14. Sonderausgaben (§ 8 Abs. 4 KStG 1988 in Verbindung mit § 18 EStG 1988)
14.1 Allgemeines
991
Sonderausgaben sind Ausgaben, die außerhalb der Einkunftsarten angesiedelt sind und nur durch ausdrückliche Verankerung im Gesetz abzugsfähig sind. Die in § 8 Abs. 4 Z 1 KStG 1988 zitierten Ausgaben im Sinne des § 18 Abs. 1 Z 1, 6 und 7 EStG 1988 sind an sich nur bei Körperschaften denkbar, die nicht unter § 7 Abs. 3 KStG 1988 fallen. Bei Körperschaften im Sinne des § 7 Abs. 3 KStG 1988 (buchführungspflichtige Kapitalgesellschaften, Betriebe gewerblicher Art, Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften) werden sämtliche Aufwendungen den gewerblichen Einkünften zugerechnet. Soweit diese Ausgaben allerdings in den Bereich der nichtabzugsfähigen Aufwendungen fallen, ist ein Abzug als Sonderausgabe denkbar. Die zitierten Sonderausgaben betreffen:
- § 18 Abs. 1 Z 1 EStG 1988: Renten und dauernde Lasten (siehe EStR 2000 Rz 7009 ff).
- § 18 Abs. 1 Z 6 EStG 1988: Steuerberatungskosten (siehe LStR 2002 Rz 561 ff).
- § 18 Abs. 1 Z 7 EStG 1988: Freigebige Zuwendungen an bestimmte begünstigte Einrichtungen iSd § 4a EStG 1988 (siehe EStR 2000 Rz 1332 ff).
- § 18 Abs. 1 Z 8 EStG 1988: Freigebige Zuwendungen zur Vermögensausstattung von spendenbegünstigten Stiftungen oder vergleichbaren Vermögensmassen (siehe EStR 2000 Rz 1349d ff).
- § 18 Abs. 1 Z 9 EStG 1988: Freigebige Zuwendungen an die Innovationsstiftung für Bildung (§ 1 ISBG) sowie an deren Substiftungen (siehe EStR 2000 Rz 1349o ff).
Geldspenden fallen dann unter die Sonderausgaben, wenn außerbetriebliche Mittel zugewendet werden oder aus Konten erfolgen, die nicht zu einem Betriebsvermögen gehören (zu Spenden in der Unternehmensgruppe siehe aber Rz 1103). Zuwendungen an Feuerwehren durch Betriebe gewerblicher Art oder Körperschaften einer Gemeinde sind gemäß § 4a Abs. 7 Z 3 EStG 1988 nicht abzugsfähig (siehe EStR 2000 Rz 1338c).
14.2 Verlustabzug
14.2.1 Allgemeines
992
Verlustabzug ist das Recht des Steuerpflichtigen, betriebliche Verluste der Vorjahre soweit als Sonderausgaben abzusetzen, als sie nicht durch Verrechnung mit Vorjahreseinkünften aufgebraucht wurden. Der Verlustabzug ist ein höchstpersönliches Recht, das nicht auf andere übergehen kann. Ausnahmen davon betreffen einerseits die Gesamtrechtsnachfolge im Rahmen des Erbweges (gilt auch für Körperschaften), wenn der Rechtsnachfolger den verlustverursachenden Betrieb zu Buchwerten übernommen hat (VwGH 25.4.2013, 2010/15/0131, 2011/15/0143; siehe dazu EStR 2000 Rz 4537a ff), andererseits die Nachfolge nach Maßgabe des Umgründungssteuergesetzes (§§ 4, 10, 21 und 35 UmgrStG). Auch auf einen herrenlosen Nachlass (siehe Rz 115) können bestehende Verlustabzüge des Erblassers übergehen, wenn dieser den verlustverursachenden Betrieb zu Buchwerten übernommen hat.
§ 8 Abs. 4 Z 2 KStG 1988 in Verbindung mit § 18 Abs. 6 EStG 1988 bestimmt den Rahmen der Abzugsmöglichkeit. Näheres siehe EStR 2000 Rz 4502 bis 4538 und 8059.
992a
Der Verlustabzug steht gemäß § 8 Abs. 4 Z 2 lit. a KStG 1988 (bis Veranlagung 2013 gemäß § 2 Abs. 2b EStG 1988) nur im Ausmaß von 75% des Gesamtbetrages der Einkünfte zu. Insoweit die Verluste im laufenden Jahr nicht abgezogen werden können, sind sie in den folgenden Jahren unter Beachtung dieser Verlustvortragsgrenze abzuziehen. Die nicht abzugsfähigen Verlustteile gehen nicht unter, sondern können in späteren Jahren abgezogen werden. Auch in den Folgejahren ist die Verlustvortragsgrenze weiter zu beachten.
992b
Gemäß § 8 Abs. 4 Z 2 lit. b KStG 1988 ist die Verlustvortragsgrenze insoweit nicht anzuwenden, als im Gesamtbetrag der Einkünfte enthalten sind:
1. Sanierungsgewinne gemäß § 23a KStG 1988. Das sind Gewinne, die durch Vermehrungen des Betriebsvermögens infolge eines gänzlichen oder teilweisen Erlasses von Schulden zum Zwecke der Sanierung entstanden sind (siehe dazu Rz 1522). Damit sind auch Gewinne aus außergerichtlichen Ausgleichen, die Sanierungsgewinne darstellen, begünstigt, wobei es für die Frage der Verrechnungsgrenze ohne Bedeutung ist, dass diese Sanierungsgewinne nicht nach § 23a KStG 1988 besteuert werden.
2. Gewinne, die in Veranlagungszeiträumen anfallen, die von einem Insolvenzverfahren betroffen sind. Damit sind sämtliche Gewinne erfasst, die in Kalenderjahren anfallen, in denen ein derartiges Verfahren anhängig ist. Anhängig ist ein Insolvenzverfahren mit Eintritt der Rechtswirkungen der Insolvenzeröffnung. Die Wirkungen treten gemäß § 2 Abs. 1 Insolvenzordnung mit Beginn des Tages ein, der der öffentlichen Bekanntmachung des Inhaltes des Insolvenzediktes folgt. Das Verfahren endet mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens bzw. mit der Einstellung. Ist ein Insolvenzverfahren aufrecht, sind Gewinne, die diesem Kalenderjahr (Veranlagungszeitraum) zuzuordnen sind, von der 75%-Begrenzung ausgenommen, wobei es unerheblich ist, ob diese Gewinne vor oder nach Eröffnung bzw. Beendigung des Verfahrens entstanden sind.
3. Gewinne aus der Veräußerung sowie der Aufgabe von Betrieben, Teilbetrieben und Mitunternehmeranteilen. Das sind Gewinne im Sinne des § 24 EStG 1988. Die Bestimmung gilt auch für Körperschaften, die dem § 7 Abs. 3 KStG 1988 unterliegen, ungeachtet dessen, dass § 24 EStG 1988 für diese Körperschaften nicht anzuwenden ist. Aus Anlass einer Betriebsveräußerung oder -aufgabe anfallende Übergangsgewinne sind nicht begünstigt (VwGH 25.11.2009, 2007/15/0252).
4. Liquidationsgewinne gemäß § 19 KStG 1988. Dies gilt unabhängig davon, ob die Liquidationsgewinne gemäß § 19 Abs. 2 KStG 1988 innerhalb des Besteuerungszeitraumes gemäß § 19 Abs. 3 KStG 1988 oder nach diesem Besteuerungszeitraum anfallen.
5. Beträge, die gemäß § 9 Abs. 6 Z 7 KStG 1988 oder nach § 2 Abs. 8 Z 4 des Einkommensteuergesetzes 1988 nachzuversteuern sind. Das sind Nachversteuerungsbeträge von ausländischen Verlusten nicht unbeschränkt steuerpflichtiger Gruppenmitglieder, die im Rahmen der Gruppenbesteuerung in Vorjahren gemäß § 9 Abs. 6 Z 6 KStG 1988 zugerechnet wurden, sowie Nachversteuerungsbeträge von ausländischen Verlusten aus einer ausländischen Betätigung (insbesondere einer Betriebsstätte), die bei der Einkommensermittlung in Vorjahren gemäß § 2 Abs. 8 Z 3 EStG 1988 angesetzt wurden. Diese Ausnahme von der 75%-Begrenzung ist erstmalig ab der Veranlagung für das Jahr 2015 anzuwenden.
6. Beträge gemäß § 6 Z 6 des Einkommensteuergesetzes 1988, ausgenommen jene nach § 6 Z 6 lit. a letzter Satz des Einkommensteuergesetzes 1988. Diese Ausnahme von der 75%-Begrenzung erfasst somit Beträge, die aufgrund der Aufdeckung der stillen Reserven in Wirtschaftsgütern anlässlich eines Entstrickungstatbestandes gemäß § 6 Z 6 EStG 1988 (zB aufgrund der Verlegung eines Betriebes ins Ausland; siehe dazu näher EStR 2000 Rz 2517 ff) im Gesamtbetrag der Einkünfte enthalten sind. Nicht erfasst sind hingegen Beträge, die aufgrund von Verrechnungspreiskorrekturen für nicht fremdüblich abgerechnete sonstige Leistungen nach § 6 Z 6 lit. a letzter Satz EStG 1988 angesetzt wurden. Diese Ausnahme von der 75%-Begrenzung ist erstmalig ab der Veranlagung für das Jahr 2016 anzuwenden. Entsteht die Steuerschuld für umgründungsbedingte Entstrickungsbeträge nicht nach § 6 Z 6 EStG 1988, sondern nach § 20 KStG 1988, sind die Regelungen über die Liquidationsbesteuerung gemäß § 19 KStG 1988 anzuwenden; die Ausnahme von der 75%-Begrenzung ergibt sich daher bereits aufgrund von § 8 Abs. 4 Z 2 lit. b vierter Teilstrich KStG 1988 (siehe dazu Punkt 4).
Sind im Gesamtbetrag der Einkünfte neben diesen Beträgen gemäß § 8 Abs. 4 Z 2 lit. b sechster Teilstrich KStG 1988 auch Gewinne oder Beträge gemäß § 8 Abs. 4 Z 2 lit. b erster bis fünfter Teilstrich KStG 1988 enthalten, auf welche die 75%-Vortragsgrenze ebenfalls keine Anwendung findet, gilt im Sinne des Günstigkeitsprinzips Folgendes:
Die Verlustvorträge sind zunächst vorrangig und uneingeschränkt mit den Gewinnen oder Beträgen gemäß § 8 Abs. 4 Z 2 lit. b erster bis fünfter Teilstrich KStG 1988 zu verrechnen. Soweit nach dieser Verrechnung noch Verlustvorträge verbleiben, sind diese uneingeschränkt mit Entstrickungsbeträgen zu verrechnen, weil der Verlustabzug zwingend, sobald als möglich und im größtmöglichen Umfang vorzunehmen ist (siehe EStR 2000 Rz 4504).
14.2.2 Mantelkauf (§ 8 Abs. 4 Z 2 lit. c KStG 1988)
14.2.2.1 Begriff
993
Der Mantelkauftatbestand bewirkt den Untergang des Verlustvortragsrechtes bei einer gesamthaften wesentlichen Änderung der Strukturen der Körperschaft (organisatorisch, wirtschaftlich, gesellschaftlich) auf entgeltlicher Grundlage innerhalb eines überschaubaren kurzen Zeitraumes bei unverändert zivilrechtlichem Weiterbestand. Der Regelung liegt eine Aufgabe der körperschaftsteuerrechtlichen Identität zugrunde. Im Gegensatz zur Bezeichnung setzt der Mantelkauftatbestand nicht die Vermögenslosigkeit der zu beurteilenden Körperschaft voraus. Sämtliche Strukturänderungen müssen zwar kumulativ vorliegen, können aber unterschiedlich stark ausgeprägt sein (siehe Rz 998). Die Vortragsfähigkeit von Vorjahresverlusten ist jedoch bei Vorliegen der Mantelkaufelemente nicht beeinträchtigt, wenn der
- Sanierungstatbestand des § 8 Abs. 4 Z 2 lit. c KStG 1988 oder
- Rationalisierungstatbestand des § 4 Z 2 UmgrStG beim aufnehmenden Unternehmen gegeben ist (siehe UmgrStR 2002 Rz 241 ff).
994
Unberührt vom Tatbestand eines Mantelkaufs bleiben Schwebeverluste (Wartetasteverluste) im Sinne des § 7 Abs. 2 KStG 1988 in Verbindung mit § 2 Abs. 2a EStG 1988, die auch bei einer vollständigen Strukturänderung der Körperschaft mit ihren nächsten Gewinnen zu verrechnen sind.
14.2.2.2 Voraussetzungen
14.2.2.2.1 Änderung der organisatorischen Struktur
995
Eine Änderung der organisatorischen Struktur liegt vor, wenn die Organwalter der Körperschaft in den Leitungs- und Verwaltungsfunktionen geändert werden.
Eine wesentliche Änderung ist gegeben, wenn alle oder die überwiegende Mehrheit der Mitglieder der Geschäftsführung in einem Zug oder bei Vorliegen eines inneren Zusammenhangs sukzessive ersetzt werden. Dabei ist lediglich auf jene Personen abzustellen, die auch tatsächlich die Geschäfte führen.
Wird die bisherige Geschäftsführung zwar formal im Amt belassen, verfügt sie aber über keine Entscheidungsbefugnisse mehr, liegt auch in diesem Fall eine wesentliche Änderung der organisatorischen Struktur vor. Über die tatsächlichen Verhältnisse können die interne Geschäftsverteilung der Geschäftsführung sowie die Erfüllung der erforderlichen Voraussetzungen (Qualifikationen) des bisherigen Geschäftsführers in Bezug auf die neue Geschäftstätigkeit der Körperschaft Aufschluss geben.
Als Nachweis können in diesem Zusammenhang herangezogen werden:
- Unterlagen (zB Aktenvermerke, Protokolle usw.), die belegen, dass die behauptete Tätigkeit auch tatsächlich ausgeübt wird.
- Das Vorhandensein der für die Tätigkeit erforderlichen Infrastruktur (zB Arbeitsplatz, Mitarbeiter, Technik).
- Die Höhe der Geschäftsführerbezüge im Vergleich zum neuen Geschäftsführer sowie die erforderliche Anzahl von Geschäftsführern im Hinblick auf die Unternehmensgröße.
Führt nach dem Gesamtbild der Verhältnisse der neue Geschäftsführer das Unternehmen praktisch alleine, liegt – auch bei einer den formalen Voraussetzungen entsprechenden rechtlichen Ausgestaltung – eine Änderung der organisatorischen Struktur vor.
Um missbräuchliche formale Gestaltungen hintanzuhalten, ist trotz grundsätzlich formaler Betrachtung der Elemente des Manteltatbestandes auch auf die faktischen Gegebenheiten abzustellen. Dies gilt für die Änderung der organisatorischen Struktur umso mehr, als sich auch das Gesellschaftsrecht in bestimmten Konstellationen von der rein formalen Betrachtung löst und das Institut des „faktischen Geschäftsführers“ kennt (siehe dazu zB OGH 15.09.2010, 2 Ob 238/09b). Bei Vorgängen zwischen Fremden wird man zwar grundsätzlich davon ausgehen können, dass die formale Gestaltung auch den tatsächlichen Verhältnissen entspricht; wenn aber begründete Zweifel daran bestehen, ist auch bei Fremden zu untersuchen, wer tatsächlich die Geschäfte der Körperschaft führt. Dies gilt umso mehr für den Angehörigenbereich.
14.2.2.2.2 Änderung der wirtschaftlichen Struktur
996
Eine Änderung der wirtschaftlichen Struktur liegt vor, wenn die aus Vermögen und Tätigkeit gebildete wirtschaftliche Einheit (bezogen auf sämtliche bisherigen Tätigkeitsbereiche) der Körperschaft verloren geht. Die wirtschaftliche Einheit kann auch dann verloren gehen, wenn sich nur eines der genannten Strukturmerkmale (Vermögen oder Tätigkeit) wesentlich ändert. Besonderes Gewicht ist dabei – im Sinne eines beweglichen Systems – auf jenes Strukturmerkmal zu legen, das identitätsstiftend wirkt (zB wird die Identität der wirtschaftlichen Einheit bei Holdinggesellschaften insbesondere durch das Vermögen geprägt, bei Produktionsbetrieben hingegen durch die Tätigkeit).
Diese Änderung kann sein:
- negativ gesehen: Verminderung bis hin zur Beendigung der wirtschaftlichen Einheit mit nachfolgender Schaffung einer neuen Einheit
- Die bloße Beendigung oder Verminderung der bisherigen wirtschaftlichen Einheit im Bereich des Voreigentümers ist zunächst ebenso unbedenklich wie im Bereich des Folgeeigentümers. Bei Beendigung der wirtschaftlichen Einheit bewirkt erst die Schaffung einer neuen wirtschaftlichen Einheit durch den Folgeeigentümer eine wesentliche Änderung. Bei Verminderung der wirtschaftlichen Einheit liegt dann eine wesentliche Änderung vor, wenn der Folgeeigentümer eine zusätzliche wirtschaftliche Einheit schafft und die neue Einheit gegenüber der bisherigen erheblich (um mindestens 75%) überwiegt. Bei einer wirtschaftlichen Einheit, deren Identität vor allem durch ihre Tätigkeit geprägt ist (insbesondere Produktionsbetrieb), liegt in einem solchen Fall nur dann eine wesentliche Änderung vor, wenn die zusätzliche Einheit in einer anderen Branche geschaffen wird.
- positiv gesehen: Erweiterung der wirtschaftlichen Einheit in quantitativer oder qualitativer Hinsicht.
- Die Erweiterung der übernommenen und weitergeführten wirtschaftlichen Einheit stellt eine wesentliche Änderung dar, wenn
- eine kurzfristig durchgeführte quantitative Erweiterung um zumindest das Dreifache erfolgt. Sofern der Erweiterungszeitraum sich längerfristig erstreckt, ist dies unschädlich. Dies gilt auch bei wirtschaftlichen Einheiten, deren Identität vor allem durch die Tätigkeit geprägt ist.
- eine kurzfristige qualitative Erweiterung (vom Kleinstbetrieb zum Handwerksbetrieb, zum Fabrikbetrieb, zum Industriebetrieb) stattfindet, sodass die Beendigung der bisherigen wirtschaftlichen Einheit und die Gründung einer neuen anzunehmen ist.
Erfolgen die beschriebenen Änderungen zwar ausschließlich im Herrschaftsbereich des Voreigentümers, aber auf Veranlassung des Folgeeigentümers, stellt dies ebenfalls eine wesentliche Änderung dar.
14.2.2.2.3 Änderung der Gesellschafterstruktur
997
Ob eine wesentliche Änderung vorliegt, ist im Einzelfall zu beurteilen (VwGH 18.12.2008, 2007/15/0090); jedenfalls ist von einer wesentlichen Änderung auszugehen, wenn sich mehr als 75% der Vorstruktur ändert. Fraktionierte Erwerbe sind zusammen zu rechnen, wenn ein innerer Zusammenhang mit den übrigen Tatbestandsmerkmalen besteht.
Voraussetzung ist eine Änderung auf entgeltlicher Grundlage (Kauf, Tausch). Darunter fällt auch der Kauf der Anteile um einen symbolischen Betrag. Dem ist gleich zu halten, wenn sich für eine unentgeltliche Anteilsübertragung ein wirtschaftlicher Ausgleichsposten finden lässt (zB Freistellung des bisherigen Gesellschafters von seiner persönlichen Haftung, VwGH 09.07.2008, 2005/13/0045). Es ist gleichgültig, ob der Erwerber dadurch Gesellschafter wird oder als Gesellschafter zusätzliche Anteile erwirbt. Der Anteilserwerb im Rahmen einer Kapitalerhöhung außerhalb des gesetzlichen Bezugsrechtes ist als entgeltlich zu sehen (§ 6 Z 14 lit. b EStG 1988). Der einbringungsverursachte Anteilserwerb stellt nach § 20 Abs. 1 UmgrStG einen Anschaffungstatbestand dar. Eine Änderung der Gesellschafterstruktur einer Körperschaft auf entgeltlicher Grundlage liegt auch dann vor, wenn die Anteile an dieser Körperschaft auf Grund einer Einlage gemäß § 6 Z 14 lit. b EStG 1988 oder einer Einbringung gemäß Art. III UmgrStG auf eine andere Kapitalgesellschaft übertragen werden. Der fusionsbedingte Anteilstausch ist zwar kein Tausch, aber für die Mantelkaufsbetrachtung ein Beteiligungszugang auf entgeltlicher Basis, was für den erweiterten Mantelkauftatbestand des UmgrStG von Bedeutung sein kann. Unschädlich ist der Anteilserwerb von Todes wegen oder im Schenkungswege. Eine wesentliche Änderung der Gesellschafterstruktur stellt ausschließlich auf die unmittelbaren Beteiligungsverhältnisse und nicht die mittelbare Beteiligungsstruktur ab (VwGH 13.9.2017, Ro 2015/13/0007).
14.2.2.2.4 Gesamtbild der Verhältnisse
998
Ein Mantelkauf kann auch vorliegen, wenn die einzelnen Tatbestandselemente unterschiedlich stark ausgeprägt sind. Es ist auch unmaßgeblich, in welcher Reihenfolge die drei Strukturelemente wesentlich geändert werden. Änderungen innerhalb eines kurzen Zeitraumes (ca. ein Jahr) sind ein Indiz für das Vorliegen eines Mantelkaufs.
Es ist notwendig, einen Zusammenhang zwischen dem Zustand der betrieblichen Sphäre bei Auftreten der Verluste und dem Zustand der betrieblichen Sphäre unmittelbar vor den Strukturänderungen herzustellen. Wirtschaftliche Vergleichbarkeit ist gegeben, solange die bedeutendsten betriebswirtschaftlichen Parameter (Umsatz, Anlagevermögen, Auftragsvolumen) der betrieblichen Sphäre nicht auf ein bloß unwesentliches Ausmaß (dh. 25% und weniger) abgesunken sind.
Befindet sich eine Kapitalgesellschaft im Zeitpunkt der finanziellen und organisatorischen Änderungen in Liquidation, ist es eine Tatfrage, ob überhaupt noch eine betriebsbereite Funktion vorliegt (ruhender Betrieb) oder ob der bisherige Betrieb infolge der Veräußerung von Vermögensteilen nicht mehr (vollständig) existiert.
Die Reaktivierung eines ruhenden Betriebes, der in betriebsbereitem Zustand ist, begründet keine wesentliche Änderung der wirtschaftlichen Struktur. Ein Verdachtsfall ist hingegen der Erwerb aller Anteile einer Kapitalgesellschaft im Zusammenhang mit der Übernahme besenreiner Standorte ohne Ware, Lieferanten und Einrichtung einer zudem entschuldeten Gesellschaft, auch wenn die erworbene Gesellschaft in der Folge neue Aktivitäten in der gleichen Branche setzen will.
14.2.2.3 Wirkung
999
Fallen die Elemente des Mantelkaufes innerhalb eines Wirtschaftsjahres an, ist der Verlustvortrag ab diesem Wirtschaftsjahr verloren. Verteilen sich die Strukturänderungen gesamthaft über mehr als ein Wirtschaftsjahr, geht der Verlustvortrag ab jenem Wirtschaftsjahr verloren, in dem das erste Tatbestandselement des Mantelkaufes gegeben ist. Erstrecken sich die einzelnen Tatbestandselemente des Mantelkaufes auf einen über ein Kalenderjahr hinausgehenden Zeitraum, kann ein solcher nur dann angenommen werden, wenn die Umstände des Einzelfalles auf ein planmäßiges Vorhaben beim Verwirklichen des ersten Tatbestandselements schließen lassen.
Dies bewirkt, dass die Verluste der Vorjahre ab dem Mantelkaufjahr, nicht aber ein Verlust des Mantelkaufjahres selbst (VwGH 22.12.2005, 2002/15/0079) in den Folgejahren nicht mehr vortragsfähig sind.
Es kommt grundsätzlich nicht darauf an, in welcher zeitlichen Abfolge die Strukturänderungen eintreten. Ausschlaggebend ist vielmehr, dass ein Zusammenhang zwischen den einzelnen Änderungen besteht.
Ein Mantelkauf liegt somit auch dann vor, wenn die „alten“ Gesellschafter vor der Anteilsübertragung in Willensübereinstimmung mit den „neuen“ Gesellschaftern die wirtschaftlichen Strukturen verändern und erst anschließend eine Änderung der Gesellschafterstrukturen vorgenommen wird. Kein Mantelkauf wäre hingegen gegeben, wenn zuerst die „alten“ Gesellschafter – mit dem Ziel der besseren Verwertbarkeit der Körperschaft – eine Veränderung der wirtschaftlichen Strukturen vornehmen und sich erst dann auf die Suche nach Käufern ihrer Gesellschaftsanteile begeben (VwGH 26.7.2005, 2001/14/0135).
1000
Der Mantelkauftatbestand wird durch § 4 Z 2 UmgrStG (siehe UmgrStR 2002 Rz 241 ff) dahingehend erweitert, dass die Gesamtbetrachtung aller Strukturelemente auch durch Verschmelzungen, Umwandlungen, Einbringungen und Spaltungen nicht beeinträchtigt werden kann, dh. auf die Zeit vor und nach der Umgründung zu beziehen ist.
Sollte der Manteltatbestand bereits vor der Umgründung verwirklicht sein, stellt sich im Umgründungszeitpunkt die Frage des Verlustvortragsüberganges mangels eines vortragsfähigen Verlustes der übertragenden Körperschaft nicht mehr.
1001
Unterhält eine Körperschaft eine Mehrheit von Betrieben, müssen die Änderungen immer an der Gesamtheit der Betriebe bzw. des Betriebsvermögens gemessen werden. Eine fraktionierte Betrachtung scheidet aus, weil die Identität der Körperschaft nur ganzheitlich beurteilt werden kann. Es ist daher nicht zulässig, hinsichtlich eines Betriebes einer Körperschaft einen Mantelkauf für sich alleine anzunehmen, weil die wirtschaftliche Struktur nur dieses Betriebes, nicht aber auch bei anderen Betrieben geändert wurde.
Sollte die Strukturänderung nicht sämtliche Betriebe einer Körperschaft betreffen, ist zu prüfen, ob das wirtschaftliche Gewicht jener Betriebe, die eine Strukturänderung erfahren haben, so stark ist, dass das Tatbestandsmerkmal einer wesentlichen Änderung der wirtschaftlichen Struktur erfüllt ist.
14.2.2.4 Ausnahmen
14.2.2.4.1 Mantelkauf zu Sanierungszwecken
1002
Das höchstpersönliche Verlustvortragsrecht geht nicht verloren, wenn:
- die Strukturänderungen gemäß § 8 Abs. 4 Z 2 lit. c KStG 1988 zum Zweck der Sanierung der Körperschaft mit dem Ziel der Erhaltung eines wesentlichen Teils betrieblicher Arbeitsplätze erfolgen. Dabei sind Maßnahmen erforderlich, die zu einem Sanierungsgewinn iSd § 23a KStG 1988 führen beziehungsweise führen würden. Das Ziel der Erhaltung eines wesentlichen Teiles der betrieblichen Arbeitsplätze setzt einen vor den Strukturänderungen existierenden Betrieb mit Arbeitsplätzen voraus. Eine Arbeitsplatzerhaltung ist nicht gegeben, wenn die Arbeitnehmer nur kurzfristig weiterbeschäftigt werden. Es kommt allerdings nicht auf die Übernahme der konkreten Arbeitnehmer an; vielmehr ist eine ortsbezogene, regionalpolitische Förderung bezweckt. Ein wesentlicher Anteil der Arbeitnehmerschaft ist bei mindestens 25% gegeben.
- die Strukturänderungen gemäß § 4 Z 2 UmgrStG dem im Vorpunkt genannten Ziel der Arbeitsplatzerhaltung dienen. Um eine wirtschaftlich nicht vertretbare Besteuerung der stillen Reserven zu verhindern, kann ein Veräußerungsgewinn im Mantelkaufjahr mit ansonsten nicht mehr steuerwirksamen Vorjahresverlusten saldiert werden. Ein allfälliger laufender Gewinn im Mantelkaufjahr ist körperschaftsteuerpflichtig.
14.2.2.4.2 Mantelkauf in Verbindung mit Rationalisierung und Synergieeffekten bei der übernehmenden Körperschaft
1003
Das Verlustvortragsrecht geht nicht verloren, wenn die erheblichen Strukturänderungen gemäß § 4 Z 2 UmgrStG (siehe UmgrStR 2002 Rz 241 ff) zum Zweck der Verbesserung oder Rationalisierung der betrieblichen Struktur im Unternehmenskonzept der übernehmenden Körperschaft erfolgen. Dies ist der Abgabenbehörde nachzuweisen oder glaubhaft zu machen. Rationalisierungsmaßnahmen dienen vorwiegend der Verbesserung der Ergebnissituation durch Kosteneinsparung und zur Optimierung von Unternehmensabläufen. Dabei ist jedoch nicht nur auf die betriebliche Organisation, sondern auf die Unternehmenstätigkeit (immer der übernehmenden Körperschaft) abzustellen.
Unter Erzielung von Synergieeffekten werden Wertsteigerungen auf Grund der Vereinigung und Integration von Unternehmen verstanden (Verbundeffekte). Sie treten üblicherweise nicht automatisch auf Grund der Unternehmensakquisition ein, sondern sind durch erhebliche organisatorische Maßnahmen zu verwirklichen.
Synergieeffekte haben unterschiedliche Ursachen:
Eine entsprechende Vergrößerung des Abnehmerkreises erspart langwieriges und teures Eindringen in neue Märkte, die Übernahme eingeführter Produkte erspart Entwicklung und Werbemaßnahmen. Größenvorteile wirken sich im Beschaffungsbereich als gesteigerte Nachfragemacht aus. Gewisse Unternehmensfunktionen (Forschung und Entwicklung, Kundendienst, Einkaufsabteilung) können zusammengelegt werden.
Bei der Vereinigung kapitalstarker Unternehmen mit aufstrebenden kapitalnachfragenden Unternehmen können wechselseitige Finanzierungen Liquiditätskompensationen ergeben. Die Größe des Unternehmensverbundes ermöglicht manchmal erst den Zugang zum Kapitalmarkt, die Streuung des Unternehmensrisikos durch Diversifikation verhilft zur Senkung des Anleger- und Kreditrisikos.
15. Einkommenszurechnung – Unternehmensgruppen (§ 9 KStG 1988)
15.1 Allgemeines
1004
So wie das Einkommensteuerrecht ist auch das Körperschaftsteuerrecht vom Grundsatz der Individualbesteuerung geprägt, das heißt, von der Zurechnung des Einkommens zu einem bestimmten Körperschaftsteuersubjekt, welches das Einkommen bezogen hat (§ 7 Abs. 1 KStG 1988). Dem entgegen enthält § 9 KStG 1988 eine spezielle Zurechnungsanordnung für das steuerliche Ergebnis von Unternehmensgruppen (Gruppenbesteuerung).
Kerngedanke der Gruppenbesteuerung ist die Zusammenfassung der steuerlichen Ergebnisse finanziell verbundener Körperschaften beim Gruppenträger. Nach § 9 Abs. 1 KStG 1988 wird das Einkommen des jeweiligen Gruppenmitglieds bzw. der Verlust eines ausländischen Gruppenmitglieds dem Einkommen des beteiligten inländischen Gruppenmitglieds (bzw. dem Einkommen des Gruppenträgers vor dem Sonderausgabenabzug) in jenem Wirtschaftsjahr zugerechnet, in das der Bilanzstichtag des Wirtschaftsjahres des Gruppenmitglieds fällt. Diese Zurechnung gilt auch für Rumpfwirtschaftsjahre. In der Unternehmensgruppe werden die Ergebnisse beim Gruppenträger vereinigt und besteuert. Eine Ergebniskonsolidierung ist gesetzlich nicht zulässig.
Eine Umstellung des Wirtschaftsjahres nur mit der Begründung der Bildung einer Unternehmensgruppe ist nur dann zulässig, wenn durch die Umstellung die Bilanzstichtage in der Unternehmensgruppe vereinheitlicht werden.
1005
Die in der Unternehmensgruppe vereinigten Körperschaften bleiben zwar subjektiv steuerpflichtig, sind aber (abgesehen von der Mindeststeuer) objektiv nicht steuerpflichtig. An der Spitze der Unternehmensgruppe steht der Gruppenträger, bei dem die Ergebnisse letztlich vereinigt und nach den allgemeinen Grundsätzen des Körperschaftsteuerrechts der Besteuerung unterworfen werden.
Da die Gruppenbesteuerung nur eine steuerliche Ergebniszurechnung ermöglicht, bleiben die unternehmensrechtlichen Ergebnisse der Mitglieder einer Unternehmensgruppe, abgesehen vom Steuerausgleich, davon unberührt. In der Unternehmensgruppe sind damit sowohl offene Ausschüttungen an die beteiligten Gruppenmitglieder und an die sonstigen Gesellschafter wie auch Gesellschaftereinlagen möglich.
15.2 Gruppenmitglieder
15.2.1 Allgemeines
1006
Mit dem Begriff der Gruppenmitglieder werden nach § 9 Abs. 2 KStG 1988 alle Körperschaften angesprochen, die unter dem Gruppenträger in der Unternehmensgruppe vereinigt sind. Im Hinblick auf die mögliche vertikale Struktur verbundener Gruppenmitglieder ist der Begriff Gruppenmitglied doppelsinnig: Zum einen ist ein Gruppenmitglied in seiner Eigenschaft als untergeordnetes Gruppenmitglied „Beteiligungskörperschaft“, zum anderen kann ein Gruppenmitglied in seiner Eigenschaft als übergeordnetes Gruppenmitglied auch „beteiligte Körperschaft“ sein. Jede beteiligte Körperschaft ist zugleich auch Beteiligungskörperschaft. Beteiligte Körperschaften können nur inländische Körperschaften sein (siehe Rz 1014 f).
Die Gruppenmitgliedschaft ist auf die in § 9 Abs. 2 KStG 1988 taxativ aufgezählten Körperschaften beschränkt.
15.2.2 Rechtsform
1007
Gruppenmitglieder als Beteiligungskörperschaft (untergeordnetes Gruppenmitglied) oder als beteiligte inländische Körperschaft (übergeordnetes Gruppenmitglied) können nach § 9 Abs. 2 erster Teilstrich KStG 1988 nur unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften und Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften sein, die unter § 7 Abs. 3 KStG 1988 fallen.
Nach § 5 KStG 1988 oder nach einem Sondergesetz persönlich von der Körperschaftsteuer befreite Kapitalgesellschaften und Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften sind nur beschränkt körperschaftsteuerpflichtig und kommen daher als Gruppenmitglied nicht in Betracht. Ist eine subjektiv steuerbefreite Kapitalgesellschaft oder Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft partiell unbeschränkt steuerpflichtig (siehe Rz 167) und sind die Beteiligungen an gruppenfähigen Körperschaften dem unbeschränkt steuerpflichtigen Betrieb zuzurechnen, steht die subjektive Teilsteuerbefreiung der Eigenschaft dieser Kapitalgesellschaft oder Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft als Gruppenmitglied nicht entgegen.
1008
Nicht unbeschränkt steuerpflichtige ausländische Körperschaften können nach § 9 Abs. 2 zweiter Teilstrich KStG 1988 Gruppenmitglieder (Beteiligungskörperschaften) sein, wenn sie mit einer inländischen Kapitalgesellschaft oder Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft, die unter § 7 Abs. 3 KStG 1988 fällt, vergleichbar sind und innerhalb der Unternehmensgruppe „ausschließlich“ mit inländischen Gruppenmitgliedern oder dem Gruppenträger ausreichend finanziell verbunden sind (siehe Rz 1012). Die Frage, ob diese nach ausländischem Steuerrecht mit ihren ausländischen Einkünften einer – § 5 KStG 1988 vergleichbaren – Befreiung unterliegen, ist für die Einbeziehung als ausländisches Gruppenmitglied nicht von Bedeutung (siehe zur Verlustermittlung Rz 1079 ff). Die Gruppenmitgliedschaft ist im Ausland auf eine Ebene begrenzt; Tochterkörperschaften eines ausländischen Gruppenmitglieds, an denen eine finanzielle Verbindung des ausländischen Gruppenmitglieds iSd § 9 Abs. 4 KStG 1988 besteht, sind von der Unternehmensgruppe ausgeschlossen (siehe aber Rz 1014).
15.2.3 Unternehmensgegenstand des Gruppenmitglieds
1009
Die Qualifikation der in § 9 Abs. 2 KStG 1988 genannten Körperschaften als operativ oder vermögensverwaltend ist, abgesehen von der Frage der Zulässigkeit einer Firmenwertabschreibung (siehe Rz 1110 ff), ohne Bedeutung. Zum wirtschaftlichen Ausscheiden siehe aber Rz 1096 ff.
15.2.4 Vorgesellschaft
1010
Eine Vorgesellschaft (siehe dazu Rz 144 bis Rz 146) kann trotz fehlender Eintragung im Firmenbuch bereits Gruppenmitglied bzw. Gruppenträger sein, sofern die Voraussetzungen des § 4 KStG 1988 erfüllt sind. Kommt die Eintragung im Firmenbuch nicht zustande, ist die Vorgesellschaft steuerlich wie eine Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft) zu behandeln und kann daher von Beginn an nicht Gruppenmitglied bzw. Gruppenträger sein. Die bescheidmäßige Anerkennung der beantragten Unternehmensgruppe (siehe Rz 1589) hat daher erst nach der Eintragung im Firmenbuch des Gruppenträgers und der Mitglieder zu erfolgen.
15.2.5 Doppelt ansässige Gruppenmitglieder
1011
Aus § 7 Abs. 3 KStG 1988 und aus der gesetzlichen Normierung der doppelt ansässigen Körperschaften beim Gruppenträger (siehe Rz 1023 f) ergibt sich, dass doppelt ansässige Körperschaften auch als Gruppenmitglieder in Betracht kommen (zur Einstufung als ausländische oder inländische Körperschaft (siehe Rz 1012 f). Sollte ein in- oder ausländisches Gruppenmitglied einer bestehenden Unternehmensgruppe doppelt ansässig werden, ergeben sich dadurch für den Gruppenaufbau keine Änderungen.
Beispiel:
a) Eine GmbH mit Geschäftsleitung und Sitz in Deutschland ist Mitglied einer Unternehmensgruppe. Verlegt die deutsche GmbH ihre Geschäftsleitung nach Österreich, wird sie zum unbeschränkt steuerpflichtigen Gruppenmitglied. Da sie aber weiterhin keine „inländische“ Körperschaft ist (siehe Rz 1012 f), kann durch die Verlegung der Geschäftsleitung keine weitere ausländische Ebene (Tochtergesellschaft der deutschen GmbH) in die Unternehmensgruppe einbezogen werden, weil als beteiligte (übergeordnete) Körperschaft nach dem Gesetzeswortlaut nur eine „inländische“ Körperschaft in Betracht kommt.
b) Verlegt umgekehrt eine GmbH mit Geschäftsleitung und Sitz in Österreich die Geschäftsleitung ins Ausland, bleibt sie eine unbeschränkt steuerpflichtige „inländische“ Kapitalgesellschaft. Die ausländischen Töchter der österreichischen GmbH („erste Auslandsebene“) können unverändert Gruppenmitglieder bleiben.
Bei doppelt ansässigen Gruppenmitgliedern sind, anders als bei doppelt ansässigen Gruppenträgern (siehe Rz 1025), keine zusätzlichen Voraussetzungen wie die im Firmenbuch eingetragene Zweigniederlassung und die Zurechnung der Beteiligung an Gruppenmitgliedern zur Zweigniederlassung erforderlich. Ein inländischer Betrieb oder eine inländische Betriebsstätte ist daher für ein doppelt ansässiges Gruppenmitglied nicht erforderlich.
15.2.6 Ausländische Gruppenmitglieder
15.2.6.1 Ausländische Körperschaft und Vergleichbarkeit
1012
Nicht unbeschränkt steuerpflichtige ausländische Körperschaften kommen nach § 9 Abs. 2 zweiter Teilstrich KStG 1988 idF AbgÄG 2014 als Gruppenmitglieder in Betracht, wenn
- sie mit unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaften und Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, die unter § 7 Abs. 3 KStG 1988 fallen, vergleichbar sind, und
- in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat ansässig sind, mit dem eine umfassende Amtshilfe besteht (§ 9 Abs. 2 Teilstrich 3 KStG 1988, siehe dazu Rz 1013a) und
- ausschließlich mit unbeschränkt steuerpflichtigen Gruppenmitgliedern oder dem Gruppenträger iSd § 9 Abs. 4 KStG 1988 finanziell verbunden sind (§ 9 Abs. 2 Teilstrich 4 KStG 1988).
Eine ausländische Körperschaft liegt dann vor, wenn sich der Sitz der Körperschaft nicht in Österreich befindet. Ob eine ausländische Körperschaft mit einer inländischen Kapitalgesellschaft oder Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft, die unter § 7 Abs. 3 KStG 1988 fällt, vergleichbar ist, ist aus dem Blickwinkel des österreichischen Gesellschaftsrechts zu beurteilen. Die ausländische Körperschaft muss hinsichtlich ihrer Wesensmerkmale einer inländischen Kapitalgesellschaft oder Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft entsprechen (Typenvergleich, siehe Rz 134).
1013
Steht ein ausländisches Gruppenmitglied seinerseits an der Spitze einer nach ausländischem Abgabenrecht gebildeten „Gruppe“ oder „Organschaft“, kann nur das ausländische Gruppenmitglied individuell als solches in die (nationale) Gruppe einbezogen werden, weil nur das ausländische Gruppenmitglied einer inländischen Kapitalgesellschaft oder Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft vergleichbar ist (siehe auch Rz 1032 und Rz 1086 ff zur „Nachversteuerung“).
15.2.6.2 Voraussetzung einer umfassenden Amtshilfe
1013a
Seit dem 1.3.2014 können ausländische Körperschaften nur in eine Unternehmensgruppe aufgenommen werden, wenn mit ihrem Ansässigkeitsstaat eine umfassende Amtshilfe besteht (§ 9 Abs. 2 KStG 1988 idF AbgÄG 2014 sowie § 26c Z 45 KStG 1988). Nicht unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften, die bereits am 28.2.2014 bestehende Gruppenmitglieder waren, und die geänderten Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 Teilstrich 2 KStG 1988 idF AbgÄG 2014 nicht mehr erfüllen, scheiden mit 1.1.2015 aus der Unternehmensgruppe aus (§ 26c Z 45 KStG 1988, siehe Rz 1013c).
Beispiel:
Die österreichische A-GmbH (Bilanzstichtag 31.12.) erwirbt am 15.1.2013 100% der Geschäftsanteile einer ausländischen Kapitalgesellschaft, mit deren Ansässigkeitsstaat am 1.3.2014 keine umfassende Amtshilfe besteht. Der Bilanzstichtag der ausländischen Kapitalgesellschaft ist der 31.12. Eine erstmalige Einbeziehung der ausländischen Kapitalgesellschaft für deren per 31.12.2014 endendes Wirtschaftsjahr in die Unternehmensgruppe der A-GmbH ist nicht mehr möglich.
Eine umfassende Amtshilfe besteht mit sämtlichen Mitgliedstaaten der Europäischen Union aufgrund der Amtshilferichtlinie (RL 2011/16/EU) sowie mit bestimmten Drittstaaten aufgrund von großen Auskunftsklauseln in Doppelbesteuerungsabkommen oder aufgrund von Abkommen über den Informationsaustausch. Als abschließende Liste jener (Dritt-)Staaten, mit denen zum 1.3.2014 eine umfassende Amtshilfe bestand, ist die Information des BMF vom 02.04.2014, BMF-010221/0169-VI/8/2014, heranzuziehen.
1013b
Eine erstmalige Einbeziehung einer in einem Drittstaat ansässigen Körperschaft, mit deren Ansässigkeitsstaat bislang keine umfassende Amtshilfe bestand, setzt voraus, dass
- vor Ablauf des Wirtschaftsjahres der erstmaligen Einbeziehung dieser Körperschaft das Abkommen über eine umfassende Amtshilfe mit dem Drittstaat bereits in Kraft getreten ist und
- der Beginn der Wirksamkeit des jeweiligen Abkommens in zeitlicher Hinsicht so gelegen ist, dass eine umfassende Amtshilfe seitens des Drittstaates bereits für das Wirtschaftsjahr der erstmaligen Einbeziehung der ausländischen Körperschaft möglich ist (siehe auch Rz 1159).
Beispiel:
Österreich schließt mit einem Drittstaat X ein DBA mit großer Auskunftsklausel ab. Das Abkommen tritt am 1.5.2014 in Kraft und soll erstmals für Besteuerungszeiträume wirksam werden, die am oder nach dem 1.1.2015 beginnen. Die österreichische A GmbH (Bilanzstichtag 31.12.) ist Gruppenträger einer Unternehmensgruppe und erwirbt am 1.6.2014 100% der Anteile einer im Staat X ansässigen Kapitalgesellschaft, deren erstes dem Erwerb folgendes „volles“ Wirtschaftsjahr mit 30.6.2015 endet. Ein allfälliger Verlust für dieses Wirtschaftsjahr wäre dem Ergebnis des Gruppenträgers somit erstmals für dessen am 1.1.2015 beginnendes Wirtschaftsjahr 2015 zuzurechnen. Da das Abkommen bereits vor Ablauf des Wirtschaftsjahres der erstmaligen Einbeziehung der ausländischen Kapitalgesellschaft in die Unternehmensgruppe in Kraft getreten ist, der Besteuerungszeitraum 2015 der österreichischen GmbH vom Abkommen erfasst ist und sich die benötigte Information auch auf diesen Besteuerungszeitraum bezieht, ist eine Einbeziehung der ausländischen Tochtergesellschaft in die Unternehmensgruppe der A GmbH daher für dessen Wirtschaftsjahr 2014/2015 bereits für das Jahr 2015 möglich.
1013c
Sind am 28.2.2014 bereits bestehende ausländische Gruppenmitglieder in einem Staat ohne umfassende Amtshilfe ansässig und erfüllen daher die Voraussetzung des § 9 Abs. 2 KStG 1988 idF AbgÄG 2014 zum 1.3.2014 nicht, bleiben sie dennoch bis 31.12.2014 unverändert in der Unternehmensgruppe und scheiden erst mit 1.1.2015 ex lege aus der Unternehmensgruppe aus (§ 26c Z 45 lit. a KStG 1988). Bestand mit Drittstaaten zum 1.3.2014 noch keine umfassende Amtshilfe, wird diese jedoch erstmals für Besteuerungszeiträume wirksam, die am 1.1.2015 beginnen, bestehen jedoch keine Bedenken gegen den unveränderten Verbleib von ausländischen Gruppenmitgliedern aus diesen Drittstaaten in der Unternehmensgruppe.
Als abschließende Liste jener (Dritt-)Staaten, mit denen mit Stand 1.1.2015 eine umfassende Amtshilfe aufgrund des multilateralen Amtshilfeabkommens oder anderer Rechtsgrundlagen (DBA, Tax Information Exchange Agreements – TIEA) besteht, ist die Information des BMF vom 27.1.2015, BMF-010221/0844-VI/8/2014, heranzuziehen. Somit kommt es am 1.1.2015 zu einem ex lege Ausscheiden jener ausländischen Gruppenmitglieder, die in – nicht auf dieser Liste genannten – Drittstaaten ansässig sind.
1013d
Im Falle des ex lege Ausscheidens ausländischer Gruppenmitglieder ist die Zurechnung eines laufenden Verlustes bzw. die Vornahme einer regulären Nachversteuerung somit letztmalig für Wirtschaftsjahre der ausscheidenden Körperschaft möglich, die im Kalenderjahr 2014 enden. Dies gilt auch dann, wenn der Verlust oder der Nachversteuerungsbetrag aufgrund zeitlich verschobener Bilanzstichtage erst zu einem späteren Zeitpunkt in das zusammengefasste Gruppenergebnis eingeht.
1013e
Aufgrund des ex lege Ausscheidens ausländischer Gruppenmitglieder aus Staaten ohne umfassende Amtshilfe mit 1.1.2015 kommt es zur Nachversteuerung sämtlicher noch nachversteuerungshängiger Verluste. Dabei ist Folgendes zu beachten:
- Wird durch das Ausscheiden die dreijährige Mindestdauer gemäß § 9 Abs. 10 KStG 1988 (siehe dazu Rz 1593 ff) nicht eingehalten, kommt es abweichend von der allgemeinen Regelung zu keiner Rückabwicklung gemäß § 9 Abs. 10 letzter Teilstrich KStG 1988. § 295a BAO kommt daher nicht zur Anwendung.
- Der nachzuversteuernde Betrag ist nicht zur Gänze im Jahr des Ausscheidens als Gewinn zuzurechnen, sondern gleichmäßig auf das Jahr des Ausscheidens sowie die beiden Folgejahre zu verteilen. Das erste Drittel des Nachversteuerungsbetrages ist dem unmittelbar beteiligten Gruppenmitglied bzw. dem Gruppenträger somit in der Veranlagungsperiode 2015, die weiteren beiden Drittel in den Veranlagungsperioden 2016 und 2017 zuzurechnen.
Beispiel 1:
Der Gruppenträger GT bildet gemeinsam mit den inländischen Gruppenmitgliedern GM1 und GM2 sowie dem ausländischen Gruppenmitglied GM3 seit 2006 eine Unternehmensgruppe. GM3 ist in einem Staat ansässig, mit dem zum 1.3.2014 keine umfassende Amtshilfe besteht. Im Wirtschaftsjahr 2014 erleidet GM3 einen Verlust in Höhe von -100.000, der dem unmittelbar verbundenen Gruppenmitglied GM2 zuzurechnen ist. Aus den Vorjahren sind von GM3 noch zugerechnete Verluste iHv -800.000 nachversteuerungshängig, insgesamt daher -900.000.
Da GM3 in einem Staat ansässig ist, mit dem keine umfassende Amtshilfe besteht, scheidet es zum 1.1.2015 aus der Unternehmensgruppe aus. GM3 kann jedoch bis 31.12.2014 unverändert Teil der Unternehmensgruppe bleiben, weshalb der bei GM3 im Wirtschaftsjahr 2014 ermittelte Verlust in Höhe von 100.000 letztmalig in das Gruppenergebnis eingehen kann. Das Ausscheiden von GM3 mit 1.1.2015 löst die Nachversteuerung sämtlicher noch nachversteuerungshängiger Verluste in Höhe von 900.000 aus. Im Jahr 2015 ist dem unmittelbar beteiligten Gruppenmitglied GM2 aber nicht der volle Nachversteuerungsbetrag, sondern bloß ein Drittel zuzurechnen. In den Veranlagungsjahren 2016 und 2017 folgt je ein weiteres Drittel. Da sowohl GM3, GM2 als auch GM1 als Bilanzstichtag den 31.12. haben, sind die „Nachversteuerungsdrittel“ dem Gruppenträger ohne zeitliche Verzögerungen zuzurechnen; die effektive Nachversteuerung auf Ebene des Gruppenträgers erfolgt somit in Höhe von je 300.000 in den Veranlagungen für die Kalenderjahre 2015 bis 2017.
Aufgrund der stufenweisen Zurechnung der Ergebnisse in der Unternehmensgruppe kann sich die tatsächliche Nachversteuerung auf Ebene des Gruppenträgers – in Abhängigkeit von der Größe der Unternehmensgruppe sowie den jeweiligen Bilanzstichtagen der inländischen Gruppenmitglieder – zeitlich verzögern. Die effektive Nachversteuerung des letzten Drittels des Nachversteuerungsbetrages kann somit auch nach 2017 stattfinden.
Beispiel 2:
Die Unternehmensgruppe besteht aus dem Gruppenträger GT (Bilanzstichtag 31.10.), der zu 100% an dem inländischen Gruppenmitglied GM1 (Bilanzstichtag 30.11.) beteiligt ist. GM1 ist wiederum zu 100% an diesem ausländischen Gruppenmitglied GM2 (keine umfassende Amtshilfe, Bilanzstichtag 31.12.) beteiligt. Im Wirtschaftsjahr 2014 beträgt der Verlust von GM2 -200.000. Aus Vorjahren sind von GM2 noch zugerechnete Verluste iHv -700.000 nachversteuerungshängig.
GM2 scheidet per 1.1.2015 ex lege aus der Unternehmensgruppe aus. Der Verlust des Wirtschaftsjahres 2014 wird daher dem beteiligten Gruppenmitglied GM1 am 30.11.2015 zugerechnet und fließt aufgrund der stufenweisen Ergebniszurechnung erst am 31.10.2016 in das Ergebnis von GT ein. Der Verlust von GM2 aus 2014 findet daher erst bei der Veranlagung des Gruppeneinkommens für 2016 Berücksichtigung. Durch das Ausscheiden per 1.1.2015 wird die Nachversteuerung sämtlicher zugerechneter nachversteuerungshängiger Verluste iHv -900.000 ausgelöst. Aufgrund der stufenweisen Ergebniszurechnung ist das erste Drittel des Nachversteuerungsbetrages iHv 300.000 erst bei der Veranlagung des Gruppeneinkommens für 2017 ergebniserhöhend zu erfassen. Die beiden weiteren Drittel des Nachversteuerungsbetrages sind folglich in den Veranlagungsperioden 2018 und 2019 zu erfassen.
Führt das ex lege Ausscheiden ausländischer Gruppenmitglieder auch zum Ausscheiden weiterer Gruppenmitglieder, für die das vom ex lege Ausscheiden betroffene Gruppenmitglied eine finanzielle Verbindung vermittelt hat, gelten die Vorschriften über die Nachversteuerung anlässlich des ex lege Ausscheidens entsprechend.
Beispiel 3:
Die Unternehmensgruppe besteht aus dem Gruppenträger GT, dem inländischen GM1, dem chinesischen Gruppenmitglied GM2 (keine umfassende Amtshilfe zum 1.3.2014) und dem deutschen Gruppenmitglied GM3. GT ist an GM2 zu 100% und an GM3 zu 10% unmittelbar beteiligt; GM2 ist wiederum zu 50% an GM3 beteiligt, sodass GM2 dem GT eine ausreichend finanzielle Verbindung iSd § 9 Abs. 4 Teilstrich 3 KStG 1988 vermittelt. Da am 1.3.2014 mit China keine umfassende Amtshilfe besteht, scheidet GM2 mit 1.1.2015 ex lege aus der Unternehmensgruppe aus. Dadurch geht auch die finanzielle Verbindung des GT an GM3 unter. Es kommt daher zu einer Nachversteuerung sämtlicher noch offener Verluste von GM2 sowie GM3 in den Veranlagungsjahren 2015 bis 2017. Die Unternehmensgruppe besteht aufgrund des Ausscheidens von GM2 und GM3 in weiterer Folge nur noch aus dem GT und dem inländischen GM1.
15.2.6.3 Ausschluss der Gruppenzugehörigkeit von Tochtergesellschaften von ausländischen Gruppenmitgliedern
1014
Ein ausländisches Gruppenmitglied darf nach § 9 Abs. 2 zweiter Teilstrich KStG 1988 innerhalb der Unternehmensgruppe „ausschließlich“ mit unbeschränkt steuerpflichtigen Gruppenmitgliedern oder dem Gruppenträger ausreichend finanziell iSd § 9 Abs. 4 KStG 1988 verbunden sein. Die Gruppenbildung im Ausland ist daher auf eine Ebene begrenzt; ausländische Tochterkörperschaften eines ausländischen Gruppenmitglieds, an denen eine finanzielle Verbindung des ausländischen Gruppenmitglieds iSd § 9 Abs. 4 KStG 1988 besteht, sind von der Unternehmensgruppe ausgeschlossen. Die erforderliche „Ausschließlichkeit“ der ausreichenden finanziellen Verbindung hat nur für die Gruppenzugehörigkeit Bedeutung, eine Beteiligung anderer nicht zur Gruppe gehörender Personen an der ausländischen Körperschaft hindert die Gruppenzugehörigkeit nicht.
Auch eine inländische Tochterkörperschaft eines ausländischen Gruppenmitglieds, die mit diesem gemäß § 9 Abs. 4 KStG 1988 ausreichend finanziell verbunden ist, kann grundsätzlich nicht in die Unternehmensgruppe einbezogen werden, weil nach § 9 Abs. 2 KStG 1988 die „beteiligte Körperschaft“ (übergeordnetes Gruppenmitglied) eine „inländische“ Körperschaft sein muss.
Im Sinne der Rs Papillon ist es unzulässig, die Zurechnung der Ergebnisse einer inländischen Enkelgesellschaft nach Maßgabe des § 9 KStG 1988 zu verwehren, wenn die Beteiligung an dieser Enkelgesellschaft nicht über eine inländische, sondern über eine in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Tochtergesellschaft gehalten wird. Der Gesetzeswortlaut des § 9 Abs. 2 erster Teilstrich KStG 1988 wird daher dahingehend verdrängt, als die Ergebnisse inländischer Enkelgesellschaften, die über ein in einem anderen Mitgliedstaat ansässiges Gruppenmitglied gehalten werden, in die Unternehmensgruppe einbezogen werden können. Aus den Ausführungen des EuGH in der Rs Papillon ist jedoch nicht abzuleiten, diesen inländischen Enkelgesellschaften den Status eines Vollmitglieds der Unternehmensgruppe zuzuerkennen, weshalb mit ihnen finanziell verbundene in- und ausländische Körperschaften nicht in die Unternehmensgruppe einbezogen werden können. Die Ergebnisse der inländischen Enkelgesellschaft (einschließlich der Ergebnisse ihrer in- und ausländischen Betriebsstätten) gehen zu 100% zeitgleich mit den Ergebnissen des ausländischen Gruppenmitglieds in die Unternehmensgruppe ein.
Auf die Gewinnermittlung des ausländischen Gruppenmitglieds hat diese Auslegung im Lichte der Rs Papillon folgende Auswirkungen:
- Da die steuerliche Erfassung von (Gewinnen und) Verlusten der inländischen Enkelgesellschaft bei der die finanzielle Verbindung zum ausländischen Gruppenmitglied vermittelnden inländischen Muttergesellschaft erfolgt, ist eine steuerwirksame Teilwertabschreibung der Beteiligung an der inländischen Enkelgesellschaft ausgeschlossen. Somit wird eine doppelte Verlustberücksichtigung vermieden.
- Die Vornahme einer Firmenwertabschreibung durch das ausländische Gruppenmitglied ist nicht möglich.
Für die Einbeziehung der Ergebnisse einer inländischen Enkelgesellschaft gelten die Voraussetzungen gemäß § 9 Abs. 8 KStG 1988 sinngemäß.