21.1 Allgemeines und Verweis
1256
§ 12 KStG 1988 entspricht typologisch § 20 EStG 1988, der auf Körperschaften nicht anwendbar ist. Die Vorschrift schließt den Abzug bestimmter Aufwendungen und Ausgaben bei der Einkommensermittlung aus oder schränkt den Abzug ein. Der Begriff der Betriebsausgaben ist in § 4 Abs. 4 EStG 1988 definiert. Neben den genannten Abzugsverboten gelten auch alle anderen in den Einkommensermittlungsvorschriften des EStG 1988 und KStG 1988 enthaltenen. § 12 KStG 1988 gilt unabhängig von der Art der Gewinn- oder Einkünfteermittlung.
21.1.1 Aufwendungen für die Erfüllung satzungsgemäßer Zwecke (§ 12 Abs. 1 Z 1 KStG 1988)
1257
§ 12 Abs. 1 Z 1 KStG 1988 gilt für alle Körperschaften, hat aber insbesondere bei Stiftungen und Vereinen praktische Bedeutung. Es wird klargestellt, dass die Aufwendungen zur Erfüllung satzungsgemäßer Zwecke bei den juristischen Personen den Aufwendungen der natürlichen Personen für ihre privaten Zwecke gleichzusetzen sind. Es liegen daher Aufwendungen im Bereich der Einkommensverwendung vor. Vom Zweck muss aber die Tätigkeit der Körperschaft unterschieden werden; Aufwendungen im Zusammenhang mit dieser sind abzugsfähig. Die Nichtabzugsfähigkeit kann daher nur bei Zwecken außerhalb steuerpflichtiger Einkunftsarten angenommen werden. Zuwendungen einer Privatstiftung an Begünstigte und Letztbegünstigte sind auch dann nicht abzugsfähig, wenn sie unter die Sonderausgaben (§ 8 Abs. 4 Z 1 KStG 1988) subsumiert werden können.
21.1.2 Angemessenheitsprüfung (§ 12 Abs. 1 Z 2 KStG 1988)
1258
Siehe EStR 2000 Rz 4761 bis 4807.
Mit § 12 Abs. 1 Z 2 KStG 1988 wurde in Folge der Tatsache, dass juristische Personen keine persönliche Sphäre haben können, ein dem § 20 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG 1988 entsprechender Tatbestand festgeschrieben, der den Gleichklang zu Einkommensteuerpflichtigen herstellen soll. Es soll – mit anderen Worten – verhindert werden, dass Steuerpflichtige nur durch Wechsel zu einer anderen Unternehmensform den einschränkenden Wirkungen einer unangemessenen Aufwendung in den im EStG 1988 genannten Fällen entgehen. Der Sinngehalt der körperschaftsteuergesetzlichen Regelung kann daher nicht im Interpretationsweg wegdiskutiert werden. Fallen Tatbestände des § 20 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG 1988 bei Körperschaften an, ist die steuerrechtliche Wirkung wie bei Einkommensteuerpflichtigen gegeben.
Betriebliche Aufwendungen einer Körperschaft können zwar begrifflich niemals deren Lebensführung berühren, das Abzugsverbot bezieht sich diesfalls auf die Aufwendungen, die von den Organen der Körperschaft für diese getätigt werden und das betrieblich angemessene Ausmaß derartiger Aufwendungen überschreiten (VwGH 26.7.1995, 92/15/0144).
Es sind daher sowohl die nicht betrieblich veranlassten bzw. dem Grunde nach unangemessenen Aufwendungen als auch die betrieblich veranlassten und dem Grunde nach angemessenen, aber der Höhe nach unangemessenen Aufwendungen unabhängig von der Unternehmensform betroffen. Die bei Körperschaften denkbare Konkurrenz zur Verschaffung eines als verdeckte Ausschüttung zu wertenden Gesellschaftervorteils durch unangemessen hohe Aufwendungen ist dadurch nicht berührt.
Beispiel:
Die Preisbasis für die Berechnung der Leasingrate eines Pkw beträgt 50.870,98 Euro. Die Leasingrate beträgt monatlich 1.090,10 Euro inklusive Umsatzsteuer. Der Pkw wird durch den im Dienstverhältnis stehenden Anteilsinhaber im Ausmaß von 50% privat genutzt. Wird durch die Privatnutzung die Angemessenheit der Gesamtausstattung überschritten und die Leasingrate daher in Höhe der anteiligen tatsächlichen Kosten als verdeckte Ausschüttung gewertet (VwGH 20.4.1982, 81/14/0120), ist diese mit 545,05 Euro anzusetzen. Nach Ausscheiden des unangemessen hohen Teils der auf die betriebliche Komponente von 545,05 Euro entfallenden Repräsentationsquote von 181,68 Euro sind daher 363,37 Euro als Leasingaufwand abziehbar.
21.1.3 Repräsentationsaufwendungen (§ 12 Abs. 1 Z 3 KStG 1988)
1259
Siehe EStR 2000 Rz 4808 bis 4829.
Die in den EStR 2000 dargestellte Rechtslage gilt auch für Körperschaften. Denn zufolge § 12 Abs. 1 Z 3 KStG 1988 dürfen Repräsentationsaufwendungen nach § 20 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 nicht abgezogen werden (vgl. VwGH 26.7.1995, 92/15/0144, betreffend repräsentative Pkw).
1260
Gesellschafter-Geschäftsführer, die aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus selbständiger Arbeit beziehen, können nicht zu den Geschäftsfreunden gezählt werden. Die arbeitnehmerübliche Bewirtung dieser Personen ist bei der Gesellschaft eine Betriebsausgabe und beim Gesellschafter-Geschäftsführer eine Betriebseinnahme; der unangemessene Teil stellt eine verdeckte Ausschüttung dar. Die arbeitnehmerbezogenen Befreiungsbestimmungen des § 3 EStG 1988 kommen nicht zur Anwendung.
Bewirtungsaufwendungen durch die Körperschaft aus Anlass eines persönlichen Ereignisses des Gesellschafter-Geschäftsführers, wie zB Geburtstag, sind in der Regel zur Gänze verdeckte Ausschüttungen, auch wenn an dem Geburtstagsempfang nahezu ausschließlich Geschäftsfreunde der Körperschaft teilnehmen.
21.1.4 Schmier- und Bestechungsgelder, Strafen, Verbandsgeldbußen und Abgabenerhöhungen (§ 12 Abs. 1 Z 4 KStG 1988)
1261
Siehe EStR 2000 Rz 4840 bis 4846e.
21.1.5 Freiwillige Zuwendungen (§ 12 Abs. 1 Z 5 KStG 1988)
1262
Die in § 12 Abs. 1 Z 5 KStG 1988 angesprochenen Zuwendungen sind auch dann vom Abzug ausgeschlossen, wenn sie auf einer verpflichtenden Vereinbarung beruhen oder wenn sie im Einzelfall durch betriebliche Erwägungen mitveranlasst sind (siehe dazu auch EStR 2000 Rz 4830 bis 4839).
1263
Zu den abzugsfähigen Spenden (§ 4a EStG 1988 idF AbgÄG 2012) siehe EStR 2000 Rz 1330 bis 1349.
21.1.6 Nichtabzugsfähige Steuern (§ 12 Abs. 1 Z 6 KStG 1988)
1264
§ 12 Abs. 1 Z 6 KStG 1988 sieht ein Abzugsverbot für Steuern vom Einkommen und sonstigen Personensteuern, Umsatzsteuer (soweit sie auf nicht abzugsfähige Aufwendungen entfällt) sowie für die aus Anlass einer unentgeltlichen Grundstücksübertragung (etwa im Falle der Zuwendung eines Grundstücks durch eine Privatstiftung) anfallende Grunderwerbsteuer, Eintragungsgebühren und andere Nebenkosten vor; die Bestimmung entspricht den einkommensteuerlichen Regelungen (siehe EStR 2000 Rz 4847 bis 4852). Dem Sinne der Bestimmung entsprechend sind auch Rückstellungen für derartige Steuern nicht abzugsfähig.
21.1.7 Aufsichtsratsvergütungen (§ 12 Abs. 1 Z 7 KStG 1988)
1265
Vom teilweisen Abzugsverbot sind alle Körperschaften ungeachtet ihrer Rechtsform betroffen, ohne Rücksicht, ob sie gesetzlich verpflichtet sind, einen Aufsichtsrat einzurichten, oder ob sie diesen freiwillig errichten. Es gilt daher ua. auch für Vereine und Betriebe gewerblicher Art von Körperschaften öffentlichen Rechts. Das teilweise Abzugsverbot trägt der Tatsache Rechnung, dass die Tätigkeit des Aufsichtsrates sowohl dem Gesellschafts- als auch dem Gesellschafterinteresse dienen soll. Durch die gesetzlich vorgeschriebene Teilabzugsfähigkeit wird daher eine Art Pauschalierung der Gewinnverwendung im Gesellschafterinteresse herbeigeführt, ohne beim Gesellschafter steuerliche Ausschüttungskonsequenzen auszulösen (KESt-Abzug, Endbesteuerung).
1266
Aufsichtsratsvergütungen im Sinne des § 12 Abs. 1 Z 7 KStG 1988 liegen vor, wenn Vergütungen irgendwelcher Art für die Überwachung der Geschäftsführung an Personen gewährt werden, die mit dieser Aufgabe betraut sind. Auf die Bezeichnung der Person des Empfängers oder der Vergütung kommt es nicht an (VwGH 10.4.1964, 2154/63). Es muss bloß eine überwachende Tätigkeit vorliegen und die Vergütung muss für die Überwachung gewährt werden (VwGH 31.5.1963, 1796/61). Die Überwachung muss die gesamte Geschäftsführung betreffen, wobei der Begriff der Überwachung weit auszulegen ist. Ist die Funktion lediglich eine beratende, fehlt es an der Überwachung. Die Zustimmung zu einzelnen Entscheidungen der Geschäftsführung liegt im Rahmen der Überwachungsfunktion.
Auch Verwaltungsräte im Sinne des Europäischen Aktiengesellschaft im SE-Gesetz, BGBl. I Nr. 67/2004 sind vom Abzugsverbot erfasst (ab der Veranlagung 2005). Da Verwaltungsräte in ihrer „Doppelfunktion“ sowohl Aufgaben der Geschäftsleitung als auch der Überwachung wahrzunehmen haben, wird das Abzugsverbot auf den auf die Überwachungsfunktion entfallenden Teil eingeschränkt und entsprechend auf ein Viertel der Vergütungen aller Art sowie der übersteigenden Reisekostenersätze reduziert. Sind die Verwaltungsräte ausschließlich mit geschäftsleitenden Funktionen betraut (geschäftsleitende Direktoren), gilt das Abzugsverbot nicht.
Der Begriff „Vergütungen jeder Art“ muss weit aufgefasst werden. Es fallen außer Barvergütungen auch alle geldwerten Vorteile, wie zB die Gewährung einer freien Wohnung, die Gewährung freier Verpflegung, die kostenlose Überlassung eines Kraftwagens und die Überlassung anderer Sachwerte ohne Entgelt oder zu Vorzugspreisen darunter. Beiträge zur Altersversorgung von Aufsichtsratsmitgliedern oder Rückstellungen auf Grund von Pensionszusagen an solche sind ebenfalls zur Hälfte vom Abzug ausgeschlossen.
Nicht unter das teilweise Abzugsverbot fällt jedoch der dem einzelnen Aufsichtsratsmitglied aus der Wahrnehmung seiner Tätigkeit erwachsene tatsächliche Aufwand, soweit ihm dieser Aufwand gesondert erstattet worden ist. Reisekostenersätze, soweit sie die Sätze des § 26 Z 4 EStG 1988 überschreiten, gelten jedoch ex lege als Vergütungen.
Vergütungen, die für die Tätigkeit von auf Grund von Gesetzen bestellten Staatskommissären (zB § 76 BWG, BGBl. Nr. 532/1993) geleistet werden, sind bei der Ermittlung des Einkommens der betreffenden Körperschaft abzusetzen (VfGH 10.10.1978, B 139/77, B 140/77).
21.1.8 Aufwendungen für Entgelte gemäß § 20 Abs. 1 Z 7 und Z 8 EStG 1988 (§ 12 Abs. 1 Z 8 KStG 1988)
1266aa
Die in § 20 Abs. 1 Z 7 und 8 EStG 1988 vorgesehenen Abzugsverbote iZm Entgelten über 500.000 Euro und Entgelten, die beim Empfänger sonstige Bezüge darstellen, gelten auch im Anwendungsbereich des KStG 1988. Näheres siehe EStR 2000 Rz 4852a ff. Steuerlich nicht abzugsfähig sind somit von Körperschaften getragene Aufwendungen für das Entgelt für Arbeits- oder Werkleistungen, soweit es den Betrag von 500.000 Euro pro Person und Wirtschaftsjahr übersteigt.
Das Abzugsverbot knüpft somit an dieselbe Personengruppe wie im EStG 1988 an: eigene Dienstnehmer der Körperschaft, einem Dienstnehmer vergleichbar organisatorisch eingegliederte Personen (inklusive jener, die für die Erbringung von Arbeits- oder Werkleistungen an eine Körperschaft überlassen werden) sowie ehemalige Dienstnehmer und in der Vergangenheit vergleichbar organisatorisch eingegliederte Personen.
1266ab
Die Bestimmungen des § 20 Abs. 1 Z 7 lit. b erster Teilstrich EStG 1988 über die – nach der tatsächlichen Aufwandstragung erfolgende – zeitliche Aliquotierung der Betragsgrenze von 500.000 Euro kommen ebenfalls zur Anwendung, jene des § 20 Abs. 1 Z 7 lit. b zweiter Teilstrich EStG 1988 über die Aliquotierung bei Arbeits- oder Werkleistungen, die für mehrere verbundene Betriebe oder Personengesellschaften erbracht werden, sollen hingegen durch eine spezifische Konzernklausel ergänzt werden.
Dabei ist vorgesehen, dass bei einer Person, die von mehreren verbundenen Unternehmen in Summe die Betragsgrenze von 500.000 Euro übersteigende Entgelte erhält, die dafür geleisteten Aufwendungen im aliquoten Ausmaß (des tatsächlich getragenen Aufwandes) dem Abzugsverbot unterliegen. Als verbundene Unternehmen sind solche definiert, die
- unmittelbar oder mittelbar konzernzugehörig (siehe Rz 1125) sind, oder
- unmittelbar oder mittelbar unter dem beherrschenden Einfluss desselben Gesellschafters stehen (siehe Rz 1126).
Da die Aliquotierung anhand des tatsächlich getragenen Aufwandes stattzufinden hat, ist (klarstellend) im Falle der Leistung von Umlagen im Konzernverbund (für die Tätigkeitsvergütung der betreffenden Person) vorgesehen, die Aufwendungen um empfangene Umlagen zu kürzen und um geleistete Umlagen zu erhöhen. Die Aliquotierung hat nach dieser rechnerischen Anpassung der Aufwendungen stattzufinden. Das vertraglich vorgesehene Ausmaß der Arbeitszeit (zB Vollzeit, Halbzeit) und das Ausmaß der tatsächlich erbrachten Arbeits- oder Werkleistungen sind für die Aliquotierung nicht von Belang. Damit findet das Abzugsverbot faktisch auf allen Ebenen Anwendung und zwar auch dann, wenn verbundene Unternehmen nicht in Österreich ansässig sind. Die Ausnahmebestimmung des § 20 Abs. 1 Z 7 lit. a EStG 1988 für die Überlassung von Personen kommt in diesen Fällen nicht zur Anwendung.
Beispiel 1:
Der Vorstand der X-AG erhält von dieser ein Entgelt in Höhe von 400.000 Euro, gleichzeitig erhält er von der Y-GmbH, der Tochtergesellschaft der X-AG, ein Entgelt von 300.000 Euro. Die X-AG leistet in diesem Zusammenhang an die Y-GmbH eine Umlage in Höhe von 150.000 Euro.
Tatsächlich trägt die X-AG einen Aufwand in Höhe von 550.000 Euro und die Y-GmbH einen Aufwand in Höhe von 150.000 Euro. Die Betragsgrenze von 500.000 Euro ist daher in diesem Verhältnis aliquot auf die beiden Gesellschaften anzuwenden. Daraus ergibt sich eine Begrenzung in Höhe von rund 393.000 Euro bei der X-AG und in Höhe von rund 107.000 Euro bei der Y-GmbH.
Die X-AG kann daher einen Aufwand in Höhe von rund 393.000 Euro steuerlich geltend machen. Bei der Y-GmbH kürzt die empfangene Umlage den steuerlichen Aufwand auf 150.000 Euro (Entgelt in Höhe von 300.000 Euro abzüglich empfangene Umlage in Höhe von 150.000 Euro); davon können rund 107.000 Euro steuerlich geltend gemacht werden.
Beispiel 2:
Der Geschäftsführer der inländischen Y-GmbH ist zu 50% für diese Gesellschaft und zu 50% für die ausländische Schwestergesellschaft Z-AG tätig. Er erhält von der Y GmbH ein Entgelt in Höhe von 700.000 Euro. Die Z-AG leistet dafür eine Umlage in Höhe von 350.000 Euro.
Da der Aufwand für die Entgelte zu 50% von der Z-AG getragen wird, hat eine Aliquotierung des höchstzulässigen Betrages von 500.000 Euro zu erfolgen. Durch die Umlage der Z-AG beträgt der tatsächlich geleistete Aufwand der Y GmbH 350.000 Euro. Demnach sind nur 250.000 Euro des von der Y GmbH tatsächlich getragenen Aufwandes abzugsfähig; somit sind 100.000 Euro nicht abzugsfähig.
Beispiel 3:
Der Vorstand der ausländischen A-AG ist in einem geringen Ausmaß auch für die inländische B-GmbH tätig. Für seine Leistungen erhält er nur von der A-AG ein Gesamtentgelt von 3,5 Mio. Euro, während die B-GmbH lediglich eine Umlage in Höhe von 50.000 Euro an die A-AG leistet.
Der tatsächlich getragene Aufwand beträgt unter Berücksichtigung der geleisteten Umlage 3,45 Mio. Euro bei der A-AG und 50.000 Euro bei der B-GmbH. Die Betragsgrenze von 500.000 Euro ist daher in diesem Verhältnis (69:1) aliquot auf die beiden Gesellschaften anzuwenden. Daraus ergibt sich ein abzugsfähiger Betrag in Höhe von 7.142,86 Euro (1/70tel) bei der B-GmbH.
Beispiel 4:
Die österreichische X-GmbH ist eine Tochtergesellschaft eines deutschen Konzerns. Die Rechtsabteilung für den gesamten Konzern ist in Deutschland angesiedelt. Von dort aus werden sämtliche Rechtsangelegenheiten, somit auch betreffend die österreichische X-GmbH, erledigt. Der Leiter der Rechtsabteilung erhält ein Entgelt von 600.000 Euro im Jahr. Die österreichische X-GmbH zahlt für die an sie erbrachten Leistungen der Rechtsabteilung eine Umlage in Höhe von 100.000 Euro im Jahr.
Voraussetzung für die Anwendung des Abzugsverbotes auf Ebene der X-GmbH ist eine organisatorische Eingliederung der Entgelt empfangenden Person in diese. Während bei einer Person, die die Geschäfte der Gesellschaft führt, von deren organisatorischen Einbindung in diese Gesellschaft auszugehen sein wird (siehe VwGH 28.1.2003, 2001/14/0048), selbst wenn sie die Geschäfte vorwiegend aus dem Ausland besorgt, kann dies bei Mitarbeitern von Stabsabteilungen ausländischer Konzerngesellschaften, die ausschließlich vom Ausland aus tätig sind, in der Regel nicht angenommen werden. Im Vordergrund der Umlagenleistung steht in diesem Fall zudem das Entgelt für eine Dienstleistung, die von einer gesamten Abteilung des Konzerns (Rechtsabteilung), und nicht vorwiegend von einer Einzelperson für die X-GmbH erbracht wird. Das Abzugsverbot des § 12 Abs. 1 Z 8 KStG 1988 in daher in Beispiel 4 nicht anwendbar.
Beispiel 5:
Die österreichische X-GmbH ist Tochtergesellschaft eines deutschen Konzerns. Die Rechtsabteilung für den gesamten Konzern ist bei der österreichischen X-GmbH angesiedelt. Von dort aus werden sämtliche Rechtsangelegenheiten für den Konzern erledigt. Der Leiter der Rechtsabteilung erhält ein Entgelt von 600.000 Euro im Jahr. Die X-GmbH erhält Umlagen für die an den Konzern erbrachten Leistungen der Rechtsabteilung in Höhe von 100.000 Euro im Jahr. 10% der Kosten für die gesamte Rechtsabteilung entfallen auf das Gehalt des Leiters der Rechtsabteilung.
Der Leiter der Rechtsabteilung ist Arbeitnehmer der X-GmbH, weshalb das Abzugsverbot anwendbar ist. Gemäß § 12 Abs. 1 Z 8 KStG 1988 kürzen empfangene Umlagen, die für diese Entgelte geleistet werden, die Aufwendungen. Danach hat eine Aliquotierung stattzufinden. Da die Umlagen nicht nur für das Gehalt des Leiters der Rechtsabteilung sondern für die Leistung der gesamten Rechtsabteilung gezahlt werden, ist anhand von Aufteilungsrechnungen, wie etwa einer Kostenrechnung, für die Rechtsabteilung zu ermitteln, wieviel Prozent von allen Aufwendungen der Rechtsabteilung auf das Gehalt des Leiters entfallen; im Beispiel sind das 10%. In diesem Prozentausmaß entfallen die Umlagen somit auf das Gehalt des Leiters der Rechtsabteilung und kürzen damit die Aufwendungen. Da das Entgelt von 600.000 Euro die zulässige Höhe von 500.000 Euro um 100.000 Euro übersteigt, hat auf Ebene der X-GmbH eine Kürzung der um die Umlagen verminderten Aufwendungen um 1/6 zu erfolgen. Da das Gehalt des Leiters der Rechtsabteilung 10% der Kosten für die gesamte Abteilung beträgt, entfallen von den geleisteten Umlagen 10.000 Euro auf dessen Entgelt; die um diese Umlagen gekürzten Aufwendungen für das Entgelt betragen nunmehr 590.000 Euro. Von diesen 590.000 Euro sind 1/6 – also 98.333 Euro – nicht abzugsfähig.
1266ac
Beim Abzugsverbot gemäß § 20 Abs. 1 Z 8 EStG 1988, für Entgelte, die beim Empfänger sonstige Bezüge nach § 67 Abs. 6 EStG 1988 darstellen, sind keine Sonderregelungen für Körperschaften vorgesehen. Damit sind auch im Bereich der Körperschaftsteuer jene Aufwendungen erfasst, die für Entgelte geleistet werden, die nach § 67 Abs. 6 EStG 1988 nicht dem Steuersatz von 6% unterliegen.
21.1.9 Zinsen in Zusammenhang mit der Fremdfinanzierung des Erwerbes von Kapitalanteilen im Konzern (§ 12 Abs. 1 Z 9 KStG 1988)
1266ad
Nach § 12 Abs. 1 Z 9 KStG 1988 idF AbgÄG 2014 ist die Abzugsfähigkeit von Zinsen in Zusammenhang mit einer Fremdfinanzierung, die dem Erwerb von Kapitalanteilen gedient hat, ausgeschlossen, wenn diese Kapitalanteile
- unmittelbar oder mittelbar von einem konzernzugehörigen Unternehmen oder
- einem unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausübenden Gesellschafter erworben worden sind.
Durch diese Bestimmung wird die Abzugsfähigkeit von Zinsen in Zusammenhang mit der Fremdfinanzierung des Erwerbes von Kapitalanteilen gemäß § 11 Abs. 1 Z 4 KStG 1988 eingeschränkt (siehe dazu Rz 1252 ff).
Das Abzugsverbot kommt unabhängig davon zur Anwendung, ob die Erträge aus einer Beteiligung steuerfrei sind, da die Bestimmung generell eine Erzeugung von abzugsfähigem Finanzierungsaufwand durch fremdfinanzierte Beteiligungsanschaffungen im Konzern verhindern soll.
Das Abzugsverbot gemäß § 12 Abs. 1 Z 9 KStG 1988 ist erstmals auf Aufwendungen anzuwenden, die nach dem 28.2.2014 anfallen (§ 26c Z 49 KStG 1988) und erfasst ab diesem Zeitpunkt auch Fremdfinanzierungszinsen aus Verbindlichkeiten, die in Zusammenhang mit vor diesem Zeitpunkt erworbenen Beteiligungen stehen.
Die Abzugsfähigkeit für Zinsaufwendungen, die vor dem 1.3.2014 in Zusammenhang mit einer Fremdfinanzierung von Beteiligungserwerben im Konzern angefallen sind, ist durch § 11 Abs. 1 Z 4 zweiter Teilstrich KStG 1988 idF BBG 2011 eingeschränkt.
1266ae
Der Ausschluss des Zinsenabzugs nach § 12 Abs. 1 Z 9 KStG 1988 bei fremdfinanzierten Beteiligungserwerben im Konzern ist dem Ausschluss der Firmenwertabschreibung bei Erwerben im Konzern gemäß § 9 Abs. 7 KStG 1988 nachgebildet (siehe dazu Rz 1124).
Der Konzernbegriff in § 12 Abs. 1 Z 9 KStG 1988 ist folglich im Sinne des § 15 AktG zu verstehen (siehe Rz 1125). Zum Vorliegen eines unmittelbar oder mittelbar ausgeübten beherrschenden Einflusses siehe Rz 1126. Zur Auslegung des Zinsbegriffes siehe Rz 1254.
1266af
Ein für die Abzugsfähigkeit schädlicher konzerninterner Beteiligungserwerb einer Körperschaft liegt dann vor, wenn zum Zeitpunkt der Anschaffung der Beteiligung an der Zielgesellschaft bereits ein Konzernverhältnis zwischen veräußernder und erwerbender Gesellschaft bestand oder Käufer und Verkäufer zu diesem Zeitpunkt unmittelbar oder mittelbar von demselben Gesellschafter beherrscht wurden (in diesem Sinne siehe auch Rz 1127 zur Konzernklausel bei der Firmenwertabschreibung in der Unternehmensgruppe; VwGH 6.7.2020, Ro 2019/13/0018).
1266ag
Auf Zinsen aus der Fremdfinanzierung von Zuschüssen und Kapitalerhöhungen ist das Abzugsverbot gemäß § 12 Abs. 1 Z 9 KStG 1988 dann anwendbar, wenn die fremdfinanzierten Zuschüsse und Kapitalerhöhungen in Zusammenhang mit schädlichen Beteiligungserwerben im Konzern im Sinne des § 12 Abs. 1 Z 9 KStG 1988 stehen.
1266ah
Durch das Abzugsverbot gemäß § 12 Abs. 1 Z 9 KStG 1988 soll eine Abzugsfähigkeit von Zinsaufwendungen für eine Fremdfinanzierung, die einem Beteiligungserwerb im Konzern gedient hat, auch dann ausgeschlossen sein, wenn der unmittelbare Zusammenhang zwischen der Anschaffungsverbindlichkeit und der Beteiligung nicht mehr besteht.
Beispiel:
Die inländische A-GmbH erwirbt im Jahr 2008 von ihrer ausländischen Muttergesellschaft sämtliche Anteile an der inländischen B-GmbH. Dieser Beteiligungserwerb wurde zur Gänze fremdfinanziert. Die Zinsen für den konzerninternen Beteiligungserwerb sind ab dem Wirtschaftsjahr 2011 auf Ebene der A-GmbH gemäß § 11 Abs. 1 Z 4 zweiter Teilstrich KStG 1988 nicht abzugsfähig. Per 31.12.2014 wird die B-GmbH auf die A-GmbH up-stream gemäß Art. I UmgrStG verschmolzen. Die Zinsaufwendungen sind aufgrund § 12 Abs. 1 Z 9 KStG 1988 nicht abzugsfähig, da eine Fremdfinanzierung, die einem Beteiligungserwerb im Konzern gedient hat, ursächlich für diese Zinsaufwendungen ist.
Das Abzugsverbot des § 12 Abs. 1 Z 9 KStG 1988 steht daher einer Abzugsfähigkeit von Schuldzinsen auch dann entgegen, wenn die Schuldzinsen aufgrund der Trennung von Anschaffungsverbindlichkeit und Beteiligung nicht vom Abzugsverbot des § 12 Abs. 2 KStG 1988 erfasst sind bzw. waren. Wird die Beteiligung allerdings fremdüblich an einen nicht konzernzugehörigen Dritten veräußert, können die Schuldzinsen in der Folge abgezogen werden.
Es bestehen keine Bedenken, das Abzugsverbot auf Zinsaufwendungen für eine Fremdfinanzierung, die ursprünglich einem Beteiligungserwerb im Konzern gedient hat, dann unangewendet zu lassen, wenn die Trennung von Fremdfinanzierung und Beteiligung bereits vor dem 31.12.2010 erfolgte.
Hat eine Fremdfinanzierung hingegen ursprünglich einem Beteiligungserwerb von einem konzernfremden Dritten gedient, kommt das Abzugsverbot des § 12 Abs. 1 Z 9 KStG 1988 auf diese Fremdfinanzierung auch dann nicht zur Anwendung, wenn die nämliche Beteiligung konzernintern weiterübertragen wird.
21.1.10 Zinsen und Lizenzgebühren im Konzern (§ 12 Abs. 1 Z 10 KStG 1988)
21.1.10.1 Allgemeines
1266ai
§ 12 Abs. 1 Z 10 KStG 1988 soll die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für Zinsen oder Lizenzgebühren gegenüber konzernzugehörigen Körperschaften im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 1 KStG 1988 und vergleichbaren ausländischen Körperschaften unter bestimmten Voraussetzungen einschränken.
In sachlicher Hinsicht sind vom Abzugsverbot des § 12 Abs. 1 Z 10 KStG 1988 Aufwendungen für Zinsen oder Lizenzgebühren iSd in § 99a Abs. 1 zweiter und dritter Satz EStG 1988 enthaltenen Begriffsdefinition erfasst (siehe hierzu Rz 1266aj und 1266ak), die an eine
- empfangende und nutzungsberechtigte (siehe hierzu Rz 1266al ff),
- inländische oder vergleichbare ausländische Körperschaft des privaten Rechts (§ 12 Abs. 1 Z 10 lit. a KStG 1988, siehe hierzu Rz 1266at) geleistet werden,
- die unmittelbar oder mittelbar konzernzugehörig oder unmittelbar oder mittelbar unter dem beherrschenden Einfluss desselben Gesellschafters steht (§ 12 Abs. 1 Z 10 lit. b KStG 1988, siehe hierzu Rz 1266aw) und
- nicht- oder niedrigbesteuert ist (§ 12 Abs. 1 Z 10 lit. c KStG 1988, siehe hierzu Rz 1266ax ff).
Das Abzugsverbot gemäß § 12 Abs. 1 Z 10 letzter Satz KStG 1988 kommt nicht zur Anwendung, wenn die empfangende Körperschaft die unionsrechtlichen Vorschriften für Risikokapitalbeihilfen erfüllt (siehe hierzu Rz 1266bm).
Das Abzugsverbot ist erstmals auf Aufwendungen anwendbar, die nach dem 28.2.2014 anfallen (siehe hierzu Rz 1266bn).
21.1.10.2 Anwendungsvoraussetzungen
21.1.10.2.1 Aufwendungen für Zinsen oder Lizenzgebühren
1266aj
In sachlicher Hinsicht sind vom Abzugsverbot Zinsen iSd in § 99a Abs. 1 dritter Satz EStG 1988 enthaltenen Begriffsdefinition erfasst, die dem Zinsbegriff des Art. 11 OECD-MA entspricht. Von diesem Zinsbegriff sind daher auch Zinsen aus einer echten stillen Beteiligung sowie aus einem partiarischen Darlehen erfasst.
Ob die Einkünfte nach ausländischem Steuerrecht beim Empfänger ebenfalls als Zinsen eingestuft werden, ist für das Vorliegen von Zinsen iSd Bestimmung nicht maßgeblich.
1266ak
In sachlicher Hinsicht sind vom Abzugsverbot Lizenzgebühren iSd in § 99a Abs. 1 zweiter Satz EStG 1988 enthaltenen Begriffsdefinition erfasst. Dieser Lizenzgebührenbegriff orientiert sich an Art. 12 OECD-MA (siehe hierzu EStR 2000 Rz 7984), ist allerdings weiter als Art. 12 OECD-MA gefasst und erfasst zusätzlich auch Vergütungen für die Benutzung oder für das Recht auf Benutzung von Software (zu Standardsoftware siehe allerdings EStR 2000 Rz 8000). Außerdem erfasst der gegenständliche Lizenzgebührenbegriff im Unterschied zu Art. 12 OECD-MA auch Vergütungen für die Benutzung oder das Recht auf Benutzung gewerblicher, kaufmännischer oder wissenschaftlicher Ausrüstungen. Daher sind auch Zahlungen iZm Leasinggeschäften von der Bestimmung erfasst. Ob die Einkünfte nach ausländischem Steuerrecht beim Empfänger ebenfalls als Lizenzgebühren eingestuft werden, ist für das Vorliegen von Lizenzgebühren iSd Bestimmung nicht maßgeblich.
21.1.10.2.2 Körperschaft des privaten Rechts als Empfänger der Zinsen oder Lizenzgebühren
1266al
Zunächst ist für Zwecke der Anwendung des Abzugsverbotes gemäß § 12 Abs. 1 Z 10 KStG 1988 zu prüfen, wer Empfänger der Zinsen und Lizenzgebühren ist.
Das Abzugsverbot des § 12 Abs. 1 Z 10 KStG 1988 beruht auf dem Gedanken, dass beim Zahler dem Grunde nach als Betriebsausgabe zu qualifizierende Aufwendungen für Zinsen oder Lizenzgebühren nur dann steuerlich abzugsfähig sein sollen, wenn auch beim Empfänger die korrespondierenden Einnahmen aus den Zinsen oder Lizenzgebühren eine steuerliche Erfassung erfahren, die über das in lit. c geforderte Mindestbesteuerungsniveau hinausgeht.
1266am
IdR wird Empfänger iSd Bestimmung derjenige sein, mit dem der leistende Körperschaftsteuerpflichtige in eine rechtliche Beziehung tritt, somit der Vertragspartner, der einerseits die Kapital- oder Nutzungsüberlassung an diesen erbringt und anderseits die Gegenleistung dafür in Form von Zins- oder Lizenzzahlungen empfangen hat. Als Empfänger der Zins- oder Lizenzgebühren kommen allerdings dem Grunde nach nur Steuersubjekte (somit Einkommen- oder Körperschaftsteuersubjekte) in Frage, da lediglich diesen Personen nach österreichischem Steuerrecht Einkünfte zugerechnet werden können.
Empfänger iSd § 12 Abs. 1 Z 10 KStG 1988 ist somit derjenige, dem nach den österreichischen Grundsätzen der Einkünftezurechnung die Einkünfte aus jenen Zins- oder Lizenzgebühren zuzurechnen sind, die korrespondierend beim leistenden Körperschaftsteuersubjekt im Inland aufwandswirksam erfasst werden.
1266an
Personengesellschaften (oder andere Gebilde wie zB Investmentfonds), denen nach österreichischen steuerlichen Grundsätzen keine Steuerrechtssubjektivität zukommt, können daher nicht Empfänger der Zinsen oder Lizenzgebühren gemäß § 12 Abs. 1 Z 10 KStG 1988 sein. Werden Zinsen oder Lizenzgebühren an Personengesellschaften gezahlt, sind als Empfänger entsprechend den österreichischen Grundsätzen der Einkünftezurechnung die Gesellschafter der Personengesellschaft anzusehen (siehe zu Personengesellschaften auch Rz 1266av und Rz 1266bd).
1266ao
Für die Frage, wer Empfänger iSd § 12 Abs. 1 Z 10 KStG 1988 ist, sind ausschließlich die österreichischen Grundsätze der Einkünftezurechnung maßgeblich. Die Einkünftezurechnung setzt voraus, dass dieser aus der Tätigkeit der Kapital- oder Nutzungsüberlassung die Möglichkeit besitzt, die sich ihm bietenden Marktchancen auszunützen bzw. die Leistungen zu erbringen oder zu verweigern (siehe EStR 2000 Rz 104). Dabei kommt dem Vorhandensein von den hierfür erforderlichen Mitteln (zB Betriebsgebäude, Betriebs-, Personal- und Kapitalausstattung) sowie den entsprechenden Entscheidungsspielräumen Indizwirkung zu.
1266ap
Eine allenfalls abweichende ausländische Regelung der Zurechnung von Einkünften ist nicht zu beachten. Zur Berücksichtigung von abweichenden Zurechnungsregeln im Ausland im Zusammenhang mit den Kriterien der Niedrigbesteuerung gemäß § 12 Abs. 1 Z 10 lit. c KStG 1988 siehe Rz 1266bc und 1266bd.
1266aq
Gemäß § 12 Abs. 1 Z 10 vorletzter Satz KStG 1988 muss der Empfänger auch Nutzungsberechtigter der Zinsen oder Lizenzgebühren sein. Ist der Empfänger nicht Nutzungsberechtigter, ist auf den Nutzungsberechtigten abzustellen. Die Bestimmung des § 12 Abs. 1 Z 10 KStG 1988 enthält keine eigene Begriffsdefinition des Nutzungsberechtigten, orientiert sich jedoch neben den allgemeinen Grundsätzen der steuerlichen Einkünftezurechnung inhaltlich an der in § 99a Abs. 3 EStG 1988 enthaltenen Definition. Gemäß § 99a Abs. 3 EStG 1988 gilt eine Person nur dann als Nutzungsberechtigter, wenn sie die Zahlungen zu eigenen Gunsten und nicht als Zwischenträger, etwa als Vertreter, Treuhänder oder Bevollmächtigter für eine andere Person, erhält, und wenn die Forderung, das Recht oder der Gebrauch von Informationen, die Grundlage für Zahlungen von Zinsen oder Lizenzgebühren sind, mit der empfangenden Person in einem konkreten Zusammenhang stehen.
1266ar
Durch das Abstellen auf den Nutzungsberechtigten soll insbesondere die Umgehung des Abzugsverbotes durch Zwischenschaltung nicht konzernzugehöriger Empfänger (wie etwa konzernfremden Banken oder natürlichen Personen) verhindert werden. Damit sind insbesondere auch „back-to-back“-Finanzierungen von der Regelung erfasst. Eine „back-to-back“-Finanzierung liegt im Falle einer Kreditgewährung durch konzernfremde Dritte vor, die von konzernzugehörigen Körperschaften oder von (mittelbaren) Gesellschaftern des Kreditnehmers Einlagen erhalten und diese Einlagen an den Kreditnehmer weiterleiten, jedoch aufgrund von Rückgriffsmöglichkeiten (zB Bürgschaft, dingliche Sicherheit) gegen die konzernzugehörige Körperschaft oder die Anteilsinhaber nicht das Kreditausfallsrisiko zu tragen haben.
1266as
Eingeschränkte Dispositionsmöglichkeiten über die Erzielung der Zins- und Lizenzeinkünfte können gegen eine Nutzungsberechtigung des Empfängers der Zinsen oder Lizenzgebühren sprechen. Dies gilt insbesondere dann, wenn noch eines der folgenden Indizien hinzutritt:
- Vertragliche Verpflichtung zur Weiterleitung von Zinsen oder Lizenzgebühren
- Fehlen von eigenen Arbeitnehmern und Betriebsräumlichkeiten oder von entsprechend qualifiziertem Personal (etwa zur Pflege einer überlassenen Marke)
- (Nahezu) gänzliche Fremdfinanzierung eines konzernintern vergebenen Darlehens
- Fehlendes Kreditausfallsrisiko (bei fremden Dritten)
- Bloße Sublizenzierung einer Lizenz.
Im Rahmen der Beurteilung der Nutzungsberechtigung ist stets auf das Gesamtbild der Verhältnisse abzustellen.
Beispiel 1:
Die inländische A GmbH finanziert sich seit Jahren von der konzernzugehörigen FinCo Ltd., die als konzernweite Finanzierungsgesellschaft fungiert, jedoch mit ihren Einkünften lediglich einem 5-prozentigen Steuersatz in ihrem Ansässigkeitsstaat unterliegt. Aufwendungen für Zinsen der A GmbH an die FinCo Ltd. unterliegen daher dem Abzugsverbot gemäß § 12 Abs. 1 Z 10 KStG 1988, da die FinCo Ltd. eine konzernzugehörige, niedrig besteuerte, einer jur. Person des privaten Rechts vergleichbare ausländische Körperschaft ist.
Zur Vermeidung des Abzugsverbotes wird das Darlehen nunmehr an die Conduit B.V. weitergereicht, bei der die Kriterien einer Nicht- oder Niedrigbesteuerung jedoch gemäß § 12 Abs. 1 Z 10 lit. c KStG 1988 nicht vorliegen. Die Conduit B.V. kann über die Konditionen des Darlehens an die A GmbH nur sehr eingeschränkt disponieren. Sie refinanziert sich ihrerseits durch ein bei der FinCo Ltd. aufgenommenes Darlehen, ist zur Weiterleitung der Zinseinnahmen an die FinCo Ltd. verpflichtet und erhält lediglich eine geringfügige Vergütung für anfallende Verwaltungskosten. Die Conduit B.V. ist ansonsten funktions- und substanzlos (keine eigenen Arbeitnehmer und Betriebsräumlichkeiten). Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse ist nicht die Conduit B.V., sondern die FinCo Ltd. Nutzungsberechtigter der Zinsen. Das Abzugsverbot des § 12 Abs. 1 Z 10 KStG 1988 kommt daher trotz Zwischenschaltung der Conduit B.V. weiterhin zur Anwendung.
Beispiel 2:
Die inländische B GmbH nutzt seit Jahren eine Marke der konzernzugehörigen IP Ltd., die mit ihren Einkünften einem besonderen Steuerregime (IP Box-Regime) unterliegt, sodass ihre effektive Steuerbelastung lediglich 5% beträgt. Mit dem Ansässigkeitsstaat der IP Ltd. besteht ein DBA, das für Lizenzgebühren kein Quellenbesteuerungsrecht vorsieht. Die Aufwendungen für die Lizenzgebühren der B GmbH an die IP Ltd. unterliegen daher dem Abzugsverbot gemäß § 12 Abs. 1 Z 10 KStG 1988, da die IP Ltd. eine konzernzugehörige, niedrig besteuerte, einer jur. Person des privaten Rechts vergleichbare ausländische Körperschaft ist.
Zur Vermeidung des Abzugsverbotes vergibt die IP Ltd. nunmehr die Rechte zur Nutzung der Marke an die betriebsführende NL B.V. weiter, bei der die Kriterien einer Nicht- oder Niedrigbesteuerung jedoch gemäß § 12 Abs. 1 Z 10 lit. c KStG 1988 nicht vorliegen. Die NL B.V. vergibt wiederum ihrerseits eine Sublizenz an die B GmbH. Mit dem Ansässigkeitsstaat der NL B.V. besteht ebenfalls ein DBA, das für Lizenzgebühren kein Quellenbesteuerungsrecht vorsieht. Die NL B.V. erhält lediglich eine geringfügige Vergütung für anfallende Verwaltungskosten, verfügt jedoch über keine entsprechend geschulten Mitarbeiter und Know-how, um die Marktposition der Marke entsprechend zu betreuen. Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse ist hinsichtlich der Lizenzen nicht die NL B.V. Nutzungsberechtigter, obwohl die NL B.V. betriebsführend ist. Nutzungsberechtigter der Lizenzen ist daher weiterhin die IP Ltd. Das Abzugsverbot des § 12 Abs. 1 Z 10 KStG 1988 kommt daher trotz Zwischenschaltung der NL B.V. weiterhin zur Anwendung.
1266at
Zu beachten ist, dass das Abzugsverbot des § 12 Abs. 1 Z 10 KStG 1988 dann zur Anwendung kommt, wenn der nutzungsberechtigte Empfänger der Zinsen oder Lizenzgebühren eine Körperschaft im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 1 KStG 1988 oder eine vergleichbare ausländische Körperschaft ist. Somit sind nur empfangende juristische Personen des privaten Rechts, die als solche Körperschaftsteuersubjekte sind, von der Bestimmung erfasst. Dies sind sämtliche von § 1 Abs. 2 Z 1 KStG 1988 typusmäßig erfasste Gesellschaftsformen (insbesondere Kapitalgesellschaften, Genossenschaften, Stiftungen und Vereine; siehe dazu näher Rz 7 bis 34). Das Abzugsverbot kann daher auch auf Zins- oder Lizenzzahlungen an inländische Körperschaften iSd § 1 Abs. 2 Z 1 KStG 1988 Anwendung finden, die lediglich gemäß § 1 Abs. 3 Z 3 KStG 1988 beschränkt steuerpflichtig sind.
Bei ausländischen empfangenden Gesellschaften ist anhand eines Typenvergleiches zu beurteilen, ob eine Vergleichbarkeit mit einer inländischen juristischen Person des privaten Rechts gegeben ist (zum Typenvergleich siehe Rz 133 f).
1266au
Das Abzugsverbot findet daher insbesondere bei Zinsen oder Lizenzgebühren, die an Körperschaften des öffentlichen Rechts geleistet werden, keine Anwendung. Dies gilt unabhängig davon, ob die Zins- oder Lizenzeinkünfte von der Körperschaft des öffentlichen Rechts inner- oder außerhalb eines Betriebes gewerblicher Art erzielt werden.
Handelt es sich beim nutzungsberechtigten Empfänger der Zins- oder Lizenzzahlungen um eine natürliche Person, kommt das Abzugsverbot ebenfalls nicht zur Anwendung.
1266av
Da Personengesellschaften nicht als Empfänger iSd § 12 Abs. 1 Z 10 KStG 1988 angesehen werden können (siehe dazu bereits Rz 1266an; zu Qualifikationskonflikten siehe Rz 1266bd), kommt bei Zahlungen an Personengesellschaften das Abzugsverbot insoweit zur Anwendung, als die Gesellschafter der Personengesellschaft Körperschaften iSd § 1 Abs. 2 Z 1 KStG 1988 oder diesen vergleichbare ausländische Körperschaften sind.
Beispiel:
Die inländische C GmbH zahlt Zinsen an eine ausländische Personengesellschaft, an der zu 70% die – einer inländischen juristischen Person vergleichbare – konzernzugehörige ausländische Körperschaft X Ltd. sowie zu 30% eine natürliche Person beteiligt ist. Da die Personengesellschaft nach österreichischen steuerlichen Grundsätzen nicht Steuersubjekt ist, sind als Empfänger der Zinsen die X Ltd. sowie die natürliche Person anzusehen. 70% der Zinsen sind demnach der X Ltd. zuzurechnen, 30% der Zinsen der natürlichen Person. Das Abzugsverbot kann daher im Ausmaß von 70% der Zinsaufwendungen zur Anwendung kommen, sofern die X Ltd niedrigbesteuert gemäß § 12 Abs. 1 Z 10 lit. c KStG 1988 ist.
21.1.10.2.3 Konzernzugehörigkeit der empfangenden Körperschaft
1266aw
Gemäß § 12 Abs. 1 Z 10 lit. b KStG 1988 kommt das Abzugsverbot zur Anwendung, wenn die empfangende und nutzungsberechtigte Körperschaft unmittelbar oder mittelbar konzernzugehörig ist oder unmittelbar oder mittelbar unter dem beherrschenden Einfluss desselben Gesellschafters steht. Das Abzugsverbot für Zins- und Lizenzaufwendungen ist dem Ausschluss der Firmenwertabschreibung bei Erwerben im Konzern gemäß § 9 Abs. 7 KStG 1988 nachgebildet (siehe dazu Rz 1124). Der Konzernbegriff in § 12 Abs. 1 Z 10 lit. b KStG 1988 ist folglich im Sinne des § 15 AktG zu verstehen (siehe Rz 1125). Entscheidend ist daher, ob eine Zusammenfassung rechtlich selbstständiger Unternehmen unter einheitlicher Leitung und zu wirtschaftlichen Zwecken vorliegt bzw. inwieweit ein rechtlich selbständiges Unternehmen unter dem beherrschenden Einfluss eines anderen Unternehmens steht. Zum Vorliegen eines unmittelbar oder mittelbar ausgeübten beherrschenden Einflusses siehe Rz 1126.
21.1.10.2.4 Nicht- oder Niedrigbesteuerung der Zinsen-/Lizenzgebühren bei der empfangenden Körperschaft
21.1.10.2.4.1 Allgemeines
1266ax
Gemäß § 12 Abs. 1 Z 10 lit. c KStG 1988 kommt das Abzugsverbot für Zinsen oder Lizenzgebühren dann zur Anwendung, wenn die Zinsen bei der empfangenden, nutzungsberechtigten und konzernzugehörigen Körperschaft nach einem der drei Teilstriche dieser Bestimmung nicht oder niedrig besteuert werden.
21.1.10.2.4.2 Persönliche oder sachliche Befreiung
1266ay
Nach § 12 Abs. 1 Z 10 lit. c erster Teilstrich KStG 1988 liegt eine das Abzugsverbot auslösende Nichtbesteuerung vor, wenn die Zinsen bei der empfangenden Körperschaft aufgrund
- einer persönlichen oder
- sachlichen Befreiung
keiner Besteuerung unterliegen.
1266az
Eine persönliche Befreiung der empfangenden Körperschaft liegt dann vor, wenn diese als Person gänzlich keiner Besteuerung unterliegt. Eine persönliche Befreiung kann sich bei inländischen Körperschaften iSd § 1 Abs. 2 Z 1 KStG 1988 etwa aus § 5 KStG 1988 oder aus sondergesetzlichen Vorschriften außerhalb des KStG 1988 ergeben. Bei ausländischen Körperschaften kann sich eine Befreiung von der Steuerpflicht zB aufgrund vergleichbarer ausländischer Rechtsvorschriften oder verwaltungsrechtlicher Akte ergeben.
Eine umfassende persönliche Befreiung der empfangenden Körperschaft von der Steuerpflicht ist hingegen nicht erforderlich. Daher kommt die Bestimmung auch dann zur Anwendung, wenn eine Körperschaft lediglich mit bestimmten Einkünften, darunter auch die Zins- oder Lizenzeinkünfte, persönlich teilsteuerbefreit ist (zB inländische Körperschaften gemäß § 5 Z 5 bis 7, 10, 11 und 13 KStG 1988) und etwa beschränkt steuerpflichtig bleibt (zB persönlich befreite Körperschaften nach § 5 KStG 1988 gemäß § 1 Abs. 3 Z 3 iVm § 21 Abs. 2 und 3 KStG 1988).
1266ba
Eine sachliche Befreiung der empfangenden Körperschaft liegt dann vor, wenn nicht die empfangende Körperschaft persönlich von der Steuerpflicht befreit ist, sondern lediglich bestimmte Einkünfte von der Besteuerung ausgenommen werden. Fallen die Zinsen oder Lizenzgebühren unter diese sachlich befreiten Einkunftsarten, kommt die Bestimmung zur Anwendung. Dies kann bei Zahlungen an eine ausländische empfangende Körperschaft auch dann der Fall sein, wenn etwa die nach österreichischem Recht als Zinsen zu qualifizierenden Einkünfte im Ausland aufgrund der Einstufung als Dividende nach ausländischem Steuerrecht sachlich steuerbefreit sind. Eine sachliche Befreiung im Sinne dieser Bestimmung kann sich auch aufgrund eines DBA ergeben. Der Grund für die Gewährung einer sachlichen Befreiung ist somit für die Anwendung der Bestimmung nicht von Relevanz.
1266bb
Ob eine persönliche oder sachliche Steuerbefreiung der empfangenden Körperschaft zu keiner Besteuerung der Zinsen oder Lizenzgebühren iSd § 12 Abs. 1 Z 10 lit. c TS 1 KStG 1988 führt, ist in einer grenzüberschreitenden Gesamtbetrachtung der Besteuerungssituation der empfangenden Körperschaft zu beurteilen. Liegt eine persönliche oder sachliche Steuerbefreiung der empfangenden Körperschaft in ihrem Ansässigkeitsstaat vor, kommt das Abzugsverbot des TS 1 daher nur dann zur Anwendung, wenn die empfangende Körperschaft auch in keinem anderen besteuerungsberechtigten Staat mit den Zinsen und Lizenzgebühren zur Gänze keiner Besteuerung unterliegt.
Beispiel:
Eine inländische Körperschaft unterhält im Ausland eine Betriebsstätte, welcher die konzernintern an diese geleisteten Zinsen oder Lizenzgebühren zuzurechnen sind. Österreich hat im DBA mit dem Betriebsstättenstaat die Befreiungsmethode vereinbart und hat daher die der Betriebsstätte zuzurechnenden Zinsen- oder Lizenzeinkünfte von der Steuer freizustellen. Das Abzugsverbot nach TS 1 kommt nur dann zur Anwendung, wenn die Zinsen- oder Lizenzgebühren auch im Betriebsstättenstaat aufgrund einer persönlichen oder sachlichen Befreiung keiner Besteuerung unterliegen. Eine Anwendung des Abzugsverbotes kann sich jedoch nach Maßgabe von TS 2 oder TS 3 ergeben, wenn die Zinsen oder Lizenzgebühren im Betriebsstättenstaat niedrig iSd TS 2 oder TS 3 (siehe dazu Rz 1266bl Beispiel 3) besteuert werden sollten.
1266bc
Werden Zinsen oder Lizenzgebühren nicht auf Ebene der empfangenden Körperschaft, sondern – etwa aufgrund einer Gruppenbesteuerungsregelung – bei einer anderen Körperschaft besteuert, kommt TS 1 nicht zur Anwendung, denn eine Zurechnung der Einkünfte zu einem anderen Steuersubjekt als dem Empfänger der Zinsen oder Lizenzgebühren stellt für sich betrachtet keine Nichtbesteuerung iSd Bestimmung dar. Es ist allerdings zu prüfen, ob unter Berücksichtigung der Steuerbelastung auf Ebene jenes Steuersubjektes, bei dem die Zins- oder Lizenzeinkünfte besteuert werden, eine Nicht- oder Niedrigbesteuerung der Zinsen oder Lizenzgebühren iSd § 12 Abs. 1 Z 10 lit. c KStG 1988 auf Ebene der empfangenden Körperschaft vorliegt.
Beispiel:
Die inländische D GmbH leistet Zinsen an ihre ausländische Schwestergesellschaft FinCo Ltd. Die FinCo Ltd. ist Gruppenmitglied einer ausländischen Unternehmensgruppe, an deren Spitze die A Ltd. steht, die sowohl eine 100-prozentige Muttergesellschaft der D GmbH als auch der FinCo Ltd. ist. Die Anwendungsvoraussetzungen des § 12 Abs. 1 Z 10 lit. a und lit. b KStG 1988 sind erfüllt, da es sich bei der empfangenden und nutzungsberechtigten FinCo Ltd. um eine konzernzugehörige Körperschaft handelt. Da die Zinsen jedoch nicht bei der FinCo Ltd. erfasst werden, ist das Vorliegen einer Nicht- oder Niedrigbesteuerung iSd § 12 Abs. 1 Z 10 lit. c KStG 1988 unter Berücksichtigung der Steuerbelastung auf Ebene der A Ltd. zu prüfen.
1266bd
Werden Zinsen oder Lizenzgebühren an in- oder ausländische Personengesellschaften gezahlt, so sind die Empfänger der Zinsen oder Lizenzgebühren gemäß § 12 Abs. 1 Z 10 KStG 1988 die Gesellschafter der Personengesellschaft (siehe dazu bereits Rz 1266an und 1266av). Dies gilt unabhängig von einer allfälligen abweichenden Zurechnung der Einkünfte zur Personengesellschaft nach ausländischem Steuerrecht.
Insoweit es sich bei den Gesellschaftern der Personengesellschaft um konzernzugehörige Körperschaften gemäß § 12 Abs. 1 Z 10 lit. a und lit. b KStG 1988 handelt, kann daher das Abzugsverbot auf die Zins- oder Lizenzaufwendungen dem Grunde nach zur Anwendung kommen. Sollten die Gesellschafter aufgrund der Zurechnung der Einkünfte zur Personengesellschaft nach ausländischem Steuerrecht mit diesen Zins- oder Lizenzeinkünften nicht besteuert werden, stellt dies für sich betrachtet keine Nichtbesteuerung der empfangenden Körperschaft/en iSd Bestimmung des § 12 Abs. 1 Z 10 lit. c TS 1 KStG 1988 dar. Es ist allerdings zu prüfen, ob unter Berücksichtigung der Steuerbelastung auf Ebene der Personengesellschaft und einer allfälligen Ausschüttungsbesteuerung eine Nicht- oder Niedrigbesteuerung der Zinsen oder Lizenzgebühren iSd § 12 Abs. 1 Z 10 lit. c KStG 1988 auf Ebene der empfangenden Körperschaft/en vorliegt.
Beispiel:
Die inländische E GmbH zahlt Zinsen an eine ausländische Personengesellschaft, deren Gesellschafter die konzernzugehörigen Körperschaften A Ltd. und B Ltd. sind. Nach ausländischem Steuerrecht wird die Personengesellschaft als Körperschaftsteuersubjekt angesehen und unterliegt mit den Zinseinkünften der ausländischen Körperschaftsteuer. Die Anwendungsvoraussetzungen des § 12 Abs. 1 Z 10 lit. a und lit. b KStG 1988 sind erfüllt, da es sich bei den empfangenden und nutzungsberechtigten Körperschaften A Ltd. und B Ltd. um konzernzugehörige Körperschaften handelt. Da die Zinsen jedoch nach ausländischem Steuerrecht nicht bei diesen beiden Körperschaften erfasst werden, ist das Vorliegen einer Nicht- oder Niedrigbesteuerung iSd § 12 Abs. 1 Z 10 lit. c KStG 1988 unter Berücksichtigung der Steuerbelastung der Personengesellschaft sowie einer allfälligen Steuerbelastung auf die „Ausschüttung“ an die Empfänger zu prüfen.
21.1.10.2.4.3 Steuersatz von weniger als 10%
1266be
Gemäß § 12 Abs. 1 Z 10 lit. c zweiter Teilstrich KStG 1988 liegt eine das Abzugsverbot der Zinsen oder Lizenzgebühren auslösende Niedrigbesteuerung dann vor, wenn die Zinsen oder Lizenzgebühren bei der empfangenden Körperschaft einem Steuersatz von weniger als 10% unterliegen. Für die Anwendung des Teilstriches 2 ist der Nominalsteuersatz maßgebend, dem die empfangende Körperschaft mit den Einkünften aus den aus österreichischen Quellen stammenden Zinsen oder Lizenzgebühren unterliegt. Der auf andere Einkünfte entfallende nominelle Steuersatz ist daher nicht von Bedeutung.
1266bf
Abzustellen ist auf den nominellen Steuersatz, der auf eine der österreichischen Körperschaftsteuer vergleichbare ausländische Steuer (idR ausländische Körperschaftsteuer bzw. „Gewinnsteuer“) zur Anwendung kommt. Neben bundesstaatlichen Körperschaftsteuern sind dabei auch vergleichbare Körperschaftsteuern nachgelagerter Gebietskörperschaften additiv zu berücksichtigen, sofern diese als Prozentsatz von derselben Bemessungsgrundlage wie die Körperschaftsteuer berechnet werden (zB die in der Schweiz auf Kantons- und Gemeindeebene erhobene Körperschaftsteuer). Überdies sind als Teil des anzuwendenden Steuersatzes auch Zuschläge sowie Ergänzungsabgaben zur Körperschaftsteuer anzusehen.
1266bg
Für die Anwendung des TS 2 ist die effektive Steuerbelastung nicht relevant. Allerdings ist die effektive Steuerbelastung nach TS 3 zu prüfen, sofern auf die Zinsen oder Lizenzgebühren zwar ein Steuersatz von zumindest 10% angewendet wird, jedoch dafür eine Steuerermäßigung gewährt wird (siehe dazu Rz 1266bj ff).
1266bh
Beträgt der Steuersatz der empfangenden Körperschaft in ihrem Ansässigkeitsstaat zwar weniger als 10%, jedoch in einem anderen Staat, der diese Zins- oder Lizenzeinkünfte als Quellen-/Betriebsstättenstaat ebenfalls besteuern kann, zumindest 10%, kommt das Abzugsverbot nicht zur Anwendung. Es kann im Rahmen dieser Gesamtbetrachtung jedoch lediglich jener Steuersatz im Quellenstaat Berücksichtigung finden, der in diesem Staat nach Reduktion oder Refundierung der Quellensteuer (zB aufgrund eines DBA) final zur Anwendung kommt.
Beispiel 1:
Die österreichische F GmbH zahlt Lizenzgebühren an ihre konzernzugehörige Schwestergesellschaft G Inc., die im Staat A ansässig ist. Der nominelle Körperschaftsteuersatz in Staat A beträgt 8%. Die G Inc. unterliegt mit diesen Lizenzgebühren der beschränkten Steuerpflicht gemäß § 21 Abs. 1 Z 1 KStG 1988 iVm § 98 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 iVm § 99 Abs. 1 Z 3 EStG 1988. Die in Österreich im Abzugswege einbehaltene Quellensteuer beträgt 20%. Mit Staat A besteht ein DBA, das für Lizenzgebühren einen Quellensteuersatz von 5% vorsieht. Die G Inc. unterliegt daher in Österreich lediglich einem Quellensteuersatz von 5%. Der anzuwendende Steuersatz beträgt somit lediglich 8%. Das Abzugsverbot gemäß TS 2 kommt zur Anwendung.
Beispiel 2:
Die österreichische H GmbH zahlt Zinsen an ihre Schwestergesellschaft I Inc., die im Staat B ansässig ist. Der nominelle Körperschaftsteuersatz im Staat B beträgt 15%. Die empfangende Schwestergesellschaft I Inc. unterhält im Staat C eine Betriebsstätte, welcher die konzernintern an diese geleisteten Zinsen zuzurechnen sind. Der Körperschaftsteuersatz im Staat C beträgt 5%. Die Zinsen unterliegen in Österreich nicht der beschränkten Steuerpflicht und können auch aufgrund der im DBA zwischen Staat B und Staat C vereinbarten Befreiungsmethode für Betriebsstättengewinne ausschließlich in Staat C besteuert werden. Der anzuwendende Steuersatz beträgt somit lediglich 5%. Das Abzugsverbot gemäß TS 2 kommt zur Anwendung.
21.1.10.2.4.4 Tatsächliche Steuerbelastung von weniger als 10% aufgrund einer Steuermäßigung
1266bi
Gemäß § 12 Abs. 1 Z 10 lit. c dritter Teilstrich KStG 1988 liegt eine das Abzugsverbot der Zinsen oder Lizenzgebühren auslösende Niedrigbesteuerung dann vor, wenn die Zinsen oder Lizenzgebühren aufgrund einer auch dafür vorgesehenen Steuerermäßigung einer tatsächlichen Steuerbelastung von weniger als 10% unterliegen; somit fallen auch Steuerermäßigungen in den Anwendungsbereich des Abzugsverbotes, die sich nicht ausschließlich auf Zinsen und Lizenzgebühren, sondern auch auf andere Einkünfte beziehen. Der dritte Teilstrich erfasst – unabhängig vom nominellen Steuersatz – jene Fälle, in denen bei der empfangenden Körperschaft besondere Steuerermäßigungen zur Anwendung gelangen, aufgrund derer der effektive Steuersatz für die Zins- oder Lizenzeinkünfte weniger als 10% beträgt. Als Steuerermäßigungen iSd Bestimmung gelten insbesondere
- teilweise Steuerbefreiungen oder
- fiktive Betriebsausgaben (zB ein pauschaler Abzug von fiktiven Refinanzierungskosten oder eine fiktive „interest/patent income deduction“).
Zum für die Beurteilung des Vorliegens einer Steuerermäßigung maßgeblichen Zeitpunkt siehe Rz 1266bo.
1266bj
Eine Steuerermäßigung iSd Bestimmung liegt unabhängig von der Basis, an welche diese anknüpft, vor. Als Basis für eine Steuerermäßigung kommen insbesondere in Frage:
- Einnahmen aus Zinsen oder Lizenzen (zB pauschaler Abzug von 80% der Zins- oder Lizenzeinnahmen; teilweise Steuerbefreiung dieser Einnahmen)
- Einkünfte aus Zinsen oder Lizenzen (zB 80% der Lizenzeinkünfte unterliegen einer Steuerfreistellung; Abschreibung von 120% der Anschaffungskosten eines Patents)
- Gesamtes Einkommen des Empfängers, einschließlich Zinsen oder Lizenzen (zB ein nicht der tatsächlichen Kapitalstruktur entsprechender Abzug von Refinanzierungszinsen; fiktive Betriebsausgaben vom gesamten Einkommen; fiktive Zinsen vom Eigenkapital).
Unschädlich ist hingegen eine Steuerermäßigung, die sich ausschließlich auf andere Einkünfte als die Zinsen oder Lizenzgebühren bezieht oder für deren Bemessung ausschließlich Aufwendungen herangezogen werden, die in keinem Zusammenhang mit den Zinsen oder Lizenzgebühren stehen (zB Forschungsaufwendungen).
1266bk
Keine Steuermäßigung iSd Bestimmung liegt hingegen vor, wenn die empfangende Körperschaft etwa eigene Verluste, Verlustvor- oder -rückträge oder aufgrund eines Gruppenbesteuerungsregimes Verluste anderer Körperschaften mit den Zins- oder Lizenzeinkünften verrechnen kann, sofern diese Verluste oder Verlustvorträge nicht auf eine Steuerermäßigung iSd Bestimmung zurückzuführen sind.
1266bl
Liegen dem Grunde nach Steuerermäßigungen iSd TS 3 vor, hat eine Ermittlung der effektiven Steuerbelastung der Zins- oder Lizenzeinkünfte zu erfolgen. Zur Ermittlung der auf den Zins- oder Lizenzeinkünften lastenden effektiven Steuerbelastung ist grundsätzlich die nach ausländischem Recht ermittelte Bemessungsgrundlage der empfangenden Körperschaft um schädliche Steuerermäßigungen zu bereinigen, dh. insbesondere um nach ausländischem Recht abzugsfähige fiktive Betriebsausgaben sowie um teilweise befreite Einkünfte zu erhöhen. Die adaptierte Bemessungsgrundlage ist in weiterer Folge in Relation zu den darauf lastenden tatsächlich entrichteten Ertragsteuern (siehe zu den dabei berücksichtigbaren Steuern Rz 1266bf) zu setzen. Eine Ermittlung der Zins- oder Lizenzeinkünfte einer ausländischen empfangenden Körperschaft nach den Vorschriften des EStG 1988 und KStG 1988 hat jedoch nicht zu erfolgen.
Es bestehen keine Bedenken, anhand der allgemeinen auf den Empfänger anzuwendenden Besteuerungsregelungen eine Überleitung des nominellen Steuersatzes in einen effektiven Steuersatz vorzunehmen:
1. Steht eine Steuerermäßigung nach ausländischem Steuerrecht in unmittelbarem Zusammenhang mit den Einnahmen aus Zinsen oder Lizenzen, kann aus dem nominellen Steuersatz der effektive Steuersatz bezogen auf die – durch Steuerermäßigungen jedoch nicht gekürzte – Bruttogröße der Zins- oder Lizenzeinnahmen abgeleitet werden:
Beispiel 1:
Die österreichische J GmbH zahlt Lizenzgebühren an ihre konzernzugehörige Schwestergesellschaft K Inc., die im Staat C ansässig ist. Der nominelle Steuersatz im Staat C beträgt 30%. Für Lizenzgebühren sieht die ausländische Steuerrechtsordnung vor, dass 80% der Lizenzeinnahmen als fiktive Betriebsausgabe abgezogen werden können.
Da somit lediglich 1/5 der Lizenzeinnahmen der K Inc. einem Steuersatz von 30% unterliegen, beträgt der effektive Steuersatz bezogen auf die ungekürzten Lizenzeinnahmen 6% (= 30%/5). Das Abzugsverbot kommt aufgrund von § 12 Abs. 1 Z 10 lit. c TS 3 KStG 1988 zur Anwendung.
Beispiel 2:
Die österreichische L GmbH zahlt Zinsen an ihre inländische konzernzugehörige Schwestergesellschaft M GmbH. Die empfangende Schwestergesellschaft unterhält im Staat D eine Betriebsstätte, welcher die konzernintern an diese geleisteten Zinsen zuzurechnen sind. Österreich hat im DBA mit dem Betriebsstättenstaat die Befreiungsmethode vereinbart und hat daher die der Betriebsstätte zuzurechnenden Zinseinkünfte von der Steuer freizustellen.
Der nominelle Steuersatz im Betriebsstättenstaat D beträgt 20%, allerdings können 10/11 der Zinseinnahmen als fiktive Refinanzierungszinsen abgezogen werden. Da somit lediglich 1/11 der Zinseinnahmen einem Steuersatz von 20% unterliegen, beträgt der effektive Steuersatz bezogen auf die ungekürzten Zinseinnahmen 1,82%. Das Abzugsverbot kommt aufgrund von lit. c TS 3 zur Anwendung.
2. Steht eine Steuerermäßigung in unmittelbarem Zusammenhang mit den Einkünften aus Zinsen oder Lizenzen, kann aus dem nominellen Steuersatz der effektive Steuersatz bezogen auf die nach ausländischem Recht ermittelte – durch Steuerermäßigungen jedoch nicht verminderte – Nettogröße der Zins- oder Lizenzeinkünfte abgeleitet werden:
Beispiel 3:
Die österreichische N GmbH zahlt Lizenzgebühren an ihre konzernzugehörige Schwestergesellschaft X Inc., die im Staat E ansässig ist. Der nominelle Steuersatz im Staat E beträgt 15%. Für Lizenzgebühren sieht die ausländische Steuerrechtsordnung ein Patent Box-Regime vor, demzufolge eine Steuerbefreiung von 50% der Lizenzeinkünfte erfolgt. Da somit lediglich die Hälfte der Lizenzeinkünfte einem Steuersatz von 15% unterliegen, beträgt der effektive Steuersatz bezogen auf die – um die Steuerermäßigung jedoch nicht verminderten – Lizenzeinkünfte 7,5% (=15%/2). Das Abzugsverbot kommt aufgrund von lit. c TS 3 zur Anwendung.
Es steht dem Steuerpflichtigen jedoch der Nachweis offen, dass der Empfänger mit den Zinsen oder Lizenzgebühren einer effektiven tatsächlichen Steuerbelastung von zumindest 10% unterliegt und demnach die Anwendungsvoraussetzungen des Abzugsverbotes nicht vorliegen. Diesfalls wird vom Steuerpflichtigen allerdings im Rahmen seiner erhöhten Mitwirkungspflicht bei Auslandssachverhalten ein Nachweis der nach ausländischem Recht auf den Empfänger konkret anzuwendenden Besteuerungsregeln, die Vorlage der Steuererklärungen und Steuerbescheide des Empfängers und eine Berechnung der tatsächlichen Steuerbelastung abzuverlangen sein.
Zur Ermittlung der tatsächlichen Steuerbelastung ist dabei die nach ausländischem Recht ermittelte Bemessungsgrundlage für die Zins- oder Lizenzeinkünfte zunächst um Steuermäßigungen zu bereinigen sowie um nachgewiesene – im Ausland nicht berücksichtigte – tatsächliche Betriebsausgaben zu kürzen und in weiterer Folge in Relation zu der tatsächlichen Ertragsteuerbelastung zu setzen:
Beispiel:
Die österreichische O GmbH zahlt Lizenzgebühren an ihre konzernzugehörige Schwestergesellschaft P Inc., die im Staat Z ansässig ist. Der nominelle Steuersatz im Staat Z beträgt 30%. Für Lizenzgebühren sieht die ausländische Steuerrechtsordnung ein Patent Box-Regime vor, demzufolge eine pauschaler Betriebsausgabenabzug von 70% der Lizenzeinnahmen erfolgt. Tatsächliche Betriebsausgaben innerhalb der Patent Box – wie insbesondere den Einnahmen direkt zuordenbare Aufwendungen sowie Abschreibungen auf Patente, Marken usw. – dürfen allerdings nicht zusätzlich zum Pauschale als Betriebsausgaben abgezogen werden.
Aus dem nominellen Steuersatz in Staat Z lässt sich eine effektive Steuerbelastung der um Steuerermäßigungen ungekürzten Lizenzeinnahmen iHv 9% ableiten (=3/10 von 30%).
Weist die O GmbH jedoch anhand der tatsächlichen Betriebsausgaben der P Inc. nach, dass die effektive Steuerbelastung der P Inc. innerhalb der Patent Box zumindest 10% bezogen auf die bereinigten Lizenzeinkünfte (= um Steuerermäßigungen ungekürzte Lizenzeinnahmen abzüglich tatsächliche Betriebsausgaben) beträgt, kommt das Abzugsverbot nicht zur Anwendung.
Lizenzeinnahmen Patent Box: | 1.000.000 |
Fiktive Betriebsausgabe Patent-Box: | -700.000 |
Bemessungsgrundlage Patent Box: | 300.000 |
Steuersatz Staat Z: | 30% |
Tatsächliche Steuerbelastung Patent Box: | 90.000 |
Effektive Steuerbelastung der Lizenzeinnahmen: | 9% |
Adaption Bemessungsgrundlage Patent Box: | |
Lizenzeinnahmen Patent Box: | 1.000.000 |
Abrechnung tatsächliche Betriebsausgaben: | -500.000 |
Bereinigte Bemessungsgrundlage: | 500.000 |
Effektive Steuerbelastung bereinigte Lizenzeinkünfte: | 18% |
21.1.10.2.4.5 Steuerbelastung von weniger als 10% aufgrund einer Steuerrückerstattung
1266bm
Gemäß § 12 Abs. 1 Z 10 lit. c vierter Teilstrich KStG 1988 kommt das Abzugsverbot auch dann zur Anwendung, wenn zwar keine Nicht- oder Niedrigbesteuerung im Sinne von § 12 Abs. 1 Z 10 lit. c erster bis dritter Teilstrich KStG 1988 vorliegt, die Steuerbelastung der Zins- oder Lizenzeinkünfte aber aufgrund einer Steuerrückerstattung unter 10% sinkt.
1266bn
§ 12 Abs. 1 Z 10 lit. c vierter Teilstrich KStG 1988 erfasst sowohl eine Steuerrückerstattung an die – die Zinsen oder Lizenzgebühren – empfangende Körperschaft als auch eine Steuerrückerstattung an deren Anteilsinhaber (zB Malta).
Beispiel:
Die österreichische A-GmbH leistet Lizenzgebühren an ihre im Staat Z ansässige Tochtergesellschaft. Der nominelle Körperschaftsteuersatz in Staat Z beträgt zwar 35%, jedoch werden bei Ausschüttung an die Anteilsinhaber 6/7 (= 30%) der entrichteten Körperschaftsteuer rückerstattet. Unter Berücksichtigung der Rückerstattung an die Anteilsinhaber beträgt die Steuerbelastung für die Lizenzgebühren in Staat Z 5%, sodass § 12 Abs. 1 Z 10 lit. c vierter Teilstrich KStG 1988 zur Anwendung kommt.
Während § 12 Abs. 1 Z 10 lit. c vierter Teilstrich KStG 1988 im Rahmen einer Gesamtbetrachtung neben der empfangenden Körperschaft auch Steuerrückerstattungen auf Anteilsinhaberebene berücksichtigt, sind für die Tatbestände des § 12 Abs. 1 Z 10 lit. c erster bis dritter Teilstrich KStG 1988 zusätzliche Steuerbelastungen der Anteilsinhaber hingegen unmaßgeblich für die Ermittlung der Steuerbelastung bei der empfangenden Körperschaft.
21.1.10.2.4.6 Beurteilung des Vorliegens einer Steuerermäßigung (§ 12 Abs. 1 Z 10 lit. c dritter Teilstrich KStG 1988) bzw. einer Steuerrückerstattung (§ 12 Abs. 1 Z 10 lit. c vierter Teilstrich KStG 1988)
1266bo
Die Beurteilung, ob das Abzugsverbot gemäß § 12 Abs. 1 Z 10 lit. c dritter oder vierter Teilstrich KStG 1988 zur Anwendung gelangt, hat abstrakt in jenem Wirtschaftsjahr zu erfolgen, in dem die Aufwendungen für Zinsen oder Lizenzgebühren angefallen sind: Besteht zu diesem Zeitpunkt die Möglichkeit einer Inanspruchnahme einer Steuerermäßigung bzw. Steuerrückerstattung (uU auch erst zu einem späteren Zeitpunkt im Wege der Ausschüttung), durch die die Steuerbelastung der Zins- oder Lizenzeinkünfte unter 10% sinken kann, dürfen die Aufwendungen nicht abgezogen werden. Der Steuerpflichtige kann jedoch die Zinsen oder Lizenzgebühren nachträglich im Wege des § 295a BAO steuerlich geltend machen, wenn innerhalb von neun Wirtschaftsjahren nach Anfallen der Aufwendungen tatsächlich keine solche Steuerermäßigung gewährt wird bzw. keine Steuerrückerstattung erfolgt (zB weil keine Ausschüttung durch die empfangende Körperschaft vorgenommen wurde).
Beispiel:
Die österreichische B GmbH leistet im Wirtschaftsjahr 2019 Lizenzgebühren iHv 1.000.000 Euro an eine in Staat Z ansässige Tochtergesellschaft. Der nominelle Steuersatz in Staat Z beträgt 35%. Bei der Ausschüttung an die Gesellschafter werden 6/7 (= 30%) der Körperschaftsteuer erstattet. Unter Berücksichtigung der Steuerrückerstattung auf Anteilsinhaberebene beträgt die Steuerbelastung 5%. Hinsichtlich der Aufwendungen für diese Lizenzgebühren kommt im Wirtschaftsjahr 2015 das Abzugsverbot gemäß vierter Teilstrich auf Ebene der B GmbH zur Anwendung.
Bis zum Ablauf des Wirtschaftsjahres 2028 der B GmbH hat ihre ausländische Tochtergesellschaft tatsächlich keine Gewinnausschüttungen an ihre Gesellschafter getätigt. Da folglich tatsächlich keine nachträgliche Steuerermäßigung stattgefunden hat, liegt ein rückwirkendes Ereignis iSd § 295a BAO vor, sodass die B GmbH den Betriebsausgabenabzug iHv 1.000.000 Euro nachträglich für das Wirtschaftsjahr 2019 geltend machen kann.
1266bp
Eine Steuerrückerstattung innerhalb des neunjährigen Beobachtungszeitraumes ist stets vorrangig den Zinsen und Lizenzgebühren zuzuordnen; ob die Steuerrückerstattung speziell auf die Zinsen und Lizenzgebühren entfällt, ist unerheblich. Daher ist im Falle einer Ausschüttung die Zusammensetzung des ausschüttungsfähigen Bilanzgewinnes der empfangenden Körperschaft auch unmaßgeblich.
1266bq
Besteht bei Anfallen der Zinsen oder Lizenzgebühren zwar dem Grunde nach die Möglichkeit einer Steuerermäßigung bzw. Steuerrückerstattung, steht allerdings schon von vornherein fest, dass die Steuerbelastung dadurch auch in einem späteren Wirtschaftsjahr der Höhe nach nicht unter 10% sinken kann, wird die Abzugsfähigkeit bereits im Jahr des Anfallens der Zinsen oder Lizenzgebühren zu bejahen sein.
21.1.10.3 Ausnahme vom Abzugsverbot
1266br
Vom Abzugsverbot gemäß § 12 Abs. 1 Z 10 KStG 1988 sind Zahlungen an jene – empfangenden und nutzungsberechtigten – Körperschaften ausgenommen,
- die aufgrund der Hinzurechnungsbesteuerung gemäß § 10a KStG 1988 oder einer vergleichbaren ausländischen Regelung nachweislich keiner Niedrigbesteuerung im Sinne des § 12 Abs. 1 Z 10 lit. c KStG 1988 unterliegen oder
- die im Private Equity/Venture Capital-Bereich tätig sind und die unionsrechtlichen Vorschriften für Risikokapitalbeihilfen erfüllen [siehe die Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Förderung von Risikokapitalinvestitionen in kleine und mittlere Unternehmen (2006/C 194/02), ABl. Nr. C 194 vom 18.8.2006 S. 2 bzw. die Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Förderung von Risikofinanzierungen (2014/C 19/04), ABl. Nr. C 19 vom 22.1.2014 S. 4].
Der erste Teilstrich regelt explizit das Verhältnis zwischen dem Abzugsverbot gemäß § 12 Abs. 1 Z 10 KStG 1988 und der Hinzurechnungsbesteuerung gemäß § 10a KStG 1988. Zahlt eine in Österreich steuerpflichtige Körperschaft Zinsen und Lizenzgebühren an eine konzernzugehörige ausländische Körperschaft, die Empfängerin und Nutzungsberechtigte der Einkünfte ist, und unterliegt diese einer Niedrigbesteuerung im Sinne des § 12 Abs. 1 Z 10 KStG 1988 (zB weil der nominelle Steuersatz im Ausland weniger als 10% beträgt; siehe zu den unterschiedlichen Niedrigbesteuerungstatbeständen Rz 1266ax ff), ordnet § 12 Abs. 1 Z 10 KStG 1988 grundsätzlich die Nichtabzugsfähigkeit dieser Zahlungen an.
Ist etwa die – Zinsen oder Lizenzgebühren zahlende – österreichische Körperschaft gleichzeitig zu mehr als 50% an der empfangenden Körperschaft beteiligt, kann es darüber hinaus auch zu einer unmittelbaren Hinzurechnung der korrespondierenden Zins- oder Lizenzeinkünfte der beherrschten ausländischen Körperschaft an die zahlende und gleichzeitig beherrschende Körperschaft nach Maßgabe von § 10a KStG 1988 und damit zu einer (nochmaligen) Steuerpflicht der ohnedies im Inland nichtabzugsfähigen Zins- und Lizenzzahlungen kommen.
Im Sinne eines Vorrangs der Hinzurechnungsbesteuerung gemäß § 10a KStG 1988 kommt das Abzugsverbot gemäß § 12 Abs. 1 Z 10 KStG 1988 diesfalls nicht zur Anwendung, wenn die (zahlende) Körperschaft nachweisen kann, dass die Zinsen und Lizenzgebühren aufgrund der Hinzurechnungsbesteuerung entweder bei ihr selbst oder bei einem anderen inländischen unmittelbaren oder mittelbaren Gesellschafter der empfangenden Körperschaft (zB der gemeinsamen Mutter- oder Großmuttergesellschaft) einer ausreichenden Besteuerung unterlagen, dh. die Niedrigbesteuerungsschwelle gemäß § 12 Abs. 1 Z 10 lit. c KStG 1988 unter Berücksichtigung der Hinzurechnungsbesteuerung überschritten wird.
Diese Ausnahme vom Abzugsverbot gilt auch dann, wenn eine Hinzurechnungsbesteuerung im Ausland zu einer ausreichenden Besteuerung der Zins- oder Lizenzeinkünfte der empfangenden Körperschaft führt.
Gemäß § 26c Z 73 KStG 1988 ist diese Ausnahme vom Abzugsverbot erstmalig bei der Veranlagung 2019 anzuwenden.
21.1.10.4 Inkrafttreten
1266bs
Das Abzugsverbot gemäß § 12 Abs. 1 Z 10 KStG 1988 ist erstmals auf Aufwendungen anzuwenden, die nach dem 28.2.2014 anfallen (§ 26c Z 49 KStG 1988), unabhängig davon, wann die zugrundeliegenden vertraglichen Vereinbarungen geschlossen wurden. Fallen im selben Wirtschaftsjahr sowohl vor dem 1.3.2014 als auch nach dem 28.2.2014 Aufwendungen für Zins- oder Lizenzgebühren an, kann eine monatsweise Abgrenzung der Aufwendungen erfolgen. Aufwendungen für Zinsen oder Lizenzgebühren, die bereits vor dem 1.3.2014 angefallen sind, unterliegen nicht dem Abzugsverbot, auch wenn die Auszahlung der Zinsen oder Lizenzgebühren nach dem 28.2.2014 erfolgen sollte.
21.1.11 Barzahlungen in der Baubranche (§ 12 Abs. 1 Z 11 KStG 1988)
1266bt
§ 12 Abs. 1 Z 11 KStG 1988 zufolge sind Aufwendungen gemäß § 20 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 nicht als Betriebsausgabe abzugsfähig; das dort geregelte Abzugsverbot gilt folglich auch im KStG 1988. Es betrifft Aufwendungen oder Ausgaben für Entgelte, die für Bauleistungen im Sinne des § 82a EStG 1988 bar gezahlt werden und einen Betrag von 500 Euro übersteigen. Siehe näher EStR 2000 Rz 4852o ff.