101. Innergemeinschaftlicher Erwerb (Art. 1 UStG 1994)
101.1. Innergemeinschaftlicher Erwerb – allgemein
3571
Ein innergemeinschaftlicher Erwerb liegt nur vor, wenn der Gegenstand anlässlich der Lieferung an den Erwerber aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates gelangt. Die Durchfuhr durch weitere Mitgliedstaaten oder durch Drittländer ist unschädlich. Ein innergemeinschaftlicher Erwerb liegt auch vor, wenn die Beförderung oder Versendung im Drittlandsgebiet beginnt und der Gegenstand im Gebiet eines Mitgliedstaates der dortigen Einfuhrumsatzsteuer unterworfen wird, bevor er in einen anderen Mitgliedstaat gelangt.
Beispiel:
Der Unternehmer L aus Linz kauft Kohle beim Händler R in Russland. Die Kohle wird per Bahn nach Linz befördert. R lässt die Kohle in Ungarn abfertigen und der ungarischen EUSt unterwerfen. Durch diesen Vorgang gilt die Lieferung des R an L als im Einfuhrmitgliedstaat Ungarn ausgeführt (§ 3 Abs. 9 UStG 1994). Es liegt somit eine innergemeinschaftliche Lieferung von Ungarn nach Österreich vor.
3572
Wird hingegen der Gegenstand vom Drittlandsgebiet im Wege der Durchfuhr durch einen oder mehrere Mitgliedstaaten in das Bestimmungsland befördert oder versendet und erst im Bestimmungsland der Einfuhrumsatzsteuer unterworfen, liegt kein innergemeinschaftlicher Erwerb vor. Ein innergemeinschaftlicher Erwerb liegt ebenfalls nicht vor, wenn der Gegenstand im Gebiet eines Mitgliedstaates verbleibt.
Beispiel:
Der Grazer Unternehmer G bestellt beim deutschen Unternehmer M in München eine Maschine und lässt sie in sein Auslieferungslager in Köln bringen. Dort verkauft er die Maschine. Die Lieferung des M an G führt zu keiner innergemeinschaftlichen Warenbewegung, da der Gegenstand in Deutschland verbleibt.
3573
Bei verbrauchsteuerpflichtigen Waren wird der innergemeinschaftliche Erwerb von dem Abnehmer bewirkt, an den die innergemeinschaftliche Lieferung und die damit verbundene grenzüberschreitende Warenbewegung ausgeführt wird. Für das Vorliegen des innergemeinschaftlichen Erwerbs verbrauchsteuerpflichtiger Waren ist nicht Voraussetzung, dass dieser Abnehmer auch Schuldner der im Bestimmungsland anfallenden Verbrauchsteuer ist (vgl. EuGH 19.12.2018, Rs C-414/17, AREX CZ a.s.).
Randzahlen 3574 bis 3580: derzeit frei.
101.2. Voraussetzungen für den innergemeinschaftlichen Erwerb
101.2.1. Erwerber
3581
Erwerber ist der Empfänger der Lieferung. Dieser muss bereits bei Beginn der Beförderung oder Versendung feststehen und nicht erst, wenn der Gegenstand bereits in den anderen Mitgliedstaat gelangt ist.
3582
Ein innergemeinschaftlicher Erwerb liegt jedoch nur vor, wenn der Erwerber einem bestimmten Personenkreis angehört (siehe dazu Rz 3583 bis Rz 3588) und sofern nicht eine Ausnahme von der Erwerbsbesteuerung vorliegt (Rz 3626).
101.2.1.1. Unternehmer
3583
Der Unternehmer tätigt einen innergemeinschaftlichen Erwerb nur, wenn er den Gegenstand für sein Unternehmen erwirbt. Die Qualifikation des Erwerbes als für das Unternehmen richtet sich nach § 12 Abs. 2 UStG 1994 (siehe hiezu Rz 1901 bis Rz 1990).
3584
Die Bestimmung des § 12 Abs. 2 Z 2 UStG 1994, wonach bestimmte Lieferungen nicht als für das Unternehmen ausgeführt gelten, gilt gemäß Art. 12 Abs. 4 UStG 1994 nicht für den innergemeinschaftlichen Erwerb (die sich auf Grund des Abs. 4 ergebende Erwerbsteuer ist jedoch gemäß Art. 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 nicht abzugsfähig).
101.2.1.2. Juristische Person
3585
Der Erwerbsteuerpflicht sind neben Unternehmern auch juristische Personen unterworfen, die keine Unternehmereigenschaft besitzen oder nicht für ihr Unternehmen erwerben.
3586
Zur diesfalls anzuwendenden Erwerbsschwellenregelung wird auf Rz 3626 verwiesen.
3587
Bei juristischen Personen, die sowohl einen unternehmerischen als auch einen nichtunternehmerischen Bereich besitzen, sind getrennte Betrachtungen durchzuführen (siehe Rz 3583 und Rz 3584 und Rz 3626 bis Rz 3635).
3588
Die juristische Person tritt grundsätzlich mit einer einzigen UID auf. Lediglich Körperschaften öffentlichen Rechts – vor allem große Gebietskörperschaften – können mehrere UID haben.
101.2.2. Lieferung an den Erwerber
3589
Gelangt beim Kommissionsgeschäft das Kommissionsgut bei der Zurverfügungstellung an den Kommissionär vom Ausgangs- in den Bestimmungsmitgliedstaat, kann abweichend vom § 3 Abs. 3 UStG 1994 die Lieferung des Kommittenten an den Kommissionär bereits zum Zeitpunkt der Zurverfügungstellung des Gegenstandes an den Kommissionär als ausgeführt angesehen werden. Der Kommissionär tätigt dann zu diesem Zeitpunkt einen innergemeinschaftlichen Erwerb.
3590
Die Lieferung an den Erwerber muss durch einen Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens erfolgen. Der liefernde Unternehmer darf nach dem Steuerrecht des für die Besteuerung seiner Lieferung zuständigen Mitgliedstaates nicht als Kleinunternehmer behandelt werden.
101.2.3. Erwerb im Inland
3591
Erfolgt nach Art. 1 UStG 1994 ein innergemeinschaftlicher Erwerb von Gegenständen im Inland, wird die Besteuerungskompetenz im Inland unabhängig von der mehrwertsteuerlichen Behandlung des Umsatzes im Mitgliedstaat des Beginns des Versands oder der Beförderung der Gegenstände wahrgenommen (Art. 16 VO (EU) 282/2011).
Zum Ort des innergemeinschaftlichen Erwerbes wird auf Rz 3776 bis Rz 3805 verwiesen.
Randzahlen 3592 bis 3600: derzeit frei.
101.3. Innergemeinschaftliches Verbringen
101.3.1. Voraussetzungen
101.3.1.1. Allgemeine Voraussetzungen
3601
Durch Art. 1 Abs. 3 Z 1 UStG 1994 wird das Verbringen eines Gegenstandes des Unternehmens aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet in das Inland durch den Unternehmer zu seiner Verfügung dem innergemeinschaftlichen Erwerb gegen Entgelt gleichgestellt.
Ausgenommen von dieser Regelung ist das Verbringen zur vorübergehenden Verwendung (siehe hiezu Rz 3606 bis Rz 3617) oder im Rahmen einer Konsignationslagerregelung (siehe hiezu Rz 3691 bis 3695).
3602
Für die innergemeinschaftliche Verbringung müssen folgende Voraussetzungen vorliegen:
- Beförderung oder Versendung eines Gegenstandes aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet in das Inland.
- Die Verbringung des Gegenstandes erfolgt durch den Unternehmer zu seiner Verfügung.
- Es handelt sich um keinen Fall der vorübergehenden Verwendung.
Hinsichtlich der Bemessungsgrundlage für das innergemeinschaftliche Verbringen wird auf Rz 3931 iVm Rz 679 verwiesen.
101.3.1.2. Konsignationslager (bis 31.12.2019)
3603
Zur Konsignationslagerregelung für Lieferungen von Waren, deren Transport ab 1.1.2020 beginnt, siehe Rz 3691 ff. Für Umsätze, bei denen der Transport der Waren vor dem 1.1.2020 beginnt, gilt Folgendes:
Ein Konsignationslager liegt vor, wenn ein Unternehmer bei einem Abnehmer ein Lager unterhält und der Abnehmer aus diesem Lager bei Bedarf Waren entnimmt. Zur Lieferung (Verschaffung der Verfügungsmacht über die Ware) kommt es erst bei Entnahme aus diesem Lager. Die Versendung oder Beförderung in das Lager stellt ein innergemeinschaftliches Verbringen dar.
Entgegen dieser Rechtslage werden von verschiedenen Mitgliedstaaten (derzeit Belgien, Finnland, Irland, die Niederlande, das Vereinigte Königreich, sowie Frankreich und Italien) anderslautende Verwaltungsübungen gehandhabt. Die abweichenden Regelungen bestehen darin, dass diese Mitgliedstaaten nicht von einem innergemeinschaftlichen Verbringen in das Konsignationslager ausgehen (siehe oben), sondern unter bestimmten (von einander abweichenden) Voraussetzungen von einer innergemeinschaftlichen Lieferung an den dortigen Abnehmer.
Folgende Erleichterungen können hinsichtlich dieser Mitgliedstaaten angewendet werden:
1. Verbringen in ein Konsignationslager in einen anderen Mitgliedstaat
Verbringt ein Unternehmer, der im Inland einen Wohnsitz, seinen Sitz oder eine Betriebsstätte hat, seine Waren in sein in einem anderen Mitgliedstaat gelegenes Konsignationslager, so kann der Unternehmer den Tatbestand der Warenentnahme aus dem ausländischen Konsignationslager – parallel zur Erwerbsbesteuerung des Leistungsempfängers im anderen Mitgliedstaat – als innergemeinschaftliche Lieferung behandeln. Dementsprechend ist nicht das Verbringen beim Transport der Waren in das Konsignationslager, sondern die innergemeinschaftliche Lieferung im Zeitpunkt der Entnahme aus dem Lager in die Zusammenfassende Meldung aufzunehmen.
Wenn der Lieferer im anderen Mitgliedstaat einen Erwerb auf Grund eines Verbringens zu versteuern hat (zB wenn im anderen Mitgliedstaat der Gegenstand über die vorgesehene Zeit gelagert wird), tätigt er zu diesem Zeitpunkt eine innergemeinschaftliche Lieferung (Verbringen).
Voraussetzung für die Anwendung der Erleichterung ist, dass der Unternehmer
- dem für die Erhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt schriftlich die Inanspruchnahme dieser Regelung mitteilt (unter Beschreibung der im anderen Mitgliedstaat anzuwendenden Regelung),
- hinsichtlich der ein- und ausgelagerten Gegenstände und dem Lagerbestand Aufzeichnungen führt, die der Finanzverwaltung eine Überprüfung der Richtigkeit der Versteuerung ermöglichen.
2. Verbringen in ein Konsignationslager im Inland
Verbringt ein Unternehmer, der im Inland weder einen Wohnsitz noch seinen Sitz hat und im Inland nicht zur Umsatzsteuer erfasst ist, seine Waren in sein im Inland gelegenes Konsignationslager (wobei die Regelung eingeschränkt ist auf Lager, die nur einem einzigen Abnehmer zur Verfügung stehen – „Call-off-stock“), so kann der Abnehmer des ausländischen Unternehmers den Tatbestand der Warenentnahme aus dem inländischen Konsignationslager – entsprechend zur Behandlung durch den Lieferer als innergemeinschaftliche Lieferung im anderen Mitgliedstaat – als innergemeinschaftlichen Erwerb behandeln.
Die Regelung kann auch von ausländischen Unternehmern angewendet werden, die im Inland zur Umsatzsteuer erfasst sind, aber die nur Umsätze tätigen, die solchen Konsignationslagern zuzurechnen sind. Wird von der Vereinfachungsregelung Gebrauch gemacht, muss sie für sämtliche Vorgänge, für die die Voraussetzungen zutreffen, angewendet werden.
Diese Regelung gilt nur für Waren, die innerhalb der im anderen Mitgliedstaat maßgeblichen Frist, spätestens jedoch innerhalb von sechs Monaten ab der Einlagerung entnommen werden.
Hinsichtlich der innerhalb dieses Zeitraumes nicht entnommenen Waren liegt im Zeitpunkt des Überschreitens der Frist ein steuerpflichtiger Erwerb des ausländischen Unternehmers vor. Wird der Gegenstand in der Folge vom Abnehmer aus dem Lager entnommen, kommt es zu einer Lieferung des ausländischen Lieferers an den Abnehmer im Inland.
Voraussetzung für die Anwendung der Erleichterung ist, dass der ausländische Unternehmer
- dem Finanzamt, das für die Erhebung der Umsatzsteuer des Abnehmers der Gegenstände zuständig ist, schriftlich die Inanspruchnahme dieser Regelung mitteilt,
- und weiters mitteilt, dass der Ausgangsmitgliedstaat bei Entnahme der Gegenstände innerhalb der oben genannten Frist von einer innergemeinschaftlichen Lieferung ausgeht, und
- hinsichtlich der ein- und ausgelagerten Gegenstände und dem Lagerbestand Aufzeichnungen führt (bzw. für ihn der inländische Abnehmer), die der Finanzverwaltung eine Überprüfung der Richtigkeit der Versteuerung ermöglichen.
3. Erstmalige Anwendung
Die Vereinfachungen sind erstmals auf die Verbringung von Gegenständen anzuwenden, die nach dem Einlangen der Mitteilung beim Finanzamt getätigt wird.
Wird in anderen als den hier genannten Mitgliedstaaten nach den dort allgemein geltenden Regelungen ebenfalls die Vereinfachung für Konsignationslager angewendet, ist auch bei Warenverbringungen aus Österreich in Konsignationslager in diesen Mitgliedstaaten oder Warenverbringungen von diesen Mitgliedstaaten in Konsignationslager in Österreich die in den Punkten 1 bis 3 beschriebene Vorgangsweise unter den dort genannten Voraussetzungen möglich.
101.3.1.3. Vereinfachung bei größerer Abnehmerzahl
3604
Steht der Abnehmer der Lieferung im Bestimmungsmitgliedstaat bei Beginn des Transportes im Ausgangsmitgliedstaat bereits fest, so liegt grundsätzlich kein innergemeinschaftliches Verbringen sondern eine innergemeinschaftliche Lieferung vor. Aus Vereinfachungsgründen kann jedoch unter folgenden Voraussetzungen ein innergemeinschaftliches Verbringen angenommen werden:
- Die Lieferungen werden regelmäßig an eine größere Anzahl von Abnehmern im Bestimmungsland ausgeführt.
- Bei entsprechenden Lieferungen aus dem Drittlandsgebiet wären die Voraussetzungen für eine Verlagerung des Ortes der Lieferung in das Gemeinschaftsgebiet nach § 3 Abs. 9 UStG 1994 erfüllt.
- Der liefernde Unternehmer behandelt die Lieferung im Bestimmungsmitgliedstaat als steuerbar. Er wird bei einem Finanzamt des Bestimmungsmitgliedstaates für Umsatzsteuerzwecke geführt. Er gibt in den Rechnungen seine UID des Bestimmungsmitgliedstaates an.
- Die beteiligten Steuerbehörden im Ausgangs- und im Bestimmungsmitgliedstaat sind mit dieser Behandlung einverstanden.
3605
Diese Regelung gilt sowohl für Lieferungen aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet in das Inland als auch umgekehrt.
Beispiel:
Der deutsche Großhändler D beliefert im grenznahen österreichischen Raum eine Vielzahl von Kleinabnehmern (zB Imbissstuben, Gaststätten) mit Pommes frites. D verpackt und portioniert die Waren bereits in Deutschland nach den Bestellungen der Abnehmer und liefert sie an diese mit eigenem LKW aus.
D kann die Gesamtsendung als innergemeinschaftliches Verbringen behandeln und alle Lieferungen als Inlandslieferungen beim zuständigen inländischen Finanzamt versteuern, sofern er in den Rechnungen seine österreichische UID angibt und die zuständigen Finanzämter in Österreich und Deutschland diesem Verfahren zustimmen.
101.3.2. Vorübergehende Verwendung
3606
Eine innergemeinschaftliche Verbringung liegt nicht vor, wenn der Gegenstand nur zur vorübergehenden Verwendung ins Inland gelangt. Eine vorübergehende Verwendung liegt in den in Rz 3608 und Rz 3609, Rz 3616 bis Rz 3618 genannten Fällen vor.
3607
Ist ein Gegenstand zu einer vorübergehenden Verwendung in das Inland verbracht worden und fallen die Voraussetzungen für eine vorübergehende Verwendung weg, so gilt die Verbringung in dem Zeitpunkt als ausgeführt, in dem die Bedingungen wegfallen.
101.3.2.1. Werklieferungen
3608
Werden Gegenstände zur Ausführung einer anschließenden Werklieferung von einem anderen Mitgliedstaat in das Inland befördert oder versendet und liegt der Ort der Werklieferung im Inland, liegt kein steuerbares Verbringen (kein steuerbarer Erwerb) vor. Von einer Werklieferung kann insbesondere dann gesprochen werden, wenn die Gegenstände mit der Absicht ins Inland gebracht werden, um sie hier fest mit dem Grund und Boden zu verbinden (zB Bauvorhaben, Anlagenbau).
3609
Die Bestimmung umfasst nicht nur das verbrauchte Material, sondern auch Maschinen, Werkzeuge usw. zur Ausführung der Werklieferung.
Beispiel:
Der deutsche Bauunternehmer D errichtet in Salzburg ein Hotel. Er verbringt zu diesem Zweck Baumaterial und einen Baukran an die Baustelle. Der Baukran gelangt nach Fertigstellung des Hotels nach Deutschland zurück.
Sowohl die Verbringung des Baumaterials als auch des Baukrans sind als vorübergehende Verwendung in Österreich nicht steuerbar.
101.3.2.2. Innergemeinschaftlicher Versandhandel und Einfuhr-Versandhandel
3610
Eine vorübergehende Verwendung ist anzunehmen, wenn der Gegenstand zur Ausführung
- eines innergemeinschaftlichen Versandhandelsumsatzes (Rz 3717 bis Rz 3720) oder
- eines Einfuhr-Versandhandels, bei dem sich der Lieferort nach § 3 Abs. 8a lit. a oder lit. b UStG 1994 bestimmt,
ins Inland befördert oder versendet wird.
Beispiel 1:
Das Unternehmen M in München beliefert österreichische private Abnehmer mit Modelleisenbahnen. Die Liefergegenstände werden mittels Katalog bestellt und mit der Post versendet. M überschreitet die Umsatzgrenze in Art. 3 Abs. 5 UStG 1994 (bis 1.7.2021: österreichische Lieferschwelle), wodurch sich der Lieferort nach Österreich verlagert.
Die Lieferungen sind in Österreich steuerbar und steuerpflichtig.
Beispiel 2:
Der chinesische Unternehmer CN ist zum IOSS registriert und verkauft Waren mit einem Einzelwert von 80 Euro aus China an Privatpersonen in Österreich. Die Waren werden in Luxemburg zum freien Verkehr abgefertigt und anschließend zu den Privatpersonen in Österreich befördert.
Lösung:
Der Lieferort des Einfuhr-Versandhandels liegt gemäß § 3 Abs. 8a lit. b UStG 1994 am Ende der Versendung. Es liegt kein innergemeinschaftliches Verbringen vor.
101.3.2.3. Lieferungen an Bord von Beförderungsmitteln
3611
Bei Lieferungen von Gegenständen an Bord von Schiffen, in Luftfahrzeugen oder Eisenbahnen während einer Beförderung im Gemeinschaftsgebiet ist als Lieferort der Abgangsort des Personenbeförderungsmittels anzusehen (§ 3 Abs. 11 UStG 1994). Das Verbringen von Gegenständen zur Ausführung solcher Lieferungen ist nicht steuerbar. Steuerbar ist nur die tatsächliche Lieferung, und zwar am Abgangsort.
Beispiel:
In Deutschland wird ein Donauschiff vor der Fahrt nach Budapest mit Souvenirartikeln für den Verkauf an Bord beladen. Sowohl in Deutschland wie auch in Österreich gibt es mehrere Zustiegs- bzw. Ausstiegsorte. Die Verbringung der Souvenirartikel von Deutschland nach Österreich ist nicht steuerbar.
101.3.2.4. Ausfuhrlieferungen und innergemeinschaftliche Lieferungen
3612
Werden Gegenstände von einem Mitgliedstaat ins Inland befördert oder versendet, um mit ihnen eine steuerfreie Ausfuhrlieferung oder eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung auszuführen, so liegt kein innergemeinschaftliches Verbringen vor. Die Bestimmung setzt voraus, dass der Abnehmer im Zeitpunkt der Verbringung bereits feststeht.
Beispiel:
Der Händler P aus Paris liefert Stoffe an R in Russland. Die Stoffe werden vom Frachtführer A nach Salzburg befördert. Anschließend erteilt P dem Frachtführer B den Auftrag, die Stoffe nach Russland zu befördern. Das Verbringen der Stoffe von Paris nach Salzburg ist nicht steuerbar.
101.3.2.5. Sonstige Leistungen am verbrachten Gegenstand
3613
Werden Gegenstände verbracht, damit an diesen durch einen anderen Unternehmer eine sonstige Leistung erbracht wird, liegt nur dann kein innergemeinschaftliches Verbringen vor, wenn der Gegenstand nach der Erbringung der sonstigen Leistung wieder zur Verfügung des Auftraggebers in den Mitgliedstaat gelangt, von dem aus der Gegenstand befördert oder versendet worden ist (vgl. EuGH 06.03.2014, verb. Rs C-606/12 und C-607/12, Dresser-Rand SA).
Auch bei der Verbringung von Gegenständen in einen anderen Mitgliedstaat, um sie dort begutachten zu lassen, liegt eine vorübergehende Verwendung vor, wenn diese Gegenstände anschließend wieder in den Ausgangsmitgliedstaat zurück gelangen.
3614
Die Mitgliedstaaten haben sich im Rahmen des Mehrwertsteuerausschusses auf Vereinfachungsmaßnahmen dahingehend geeinigt, dass dieses Erfordernis auch dann als erfüllt gilt, wenn der Gegenstand nicht unmittelbar in den Ursprungsmitgliedstaat zurückgelangt, sondern vorher in Österreich oder in einem anderen Mitgliedstaat Gegenstand einer sonstigen Leistung ist (siehe Beispiel 1). Ebenso, wenn der Auftragnehmer mit der sonstigen Leistung einen selbständigen Erfüllungsgehilfen beauftragt (siehe Beispiel 2).
Beispiel 1:
Der Unternehmer F in Frankreich versendet Garn an einen Unternehmer Ö in Österreich, damit dieser Stoffe daraus herstellt. In der Folge gibt er einem weiteren Unternehmer D in Deutschland den Auftrag, aus den Stoffen einen Anzug herzustellen. Die Anzüge gelangen anschließend zu F in Frankreich. Der Versand nach Österreich stellt in Österreich und in Deutschland keinen steuerbaren Erwerb dar. Hinsichtlich Ort der sonstigen Leistung und Aufzeichnungspflichten siehe Beispiel 2.
Beispiel 2:
Der französische Unternehmer P versendet einen Generator von Paris zum Unternehmer W in Wien, damit dieser eine Reparaturleistung daran erbringt. W repariert den Generator nicht selbst, sondern erteilt D in Deutschland den Auftrag, den Generator zu reparieren und nach erfolgter Reparatur zu P nach Frankreich zu versenden.
Lösung bis 31.12.2009:
Die Versendung des Generators nach Österreich stellt für P keinen innergemeinschaftlichen Erwerb in Form des Verbringens dar, da der Gegenstand nach erfolgter Reparatur nach Frankreich zurückgelangt. Die Leistung des W ist gemäß Art. 3a Abs. 6 UStG 1994 in Österreich nicht steuerbar, wenn P ihm gegenüber mit seiner französischen UID auftritt. W hat gemäß Art. 18 Abs. 3 UStG 1994 die Gegenstände, die er aus einem anderen Mitgliedstaat zur Ausführung einer sonstigen Leistung iSd Art. 3a Abs. 6 UStG 1994 erhält, aufzuzeichnen.
Lösung ab 1.1.2010:
Die Versendung des Generators nach Österreich stellt für P keinen innergemeinschaftlichen Erwerb in Form des Verbringens dar, da der Gegenstand nach erfolgter Reparatur nach Frankreich zurückgelangt. Die Leistung des W ist gemäß § 3a Abs. 6 UStG 1994 am Empfängerort (Frankreich) steuerbar. W hat gemäß Art. 18 Abs. 3 UStG 1994 diese Gegenstände aufzuzeichnen.
101.3.2.6. Ausführung von sonstigen Leistungen
3615
Befördert oder versendet ein Unternehmer Gegenstände vorübergehend zur Ausführung einer sonstigen Leistung ins Inland, so wird der Tatbestand des innergemeinschaftlichen Verbringens nicht erfüllt. Voraussetzung ist, dass der Unternehmer in dem Mitgliedstaat, von dem aus die Gegenstände verbracht werden, einen Wohnsitz oder Sitz hat.
Beispiel:
Ein Techniker des Unternehmens L in London fährt nach Wien, um beim Unternehmer W eine Großrechenanlage zu reparieren. Er nimmt dabei verschiedene Messgeräte und Werkzeuge mit. Die Beförderung dieser Gegenstände erfüllt in Österreich nicht den Tatbestand des innergemeinschaftlichen Erwerbes in Form des Verbringens. Der Rücktransport ist ebenfalls kein Verbringen.
101.3.2.7. Zeitlich befristete Verwendung
3616
Eine vorübergehende Verwendung liegt bei folgenden Voraussetzungen vor:
- Der Gegenstand wird im Bestimmungsland höchstens 24 Monate genutzt.
- Im Bestimmungsland würde für die Einfuhr des gleichen Gegenstandes aus einem Drittland im Hinblick auf die vorübergehende Verwendung die Regelungen über die vollständige Befreiung von Eingangsabgaben gelten.
In diesen Fällen ist die zollrechtliche Beurteilung Vorfrage für das Vorliegen einer vorübergehenden Verwendung. Je nach Einordnung können verschiedene Verwendungsdauern gelten (6 bis 24 Monate).
Werden die Fristen überschritten, ist im Zeitpunkt des Überschreitens ein innergemeinschaftlicher Erwerb gegeben.
101.3.2.8. Vorübergehende Verwendung bei der Verbringung von Gas, Elektrizität, Wärme oder Kälte
3617
Eine vorübergehende Verwendung liegt vor, wenn der Unternehmer den Gegenstand zur Ausführung einer Lieferung von Gas über ein Erdgasnetz im Gebiet der Gemeinschaft oder ein an ein solches Netz angeschlossenes Netz, von Elektrizität oder von Wärme oder Kälte über Wärme- oder Kältenetze, wenn sich der Ort dieser Lieferungen nach § 3 Abs. 13 oder 14 UStG 1994 bestimmt, verwendet.
Durch die Bestimmungen wird ausdrücklich klargestellt, dass bei Lieferungen von Erdgas über Gasnetze, von Elektrizität, von Wärme oder Kälte, deren Lieferort sich nach § 3 Abs. 13 und 14 UStG 1994 bestimmt, kein innergemeinschaftliches Verbringen vorliegt. Ohne diese Bestimmung käme es zu einer Doppelbesteuerung, da gemäß § 3 Abs. 13 und 14 UStG 1994 der Ort der Lieferung ohnedies in dem Mitgliedstaat ist, in den die genannten Wirtschaftsgüter „verbracht“ werden.
101.3.2.9. Verbringen von Gegenständen, die steuerfrei im Rahmen der GSVP erworben wurden, durch inländische Streitkräfte
3618
Seit 1.7.2022 ist das Verbringen von Gegenständen durch inländische Streitkräfte, die von diesen gemäß der Richtlinie (EU) 2019/2235 steuerfrei erworben oder eingeführt wurden, gemäß Art. 1 Abs. 3 Z 2 UStG 1994 einem innergemeinschaftlichen Erwerb gleichgestellt. Hiedurch wird ein unversteuerter Verbrauch vermieden (siehe Rz 746a). Die Bestimmung beruht auf Art. 22 erster Unterabsatz der MwSt-RL 2006/112/EG.
Die Bemessungsgrundlage für das Verbringen bestimmt sich nach Art. 4 Abs. 2 UStG 1994 (siehe Rz 3931).
Randzahlen 3619 bis 3625: derzeit frei.
101.4. Erwerbsschwelle
101.4.1. Schwellenerwerber
3626
Bei folgenden Unternehmern liegt ein innergemeinschaftlicher Erwerb nicht vor, wenn die Erwerbsschwelle nicht überschritten wird:
- Unternehmer, die nur unecht steuerbefreite Umsätze ausführen,
- pauschalierte Land- und Forstwirte,
- juristische Personen, die den Gegenstand nicht für ihr Unternehmen erwerben.
Wurde einem Schwellenerwerber wegen meldepflichtiger sonstiger Leistungen eine UID erteilt (siehe Rz 4339), hat er trotz UID keine innergemeinschaftlichen Erwerbe zu versteuern, solange seine Erwerbe die Erwerbsschwelle nicht überschritten haben oder er auf die Erwerbsschwelle nicht verzichtet hat (siehe aber Rz 3636).
101.4.2. Ermittlung der Erwerbsschwelle
3627
Zur Beurteilung, ob die Schwelle überschritten wird, werden die Erwerbe aus allen Mitgliedstaaten zusammengerechnet. Maßgebend sind die Nettoentgelte. Die Erwerbe neuer Fahrzeuge und verbrauchsteuerpflichtiger Waren sind bei der Schwellenberechnung außer Ansatz zu lassen.
101.4.3. Konsequenzen des Überschreitens der Erwerbsschwelle
101.4.3.1. Überschreiten im vorangegangenen Kalenderjahr
3628
Liegen die innergemeinschaftlichen Erwerbe im vorangegangenen Kalenderjahr über 11.000 Euro, dann hat im laufenden Kalenderjahr jedenfalls eine Besteuerung der innergemeinschaftlichen Erwerbe stattzufinden, auch wenn die Schwelle nicht erreicht wird.
101.4.3.2. Überschreiten während des laufenden Kalenderjahres
3629
Ab dem Entgelt für den Erwerb, mit dem im laufenden Kalenderjahr die Erwerbsschwelle überschritten wird, unterliegt der Erwerb der Besteuerung.
Beispiel 1:
Der Unternehmer U tätigt im Jahr 2001 folgende innergemeinschaftliche Erwerbe:
10.1.: | 6.000 Euro |
17.2.: | 4.000 Euro |
3.3.: | 3.000 Euro |
a. Die Erwerbe 2000 betrugen 10.000 Euro. Diesfalls ist der am 3. März 2001 stattfindende und jeder weitere Erwerb der Erwerbsbesteuerung zu unterwerfen.
b. Die Erwerbe 2000 betrugen 20.000 Euro. Diesfalls sind sämtliche Erwerbe des Jahres 2001 der Erwerbsbesteuerung zu unterwerfen.
Werden von einem Unternehmer, der unecht steuerbefreite Umsätze tätigt (Schwellenerwerber) während des laufenden Kalenderjahres auch steuerpflichtige Umsätze ausgeführt, so sind die Erwerbe erst ab dem Zeitpunkt, in dem die steuerpflichtigen Umsätze ausgeführt worden sind, der Erwerbsbesteuerung im Inland zu unterwerfen.
Beispiel 2:
Ein österreichischer Arzt, der nur unecht steuerbefreite Umsätze ausführt, kauft am 3. Februar 2008 eine EDV-Anlage in Deutschland um 5.000 Euro. Ab September 2008 erstellt er zusätzlich laufend (auch in den Folgejahren) steuerpflichtige Gutachten. Am 3. Oktober 2008 kauft der Arzt noch einen Büroschreibtisch in Deutschland um 500 Euro. Im Jahr 2007 fanden keine innergemeinschaftlichen Erwerbe statt.
Im Zeitpunkt des Kaufes der EDV-Anlage war der Arzt Schwellenerwerber. Schwellenerwerber sind ua. solche Unternehmer, die ausschließlich steuerfreie, den Vorsteuerabzug ausschließende Umsätze tätigen. Durch das Ausführen von steuerpflichtigen Umsätzen ab September 2008 verliert der Arzt die Eigenschaft als Schwellenerwerber. Da die Umsätze jedoch erst ab dem Zeitpunkt, in dem die steuerpflichtigen Umsätze ausgeführt worden sind, der Erwerbsbesteuerung im Inland zu unterwerfen sind, ist für den Ankauf der EDV-Anlage keine Erwerbsbesteuerung im Inland vorzunehmen.
Im Zeitpunkt des Ankaufes des Büroschreibtisches ist hingegen keine Ausschließlichkeit unecht befreiter Umsätze mehr gegeben. Der Kauf des Büroschreibtisches (und jeder weitere Erwerb) ist daher der Erwerbsbesteuerung zu unterwerfen.
Randzahlen 3630 bis 3635: derzeit frei.
101.5. Verzicht auf die Erwerbsschwelle
3636
Tritt ein Schwellenerwerber (zB pauschalierter Landwirt), der die Erwerbsschwelle nicht überschreitet, gegenüber einem Lieferer in einem anderen Mitgliedstaat mit seiner UID auf, um steuerfrei Waren einkaufen zu können, gilt dies als Verzicht auf die Erwerbsschwelle.
Beispiel:
Der pauschalierte Landwirt Ö nimmt im März des Jahres 01 eine Beratungsleistung eines deutschen Steuerberaters D in Anspruch. Die sonstige Leistung des D ist gemäß § 3a Abs. 6 UStG 1994 in Österreich steuerbar, die Steuerschuld geht gemäß § 19 Abs. 1 zweiter Unterabsatz UStG 1994 auf Ö über. D muss diese sonstige Leistung in seine Zusammenfassende Meldung aufnehmen. Ö erhält aus diesem Grund eine österreichische UID.
Im August 01 erwirbt Ö Saatgut im Wert von 5.000 € aus Deutschland und gibt dem Lieferanten seine UID bekannt. Dieser liefert steuerfrei nach Österreich.
Die Bekanntgabe der UID durch Ö gilt als Verzicht auf die Erwerbsschwelle, Ö hat daher den Erwerb des Saatguts zu versteuern, es steht ihm kein Vorsteuerabzug zu.
Ö ist mindestens zwei Kalenderjahre an den Verzicht auf die Erwerbsschwelle gebunden, wobei die Zweijahresfrist vom Beginn des ersten Kalenderjahres zu berechnen ist, für das der Verzicht gilt.
Bezieht Ö auch im Jahr 02 Waren aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet, so hat er die in Österreich damit verbundenen innergemeinschaftlichen Erwerbe zu versteuern, auch wenn sie unter der Erwerbsschwelle liegen.
Im Jahr 03 kann Ö den Verzicht auf die Erwerbsschwelle widerrufen. Dieser Widerruf ist innerhalb der Frist zur Abgabe der Voranmeldung für den Voranmeldungszeitraum dieses Kalenderjahres, in dem erstmals ein Erwerb getätigt worden ist, gegenüber dem Finanzamt schriftlich zu erklären.
Randzahlen 3637 bis 3642: derzeit frei.
101.6. Neue Fahrzeuge; verbrauchsteuerpflichtige Waren
3643
Verbrauchsteuerpflichtige Waren im Sinne des Art. 1 Abs. 6 UStG 1994 sind Alkohol, alkoholische Getränke, Tabakwaren und Energieerzeugnisse, jeweils im Sinne der geltenden Gemeinschaftsvorschriften, nicht jedoch über das Erdgasverteilungsnetz oder an ein solches Netz angeschlossenes Netz geliefertes Gas. Zu den Energieerzeugnissen zählen neben den Mineralölen insbesondere Kohle und Koks, nicht jedoch Elektrizität. Die Erwerbsschwellenregelung findet auf den Erwerb dieser Waren und auf den Erwerb neuer Fahrzeuge keine Anwendung. Der innergemeinschaftliche Erwerb solcher Waren ist daher auch von einem Schwellenerwerber zu versteuern.
Randzahlen 3644 bis 3650: derzeit frei.
101.7. Erwerb neuer Fahrzeuge
3651
Der Erwerb neuer Fahrzeuge ist stets ein innergemeinschaftlicher Erwerb. Dies gilt unabhängig vom Status des Lieferers und des Erwerbers. Zum Begriff des neuen Fahrzeuges vgl. Rz 3667 bis Rz 3675.
Randzahlen 3652 bis 3657: derzeit frei.
101.7.1. Erwerb für das Unternehmen
3658
Bei Unternehmern gilt der Erwerb neuer Fahrzeuge jedenfalls als für das Unternehmen ausgeführt (gemäß Art. 12 Abs. 4 UStG 1994 keine Anwendung des § 12 Abs. 2 Z 2 UStG 1994; eine sich auf Grund des Art. 12 Abs. 4 ergebende Steuer für den Erwerb ist gemäß Art. 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 nicht abzugsfähig).
101.7.2. Erwerb durch Schwellenerwerber
3659
Unabhängig von der Erwerbsschwelle liegt auch beim Erwerb neuer Fahrzeuge durch Schwellenerwerber jedenfalls ein innergemeinschaftlicher Erwerb vor.
101.7.3. Erwerb durch Nichtunternehmer
3660
Erwirbt ein Nichtunternehmer ein neues Fahrzeug, so liegt in jedem Fall ein innergemeinschaftlicher Erwerb vor. Der Erwerb durch einen Nichtunternehmer hat Entgeltlichkeit zur Voraussetzung. Die Übersiedlung vom übrigen Gemeinschaftsgebiet ins Inland unter Mitnahme eines neuen Fahrzeuges (Art. 1 Abs. 8 und 9 UStG 1994) führt daher grundsätzlich zu keiner Erwerbsbesteuerung.
Die Steuer wird im Falle des Erwerbs durch Nichtunternehmer im Wege der Fahrzeugeinzelbesteuerung erhoben.
Randzahlen 3661 bis 3666: derzeit frei.
101.8. Begriff „Fahrzeug“
3667
Fahrzeuge sind die in Art. 1 Abs. 8 UStG 1994 genauer umschriebenen Land-, Wasser- und Luftfahrzeuge.
101.8.1. Begriff „motorbetriebenes Landfahrzeug“
3668
Unter „motorbetriebene Landfahrzeuge“ fallen nur solche, die zur Personen- oder Güterbeförderung bestimmt sind mit einem Hubraum von mehr als 48 Kubikzentimetern oder einer Leistung von mehr als 7,2 Kilowatt. Hiezu gehören PKW, LKW, Motorräder, Wohnmobile und dergleichen. Nicht hierunter fallen zB Wohnwagenanhänger und andere Anhänger sowie selbstfahrende Arbeitsmaschinen und land- und forstwirtschaftliche Zugmaschinen (zB Traktoren).
101.8.2. Begriff „Wasserfahrzeug“
3669
Unter „Wasserfahrzeuge“ fallen nur solche, die zur Personen- oder Güterbeförderung bestimmt sind und deren Länge 7,5 Meter (über dem Rumpf) übersteigt. Auf eine Motorisierung wird nicht abgestellt. Daher fallen auch Segeljachten ab der genannten Größe unter diese Bestimmung.
101.8.3. Begriff „Luftfahrzeug“
3670
Unter „Luftfahrzeuge“ fallen nur solche, die zur Personen- oder Güterbeförderung bestimmt sind und deren Starthöchstmasse mehr als 1.550 Kilogramm beträgt. Die Starthöchstmasse ist das zulässige Gesamtgewicht beim Aufstieg.
Randzahlen 3671 bis 3675: derzeit frei.
101.9. Begriff „neu“
3676
Ein Fahrzeug unterliegt nur dann den Bestimmungen des Art. 1 Abs. 7 UStG 1994, wenn es als neu im Sinne des Art. 1 Abs. 9 UStG 1994 gilt. Es ist dies abhängig vom Zeitpunkt der ersten Inbetriebnahme bzw. vom Ausmaß der bisherigen Nutzung.
Für die Beurteilung als neues Fahrzeug ist auf den Zeitpunkt der Lieferung des betreffenden Gegenstandes vom Verkäufer an den Käufer abzustellen (EuGH 18.11.2010, Rs C-84/09, X).
Die Beurteilung, in welchem Mitgliedstaat der Endverbrauch eines Fahrzeuges (und damit der innergemeinschaftliche Erwerb) stattfindet, hat auf einer umfassenden Abwägung aller objektiven tatsächlichen Umstände zu beruhen. Zu diesen im Rahmen des Gesamtbildes der Verhältnisse zu berücksichtigenden Umständen gehören ua. der Ort der gewöhnlichen Verwendung des Gegenstandes, seine Registrierung, der Wohnort des Erwerbers sowie das Bestehen oder Fehlen von Verbindungen des Erwerbers zu einzelnen Mitgliedstaaten. Auch die (spätere) tatsächliche Nutzung des Fahrzeuges kann als Indiz auf die beim Erwerb vorgelegene Verwendungsabsicht herangezogen werden (VwGH 26.1.2012, 2009/15/0177 unter Hinweis auf EuGH 18.11.2010, Rs C-84/09, X, Rn 44 f; VwGH 22.10.2015, 2013/15/0277).
Wird ein Fahrzeug aus verschiedenen Bestandteilen, von denen einzelne die Voraussetzungen für ein Neufahrzeug nicht mehr erfüllen, hergestellt und entsteht dadurch ein bisher noch nicht existentes, eigenständiges Wirtschaftsgut, das eine andere Verkehrsgängigkeit als seine Bestandteile aufweist, kann dieses neue Wirtschaftsgut nicht bereits vor seiner Inbetriebnahme in einer Weise verwendet worden sein, dass es seine Eigenschaft als Neufahrzeug verloren hätte (vgl. VwGH 29.5.2018, Ra 2017/15/0027).
101.9.1. Neues Landfahrzeug
3677
Ein KFZ (motorbetriebenes Landfahrzeug) gilt dann als neu, wenn die erste Inbetriebnahme im Zeitpunkt des Erwerbs nicht mehr als sechs Monate zurückliegt. Dies ist unabhängig davon, wie viele Kilometer das Fahrzeug in dieser Zeit zurückgelegt hat. Liegt die erste Inbetriebnahme jedoch mehr als sechs Monate zurück, so gilt das Fahrzeug dennoch als neu, solange es nicht mehr als 6.000 Kilometer zurückgelegt hat.
Beispiel:
PKW 1 wurde vor 5 Monaten erstmals in Betrieb genommen, es wurden jedoch bereits 20.000 km zurückgelegt. Bei PKW 2 liegt die erste Inbetriebnahme 3 Jahre zurück, jedoch sind erst 5.000 km zurückgelegt worden: Beide Fahrzeuge gelten als neu.
101.9.2. Neues Wasserfahrzeug
Randzahlen 3678 bis 3679: derzeit frei.
101.9.3. Neues Luftfahrzeug
Randzahlen 3680 bis 3685. derzeit frei.
101.10. Diplomatische Missionen und zwischenstaatliche Einrichtungen und Streitkräfte im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik
3686
Nach Art. 1 Abs. 10 UStG 1994 liegt ein innergemeinschaftlicher Erwerb nicht vor, wenn ein Gegenstand bei einer Lieferung aus dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates in das Inland gelangt und die Erwerber folgende Einrichtungen sind:
- Im Inland ansässige ständige diplomatische Missionen und berufskonsularische Vertretungen,
- im Inland ansässige zwischenstaatliche Einrichtungen oder
- Streitkräfte anderer Mitgliedstaaten, die im Inland an einer Verteidigungsanstrengung teilnehmen, die zur Durchführung einer Tätigkeit der Union im Rahmen der GSVP unternommen wird (siehe Rz 746a).
Dies gilt jedoch nur, wenn diese Leistungsempfänger nicht unternehmerisch tätig sind.
3687
Für den Erwerb neuer Fahrzeuge durch die genannten Einrichtungen gilt diese Ausnahme nicht. Diesbezüglich liegt zwar ein innergemeinschaftlicher Erwerb vor, doch ist dieser in vielen Fällen (siehe Rz 3689 bis Rz 3696) steuerfrei.
101.10.1. Folgen der Regelung des Art. 1 Abs. 10 UStG 1994
3688
Die Regelung des Art. 1 Abs. 10 UStG 1994 bewirkt,
- dass den genannten Einrichtungen grundsätzlich keine UID zu erteilen ist,
- bei Lieferungen aus anderen Mitgliedstaaten an diese Einrichtungen der Ort der Lieferung im Falle der Beförderung oder Versendung durch den Lieferer nach der Versandhandelsregelung gemäß Art. 3 Abs. 3 UStG 1994 (siehe Rz 3714 bis Rz 3730) zu bestimmen ist und
- diese Einrichtungen nur beim innergemeinschaftlichen Erwerb eines neuen Fahrzeuges der Erwerbsteuer unterliegen.
101.10.2. Erwerb neuer Fahrzeuge
3689
Der Erwerb neuer Fahrzeuge (siehe Rz 3651 bis Rz 3666) unterliegt auch für die von Art. 1 Abs. 10 UStG 1994 erfassten Einrichtungen der Erwerbsteuer.
3690
Diesfalls kann bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen allerdings die Befreiung nach Art. 6 Abs. 2 Z 3 UStG 1994 zur Anwendung kommen. Die Steuerfreiheit richtet sich dann nach § 6 Abs. 4 Z 5 UStG 1994, welcher Bezug auf die §§ 89 bis 93 Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994 nimmt.
101a. Konsignationslagerregelung (Art. 1a UStG 1994)
101a.1. Konsignationslagerregelung (ab 1.1.2020)
3691
Mit 1.1.2020 treten die gesetzlichen Bestimmungen zur Konsignationslagerregelung in Kraft. Die Bestimmungen gelten nur für Verbringungen von Waren, deren Beförderung oder Versendung nach dem 31.12.2019 beginnt. Durch diese Vereinfachungsregel soll verhindert werden, dass sich der Lieferer bei einer Verbringung in einem anderen Mitgliedstaat registrieren lassen muss. Sie bewirkt, dass die Besteuerung im Zeitpunkt der Verbringung ins Konsignationslager aufgeschoben wird und erst bei der Lieferung an den Erwerber erfolgt. Liegen die Voraussetzungen für die Anwendung der Konsignationslagerregelung vor, ist die Verbringung eines Gegenstandes in einen Mitgliedstaat (Konsignationslagerstaat) nicht steuerbar. Die grenzüberschreitende Warenbewegung ist der tatsächlichen Lieferung an den „geplanten Erwerber“ zuzurechnen. Diese Lieferung ist dann unter den allgemeinen Voraussetzungen im Ursprungsland als innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei. Gleichzeitig bewirkt der geplante Erwerber im Zeitpunkt der Lieferung einen innergemeinschaftlichen Erwerb im Konsignationslagerstaat.
Die Konsignationslagerregelung ist unter folgenden Voraussetzungen anwendbar:
- Die Gegenstände werden vom Unternehmer oder auf seine Rechnung von einem Dritten in den Konsignationslagerstaat befördert oder versendet, um zu einem späteren Zeitpunkt an einen anderen Unternehmer (geplanter Erwerber) geliefert zu werden.
- Der geplante Erwerber ist gemäß einer bestehenden Vereinbarung mit dem Lieferer zum Erwerb des Eigentums an den Gegenständen berechtigt.
- Der liefernde Unternehmer betreibt im Konsignationslagerstaat weder sein Unternehmen noch eine Betriebstätte. Ob eine Betriebsstätte vorliegt, ist nach Art. 11 Abs. 2 der VO (EU) 282/2011 zu beurteilen.
- Dem Unternehmer sind die Identität und die UID des geplanten Erwerbers im Konsignationslagerstaat zum Zeitpunkt des Beginns der Beförderung oder Versendung bekannt.
- Der Unternehmer nimmt die Identität und die UID des geplanten Erwerbers im Konsignationslagerstaat in die Zusammenfassende Meldung gemäß Art. 21 Abs. 3 UStG 1994 auf.
- Der Unternehmer trägt die Verbringung der Gegenstände in das Register gemäß Art. 1a Abs. 6 UStG 1994 ein. Das Register muss die in Art. 54a VO (EU) 282/2011 genannten Informationen enthalten.
Sind die oben angeführten Voraussetzungen erfüllt, ist das Verbringen eines Gegenstandes sowohl im Ursprungsland als auch im Konsignationslagerstaat nicht steuerbar. Die Beförderung oder Versendung in das Konsignationslager ist in die Zusammenfassende Meldung mit dem Hinweis auf die Konsignationslagerregelung (KL-Code 1) aufzunehmen. Wird der Gegenstand innerhalb von 12 Monaten ab Ankunft im Konsignationslager an den geplanten Erwerber geliefert, verwirklicht der Erwerber zu diesem Zeitpunkt einen innergemeinschaftlichen Erwerb im Konsignationslagerstaat. Im Ursprungsland liegt in diesem Zeitpunkt eine innergemeinschaftliche Lieferung nach Art. 7 Abs. 1 UStG 1994 vor, für die erneut eine Zusammenfassende Meldung (ohne Hinweis auf die Konsignationslagerregelung) abzugeben ist.
Beispiel:
Der Unternehmer V, der nur in Deutschland niedergelassen ist, verbringt Waren in ein Konsignationslager in Österreich, um sie zu einem späteren Zeitpunkt an Ö zu liefern. Der geplante Erwerber Ö tritt mit einer österreichischen UID auf. Zehn Monate nach Ankunft der Waren im Konsignationslager werden die Waren an Ö geliefert.
Lösung:
Liegen die Voraussetzungen für die Konsignationslagerregelung vor, ist die Beförderung in das Lager nicht steuerbar. V hat die Beförderung in die Zusammenfassende Meldung mit Hinweis auf die Konsignationslagerregelung (KL-Code 1) aufzunehmen. Im Zeitpunkt der Lieferung an Ö verwirklicht dieser einen innergemeinschaftlichen Erwerb in Österreich. In Deutschland ist der Vorgang als innergemeinschaftliche Lieferung von der Steuer befreit. V hat die Lieferung in die Zusammenfassende Meldung (ohne Hinweis auf die Konsignationslagerregelung) aufzunehmen.
Liegt eine der Voraussetzungen für die Konsignationslagerregelung nicht vor (bspw., weil der Unternehmer die Lieferung nicht in das Register gemäß Art. 1a Abs. 6 UStG 1994 aufnimmt), hat der Unternehmer eine Verbringung nach Art. 1 Abs. 3 Z 1 UStG 1994 zu versteuern. Kommt hingegen der geplante Erwerber seiner Pflicht zur Eintragung in das Register nicht nach (Art. 243 Abs. 3 letzter Satz MwSt-RL 2006/112/EG), ist dies für die Anwendung der Konsignationslagerregelung nicht schädlich.
Werden die Waren nicht innerhalb von 12 Monaten ab Ankunft im Konsignationslager an den geplanten Erwerber geliefert, liegt am Tag nach Ablauf der 12 Monate eine steuerbare Verbringung (Art. 1 Abs. 3 UStG 1994) vor. Der liefernde Unternehmer muss sich im Konsignationslagerstaat für Umsatzsteuerzwecke registrieren lassen und die (nun steuerpflichtige) Verbringung in eine neue Zusammenfassende Meldung (ohne Hinweis auf die Konsignationslagerregelung) aufnehmen.
Zur Bestimmung der 12-Monatsfrist kann das FIFO-Verfahren („First In – First Out“) angewendet werden. Das FIFO-Verfahren ist nicht auf Massenwaren beschränkt. Auch bei Waren, die einzeln erfasst und identifiziert werden können, kann das FIFO-Verfahren zur Berechnung der 12-Monatsfrist angewandt werden, sofern es sich um idente Gegenstände handelt. Das FIFO-Verfahren kann auch angewandt werden, wenn die Waren von verschiedenen Lieferern stammen und in ein und demselben Lager gelagert werden. Diesfalls ist das FIFO-Verfahren separat für den Bestand jedes Lieferers anzuwenden.
Wird irrtümlich eine Zusammenfassende Meldung über eine Lieferung in ein Konsignationslager (KL-Code 1) abgegeben, kann die Zusammenfassende Meldung auch nachträglich noch korrigiert werden. Diesfalls ist der KL-Code 1 durch den KL-Code 2 (gleiche Zeile) zu ersetzen.
101a.2. Rücksendung
3692
Wird der Gegenstand innerhalb von 12 Monaten in den Mitgliedstaat, aus dem er befördert oder versendet wurde, rückversendet, und trägt der Unternehmer den Rückversand in das Register gemäß Art. 1a Abs. 6 UStG 1994 ein, wird durch die Rücksendung keine Besteuerung ausgelöst. Im Falle der Rückversendung ist die ursprüngliche Verbringung in den Konsignationslagerstaat auch nach Ablauf der 12 Monate nicht zu besteuern. Wird nur ein Teil der Waren, für die die Konsignationslagerregelung in Anspruch genommen wird, rückversendet, wird hierdurch ebenfalls keine Besteuerung ausgelöst. Für jene Waren, die im Konsignationslager verbleiben, bleibt die Konsignationslagerregelung weiter aufrecht.
Die Rücksendung gilt mit dem Zeitpunkt als erfolgt, an dem die Gegenstände in das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats gelangen, aus dem sie ursprünglich versandt oder befördert wurden. Dies ist jener Zeitpunkt, an dem die Gegenstände im Lager des Lieferers eintreffen.
Die Rücksendung ist in die Zusammenfassende Meldung (neue Zeile mit KL-Code 2) für jenen Meldezeitraum aufzunehmen, in dem der auf die Rücksendung folgende Monat endet.
101a.3. Ersetzen des Erwerbers
3693
Wird der geplante Erwerber durch einen anderen Erwerber ersetzt und sind die Voraussetzungen der Konsignationslagerregelung weiterhin sinngemäß erfüllt, löst die Ersetzung keine Besteuerung aus. Die Frist von 12 Monaten wird durch die Ersetzung nicht verlängert. Voraussetzung ist, dass der liefernde Unternehmer die Ersetzung des Erwerbers in das Register nach Art. 1a Abs. 6 UStG 1994 einträgt und in die Zusammenfassende Meldung aufnimmt. Dies erfolgt durch Angabe der UID des ursprünglichen Erwerbers und des neuen geplanten Erwerbers in einer neuen Zeile mit KL-Code 3. Wird der Gegenstand innerhalb von 12 Monaten ab Ankunft der Waren im Konsignationslager an den neuen Erwerber geliefert, hat dieser die Lieferung als innergemeinschaftlichen Erwerb zu versteuern.
Beispiel 1:
Der Unternehmer B, der nur in Deutschland niedergelassen ist, befördert Gegenstände in ein Konsignationslager in Österreich. Geplanter Erwerber ist T. Nach 5 Monaten wird T durch einen anderen Erwerber ersetzt. Die Gegenstände werden 10 Monate nach Ankunft der Waren im Konsignationslager an den neuen Erwerber geliefert.
Lösung:
Bei Vorliegen der Voraussetzungen der Konsignationslagerregelung ist die Verbringung der Waren nicht steuerbar. Auch die Ersetzung des Erwerbers löst keine Besteuerung aus. B hat die Ersetzung im Register einzutragen und unter Hinweis auf die Konsignationslagerregelung (neue Zeile mit KL-Code 3) in die Zusammenfassende Meldung aufzunehmen. Im Zeitpunkt der Lieferung an den neuen Erwerber hat dieser einen innergemeinschaftlichen Erwerb zu versteuern. B hat den Verkauf an den neuen Erwerber in die Zusammenfassende Meldung (ohne Hinweis auf die Konsignationslagerregelung) aufzunehmen.
Beispiel 2:
Der Unternehmer V, der nur in Deutschland niedergelassen ist, verbringt Waren in ein Konsignationslager in Österreich. Geplanter Erwerber ist Ö. Fünf Monate nach Ankunft der Waren im Konsignationslager entscheidet sich V, die Waren in ein Lager in Italien zu befördern, um sie an einen Erwerber in Italien zu veräußern.
Lösung:
Im Zeitpunkt der Beförderung in das italienische Lager sind die Voraussetzungen für die Konsignationslagerregelung in Österreich nicht mehr erfüllt. Unmittelbar vor der Beförderung nach Italien (dh. am selben Tag) liegt eine Verbringung durch V von Deutschland nach Österreich vor. Diese Verbringung ist von V in die Zusammenfassende Meldung in Deutschland aufzunehmen und in Österreich als innergemeinschaftlicher Erwerb zu versteuern. Die Verbringung in das italienische Lager ist bei sinngemäßer Anwendung der Konsignationslagerregelung in Österreich nicht steuerbar und in die Zusammenfassende Meldung mit dem Hinweis auf die Konsignationslagerregelung (KL-Code 1) aufzunehmen. Liegen die Voraussetzungen für die Konsignationslagerregelung nicht sinngemäß vor, ist die Beförderung in das italienische Lager in Österreich als steuerfreie Verbringung in die Zusammenfassende Meldung (ohne Hinweis auf die Konsignationslagerregelung) aufzunehmen.
Ein mehrfacher Wechsel des Erwerbers sowie ein Rückwechsel zum geplanten Erwerber löst bei sinngemäßer Erfüllung der Voraussetzungen keine Besteuerung aus. Der Unternehmer kann den geplanten Erwerber auch durch mehrere Erwerber ersetzen. Jeder Erwerberwechsel ist in das Register einzutragen und in der Zusammenfassenden Meldung mit dem Hinweis auf die Konsignationslagerregelung (jeweils neue Zeile mit KL-Code 3) aufzunehmen.
Wird an einen Erwerber, der nicht in das Register eingetragen ist, geliefert, sind die Voraussetzungen für die Konsignationslagerregelung nicht mehr erfüllt. Unmittelbar vor der Lieferung an den Erwerber (dh. am selben Tag) hat der liefernde Unternehmer eine Verbringung im Konsignationslagerstaat zu versteuern. Die Lieferung an den Erwerber ist dann nach § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 zu versteuern.
101a.4. Zerstörung, Verlust und Diebstahl
3694
Bei Zerstörung, Verlust oder Diebstahl eines Gegenstandes, der unter Anwendung der Konsignationslagerregelung verbracht wurde, hat der liefernde Unternehmer mit dem Tag, an dem die Gegenstände abhandenkamen oder zerstört wurden, im Konsignationslagerstaat eine Verbringung zu versteuern. Der Unternehmer hat die Verbringung in die Zusammenfassende Meldung (ohne Hinweis auf die Konsignationslagerregelung) aufzunehmen.
Bei Zerstörung, Verlust oder Diebstahl von weniger als 5% des Wertes oder der Menge der Gegenstände, die im Rahmen der Konsignationslagerreglung verbracht wurden, hat der Unternehmer für diese Gegenstände keine Verbringung zu versteuern.
101a.5. Zusammenfassende Meldung bei Inanspruchnahme der Konsignationslagerregelung
3695
Sachverhalt iZm Waren, die unter Anwendung der KL2 – Regelung verbracht wurden | ZM im Abgangsstaat | Meldezeitraum (MZR) |
Ig. Warenbewegung1 der Waren in das KL | ZM mit KL-Code 1 | MZR, in dem der auf die Warenbewegung der Gegenstände folgende Monat endet(Art. 21 Abs. 7 zweiter Satz iVm Abs. 6 Z 2a UStG 1994) |
Fristgerechte Lieferung der Waren aus dem KL an den geplanten Erwerber | ZM für ig. Lieferung ohne KL-Code | MZR, in dem die Rechnung für die ig. Lieferung ausgestellt wird, spätestens für den MZR, in dem der auf die Ausführung der ig. Lieferung folgende Monat endet(Art. 21 Abs. 7 erster Satz iVm Abs. 6 Z 1 UStG 1994; vgl. auch Rz 4189 f) |
Innerhalb von 12 Monaten nach der ig. Warenbewegung erfolgt keine fristgerechte Lieferung an den Abnehmersteuerbares Verbringen des liefernden Unternehmers im KL-Staat (Art. 7 Abs. 2 UStG 1994) | ZM für Verbringen | MZR, in dem der auf die Ausführung des Verbringens folgende Monat endet(Art. 21 Abs. 7 erster Satz iVm Abs. 6 Z 2 UStG 1994, siehe auch Rz 3691 und 4191) |
Wegfall der Voraussetzungen der Konsignationslagerregelung (zB fehlendes Register)steuerbares Verbringen des liefernden Unternehmers im KL-Staat | ZM für Verbringen iSd Art. 7 Abs. 2 UStG 1994 | MZR, in dem der auf die Ausführung des Verbringens folgende Monat endet(Art. 21 Abs. 7 erster Satz iVm Abs. 6 Z 2 UStG 1994, siehe auch Rz 4191) |
Rücksendung innerhalb von 12 Monaten | ZM mit KL-Code 2 in neuer Zeile | MZR, in dem der auf die Änderung folgende Monat endet(Art. 21 Abs. 7 zweiter Satz iVm Abs. 6 Z 2a UStG 1994) |
Ersetzen des (ursprünglichen) Erwerbers | ZM mit KL-Code 3 und Angabe der UID des ursprünglichen Erwerbers sowie des neuen geplanten Erwerbers | MZR, in dem der auf die Änderung folgende Monat endet(Art. 21 Abs. 7 zweiter Satz iVm Abs. 6 Z 2a UStG 1994) |
Zerstörung, Verlust oder Diebstahl im KLsteuerbares Verbringen des liefernden Unternehmers im KL-Staat (je nach Rechtslage im KL-Staat kann eine Toleranzgrenze zu beachten sein) | ZM für Verbringen iSd Art. 7 Abs. 2 UStG 1994 | MZR, in dem der auf den Ausfall folgende Monat endet(Art. 21 Abs. 7 erster Satz iVm Abs. 6 Z 2 UStG 1994, siehe auch Rz 4191) |
Irrtümliche ZM mit KL-Code 1, zB obwohl keine ig. Warenbewegung erfolgt ist | Korrektur der fehlerhaften ZM durch Ersetzen des KL-Codes 1 durch KL-Code 2 | Korrektur der ursprünglichen ZM innerhalb eines Monats (Rz 4203) |
1 Innergemeinschaftliche Beförderung oder Versendung
2 Konsignationslager
Randzahl 3696: derzeit frei
102. Fahrzeuglieferer (Art. 2 UStG 1994)
3697
Die Tatsache, dass im Inland ein neues Fahrzeug geliefert wird und dieses im Rahmen der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet gelangt, begründet bezüglich der Fahrzeuglieferung die Unternehmereigenschaft des Lieferers. Die Lieferung findet stets im Rahmen des Unternehmens statt und fällt gemäß Art. 6 Abs. 5 UStG 1994 nicht unter die Befreiungsbestimmung für Kleinunternehmer. Bezüglich der Definition „neues Fahrzeug“ siehe Rz 3667 bis Rz 3675, Rz 3676 bis Rz 3685.
3698
Der Fahrzeuglieferer hat gemäß Art. 21 UStG 1994 für den Voranmeldungszeitraum, in dem er die steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung tätigt, eine UVA abzugeben, in der er einerseits die steuerfreie innergemeinschaftliche Fahrzeuglieferung und andererseits die nach Art. 12 Abs. 3 UStG 1994 zustehenden Vorsteuern anzuführen hat.
Bezüglich der innergemeinschaftlichen Lieferung neuer Fahrzeuge siehe Rz 3658.
Betreffend die Steuerfreiheit der Fahrzeuglieferung nach Art. 6 Abs. 1 UStG 1994 siehe Rz 3651 bis Rz 3657.
Hinsichtlich der Rechnungsausstellung durch den Fahrzeuglieferer siehe Rz 4046 bis Rz 4055.
Bezüglich des Vorsteuerabzuges für den Fahrzeuglieferer siehe Rz 4077 bis Rz 4085.
Hinsichtlich der Meldepflicht bei Lieferung neuer Fahrzeuge siehe Verordnung des BMF betreffend die Meldepflicht der innergemeinschaftlichen Lieferung neuer Fahrzeuge, BGBl. II Nr. 308/2003.
Randzahlen 3699 bis 3705: derzeit frei.