuhrumsätze getätigt hatte, die Umsätze dem Unternehmer in wirtschaftlicher Betrachtungsweise erst nachträglich zugerechnet worden sind (und der Unternehmer keine Bücher geführt hat und zur Zeit der Zurechnung den Buchnachweis überhaupt nicht mehr hätte erbringen können) und die belangte Behörde sowohl von der Tatsache des Abschlusses eines Umsatzgeschäftes mit einem ausländischen Abnehmer als auch davon ausgegangen war, dass der Ausfuhrnachweis über die in Erfüllung dieses Umsatzgeschäftes erfolgte Beförderung des Gegenstandes in das Ausland erbracht worden war.
Diese Rechtsprechung des VfGH wird auch in vergleichbaren Fällen Anwendung finden können.
In den meisten Veranlagungsfällen mit Ausfuhrlieferungen liegt jedoch eine Vielzahl von Umsätzen vor und es erfolgt keine nachträgliche Zurechnung der Umsätze an einen anderen Unternehmer. In diesen Fällen wird ohne entsprechenden buchmäßigen Nachweis der Voraussetzungen der Ausfuhrlieferung die Steuerfreiheit nach wie vor nicht gewährt werden können.
Hinsichtlich des Zeitpunktes des Vorliegens des Buchnachweises siehe Rz 2584.
2583
Rechtslage bis 31.12.2015:
Die dem buchmäßigen Nachweis dienenden Bücher oder Aufzeichnungen sind im Inland zu führen und mit den dazugehörigen Unterlagen (zB Ausfuhrnachweise im Original) im Inland aufzubewahren. Eine allfällige Bewilligung zur Führung von Büchern und Aufzeichnungen im Ausland nach § 131 BAO kann sich nicht auf die Erbringung des buchmäßigen Nachweises beziehen.
Rechtslage ab 1.1.2016:
Die dem buchmäßigen Nachweis dienenden Bücher oder Aufzeichnungen können auch im Ausland geführt und mit den dazugehörigen Unterlagen (zB Ausfuhrnachweise im Original) im Ausland aufbewahrt werden. Diesfalls kommt subsidiär § 131 BAO zur Anwendung.
18.8.2. Zeitpunkt des Vorliegens des Buchnachweises
2584
Die für den buchmäßigen Nachweis erforderlichen Aufzeichnungen sind unmittelbar nach Ausführung des Umsatzgeschäftes vorzunehmen (vgl. VwGH 15.9.1986, 84/15/0043 und VwGH 13.11.1989, 87/15/0101). Das schließt aber nicht aus, dass einzelne Angaben innerhalb des Buchnachweises, die irrtümlich oder unrichtig aufgezeichnet waren oder fehlten, berichtigt oder ergänzt werden können (zB um die im Zeitpunkt der Lieferung noch nicht bekannte UID des Abnehmers). Der vollständige Buchnachweis muss grundsätzlich zu Beginn einer Umsatzsteuer-nachschau oder einer Betriebsprüfung vorliegen. Dem Unternehmer ist jedoch nach Beginn einer Umsatzsteuernachschau oder einer Betriebsprüfung unter Setzung einer Nachfrist von ca. einem Monat die Möglichkeit einzuräumen, einzelne fehlende Teile des buchmäßigen Nachweises nachzubringen.
Der Nachweis der materiellen Voraussetzungen der Steuerfreiheit ist vom Unternehmer, der die Steuerfreiheit in Anspruch nehmen will, zu erbringen. Nach VwGH 20.12.2012, 2009/15/0146, iVm EuGH 27.09.2007, Rs C-146/05, Albert Collée, ist im Bereich der Nachweisführung jedoch nicht auf bloß formelle Belange, insbesondere den Zeitpunkt der Nachweiserbringung, abzustellen, sondern auch eine spätere Nachweisführung im Abgabenverfahren ausreichend. Entscheidend ist, dass dem liefernden Unternehmer der Nachweis gelingt, dass die materiellen Voraussetzungen der Steuerfreiheit zweifelsfrei vorliegen.
18.8.3. Belege
2585
Der Buchnachweis ist durch Bücher oder Aufzeichnungen in Verbindung mit den dazugehörenden Belegen zu führen. Eine Belegsammlung reicht für sich allein nicht aus.
Beispiel zum Buchnachweis (umsatzsteuerfreie Ausfuhr):
Ein Abnehmer (Nichtunternehmer) aus der Schweiz kauft im Inland bei einem Kunstschmied einen geschmiedeten Beleuchtungskörper. Der zivilrechtliche Preis beträgt 2.400 Euro der Nettopreis (ohne USt) 2.000 Euro. Der Abnehmer begehrt Umsatzsteuerfreiheit. Der Unternehmer legt folgende Rechnung
Herbst Franz Kunstschmiede 3384 Knetzersdorf 12 | 12.12.2000Rechnungsdatum = Lieferdatum |
Rechnung Nr. 1212 für Georg Sprüngli Bahnhofstraße 123CH-8000 Zürich | |
1 geschmiedeter sechsarmiger Leuchter | 2.400 Euro |
Im Preis sind 400 Euro USt enthalten. |
Der Unternehmer fertigt eine Ausfuhrbescheinigung für Umsatzsteuerzwecke, Lager Nr. U 34, als Ausfuhrnachweis aus, versieht diese mit der fortlaufenden Nr. 24 und übergibt diese zum Zwecke der Bestätigung der Ausfuhr durch die Grenzzollstelle dem Abnehmer aus dem Drittland. Das Konto „Steuerfreie Ausfuhrlieferungen“ soll auch zur Erbringung des Buchnachweises dienen. Der Unternehmer verbucht daher die Rechnung am Konto „Steuerfreie Ausfuhrlieferungen“ und vermerkt am Konto die fortlaufende Nr. 24 des Ausfuhrnachweises.
Der Abnehmer lässt die Ausfuhrbescheinigung bei der Ausgangszollstelle Mäder am Tag der Lieferung (=Ausfuhr) abstempeln und sendet diese unmittelbar danach an den Unternehmer zurück. Der Unternehmer legt diese in einem Ordner unter der fortlaufenden Nr. 24 ab.
Fortlaufende Nummer | Rechnungsnummer | Ausfuhrnachweis | |
23 | … | … | |
24 | … | … | |
25 | 1212 | Buchungstext | 24 |
Aus dem einlangenden Ausfuhrnachweis ist der Tag der Ausfuhr zu entnehmen.
Aus dem so geführten Buchnachweis sind die Voraussetzungen für die Umsatzsteuerfreiheit zu entnehmen: Der Abnehmer hat keinen Wohnsitz im Gemeinschaftsgebiet, der Gegenstand der Lieferung wird vor Ablauf des dritten Kalendermonats, der auf den Monat der Lieferung folgt, ausgeführt, der Gesamtbetrag der Rechnung übersteigt 75 Euro.
Der Unternehmer hat zu überprüfen, ob die Ausfuhrnachweise rechtzeitig innerhalb der Sechsmonatsfrist ab Lieferung einlangen. Sollte dies nicht der Fall sein, ist der Umsatz für den Zeitpunkt der Lieferung auf steuerpflichtig umzubuchen.
Der Buchnachweis kann auch in Aufzeichnungen außerhalb der Buchhaltung vorgenommen werden.
Randzahlen 2586 bis 2588: derzeit frei.
18.9. Vorsteuerabzug nach Durchschnittssätzen
2589
Optieren Unternehmer zu einer Vorsteuerpauschalierung nach § 14 Abs. 1 Z 1 oder 2 UStG 1994 so entfällt die Aufzeichnung der Vorsteuerbeträge und der Einfuhrumsatzsteuer.
Randzahlen 2590 bis 2592: derzeit frei.
18.10. Aufbewahrungspflicht
2593
Zur Aufbewahrung von Rechnungen siehe Rz 1565 bis Rz 1570.
18.11. Aufzeichnungs- und Mitwirkungspflichten für Plattformen und andere elektronische Schnittstellen (im Folgenden: Plattformen)
18.11.1. Plattformen, die Steuerschuldner sind
2594
Ab 1.7.2021 gelten die allgemeinen Aufzeichnungspflichten (siehe Rz 2521 bis 2593) auch für Plattformen, die nach Maßgabe des § 3 Abs. 3a UStG 1994 Steuerschuldner sind (siehe Rz 382 ff). Ist die Plattform in einem One-Stop-Shop registriert, gelten die Aufzeichnungspflichten nach den Bestimmungen für den jeweiligen One-Stop-Shop (siehe Rz 4300b und Rz 3437 ff).
18.11.2. Plattformen, die nicht Steuerschuldner sind
2595
Ab 1.1.2020 haben Plattformen gemäß § 18 Abs. 11 UStG 1994 Aufzeichnungen über Lieferungen zu führen, wenn
- die Lieferungen an die in Art. 3 Abs. 4 UStG 1994 genannten Personen ausgeführt werden,
- die Beförderung oder Versendung im Inland endet und
- die Plattform die Lieferungen unterstützt, ohne dadurch selbst zum Steuerschuldner zu werden.
Die gleichen Aufzeichnungspflichten gelten für Plattformen, die sonstige Leistungen im Inland an Nichtunternehmer unterstützen, ohne selbst Steuerschuldner für diese Umsätze zu sein. Zur „Unterstützung“ durch eine Plattform siehe Rz 384 (zu § 3 Abs. 3a UStG 1994) und Art. 54b VO (EU) 282/2011.
Beispiel:
Eine Plattform vermittelt Beherbergungsumsätze und Einfuhr-Versandhandelsumsätze mit einem Einzelwert von 60 Euro. Der Leistungsort bzw. das Ende der Beförderung liegen in Österreich. Ab 1.1.2020 hat die Plattform die vermittelten Beherbergungs-und Versandhandelsumsätze aufzuzeichnen (§ 18 Abs. 11 UStG 1994).
Lösung:
Ab 1.7.2021 wird die Plattform unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 3a UStG 1994 für die Einfuhr-Versandhandelsumsätze selbst zum Steuerschuldner (siehe Rz 382 ff). Diesfalls hat die Plattform die allgemeinen Aufzeichnungspflichten zu beachten (siehe Rz 2594). Hinsichtlich der Beherbergungsumsätze gilt weiterhin § 18 Abs. 11 UStG 1994.
Die Aufzeichnungspflichten bestehen hinsichtlich jener Leistungserbringer (Unternehmer und Nichtunternehmer), die die zugrundeliegenden Umsätze an Nichtunternehmer im eigenen Namen erbringen. Nicht von der Aufzeichnungspflicht umfasst sind Umsätze, von denen die Plattform weiß, dass sie nicht steuerbar oder echt steuerbefreit sind. Aufzeichnungsverpflichtet ist nur jene Plattform, über die die Erbringung der Leistung erfolgt. Dies wird grundsätzlich die Plattform sein, über die das Angebot gemacht und der Vertrag mit dem Nichtunternehmer abgeschlossen wird.
Die Plattform hat im Anwendungsbereich des § 18 Abs. 11 und 12 UStG 1994 sowie des § 27 Abs. 1 UStG 1994 davon auszugehen, dass der Lieferant oder Erbringer der sonstigen Leistung ein Unternehmer und der Empfänger ein Nichtunternehmer ist, wenn ihr keine gegenteiligen Informationen (zB UID des Empfängers) bekannt sind (vgl. Rz 383).
2596
Die Aufzeichnungen haben die in der Sorgfaltspflichten-UStV genannten Informationen zu enthalten. Dies beinhaltet jedenfalls
1.Name, Postadresse und E-Mail-, Website- oder andere elektronische Adresse des Lieferanten oder Erbringers der sonstigen Leistung;
2.Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer oder nationale Steuernummer des Lieferanten oder Erbringers der sonstigen Leistung, falls erhältlich;
3.Bankverbindung oder Nummer des virtuellen Kontos des Lieferanten oder Erbringers der sonstigen Leistung, falls erhältlich;
4.im Fall einer Lieferung
a.eine Beschreibung der Gegenstände,
b.das dafür bezahlte Entgelt bzw. den Wert der Gegenstände,
c.den Ort, an dem die Beförderung oder Versendung endet,
d.den Zeitpunkt, an dem die Lieferung ausgeführt wird oder, falls nicht vorhanden, den Zeitpunkt der Bestellung und
e.falls erhältlich, eine einmalig vergebene Transaktionsnummer;
5.im Fall einer sonstigen Leistung
a.eine Beschreibung der sonstigen Leistung,
b.das dafür bezahlte Entgelt bzw. deren Wert,
c.die Informationen zur Feststellung des Ortes der sonstigen Leistung,
d.den Zeitpunkt, an dem die sonstige Leistung ausgeführt wird oder, falls nicht vorhanden, den Zeitpunkt der Bestellung und
e.falls erhältlich, eine einzigartige Transaktionsnummer.
Die Plattform muss die oben genannten Informationen aufzeichnen. Stellt sich nachträglich heraus, dass die Informationen unrichtig sind, hat dies für die Plattform grundsätzlich keine Konsequenzen, wenn sie von der Unrichtigkeit der Angaben weder wusste, noch davon hätte wissen können (Art. 5c der VO (EU) 282/2011). Zur Haftung bei Verstoß gegen die Aufzeichnungspflicht nach § 18 Abs. 11 UStG 1994 siehe Rz 3461 ff.
Unterstützt eine Plattform die Vermietung von Grundstücken für Wohn- oder Campingzwecke oder die Beherbergung in eingerichteten Wohn- und Schlafräumen, ist zusätzlich Folgendes aufzuzeichnen:
- die Aufenthalts- bzw. Mietdauer und die Anzahl der Personen, die übernachten oder, falls nicht erhältlich, die Anzahl und Art der gebuchten Betten und
- die Postadresse des Grundstücks.
Nicht maßgeblich ist bspw., ob es sich um eine Privatzimmervermietung oder eine Beherbergung im Rahmen eines Hotels handelt. Nicht maßgeblich ist grundsätzlich auch, ob die Unterkunft bspw. gemeinsam mit anderen Eigenleistungen des Leistungserbringers (zB Verpflegung) angeboten wird. Bei Reiseleistungen nach § 23 UStG 1994 sind die zusätzlichen Angaben iSd § 5 der Sorgfaltspflichten-UStV nicht erforderlich.
Beispiel 1:
Eine Website vermittelt die Ferienwohnung des Unternehmers A. Nach den Angaben von A und der Beschreibung auf der Website bietet die Ferienwohnung zwei Doppelbetten und ein Schlafsofa. Auf Anfrage kann bei A vor Ort ein Zustellbett hinzugebucht werden. Eine Privatperson bucht die Ferienwohnung für zwei Wochen und gibt bei der Buchung an, dass vier Personen die Ferienwohnung nutzen. Vor Ort bucht der Kunde ein Zustellbett für eine weitere Person und verlängert seinen Aufenthalt um eine Woche. Der Plattform sind die Buchung des Zustellbetts und die Aufenthaltsverlängerung nicht bekannt.
Lösung:
Nach § 5 der Sorgfaltspflichten-UStV ist zusätzlich die Postadresse der Ferienwohnung sowie die der Website bekannte Aufenthaltsdauer von zwei Wochen und die ihr bekannte Anzahl der übernachtenden Personen aufzuzeichnen. Gibt der Kunde bei Buchung der Ferienwohnung gegenüber der Website an, dass diese von vier Personen zwei Wochen genutzt wird, obwohl letztlich sechs Personen drei Wochen dort übernachten, hat die Website die ihr bekannte Anzahl an übernachtenden Personen sowie die ihr bekannte Mietdauer nach § 5 Z 1 der Sorgfaltspflichten-UStV aufzuzeichnen. Voraussetzung ist, dass die Website von der Unrichtigkeit der Angaben weder wusste, noch davon hätte wissen können.
Beispiel 2:
Wie Beispiel 1, nur kann der Kunde bei der Buchung des Ferienhauses über die Website die Anzahl der übernachtenden Personen nicht angeben.
Lösung:
Nach § 5 der Sorgfaltspflichten-UStV ist die Postadresse der Ferienwohnung sowie die der Website bekannte Aufenthaltsdauer von zwei Wochen und die ihr bekannte Anzahl der übernachtenden Personen aufzuzeichnen. Hat die Website keine Informationen zur Anzahl der übernachtenden Personen, muss sie die ihr bekannte Anzahl und Art der gebuchten Betten in die Beschreibung der Leistung aufnehmen, dh. zwei Doppelbetten und ein Einzelbett (das Schlafsofa).
2597
Die Aufzeichnungen sind ab Ende des Jahres, in dem die Umsätze bewirkt wurden, zehn Jahre lang aufzubewahren und auf Verlangen der Abgabenbehörde elektronisch zur Verfügung zu stellen. Dem Unternehmer ist für die Übermittlung jedenfalls eine Frist von einem Monat einzuräumen. Übersteigt der Gesamtwert der Umsätze, für die eine Aufzeichnungspflicht nach § 18 Abs. 11 UStG 1994 besteht, im Kalenderjahr 1.000.000 Euro, sind die Aufzeichnungen auch ohne Aufforderung bis zum 31. Jänner des auf die Ausführung der Umsätze folgenden Jahres dem zuständigen Finanzamt elektronisch zu übermitteln. Für diese Grenze sind nur jene Umsätze miteinzuberechnen, für die eine Aufzeichnungspflicht nach § 18 Abs. 11 UStG 1994 besteht.
Zum Verfahren der elektronischen Übermittlung bzw. Zurverfügungstellung von Aufzeichnungen gemäß § 18 Abs. 12 UStG 1994 siehe Verordnung BGBl. II Nr. 377/2019.
2598
Die Aufzeichnungen nach § 18 Abs. 11 UStG 1994 müssen den Finanzbehörden eine automatisierte Auswertung, ob die Steuer korrekt berücksichtigt wurde, ermöglichen.
18a. Aufzeichnungs-, Mitteilungs- und Aufbewahrungspflichten für Zahlungsdienstleister (§ 18a UStG 1994)
18a.1. Allgemeines
2599
Ab 1.1.2024 besteht für Zahlungsdienstleister die Verpflichtung, hinreichend detaillierte Aufzeichnungen über bestimmte grenzüberschreitende Zahlungen zu führen, aufzubewahren und solche Zahlungen an die Verwaltungen der Mitgliedstaaten zu melden. Dies gilt für Zahlungsdienstleister, deren Herkunfts- oder Aufnahmemitgliedstaat Österreich ist. Die Mitgliedstaaten haben die gesammelten Informationen an eine europäische Datenbank, das zentrale elektronische Zahlungsverkehrssystem (Central Electronic System of Payment Information – CESOP), zu übermitteln, wo sie zentralisiert gespeichert, aggregiert und mit anderen europäischen Datenbanken abgeglichen werden.
18a.2. Begriffs- und Ortsbestimmungen
18a.2.1. Begriffsbestimmungen
2599a
Für die nähere Bestimmung der unter die Aufzeichnungs-, Aufbewahrungs- und Mitteilungspflichten fallenden Vorgänge ist primär auf Begriffe, die im Zahlungsdienstegesetz 2018 (ZaDiG 2018), BGBl. I Nr. 17/2018 idgF, definiert werden, zurückzugreifen. Für Zwecke des § 18a UStG 1994 gilt gemäß § 18a Abs. 2 UStG 1994 Folgendes:
- Zahlungsdienstleister iSv § 18a UStG 1994 iVm § 1 Abs. 3 Z 1 bis 4 ZaDiG 2018 sind Kreditinstitute, Zahlungsinstitute, E-Geld-Institute und die Österreichische Post AG sowie natürliche oder juristische Personen, für die eine Ausnahme gemäß Art. 32 der Richtlinie (EU) 2015/2366 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt gilt. Auch Zahlungsdienstleister, die den Verkauf und Kauf von Waren oder Dienstleistungen sowohl im Namen des Zahlers als auch im Namen des Zahlungsempfängers aushandeln und abschließen, unterliegen den Verpflichtungen nach § 18a UStG 1994.
- Nicht als Zahlungsdienstleister gemäß § 1 Abs. 3 Z 1 bis 4 ZaDiG 2018 einzustufen und somit auch keine Verpflichteten iSv § 18a UStG 1994 sind die in § 3 Abs. 1 ZaDiG 2018 genannten Rechtsträger, für welche das ZaDiG 2018 ex lege gesamthaft nicht zur Anwendung kommt, mangels Anwendbarkeit des § 1 ZaDiG 2018.
Zahlungsdienstleister können aus allen Mitgliedstaaten sowie den EWR-Staaten Island, Liechtenstein und Norwegen Zahlungsdienste im Inland erbringen. Zahlungsdienstleister mit Sitz bzw. Hauptverwaltung in Nordirland sind als in einem Drittland ansässig zu beurteilen.
- Zahlungsdienst ist eine Tätigkeit gemäß § 1 Abs. 2 Z 3 bis 6 ZaDiG 2018; der Meldepflicht unterliegen daher nur Zahlungsdienstleister, die die folgenden Zahlungsdienste erbringen:
- Ausführung von Zahlungsvorgängen und Geldtransfers auf Zahlungskonten;
- Ausführung von Zahlungsvorgängen, die durch eine Kreditlinie gesichert sind;
- Ausgabe von Zahlungsinstrumenten und Annahmen und Abrechnung („Acquiring“) von Zahlungsvorgängen;
- Finanztransfers.
Dienstleistungen iZm der Führung eines Zahlungskontos, Bareinlagen und -abhebungen, Zahlungsauslösediensten und Kontoinformationsdiensten fallen nicht unter die Meldepflicht.
Zahlungsmethoden wie bspw. Gutscheine in Papierform, Barzahlungen und Schecks fallen ebenfalls nicht unter die Meldepflicht.
- Eine Zahlung gemäß § 18a Abs. 2 Z 3 UStG 1994 ist ein Zahlungsvorgang gemäß § 4 Z 5 ZaDiG 2018 oder ein Finanztransfer gemäß § 1 Abs. 2 Z 6 ZaDiG 2018; dieser Begriff umfasst auch Zahlungserstattungen, die vom Zahlungsempfänger ausgelöst werden. Aufzeichnungen sollen grundsätzlich Informationen über die Zahlung des ursprünglichen Zahlers an den endgültigen Zahlungsempfänger enthalten.
- Zahler: siehe Definition in § 4 Z 8 ZaDiG 2018.
- Zahlungsempfänger: siehe Definition in § 4 Z 9 ZaDiG 2018.
- Eine grenzüberschreitende Zahlung ist eine Zahlung, bei der sich der Ort des Zahlers in einem Mitgliedstaat und der Ort des Zahlungsempfängers in einem anderen Mitgliedstaat oder einem Drittland befindet (zu Ortsbestimmungen siehe Rz 2599b).
- Herkunftsmitgliedstaat ist der Mitgliedstaat, in dem sich der Sitz des Zahlungsdienstleisters befindet oder, wenn der Zahlungsdienstleister nach dem für ihn geltenden nationalen Recht keinen Sitz hat, der Mitgliedstaat, in dem sich die Hauptverwaltung befindet.
- Aufnahmemitgliedstaat ist der Mitgliedstaat, in dem ein Zahlungsdienstleister einen Agenten oder eine Zweigstelle hat oder Zahlungsdienste erbringt und der nicht Herkunftsmitgliedstaat dieses Zahlungsdienstleisters ist.
- Zahlungskonto ist ein auf den Namen eines oder mehrerer Zahlungsdienstnutzer lautendes Konto, das für die Ausführung von Zahlungsvorgängen genutzt wird.
- IBAN (International Bank Account Number) ist eine internationale Nummer eines Zahlungskontos, die ein Zahlungskonto in einem Mitgliedstaat eindeutig identifiziert und deren Elemente durch die Internationale Organisation für Normung (ISO) spezifiziert sind.
- BIC (Bank Identifier Code) ist eine internationale Bankleitzahl, die einen Zahlungsdienstleister eindeutig identifiziert und deren Elemente durch die ISO spezifiziert sind.
18a.2.2. Ortsbestimmungen
2599b
Die Beurteilung der Frage, ob eine Zahlung eine grenzüberschreitende Zahlung ist und somit unter die Aufzeichnungs-, Aufbewahrungs- und Mitteilungspflichten fällt, richtet sich ausschließlich nach den Ortsbestimmungen gemäß § 18a Abs. 3 UStG 1994 (Ort des Zahlers) bzw. § 18a Abs. 4 UStG 1994 (Ort des Zahlungsempfängers). Die Regelungen betreffend den Ort der Lieferung gemäß § 3 UStG 1994 bzw. der sonstigen Leistung gemäß § 3a UStG 1994 sind für die Anwendung des § 18a UStG 1994 unmaßgeblich.
Der Ort des Zahlers (§ 18a Abs. 3 UStG 1994) bzw. des Zahlungsempfängers (§ 18a Abs. 4 UStG 1994) ist anhand eines Kennzeichens des Zahlungskontos des Zahlers bzw. des Zahlungsempfängers oder anhand anderer Kennzeichen, die eindeutig den Zahler bzw. Zahlungsempfänger identifizieren und ihren Ort angeben (zB IBAN), zu ermitteln.
Sind solche Kennzeichen nicht verfügbar, kann der Ort des Zahlers bzw. des Zahlungsempfängers auch mittels eines Geschäftskennzeichens des Zahlungsdienstleisters (zB BIC), der im Namen des Zahlers oder des Zahlungsempfängers handelt, ermittelt werden.
18a.3. Ausnahmen
2599c
Zahlungsdienstleister sind nur verpflichtet, Aufzeichnungen über jene grenzüberschreitenden Zahlungen zu führen, die auf wirtschaftliche Tätigkeiten hindeuten. Dies ist der Fall, wenn ein Schwellenwert von 25 grenzüberschreitenden Zahlungen pro Kalendervierteljahr an denselben Zahlungsempfänger überschritten wird.
Verfügt ein Zahlungsdienstleister über die Information, dass der Zahlungsempfänger mehrere Kennzeichen gemäß § 18a Abs. 4 UStG 1994 hat, ist dies bei der Berechnung des Schwellenwertes zu berücksichtigen. Hiefür sind bspw. die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, der Name, die Adresse oder andere Informationen heranzuziehen.
Der Schwellenwert von 25 grenzüberschreitenden Zahlungen ist pro Mitgliedstaat zu berechnen. Nicht für die Berechnung des Schwellenwertes zusammenzurechnen sind Zahlungskonten mit gleichem Namen, aber unterschiedlichen UID-Nummern.
Beispiel 1:
X erhält 20 grenzüberschreitenden Zahlungen in einem bestimmten Kalendervierteljahr an das Zahlungskonto 1 bei der A-Bank im Inland und 23 grenzüberschreitende Zahlungen im selben Kalendervierteljahr an das Zahlungskonto 2 bei derselben Bank.
Lösung:
Die A-Bank hat für die Berechnung des Schwellenwertes alle grenzüberschreitenden Zahlungen an X zusammenzurechnen. Daher unterliegt die A-Bank bezüglich dieser Zahlungen den Pflichten nach § 18a Abs. 1 UStG 1994. Sollte ein Zahlungskonto mehreren Zahlungsinhabern zuzurechnen sein, sollen die Zahlungen nur mit Zahlungen an andere Zahlungskonten aggregiert werden, die dieselbe Inhaberstruktur aufweisen. Dies gilt bspw. für Franchiseunternehmen, Personen- oder Tochtergesellschaften.
Beispiel 2:
X und Y erhalten grenzüberschreitende Zahlungen an ihr gemeinsames Konto. X erhält weiters grenzüberschreitende Zahlungen an ein weiteres Konto mit Z und an ein alleiniges Konto.
Lösung:
Es hat keine Zusammenrechnung der Zahlungskonten für die Ermittlung des Schwellenwertes zu erfolgen.
2599d
Nur die Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers sollen Aufzeichnungen führen, übermitteln und aufbewahren, wenn sowohl die Zahlungsdienstleister des Zahlers als auch mindestens einer der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers in Mitgliedstaaten der Europäischen Union ansässig sind.
Für diese Zwecke gilt ein Zahlungsdienstleister als in einem Mitgliedstaat ansässig, wenn sich seine internationale Bankleitzahl (BIC) oder sein einheitliches Geschäftskennzeichen auf diesen Mitgliedstaat bezieht.
Beispiel 3:
Der Ort des Zahlers und seines Zahlungsdienstleisters ist in Italien. Der Ort des Zahlungsempfängers und seines Zahlungsdienstleisters ist im Inland.
Lösung:
Die Aufzeichnungs-, Mitteilungs- und Aufbewahrungspflichten nach § 18a UStG 1994 finden nur auf den Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers Anwendung.
Beispiel 4:
Der Ort des Zahlers und seines Zahlungsdienstleisters ist im Inland. Der Ort des Zahlungsempfängers und seines Zahlungsdienstleisters ist in der Schweiz.
Lösung:
Die Aufzeichnungs-, Mitteilungs- und Aufbewahrungspflicht nach § 18a UStG 1994 findet nur auf den Zahlungsdienstleister des Zahlers Anwendung.
Beispiel 5:
Der Ort des Zahlers und seines Zahlungsdienstleisters ist in Deutschland. Der Zahlungsempfänger ist in der Schweiz ansässig und der Ort seines Zahlungsdienstleisters ist im Inland.
Lösung:
Die Aufzeichnungs-, Mitteilungs- und Aufbewahrungspflicht nach § 18a UStG 1994 findet nur auf den Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers Anwendung, weil nach § 18a Abs. 4 Z 1 UStG 1994 als Ort des Zahlungsempfängers der Ort gilt, dem die IBAN seines Zahlungskontos zugeordnet werden kann. Deshalb gilt als Ort des Zahlungsempfängers in diesem Fall das Inland.
Sind auf Seiten des Zahlungsempfängers bzw. des Zahlers mehrere Zahlungsdienstleister an einer einzelnen Zahlung beteiligt (bspw. im Rahmen von Kartenzahlungen die Bank des Zahlers, der Kreditkartenemittent [Netzbetreiber], der Betreiber des Drei-Parteien-Netzwerks [Kartensystemanbieter], der Kreditkartenacquirer [Netzbetreiber] sowie die Bank des Zahlungsempfängers), unterliegen grundsätzlich alle beteiligten Zahlungsdienstleister den Aufzeichnungs-, Mitteilungs- und Aufbewahrungspflichten. Hiebei sind jedoch die Ausnahmen nach § 18a Abs. 5 und 6 UStG 1994 zu berücksichtigen.
18a.4. Aufzeichnungs-, Übermittlungs- und Aufbewahrungspflichten
2599e
Folgende Informationen sind aufzuzeichnen, zu übermitteln und aufzubewahren:
1.der BIC oder ein anderes Geschäftskennzeichen, das den Zahlungsdienstleister eindeutig identifiziert;
2.der Name oder die Bezeichnung des Unternehmens des Zahlungsempfängers gemäß den Aufzeichnungen des Zahlungsdienstleisters;
3.falls vorhanden, jegliche Umsatzsteuer-Identifikationsnummer oder sonstige nationale Steuernummer des Zahlungsempfängers;
4.die IBAN oder, falls diese nicht vorhanden ist, jedes andere Kennzeichen, das eindeutig den Zahlungsempfänger identifiziert und seinen Ort angibt;
5.der BIC oder ein anderes Geschäftskennzeichen, das eindeutig den Zahlungsdienstleister, der im Namen des Zahlungsempfängers handelt, identifiziert und seinen Ort angibt, wenn der Zahlungsempfänger Geldmittel erhält, jedoch kein Zahlungskonto hat;
6.falls vorhanden, die Adresse des Zahlungsempfängers gemäß den Aufzeichnungen des Zahlungsdienstleisters;
7.genaue Angaben zu allen grenzüberschreitenden Zahlungen sowie genaue Angaben zu allen als mit diesen grenzüberschreitenden Zahlungen zusammenhängend ermittelten Zahlungserstattungen. Folgende Angaben sind davon umfasst:
a)Datum und Uhrzeit der Zahlung oder der Zahlungserstattung;
b)Betrag und Währung der Zahlung oder der Zahlungserstattung;
c)Mitgliedstaat, aus dem die vom Zahlungsempfänger oder in seinem Namen erhaltene Zahlung stammt, sowie der Mitgliedstaat, in dem die Zahlungserstattung erfolgt, sowie die Informationen, die zur Ermittlung des Ursprungs oder des Bestimmungsortes der Zahlung oder der Zahlungserstattung gemäß § 18a Abs. 3 und 4 UStG 1994 notwendig sind;
d)jede Bezugnahme, die die Zahlung eindeutig ausweist;
e)gegebenenfalls die Angabe, dass die Zahlung in den Räumlichkeiten des leistenden Unternehmers eingeleitet wird.
Das Kontokennzeichen des Zahlungsempfängers gemäß § 18a Abs. 7 Z 4 UStG 1994 ist verpflichtend anzugeben, wenn Geldmittel auf ein Zahlungskonto des Zahlungsempfängers überwiesen werden. Der BIC bzw. das Geschäftskennzeichen des Zahlungsdienstleisters des Zahlungsempfängers gemäß § 18a Abs. 7 Z 5 UStG 1994 ist verpflichtend anzugeben, wenn Geldmittel an einen Zahlungsempfänger ohne Zahlungskonto transferiert werden. Unter „jeder Bezugnahme, die die Zahlung eindeutig ausweist“ gemäß § 18a Abs. 7 Z 7 lit. d UStG 1994 ist die Transaktionskennung zu verstehen.
2599f
Zahlungsdienstleister haben die elektronische Übermittlung bzw. Zurverfügungstellung von Aufzeichnungen gemäß § 18a Abs. 7 UStG 1994 im CESOP-Portal in Finanz-Online (https://finanzonline.bmf.gv.at/fon/) im Weg eines Webservices bzw. mittels manuellen Hochladens (siehe Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die elektronische Übermittlung von Aufzeichnungen gemäß § 18a des Umsatzsteuergesetzes 1994, BGBl. II Nr. 265/2023) spätestens bis zum Ende des Kalendermonats, das auf das Kalendervierteljahr folgt, auf das sich die Informationen beziehen, durchzuführen.
Korrekturen sind, sofern der Zahlungsdienstleister im Nachhinein erkennt, dass die übermittelten Informationen unrichtig oder unvollständig sind, innerhalb eines Monats ab Erkennen, zu berichtigen oder zu vervollständigen.
Für die Übermittlung kann sich der Zahlungsdienstleister auch einer Übermittlungsstelle bedienen (§ 2 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die elektronische Übermittlung von Aufzeichnungen gemäß § 18a des Umsatzsteuergesetzes 1994, BGBl. II Nr. 265/2023).
Die Übermittlungen (§ 18a Abs. 8 Z 2 und Z 3 UStG 1994) gelten als Abgabenerklärungen.
2599g
Die Kontrolle der Einhaltung der Vorschriften des § 18a UStG 1994 obliegt dem zuständigen Finanzamt. Sofern ein Zahlungsdienstleister nicht in die Zuständigkeit des Finanzamtes für Großbetriebe fällt, ist aufgrund der Generalklausel des § 60 Abs. 1 BAO das Finanzamt Österreich für die Kontrolle der Aufzeichnungs-, Mitteilungs- und Aufbewahrungspflichten und Meldeverpflichtungen gemäß § 18a UStG 1994 zuständig. Für Zahlungsdienstleister, die ihr Unternehmen vom Ausland aus betreiben und im Inland weder eine Betriebsstätte haben noch Umsätze erzielen, ist das Finanzamt Österreich zuständig.
Randzahl 2600: derzeit frei.
19. Steuerschuldner, Entstehung der Steuerschuld (§ 19 UStG 1994)
19.1. Steuerschuldner – Übergang der Steuerschuld (Reverse Charge)
19.1.1. Übergang der Steuerschuld gemäß § 19 Abs. 1 zweiter Satz UStG 1994
19.1.1.1. Allgemeines
2601
Umsätze, für die die Steuerschuld übergeht
Erbringt ein Unternehmer, der im Inland weder sein Unternehmen betreibt noch eine an der Leistungserbringung beteiligte Betriebsstätte im Inland hat,
- sonstige Leistungen (ausgenommen die entgeltliche Duldung der Benutzung von Bundesstraßen, sonstige Leistungen iSd § 3a Abs. 11a UStG 1994 sowie die Vermietung von Grundstücken) oder
- Werklieferungen
an einen Unternehmer iSd § 3a Abs. 5 Z 1 und Z 2 UStG 1994 oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts, die Nichtunternehmer iSd § 3a Abs. 5 Z 3 UStG 1994 ist, wird die Steuer vom Leistungsempfänger geschuldet (sogenanntes „Reverse Charge“).
Der Übergang betrifft sowohl Umsätze für den unternehmerischen als auch für den nichtunternehmerischen Bereich des Leistungsempfängers, der ein Unternehmer oder eine juristische Person ist (hinsichtlich Ausnahmen siehe Rz 2602f letzter Absatz sinngemäß).
Der Bestimmung des § 19 Abs. 1 zweiter Satz UStG 1994 kommt Vorrang vor den übrigen Tatbeständen des Übergangs der Steuerschuld (§ 19 Abs. 1a bis 1e UStG 1994) zu.
Die allgemeinen Ausführungen in Rz 2602i bis Rz 2602k zu den Aufzeichnungspflichten und zur Entstehung der Steuerschuld gelten sinngemäß auch für § 19 Abs. 1 zweiter Satz UStG 1994.
Ausnahmen vom Übergang der Steuerschuld
Wird die Benutzung von Bundesstraßen entgeltlich geduldet oder werden sonstige Leistungen iSd § 3a Abs. 11a UStG 1994 oder die Vermietung von Grundstücken von einem Unternehmer, der im Inland weder sein Unternehmen betreibt noch eine an der Leistungserbringung beteiligte Betriebsstätte hat, ausgeführt, geht die Steuerschuld nicht auf den unternehmerischen Leistungsempfänger über. Der Leistungsempfänger ist nicht nach § 27 Abs. 4 UStG 1994 zur Einbehaltung und Abfuhr der Umsatzsteuer verpflichtet (siehe Rz 3491 f).
Beispiel 1:
Ein amerikanischer Unternehmer ohne Sitz oder Betriebsstätte in Österreich veranstaltet im Juni 2022 einen Kongress in Wien. Ein deutscher und ein Schweizer Arzt besuchen den Kongress und entrichten dafür eine Teilnahmegebühr.
Der amerikanische Veranstalter erbringt dem deutschen und dem Schweizer Arzt gegenüber sonstige Leistungen iSd § 3a Abs. 11a UStG 1994, die in Österreich der Besteuerung unterliegen. Auch wenn es sich beim Veranstalter um einen ausländischen Unternehmer und bei den Leistungsempfängern ebenfalls um Unternehmer handelt, geht hier die Steuerschuld nicht auf die teilnehmenden Ärzte über.
Beispiel 2:
Ein britischer Unternehmer vermietet 2023 in Österreich ein Grundstück für das Abstellen von Fahrzeugen an österreichische Unternehmer (ohne hierbei eine Betriebsstätte zu begründen).
Auch wenn es sich beim Vermieter um einen Unternehmer ohne Sitz und ohne Betriebsstätte im Inland und bei den Leistungsempfängern ebenfalls um Unternehmer handelt, geht die Steuerschuld nicht auf die österreichischen Unternehmer über. Der britische Unternehmer hat die Umsätze im Veranlagungsverfahren zu erklären. Die österreichischen Unternehmer sind nicht gemäß § 27 Abs. 4 UStG 1994 zur Einbehaltung und Abfuhr der Umsatzsteuer verpflichtet. Für den britischen Vermieter besteht jedoch gemäß § 27 Abs. 7 UStG 1994 die Verpflichtung zur Bestellung eines Fiskalvertreters.
Zu den sonstigen Leistungen iSd § 3a Abs. 11a UStG 1994 siehe Rz 641f.
Zur Rechtslage bei der Vermietung von Grundstücken bis 19.7.2022 siehe Rz 2601b.
Leistender Unternehmer
Voraussetzung für den Übergang der Steuerschuld ist, dass der leistende Unternehmer im Inland weder sein Unternehmen betreibt noch eine an der Leistungserbringung beteiligte Betriebsstätte im Inland hat. Maßgebend für die Beurteilung dieser Voraussetzung ist der Zeitpunkt, zu dem die Leistung ausgeführt wird.
Die Tatsache, dass ein Unternehmer beim Finanzamt Österreich im Inland umsatzsteuerlich geführt wird, ist kein Merkmal dafür, dass er im Inland sein Unternehmen betreibt oder eine Betriebsstätte hat.
Betriebsstätte im Inland
Eine im Inland gelegene Betriebsstätte (im Sinne des Art. 53 Abs. 1 VO (EU) 282/2011 sowie im Sinne der Judikatur des EuGH zur festen Niederlassung) des Leistenden ist dann nicht schädlich für den Übergang der Steuerschuld, wenn sie an der Leistungserbringung nicht beteiligt ist. Das ist der Fall, wenn die technische oder personelle Ausstattung der Betriebsstätte in keiner Hinsicht für die Ausführung der Leistung genutzt wird. Eine Beteiligung an der Leistungserbringung liegt vor, wenn die Betriebsstätte die Leistung erbringt oder in anderer Weise durch Personal und Sachgüter zur Auftragsabwicklung beiträgt, zB durch die Übernahme von Gewährleistungsverpflichtungen oder durch Bereitstellung eines zum vereinbarten Leistungsumfang gehörenden Kundendienstes. Unmaßgeblich ist der Umfang der Nutzung der technischen oder personellen Mittel.
Wird die technische oder personelle Ausstattung der Betriebsstätte nur für verwaltungstechnische unterstützende Aufgaben, wie zB Buchhaltung, Rechnungsstellung und Eintreibung von Schulden genutzt, gilt die Betriebsstätte nicht bereits als an der Leistungserbringung beteiligt. Enthält die Rechnung die UID der Betriebsstätte, gilt die widerlegbare Vermutung, dass diese an der Leistungserbringung beteiligt ist.
Hinsichtlich der Möglichkeit einer Betriebsstättenbescheinigung siehe Rz 3494.
Beispiel 3:
Der deutscher Unternehmer D hat eine Betriebsstätte in Salzburg und erbringt an den österreichischen Unternehmer Ö eine sonstige Leistung in Österreich.
a) Die Betriebsstätte ist an der Leistungserbringung nicht beteiligt.
b) Die Betriebsstätte hat die Geschäftsanbahnung übernommen.
Im Fall a) geht die Steuerschuld auf Ö über, im Fall b) nicht.
Beispiel 4:
Das französische Beratungsunternehmen F mit einer Betriebsstätte in Wien erbringt – ohne Einschaltung der Wiener Betriebsstätte – eine Beratungsleistung an den österreichischen Unternehmer Ö.
Die Steuerschuld geht trotz umsatzsteuerrechtlicher Erfassung der Betriebsstätte in Österreich mangels Beteiligung am Umsatz auf Ö über.
Steuerschuld und Haftung
Die Steuerschuld entsteht – unabhängig vom Zeitpunkt der Rechnungsausstellung – mit Ablauf des Kalendermonates, in dem die Leistung erbracht worden ist (§ 19 Abs. 2 Z 1 lit. a und b UStG 1994).
Die Steuerschuld geht zB trotz inländischen Wohnsitzes des Leistungserbringers auf den Leistungsempfänger über, wenn der leistende Unternehmer den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit im Ausland und keine an der Leistungserbringung beteiligte Betriebsstätte im Inland hat.
Der leistende Unternehmer haftet für die auf den Leistungsempfänger übergegangene Steuer. Diese Haftung wird nur dann von Bedeutung sein, wenn der Leistungsempfänger hinsichtlich der übergegangenen Steuerschuld nicht oder nicht zur Gänze zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.
Im Falle des Übergangs der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger ist § 27 Abs. 4 UStG 1994 gegenstandslos.
Abgabe von Umsatzsteuererklärungen
Eine Steuererklärung haben auch juristische Personen im Nichtunternehmerbereich abzugeben, soweit sie als Leistungsempfänger eine nach § 19 Abs. 1 zweiter Satz UStG 1994 auf sie übergegangene Steuer schulden.
Zur Erklärungspflicht durch Unternehmer, die im Inland weder ihren Sitz noch eine Betriebsstätte haben und
- keine Umsätze im Inland ausgeführt haben oder
- nur sonstige Leistungen oder Werklieferungen erbracht haben, für die der Leistungsempfänger die Steuer schuldet,
siehe Rz 2795.
Veranlagung
Zur Veranlagung von nicht im Inland ansässigen Unternehmen siehe Rz 2796 sowie Rz 2822 bis 2827.
19.1.1.2. Vorsteuerabzug des ausländischen Leistungsempfängers bei Reverse Charge
2601a
Die Steuer für Leistungen im Sinne des § 19 Abs. 1 zweiter Satz UStG 1994 berechtigt den Leistungsempfänger, auf den die Steuerschuld übergegangen ist, nach Maßgabe des § 12 UStG 1994 zum Vorsteuerabzug. Soweit die Steuer auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Leistung entfällt, kann sie aus Vereinfachungsgründen (abweichend von Rz 1875) abgezogen werden, wenn die Zahlung geleistet worden ist.
In den Fällen des Überganges der Steuerschuld ist der Leistungsempfänger zum Vorsteuerabzug unabhängig davon berechtigt, ob die Rechnung ordnungsgemäß ausgestellt oder ob überhaupt eine Rechnung ausgestellt wurde.
Zum anzuwendenden Verfahren (Veranlagungs- oder Erstattungsverfahren) für die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs durch nicht in Inland ansässige Unternehmer siehe Rz 2822 bis 2827.
19.1.1.3. Besonderheiten bei der Vermietung von Grundstücken
2601b
Für Umsätze bis 31.12.2021 wurde davon ausgegangen, dass ausländische Unternehmer, die ein im Inland gelegenes Grundstück besitzen und steuerpflichtig vermieten, eine Betriebsstätte begründen. Die Steuerschuld ging nicht auf den Leistungsempfänger über und die Umsätze waren im Veranlagungsverfahren zu erklären.
Seit 1.1.2022 begründen Unternehmer, die ein im Inland gelegenes Grundstück besitzen und steuerpflichtig vermieten, hingegen mit diesem Grundstück nur dann eine Betriebsstätte, wenn sie im Inland bzw. bei der Immobilie über eigenes Personal für die Leistungserbringung im Zusammenhang mit der Vermietung verfügen, das zu autonomem Handeln befähigt (siehe EuGH 3.6.2021, Rs C-931/19, Titanium Ltd.). Ist ein im Inland nicht ansässiger Unternehmer bei seinen Vermietungsumsätzen aufgrund unionsrechtskonformer Rechtsauslegung schon vor dem 1.1.2022 tatsächlich nicht von einer Betriebsstätte und somit vom Übergang der Steuerschuld ausgegangen, ist dies – von Fällen des Rechtsmissbrauchs abgesehen – nicht zu beanstanden.
Seit 20.7.2022 ist für die Vermietung von Grundstücken eine Ausnahme vom Übergang der Steuerschuld gesetzlich vorgesehen. Die Umsätze sind im Veranlagungsverfahren gemäß § 20 Abs. 1 UStG 1994 zu erklären (siehe Rz 2794 sowie Beispiel 2 in Rz 2601).
Beispiel:
Der ausländische Unternehmer A vermietet im Kalenderjahr 2022 durchgehend ein im Inland gelegenes Grundstück, das keine feste Niederlassung darstellt, an einen Unternehmer. Als Erstattungszeitraum wurde das Kalenderhalbjahr gewählt.
Lösung:
Da A im Erstattungszeitraum (Jänner bis Juni 2022) nur Umsätze gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 ausgeführt hat, für die es zum Übergang der Steuerschuld kommt, kommt das Erstattungsverfahren für seine in diesem Zeitraum bezogenen Eingangsleistungen zur Anwendung. Da es für die Vermietungsumsätze des A ab Juli 2022 nicht mehr zum Übergang der Steuerschuld kommt (siehe Rz 2619 zum Leistungszeitpunkt bei Dauerleistungen), sind die Umsätze ab diesem Zeitpunkt im Veranlagungsverfahren zu erfassen, in dem auch allfällige Vorsteuern geltend zu machen sind. Hiebei sind gemäß § 4 Abs. 1 der Verordnung BGBl. Nr. 279/1995 idgF Vorsteuerbeträge nicht zu berücksichtigen, die nach § 1 Abs. 1 der zitierten Verordnung bereits erstattet worden sind.
19.1.1.4. Rechnungslegung
2602
Der leistende Unternehmer ist verpflichtet eine Rechnung auszustellen. Er hat in der Rechnung die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Leistungsempfängers anzugeben und auf die Steuerschuld des Leistungsempfängers hinzuweisen.
In den Fällen des Überganges der Steuerschuld darf der leistende Unternehmer in der Rechnung keine Umsatzsteuer gesondert ausweisen. Eine trotzdem gesondert ausgewiesene Steuer wird vom Unternehmer gemäß § 11 Abs. 12 UStG 1994 geschuldet und berechtigt den Leistungsempfänger nicht zum Vorsteuerabzug.
Ob eine Rechnung ausgestellt wird und ob in dieser auf die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers hingewiesen wird, hat auf den Übergang der Steuerschuld keinen Einfluss.
Bei steuerfreien Umsätzen, für die eine Option zur Steuerpflicht möglich ist (zB eine Vermietung zu Geschäftszwecken), kann in Fällen des Übergangs der Steuerschuld die Option auch durch entsprechende Hinweise in der Rechnung ausgeübt werden. Aus diesen Hinweisen haben die Option zur Steuerpflicht, Art und der Umfang der Leistung und der Übergang der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger hervorzugehen.
Zur Änderung der Rechnungsausstellungsverpflichtung in bestimmten Fällen beim Übergang der Steuerschuld ab 1. Jänner 2013 siehe Rz 1501b.