15.2.7 Gruppenmitglieder als Mitbeteiligte einer Beteiligungsgemeinschaft
15.2.7.1 Rechtslage für zum 30.6.2010 bestehende Beteiligungsgemeinschaften
1015
Auf zum 30. Juni 2010 bestehende Beteiligungsgemeinschaften ist § 9 Abs. 2 KStG 1988 idF vor dem Abgabenänderungsgesetz 2010, BGBl. I Nr. 34/2010, nach Maßgabe des § 26c Z 18 KStG 1988 (siehe dazu Rz 1016 f) weiter anzuwenden. Daher können inländische unbeschränkt steuerpflichtige Gruppenmitglieder auch Mitbeteiligte einer Beteiligungsgemeinschaft nach Maßgabe des Abs. 3 und des Abs. 4 sein (zu den Voraussetzungen der Beteiligungsgemeinschaft siehe Rz 1026 ff). Die Bildung einer Beteiligungsgemeinschaft war daher bis zum 30. Juni 2010 auch auf einer „mittleren Ebene“ einer Unternehmensgruppe möglich. Ausländische Gruppenmitglieder können nicht Mitbeteiligte einer Beteiligungsgemeinschaft sein.
1016
§ 26c Z 18 KStG 1988 sieht vor, dass § 9 Abs. 2 und 3 KStG 1988 idF vor dem Abgabenänderungsgesetz 2010, BGBl. I Nr. 34/2010, auf zum 30. Juni 2010 bestehende Beteiligungsgemeinschaften bis zum 31. Dezember 2020 nur dann weiter anzuwenden ist, wenn die Beteiligungsgemeinschaft in ihrer Struktur unverändert („eingefroren“) bleibt. Dies ist unter folgenden Voraussetzungen der Fall:
- Die Beteiligungsgemeinschaft nimmt keine neuen Körperschaften in die Unternehmensgruppe auf.
- Es werden keine neuen Mitbeteiligten in die Beteiligungsgemeinschaft aufgenommen.
- Das Beteiligungsausmaß der Beteiligungsgemeinschaft an den Beteiligungskörperschaften bleibt unverändert.
Die Verletzung einer dieser Voraussetzungen führt im Zeitpunkt der Verletzung zur Auflösung der Beteiligungsgemeinschaft. Auch Umgründungen im Sinne des UmgrStG können zu einer schädlichen Strukturänderung der Beteiligungsgemeinschaft führen (zu schädlichen Strukturveränderungen durch Verschmelzungen siehe UmgrStR 2002 Rz 351b, 352b, 352c, 353f, 353j, zu schädlichen Strukturveränderungen durch Einbringungen siehe UmgrStR 2002 Rz 1245b, 1245d, 1245h).
Zum 1. Jänner 2021 noch bestehende Beteiligungsgemeinschaften, die nicht Gruppenträger sind, gelten als an diesem Tag aufgelöst. Vermittelt das bisherige hauptbeteiligte Gruppenmitglied alleine oder zusammen mit einem bisher minderbeteiligten Gruppenmitglied dem Gruppenträger eine ausreichende finanzielle Verbindung an der bislang über die aufgelöste Beteiligungsgemeinschaft in die Unternehmensgruppe einbezogenen Beteiligungskörperschaft, kann diese weiterhin nahtlos (ohne neuerlichen Antrag) in die Unternehmensgruppe des Gruppenträgers einbezogen werden (siehe Rz 1028).
1017
Von einer zum 30. Juni 2010 bestehenden Beteiligungsgemeinschaft ist auszugehen, wenn innerhalb einer bereits bestehenden Unternehmensgruppe
- der Abschluss des die Beteiligungsgemeinschaft errichtenden Vertrags vor dem 30. Juni 2010 erfolgt;
- dessen Anzeige beim zuständigen Finanzamt gemäß § 9 Abs. 8 KStG 1988 bis zum 31. Juli 2010 erfolgt und
- das Wirtschaftsjahr der Beteiligungskörperschaft, in das der 30. Juni 2010 fällt, bereits in die Unternehmensgruppe einbezogen werden soll. Eine Syndizierung für die Zukunft ist nicht ausreichend.
Es ist nicht erforderlich, dass bereits vor dem 30. Juni 2010 Ergebnisse über die Beteiligungsgemeinschaft zugerechnet wurden. Besteht noch keine Unternehmensgruppe, muss zusätzlich auch der Gruppenantrag bis zum 31. Juli 2010 beim zuständigen Finanzamt gestellt worden sein.
15.2.7.2 Rechtslage für nach dem 30.6.2010 gebildete Beteiligungsgemeinschaften
1018
Gemäß § 9 Abs. 2 KStG 1988 idF AbgÄG 2010, BGBl. I Nr. 34/2010, können Gruppenmitglieder nicht Mitbeteiligte einer Beteiligungsgemeinschaft sein. Es können daher keine Beteiligungsgemeinschaften auf „mittlerer Ebene“ einer Unternehmensgruppe mehr gebildet werden. Daher sind auch keine Beteiligungsgemeinschaften zwischen dem Gruppenträger und einem Gruppenmitglied seiner Unternehmensgruppe mehr möglich.
1019
Im Hinblick auf die in § 9 Abs. 4 KStG 1988 beschriebenen Mindestbeteiligungsquoten (40% und 15%) können maximal fünf Mitbeteiligte eine Beteiligungsgemeinschaft bilden (40% + 15% +15% + 15% + 15%). Ob nur ein Mitbeteiligter einer Unternehmensgruppe angehört oder mehrere oder alle Mitbeteiligte(n) je einer Unternehmensgruppe angehören, ist nicht beachtlich.
15.2.8 Finanzielle Verbindung
1020
Die Einbeziehung in eine Unternehmensgruppe setzt eine finanzielle Verbindung von mehr als 50% am Nennkapital und an den Stimmrechten voraus (siehe Rz 1033 bis Rz 1054). Ausländische Gruppenmitglieder dürfen in diesem Ausmaß nur mit unbeschränkt steuerpflichtigen inländischen Gruppenmitgliedern oder dem Gruppenträger finanziell verbunden sein. Bis zu einem Ausmaß von höchstens 50% können ausländische Gruppenmitglieder untereinander finanziell verbunden sein. Ist daher zB der inländische Gruppenträger GT am ausländischen Gruppenmitglied GM1 zu 100% beteiligt und GM1 am ausländischen Gruppenmitglied GM2 zu 50% beteiligt, kann GM2 in die Unternehmensgruppe einbezogen werden, wenn auch GT an GM2 (zB zu 10%) unmittelbar beteiligt ist.
15.3 Gruppenträger
15.3.1 Allgemeines
1021
Mit dem Gruppenträger wird jene Funktion beschrieben, die an der Spitze der Unternehmensgruppe steht und die die vereinigten steuerlichen Ergebnisse zu versteuern hat. § 9 Abs. 3 KStG 1988 sieht in einer taxativen Aufzählung die Gruppenträgereigenschaft vor für
- bestimmte inländische unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften (siehe Rz 1022)
- bestimmte ausländische beschränkt oder unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften (siehe Rz 1023 bis Rz 1025)
- Beteiligungsgemeinschaften (Rz 1026 bis Rz 1030).
15.3.2 Inländische unbeschränkt steuerpflichtige Gruppenträger
1022
Gruppenträger können nach § 9 Abs. 3 Teilstrich 1 bis 3 KStG 1988 nur unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften (Aktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung) und unter § 7 Abs. 3 KStG 1988 fallende Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften sowie Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit im Sinne des VAG 2016 und Kreditinstitute im Sinne des BWG sein. Andere Körperschaftsteuersubjekte wie Privatstiftungen, Vereine, Betriebe gewerblicher Art von Körperschaften des öffentlichen Rechts, nichtrechtsfähige Personenvereinigungen, Anstalten, Stiftungen und andere Zweckvermögen können nicht Gruppenträger sein. Die Qualifikation der genannten Körperschaften als operativ oder vermögensverwaltend ist für die Gruppenträgereigenschaft ohne Bedeutung.
Zur Eignung befreiter Körperschaften siehe Rz 1007 f. Zur Vorgesellschaft siehe Rz 1010.
15.3.3 Ausländische beschränkt steuerpflichtige Gruppenträger
1023
Nach § 9 Abs. 3 vierter Teilstrich KStG 1988 sind ausländische beschränkt steuerpflichtige Körperschaften gruppenträgerfähig, wenn sie entweder EU-Körperschaften laut Anlage 2 zum EStG 1988, die den inländischen gruppenträgerfähigen Körperschaften vergleichbar sind, oder den österreichischen Kapitalgesellschaften vergleichbare Gesellschaften mit Sitz und Ort der Geschäftsleitung im EU/EWR-Raum (Norwegen, Island und Liechtenstein) sind. Diese beschränkt steuerpflichtigen EU/EWR-Körperschaften müssen zudem einen inländischen Anknüpfungspunkt haben, dh. sie müssen mit einer Zweigniederlassung im österreichischen Firmenbuch eingetragen sein und die Beteiligungen an den Gruppenmitgliedern müssen funktional (siehe dazu Rz 433) zum Betriebsvermögen der Zweigniederlassung gehören. Ob eine inländische Zweigniederlassung vorliegt, ist nach § 12 UGB bzw. § 254 AktG zu beurteilen.
1024
Fehlt es an einer Zweigniederlassung (Rz 1023), liegt aber eine Beteiligung einer ausländischen Körperschaft an einer im Firmenbuch eingetragenen inländischen Personengesellschaft (OG oder KG), die den Gewinn nach § 5 EStG 1988 ermittelt, vor, kann darin eine Zweigniederlassung nur dann angenommen werden, wenn die inländische Personengesellschaft operativ tätig ist und die Beteiligungen an den Gruppenmitgliedern zum Betriebsvermögen der Personengesellschaft gehören. Es ist nicht erforderlich, dass die ausländische Körperschaft 100-prozentiger Mitunternehmer ist, solange die ausreichende finanzielle Verbindung iSd § 9 Abs. 4 KStG 1988 (siehe Rz 1039 bis Rz 1054) vorliegt. Unter den genannten Voraussetzungen kann auch eine inländische GmbH & Co KG als Zweigniederlassung eingestuft werden. Die unwesentliche Beteiligung von mehreren ausländischen Kapitalgesellschaften an einer inländischen Personengesellschaft kann nicht als Zweigniederlassung angesehen werden, weil es dann an der für die Zweigniederlassung unternehmensrechtlich notwendigen Unternehmensidentität fehlt.
Ein beschränkt steuerpflichtiger ausländischer Gruppenträger kann seinerseits Mitglied einer ausländischen „Gruppe“ oder „Organschaft“ sein, weil er sich zwar formal in der Stellung des Gruppenträgers befindet, steuerlich reduziert sich diese Stellung aber letztlich auf seinen beschränkt steuerpflichtigen (inländischen) Bereich.
15.3.4 Doppelt ansässige ausländische Gruppenträger
1025
Nach § 7 Abs. 3 erster Satz KStG 1988 gelten mit inländischen vergleichbare ausländische Körperschaften mit Geschäftsleitung im Inland nicht mehr als sonstige juristische Personen, sondern als die entsprechenden Körperschaften und sind damit gruppenträgerfähig. § 9 Abs. 3 KStG 1988 sieht im Interesse einer systemkonformen Gleichbehandlung mit den beschränkt steuerpflichtigen Trägerkörperschaften für doppelt ansässige Körperschaften denselben inländischen Anknüpfungspunkt vor. Eine in mehreren Staaten unbeschränkt steuerpflichtige („doppelt ansässige“) Körperschaft kann nur dann Gruppenträger sein, wenn sie im Inland mit einer Zweigniederlassung im Firmenbuch eingetragen ist und die Beteiligung an Gruppenmitgliedern der Zweigniederlassung zuzurechnen ist. Die Ausführungen in Rz 1023 f gelten entsprechend.
15.3.5 Beteiligungsgemeinschaft
15.3.5.1 Allgemeines
1026
Nach § 9 Abs. 3 letzter Teilstrich KStG 1988 ist eine so genannte Mehrmüttergruppe im Wege einer die Gruppenträgereigenschaft vermittelnde Beteiligungsgemeinschaft möglich, wenn sie ausschließlich aus den in den Rz 1022 bis Rz 1025 genannten gruppenträgerfähigen Körperschaften gebildet wird. Die Zusammensetzung der Mitbeteiligten der Beteiligungsgemeinschaft hinsichtlich der Rechtsformen (Kapitalgesellschaft, Genossenschaft, Sparkasse, Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit) bleibt der Privatautonomie der Körperschaften überlassen. Die für die Bildung einer Beteiligungsgemeinschaft notwendigen Beteiligungsverhältnisse gibt § 9 Abs. 4 letzter Teilstrich KStG 1988 vor (siehe Rz 1047 bis Rz 1050).
1027
Die in § 9 Abs. 3 KStG 1988 angesprochene Beteiligungsgemeinschaft steht an der Spitze einer Unternehmensgruppe. Mit dem AbgÄG 2010, BGBl. I Nr. 34/2010, wurde die Möglichkeit der Minderbeteiligten dieser Gruppenträger-Beteiligungsgemeinschaft, zugleich auch einer anderen Unternehmensgruppe anzugehören, wie folgt eingeschränkt:
- Auf zum 30. Juni 2010 bestehende Beteiligungsgemeinschaften ist § 9 Abs. 3 KStG 1988 idF vor dem AbgÄG 2010, BGBl. I Nr. 34/2010, nach Maßgabe des § 26c Z 18 KStG 1988 (siehe dazu Rz 1016 und 1017) weiter anzuwenden. Die Minderbeteiligten einer solchen Beteiligungsgemeinschaft können bis zum 31. Dezember 2020 Gruppenmitglied oder Gruppenträger einer anderen Unternehmensgruppe sein. Jene Mitbeteiligte einer zum 30. Juni 2010 bestehenden Beteiligungsgemeinschaft, die gleichzeitig Gruppenmitglied einer anderen Unternehmensgruppe sind, scheiden gemäß § 26c Z 19 KStG 1988 spätestens am 1. Jänner 2021 aus der Beteiligungsgemeinschaft aus.
- Minderbeteiligte einer nach dem 30. Juni 2010 gebildeten Beteiligungsgemeinschaft können dagegen lediglich Gruppenträger einer anderen Unternehmensgruppe sein.
- Der Hauptbeteiligte einer Gruppenträger-Beteiligungsgemeinschaft ist Gruppenträger einer einzigen Unternehmensgruppe.
Beispiel:
Die A-GmbH hält 100% an der aa-GmbH, die aa-GmbH hält 100% an der ab-GmbH; die A-GmbH ist weiters an der ac-GmbH zu 40% beteiligt, an der auch die C-GmbH zu 20% beteiligt ist, die A-GmbH bildet mit der C-GmbH eine Beteiligungsgemeinschaft, bei der die A-GmbH Hauptbeteiligter ist; weiters hält die A-GmbH 20% an der bb-GmbH, an der die B-GmbH zu 40% beteiligt ist, die A-GmbH bildet mit der B-GmbH eine Beteiligungsgemeinschaft, bei der die A-GmbH Minderbeteiligter ist. Die Gruppe A kann nur aus der A-GmbH als Gruppenträger sowie der aa-GmbH, der ab-GmbH und der ac-GmbH als Gruppenmitglieder bestehen. Die B-GmbH kann ihrerseits Gruppenträger einer Gruppe B sein, zu ihrer Gruppe B gehört die bb-GmbH. Die C-GmbH könnte ebenfalls Gruppenträger einer Gruppe C sein, hat aber in diesem Beispiel keine Beteiligungskörperschaft unter sich.
1028
Mitbeteiligte einer Gruppenträger-Beteiligungsgemeinschaft können alle in § 9 Abs. 3 KStG 1988 genannten Körperschaften sein, das heißt, auch beschränkt steuerpflichtige EU/EWR-Körperschaften, wenn sie die genannten Voraussetzungen (eingetragene Zweigniederlassung und Zurechnung der Beteiligung zum Betriebsvermögen) erfüllen (siehe Rz 1025).
Die Beteiligungsgemeinschaft als solche wird durch den Hauptbeteiligten charakterisiert. Daher ist es zB auch möglich, dass der Hauptbeteiligte einer Beteiligungsgemeinschaft nachträglich zum (alleinigen) Gruppenträger wird, wenn die Minderbeteiligten aus der Beteiligungsgemeinschaft ausscheiden und der bisherige Hauptbeteiligte auch alleine ausreichend finanziell verbunden ist. Umgekehrt kann auch im Nachhinein eine Beteiligungsgemeinschaft gebildet werden, wodurch der bisherige Gruppenträger zum Hauptbeteiligten der Beteiligungsgemeinschaft wird.
15.3.5.2 Erscheinungsformen der Beteiligungsgemeinschaft
1029
Formal ist die Beteiligungsgemeinschaft im Wege einer eigens dafür gegründeten Personengesellschaft oder mittels Syndikatsvertrages zu bilden. Ein Syndikatsvertrag ist schriftlich zu verfassen. Der gesetzliche Verweis auf die Fusionskontrollverordnung stellt den Begriff der Syndizierung klar und ermöglicht die Bildung einer Beteiligungsgemeinschaft in jenen Fällen, in denen ein Beteiligungsgleichstand von 50% zu 50% vorliegt; in diesem Sonderfall eines Beteiligungsgleichstandes von 50% zu 50% ist weder ein Syndikatsvertrag noch die Gründung einer eigenen Personengesellschaft notwendig.
15.3.5.3 Geltungsbereich der Beteiligungsgemeinschaft
1030
Die Beteiligungsgemeinschaft kann zunächst dafür eingesetzt werden, die sonst nicht ausreichende finanzielle Verbindung an einer gruppenmitgliedsfähigen Körperschaft herzustellen; dies ist der Fall, wenn keine Körperschaft für sich eine mehr als 50-prozentige Beteiligung besitzt. Die Beteiligungsgemeinschaft kann aber auch dazu dienen, trotz Vorliegen einer ausreichenden finanziellen Verbindung einer Körperschaft eine oder mehrere minderbeteiligte Körperschaften in die Wirkungen einer Unternehmensgruppe einzubeziehen.
15.3.6 Keine Zugehörigkeit zu mehreren Gruppen
1031
Unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften können immer nur einer Unternehmensgruppe als Gruppenmitglied bzw. Gruppenträger angehören. Ein Gruppenträger kann daher nicht zugleich Gruppenträger einer anderen Unternehmensgruppe sein.
Beispiel:
Eine unbeschränkt steuerpflichtige AG besitzt drei 100-prozentige Beteiligungen an den inländischen GmbH 1, 2 und 3. Sie kann frei disponieren, ob sie eine Gruppe mit 1, mit 2, mit 3, mit 1 und 2, mit 2 und 3 oder mit 1, 2 und 3 bilden will. Sie kann aber nicht je eine Gruppe mit 1, mit 2, mit 3 usw. bilden. Hat sie zB zunächst nur mit 1 eine Gruppe gebildet, kann sie die anderen Tochtergesellschaften nur im Wege der Erweiterung der bestehenden Gruppe einbeziehen.
1032
Ebenso ist eine Doppelstellung einer Körperschaft als Gruppenträger und Gruppenmitglied einer anderen Unternehmensgruppe nicht möglich (siehe auch VwGH 26.7.2017, Ro 2016/13/0007-3). Ausländische Gruppenmitglieder können ihrerseits ausländischen nach ausländischem Abgabenrecht gebildeten „Gruppen“ oder „Organschaften“ angehören, was allerdings für die inländische Gruppenzugehörigkeit unbeachtlich ist. Beschränkt steuerpflichtige Gruppenträger können auch dann nur einmal Gruppenträger sein, wenn sie mehrere eingetragene Zweigniederlassungen im Inland haben (siehe Rz 1023 f). Jede inländische Zweigniederlassung ist in die Unternehmensgruppe einzubeziehen; hinsichtlich der von den Zweigniederlassungen gehaltenen Beteiligungen besteht keine Verpflichtung, alle die Gruppenvoraussetzungen erfüllenden Beteiligungen in die Unternehmensgruppe einzubeziehen.
15.4 Finanzielle Verbindung
15.4.1 Kapitalbeteiligung und Stimmrechtsmehrheit
1033
Nach § 9 Abs. 4 KStG 1988 ist materielle Voraussetzung für die Bildung einer Unternehmensgruppe die finanzielle Verbindung durch eine Beteiligung von mehr als 50% am Grund-, Stamm- oder Genossenschaftskapital und an den Stimmrechten der einzubeziehenden Körperschaft. Diese Voraussetzung bezieht sich auf alle Körperschaften in der Unternehmensgruppe. Durch die kapitalmäßige Beschränkung auf das gesellschaftsrechtliche Nennkapital kann Surrogatkapital (Partizipations- und Substanzgenussrechtskapital) ebenso wenig die finanzielle Verbindung vermitteln wie Wandel-, Gewinnschuldverschreibungen, eine Darlehensgewährung (auch bei Annahme von verdecktem Grund- oder Stammkapital) oder der Fruchtgenuss an Anteilen. Ein kapitalmäßiger Anteilsbesitz erfordert das wirtschaftliche Eigentum (§ 24 BAO) am Grund-, Stamm- oder Genossenschaftskapital. Die finanzielle Verbindung kann auch über eine entsprechende Treuhandschaft hergestellt werden, sofern die Treuhandschaft gegenüber der Abgabenbehörde offen gelegt wurde. Umgekehrt vermitteln als verdeckte Treuhänder fungierende Körperschaften nicht die Voraussetzungen für eine finanzielle Verbindung.
1034
Die Stimmrechtsmehrheit ist quantitativ zu verstehen und bedeutet mehr als 50% der Stimmrechte. Besondere Mehrheitserfordernisse für Beschlussfassungen und Stimmrechtsbindungen (durch Syndikatsverträge) sind unbeachtlich. Stimmrechtslose Vorzugsaktien (§ 12a AktG) sind bei aufrechter Stimmrechtsbeschränkung bei Ermittlung der notwendigen Stimmenzahl nicht einzubeziehen. Eigene Anteile und solche, die treuhändisch gehalten werden, verschaffen kein Stimmrecht (§ 65 Abs. 5 AktG, § 39 GmbHG) und sind bei Ermittlung der Stimmrechtsmehrheit nicht zu berücksichtigen. Auch das Stimmrechtsverbot eines abhängigen Unternehmens im herrschenden Unternehmen ist bei der Beurteilung des maßgebenden Stimmrechtsausmaßes zu beachten. Ebenso sind Stimmrechtsbeschränkungen wie Höchststimmrechte und Abstufungen nach § 12 Abs. 2 AktG, Kopfstimmrechte oder das diesem entsprechende in der Rechtsgrundlage verankerte Einstimmigkeitsprinzip zu berücksichtigen.
Beispiel:
An der Zielgesellschaft sind die Gesellschaft A mit 51%, die Gesellschaft B mit 25% und die Gesellschaft C mit 24% am Nennkapital beteiligt. Die Satzung legt aber fest, dass pro Gesellschafter maximal 25% Stimmrechte zum Tragen kommen. Es liegt somit keine Stimmrechtsmehrheit von A vor.
Weichen die Mehrheitsbeteiligungen am Nennkapital und an den Stimmrechten der Höhe nach voneinander ab, ist auf die Beteiligung am Nennkapital abzustellen (ist insbesondere bei der Firmenwertabschreibung und bei ausländischen Gruppenmitgliedern von Bedeutung).
15.4.2 Disposition über Gruppenbildung
1035
Hinsichtlich der Gruppenbildung besteht dem Grunde nach volle Autonomie der betroffenen Körperschaften. Bei Vorliegen einer finanziellen Verbindung von mehr als 50% am Nennkapital und an den Stimmrechten bleibt es den verbundenen Körperschaften überlassen, ob und inwieweit sie sich zu einer Unternehmensgruppe vereinigen.
Beispiel:
Die Kapitalgesellschaften 1 bis 4 sind vertikal jeweils zu 100% miteinander verbunden. Es ist von der Kapitalgesellschaft 1 aus gesehen eine Gruppenbildung
a) aller 4 Gesellschaften,
b) von 1 bis 3 oder
c) von 1 und 2 möglich.
Im Falle c) kann die Kapitalgesellschaft 3 mit ihrer Tochtergesellschaft 4 eine zweite Gruppe bilden. Verzichtet die Kapitalgesellschaft 1 auf die Gruppenbildung, kann die Kapitalgesellschaft 2 eine Gruppe a) 2 bis 4 oder b) 2 und 3 bilden. Verzichtet die Kapitalgesellschaft 2 auf eine Gruppenbildung, kann die Kapitalgesellschaft 3 mit ihrer Tochtergesellschaft 4 eine Gruppe bilden.
Eine Gruppenbildung der Gesellschaft 1 mit 3 oder mit 4 ist nicht möglich, es sei denn, dass die dazwischen liegende(n) Gesellschaft(en) in die Gruppe einbezogen wird (werden).
15.4.3 Möglichkeiten des Herstellens der finanziellen Verbindung
1036
Nach dem Wortlaut des § 9 Abs. 4 KStG 1988 kann die finanzielle Verbindung an der Beteiligungskörperschaft wie folgt begründet werden:
- unmittelbar
- mittelbar über eine Personengesellschaft
- mittelbar über Gruppenmitglieder
- über eine Beteiligungsgemeinschaft (ab 1. Juli 2010 nur bei Gruppenträger-Beteiligungsgemeinschaften möglich, siehe Rz 1015 bis 1018).
Die finanzielle Verbindung kann neben der unmittelbaren Beteiligung auch durch die Kombination mit den anderen aufgezählten Möglichkeiten hergestellt werden. Folgende Varianten stehen daher insbesondere zur Verfügung:
- Unmittelbare Beteiligung (siehe Rz 1037)
- Mittelbare Beteiligung über eine oder mehrere Personengesellschaft(en) (siehe Rz 1038)
- Unmittelbare Beteiligung in Kombination mit mittelbarer Beteiligung über eine oder mehrere Personengesellschaft(en) (siehe Rz 1043)
- Unmittelbare Beteiligung in Kombination mit mittelbarer Beteiligung über ein oder mehrere Gruppenmitglied(er) (siehe Rz 1044)
- Mittelbare Beteiligung über zwei oder mehrere Gruppenmitglieder (siehe Rz 1045)
- Unmittelbare Beteiligung in Kombination mit mittelbarer Beteiligung über eine oder mehrere Personengesellschaft(en) und über ein oder mehrere Gruppenmitglied(er) (siehe Rz 1046)
- Unmittelbare Beteiligung über eine Beteiligungsgemeinschaft (siehe Rz 1047; ab 1. Juli 2010 nur bei Gruppenträger-Beteiligungsgemeinschaften möglich, siehe Rz 1015 bis 1018)
- Mittelbare Beteiligung über eine oder mehrere Personengesellschaft(en) in Kombination mit einer Beteiligungsgemeinschaft (siehe Rz 1051; ab 1. Juli 2010 nur bei Gruppenträger-Beteiligungsgemeinschaften möglich, siehe Rz 1015 bis 1018)
- Mittelbare Beteiligung über eine oder mehrere Personengesellschaft(en) und über ein oder mehrere Gruppenmitglied(er) in Kombination mit einer Beteiligungsgemeinschaft (siehe Rz 1052; ab 1. Juli 2010 nur bei Gruppenträger-Beteiligungsgemeinschaften möglich, siehe Rz 1015 bis 1018).
Auch ausländische Gruppenmitglieder oder ausländische Personengesellschaften können die finanzielle Verbindung vermitteln (siehe Rz 1053).
15.4.3.1 Unmittelbare finanzielle Verbindung
1037
Ist der Gruppenträger bzw. eine beteiligte Körperschaft an einer Beteiligungskörperschaft unmittelbar zu mehr als 50% am Grund-, Stamm- oder Genossenschaftskapital und an den Stimmrechten beteiligt, liegt die finanzielle Verbindung nach § 9 Abs. 4 erster Teilstrich KStG 1988 vor.
15.4.3.2 Mittelbare Beteiligung über Personengesellschaft(en)
15.4.3.2.1 Allgemeines
1038
Nach § 9 Abs. 4 zweiter Teilstrich KStG 1988 kann die finanzielle Verbindung von mehr als 50% am Grund-, Stamm- oder Genossenschaftskapital und an den Stimmrechten mittelbar über eine Personengesellschaft oder zusammen mit einer unmittelbaren Beteiligung hergestellt werden. Die Beteiligung an einer Personengesellschaft ist durchzurechnen. Bei der Beteiligung an der Personengesellschaft ist auf die Vermögensbeteiligung an der Personengesellschaft (laut Gesellschaftsvertrag) abzustellen.
Beispiele:
a) Die beteiligte Körperschaft A ist 51% Mitunternehmer einer Personengesellschaft, die ihrerseits 100% der Anteile an einer Beteiligungskörperschaft B hält.
b) Die beteiligte Körperschaft A ist 75% Mitunternehmer einer Personengesellschaft, die ihrerseits 70% der Anteile an einer Beteiligungskörperschaft B hält.
c) Eine ausreichende Beteiligung liegt nicht vor, wenn die beteiligte Körperschaft A zB 60% Mitunternehmer einer Personengesellschaft ist, die ihrerseits 60% der Anteile einer Körperschaft B hält.
d) Eine ausreichende Beteiligung liegt ebenfalls nicht vor, wenn die beteiligte Körperschaft A zB 49% Mitunternehmer einer Personengesellschaft ist, die ihrerseits 100% der Anteile einer Körperschaft B hält: Es ist weder eine Beteiligung über 50% noch die Stimmrechtsmehrheit gegeben (die Bildung einer Beteiligungsgemeinschaft mit den Mitgesellschaftern der Personengesellschaft ist unter Umständen möglich).
15.4.3.2.2 Personengesellschaften
1039
Unter Personengesellschaft nach § 9 Abs. 4 zweiter Teilstrich KStG 1988 sind neben der OG und KG auch die GesBR und die stille Mitunternehmerschaft (atypisch stille Gesellschaft) zu verstehen. Durch eine atypisch stille Beteiligung kann die zivilrechtlich unmittelbare Verbindung der Inhaber der Unternehmens-Körperschaft (IdU-Körperschaft) an einer gruppenfähigen Körperschaft auf Grund des Übergangs des Vermögens einschließlich der Beteiligung auf die Mitunternehmerschaft mittelbar gegeben oder auch nicht mehr gegeben sein. Bestand zB vor der stillen Mitunternehmerschaft eine unmittelbare Beteiligung von 60% und ist die IdU-Körperschaft auf Grund ihrer 60-prozentigen Beteiligung an der stillen Mitunternehmerschaft mittelbar nur mehr zu 36% beteiligt, erlischt die finanzielle Verbindung (und kann auch nicht über eine Beteiligungsgemeinschaft hergestellt werden, siehe Rz 1026 bis Rz 1032).
1040
Je nach Stellung der IdU-Körperschaft kann sich Folgendes ergeben:
Ist jemand am Unternehmen des Gruppenträgers atypisch still beteiligt, bleibt der Gruppenträger als Mitunternehmer bei entsprechender Beteiligung immer noch Gruppenträger.
Ist der Gruppenträger am Unternehmen eines anderen durch Einlage seines gesamten Vermögens atypisch still beteiligt, geht die Gruppenträgereigenschaft verloren, da die Beteiligungen an den Gruppenmitgliedern in das Eigentum des Inhabers des Unternehmens übergehen und der Gruppenträger auch bei Wahrung der mittelbaren finanziellen Verbindung keine Stimmrechte mehr besitzt.
Ist jemand am Unternehmen eines Gruppenmitglieds GM 1, das beteiligte Körperschaft des Gruppenmitgliedes GM 2 ist, atypisch still beteiligt, ist die finanzielle Verbindung zwischen der beteiligten Körperschaft GM 1 und der Beteiligungskörperschaft GM 2 bei entsprechender mittelbarer Beteiligung weiterhin gegeben.
Ist das Gruppenmitglied am Unternehmen eines anderen durch Einlage seines gesamten Vermögens atypisch still beteiligt, ergibt sich die gleiche Rechtsfolge wie beim Gruppenträger als stillem Mitunternehmer.
15.4.3.2.3 Beteiligung an der Personengesellschaft
1041
Da die ausreichende finanzielle Verbindung neben einer Mehrheitsbeteiligung am Nennkapital auch eine Stimmrechtsmehrheit erfordert, ist bei mittelbarer Beteiligung über eine Personengesellschaft (insbesondere in Verbindung mit einer unmittelbaren Beteiligung) auch die Höhe der Beteiligung an der Personengesellschaft von Bedeutung. Die Beteiligung an der Personengesellschaft muss mehr als 50% betragen, um mit der Beherrschung in der Personengesellschaft neben der Nominalbeteiligung auch die Stimmrechtsmehrheit an der Beteiligungskörperschaft zu erreichen (es sei denn Gesellschaftsvertrag sieht eine von der Beteiligung abweichende Stimmrechtsverteilung vor).
Beispiel:
Eine Körperschaft ist an der Zielkörperschaft unmittelbar mit 10% beteiligt und über eine Personengesellschaft mittelbar beteiligt.
a) Die Beteiligung an der Personengesellschaft beträgt 50%, diese hält 90% der Anteile an der Zielkörperschaft. Die Zusammenrechnung der unmittelbar und mittelbar gehaltenen Beteiligung ergibt zwar 55%, die Zugehörigkeit zur Gruppe scheitert allerdings an der fehlenden Beherrschung der Personengesellschaft.
b) Die Beteiligung an der Personengesellschaft beträgt 60%, diese hält zB 75% der Anteile an der Zielkörperschaft. Die Zusammenrechnung der unmittelbar und mittelbar gehaltenen Beteiligung ergibt 55%, die Zugehörigkeit zur Gruppe ist damit gegeben.
15.4.3.2.4 Mehrfache Personengesellschaftsbeteiligungen
1042
Das Begründen der ausreichenden finanziellen Verbindung kann auch über zwei oder mehrere Beteiligungen an Personengesellschaften erreicht werden.
Beispiele:
a) Die beteiligte Körperschaft A ist einerseits 60% Mitunternehmer einer Personengesellschaft, die ihrerseits 60% der Anteile einer Körperschaft B hält, und andererseits zivilrechtlich unmittelbar mit 40%, auf Grund einer atypisch stillen Beteiligung des C am Unternehmen der Körperschaft A (C : A = 20% : 80%) aber nur mittelbar mit 32% an der Körperschaft B beteiligt. Insgesamt liegt eine mehr als 50-prozentige Beteiligung (60,8%) an der Körperschaft B vor (die 60,8% ergeben sich aus 32%, das sind 80% von 40% + 28,8%; das sind 60% von 48%). Das bei der Personengesellschaft für die Stimmrechtsmehrheit erforderliche Beteiligungsausmaß von über 50% wird durch die atypisch stille Beteiligung des C nicht beeinträchtigt, weil der atypisch stille Gesellschafter keine Mitspracherechte hat.
b) Die beteiligte Körperschaft A ist einerseits 60% Mitunternehmer einer Personengesellschaft, die ihrerseits 60% der Anteile einer Körperschaft B hält, und andererseits zivilrechtlich unmittelbar mit 25%, auf Grund einer atypisch stillen Beteiligung des C am Handelsgewerbe der Körperschaft A (C : A = 20% : 80%) aber nur mittelbar mit 20% an der Körperschaft B beteiligt. Insgesamt liegt keine mehr als 50-prozentige Beteiligung an der Körperschaft B vor (die Beteiligung beträgt nur 48,8%).
c) Die beteiligte Körperschaft A ist einerseits 75% Mitunternehmer einer inländischen Personengesellschaft, die 50% der Anteile einer Körperschaft B hält und mit 55% an einer ausländischen OG beteiligt, die die restlichen 50% an der Körperschaft B hält. Insgesamt liegt eine 65-prozentige Beteiligung (37,5% + 27,5%) an der Körperschaft B vor.
15.4.3.3 Unmittelbare Beteiligung in Kombination mit mittelbarer Beteiligung über eine oder mehrere Personengesellschaft(en)
1043
Ergibt sich aus der unmittelbaren Beteiligung keine ausreichende finanzielle Verbindung, kann diese durch eine zusätzlich mittelbar gehaltene Beteiligung über Personengesellschaften erreicht werden. Die mittelbar durchgerechnete Beteiligung und die unmittelbare Beteiligung sind zusammenzuzählen.
Beispiel:
In Rz 1038 ergibt sich im Beispiel c) keine ausreichende Beteiligung, wenn die beteiligte Körperschaft A zB 60% Mitunternehmer einer Personengesellschaft ist, die ihrerseits 60% der Anteile einer Körperschaft B hält. Zusammen mit einer unmittelbaren Beteiligung von zB 25% kann die ausreichende Beteiligung hergestellt werden.
15.4.3.4 Unmittelbare Beteiligung in Kombination mit mittelbarer Beteiligung über ein oder mehrere Gruppenmitglied(er)
1044
Nach § 9 Abs. 4 dritter Teilstrich KStG 1988 ist die finanzielle Verbindung gegeben, wenn die beteiligte Körperschaft (bzw. der Gruppenträger) mittelbar über eine oder mehrere unmittelbar gehaltene Beteiligung(en) an Gruppenmitgliedern, die für sich nicht im Sinne des ersten Teilstriches an der Beteiligungskörperschaft beteiligt sind, allein oder zusammen mit einer unmittelbar gehaltenen Beteiligung insgesamt eine Beteiligung von mehr als 50% des Grund-, Stamm- oder Genossenschaftskapitals und der Stimmrechte der Beteiligungskörperschaft besitzt.
Beispiel:
a) Die beteiligte Körperschaft 1 hält 25% der Anteile an der Beteiligungskörperschaft 2 und 75% der Anteile an der Beteiligungskörperschaft 3. Letztere ist als beteiligte Körperschaft mit 40% an der Beteiligungskörperschaft 2 beteiligt.
b) Die beteiligte Körperschaft 1 hält 25% der Anteile an der Beteiligungskörperschaft 2 und 75% der Anteile an der Beteiligungskörperschaft 3. Letztere (3) ist als beteiligte Körperschaft mit 60% an der Beteiligungskörperschaft 2 beteiligt. Eine mittelbare Beteiligung der beteiligten Körperschaft 1 an der Beteiligungskörperschaft 2 kommt hier nicht zum Zuge, da 3 zu mehr als 50% (60%) an 2 beteiligt ist. Das Einkommen von 2 wird 3 zugerechnet.
Im Beispielsfall a) ist isoliert betrachtet weder 1 noch 3 an 2 ausreichend zu mehr als 50% beteiligt. Da aber 1 an 2 nicht nur unmittelbar, sondern auch mittelbar über 3 beteiligt ist, beträgt die Beteiligung von 1 an 2 insgesamt 55% (25% unmittelbar und 30% mittelbar) und reicht daher aus. 3 dient 1 gewissermaßen als „Vehikel“ zur Herstellung der ausreichenden Beteiligung; das „Vehikel“ (3) ist nur in Bezug auf 1 Gruppenmitglied.
Da im Beispielsfall b) 1 an 3 ebenso ausreichend beteiligt ist wie 3 an 2, ergibt sich die dreigliedrige Unternehmensgruppe 1-3-2; eine unmittelbare ausreichende Beteiligung (3 an 2) geht einer mittelbaren Beteiligung immer vor (zur Ergebniszurechnung siehe Rz 1059 bis Rz 1105).
15.4.3.5 Mittelbare Beteiligung über zwei oder mehrere Gruppenmitglieder
1045
§ 9 Abs. 4 dritter Teilstrich KStG 1988 stellt einerseits klar, dass die finanzielle Verbindung auch über mehrere mittelbare Beteiligungen hergestellt werden kann (siehe Rz 1047 bis Rz 1050), erweitert aber auch die Herstellung der finanziellen Verbindung dahingehend, dass das Erfordernis einer unmittelbaren Beteiligung bei mehreren mittelbaren Beteiligungen entfällt.
Beispiel:
Der Gruppenträger ist an vier Gruppenmitgliedern (GM1 bis GM4) zu je 100% beteiligt, die vier Gruppenmitglieder sind ihrerseits an einer Körperschaft (GM5) zu je 25% beteiligt. Der Gruppenträger ist an GM5 mittelbar ausreichend finanziell verbunden.
15.4.3.6 Mittelbare Beteiligung über eine oder mehrere Personengesellschaft(en) und über ein oder mehrere Gruppenmitglied(er) mit oder ohne einer unmittelbaren Beteiligung
1046
Die ausreichende finanzielle Verbindung kann auch durch die Kombination von mehreren mittelbaren Beteiligungen unterschiedlicher Art mit oder ohne eine unmittelbare Beteiligung erreicht werden.
Beispiele:
a) Die GmbH-A ist an der GmbH-B unmittelbar zu 10% und mittelbar über eine 100-prozentige Kommanditbeteiligung zu 40% und über eine von der 60-prozentigen Tochter-GmbH-C gehaltene 50-prozentige Beteiligung ausreichend beteiligt.
b) Die GmbH-A ist an der GmbH-B mittelbar über eine 100-prozentige Kommanditbeteiligung zu 50% und über eine von der 60-prozentigen Tochter-GmbH-C gehaltene 25-prozentige Beteiligung ausreichend beteiligt.
15.4.3.7 Ausschließliche Beteiligung über eine Beteiligungsgemeinschaft
15.4.3.7.1 Unmittelbare Beteiligung über eine Beteiligungsgemeinschaft
1047
Die finanzielle Verbindung kann auch über eine Beteiligungsgemeinschaft hergestellt werden (siehe Rz 1026 ff).
Dabei muss ein Mitbeteiligter („Hauptbeteiligter“) zumindest 40% am Grund-, Stamm- oder Genossenschaftskapital und an den Stimmrechten der Beteiligungskörperschaft besitzen und jeder weitere Mitbeteiligte („Minderbeteiligter“) zumindest 15%. Eine Beteiligungsgemeinschaft kann daher maximal fünf Mitbeteiligte umfassen.
Beispiel:
Ein Gruppenträger hält 40% der Anteile an einer Beteiligungskörperschaft. Durch die Bildung einer Beteiligungsgemeinschaft mit der zu 15% beteiligten Körperschaft kann die Zielkörperschaft in die Unternehmensgruppe einbezogen werden. Ohne Beteiligungsgemeinschaft ist die Einbeziehung der Zielkörperschaft mangels ausreichender finanzieller Verbindung nicht möglich. Die zu 45% an der Zielkörperschaft beteiligte Körperschaft könnte ebenfalls an der Beteiligungsgemeinschaft teilnehmen, nimmt aber – aus welchen Gründen auch immer – nicht teil.
Eine Beteiligungsgemeinschaft kann auch dann (zB zwecks Firmenwertabschreibung, siehe Rz 1110 bis Rz 1143) gebildet werden, wenn auch ohne Beteiligungsgemeinschaft die ausreichende finanzielle Verbindung vorliegt. Im folgenden Beispiel ist der Gruppenträger bereits ausreichend zu 60% an der Zielkörperschaft beteiligt; die Zielkörperschaft kann daher mit oder ohne Beteiligungsgemeinschaft in die Unternehmensgruppe einbezogen werden.
1048
Kommen aufgrund der Höhe der Kapitalbeteiligung sowie der Stimmrechte an der Beteiligungskörperschaft, die im Wege einer Beteiligungsgemeinschaft in die Gruppe einbezogen werden soll, zwei der Beteiligten als Hauptbeteiligte in Betracht, ist derjenige der beiden Beteiligten als Hauptbeteiligter anzusehen, der beide Voraussetzungen in einem höheren Prozentausmaß erfüllt.
Beispiel:
a) Die A-GmbH ist zu 45% und die B-GmbH mit 55% am Kapital an der C-GmbH beteiligt, wobei die A-GmbH über 60% und die B-GmbH über 40% der Stimmrechte verfügt.
Die A-GmbH ist als Hauptbeteiligte anzusehen, weil sie beide Voraussetzungen insgesamt in einem höheren Ausmaß erreicht (45% mal 60% = 27%, bezogen auf beide Parameter zusammen gegenüber 22%).
b) Die A-GmbH ist mit 40% und die B-GmbH mit 60% an der C-GmbH beteiligt, wobei die A-GmbH über 84% der Stimmrechte und die B-GmbH über 16% der Stimmrechte verfügt.
Nur die A-GmbH und nicht die B-GmbH kann Hauptbeteiligte sein, weil die B-GmbH zwar eine ausreichende Kapitalbeteiligung innehat, dies aber nicht auf deren Stimmrechte an der C-GmbH zutrifft.
Erfüllen beide Beteiligte auch nach Durchrechnen die Voraussetzungen im gleichen Ausmaß, können die Beteiligten im Rahmen des Gruppenantrags wählen, welcher der beiden Hauptbeteiligter ist.
15.4.3.7.2 Mittelbare Beteiligung über eine Beteiligungsgemeinschaft
1049
Da eine Beteiligungsgemeinschaft als solche einer einzelnen (ausreichend beteiligten) Körperschaft gleichgestellt ist, kann die Beteiligungsgemeinschaft auch mittelbar durch eine ausreichende Beteiligung an einer Personengesellschaft gebildet werden. Mittelbar durchgerechnet muss dafür ein Beteiligungspartner zu mindestens 40%, jeder weitere zu mindestens 15% an der einzubeziehenden Körperschaft beteiligt sein. Die für die Stimmrechtsmehrheit idR erforderliche Mehrheitsbeteiligung an der Personengesellschaft (siehe Abschnitt 15.4.3.2) ist nicht individuell auf den Hauptbeteiligten der Beteiligungsgemeinschaft, sondern auf die Mitbeteiligten zu beziehen.
Beispiel:
GmbH A ist zu 50% Mitunternehmer an einer Personengesellschaft, GmbH B ist Mitunternehmer zu 20%; die Personengesellschaft hält ihrerseits 90% der Anteile an der GmbH C. Da A und B mittelbar an C ausreichend beteiligt sind (durchgerechnet zu 45% und 18%), können sie eine Beteiligungsgemeinschaft bilden und GmbH C in die Unternehmensgruppe einbeziehen.
Sollte im Beispiel A an Gruppenmitglied C darüber hinaus auch unmittelbar zu zB 5% beteiligt sein, sind diese 5% verpflichtend im Gruppenantrag anzuführen, bei der Ergebnisaufteilung zwischen A und B zu berücksichtigen und der durchgerechneten Beteiligung von A in Höhe von 45% hinzu zu zählen (der Aufteilungsschlüssel zwischen A und B ergibt sich dann aus dem Verhältnis 50% zu 18%).
1050
Die Bildung einer Beteiligungsgemeinschaft ist auch möglich, wenn ein Mitbeteiligter unmittelbar und ein Mitbeteiligter mittelbar an der einzubeziehenden Körperschaft ausreichend beteiligt ist.
Beispiel:
Der Gruppenträger A ist an einer Zielkörperschaft C unmittelbar zu 40% beteiligt. Eine GmbH B ist zu 60% Mitunternehmer einer Personengesellschaft, die ihrerseits 60% der Anteile an der Zielkörperschaft C hält (mittelbar durchgerechnet ist B an C daher zu 36% beteiligt). A und B können eine Beteiligungsgemeinschaft bilden und damit die Zielkörperschaft C in die Unternehmensgruppe einbeziehen.
15.4.3.8 Mittelbare Beteiligung über eine oder mehrere Personengesellschaft(en) in Kombination mit einer Beteiligungsgemeinschaft
1051
Diese Kombination kann auch zur Erweiterung der finanziellen Verbindung eingesetzt werden, die bereits aufgrund der unmittelbaren Beteiligungen von 40% und 15% der Mitbeteiligten einer Beteiligungsgemeinschaft gegeben wäre.
Beispiel:
Die GmbH-A ist an einer Zielkörperschaft unmittelbar zu 40% und über eine 60-prozentige Beteiligung an einer Personengesellschaft, die einen 15%-Anteil an der Zielkörperschaft hält, zusammen mit 49% beteiligt. Die GmbH-B bietet sich als 15%-Gesellschafterin der Zielkörperschaft als Mitbeteiligte einer Beteiligungsgemeinschaft an. Die Beteiligungsgemeinschaft wird bereits mit den unmittelbaren Beteiligungen von 40% und 15% gebildet. Auch die mittelbare Beteiligung von der GmbH-A ist im Gruppenantrag anzuführen und bei der Ergebnisaufteilung zu berücksichtigen. Das Einkommen der Zielkörperschaft als Gruppenmitglied ist der GmbH-A mit 49/64 = 76,56% und der GmbH-B mit 15/64 = 23,44% zuzurechnen.
15.4.3.9 Mittelbare Beteiligung über eine oder mehrere Personengesellschaft(en) und über ein oder mehrere Gruppenmitglied(er) in Kombination mit einer Beteiligungsgemeinschaft
1052
Ebenso wie im Vorpunkt kann auch diese Kombination zur Erweiterung einer schon durch die Beteiligungsgemeinschaft begründeten finanziellen Verbindung eingesetzt werden.
15.4.3.10 Mittelbare Beteiligung über ausländische Gesellschaften
1053
Ausländische Gruppenmitglieder dürfen im Ausmaß von über 50% am Nennkapital und an den Stimmrechten ausschließlich mit übergeordneten inländischen Gruppenmitgliedern bzw. dem Gruppenträger finanziell verbunden sein. Bis zum Ausmaß von höchstens 50% dürfen ausländische Gruppenmitglieder untereinander verbunden sein (siehe Rz 1020). Hinsichtlich der mittelbaren Herstellung der finanziellen Verbindung ergeben sich bei ausländischen Gesellschaften keine Einschränkungen. Die finanzielle Verbindung nach § 9 Abs. 4 dritter Teilstrich KStG 1988 kann daher auch mittelbar über eine (mehrere) ausländische Mitgliedskörperschaft(en) hergestellt werden.
Beispiel:
Der Gruppenträger ist an einem ausländischen Gruppenmitglied zu 100% und an einer ausländischen Kapitalgesellschaft zu 40% beteiligt. Ist das ausländische Gruppenmitglied zu mehr als 10% und zu höchstens 50% an der ausländischen Kapitalgesellschaft beteiligt, kann die ausländische Kapitalgesellschaft auf Grund der ausreichenden (unmittelbaren und mittelbaren) finanziellen Verbindung in die Unternehmensgruppe einbezogen werden. Wäre das ausländische Gruppenmitglied zu mehr als 50% an der ausländischen Kapitalgesellschaft beteiligt, läge eine ausreichende, aber die Mitgliedschaft gemäß § 9 Abs. 2 KStG 1988 ausschließende finanzielle Verbindung vor. Dasselbe gilt auch, wenn es sich bei der einzubeziehenden Zielkörperschaft um eine inländische Kapitalgesellschaft handelt.
1054
Die für die Gruppenbildung notwendige finanzielle Verbindung kann auch mittelbar über eine (mehrere) ausländische(n) Personengesellschaft(en) hergestellt werden, sofern diese mit einer inländischen Personengesellschaft vergleichbar ist (sind). Ist daher zB der Gruppenträger an einer ausländischen Kapitalgesellschaft unmittelbar zu 40% und mittelbar über eine ausländische Personengesellschaft zu 15% beteiligt, kann die ausländische Kapitalgesellschaft in die Unternehmensgruppe einbezogen werden.
Ist ein ausländisches Gruppenmitglied umgekehrt Mitunternehmer einer ausländischen Personengesellschaft, sind das Ergebnis beim ausländischen Gruppenmitglied sowie ein sich nach Umrechnung ergebendes negatives Gesamtergebnis in der Unternehmensgruppe entsprechend zu berücksichtigen. Sollte die ausländische Personengesellschaft, an der das ausländische Gruppenmitglied beteiligt ist, in ihrem Vermögen eine Beteiligung an einer weiteren ausländischen Kapitalgesellschaft aufweisen, kann diese nicht Gruppenmitglied sein.