2.11 Privatstiftungen (§ 5 Z 11 und § 13 KStG 1988)
278
Zur Teilsteuerbefreiung von eigen- oder gemischtnützigen Privatstiftungen siehe StiftR 2009 Rz 43 bis Rz 47.
2.12 Geselligkeitsbetriebe gewerblicher Art (§ 5 Z 12 KStG 1988)
2.12.1 Betroffene Körperschaften
279
§ 5 Z 12 KStG 1988 normiert eine Steuerbefreiung für entgeltliche Geselligkeitsveranstaltungen von Körperschaften öffentlichen Rechts, welche sonst als Betrieb gewerblicher Art steuerpflichtig wären. Der Anwendungsbereich des § 5 Z 12 lit. a KStG 1988 für Geselligkeitsveranstaltungen zu abgabenrechtlich begünstigten Zwecken iSd §§ 34 ff BAO ist nicht auf bestimmte Körperschaften öffentlichen Rechts eingeschränkt. Betroffen sind zB die Feuerwehrfeste (Zeltfeste), Pfarrfeste oder entsprechende Veranstaltungen einer politischen Partei (hinsichtlich Unterorganisationen siehe Rz 57 und Rz 279a). Der Anwendungsbereich des § 5 Z 12 lit. b KStG 1988 ist abweichend dazu auf Geselligkeitsveranstaltungen von politischen Parteien, die ihre Satzung beim Bundesministerium für Inneres hinterlegt haben und an Wahlen zu allgemeinen Vertretungskörpern teilnehmen, zur materiellen Förderung von Zwecken iSd § 1 PartG eingeschränkt.
279a
Für den gesamten Anwendungsbereich des § 5 Z 12 KStG 1988 fingiert das Gesetz nahestehende Organisationen sowie mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattete Gliederungen von wahlwerbenden politischen Parteien als Körperschaften öffentlichen Rechts, wenn diesen keine abgabenrechtliche Begünstigung iSd §§ 34 ff BAO zukommt. Die Beurteilung, wann bzw. ob eine Gliederung mit eigener Rechtspersönlichkeit oder eine nahestehende Organisation einer politischen Partei gegeben ist, hat nach Maßgabe des Parteiengesetzes 2012 zu erfolgen:
- Als Gliederung mit eigener Rechtspersönlichkeit ist demnach ausschließlich eine in der Satzung – zumindest ihrem Typus nach – genannte Organisationseinheit anzusehen. Weitere Untergliederungen einer in der Satzung genannten Gliederung einer politischen Partei gelten nicht automatisch selbst als Gliederung dieser politischen Partei, sondern müssen selbst auch in der Satzung der politischen Partei genannt werden. Sind somit beispielsweise in der Satzung der Partei ausschließlich Gliederungen in den Bundesländern vorgesehen, stellen Organisationseinheiten auf Gemeindeebene selbst keine Gliederungen dieser Partei dar. Rechtlich selbständige Gliederungen, die nicht die Voraussetzungen des § 1 Abs. 4 Z 3 PartG erfüllen, fallen nicht unter § 5 Z 12 KStG 1988.
- Eine nahestehende Organisation ist nach den Bestimmungen des Parteiengesetzes 2012 (§ 2 Z 3 PartG) eine von der politischen Partei (einschließlich ihrer Gliederungen) getrennte Organisation mit eigener Rechtspersönlichkeit, die
- diese politische Partei unterstützt oder
- an der Willensbildung dieser politischen Partei insbesondere durch Entsendungen in Organe mitwirkt oder
- an deren Willensbildung diese politische Partei insbesondere durch Entsendungen in Organe mitwirkt,
sofern diese Art der Zusammenarbeit zwischen der politischen Partei und der Organisation entweder in deren Rechtsgrundlagen oder in den Satzungen der Partei festgelegt ist.
Der Name (die Bezeichnung) einer Körperschaft ist nach den Bestimmungen des Parteiengesetzes 2012 weder für die Einstufung als Gliederung noch für die Einstufung als nahestehende Organisation relevant.
Ob die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Gliederung mit eigener Rechtspersönlichkeit oder einer nahestehenden Organisation vorliegen, ist von der Körperschaft dem Finanzamt nachzuweisen.
Zu rechtlich unselbstständigen Untergliederungen siehe Rz 283b.
2.12.2 Voraussetzungen und Umfang der Befreiung
280
Die Befreiung für entgeltliche Geselligkeitsveranstaltungen von Körperschaften öffentlichen Rechts nach § 5 Z 12 lit. a KStG 1988 ist ab der Veranlagung 2016 an die Erfüllung nachstehender Voraussetzungen geknüpft:
- Ausschließliches Vorliegen einer entgeltlichen geselligen oder gesellschaftlichen Veranstaltung,
- Höchstdauer sämtlicher Veranstaltungen im Kalenderjahr von 72 Stunden,
- nach außen hin erkennbarer Zweck der materiellen Förderung eines bestimmten gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zweckes im Sinne des §§ 35, 37 oder 38 BAO,
- nachweisliche Verwendung der Erträgnisse aus der Veranstaltung für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke.
280a
Die Befreiung für entgeltliche Geselligkeitsveranstaltungen von wahlwerbenden politischen Parteien, deren abgabenrechtlich nicht begünstigten Gliederungen und nahestehenden Organisationen nach § 5 Z 12 lit. b KStG 1988 ist an die Erfüllung nachstehender Voraussetzungen geknüpft:
- Erfüllung der Voraussetzungen für das Vorliegen eines kleinen Vereinsfestes (siehe VereinsR 2001 Rz 306),
- Höchstdauer sämtlicher Veranstaltungen im Kalenderjahr von 72 Stunden,
- Umsatzgrenze von 15.000 Euro im Kalenderjahr,
- nach außen hin erkennbarer Zweck der materiellen Förderung von Zwecken iSd § 1 PartG dieser Körperschaft (wobei eine Bekanntmachung ausreicht, dass die Erträgnisse allgemein zur Förderung parteipolitischer Zwecke verwendet werden),
- nachweisliche Verwendung der Erträgnisse aus der Veranstaltung zur materiellen Förderung von Zwecken iSd § 1 PartG dieser Körperschaft.
281
Als gesellige Veranstaltungen gelten ausschließlich oder überwiegend der Geselligkeit und Unterhaltung dienende Unternehmungen. Neben den in § 5 Z 12 KStG 1988 beispielsweise angeführten Veranstaltungen erfüllen auch Veranstaltungen ähnlichen Charakters und mit gleicher Zielsetzung diese Voraussetzung.
282
Veranstaltungen, die tatsächlich unentgeltlich durchgeführt werden, erfüllen mangels Einnahmenerzielung nicht die Voraussetzungen für einen Betrieb gewerblicher Art. Allerdings zählen zum Entgelt nicht nur Eintrittsgelder, sondern auch unechte Spenden (verdeckter Eintrittspreis).
283
Die zeitliche Begrenzung der Veranstaltungsaktivitäten auf 72 Stunden, in denen eine gastgewerbliche Betätigung vorliegt, bezieht sich auf die Summe der von der betreffenden Körperschaft öffentlichen Rechts in einem Kalenderjahr durchgeführten Veranstaltungen. Das Stundenausmaß kann durch einen Bescheid der die Veranstaltung bewilligenden Behörde oder durch eine Anzeige der Veranstaltung, in der das Ausmaß der gastgewerblichen Betätigung ausdrücklich angegeben wird, bei der zuständigen Behörde nachgewiesen werden. Andernfalls ist davon auszugehen, dass die gastgewerbliche Betätigung von Beginn bis zum Ende der geselligen Veranstaltung durchgängig ist.
283a
Zur Vorbeugung von Wettbewerbsverzerrungen beträgt die Umsatzgrenze aus geselligen Veranstaltungen von politischen Parteien 15.000 Euro im Kalenderjahr. Zu gemeinsam durchgeführten Veranstaltungen siehe Rz 285a.
283b
Sowohl die Gesamtdauer von 72 Stunden als auch die Umsatzgrenze in Höhe von 15.000 Euro einer geselligen Veranstaltung können für jede kleinste territoriale Gliederung ohne eigene Rechtspersönlichkeit in Anspruch genommen werden. Dies gilt auch für rechtlich unselbständige territoriale Gliederungen politischer Parteien mit eigener Rechtspersönlichkeit sowie für nicht gemeinnützige, nahestehende Organisationen im Sinne des § 2 Z 3 Parteiengesetz 2012 (Ortsgruppen). Rechtlich unselbständige Gliederungen nach inhaltlichen Gesichtspunkten stellen keine territorialen Gliederungen dar und können daher die Steuerbegünstigungen des § 5 Z 12 KStG 1988 nicht gesondert in Anspruch nehmen. Die kleinste territoriale Gliederung umfasst die Katastralgemeinde.
284
Es ist erforderlich, dass bereits in der Werbephase bzw. bei Bekanntmachung der Veranstaltung erkennbar ist, welcher konkrete begünstigte Zweck dadurch finanziert werden soll. So ist zB ein Feuerwehrfest nur begünstigt, wenn bereits im Rahmen der Bekanntmachung des Festtermins bzw. der Werbung für das Fest nach außen erkennbar als Zweck der Veranstaltung die Aufbringung der Mittel für die Anschaffung eines neuen Löschfahrzeuges bekanntgegeben wird. Allgemeine Aussagen, dass die Erträgnisse zur Förderung der Freiwilligen Feuerwehr dienen, sind nicht ausreichend.
284a
Eine materielle Förderung von Zwecken im Sinne des § 1 PartG bezieht sich in erster Linie auf Aufwendungen, die auf die Beeinflussung der staatlichen Willensbildung abzielen. Eine materielle Förderung dieser Zwecke findet daher dann statt, wenn die Mittel beispielsweise für die Wahlwerbung oder für Informationen über die politischen Tätigkeiten der die Veranstaltung abhaltenden Partei verwendet werden (zB Plakatwerbungen, Aussendungen über politische Vorhaben, Werbegeschenke der Parteien im Zuge eines Wahlkampfes, Informationsbroschüren über die politische Tätigkeit usw.). Die Begünstigung kann auch in Jahren in Anspruch genommen werden, in denen keine Wahlen stattfinden.
Keine Förderung von Zwecken iSd Parteiengesetzes 2012 liegt insbesondere vor, wenn damit lediglich parteiinterne Eigeninteressen wie gemeinsame Ausflüge, Konsumation in Gaststätten oder Zuwendungen für Mitarbeiter finanziert werden.
Darüber hinaus ist erforderlich, dass die Verwendung der Erträge zur materiellen Förderung von Zwecken iSd § 1 PartG für die jeweilige Organisation dem Grunde nach überhaupt möglich ist. Wird eine derartige Organisation selbst nicht politisch tätig (zB Teilnahme an Wahlen), können die Erträge nicht zur Förderung ihrer politischen Zwecke iSd § 1 PartG (zB Plakate, Informationsbroschüren) verwendet werden, sodass eine Anwendung des § 5 Z 12 lit. b KStG 1988 ausscheidet. Es ist allerdings davon auszugehen, dass rechtlich selbständige Teilorganisationen (also die Senioren-, Jugend-, ArbeitnehmerInnen-, Wirtschafts-, Frauen- und Bauernorganisationen der jeweiligen Partei) von politischen wahlwerbenden Parteien, selbst wenn sie eine eigene Rechtspersönlichkeit haben, an Wahlkämpfen aktiv teilnehmen und in diesem Zusammenhang als Einheit mit der politischen Partei gesehen werden können. Schüler- und Studentenorganisationen, die Gliederungen oder nahestehende Organisationen politischer Parteien sind und selbst bei Wahlen antreten, können ebenfalls die Begünstigung des § 5 Z 12 lit. b KStG 1988 in Anspruch nehmen.
285
Die Verwendung der Mittel für den genannten Zweck muss jedoch nicht unmittelbar nach Feststehen des finanziellen Ergebnisses einer bestimmten Veranstaltung erfolgen. Es ist zulässig, über einen überschaubaren Zeitraum Mittel anzusparen, bis sie in ausreichender Höhe zur Erfüllung des konkreten begünstigten Zweckes vorhanden sind. Dieser Ansparzeitraum kann je nach Höhe der erforderlichen Mittel auch mehrere Jahre umfassen. Zum Nachweis der Mittelverwendung sind entsprechende Aufzeichnungen zu führen.
285a
Die Durchführung einer geselligen oder gesellschaftlichen Veranstaltung im Sinne des § 5 Z 12 KStG 1988 ist auch durch eine Mehrzahl von Körperschaften öffentlichen Rechts zulässig. Ebenfalls zulässig ist eine „übergreifende“ gemeinsame Veranstaltung von Organisationen, die entweder in den Regelungsbereich des § 5 Z 12 KStG 1988 oder des § 45 Abs. 1a BAO fallen (vgl. auch VereinsR 2001 Rz 306). Das Vorliegen der jeweils anzuwendenden Voraussetzungen nach § 5 Z 12 KStG 1988 oder § 45 Abs. 1a BAO ist dabei auf Ebene der jeweiligen Körperschaft zu prüfen. Dabei ist betreffend der zeitlichen Begrenzung von 72 Stunden für jeden Beteiligten die gesamte Stundenanzahl der geselligen oder gesellschaftlichen Veranstaltung zu berücksichtigen. Die für gesellige oder gesellschaftliche Veranstaltungen nach § 5 Z 12 lit. b KStG 1988 beachtliche Umsatzgrenze iHv 15.000 Euro kann dabei von jeder Körperschaft ungeteilt ausgeschöpft werden. Eine entsprechende Umsatzaufteilungsregelung ist dabei anhand der tatsächlichen Verhältnisse glaubhaft zu machen. Andernfalls wird ein Umsatzverhältnis zu gleichen Teilen angenommen.
Beispiel:
Eine Ortsgruppe einer wahlwerbenden Partei veranstaltet gemeinsam mit einer Pfarre eine gesellige Veranstaltung, wobei die Partei die daraus erzielten Erträge für politische Zwecke verwenden möchte.
Eine Pfarre kann jedoch lediglich die Befreiungsbestimmung des § 5 Z 12 lit. a KStG 1988 in Anspruch nehmen. Die Veranstaltung muss daher nach außen erkennbar zur materiellen Förderung eines nach den §§ 34 ff BAO begünstigten Zweckes (zB kirchliche Zwecke) dienen und die erwirtschafteten Erträge müssen auch nachweislich diesem Zweck zufließen. Verwendet die Partei die Erträge, die sie aus der Veranstaltung erzielt, nicht für dieselben begünstigten Zwecke, sondern will sie diese für Zwecke im Sinne des PartG verwenden, muss dies entsprechend nach außen hin kenntlich gemacht werden, um die steuerliche Begünstigung der Pfarre nicht zu gefährden.
2.12.3 Besteuerung
286
Zur sachlichen Steuerpflicht des Veranstaltungs-Betriebes gewerblicher Art von Körperschaften öffentlichen Rechts siehe Rz 98.
2.13 Berufs- und Interessensvertretungen (§ 5 Z 13 KStG 1988)
2.13.1 Begriff
2.13.1.1 Allgemeines
287
Den kollektivvertragsfähigen Berufsvereinigungen im Sinne des § 4 Abs. 2 ArbVG kommt eine Rechtsstellung zu, die sie in die Nähe der gesetzlichen Interessenvertreter der Arbeitgeber und Arbeitnehmer rückt. Die gesetzlichen Interessenvertretungen unterliegen als Körperschaften des öffentlichen Rechtes der Körperschaftsteuerpflicht gemäß § 2 KStG 1988 nur soweit, als durch privatwirtschaftliche Betätigungen Betriebe gewerblicher Art entstehen. Die nicht als Körperschaften öffentlichen Rechtes konstituierten, freiwilligen Berufsverbände sind aber weder von § 2 KStG 1988 umfasst, noch können sie auf Grund ihrer Betätigung im Bereich der beruflichen bzw. wirtschaftlichen Interessensvertretung unter das Begünstigungsrecht der § 5 Z 6 KStG 1988 (gemeinnütziger Bereich) subsumiert werden, da dafür die Voraussetzungen der §§ 34 ff BAO nicht erfüllt werden. Durch § 5 Z 13 KStG 1988 wird den betroffenen Rechtsträgern des privaten Rechts durch die eingeschränkte Steuerbefreiung eine den öffentlich-rechtlichen Körperschaften vergleichbare steuerliche Behandlung zuerkannt.
2.13.1.2 Begünstigungsvoraussetzungen
288
Voraussetzung für die Anwendung von § 5 Z 13 KStG 1988 ist die Zuerkennung der Kollektivvertragsfähigkeit. Nach dem ArbVG ist das Bundeseinigungsamt die zuständige Behörde für die Zu- und Aberkennung der Kollektivvertragsfähigkeit. Die Steuerbefreiung wirkt im Falle der Neuzuerkennung der Kollektivvertragsfähigkeit ab dem Veranlagungszeitraum, der auf die Kundmachung der Entscheidung des Bundeseinigungsamtes im „Amtsblatt der Wiener Zeitung“ folgt. Sie endet mit jenem Veranlagungszeitraum, der der Kundmachung der Aberkennung vorangeht. Im Falle des Eintrittes in oder des Austrittes aus der Steuerbefreiung ist gegebenenfalls § 18 KStG 1988 anzuwenden. Im Falle einer vertikalen Untergliederung fallen auch die satzungsmäßig mit der die Kollektivvertragsfähigkeit besitzenden Berufsvereinigung verbundenen Unter-Körperschaften unter die Befreiung im Sinne des § 5 Z 13 KStG 1988.
2.13.2 Umfang der Befreiung
2.13.2.1 Steuerfreier Bereich
289
Die Steuerbefreiung umfasst nur die dem Hoheitsbereich der Körperschaften des öffentlichen Rechtes vergleichbare Tätigkeit im Rahmen der satzungsgemäßen Interessenvertretung. Darunter sind insbesondere die direkte Interessenvertretung und der Rechtsschutz der Mitglieder zu verstehen. Es fällt aber auch eine Schulung und Beratung auf dem Gebiet des Arbeits- oder Standesrechtes, die Herausgabe von dem Zweck der Berufsvereinigung entsprechenden Zeitschriften und anderen Druckwerken oder die Erarbeitung, Sammlung und Weitergabe von Wirtschaftsdaten und vergleichbaren Informationen an die Mitglieder darunter. Die Mitgliedsbeiträge dieser Körperschaften sind gemäß § 5 Z 13 KStG 1988 auch dann vergleichbar den „echten Mitgliedsbeiträgen“ anderer Vereinigungen zu behandeln und daher steuerfrei, wenn dem Mitglied Gegenleistungen in Form von versicherungsähnlichen Leistungen auf dem Gebiet der Interessenvertretung (zB Rechtsschutz in arbeitsrechtlichen Prozessen) satzungsgemäß zustehen. Ebenfalls von der Steuerbefreiung umfasst sind die Einkünfte aus der Vermögensverwaltung im Sinne des § 32 BAO, soweit diese nicht unter die beschränkte Steuerpflicht nach § 1 Abs. 3 Z 3 KStG 1988 fallen. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bleiben daher ebenso steuerfrei wie Beteiligungserträge im Sinne des § 10 KStG 1988. Einkünfte aus anderen Veranlagungsformen unterliegen nach Maßgabe des § 21 Abs. 2 KStG 1988 der beschränkten Steuerpflicht.
2.13.2.2 Steuerpflichtiger Bereich
290
Alle nicht direkt mit der Interessenvertretung in Zusammenhang stehenden wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe, wie zB Erholungs- oder Ferienheime, Verlage (die nicht nur dem Zweck der Körperschaft entsprechende Informationsliteratur verlegen), Kantinen, gesellschaftliche Veranstaltungen usw., unterliegen ebenso wie Gewerbebetriebe oder land- und forstwirtschaftliche Betriebe oder Beteiligungen an solchen als Mitunternehmer der unbeschränkten Steuerpflicht. Diese Tätigkeiten sind in einem eigenen, vom steuerfreien Bereich abgegrenzten Rechnungskreis zu erfassen.
2.14 Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften (§ 5 Z 14 in Verbindung mit § 6b KStG 1988)
2.14.1 Allgemeines
291
Mit dem Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften-Gesetz 2017 (MiFiG-Gesetz 2017), BGBl. I Nr. 106/2017, wurde ein neues Regime für Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften geschaffen, das sich im Grundsatz am ausgelaufenen Regime für Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften orientiert. Dieses wurde ursprünglich mit dem StRefG 1993, BGBl. Nr. 818/1993, in § 6b KStG 1988 eingeführt und in weiterer Folge durch § 6b KStG 1988 idF MiFiGG 2007, BGBl. I Nr. 100/2007, abgelöst. Die Ausgestaltung der neuen Regelungen für Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften orientiert sich an den aktuellen beihilfenrechtlichen Vorgaben der Europäischen Kommission zu Risikokapitalbeihilfen (die Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung 2014 – AGVO 2014, ergänzt um die Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Förderung von Risikofinanzierungen, ABl. Nr. C 19 vom 22.01.2014 S. 4, Leitlinien 2014). Das Regime für Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften unterliegt als Risikokapitalbeihilfe der EU-beihilferechtlichen Mitteilungspflicht an die Europäische Kommission (Notifizierungspflicht). Mit dem StRefG 2020 erfolgten punktuelle Anpassungen in § 6b KStG 1988, die die EU-beihilferechtliche Nichtuntersagung der mitteilungspflichtigen Regelungen durch die Europäische Kommission bewirkten.
Die Regelungen traten am 1. Oktober 2019 in Kraft und sind auf zum 31. Dezember 2023 bestehende Beteiligungen von Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften an begünstigten Zielunternehmen gemäß § 6b Abs. 2 KStG 1988 bis zum 31. Dezember 2029 anzuwenden (§ 26c Z 65 KStG 1988 idF StRefG 2020).
292
Während § 5 Z 14 KStG 1988 die Steuerbefreiung für Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften normiert, regelt § 6b Abs. 1 KStG 1988 insbesondere die materiellen und formellen Voraussetzungen für Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften. Von der Erfüllung der Voraussetzungen in § 6b KStG 1988 hängt nicht nur die steuerliche Begünstigung der Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften selbst ab, sondern auch jene auf Investorenebene (vgl. § 27 Abs. 7 EStG 1988).
Aufgrund ihrer Tätigkeit würden diese Gesellschaften für steuerliche Zwecke grundsätzlich der Fondsbesteuerung unterliegen (§§ 186 und 188 InvFG 2011). Allerdings sind Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften im Sinne des § 6b KStG 1988 (auch in der Fassung des MiFiGG 2017) vom Anwendungsbereich der §§ 186 und 188 InvFG 2011 ausgenommen, weil nach § 200 Abs. 8 letzter Unterabsatz InvFG 2011 die Regelungen des KStG 1988 bei Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften jenen der §§ 186 und 188 InvFG 2011 vorgehen. Dadurch gelten Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften gemäß § 186 Abs. 7 iVm § 200 Abs. 8 InvFG 2011 als Körperschaften im Sinne des § 1 KStG 1988.
2.14.2 Umfang der Befreiung
293
Die steuerliche Begünstigung auf Ebene der Körperschaft besteht in einer Steuerbefreiung für die dem Finanzierungsbereich (siehe Rz 304 ff) zuzuordnenden Erträge von der unbeschränkten Steuerpflicht (§ 5 Z 14 KStG 1988). Daher sind insbesondere Gewinne und Verluste aus der Veräußerung der Beteiligungen an Zielunternehmen von der Körperschaftsteuer befreit (§ 6b Abs. 1 KStG 1988). Zusätzlich sind nach § 6b Abs. 1 letzter Satz KStG 1988 Erträge aus der Annexfinanzierung von der Befreiung umfasst (siehe dazu Rz 313). Die Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft ist im Rahmen des steuerbefreiten Finanzierungsbereiches auch von der beschränkten Steuerpflicht befreit (§ 21 Abs. 2 Z 4 KStG 1988). Dem Veranlagungsbereich zuzuordnende Erträge sind hingegen nicht von der Befreiung umfasst.
Die Befreiung von der unbeschränkten Steuerpflicht entfällt rückwirkend, wenn der angestrebte begünstigte Zweck innerhalb von sieben Jahren nach der Eintragung der neu gegründeten Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft aufgegeben wird (§ 5 Z 14 zweiter Satz KStG 1988). Siehe dazu und zu den Folgen bei Wegfall der Voraussetzungen des § 6b KStG 1988 ausführlich Rz 329 ff.
Zum zeitlichen Anwendungsbereich siehe Rz 291.
Zu den Begünstigungen auf Investoren- bzw. Gesellschafterebene siehe EStR 2000 Rz 6220.
2.14.3 Gründung und Rechtsform (§ 6b Abs. 1 Z 1, 2 und 5 KStG 1988)
294
Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften können sowohl in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft als auch in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung gegründet werden (§ 6b Abs. 1 Z 1 KStG 1988). Allerdings können auch mit diesen Gesellschaften vergleichbare ausländische Gesellschaften Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften sein; dies ist insb. dann relevant, wenn diese Gesellschaft ihren Ort der Geschäftsleitung im Inland hat (und damit unbeschränkt steuerpflichtig ist).
Das (sukzessive) Erreichen eines Mindestkapitals ist keine Voraussetzung.
295
In § 6b Abs. 1 Z 5 KStG 1988 ist eine „Konzernausschlussklausel“ vorgesehen. Diese soll sicherstellen, dass durch einzelne Investoren kein beherrschender Einfluss auf die Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft und ihre Investitionsstrategie ausgeübt werden kann. Dies entspricht zudem dem Sinn und Zweck des Risikokapitalbeihilfeinstruments, ein möglichst breites Anlegerpublikum anzusprechen. Aus diesem Grund müssen mindestens fünf Gesellschafter unmittelbar oder mittelbar am Grund- oder Stammkapital und an den Stimmrechten der Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft beteiligt sein, wobei die Beteiligung eines einzelnen Gesellschafters nicht mehr als 49% betragen darf.
296
In der Satzung von Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften kann die Ausgabe von Genussrechten im Sinne des § 8 Abs. 3 Z 1 KStG 1988 vorgesehen werden; das sind solche, mit denen das Recht auf Beteiligung am Gewinn und am Liquidationsgewinn der Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft verbunden ist (Substanzgenussrechte).
Voraussetzung ist jedoch, dass der Gesamtnennbetrag dieser Genussrechte mit der Höhe des aufgebrachten Grund- oder Stammkapitals beschränkt ist. Das einbezahlte Genussrechtskapital darf daher maximal die Höhe des einbezahlten Grund- oder Stammkapitals erreichen.
2.14.4 Geschäftsgegenstand und Kapital (§ 6b Abs. 1 Z 3 KStG 1988)
297
Der Geschäftsgegenstand einer Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft muss auf das Veranlagen des Eigenkapitals und damit zusammenhängende Nebenleistungen beschränkt sein. Das Veranlagen des Eigenkapitals gliedert sich nach § 6b Abs. 1 Z 3 KStG 1988 in folgende zwei Bereiche:
- Finanzierungsbereich (§ 6b Abs. 1 Z 3 lit. a KStG 1988): Der Finanzierungsbereich umfasst ausschließlich die Investition des Eigenkapitals, das den Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften durch die Investoren bereitgestellt wird, in die Zielunternehmen nach Maßgabe des § 6b Abs. 2 KStG 1988 (siehe Rz 304 ff). Investitionen können ausschließlich in Form der in § 6b Abs. 2 Z 3 KStG 1988 abschließend genannten Beteiligungen erfolgen.
- Veranlagungsbereich (§ 6b Abs. 1 Z 3 lit. b KStG 1988): Der Veranlagungsbereich umfasst hingegen die Veranlagung des Eigenkapitals. Dabei sind ausschließlich die in § 6b Abs. 1 Z 3 lit. b KStG 1988 genannten Arten der Geldveranlagung möglich (Geldeinlagen und sonstige Forderungen bei Kreditinstituten und Forderungswertpapiere).
Der Finanzierungs- und Veranlagungsbereich haben zudem in einem bestimmten Verhältnis zueinander zu stehen: Mindestens 75% des Eigenkapitals der Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft müssen nachhaltig im Finanzierungsbereich eingesetzt werden. Umgekehrt darf die Veranlagung des Eigenkapitals der Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft im Rahmen des Veranlagungsbereiches somit nachhaltig höchstens 25% betragen. Mit der jeweiligen Investition aus dem Finanzierungsbereich im Zusammenhang stehende Nebenleistungen in Form von Sicherungsgeschäften (derivative Geschäfte oder Finanzinstrumente) zur Absicherung gegen Verluste aus dem Grundgeschäft sind zwar zulässig, jedoch sind sie in die für den Veranlagungsbereich maßgebliche 25%-Grenze einzubeziehen; für die Einbeziehung sind die Buchwerte der jeweiligen Sicherungsgeschäfte maßgeblich.
Die nach § 6b Abs. 2 Z 3 lit. f KStG 1988 zulässigen Annexfinanzierungen zählen nicht zum Veranlagungs-, sondern zum Finanzierungsbereich.
Zur näheren Festlegung der Voraussetzungen für die nachhaltige Investition und Veranlagung des Eigenkapitals besteht eine Verordnungsermächtigung des Bundesministers für Finanzen. Davon wurde noch nicht Gebrauch gemacht.
Für den Finanzierungsbereich und den Veranlagungsbereich sind gesonderte Rechnungskreise zu führen. Es entstehen losgelöst vom Bilanzergebnis zwei voneinander völlig unabhängige Einkommensschedulen. Daher können positive oder negative Ergebnisse der einen Schedule keine steuerliche Auswirkung auf die andere Schedule haben. Positive Einkünfte aus dem Veranlagungsbereich werden steuerlich nicht mit negativen Einkünften aus dem Finanzierungsbereich verrechnet und umgekehrt, sodass ein Verlust aus dem Veranlagungsbereich auch bei einem positiven Ergebnis aus dem Finanzierungsbereich ungeschmälert zum vortragsfähigen Verlust wird.
298
Die planmäßige Aufnahme vom Fremdkapital ist für Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften nicht vorgesehen, da der Geschäftsgegenstand auf das Veranlagen des Eigenkapitals und die damit zusammenhängenden Nebenleistungen beschränkt ist (§ 6b Abs. 1 Z 3 KStG 1988).
Im Jahresabschluss sind aber Verbindlichkeiten und Rückstellungen im Zusammenhang mit Personalaufwand, des Sozialkapitals, der laufenden Betriebsführung (Mieten usw.) oder aber auch hinsichtlich noch nicht fälliger Einzahlungsverpflichtungen auf Beteiligungen (Kapitalaufbringung mit nicht voll einbezahlten Aktien oder GmbH-Anteilen) auszuweisen.
299
Insbesondere bei erst neu gegründeten Unternehmen erfolgt bereits in einigen Fällen eine Beteiligung am Aktienkapital, wobei lediglich ein Teil des Nennbetrages einbezahlt wird. Die restlichen Zahlungen erfolgen nach Maßgabe der Mittelverwendung im Beteiligungsunternehmen, die Erträge aus der Zwischenveranlagung verbleiben allerdings bei der Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft.
Es handelt sich damit bei diesen Verbindlichkeiten um durch den Gesetzeszweck (zulässige Nebenleistungen) gedeckte Verbindlichkeiten. Aufschiebend bedingte Zuschussleistungen, wie zB nicht eingefordertes Stamm- oder Grundkapital, sind als Eventualverbindlichkeiten unter dem Strich auszuweisen, solange nicht ernsthaft mit dem Eintreten einer Zahlungsverpflichtung zu rechnen ist.
Weiters ist denkbar, dass bei Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften, die von einem ausgelagerten Management die Verwaltung besorgen lassen, Verbindlichkeiten aus dem Managemententgelt bestehen.
300
Für die Definition des Eigenkapitals für Zwecke des § 6b KStG 1988 kann das Eigenkapital gemäß § 224 Abs. 3 UGB abzüglich der gesetzlichen Rücklage und dem Bilanzgewinn, soweit er im Folgejahr ausgeschüttet wird, herangezogen werden. Die Erfüllung der in § 6b KStG 1988 festgelegten Mindestgrenze für die Veranlagung in Beteiligungen ist nach der Relation des Eigenkapitals zu den historischen Anschaffungskosten der am Bilanzstichtag vorhandenen Beteiligungen zu beurteilen. Es ist also eine statisch auf den Bilanzstichtag bezogene Relationsermittlung für die Beteiligung vorgesehen. Da die Berücksichtigung der laufenden Wertschwankungen zu einem laufenden Umschichtungsbedarf im Portefeuille führen würde, der dem Gedanken der kontinuierlichen Beteiligungsfinanzierung entgegenstünde, sind Wertberichtigungen und Aufwertungen nicht in die Relationsberechnung einzubeziehen.
301
Neben der Veranlagung in Beteiligungen und im Veranlagungsbereich kann die Gesellschaft ihr Eigenkapital im wirtschaftlich notwendigen Ausmaß auch zur Finanzierung ihres Anlagevermögens einsetzen. Das dafür eingesetzte Kapital scheidet aus der Relationsberechnung des Eigenmitteleinsatzes aus. Ebenso können Nebenleistungen erbracht werden, die mit dem Zweckgeschäft in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, wie etwa Beratungsleistungen zur Vorbereitung des Eingehens einer Beteiligung. Auch ein allfälliger Bilanzverlust (etwa Veräußerungsverlust einer Beteiligung oder Verluste aus dem Management) ist aus dem Eigenkapital abzudecken.
2.14.5 Investitionsstrategie (§ 6b Abs. 1 Z 4 KStG 1988)
302
Um sicherzustellen, dass die an der Maßnahme beteiligten Finanzintermediäre zur Behebung des festgestellten Marktversagens beitragen, muss deren Investitionsstrategie kommerziell solide sein (Rz 67 der Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Förderung von Risikofinanzierungen, ABl. Nr. C 19 vom 22.01.2014 S. 4; Leitlinien 2014).
Insbesondere hat die von den Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften vorgeschlagene Investitionsstrategie eine geeignete Risikodiversifizierungsstrategie zu umfassen, die sowohl auf Rentabilität als auch auf Effizienzgewinne aufgrund des Umfangs und der geografischen Verteilung der Investitionen abzielt.
2.14.6 Mindestausschüttungsverpflichtung (§ 6b Abs. 1 Z 6 KStG 1988)
303
Nach § 6b Abs. 1 Z 6 KStG 1988 ist als zusätzliche Voraussetzung für die Gewährung der steuerlichen Begünstigung für Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften vorgesehen, dass die sich aus der Steuerfreiheit des Veräußerungsgewinnes ergebende Steuerersparnis an die Anteilsinhaber der Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft im Wege eine Ausschüttung verpflichtend weiterzugeben ist. Diese Mindestausschüttung in Höhe des sich aus der Steuerfreiheit ergebenden Betrages hat in dem der Veräußerung einer Beteiligung an einem Zielunternehmen folgenden Wirtschaftsjahr zu erfolgen.
Dies gilt nicht für steuerneutrale internationale Schachtelbeteiligungen (§ 10 Abs. 3 KStG 1988).
2.14.7 Finanzierungsbereich (§ 6b Abs. 2, 3 und 4 KStG 1988)
304
§ 6b Abs. 2 KStG 1988 regelt die Investitionsmöglichkeiten von Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften im Finanzierungsbereich. Diese können ausschließlich in operative Unternehmen in der Frühphase (Rz 305 f) und Unternehmen in der Wachstumsphase (Rz 307 f) investieren. Durch Einbeziehung von Unternehmen in der Wachstumsphase soll in Hinblick auf die „Lebenszyklusphase“ sowie Größen- bzw. Schwellenwerte von Unternehmen der Kreis der möglichen Zielunternehmen weiter gefasst werden, als dies nach der Art. 21 AGVO 2014 zulässig wäre.
„Operativ“ bedeutet, dass die Tätigkeit dieser Unternehmen nach Art und Umfang keine nur vermögensverwaltende sein darf.
2.14.7.1 Unternehmen in der Frühphase (§ 6b Abs. 2 Z 1 KStG 1988)
305
§ 6b Abs. 2 Z 1 KStG 1988 definiert operative Unternehmen in der Frühphase und orientiert sich dabei an der in Art. 21 Abs. 6 AGVO 2014 angeführten Definition. Ein Unternehmen ist somit dann in der Frühphase, wenn auch nur eines der folgenden drei Kriterien erfüllt wird:
- Das Unternehmen ist noch auf keinem Markt tätig (§ 6b Abs. 2 Z 1 lit. a KStG 1988). Diese Beurteilung hat grundsätzlich unabhängig von der Bestandsdauer des Unternehmens zu erfolgen; ein Unternehmen kann auch schon bestehen, ohne dass es bereits auf einem Markt tätig geworden ist (zB im Stadium der Forschung oder Entwicklung eines Produktes). Entscheidend ist, ob das Unternehmen mit den von ihm angebotenen Leistungen, Waren, Produkten etc. schon am Markt aufgetreten ist und bereits kommerziell tätig war (zB bei Verkauf eines entwickelten „Endproduktes“).
- Das Unternehmen ist seit seinem ersten kommerziellen Verkauf noch keine sieben Jahre gewerblich tätig (§ 6b Abs. 2 Z 1 lit. b KStG 1988). Entscheidend für den Beginn des Laufes dieser Zeitspanne von sieben Jahren soll alleine der Zeitpunkt des ersten kommerziellen Verkaufs der Waren oder Produkte bzw. des ersten kommerziellen Angebots der Leistungen des Unternehmens am Markt sein; die Bestandsdauer des Unternehmens zu diesem Zeitpunkt ist nicht relevant.
- Es wird eine erste Risikofinanzierung benötigt, die aufgrund des Eintritts in einen neuen sachlich oder räumlich relevanten Markt mehr als 50% des durchschnittlichen Jahresumsatzes in den vorangegangenen fünf Jahren beträgt (§ 6b Abs. 2 Z 1 lit. c KStG 1988). Das Unternehmen muss infolge dessen zur Erfüllung dieses Kriteriums zumindest bereits fünf Wirtschaftsjahre bestehen und auch bereits am Markt tätig gewesen sein, um überhaupt in einen „neuen“ Markt (in räumlicher oder sachlicher Hinsicht) eintreten zu können.
In allen drei Fällen (§ 6b Abs. 2 Z 1 lit. a, b und c KStG 1988) darf das Unternehmen zum Zeitpunkt der erstmaligen Investition durch die Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft noch nicht börsennotiert sein, weil andernfalls nicht von einem erschwerten Zugang zum Kapitalmarkt auszugehen ist, der durch Risikokapitalbeihilfen zu kompensieren ist. Dabei ist darauf abzustellen, ob das jeweilige Unternehmen an einem geregelten Markt iSd § 1 Z 2 BörseG 2018 in der jeweils geltenden Fassung zugelassen ist.
306
In Unternehmen in der Frühphase dürfen nach Ablauf von sieben Jahren gewerblicher Tätigkeit seit dem ersten kommerziellen Verkauf Anschlussfinanzierungen geleistet werden, wobei diese in das maximale Investitionsvolumen von 15 Millionen Euro pro Unternehmen einzubeziehen sind (§ 6b Abs. 3 Z 2 lit. b KStG 1988). Die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer Anschlussfinanzierung muss jedoch – entsprechend der beihilfenrechtlichen Vorgaben – bereits im ursprünglichen Geschäftsplan vorgesehen worden sein. Zudem wird vorausgesetzt, dass dem Unternehmen in der Frühphase nicht bereits eine Risikofinanzierung durch ein mit ihm verbundenes Unternehmen bereitgestellt worden ist.
2.14.7.2 Unternehmen in der Wachstumsphase (§ 6b Abs. 2 Z 2 KStG 1988)
307
Unter § 6b Abs. 2 Z 1 KStG 1988 fallen nur die von der AGVO 2014 erfassten Unternehmen, die die Erstinvestition im Rahmen der Risikofinanzierungsmaßnahme vor ihrem ersten kommerziellen Verkauf auf einem Markt, innerhalb von sieben Jahren nach ihrem ersten kommerziellen Verkauf erhalten oder in einen neuen (räumlich oder sachlich relevanten) Markt eintreten. Nach Ablauf von sieben Jahren (ausgehend vom ersten kommerziellen Verkauf) sind lediglich Anschlussinvestitionen von der AGVO 2014 abgedeckt.
Bestimmte Arten von Unternehmen können jedoch weiterhin als in ihrer Expansionsphase bzw. ihrer frühen Wachstumsphase befindlich betrachtet werden, wenn sie auch nach Ablauf des Siebenjahreszeitraums ihr Potential zur Erwirtschaftung von Renditen noch nicht ausreichend nachweisen konnten und/oder ihre Erfolgsbilanz nicht hinreichend solide ist und keine Sicherheiten vorhanden sind. Darüber hinaus benötigen manche Unternehmen, die über ausreichendes internes Kapital zur Finanzierung ihrer ersten Tätigkeiten verfügen, erst zu einem späteren Zeitpunkt eine externe Finanzierung, zB wenn sie ihre Kapazitäten erhöhen und sich von einem kleinen Unternehmen zu einem größeren entwickeln wollen. Dies kann einen höheren Investitionsbetrag erfordern, der nicht aus eigenen Mitteln gedeckt werden kann.
308
Unternehmen in der Wachstumsphase werden in § 6b Abs. 2 Z 2 KStG 1988 erfasst. Investitionsmöglichkeiten im Finanzierungsbereich sind allerdings auf jene Unternehmen in der Wachstumsphase beschränkt, die die Risikofinanzierungsmaßnahme innerhalb von zehn Jahren nach ihrem ersten kommerziellen Verkauf erhalten.
Zu den Unternehmen in der Wachstumsphase zählen:
- Innovative Unternehmen (§ 6b Abs. 2 Z 2 lit. a KStG 1988): Um den innovativen Charakter eines Unternehmens zu bewerten, soll nach Rz 73 der Leitlinien 2014 die in Art. 2 Abs. 80 AGVO 2014 festgelegte Begriffsbestimmung herangezogen werden. Als „innovativ“ gelten danach Unternehmen,
- die anhand eines externen Gutachtens nachweisen können, dass sie in absehbarer Zukunft Produkte, Dienstleistungen oder Verfahren entwickeln werden, die neu oder verglichen mit dem Stand der Technik in dem jeweiligen Wirtschaftszweig wesentlich verbessert sind und die das Risiko eines technischen oder industriellen Misserfolgs in sich tragen, oder
- deren Forschungs- und Entwicklungskosten in mindestens einem der drei Jahre vor Gewährung der Risikokapitalbeihilfe mindestens 10% ihrer gesamten Betriebsausgaben ausmachen; im Falle eines neugegründeten Unternehmens ohne abgeschlossenes Geschäftsjahr ist dies im Rahmen einer Überprüfung des laufenden Geschäftsjahres von einem externen Rechnungsprüfer zu testieren.
- Unternehmen, die in einem stark risikobehafteten Sektor tätig sind, wie etwa im Bereich Biotechnologie oder der Kultur- und Kreativwirtschaft (§ 6b Abs. 2 Z 2 lit. b KStG 1988).
2.14.7.3 Art der Beteiligung (§ 6b Abs. 2 Z 3 und 4 KStG 1988)
309
In § 6b Abs. 2 Z 3 KStG 1988 werden – je nach Rechtsform der in Z 1 und Z 2 genannten Zielunternehmen – die möglichen Beteiligungsformen der Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft im Finanzierungsbereich abschließend geregelt. Dabei sind neben Beteiligungen an der Unternehmenssubstanz und stillen Beteiligungen auch Annexfinanzierungen zulässig.
310
Nach § 6b Abs. 2 Z 3 KStG 1988 zulässige Substanzbeteiligungen sind:
- Aktien, GmbH-Anteile und Genossenschaftsanteile (lit. a);
- Genussrechte gemäß § 8 Abs. 3 Z 1 zweiter TS KStG 1988, dh. Substanzgenussrechte (lit. b);
- Anteile an Kommanditgesellschaften, mit denen die Stellung als Mitunternehmer verbunden ist (lit. c).
311
Nach § 6b Abs. 2 Z 3 lit. d KStG 1988 kann eine Beteiligung auch in Form einer stillen Beteiligung iSd § 179 UGB bestehen, wenn damit die Stellung als Mitunternehmer gemäß § 23 EStG 1988 verbunden ist.
312
Als Beteiligungen gelten gemäß § 6b Abs. 2 Z 3 lit. e KStG 1988 auch vergleichbare Anteile im Sinne der lit. a bis d an ausländischen Zielunternehmen. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass im Ansässigkeitsstaat bzw. im Belegenheitsstaat des Zielunternehmens nachweislich ein Marktversagen vorliegt; darüber hinaus ist eine Einbeziehung ausländischer Zielunternehmen vor unionsrechtlichem Hintergrund nicht erforderlich.
Bei internationalen Schachtelbeteiligungen iSd § 10 Abs. 2 KStG 1988 ist § 6b Abs. 4 KStG 1988 zu beachten (siehe dazu unten Rz 324).
313
Neben der Substanzbeteiligung und stillen Beteiligung kann an ein Beteiligungsunternehmen im Finanzierungsbereich eine Annexfinanzierung (§ 6 Abs. 2 Z 3 lit. f KStG 1988) in Form von
- Darlehen,
- Schuldverschreibungen,
- nicht unter § 6b Abs. 2 Z 3 lit. d KStG 1988 fallenden stillen Beteiligungen (dh. typischen stillen Beteiligungen),
- nicht unter § 6b Abs. 2 Z 1 lit. b KStG 1988 fallenden Genussrechten (dh. obligationenartigen Genussrechten) sowie von
- Zuzahlungen in wirtschaftlich begründeten Fällen
vergeben werden.
Annexfinanzierungen eines Unternehmens sind in das maximale Investitionsvolumen pro Unternehmen einzubeziehen (Rz 320 ff).
314
Mit § 6b Abs. 2 Z 4 KStG 1988 wird sichergestellt, dass keine Investitionen in Unternehmen möglich sind, die zu Unrecht staatliche Beihilfen erhalten und diese noch nicht zurückgezahlt haben.
2.14.7.4 Beteiligungsbeschränkungen (§ 6b Abs. 3 KStG 1988)
315
Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften unterliegen gemäß § 6b Abs. 3 KStG 1988 unterschiedlichen Beschränkungen hinsichtlich der Investition ihres Eigenkapitals im Finanzierungsbereich. Dies betrifft die Größe der Unternehmen, in die investiert wird, das Beteiligungsvolumen und das Beteiligungsausmaß.
2.14.7.4.1 Unternehmensgröße (§ 6b Abs. 3 Z 1 KStG 1988)
316
Investitionen dürfen ausschließlich in „kleine und mittlere Unternehmen“ (Rz 317), „kleine Unternehmen mittlerer Kapitalisierung“ (Rz 318) und „innovative Unternehmen mittlerer Kapitalisierung“ (Rz 319) geleistet werden.
Das Gesamtinvestitionsvolumen in „kleine und mittlere Unternehmen“ muss jedoch mindestens 70% betragen; daraus ergibt sich im Umkehrschluss, dass in „kleine Unternehmen mittlerer Kapitalisierung“ und „innovative Unternehmen mittlerer Kapitalisierung“ insgesamt höchstens 30% des Gesamtinvestitionsvolumens investiert werden dürfen.
Für Zwecke der Größenkriterien in § 6b Abs. 3 Z 1 KStG 1988 werden mehrere Einrichtungen als ein Unternehmen betrachtet, sofern eine der in Art. 3 Abs. 3 des Anhangs I AGVO 2014 aufgeführten Voraussetzungen erfüllt ist.
317
Für „kleine und mittlere Unternehmen“ (§ 6b Abs. 3 Z 1 lit. a KStG 1988) sind die in Anhang I Art. 2 AGVO 2014 genannten Größen und Schwellenwerte maßgeblich. „Kleine und mittlere Unternehmen“ sind danach solche, die
- weniger als 250 Personen beschäftigen und
- entweder einen Jahresumsatz von höchstens 50 Millionen Euro erzielen oder deren Jahresbilanzsumme sich auf höchstens 43 Millionen Euro beläuft.
318
Die Einbeziehung „kleiner Unternehmen mittlerer Kapitalisierung“ (§ 6b Abs. 3 Z 1 lit. b KStG 1988) in den Kreis beihilfefähiger Zielunternehmen geht zwar über Art. 21 AGVO 2014 hinaus, ist aber aufgrund der Leitlinien 2014 zulässig. Daher sind für diese Unternehmen die in Rz 52 Unterpunkt xxvii der Leitlinien 2014 festgelegten Schwellenwerte maßgeblich. „Kleine Unternehmen mittlerer Kapitalisierung“ sind danach solche, die
- weniger als 500 Personen beschäftigen und
- einen Jahresumsatz von weniger als 100 Millionen Euro erzielen oder eine Bilanzsumme von weniger als 86 Millionen Euro aufweisen.
319
Auf Grundlage der Leitlinien 2014 werden zudem „innovative Unternehmen mittlerer Kapitalisierung“ (§ 6b Abs. 3 Z 1 lit. c KStG 1988) in den Kreis beihilfefähiger Zielunternehmen einbezogen werden. Darunter fallen nach Rz 52 Unterpunkt xviii der Leitlinien 2014 Unternehmen, deren Kosten für Forschung und Entwicklung sowie für Innovation gemäß der AGVO 2014
- in mindestens einem der drei Jahre vor der ersten Investition im Rahmen der Risikofinanzierungsbeihilfe mindestens 15% der gesamten Betriebsausgaben ausmachen oder
- in den drei Jahren vor der ersten Investition im Rahmen der Risikofinanzierungsbeihilfe mindestens 10% jährlich der gesamten Betriebsausgaben ausmachen.
2.14.7.4.2 Beteiligungsvolumen (§ 6b Abs. 3 Z 2 KStG 1988)
320
In § 6b Abs. 3 Z 2 KStG 1988 sind Einschränkungen der Investitionsmöglichkeiten für Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften in Hinblick auf ein einzelnes Zielunternehmen geregelt.
321
Das Eigenkapital einer Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft darf zu höchstens 20% in ein einzelnes Unternehmen investiert werden (§ 6b Abs. 3 Z 2 lit. a KStG 1988). Dadurch wird eine gewisse „Streuung“ des Investitionsvolumens in möglichst viele beihilfefähige Unternehmen erreicht.
322
Das Investitionsvolumen einer Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft in ein einzelnes Unternehmen darf weiters insgesamt (einschließlich Anschluss- und Annexfinanzierungen) den Betrag von 15 Millionen Euro nicht überschreiten (§ 6b Abs. 3 Z 2 lit. b KStG 1988); es handelt sich somit um eine unternehmensbezogene Investitionsgrenze. Das beihilfenrechtlich zulässige Investitionsvolumen wird damit voll ausgeschöpft, wodurch flexible Investitionsmöglichkeiten für Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften bestehen.
Die 15 Millionen Euro-Grenze pro Unternehmen bezieht sich allerdings auf sämtliche Investitionen von Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften insgesamt, sodass ein Unternehmen nicht von mehreren Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften in Summe mehr als 15 Millionen Euro erhalten kann (einschließlich Anschluss- und Annexfinanzierung).
2.14.7.4.3 Beteiligungsausmaß (§ 6b Abs. 3 Z 3 KStG 1988)
323
Nach § 6b Abs. 3 Z 3 KStG 1988 darf sich die Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft am Grund- oder Stammkapital bzw. am fixen Kapital des jeweiligen Unternehmens zu höchstens 49% beteiligen und keine beherrschende Stellung ausüben.
Dadurch wird sichergestellt, dass die Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft primär – ihrem Sinn und Zweck entsprechend – als Kapitalgeberin fungiert und nicht für Konzern-Gestaltungen verwendet werden kann, die eine Einflussnahme auf die Tätigkeit des Unternehmens und seine Geschäftsführung ermöglichen.
2.14.7.5 Internationale Schachtelbeteiligungen (§ 6b Abs. 4 KStG 1988)
324
§ 6b Abs. 4 KStG 1988 ergänzt die Befreiungsbestimmung des § 6b Abs. 1 KStG 1988 in Hinblick auf ausländische Zielunternehmen. Hält die Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft eine Beteiligung an einem ausländischen Zielunternehmen (iSd § 6b Abs. 2 Z 3 lit. e KStG 1988) nach Maßgabe der dafür erforderlichen Voraussetzungen und erfüllt diese Beteiligung die Kriterien für internationale Schachtelbeteiligungen nach § 10 Abs. 2 KStG 1988, kann die Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft – dem allgemeinen Regime des § 10 Abs. 3 KStG 1988 entsprechend – auch die Möglichkeit der Option zur Steuerwirksamkeit haben.
Wird die Option zur Steuerwirksamkeit nicht ausgeübt, ergibt sich die Befreiung der Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft für Gewinne aus der Veräußerung bereits aufgrund von § 10 Abs. 3 erster Satz KStG 1988.
Wird die Option zur Steuerwirksamkeit hingegen ausgeübt, sind Gewinne und Verluste aus der Veräußerung sowie sonstige Wertänderungen (Zuschreibungen oder Teilwertabschreibungen) steuerwirksam; demnach kommt in diesem Fall weder die in § 10 Abs. 3 erster Satz KStG 1988 angeordnete Steuerneutralität noch die Befreiung gemäß § 5 Z 14 iVm § 6b KStG 1988 zur Anwendung.
2.14.8 Formale Verpflichtungen (§ 6b Abs. 5 KStG 1988)
325
In § 6b Abs. 5 KStG 1988 sind formale Voraussetzungen für die Überprüfung und Bescheinigung der Voraussetzungen von Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften geregelt.
326
Eine Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft hat jährlich die Erfüllung der Voraussetzungen gemäß § 6b KStG 1988 durch Bestätigung eines Wirtschaftsprüfers nachzuweisen. Dabei gelten die Bestimmungen des § 275 UGB sinngemäß.
327
Zudem ist die Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft zur jährlichen Offenlegung jener Informationen verpflichtet, die für die Erfüllung der mitgliedstaatlichen Veröffentlichungspflichten von Risikokapitalbeihilfen notwendig sind. Dies betrifft entsprechend Rz 166 lit. v der Leitlinien 2014
- die Nennung des Namens des Unternehmens, in das investiert wurde,
- Informationen über die Art des Unternehmens (KMU, kleines Unternehmen mittlerer Kapitalisierung, innovatives Unternehmen mittlerer Kapitalisierung),
- die Region, in der das Unternehmen seinen Standort hat (auf NUTS-2-Ebene),
- den Hauptwirtschaftszweig (auf Ebene der NACE-Gruppe), in dem das Unternehmen tätig ist,
- sowie Form und Höhe der Investition.
328
Durch das Finanzamt für Großbetriebe ist das Vorliegen der Voraussetzungen zu bescheinigen; sämtliche dieser Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften sind sodann vom Finanzamt für Großbetriebe einmal jährlich auf elektronischem Wege in Form einer Liste zu veröffentlichen. Diese Liste ist zudem maßgeblich für die Überprüfung, ob die Befreiung gemäß § 27 Abs. 7 EStG 1988 zu gewähren ist.
Um eine rasche Veröffentlichung von neu gegründeten Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften zu ermöglichen, können diese auch schon vorab, dh. nach einer raschen unterjährigen Überprüfung, auf die Liste für Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften aufgenommen werden können. Zu diesem Zweck ist binnen acht Wochen das Vorliegen der Voraussetzungen durch einen Wirtschaftsprüfer zu bestätigen und die Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft in die zuletzt veröffentlichte Liste aufzunehmen (mit Zusatz „neu aufgenommen“).
Die Aufnahme von neu gegründeten Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften auf die Liste bedeutet jedoch nicht, dass auch in Hinblick auf die sich bereits auf der Liste befindenden Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften die Voraussetzungen erneut überprüft worden wären.
2.14.9 Verletzung der Voraussetzungen
2.14.9.1 Wegfall der KSt-Befreiung
329
Im Allgemeinen führt jede Verletzung der Begünstigungsvoraussetzungen zur unbeschränkten Steuerpflicht der Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft. Die Steuerpflicht beginnt mit jenem Veranlagungszeitraum, in den das die Verletzung auslösende Ereignis fällt und wirkt grundsätzlich nur pro futuro. Werden die Voraussetzungen in der Folge wiederum hergestellt, tritt die Gesellschaft mit Beginn des auf die „Sanierung“ folgenden Veranlagungszeitraumes wieder in die (Teil-)Steuerbefreiung ein. § 18 KStG 1988 ist in beiden Fällen anzuwenden.
330
Die Besteuerung nach einer Verletzung der Anwendungsvoraussetzungen ergibt sich wie folgt:
Steuerlich adaptierter Gewinn laut Bilanz des Verletzungsjahres (die Befreiung nach § 5 Z 14 KStG 1988 ist nicht anzuwenden) | |
+ | Auflösung der Rücklage nach Übergangsregelung (§ 18 Abs. 1 KStG 1988) |
– | Sonderausgaben und Sanierungsgewinn |
= | Steuerpflichtiges Einkommen, zum Normalsteuersatz zu versteuern. |
331
Die Verletzung der Anwendungsvoraussetzungen kann nicht nur in Jahren gegeben sein, für die noch keine Bestätigung des Wirtschaftsprüfers vorliegt, sondern auch überprüfte Jahre betreffen, wenn die Verletzung der Anwendungsvoraussetzungen zB im Rahmen von Betriebsprüfungen festgestellt wird.
Eine Verletzung ist für jedes Jahr gesondert zu beurteilen und berührt das Folgejahr, in dem die Anwendungsvoraussetzungen wieder gegeben sein können, grundsätzlich nicht.
2.14.9.2 Aufgabe des begünstigten Zwecks und Liquidation
332
Die Befreiung von der unbeschränkten Steuerpflicht entfällt rückwirkend, wenn der angestrebte begünstigte Zweck innerhalb von sieben Jahren nach der Eintragung der neu gegründeten Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft aufgegeben wird (§ 5 Z 14 zweiter Satz KStG 1988). Es kommt daher zur Nachversteuerung aller bisher erzielten Erträge der Gesellschaft.
Diese Regelung des § 5 Z 14 KStG 1988 soll verhindern, dass Körperschaften unter Hinweis auf § 5 Z 14 KStG 1988 für die ersten sieben Jahre die Steuerbefreiung als Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft in Anspruch nehmen und in der Folge durch Veränderung der Gestion darauf verzichten, obwohl die Voraussetzungen für eine begünstigte Gesellschaft vorliegen. Die Gestaltung soll insbesondere den Missbrauch für einzelne Veräußerungsgewinne hintanhalten.
333
Sobald eine Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft ihre Liquidation beschließt, scheidet sie aus der Steuerbegünstigung aus. Im Liquidationszeitraum unterliegen daher alle Erträge der unbeschränkten Steuerpflicht.
2.14.9.3 Zusatzsteuer (§ 6b Abs. 6 KStG 1988)
334
In § 6b Abs. 6 KStG 1988 sind weitere Rechtsfolgen für den Fall der nachhaltigen Verletzung der Voraussetzungen des § 6b KStG 1988 durch Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften geregelt.
Diesfalls ist der Bruttobetrag sämtlicher von der Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft getätigten und bei den Investoren eine Steuerbefreiung gemäß § 27 Abs. 7 EStG 1988 vermittelnden Ausschüttungen für die von der Verletzung betroffenen Geschäftsjahre (auch rückwirkend) neben dem Einkommen mit dem besonderen Steuersatz gemäß § 27a Abs. 1 Z 2 EStG 1988 „nachzuversteuern“.
Sinn und Zweck dieser Nachversteuerung ist die Rückgängigmachung zu Unrecht in Anspruch genommener Steuerbegünstigungen in Form der Befreiung von Gewinnausschüttungen von der Einkommensteuer; ohne Befreiungsbestimmung würden die Gewinnausschüttungen beim Investor mit dem besonderen Steuersatz gemäß § 27a Abs. 1 Z 2 EStG 1988 (27,5%) besteuert werden. Zudem ist eine allfällige von der Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft für die Anteilsinhaber übernommene Kapitalertragsteuer zu berücksichtigen, sodass sich auf Ebene der Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft insgesamt eine Nachversteuerung mit 37,93% ergibt. Die Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft haftet nach allgemeinen kapitalertragsteuerlichen Grundsätzen für die KESt (§ 95 Abs. 1 EStG 1988).
Voraussetzung für die Nachversteuerung der Ausschüttungen ist allerdings eine nachhaltige Verletzung der Voraussetzungen; eine einmalige und kurzfristige Verletzung einzelner Voraussetzungen führt daher nicht zu einer „Zusatzsteuer“.
2.15 Gemäß § 718 Abs. 9 ASVG errichtete Privatstiftungen (§ 5 Z 15 KStG 1988)
335
Aus Anlass der Organisationsreform des österreichischen Sozialversicherungssystems im Rahmen der 89. ASVG-Novelle (BGBl. I Nr. 100/2018) und der damit einhergehenden Auflösung von Betriebskrankenkassen bestimmter Betriebsunternehmen (Wiener Verkehrsbetriebe, Mondi, voestalpine Bahnsysteme, Zeltweg und Kapfenberg; siehe § 718 Abs. 8 ASVG) mit Wirksamkeit ab 1. Jänner 2020 wurde für Betriebsunternehmer, deren Bedienstete gegenüber den aufgelösten Betriebskrankenkassen anspruchs- oder anwartschaftsberechtigt waren, gesetzlich die Möglichkeit zur Errichtung einer Privatstiftung zur Förderung der Gesundheit ihrer Beschäftigten vorgesehen (§ 718 Abs. 9 ASVG). Durch die Errichtung einer solchen Privatstiftung sollte für die bisherigen Versicherten und deren anspruchsberechtigten Angehörigen das zum Zeitpunkt der Auflösung der jeweiligen Betriebskrankenkasse bestehende Leistungsniveau aufrechterhalten werden. Den errichteten Privatstiftungen wurde von der jeweiligen Betriebskrankenkasse für diese Zwecke ein Anteil in Höhe von 20% ihres im Jahresabschluss 2019 ausgewiesenen Reinvermögens gewidmet (§ 718 Abs. 9 ASVG iVm BKK-RV-VO, BGBl. II Nr. 361/2019).
336
Privatstiftungen, die nach Maßgabe von § 718 Abs. 9 ASVG errichtet wurden, sind aufgrund von § 5 Z 15 KStG 1988 von der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht sowie von der beschränkten Körperschaftsteuerpflicht (§ 21 Abs. 2 Z 3 letzter Teilstrich KStG 1988; siehe Rz 1505) befreit.
Randzahlen 337 bis 347: derzeit frei.